Die Research Collection der ETH Zürich - Ein Repositorium für Publikationen u...
Intellectual Property is Common Property
1. Intellectual Property is
Common Property
Andreas Von Gunten
http://andreasvongunten.com - @avongunten
http://buchundnetz.com
ETH Bibliothek - 22. Februar 2018
2. I am publishing this work under CC0
licence to the public domain, which
means that you are free to do with it
whatever you like.
You are invited to treat this text as if
there was no copyright law in place.
But without trying to force you by law,
I would appreciate it if you referred to
this work, should you use it in your
own texts, remixes or mashups, and
that you keep my name as the source
of the text if you are going to
distribute it.
You will see in this essay, that this is
consistent with my claim for the
abolition of private intellectual
property rights.
3. Vorbemerkungen
● Fokus auf das Urheberrecht, alles was ich sage, gilt aber auch für Patente.
● Markenschutz kann man anders lösen.
● Gemeinsamkeit ist, dass der Fokus auf abstrakten Objekten liegt, die nicht
“aufgebraucht” werden, wenn sie genutzt werden.
● Ich bin kein Jurist, sondern betrachte das Thema ausserhalb der
bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen. Da diese ja von uns gemacht
sind, können sie auch hinterfragt werden.
4. Meine Hauptargumente
● Urheberrechte sind das Ergebnis eines politischen Prozesses, welcher durch
die ökonomischen Interessen der Verwerter getrieben und dominiert wurde,
und auch nur diesen dienen. Sie können auch wieder abgeschafft werden.
● Die Begründungen für die Gewährung von Urheberrechten können alle
widerlegt, zumindest aber, in Frage gestellt werden.
● Sowohl als libertärer als auch aus egalitärer Sicht, ist es sinnvoll auf die
Gewährung dieser Rechte zu verzichten. Sie richten mehr Schaden als
Nutzen an.
5. Die beiden Prämissen der Urheberrechtsbegründungen
● Es gibt einen individuellen Urheber/Erfinder. Das Werk, das geschaffen wird,
entsteht alleine durch Arbeit dieses Urhebers und dieser allein soll darum
auch die Früchte seiner Arbeit ernten dürfen.
● Es entstehen mehr Werke, wenn durch die gewährung von Monopolrechten
eine Aussicht auf monetäre Belohnung besteht, als ohne solche Rechte.
Darum ist es gesellschaftlich sinnvoll, diese Rechte zu gewähren.
6. Die drei klassischen Begründungen
● Naturrechtliche Begründung
● Utilitaristische Begründung
● Persönlichkeitsrechtliche Begründung
7. Kritik der naturrechtlichen Begründung
● Basis bildet John Lockes grundsätzliche Eigentumsbegründung. Menschen
sind “self-owner” und wenn sie ihren Körper einsetzen (Arbeit) um mit dem
was in der Welt vorliegt etwas herzustellen, gehört ihnen das Ergebnis.
Bedingung von Locke: Man darf nur soviel nehmen, dass genug für die
anderen übrig bleibt.
● Selbst wenn wir daran festhalten, können wir keine Monopolrechte für so
genanntes “Geistiges Eigentum” ableiten.
● Monopolrechte können weder von der “Self-Ownership”-These noch vom
Fakt, dass Arbeit im “Werk” steckt, abgeleitet werden.
8. Kritik der utilitaristischen Begründung
● Basis bildet die Behauptung, dass ohne monetäre Incentives “rationalen
Agenten” die Motivation fehlen würde, Werke zu schaffen. Als Gesellschaft
wollen wir möglichst viele Werke (Wettbewerb der Ideen) und darum sollten
wir Monopolrechte gewähren, damit möglichst viele Werke geschaffen
werden.
● Das ist eine empirische Behauptung und es gibt sehr viele Beobachtungen,
die diese These widerlegen. Zum Beispiel die Open Source Bewegung oder
die Modebranche, oder die Fotografie in der Schweiz.
9. Kritik der persönlichkeitsrechtlichen Begründung
● Basis bilden die Aussagen von Kant und Hegel, dass ein Werk eine Art
“Verlängerung” der eigenen Persönlichkeit sei und darum nur der Urheber
exklusiv darüber entscheiden können soll, was damit geschieht. Aus dieser
Begründung werden oft auch unendliche Schutzfristen abgeleitet.
● Kant sieht diese Rechte nur für das geschriebene Wort, weil es darum geht
sich im Sinne der Aufklärung öffentlich zu äußern. Werke der bildenden Kunst
sind für ihn nicht schützenswert.
● Es gibt wenig Hinweise darauf, dass das hervorbringen eines Werkes das
Ergebnis der Persönlichkeit alleine ist, sodass dieser eine exklusive
Zuschreibung gemacht werden könnte.
10. Warum gibt es Urheberrechtsschranken?
● Wenn all diese Begründungen für sich alleine oder in Kombination, wie sie
meistens angewendet werden, so hieb- und stichfest wären, warum gibt es
dann Einschränkungen der Monopolrechte?
●
11. Kontrollrechte, Einkommensrechte - oder verdient den der Urheber sein de jure
Monopol?
● ‘Self-Ownership, Equality, and the Structure of Property Rights’ (John Christman, 1991)
● Eigentum = 2 Bündel von Rechten: Kontrollrechte und Einkommensrechte
● Kontrollrechte: “rights to use, possess, manage property, and the right to the capital (rights to
transmit, alienate, or destroy),”
● Einkommensrechte: Das Recht auf das Einkommen aus Transaktionen (Achtung nicht am Kapital!).
● Das Einkommen aus Transaktionen ist nicht Abhängig von der Arbeit, die im Eigentum steckt,
sondern nur von der jeweiligen Marktsituation
● Um ‘Kontrollrechte’ auszuüben braucht es keine Gesellschaft, für die Einkommensrechte hingegen
schon.
● There is no income from property without society.
12. Einkommensrechte
● Die exklusiven Einkommensrechte werden aus naturrechtlichen Gründen
postuliert. Wer Arbeit geleistet hat, soll auch den Profit haben.
● Allerdings gibt es, keine logische Verbindung zwischen der Arbeit die
investiert wurde und dem Profit der auf dem Markt realisiert wurde.
● Die Höhe des Profites ist nur von der Marktsituation abhängig und kann daher
nicht mit der Arbeit begründet werden.
● Es geht nicht darum, dass kein Profit erzielt werden darf, sondern nur darum,
dass aus der Arbeit keine exklusiven Rechte an diesem Profit abgeleitet
werden können.
● Ein Martkteilnehmer verdient seine Profite, so lange er den Wettbewerb nicht
verhindert. Monopole schaffen aber keine Märkte.
13. Kontrollrechte
● Machen Sinn für physische Objekte, denn diese sind knapp (rival-goods)
● Digitale Repräsentationen verlieren ihren Knappheitscharakter, ihre
Grenzkosten gehen gegen null, sie werden zu non-rival-goods.
● Für non-rival-goods macht es keinen Sinn exklusive Kontrollrechte zu
gewähren.
● Werke sind keine Bäume, die Äpfel die hier ‘wachsen’ sind unbegrenzt.
14. Der Mythos des Individuellen Schöpfers I
● Der Mensch ist eine Kopiermaschine, oder alles Leben ist kopieren.
● Das Resultat eines Schöpferischen Prozesse ist nicht nur in der Arbeit
begründet, die investiert wird, sondern auch im kollektiven Kreativprozess in
welchem das Individuum eingebettet wird.
● Wenn das Werk nicht exklusiv dem Individuum entspringt, sollten wir ihm
auch nicht exklusive Verwertungsrechte einräumen.
● Alles war wir schaffen basiert auf der permanenten interpersonellen
Rekombination von “Expressions”
● Zeitgeist!
15. Der Mythos des Individuellen Schöpfers II
● Fast alle Künstler sprechen von Eingebung oder davon, dass sie nicht
wissen, wie sie das Werk geschaffen haben. Man kann hier nicht von einem
“bewussten” Akt der Schöpfung sprechen.
● Einstein: “When a man after long years of searching chances on a thought
which discloses something of the beauty of this mysterious universe, he
should not therefore be personally celebrated. He is already sufficiently paid
by his experience of seeking and finding. In science, moreover, the work of
the individual is so bound up with that of his scientific predecessors and
contemporaries that it appears almost as an impersonal product of his
generation.“
16. Eine gerechte Gesellschaft mit “Intellectual Commos”?
● Zwei Konzepte von Gerechtigkeit
○ Individuelle Freiheit
○ Verteilgerechtigkeit
● Fehlende Evidenz für das Incentive-Argument
17. Libertäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ I
“A just society, from a libertarian point of view, gives individuals equal rights to
maintain and develop a life according to their own desires. If the distribution of
resources has developed from free and consensual transactions, it is just. In a
world where intellectual property is individual property, only a few have access to
the income rights of the ideas and cultural expressions which are appropriated by
a ‘creator.’ And these few are not entitled to this benefit because they gain it
through monopoly rights granted by the state. In a world in which intellectual
property is common property, all ideas and cultural expressions are available to
everyone.”
18. Libertäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ II
“To question intellectual property rights does not mean to question private property
as such. Therefore it is not the case that a society without an intellectual property
rights framework necessarily interferes with the personal freedom of its people. It
is rather the other way around. Intellectual property rights are making it possible to
privately appropriate abstract objects which otherwise would be in the commons.
They create an artificial scarcity which otherwise would not exist. In a world
without private intellectual property, every person would be able to innovate freely
and to be creative without the interference of others.”
19. Libertäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ III
It is important to clarify here that even without the de jure monopoly rights, a
creator is not hindered from gaining profits from his cultural expression or
invention; he just has to face more competition. It is even possible that he creates
a temporary de facto monopoly just because of some other advantages he may
have over his competitors. An author, for example, or a musician may create a
market not for a particular song or a particular book, but for all expressions coming
exclusively from him.
20. Egalitäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ I
“A just society from an egalitarian point of view gives individuals, in addition to
equal rights to maintain and develop a life according to their own desires, equal
access to worldly resources, such that the rules for distributing the resources
equally amongst its members can overrule the personal freedom of the individual.”
“In a world with private intellectual property rights the rights holder can exploit the
income exclusively; in a world with intellectual commons everyone has the chance
to do so.”
21. Egalitäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ II
“The main difference is that the powers are more stable in a world with intellectual
property and more dynamic in a world without. In a world without intellectual
property rights, monopolies could still occur but they would be de facto
monopolies, and these types of monopolies will not last long. The abolition of
intellectual property rights would lead to a more fragmented and decentralised
economic situation as no one can be prevented from copying inventions and
cultural expressions. Profits will be near zero for those who just copy and will be
higher for those who innovate on the copy.”
22. Egalitäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ III
“Intellectual property rights are not an effective instrument for redistribution of
income or wealth. From an egalitarian point of view the problem of inequality
persists, and as intellectual property rights are monopoly rights they create even
more inequality on one part between the “winners” and the “losers” inside the
system, but also between rights holders and users. If we consider the situation
that without intellectual property rights, the use of any expression or invention is
open to everyone, we can easily see that in such a world a much more diverse
market would evolve. As there are no monopoly rights, probably many more
individuals and smaller groups would use the cultural expressions which are free
to use, and remix them with their own ideas to create new products and services
to make a living.”
23. Egalitäre Verteidigung der ‘Intellectual Commons’ IV
“From an egalitarian perspective, the most important question is: how can wealth
be distributed equally amongst the people? The intellectual property rights regime
obviously does not contribute much to solving this problem; it rather looks like it
does the opposite. I do not argue here that the absence of individual intellectual
property solves the general distribution problem, but it leads to a situation where
many more people can benefit from cultural expressions, scientific research and
inventions than now, and therefore less redistribution is needed.”
24. Zusammenfassung
● Geistiges Eigentum räumt Rechteinhabern exclusive Einkommens- und
Kontroll-Rechte ein (de jure Monopole).
● Diese Rechte können weder durch naturrechtliche, persönlichkeitsrechtliche
noch durch utilitaristische Argumente begründet werden.
● Individuen sind nicht die exklusiven Akteure der Werkschöpfung. Der
Kreativ-Prozess ist ein kollektiver Prozess.
● Das Incentiv-Argument ist durch diverse Gegenbeispiele in Frage zu stellen.
● Sowohl aus libertärer, wie auch aus egalitärer Sicht können Intellectual
Commons verteidigt werden.
25. Darum ist es an der Zeit, die privaten geistigen
Eigentumsrechte abzuschaffen.
26. Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Andreas Von Gunten
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