2. Die Mauereidechse Ein Jahr ohne große Pausen
– Reptil des Jahres 2011 Als einzige heimische Eidechse kann
die Mauereidechse bei Schönwetterer-
Die Mauereidechse ist – am eignissen selbst im Winter beobachtet
Nordwestrand ihres Verbrei- werden. Ihre eigentliche Aktivität be-
tungsareals – so stark wie ginnt jedoch nach der Winterruhe An-
keine andere Reptilienart fang März. Rund 3–4 Wochen vor den
an durch den Menschen Weibchen erscheinen die Männchen
entstandene Sekundärlebens- und zeigen Revierkämpfe, bevor es von
räume gebunden. Diese enge März bis Juli zur Paarbildung kommt.
Bindung führt infolge verän- Die Partnerwahl geht vom Weibchen
derter Wirtschaftsweisen im aus, welches sich vor allem aufgrund
Weinbau und durch Baumaß- optischer (Färbung/Größe) und ge-
nahmen an Bahnanlagen zu ruchlicher Signale (Pheromone) mit
vielfältigen Gefährdungssitu- einem Männchen verpaart. Zwischen
ationen. Mai und Mitte August – etwa ein Monat
Männchen Lebensraum der Mauereidechse bei Cochem an der Mosel nach der Paarung – erfolgt an vegeta-
Mauereidechsen – die dominierende tionsarmen Schuttflächen die Eiablage.
Reptiliengruppe Europas In Österreich ist die Mauereidechse vor allem in Kärnten, der öst- Die Entwicklungszeit der Eier wie auch
In Südeuropa repräsentiert die Gattung der Mauereidechsen (Podarcis) lichen Steiermark, dem Mittel- und Südburgenland sowie im östlichen der Schlupferfolg sind stark tempera-
mit mindestens 20 Arten die dominierende und allgegenwärtige Rep- Niederösterreich verbreitet. In der Schweiz ist sie besonders im Tessin turabhängig. In klimatisch ungünstigen
tiliengruppe. Unsere Mauereidechse (P. muralis) besitzt von allen Arten und in der westlichen Schweiz, im Rhônetal, im Genferseegebiet und an Jahren mit kühlen, verregneten
das größte und am weitesten den Südhängen des Jura, häufig. Sommern verzögert sich der
nach Norden reichende Ver- In Deutschland und der Schweiz sind zwei Unterarten vertreten: Po- Schlupf. Nach 6–11 Wochen, gegen Paarung
breitungsgebiet, welches sich darcis muralis brongniardii (Westdeutschland und Westschweiz) sowie Mitte Juli bis Mitte August,
vom Kantabrischen Gebirge Podarcis muralis maculiventris („maculiventris-West“) (Südbayern, Tes- schlüpfen die ersten Jung-
(Nord-Spanien) im Westen sin und einige Täler Graubündens). In Österreich kommt als Ergebnis tiere. Generell steigert ein
bis nach Nordwest-Anatolien unabhängiger postglazialer Einwanderungen zudem die Nominatform früher Schlupf die Chan-
im Osten erstreckt. Die Nord- Podarcis muralis muralis vor. cen der Jungen, genügend
Süd-Ausdehnung reicht von Reserven anzulegen, um
den Südniederlanden und Steckbrief erfolgreich überwintern zu
dem Bonner Raum bis zum Die Mauereidechse erreicht eine maximale Gesamtlänge von 22 cm können.
äußersten Süden der Pelo- (meist jedoch unter 20 cm), wovon etwa zwei Drittel auf den Schwanz
ponnes (Griechenland). Wäh- entfallen. Ihr schlanker, abgeflachter Körper, die kräftigen Beine und „Streifjäger“ und
rend die Art in den südlichen langen Zehen sowie der lange Schwanz verleihen der Art ihre cha- evolutives Wettrüsten
Regionen bis zur montanen rakteristische Klettersicherheit. Einheimische Mauereidechsen sind Als aktive Streifjäger su-
Stufe verbreitet ist, ist sie in hell- bis mittelbraun oder grau gefärbt. Von der Augenregion bis auf chen Mauereidechsen ihren
Deutschland vorwiegend in Sonnen tut gut die Schwanzwurzel verläuft ein dunkles Seitenband, welches sich bei Lebensraum mehrmals am
niedrigen Höhenlagen anzutreffen. Schwer- den Männchen häufig in eine Netzstruktur auflöst, bei den Weibchen Tag unter starkem Züngeln
punktmäßig werden die wärmebegünstigten Hanggebiete der Flüsse und Jungtieren aber einheitlich zu Tage tritt. Die Geschlechtsreife wird nach Insekten (Zweiflügler,
Rhein, Neckar, Mosel, Saar, Nahe und Lahn in Rheinland-Pfalz, dem nach der zweiten Überwinterung, im Alter von zwei Jahren (Kopf- Tausendfüßer, Schmetter-
Saarland und Baden-Württemberg besiedelt. Die nordwestliche Areal- Rumpf-Länge 5 cm), erreicht. Die durchschnittliche Lebenserwartung linge, Käfer) und Spinnen-
grenze der Art verläuft durch die südlichsten Landesteile Nordrhein- beträgt 4–6 Jahre, wobei einzelne Tiere auch ein tieren ab. Eine interessante Gelege Der Streifjäger hat Erfolg
Westfalens. Höchstalter von 10 Jahren erreichen können. Auf der Pirsch Räuber-Beute-Beziehung
hat sich zwischen der
Verbreitung der Mauereidechse Eidechsen fressenden
Schlingnatter und der
Mauereidechse herausge-
bildet. So wie die Schlange
Mauereidechsen in dunk-
len Spaltensystemen olfak-
torisch ortet, kann auch die
Eidechse die Anwesenheit
der Schlingnatter geruch-
lich wahrnehmen – und
darüber hinaus zwischen
für sie gefährlichen und
harmlosen Schlangenarten
unterscheiden.