Implications and practicalities of differentiated VAT rates for economically "good" or "bad" goods, incl. clear recommendation for the Austrian and EU government to introduce differentiated VAT rates for goods with low "rebound effects", for example food. Organic food would be a perfect first step, as there is already a well-functioning licensing system in place.
/Users/Danielbannasch/Desktop/Absi Resolution Mit UnterstüTzer 2
The VAT as an eco-tax instrument
1.
Seite
1
von
41
Die
Mehrwertsteuer
als
umweltpolitisches
Instrument
Bachelorarbeit
an
der
Wirtschaftsuniversität
Wien
von
Philipp
Stangl
(#
0850932),
betreut
von
Univ.
Prof.
Dr.
Sigrid
Stagl,
Deputy
Department
Chair
am
Department
für
Sozioökonomie
–
Jänner
2015
In
dieser
Arbeit
wird
durchgehend
die
Bezeichnung
„Mehrwertsteuer“,
kurz
„MwSt.“,
verwendet,
da
diese
in
der
einschlägigen
Literatur
üblich
ist,
auch
wenn
die
in
Österreich
formell
richtige
Bezeichnung
„Umsatzsteuer“
lautet.
Auch
wenn
steuertheoretisch
Unterschiede
zwischen
den
Konzepten
bestehen,
so
ist
es
für
den
Umfang
dieser
Arbeit
methodisch
ausreichend
die
Begriffe
synonym
zu
verwenden.
2.
Seite 2 von 41
Inhaltsverzeichnis
EXECUTIVE
SUMMARY
3
EINLEITUNG
4
HISTORIE
UND
MOTIVATION
4
AUFBAU
DER
ARBEIT
5
THEORETISCHER
HINTERGRUND
UND
FORSCHUNGSFRAGE
5
ÜBERBLICK
ZUM
THEMA
NACHHALTIGER
KONSUM
6
DIE
KONSUMENTEN-‐SOUVERÄNITÄT
UND
DIE
INDIVIDUELLE
NUTZENMAXIMIERUNG
6
DER
„DESIRE-‐ACTION-‐GAP“
7
„STRONG
SUSTAINABLE
CONSUMPTION“
VS.
„WEAK
SUSTAINABLE
CONSUMPTION“
8
ANALYSE
DES
BESTEHENDEN
ÖKOSTEUERSYSTEMS
9
AKTUELLE
ÜBERSICHT
9
INFORMATIONSBASIERTE
MAßNAHMEN
9
MARKTBASIERTE
MAßNAHMEN
12
FRÜHERE
EVALUIERUNGEN
13
INTERNATIONALE
BEISPIELE
FÜR
DAS
MODELL
DIFFERENZIERTER
MWST.-‐SÄTZE
14
TSCHECHIEN
14
PORTUGAL
15
GROßBRITANNIEN
15
ANALOGIEN
AUS
ANDEREN
STEUERARTEN
16
KONSUMSTEUERN
AUF
SCHÄDLICHE
LEBENSMITTEL
16
TABAKSTEUERN
16
AKTUELLER
STAND
VAT
IN
DER
EU
UND
UMSETZUNG
IN
ÖSTERREICH
17
LITERATURÜBERBLICK
ZUM
THEMA
DIFFERENZIERTE
MWST.
17
„PRO“-‐LITERATUR
17
„CONTRA“
LITERATUR
21
DISKUSSION
24
FALLBEISPIEL
„BIO“
29
BESCHREIBUNG
DER
FALLSTUDIE
29
QUANTITATIVE
BETRACHTUNG
29
DISKUSSION
DER
VOR-‐
UND
NACHTEILE
31
EVALUATION
DER
SZENARIEN
35
FAZIT
FALLSTUDIE
36
SCHLUSSFOLGERUNGEN
37
ANHANG
38
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
38
TABELLENVERZEICHNIS
38
LITERATURVERZEICHNIS
38
3.
Seite 3 von 41
Executive
Summary
This
study
examines
the
question
whether
a
regime
of
differentiated
VAT-‐rates
can
steer
society’s
consumption
patterns
into
a
more
sustainable
direction.
This
is
necessary
since,
as
is
presented
in
a
wide
range
of
evidence
in
this
paper,
current
consumption
patterns,
especially
in
western
industrialized
societies,
are
unsustainable
and
will
have,
if
unchanged,
fatal
consequences
for
society.
The
question
is
not
an
easy
one
to
answer
though,
since
there
are
several
things
to
be
considered,
that
point
in
opposing
directions.
On
the
one
hand,
the
instrument
seems
to
be
highly
effective
regarding
consumer
behaviour
since
it
directly
influences
price-‐levels,
has
a
potential
huge
tax
basis
(if
applied
to
several
industries)
and
would
influence
consumers
in
addition
to
the
price
effect
via
the
so-‐called
„signalling-‐effect“.
This
effect
means
firstly
that
consumers
will
appreciate
state-‐certified
sustainable
products
in
a
currently
confusing
thicket
of
labels
and
certificates
and
secondly
it
will
raise
public
awareness
on
sustainability
as
a
whole.
In
addition,
producers
would
be
incentivised
to
invest
in
the
development
and
production
of
sustainable
products,
since
a
reduced
VAT
rate
gives
such
products
an
competitive
advantage
in
the
marketplace.
On
the
other
hand
one
needs
to
consider
potentially
countervailing
effects
of
such
a
reform,
the
most
prominent
being
the
so-‐called
„rebound-‐effect“.
This
effect
happens
for
example
when
households
increase
their
usage
of
a
device
after
they
bought
an
energy-‐
efficient
variant
or
buy
a
bigger
or
stronger
one
right
away
–
so
that
in
the
end
the
total
energy
consumption
of
the
household
could
even
be
higher
than
before.
This
and
many
other
effects
explained
in
the
study,
such
as
the
„Principal-‐Agent-‐Problem“
or
the
„Mixed-‐Supply-‐Problem“
make
the
concept
of
differentiated
VAT
rates
appear
less
attractive
and
need
to
be
taken
into
account
in
the
design
of
the
policy
instrument.
What
is
more,
there
are
different
tools
for
lawmakers
at
hand,
that
could
reach
ecological
goals
in
some
areas
more
effective
and
/
or
more
efficient,
for
example
the
cap-‐and-‐trade
system
for
CO2
emissions
that
is
already
in
place
in
the
European
Union.
However,
as
the
case
study
on
organic
food
in
this
paper
shows,
there
are
some
industries,
where
the
above
mentioned
problems
appear
minor
and
which
are
therefore
especially
appropriate
for
the
concept
of
differentiated
VAT
rates.
The
study
concludes:
Yes,
differentiated
VAT
rates
are
able
to
steer
a
society’s
consumption
patterns
in
a
more
sustainable
direction,
but
only
in
certain
areas,
e.g.
organic
food.
In
other
areas,
especially
in
those
with
strong
rebound
effects
such
as
the
household
appliances
industry,
other
instruments
seem
to
be
more
appropriate.
The
overall
VAT-‐regime
is
governed
on
the
EU
level
and
therefore
a
European
solution
would
be
optimal.
However,
considering
the
recent
debates
on
this
topic
at
EU
level,
this
seems
unlikely.
Therefore
the
Austrian
government
is
called
to
use
the
flexibility
given
by
the
VAT
directive
to
examine
a
lower
VAT
rate
for
organic
food,
according
to
scenario
3
in
the
case
study
of
this
paper
(5%
for
organic
food,
while
raising
the
rate
for
conventional
food
to
15%).
4.
Seite 4 von 41
Einleitung
Historie
und
Motivation
Die
Idee
differenzierter
MwST.-‐Sätzen
wurde
auf
der
höchsten
europäischen
Ebene
von
den
Staatschefs
von
Frankreich,
Nicolas
Sarkozy,
und
Großbritannien,
Gordon
Brown,
erstmals
am
20.
Juli
2007
in
Paris
aufgebracht.
Sie
baten
die
anderen
EU-‐
Mitgliedsstaaten
zu
evaluieren,
ob
die
Kommission
aufgefordert
werden
soll,
eine
solche
Reform
zu
prüfen,
wobei
als
grüne
Produkte
energieeffiziente
Autos,
Glühlampen
und
andere
Geräte
sowie
Isoliermaterial
zählen
sollten.
Nach
dem
Vorschlag
hätte
für
diese
Produkte
ein
EU-‐weit
einheitlicher
reduzierter
MwSt.-‐Satz
von
5%
eingeführt
werden
sollen,
was
dem
damaligen
Zeitgeist
einer
allgemeinen
Harmonisierung
der
Mehrwehrsteuer
entsprach
(EURActiv,
2007).
Viele
Beobachter
und
insbesondere
Vertreter
der
Industrie
der
erneuerbaren
Energien
haben
darin
auch
eine
Chance
gesehen
endlich
die
Ungleichheit
zwischen
konventioneller
elektrischer
Energie
sowie
Gas,
die
in
vielen
Mitgliedsstaaten
aus
verteilungspolitischen
Gründen
einen
vergünstigten
MwSt.-‐Satz
genießen,
und
erneuerbaren
Energien,
die
durch
EU-‐Recht
von
vergünstigen
Sätzen
ausgeschlossen
sind,
herzustellen
(EREC
2007).
Beim
Frühjahrsgipfel
2008
haben
sich
die
Staats-‐
und
Regierungschef
schließlich
darauf
geeinigt,
die
Kommission
tatsächlich
mit
der
Prüfung
dieses
Konzepts
zu
beauftragen
(EURActiv,
2008).
Die
Kommission
hat
daraufhin
einige
Studien
zu
dem
Thema
in
Auftrag
gegeben,
unter
anderem
die
unten
zusammengefasste
Studie
„Reduced
VAT
for
Environmentally
Friendly
Products“,
durchgeführt
vom
Institut
„Copenhagen
Economics“.
Die
Idee
wurde
allerdings
nicht
umgesetzt.
Zum
Einen
haben
sich
mehrere
Studien
explizit
dagegen
ausgesprochen,
zum
Anderen
hat
vorallem
Deutschland
offensiv
dagegen
lobbyiert.
Bei
der
letzten
großen
Reform
der
Mehrwertsteuerrichtline
(2009/47/EC),
bei
der
vergünstigte
MwSt.-‐Sätze
für
arbeitsintensive
lokale
Dienstleistungen
eingeführt
wurden,
wurde
das
Konzept
nicht
mehr
erwähnt.
Ironischerweise
hat
im
selben
Jahr
der
Rat
für
nachhaltige
Entwicklung
der
deutschen
Bundesregierung
die
differenzierte
Mehrwertsteuer
„als
eine
interessante
Option
für
den
Konsum“
bezeichnet,
vorallem
auch,
„da
eine
hohe
Akzeptanz
bei
den
Interessensvertretern
anzunehmen
sei“
(RNE
2009).
Noch
ein
Jahr
später
hat
ebenfalls
eine
deutsche
Arbeitsgruppe
–
im
Auftrag
der
deutschen
Bundesregierung
–
in
einer
breit
angelegten
Studie
zum
Thema
„Materialeffizienz
und
Ressourcenschonung“
das
Thema
differenzierter
Mehrwertsteuersätze
erneut
aufgebracht
und
die
Einführung
für
spezielle
Anwendungsfelder
explizit
empfohlen.
In
einem
weiteren
Statement
einer
Lobbying-‐Organisation,
GreenBudgetEurope
(2011),
in
der
unter
anderem
das
ökosoziale
Forum
Österreich
vertreten
ist,
wird
im
Jahr
2011
erneut
die
Einführung
einer
differenzierten
MwSt.
als
ein
Hauptinstrument
einer
ökologischen
Steuerreform
ins
Spiel
gebracht.
Es
lässt
sich
also
erkennen,
dass
das
Thema
in
den
letzten
Jahren
äußerst
intensiv
diskutiert
wurde,
bis
jetzt
aber
noch
keine
eindeutige
und
allgemein
akzeptierte
Schlussfolgerung
gefunden
worden
ist.
5.
Seite 5 von 41
Aufbau
der
Arbeit
Diese
Arbeit
versucht
nun
–
insbesondere
angesichts
der
aktuell
diskutierten
Steuerreform
in
Österreich
–
die
Erkenntnisse
der
wesentlichen
Studien
übersichtlich
zusammenzutragen,
kritisch
zu
diskutieren
und
daraus
eine
konkrete
Empfehlung
für
die
Umsetzung
in
Österreich
abzuleiten.
Zusätzlich
wurde
eine
umfassende
Literaturrecherche
in
den
Bereichen
nachhaltiger
Konsum
und
Ökosteuern
generell
durchgeführt,
um
ein
umfassenderes
Bild
abgeben
zu
können.
Aus
den
genannten
Bereichen
werden
in
den
folgenden
Kapiteln
relevante
Informationen
zusammengefasst
wiedergegeben
und
evaluiert.
Anschließend
werden
die
Erkenntnisse
aus
der
Literaturrecherche,
insbesondere
die
Vor-‐
und
Nachteile
des
Modells
sowie
die
Umsetzbarkeit
umfassend
und
ganzheitlich
diskutiert.
Zum
besseren
Verständnis
wird
eine
Fallstudie
für
Österreich,
die
Einführung
eines
ermäßigten
Satzes
für
BIO-‐Lebensmittel,
erläutert
und
die
praktische
Umsetzbarkeit
diskutiert.
Schlussendlich
soll
in
der
Conclusio
die
Forschungsfrage,
auf
Basis
der
Analyse
und
der
Diskussion,
beantwortet
werden.
Theoretischer
Hintergrund
und
Forschungsfrage
Die
problematischen
Auswirkungen
des
aktuellen
globalen
Wirtschaftssystems
auf
die
Umwelt
sind
allgegenwärtig
und
unbestritten.
Der
wissenschaftliche
Konsens
bei
dem
Thema
ist
mittlerweile,
dass
der
Konsum
der
wesentliche
Haupttreiber
gravierender
sozialer
und
ökologischer
Probleme
ist
und
damit
auch
der
Hauptansatzpunkt
für
eine
nachhaltige
Entwicklung
(Hansen,
Schrader
1997).
Nachhaltigkeit
muss
sich
in
diesem
Kontext
zwar
grundsätzlich
immer
auf
die
drei
Säulen
„Ökologie“,
„Soziales“
und
„Ökonomie“
beziehen,
in
dieser
Arbeit
soll
aber
auf
die
„Ökologie“
fokussiert
werden.
Eines
der
Grundprobleme
ist,
dass
bei
der
Produktion
vieler
Waren
und
Dienstleistungen
negative
Externalitäten
entstehen,
die
sich
allerdings
nicht
in
direkten
monetären
Kosten
niederschlagen.
Dadurch
zahlen
die
Konsumenten
in
diesen
Fällen
nicht
die
realen
Kosten
ihres
Konsums
–
oder
anders
gesagt:
nicht
nachhaltig
hergestellte
Produkte
sind
oftmals
„zu
billig“.
Nachhaltig
hergestellte
Produkte,
bei
denen
(zB
aufgrund
anderer
Produktionsverfahren)
solche
negativen
Externalitäten
nicht
auftreten,
sind
demgegenüber
oftmals
„zu
teuer“.
Die
Beurteilung
ob
Preise
„zu
billig“
oder
„zu
teuer“
sind,
unterliegt
einer
Vielzahl
von
Kriterien,
wovon
eines
der
Wettbewerb
der
Produkte
untereinander
ist.
Nachdem
nicht
nachhaltige
Produkte
durch
die
Nichteinberechnung
der
negativen
Externalitäten
in
der
Regel
günstiger
sind
als
nachhaltige
Produkte,
haben
diese
einen
unfairen
Wettbewerbsvorteil.
Nach
Hansen
und
Schrader
(1997)
haben
diese
negativen
Externalitäten
ein
Ausmaß
erreicht
bei
dem
die
gesamte
Ökologie
auf
dem
Planeten
Erde
und
somit
auch
die
gesamte
Menschheit
gefährdet
sind.
Aufgrund
der
genannten
Punkte
besteht
eine
hohe
Dringlichkeit
Programme
und
Legislative
zu
entwickeln,
die
den
Konsum
auf
ein
stabiles,
nachhaltiges
Level
bringen
(Michaelis,
2000).
Aufgrund
des
enormen
Einflusses
welche
die
qualitative
und
6.
Seite 6 von 41
quantitative
Ausgestaltung
des
Konsums
innerhalb
einer
Gesellschaft
auf
die
Umwelt
hat,
muss
der
Konsum
einer
der
zentralen
Punkte
für
die
Ausgestaltung
der
Gesetzgebung
in
Richtung
einer
nachhaltigen
Wirtschaftsordnung
sein
(Cohen,
Murphy,
2001).
Fuchs
und
Lorek
(2005)
evaluieren
in
einer
Studie
die
Ergebnisse
der
diversen
internationalen
Klimakonferenzen
der
vergangenen
20
Jahre
und
stellen
den
beteiligten
internationalen
Organisationen
ein
eher
schlechtes
Zeugnis
aus,
da
es
den
Nationalstaaten
an
Kompromissfähigkeit
fehlt.
Ihre
Schlussfolgerung
ist,
dass
es
eine
Stärkung
der
NGOs
braucht.
Man
könnte
aber
wohl
aus
der
Schwäche
der
inter-‐
govermentalen
Legislative
genauso
gut
folgern,
dass
es
Initiativen
auf
nationalstaatlicher
Ebene
braucht.
In
Bezug
auf
den
oben
beschriebenen
Wettbewerbsvorteil
von
nicht
nachhaltigen
Produkten
würde
es
also
Sinn
machen,
wenn
eine
solche
Initiative
versuchen
würde,
diesen
Wettbewerbsvorteil
auszugleichen
oder
zumindestens
zu
minimieren.
Da
sich
jedoch
sowohl
die
Bepreisung
von
negativen
Externalitäten
als
auch
die
Benachteiligung
aller
nicht
nachhaltigen
Produkte
in
der
Praxis
wohl
als
schwierig
erweisen
würden,
bietet
sich
eine
Bevorzugung
von
nachhaltig
hergestellten
Produkten
(Gütern
und
Dienstleistungen)
auf
freiwilliger
und
pro-‐aktiver
Basis
an
(„PULL“,
zB
mittels
Zertifizierungen).
In
dieser
Arbeit
soll
untersucht
werden,
ob
sich
die
Mehrwertsteuer
als
Instrument
für
die
Umsetzung
einer
solchen
Bevorzugung
nachhaltiger
Produkte
eignen
würde.
Die
Forschungsfrage
wurde
daher
wie
folgt
festgelegt:
„Kann
durch
ein
differenzierendes
Mehrwertsteuerregime
das
gesellschaftliche
Konsumverhalten
wirkungsvoll
nachhaltiger
gestaltet
werden?“
Überblick
zum
Thema
Nachhaltiger
Konsum
Wie
bereits
öfter
erwähnt
ist
die
moderne
Konsumgesellschaft
der
Haupttreiber
der
Umweltschädigung
(Wilk,
2002)
und
muss
somit
einer
der
Hauptansatzpunkte
für
Veränderung
sein.
Dabei
müssen
sowohl
die
direkten
Auswirkungen
von
Konsum,
also
zB
das
Verwenden
eines
privaten
PKWs,
das
Konsumieren
von
Lebensmitteln
etc.
sowie
die
indirekten,
etwas
versteckteren,
Auswirkungen
des
Konsums,
wie
zB
Rohstoffgewinnung
in
Minen,
Transport
oder
Abfallwirtschaft
berücksichtigt
werden.
Aufgrund
der
vorherrschenden
Ungleichverteilung
in
der
Welt,
müssen
vorallem
die
westlichen
Konsumenten
und
deren
Lebensstil
betrachtet
werden,
da
deren
Pro-‐Kopf-‐
Konsumlevels
die
der
weniger
entwickelten
Nationen
um
ein
Vielfaches
übersteigen.
Im
Folgenden
sollen
einige
grundlegende
Aspekte
im
Rahmen
der
Diskussion
rund
um
nachhaltigen
Konsum
erklärt
werden.
Die
Konsumenten-‐Souveränität
und
die
individuelle
Nutzenmaximierung
Das
Konzept
der
individuellen
Nutzenmaximierung,
als
Resultat
der
Souveränität
der
Konsumenten,
stellt
eine
der
zentralen
Thesen
der
klassischen
Ökonomie
und
der
liberalen
Marktwirtschaft
dar,
mit
der
unter
anderem
die
„unsichtbare
Hand
des
Marktes“
erklärt
wird,
da
eine
Vielzahl
von
nutzenmaximierenden
Marktteilnehmern
durch
ihre
Konsumentscheidungen
den
Markt
steuern.
Hansen
und
Schrader
(1997)
beschreiben
allerdings
einige
praktische
Schwierigkeiten,
die
dieses
Konzept
im
heutigen
Wirtschaftsleben
mit
sich
bringt.
7.
Seite 7 von 41
Zum
einen
ist
es
fraglich,
ob
ein
Konsument
in
der
heutigen
hochkomplexen
Wirtschaftswelt
überhaupt
in
der
Lage
wäre,
seinen
Nutzen
zu
maximieren,
da
dieser
erstens
mit
wesentlichen
Informationsdefiziten
konfrontiert
und
zweitens
durch
die
allgegenwärtige
Werbung
stark
beeinflusst
ist.
Zum
anderen
ist
das
Konzept
insofern
problematisch,
da
es
den
Konsumenten
darauf
reduziert
seinen
individuellen
Nutzen
zu
maximieren.
Der
Mensch
mag
als
Bürger
um
das
Allgemeinwohl
besorgt
sein,
als
Konsument
hat
er
aber
demnach
egoistisch
zu
sein,
sonst
würde
ja
der,
sich
selbst
regulierende,
Marktmechanismus
versagen.
Genau
durch
das
oben
beschriebene
Phänomen,
dass
der
Konsument
durch
seine
täglichen
Konsumentscheidungen
letztendlich
die
Produktion
der
Güter
und
Dienstleistungen
bestimmt,
muss
der
Konsument
aber
eine
gewisse
Verantwortung
dafür,
wie
die
Güter
produziert
werden,
akzeptieren.
Sobald
diese
Verantwortung
ins
Spiel
gebracht
wird,
wäre
es
allerdings
unmoralisch
nur
noch
seinen
eigenen
Nutzen
zu
maximieren
–
wobei
unmoralisch
in
diesem
Zusammenhang
als
„nicht
Kant’s
kategorischem
Imperativ
entsprechend“
definiert
werden
soll.
Hansen
und
Schrader
(1997)
schließen
daraus
also,
dass
der
Konsument
jedenfalls
eine
Verantwortung
trägt
und
somit
eine
moralische
Verpflichtung
seine
Konsumentscheidungen
auch
an
Nachhaltigkeitskriterien
auszurichten.
Umgekehrt
müssen
allerdings
die
Regierungen
und
auch
die
Unternehmen
durch
Bereitstellung
entsprechender
Informationen
und
dem
Anbieten
entsprechender
Produkte
und
Dienstleistungen
die
Rahmenbedingungen
schaffen,
die
es
dem
Konsumenten
erlauben,
nachhaltig
zu
konsumieren.
Der
„Desire-‐Action-‐Gap“
Ein
interessanter
Aspekt
in
der
Diskussion
um
nachhaltigen
Konsum
ist
jener,
dass
Konsumenten
bei
Befragungen
regelmäßig
weitaus
höhere
Ambitionen
für
nachhaltigen
Konsum
zeigen,
als
es
den
tatsächlichen
Konsumgepflogenheiten
entspricht.
Dies
zeigt
dass
es
offenbar
deutliche
Barrieren
gibt,
tatsächlich
so
nachhaltig
zu
konsumieren
wie
das
gewünscht
ist
(Lorek
und
Fuchs
2013).
Natürlich
muss
hierzu
gesagt
werden,
dass
diese
Barriere
in
vielen
Fällen
bei
den
Konsumenten
selbst
liegt
und
zum
Beispiel
einfach
ein
hohes
Komfortbedürfnis
ist,
welches
den
Konsumenten
zB
von
einem
weniger
intensiven
Gebrauch
des
privaten
PKW
abhält.
Nichtsdestotrotz,
so
wird
oft
argumentiert,
gibt
es
auch
systemimmanente
Anreize
für
einen
nicht
nachhaltigen
Lebensstil
in
der
heutigen
Konsumgesellschaft,
welche
möglichst
abgebaut
werden
sollten.
Dies
kann
auch
dadurch
erklärt
werden,
dass
Konsum
kein
individuelles
Phänomen
ist,
sondern
immer
im
gesellschaftlichen
Kontext
gesehen
werden
muss.
Soziale
Prozesse
spielen
eine
wesentliche
determinierende
Rolle
für
den
Konsum
einer
Gesellschaft
(Briceno
und
Stagl,
2006).
Weiters
bestimmen
Faktoren
wie
die
urbane
Struktur
(zB
amerikanische
Vorstadtsiedlungen),
die
vorherrschenden
Arbeitsrealitäten
und
auch
die
typischen
Alltagsaktivitäten
einer
Gesellschaft
die
Struktur
des
Konsums
derselben
(Sanne
2002).
Nach
Sanne
(2002)
wäre
es
notwendig,
dass
die
Menschen
die
vorherrschenden
Konsumlevels
aus
einer
holistischen
Sicht
eines
Bürgers
und
nicht
aus
der
Sicht
des
8.
Seite 8 von 41
Konsumenten
betrachten,
um
kritisch
reflektieren
zu
können
und
schließlich
Wege
zu
finden,
tatsächlich
die
erwünschten,
nachhaltigeren
Konsumlevels
zu
erreichen.
Diese
Konsumlevels,
die
dann
gesamtgesellschaftlich
optimal
sind,
werden
nämlich
mit
großer
Sicherheit
den
Interessen
des
einzelnen
Konsumenten
widersprechen.
Der
von
National
Geographic
herausgegebene
Greendex
Index
2010
(National
Geographic
2010)
listet
unter
anderem
die
folgenden
Hindernisse
auf,
warum
Konsumenten
nicht
nachhaltig
handeln
(in
Klammer
die
Prozentzahl
jener,
die
die
Antwortmöglichkeit
angegeben
haben):
-‐ Unternehmen
machen
falsche
Angaben
über
ihre
Aktivitäten
/
Angst
vor
„Greenwashing“
(44%)
-‐ Individuelle
Aktivitäten
machen
ohne
Unterstützung
von
Regierungen
und
Unternehmen
keinen
Sinn
(40%)
-‐ Die
anderen
Bewohner
meines
Landes
machen
auch
noch
nichts
(34%)
-‐ Die
Bewohner
anderer
Ländern
machen
auch
noch
nichts
(34%)
-‐ Es
kostet
zu
viel
Geld
nachhaltig
zu
leben
(31%)
-‐ Es
gibt
zu
wenig
umweltfreundliche
Alternativen
(26%)
-‐ Ich
habe
zu
wenig
Informationen
über
nachhaltigen
Konsum
(25%)
-‐ Ich
bin
verwirrt
von
zu
viel
verfügbarer
Information
(22%)
-‐ Es
ist
zu
unbequem
nachhaltig
zu
leben
(20%)
-‐ Die
Umweltprobleme
werden
übertrieben
und
sind
eigentlich
gar
nicht
so
schlimm
(19%)
„Strong
Sustainable
Consumption“
vs.
„Weak
Sustainable
Consumption“
Die
Konzepte
von
„starkem“
und
„schwachem“
nachhaltigen
Konsum
unterscheiden
sich
insofern,
als
dass
bei
ersterem
davon
ausgegangen
wird,
dass
eine
signifikante
quantitative
Reduktion
der
Konsumlevels
notwendig
ist
um
ein
nachhaltiges
Konsumlevel
zu
erreichen,
während
beim
zweiten
Ansatz
die
Idee
ist,
dass
nicht
notwendigerweise
weniger
sondern
besser
konsumiert
werden
soll.
Der
erste
Ansatz
findet
sich
unter
anderem
auch
in
der
„De-‐Growth“-‐Debatte
wieder,
wo
eine
Wirtschaft
ohne
Wachstum
bzw.
sogar
mit
„Negativ-‐Wachstum“
diskutiert
wird.
Lorek
und
Fuchs
(2011)
argumentieren
in
einem
Essay
der
sich
dem
Thema
aus
unterschiedlichen
Richtungen
nähert,
dass
die
Politik,
die
sich
in
der
Vergangenheit
auf
den
weniger
radikalen
Ansatz
der
„weak
sustainable
consumption“
gestützt
hat
umdenken
muss,
und
sich
in
Richtung
„strong
sustainable
consumption“
zu
orientieren
hat,
wenn
eine
tatsächliche
Änderung
hin
zu
einer
nachhaltigen
Wirtschaftsweise
geschafft
werden
soll.
In
diesem
Zusammenhang
ist
festzuhalten,
dass
marktbasierte
Instrumente,
insbesondere
Subventionen
wie
ein
ermäßigter
MwSt.-‐Satz,
sich
innerhalb
des
bestehenden
Markt-‐
und
Wachstumsparadigmas
bewegen
und
somit
automatisch
eher
eine
„weak
sustainable
consumption“-‐Ausrichtung
haben.
Auch
wenn
nun
Lorek
und
Fuchs
mit
ihrem
grundsätzlichen
Fokus
auf
„strong
sustainable
consumption“
Recht
haben,
ist
es
meiner
Meinung
nach
angemessen
und
wichtig,
solange
mit
„schwachen“
Methoden
zu
arbeiten,
bis
ein
gesellschaftlicher
Konsens
für
„starke“
Methoden
gefunden
werden
konnte,
was
momentan
noch
in
weiter
Ferne
scheint.
Ein
wichtiger
Effekt,
der
auch
oft
als
Gegenargument
gegen
das
Verlassen
auf
technologischen
Fortschritt
gebracht
wird,
ist
der
sogenannte
Reboundeffekt.
Hierbei
bewirkt
eine
technologische
Verbesserung
eines
Produkts
(zB
weniger
Verbrauch
bei
9.
Seite 9 von 41
einem
PKW)
eine
Verhaltensänderung
des
Benutzers
in
Richtung
intensiverer
Nutzung
–
mit
dem
Resultat,
dass
im
Endeffekt
in
absoluten
Zahlen
mehr
Energie
verbraucht
wird
als
zuvor.
Dieser
Effekt
ist
real
und
wurde
in
mehreren
Zusammenhängen
nachgewiesen,
wie
später
im
Literaturteil
ersichtlich.
Analyse
des
bestehenden
Ökosteuersystems
Aktuelle
Übersicht
In
Anlehnung
an
Lorek
et
al.
(2008)
haben
Regierungen
im
Wesentlichen
drei
Arten
von
Werkzeugen
zur
Umsetzung
von
umweltpolitischen
Zielen
zur
Verfügung:
(1)
informationsbezogene,
(2)
marktbezogene
und
(3)
regulatorische
Werkzeuge.
Das
wesentlichste
Argument
für
marktbezogene
Instrumente
in
der
Umweltpolitik
(im
Wesentlichen
Steuern,
Förderungen
und
Handelssysteme)
ist
die
höhere
ökonomische
Effizienz
gegenüber
regulatorischen
Instrumenten
wie
zB
Quoten,
Verboten
oder
Mindeststandards.
Durch
das
Preissignal,
das
marktbezogene
Instrumente
aussenden,
werden
die
Marktteilnehmer
ihre
Emissionen
soweit
reduzieren,
bis
die
Grenzreduktionskosten
dem
„Marktpreis“
(in
welcher
Form
auch
immer)
entsprechen.
Sogenannte
„cap-‐and-‐trade“-‐Handelssysteme
haben
den
zusätzlichen
Vorteil,
dass
das
politisch
gewünschte
Gesamtaufkommen
der
Emissionen
(theoretisch)
nicht
überschritten
werden
kann
und
die
volkswirtschaftlichen
Kosten
um
zu
diesem
Niveau
zu
kommen
optimal,
also
zu
den
geringsten
Gesamtkosten,
aufgeteilt
werden
(Kosonen
et
al.
2010).
Das
europäische
Emissionshandelssystem
ist
ein
solches
„cap-‐and-‐trade“-‐
System.
Ein
weiteres
Argument
für
Steuern
ist,
dass
negative
Externalitäten,
also
umweltschädigende
Effekte
für
die
der
Verursacher
nicht
direkt
bezahlen
muss,
internalisiert,
also
eingepreist,
werden.
Schlussendlich
darf
auch
der
Einkommenseffekt
für
den
Staat
nicht
vergessen
werden,
welcher
Raum
für
Steuerentlastungen
an
anderer
Stelle
bietet.
Informationsbasierte
Werkzeuge
werden
oftmals
als
notwendige
Ergänzung
zu
marktbasierten
Instrumenten
gesehen
(Reisch
et
al.,
2011).
Im
Folgenden
sollen
informationsbasierte
und
marktbasierte
Maßnahmen
in
Österreich
und
Europa
beleuchtet
und
kritisch
evaluiert
werden.
Regulatorische
Maßnahmen
sollen
ausgelassen
werden,
da
sie
aufgrund
der
oben
beschriebenen
Effizienzprobleme
nur
in
sehr
extremen
und
spezifischen
Fällen
zum
Einsatz
kommen
und
daher
im
Rahmen
dieser
Arbeit
nicht
von
Relevanz
sind.
Informationsbasierte
Maßnahmen
Als
wesentliche
Beispiele
für
informationsbasierte
Maßnahmen
auf
europäischer
Ebene
gelten
zB
das
europäische
BIO
Label,
die
Richtlinien
für
verpflichtende
Verbrauchsinformationen
von
PKW,
oder
auch
die
standardisierte
Kennzeichnung
der
Energieeffizienz
von
Haushaltsmaschinen.
10.
Seite 10 von 41
Das
System
der
europäischen
Bio
Zertifizierung,
definiert
in
der
EU-‐weit
einheitlich
und
unmittelbar
anzuwendenden
EU-‐Verordnung
„Council
Regulation
(EC)
No
2092/91“,
funktioniert
über
privatwirtschaftliche
Zertifizierungsagenturen
(„Öko-‐
Kontrollstellen“),
die
sich
jeweils
wieder
bei
einer
staatlichen
Meta-‐Zertifizierungsstelle
(in
Österreich
das
Bundesministerium
für
Wirtschaft)
zertifizieren
lassen
müssen.
Unternehmen
die
sich
zertifizieren
lassen
wollen,
können
zwischen
den
verschiedenen
Anbietern
wählen
und
müssen
nun
regelmäßig
als
Produzent
die
biologische
Herstellung
bzw.
als
Händler
den
lückenlos
dokumentierten
Warenfluss
der
biologischen
Produkte
nachweisen.
Zusammengesetzte
Produkte
dürfen
dann
als
„bio“
gelten,
wenn
deren
Bestandteile
selbst
zu
mindestens
95%
„bio“
sind.
Durch
das
privatwirtschaftliche
System
inkl.
Wettbewerb
zwischen
den
Zertifizierungsstellen
wird
eine
große
Effizienz
mit
wenig
Bürokratie
gewährleistet,
andererseits
entsteht
auch
eine
implizite
Korruptionsgefahr
(Jahn
et
al.,
2005).
Der
Begriff
„Bio“
ist
europaweit
gesetzlich
geschützt
und
darf
im
kommerziellen
Bereich
nur
von
Unternehmen
verwendet
werden,
die
das
entsprechende
Zertifikat
halten
–
dies
gilt
auch
für
importierte
Produkte.
Durch
das
Zertifikat
erhält
man
auch
das
Recht,
das
Bio-‐Siegel
der
europäischen
Union
zu
verwenden.
Lorek
et
al.
(2008)
argumentieren,
dass
der
im
europäischen
Vergleich
hohe
Marktanteil
von
BIO
Produkten
in
Österreich
unter
anderem
darauf
zurückzuführen
ist,
dass
Produkte
mit
dem
einheitlichen
europäischen
BIO
Logo
schon
relativ
lange
im
Lebensmitteleinzelhandel
verfügbar
sind.
In
einer
umfassenden
Evaluation
der
Umsetzung
der
BIO
Zertifizierung
in
Österreich
stellen
Darnhofer
und
Vogl
(2002)
ein
grundsätzliches
gutes
Zeugnis
aus,
wobei
sie
bei
folgenden
Punkten
noch
Verbesserungsbedarf
erkennen:
Die
weitere
Harmonisierung
der
Kriterienkataloge
und
Strafbestimmungen
zwischen
den
Zertifizierungsagenturen;
verbesserte
Kommunikation
zwischen
jenen
Institutionen
des
Bundes
und
der
Bundesländer
die
mit
der
Durchführung
und
Überwachung
der
EU-‐Verordnung
betraut
sind
und
noch
strengere
Kontrollen
in
ausgewählten
Bereichen.
Außerdem
wird
die
Einführung
einer
zentralen
Datenbank
zur
Verbesserung
der
Transparenz
vorgeschlagen.
Auch
Czarnezki
(2011)
sieht
das
EU
Zertifizierungsschema
grundsätzliches
positiv,
vorallem
im
Vergleich
mit
dem
amerikanischen
Pendant.
Er
hebt
die
holistische
Sichtweise
hervor,
die
neben
den
klassischen
ökologischen
Landwirtschaftskriterien
auch
Kriterien
im
Bereich
Tierwohl,
Biodiversität
und
erneuerbarer
Energie
beinhaltet.
Eine
weitere
nennenswerte
informationsbasierte
Maßnahme
auf
europäischer
Ebene
ist
die
verpflichtende
Kennzeichnung
der
Energieeffizienz
für
Haushaltsmaschinen,
welche
bereits
Ende
der
1990
Jahre
eingeführt
wurde.
Die
letzte
Reform
mit
einer
Anpassung
der
Klassen
an
die
aktuellsten
technischen
Möglichkeiten
wurde
im
Jahr
2010
mit
der
EU-‐Rahmenrichtlinie
2010/30/EU
durchgeführt.
Abbildung
1:
Bio-‐Siegel
der
Europäischen
Union
11.
Seite 11 von 41
Die
Haushaltsgeräte
werden
je
nach
Typ
in
bis
zu
7
Klassen
eingeteilt.
Aus
verschiedenen
Gründen
wurde
entschieden,
die
Skalen
zwischen
den
Geräten
nicht
anzugleichen,
so
dass
zB
bei
Backöfen
„A“
die
energieeffizienteste
Stufe
ist,
bei
Waschmaschinen
allerdings
„A+++“.
Rein
„A“
wäre
bei
Waschmaschinen
nur
die
viertbeste
Stufe.
Dies
trägt
sicherlich
nicht
zur
Vereinfachung
des
Konzepts
bei.
Für
die
folgenden
Geräte
gibt
es
eine
Kennzeichnungs-‐
Verpflichtung
mittels
genormten
EU-‐Label
(siehe
Abbildung
2):
• Backöfen
• Dunstabzugshauben
(in
Planung;
noch
nicht
in
Kraft)
• Fernseher
• Geschirrspüler
• Herde
/
Kochfelder
(in
Planung;
noch
nicht
in
Kraft)
• Kühl-‐
und
Gefriergeräte
• Staubsauger
• Wäschetrockner
• Waschmaschinen
• Waschtrockner
Der
wesentliche
Unterschied
zum
Bio-‐Zertifizierungssystem
ist,
dass
hier
allein
der
Hersteller
bzw.
Importeur
für
die
Richtigkeit
der
Daten
verantwortlich
ist
–
es
gibt
keinen
Zertifizierungsprozess.
Der
Händler
hat
das
Label
gut
sichtbar
anzubringen.
Außerdem
gilt
grundsätzlich
dass
auch
beim
Bewerben
des
Produktes
die
Energieeffizienzinformationen
dem
Kunden
zur
Verfügung
stehen
müssen.
Dieses
System
der
Selbstkontrolle
kann
bei
Haushaltsgeräten
im
Wesentlichen
deshalb
funktionieren,
da
es
(zB
im
Vergleich
zur
ökologischen
Landwirtschaft)
nur
eine
sehr
überschaubare
Anzahl
an
Herstellern
gibt,
die
großteils
vom
positiven
Image
ihrer
Marke
abhängig
sind.
Der
Schaden
eines
Imageverlusts,
sollte
ein
falsches
Labelling
aufgedeckt
werden,
ist
also
potenziell
sehr
hoch
und
sollte
daher
in
der
Theorie
zu
hoher
Compliance
führen.
Aktuell
findet
jedoch
auf
europäischer
Ebene
eine
Diskussion
über
eine
grundlegende
Reform
des
Systems
der
EU-‐Energieeffizienzkennzeichnung
statt.
Nähere
Informationen
zum
aktuellen
System
bei
ZVEI
(2013).
In
Österreich
ist
im
Zusammenhang
mit
informationsbasierten
Maßnahmen
vorallem
das
AMA
Gütesiegel,
der
Agrarmarkt
Austria,
zu
nennen,
das
nach
eigenen
Angaben
einerseits
ökologische
Standards
über
den
gesetzlichen
Mindestanforderungen,
inklusive
regelmäßiger
Prüfungen,
sicherstellt,
andererseits
werden
durch
das
Fördern
von
lokalem
bzw.
zumindestens
nationalem
Konsum
CO2-‐intensive
Transportwege
verhindert.
Durch
hohe
Werbeausgaben,
finanziert
durch
öffentliche
Gelder,
hatte
das
AMA
Gütesiegel
im
Jahr
2011
eine
spontane
(ohne
Vorlage
des
Logos)
Bekanntheit
von
Abbildung
2:
EU-‐
Energieeffizienzlabel
12.
Seite 12 von 41
46%
sowie
eine
gestützte
Bekanntheit
(nach
Vorlage
des
Logos)
von
98%
in
Österreich
(AMA
2011).
Das
AMA
Gütesiegel
steht
aber
seit
Jahren
unter
massiver
Kritik
diverser
Natur-‐
sowie
Tierschutzorganisationen.
Die
Hauptkritikpunkte
sind
einerseits
die
starke
Bewerbung
von
Fleischkonsum
mit
öffentlichen
Geldern,
obwohl
Fleischkonsum
nachgewiesenermaßen
eine
massive
Belastung
für
das
Klima
darstellt,
sowie
andererseits
die
angebliche
Täuschung
der
Konsumenten
durch
zu
positive
Darstellung
der
mit
dem
Gütesiegel
versehenen
Produkte.
So
werden
zur
Bewerbung
regelmäßig
Tiere
auf
grünen
Wiesen
dargestellt,
obwohl
die
Massentierhaltung
die
Regel
darstellt
und
bei
einer
Erhebung
der
Tierschutzorganisation
„Verein
gegen
Tierfabriken“
im
Jahr
2012
teils
sogar
massive
Unterschreitungen
der
gesetzlichen
Mindeststandards
festgestellt
und
bei
den
Behörden
angezeigt
wurden
(VgT
2012).
Die
NGO
Global
2000
(2011)
kritisiert
außerdem,
dass
Fleisch,
welches
das
AMA
Gütesiegel
trägt,
zu
einem
großen
Teil
von
mit
importiertem,
genmanipuliertem
Soja
gefütterten
Tieren
stammt
-‐
die
„feel-‐good“-‐Werbeline
der
AMA,
die
diesen
Umstand
nie
erwähnt,
würde
somit
vorsätzlich
versuchen
den
Konsumenten
zu
täuschen.
Auch
in
einer
parlamentarischen
Diskussion
im
Konsumentenausschuss
vom
12.12.2012
(Österreichisches
Parlament,
2012)
stand
das
System
des
AMA
Gütesiegels
unter
massiver
Kritik
sämtlicher
Oppositionsparteien.
Während
das
europäische
Bio
Logo
also
eher
als
ein
Positivbeispiel
staatlicher
Zertifizierung
angesehen
werden
kann,
so
muss
das
AMA
Gütesiegel
eher
als
ein
Negativbeispiel
betrachtet
werden.
Weitere
bekannte
Beispiele
für
Zertifizierung
sind
das
MSC
(Marine
Stewardship
Council)
Siegel
für
nachhaltigen
Fischfang,
das
FSC
(Forest
Stewardship
Council)
Siegel
für
nachhaltige
Forstwirtschaft
und
das
Fairtrade
Siegel
für
nachhaltigen
internationalen
Handel.
Im
Lebensmittelbereich
finden
sich
neben
den
genannten
eine
Unzahl
weiterer
Zertifizierungen
von
staatlichen
und
privaten
Zertifizierungsstellen,
die
bekanntesten
davon
sind
ISO
9001,
GlobalGAP,
Demeter,
IFS
(International
Food
Standard)
sowie
BRC
Global
Standard.
Diese
Zertifikate
haben
jeweils
unterschiedlichen
Adressaten,
Anwendungsbereiche,
geografische
Ausbreitungen
und
natürlich
unterschiedlich
strenge
Kriterien.
Sie
seien
nur
der
Vollständigkeit
halber
erwähnt
–
weitere
Informationen
finden
sich
bei
Gawron
und
Theuvsen
(2008).
Marktbasierte
Maßnahmen
Die
umfangreichste
marktbasierte
Maßnahme
auf
EU
Ebene
ist
das
Europäische
Emissionshandelssystem
für
CO2
Emissionen.
In
Bezug
auf
die
Fallstudie
im
späteren
Verlauf
dieser
Arbeit
soll
im
Folgenden
aber
auch
auf
die
EU-‐Subventionen
im
Landwirtschaftsbereich
eingegangen
werden.
Durch
das
„Europe
Emissions
Trading
Scheme“
(EETS),
das
europäische
Emissionshandelssystem
für
CO2
Emissionen,
werden
seit
2005
die
CO2
Emissionen
der
Stromerzeugung
und
einiger
Schlüsselindustrien
innerhalb
der
EU
auf
ein
behördlich
Abbildung
3:
AMA
Gütesiegel
13.
Seite 13 von 41
festgesetztes
Maximum
reguliert.
Innerhalb
dieses
Rahmens
können
sogenannten
„allowances“,
also
Emissionserlaubnisse
gehandelt
werden.
Das
Ziel
ist,
dass
der
freie
Markt
reguliert,
wo
es
am
ökonomischsten
ist,
CO2
einzusparen
(Ellerman
et
al.,
2007).
Offenbar
funktioniert
dieses
theoretisch
saubere
Konzept
in
der
Praxis
jedoch
nicht
immer
optimal.
So
ist
beispielsweise
durch
ein
Überangebot
an
„allowances“
der
Marktpreis
bereits
mehrere
Male
auf
praktisch
Null
gefallen
(zB
im
September
2007:
EUR
0,10
statt
der
angestrebten
EUR
20
plus),
womit
logischerweise
kein
Anreiz
mehr
zum
Energiesparen
gegeben
war
(Caney
et
al.,
2011).
Die
Europäische
Kommission
möchte
das
System
durch
eine
stetige
Verringerung
der
verfügbaren
„allowances“
sowie
durch
die
Integration
weiterer
Wirtschaftsbereiche
bzw.
sogar
weiterer
Länder
(wie
zum
Beispiel
Australien)
optimieren.
Die
Agrarpolitik
der
europäischen
Union
(„Common
Agricultural
Policy“,
kurz
„CAP“),
seit
jeher
ein
wichtiger
Eckpfeiler
europäischer
Politik,
hatte
bis
zum
Jahr
1992
die
Unterstützung
der
Landwirtschaft
auf
Produktbasis
als
Ziel.
Mit
der
Reform
der
Europäischen
Agrarpolitik
1992
(EC
Regulation
2078/92)
wurde
der
Fokus
auf
die
Unterstützung
der
Produzenten
gelegt,
vorrangig
durch
Direktzahlungen.
Ein
wesentlicher
Teil
davon
waren
ab
dann
Subventionen
zur
Unterstützung
von
Landwirten
bei
der
Umstellung
auf
biologische
Landwirtschaft.
Dies
hat
seitdem
dazu
beigetragen,
dass
in
der
EU
mittlerweile
(2012)
10
Millionen
Hektar
Land
biologisch
bewirtschaftet
werden
–
dies
ist
zwar
fast
eine
Verdopplung
der
Hektarzahl
seit
2003,
entspricht
aber
immer
noch
nur
einem
sehr
kleinen
Anteil
von
5,6%.
Österreich
gilt
dabei
als
Bio-‐Vorreiter
mit
einem
Bio-‐Anteil
von
knapp
20%
an
der
Gesamtfläche
und
rund
22.000
Bio-‐Betrieben
(Fibl
&
IFOAM
2014).
Nach
einer
Studie
von
Padel,
Lampkin
und
Foster
(1999)
sind
die
Voraussetzungen
für
das
starke
Wachstum
in
Österreich
unter
anderem
die
hohen
Levels
an
Direktzahlungen
für
biologische
Landwirtschaftsbetriebe,
gleichzeitig
aber
auch
indirekte
Instrumente
wie
Unterstützung
bei
Prozessoptimierung
und
Marketingaktivitäten,
Zertifizierung
und
Informationsbeschaffung.
Bei
aller
Kritik
muss
doch
zumindestens
für
Österreich
eine
gewisse
Effektivität
der
Maßnahmen
anerkannt
werden.
Frühere
Evaluierungen
Ecotec
(2001)
haben
im
Auftrag
der
Europäischen
Kommission
eine
umfassende
Studie
zum
Status
Quo
der
Ökosteuerrefom
in
Europa
zum
Jahrtausendwechsel
durchgeführt.
Obwohl
diese
Studie
bereits
einige
Jahre
zurückliegt,
hat
sie
einige
auch
für
heute
spannende
Erkenntnisse
zu
Tage
gebracht.
Der
Status
Quo
war,
dass
zwar
die
meisten
Mitgliedsstaaten
einzelne
Ökosteuern
eingeführt
hatten,
von
einer
tatsächlichen
Ökosteuerreform
wo
mehr
„bads“,
wie
Emissionen
statt
„goods“,
wie
Einkommen,
besteuert
werden,
konnte
allerdings
keine
Rede
sein.
Auch
wurden
die
meisten
Ökosteuern
als
Resultat
intensiven
Lobbyings
durch
diverse
Ausnahmen
zahnlos
gemacht
–
und
konnten
so
oft
nur
marginale
Steueraufkommens-‐
und
Umwelteffekte
erzielen.
Das
intensive
Lobbying
ließ
sich
aus
der
großen
Angst
vor
Verlust
der
(internationalen)
Wettbewerbsfähigkeit
und
damit
verbundenen
potentiellen
Arbeitsplatzverlusten
erklären.
Auch
wurden
die
Steuern
allesamt
auf
nationalstaatlicher
Ebene
eingeführt
–
eine
europäische
Lösung
war
nicht
abzusehen.
Dies
wurde
teilweise
durch
das
2005
eingeführte
Cap-‐and-‐Trade
System
des
CO2
Emmissionshandels
verbessert.
14.
Seite 14 von 41
Auf
der
positiven
Seite
der
Studien-‐Erkenntnisse
ist
zu
vermerken,
dass
die
Steuern
in
den
meisten
Fällen
zu
keinen
signifikanten
Preissteigerungen
für
Konsumenten
geführt
haben,
da
Produzenten
oftmals
eher
versucht
haben
durch
technologische
Verbesserungen
die
Steuer
zu
vermeiden,
als
die
Steuer
einzupreisen.
Noch
besser
funktioniert
hat
dieser
Ansatz,
wenn
das
Steueraufkommen
nicht
in
das
allgemeine
Budget
geflossen
ist,
sondern
für
technologische
Verbesserungen
in
der
Industrie
zweckgebunden
war.
Die
wichtigsten
Erkenntnisse
für
das
Design
zukünftiger
Ökosteuern
waren
also:
(1)
Mit
Ausnahmen
extrem
restriktiv
vorgehen,
(2)
Steueraufkommen
wenn
möglich
zweckgebunden
verwenden,
(3)
Gesamteuropäische
Lösung
anstreben
um
Störungen
des
Binnenmarktes
zu
vermeiden.
Eine
weitere
Analyse
bestehender
Ökosteuern
wurde
von
Bosquet
(2000)
durchgeführt.
In
dieser
Arbeit
war
der
Fokus
eine
potentielle
„Double
Dividend“,
die
damals
in
der
Literatur
theoretisch
intensiv
diskutiert
wurde,
in
der
Empirie
nachzuweisen.
Die
Idee
der
doppelten
Dividende
ist,
dass
durch
eine
Ökosteuerreform
nicht
nur
positive
Umwelteffekte
erzielt
werden
können,
sondern
gleichzeitig
auch
die
Wirtschaft
und
Beschäftigung
signifikant
gesteigert
werden
können,
zB
durch
Entlastung
des
Faktors
Arbeit
(siehe
auch
Backhaus
1999).
Die
Studie
hat
acht
europäische
Länder
mit
den
damals
am
Weitesten
fortgeschrittenen
Umweltsteuerprogrammen
untersucht
–
so
wie
auch
in
der
Studie
von
Ecotec
waren
dies
fast
durchgängig
nordeuropäische
Länder,
da
sich
diese
als
Vorreiter
in
diesem
Bereich
gezeigt
hatten.
Die
Studie
kommt
zum
Ergebnis,
dass
eine
„Double
Dividend“,
spezifisch
gemessen
an
CO2
Reduktionen
einerseits
und
Beschäftigungssteigerung
andererseits,
jedenfalls
festzustellen
ist.
Der
Effekt
ist
umso
stärker,
wenn
die
Einkünfte
aus
der
Umweltsteuer
tatsächlich
den
Faktor
Arbeit
entlasten,
zB
durch
Reduktion
der
Sozialabgaben.
Insgesamt
kann
also
festgehalten
werden,
dass
die
enormen
Vorteile
einer
ökologischen
Steuerreform
spätestens
seit
der
Jahrtausendwende
vielfach
erforscht
und
gut
zugänglich
gemacht
wurden.
Viele
Beobachter
sind
kritisch,
dass
seitdem
viel
zu
wenig
passiert
ist
und
die
Grundstrukturen
des
Steuersystems
immer
noch
„goods“
statt
„bads“
besteuern
wodurch
ein
systematisch
falsches
Anreizsystem
für
die
Wirtschaft
besteht.
Das
ökosoziale
Forum
Österreich
(2010)
kritisiert
zum
Beispiel,
dass
in
Österreich
der
Faktor
Arbeit
mit
einer
Steuerquote
von
41,3%
immer
noch
massiv
über
dem
EU-‐Schnitt
von
36,5%
liegt,
während
der
Energieverbrauch
mit
einem
durchschnittlichen
Steuersatz
von
EUR
150,2
pro
Tonne
Öl-‐Äquivalent
deutlich
unter
dem
EU-‐Schnitt
von
EUR
168,6
liegt.
Internationale
Beispiele
für
das
Modell
differenzierter
MwSt.-‐Sätze
Tschechien
Ein
international
bekanntes
und
oft
verwendetes
Beispiel
ist
die
Regelung
in
der
Tschechischen
Republik,
welche
von
der
Einführung
der
MwSt.
in
Tschechien
1993
bis
zum
EU-‐Beitritt
des
Landes
2004
in
Kraft
war.
Der
aus
„explizit
umweltpolitischen
Gründen“
(Bahn-‐Walkowiak
et
al.
2010)
eingeführte
ermäßigte
MwSt.-‐Satz
galt
für:
15.
Seite 15 von 41
• Biologische
Produkte
zur
Abwasserbehandlung
auf
Basis
von
Enzymen,
Zubehör
für
kleine
Abwasseraufbereitungsanlagen;
• Wasserturbinen
bis
zu
100
kW;
• Windturbinen
bis
zu
75
kW;
• Solare
Warmwasserbereitung;
• Photochemische
Halbleiteranlagen
inkl.
Photovoltaikzellen;
• Biodiesel
und
Biogas;
• Papier-‐
und
Zelluloseprodukte
auf
Basis
von
mind.
70%
Recyclingpapier.
Ungünstigerweise
gab
es
keinerlei
quantitative
Untersuchung,
wie
sich
der
ermäßigte
Satz
auf
die
Nachfrage
ausgewirkt
hat
bzw.
welche
anderen
Konsequenzen
daraus
entstanden
sind.
Bei
der
Abschaffung
im
Rahmen
des
EU-‐Beitritts
(da
die
Regelung
EU-‐
rechtlich
nicht
erlaubt
gewesen
wäre)
gab
es
anscheinend
keinerlei
Proteste
von
Interessensvertretungen
und
somit
auch
keinen
dokumentierten
Versuch
der
tschechischen
EU-‐Verhandler,
eine
Lösung
zum
weiteren
Bestand
dieser
Regelung
zu
erreichen
(Bahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
basierend
auf
Oosterhuis
et
al.
2008).
Dieses
allgemeine
Desinteresse
könnte
auf
eine
geringe
(empfundene)
Wirksamkeit
des
Instruments
hindeuten.
Ohne
weitere
Untersuchungen
lässt
sich
so
eine
Behauptung
allerdings
nicht
wissenschaftlich
fundiert
aufstellen.
Portugal
In
Portugal
gibt
es
seit
vielen
Jahren
eine
umfassende
Strategie
zum
Ausbau
erneuerbarer
Energie,
wobei
für
einige
Jahre
ein
von
21%
auf
12%
reduzierter
MwSt.-‐
Satz
auf
Anlagen
und
Geräte
galt,
die
im
Zusammenhang
mit
Sonnenkraft,
Windkraft
geothermischer
Energie
oder
Energiegewinnung
aus
Abfällen
stehen.
Mittlerweile
wurde
der
reduzierte
Satz
aber
wieder
aufgelassen,
möglicherweise
in
Zusammenhang
mit
den
umfangreichen
Konsolidierungsmaßnahmen
welche
die
portugiesische
Regierung
nach
der
Finanz-‐
und
Wirtschaftskrise
der
letzten
Jahre
vornehmen
musste.
Die
Strategie
insgesamt
schien
Früchte
zu
tragen,
da
schon
im
Jahr
2005
bereits
36%
der
Gesamtenergieproduktion
aus
erneuerbaren
Energieformen
gewonnen
wurde
(vgl.
dazu
das
EU-‐Ziel
von
20%-‐Anteil
bis
2020).
Wieviel
davon
auf
den
Baustein
„reduzierter
MwSt.-‐Satz“
zurückzuführen
ist,
wurde
bisher
jedoch
nicht
erhoben
und
kann
somit
nicht
gesagt
werden
(Bahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
basierend
auf
Oosterhuis
et
al.
2008).
Großbritannien
In
Großbritannien
war
der
Fokus
auf
private
Wohnhäuser
gerichtet.
Ein
1997
eingeführtes
Programm
namens
Home
Energy
Efficiency
Scheme
(HEES)
ermöglichte
einen
ermäßigten
MwSt.-‐Satz
von
5%
auf
die
folgenden
Produkte,
allerdings
nur
bei
Installation
durch
einen
professionellen
Dienstleister
(nur
die
Produkte
alleine
–
bei
Selbstinstallation
—
zu
ermäßigen,
würde
EU-‐Recht
widersprechen):
• Dämmstoffe,
Heißwasser-‐
und
Zentralheizungselemente
• Installation
von
Solarkollektoren,
Wind-‐
und
Wasserturbinen
• Wärmepumpen
und
Mikro-‐Kraftwärmekopplung
• Mit
Holz
betriebene
Heizkessel
(Oosterhuis
et
al.
2008)
16.
Seite 16 von 41
Laut
einer
Aussendung
des
britischen
Finanzministeriums
(HM
Treasury
1997)
wurden
durch
das
Programm,
das
etwa
7,5
Mio
Pfund
pro
Jahr
gekostet
hat,
etwa
40.000
Wohnungen
pro
Jahr
zusätzlich
renoviert
bzw.
mit
energiesparenden
Materialien
ausgestattet.
Das
ergibt
in
etwa
eine
Subvention
von
188
EUR
pro
Wohnung.
Die
Aussendung
führt
weiter
aus,
dass
die
Reduzierung
hauptsächlich
aus
distributiven
Gründen
erfolgte
(„helping
the
less
well-‐off
keep
warm“)
und
daher
durch
den
Rebound-‐
Effekt
eher
keine
Emissionsverminderungen
zu
erwarten
sind,
vorallem
da
häuslicher
Strom-‐
und
Energieverbrauch
ebenso
in
den
Genuss
des
vergünstigten
MwSt.-‐Satzes
von
5%
kamen
Um
solche
umweltrelevanten
Effekte
zu
erreichen,
müsste
laut
der
Aussendung
das
EU-‐Recht
geändert
werden
um
eine
Einführung
eines
solchen
ermäßigten
Satzes
auch
für
Selbstinstallationen
zu
ermöglichen.
Der
britische
Elektronikfachmarkt
„Comet“
hatte
in
einem
Feldversuch
2008
angekündigt,
energieeffiziente
Haushaltsgeräte
„ohne
MwSt.“
(also
mit
einem
entsprechenden
Rabatt),
zu
verkaufen.
Die
Kette
vermeldete
einen
dramatischen
Anstieg
in
den
Verkaufszahlen
energieeffizienter
Produkte
bei
einem
gleichzeitigen
Rückgang
der
Verkäufe
der
energieineffizienten
Produkte
–
wobei
dazu
gesagt
werden
muss,
dass
der
temporäre
Charakter
dieser
Aktion
den
Effekt
sicherlich
verstärkt
hat
(Soares
et
al.,
2010).
Analogien
aus
anderen
Steuerarten
Konsumsteuern
auf
schädliche
Lebensmittel
Edjabou
und
Smed
(2012)
errechneten
in
einer
Studie
die
Auswirkungen
einer
CO2
Steuer
auf
Lebensmittel
in
Dänemark
in
Form
einer
Konsumsteuer,
wobei
jedes
Lebensmittel
analog
zu
seinem
durchschnittlichen
CO2
Verbrauch
besteuert
wird.
In
zwei
Szenarien
wird
im
ersten
Fall
keine
entsprechende
Entlastung
der
Steuerzahler
angenommen
und
im
zweiten
Fall
Aufkommensneutralität
durch
eine
gleichmäßige
Reduktion
der
allgemeinen
Mehrwertsteuer
auf
alle
Lebensmittel.
Die
Ergebnisse
der
Studie
sind
eindeutig:
Die
CO2-‐Emissionen
der
dänischen
Konsumenten
könnten
signifikant
gesenkt
werden,
ohne
das
insgesamte
Steueraufkommen
stark
zu
erhöhen.
Tabaksteuern
In
einer
umfassenden
Vergleichsstudie
im
Jahr
2010
im
Auftrag
der
World
Health
Organization
(WHO)
wurden
18
Expertenstudien
zum
Thema
Tabaksteuern
verglichen.
12
von
18
Studien
hatten
übereinstimmende,
statistisch
signifikante
Ergebnisse,
dass
höhere
Tabaksteuern
tatsächlich
den
Tabakkonsum
einer
Gesellschaft
beeinflussen,
sprich
verkleinern,
können
und
somit
die
Gesundheit
generell
verbessert
wird.
Erreicht
wird
dies
unter
anderem
durch
Erfüllung
der
Teilziele
1)
Verringerung
der
Anzahl
jugendlicher
Raucher,
2)
Unterstützungsmaßnahmen
für
Raucher
um
mit
dem
Rauchen
aufzuhören
und
3)
Verringerung
des
durchschnittlichen
Tabakkonsums
bei
jenen,
die
weiterhin
rauchen
(Chaloupka
et
al.
2010).
Eine
weitere
Studie
im
amerikanischen
Bundesstaat
Kalifornien
(Sung
et
al.,
2005)
kommt
zum
Ergebnis,
dass
die
Preiserhöhung
(nach
einer
entsprechenden
Steuererhöhung)
von
50
USD-‐Cent
pro
Zigarettenpäckchen
in
der
4-‐Jahres-‐Periode
von
1999
bis
2002
im
Schnitt
zu
einer
Reduktion
von
2,4
Päckchen
pro
Person
und
Quartal
geführt
hat.
17.
Seite 17 von 41
Wie
vermutet
spielt
also
der
Preis
eine
wesentliche
Rolle.
Dies
untermauert
die
Hypothese
einer
signifikanten
Nachfrageverschiebung
bei
Änderungen
des
MwSt.-‐
Satzes.
Aktueller
Stand
VAT
in
der
EU
und
Umsetzung
in
Österreich
Die
Mehrwertsteuer
ist
grundsätzlich
eine
Umlaufsteuer
die
jeweils
die
Mehrleistung
pro
Wertschöpfungsstufe
besteuert.
Durch
den
Vorsteuerabzug
für
Unternehmer
werden
allerdings
im
Endeffekt
nur
die
Endkunden
belastet,
die
somit
100%
des
Steueraufkommens
tragen.
Die
Mehrwertsteuer
fällt
in
die
Kategorie
der
Verbrauchssteuern,
gilt
als
relativ
konjunkturunabhängig
und
grundsätzlich
eher
als
regressiv,
also
für
niedrige
Einkommen
stärker
belastend
als
für
hohe
Einkommen
(da
diese
Haushalte
einen
größeren
Anteil
ihres
verfügbaren
Einkommens
konsumieren).
(Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010)
2014
hat
die
Mehrwertsteuer
in
Österreich
ein
Steueraufkommen
von
EUR
25,6
Mrd.
gebracht,
was
in
etwa
32%
der
Bruttosteuereinnahmen
des
Bundes
ausmacht
(vor
Finanzausgleich
an
Bundesländer
und
Europäische
Union).
Die
MwSt.
ist
somit
eine
äußerst
relevante
Einkommensquelle
des
Staates
(WKO
2014).
Mit
der
letzten
Reformrichtlinie
zur
MwSt.
hat
die
Europäische
Union
mit
dem
Ziel
der
Reduktion
der
Schattenwirtschaft
reduzierte
MwSt.-‐Sätze
für
arbeitsintensive,
lokal
erbrachte
Dienstleistungen
erlaubt.
Die
österreichische
Gesetzgebung
hat
bisher
nicht
von
dieser
Möglichkeit
Gebrauch
gemacht,
daher
ist
für
solche
Dienstleistungen
in
Österreich
weiter
der
volle
MwSt.-‐Satz
von
20%
zu
verrechnen.
Literaturüberblick
zum
Thema
differenzierte
MwSt.
„Pro“-‐Literatur
Albrecht
(2006)
beschreibt
in
seiner
Studie
„The
use
of
consumption
taxes
to
re-‐launch
green
tax
reforms„
das
Konzept
differenzierender
Mehrwertsteuersätze
als
eine
Möglichkeit
die
Diskussion
um
Ökosteuern
wieder
ins
Leben
zu
rufen,
die
zuvor
nach
unüberbrückbaren
Differenzen
über
die
faire
Bepreisung
von
negativen
Externalitäten
als
Grundlage
für
Ökosteuern,
ins
Stocken
geraten
war.
Dies
lässt
sich
auch
daraus
erkennen,
dass
der
Anteil
der
Ökosteuern
am
Bruttoinlandsprodukt
in
den
EU-‐Staaten
im
Jahr
2001
nicht
nur
nicht
gestiegen,
sondern
sogar
etwas
niedriger
als
im
Vergleich
zum
Jahr
1995
war
(Eurostat
2003;
in
Albrecht
2006,
p.
89).
Albrecht
argumentiert,
dass
Konsumsteuern
sich
aus
zwei
Gründen
gut
als
(neue)
Ökosteuern
eignen:
zum
Einen
haben
sie
eine
sehr
große
Steuerbasis
(in
der
OECD
macht
Konsum
im
Schnitt
etwa
70%
des
BIP
aus),
zum
Anderen
können
die
bereits
bestehenden
und
bekannten
Instrumente
und
Institutionen
benutzt
werden
und
somit
unnötige
Wechsel-‐
und
Anpassungskosten
vermieden
werden
(Albrecht
2006,
p.
94).
Daher
plädiert
Albrecht
für
einen
stark
diskontierten
MWSt.-‐Satz
für
nachhaltige
Produkte,
bei
gleichzeitiger
Erhöhung
des
allgemeinen
MWSt.-‐Satzes
unter
der
Bedingung
der
fiskalischen
Aufkommensneutralität.
(Albrecht
2006,
p.
94).
Als
Kriterium
für
die
Differenzierung
der
Produkte
sollte
laut
Albert
im
Idealfall
das
Instrument
der
„Life
Cycle
Analysis“
herangezogen
werden.
Da
eine
Durchführung
einer
18.
Seite 18 von 41
solchen
Analyse
für
sämtliche
Produkte
aber
in
nächster
Zukunft
unrealistisch
erscheint,
wird
als
pragmatische
Zwischenlösung
die
oberflächliche
Einteilung
von
Produktgruppen
in
die
Kategorien
„nachhaltig“,
„nicht
nachhaltig“
und
„gemischt“
durchgeführt
von
Experten
vorgeschlagen.
Beispiele
für
solche
Produktgruppen
wären
zum
Beispiel
im
Bereich
„Mobilität“:
„Öffentlicher
Verkehr“
(nachhaltig),
„PKW
mit
hohem
Verbrauch“
(nicht
nachhaltig),
„PKW
mit
niedrigem
Verbrauch“
(gemischt)
(Albrecht
2006,
pp.
95-‐97).
Dieser
Ansatz
der
Einteilung
ist
der
wesentlichste
Unterschied
in
Albrecht’s
Modell
zu
den
Modellen
„Wuppertal
Institut“,
„IVM“
und
„CEP“.
In
einem
weiteren
Kapitel
wird,
mittels
eines
einfachen
Modells,
theoretisch
gezeigt,
dass
die
veränderte
Steuerlandschaft
bei
einem
entsprechenden
Marktanteil
der
steuerbegünstigen
Produkte
(etwa
50%),
keine
signifikanten
Auswirkungen
auf
das
Arbeitskräfteangebot
oder
die
Gesamtnachfrage
hat
–
beides
wichtige
Voraussetzungen
für
die
realpolitische
Umsetzungschance.
(Albrecht
2006,
pp.
97-‐99).
Im
letzten
Kapitel
werden
Umsetzungsthemen
behandelt.
Während
Albrecht
auf
europäischer
Ebene,
aufgrund
der
ohnehin
vorhandenen
Harmonisierungswünsche
der
MWSt.
der
EU-‐Kommission
eher
keine
Schwierigkeiten
sieht,
so
macht
er
auf
den
potentiell
BIP-‐wachstumshemmenden
Effekt
einer
solchen
Steuerreform
aufmerksam
und
dass
dies
ein
großes
Umsetzungsrisiko
in
einer
Wachstums-‐orientierten
Legislative
darstellen
könnte.
Dies
muss
im
historischen
Kontext
gesehen
werden,
da
die
Studie
noch
vor
den
politischen
Diskussionen
zum
Thema
veröffentlicht
wurde.
Walls
and
Hanson
(1999)
zitierend,
wird
als
Letztes
darauf
aufmerksam
gemacht,
dass
eine
Ökosteuerreform
bei
entsprechender
Ausgestaltung
keineswegs
regressiv
sein
muss.
(Albrecht
2006,
pp.
99-‐101).
Albrecht’s
Studie
wirkt
theoretisch
gut
durchdacht,
es
fehlen
aber
die
konkreten
praktischen
Anknüpfungspunkte
zur
Umsetzung.
Das
beschriebene
Modell
zur
Differenzierung
der
Produkte
klingt
in
der
Praxis
schwer
umsetzbar
bzw.
mit
großen
Rechtsunsicherheiten
verbunden.
Eine
sehr
praxisorientierte
Studie
namens
„The
use
of
differential
VAT
rates
to
promote
changes
in
consumption
and
innovation“
wurde
2007
im
Auftrag
der
Europäischen
Union
vom
IVM
(Institute
for
Environmental
Studies)
gemeinsam
mit
anderen
Instituten
durchgeführt.
In
sechs
Fallbeispielen
wurde
die
konkrete
Anwendung
von
differenzierten
MwSt.-‐
Sätzen
analysiert.
Für
energieeffiziente
Wasserboiler
(1)
und
Weißware
(2),
sowie
für
thermische
Isolierung
(3)
und
privaten
Energieverbrauch
aus
erneuerbaren
Energien
(4)
wurden
reduzierte
Sätze
durchgespielt,
für
Fleisch
und
Milchprodukte
(5),
sowie
für
privaten
Energieverbrauch
aus
nicht
erneuerbaren
Quellen
(6)
die
Anhebung
auf
den
Standardsatz.
Die
Ergebnisse
der
Berechnungen
des
EU-‐weiten
Energieeinsparpotenzials,
die
nicht
als
konkrete
Zahlen
betrachten
werden
können
sondern
nur
als
Größenordnungen
dienen
sollen,
werden
in
der
folgenden
Tabelle
dargestellt:
19.
Seite 19 von 41
Tabelle
1:
Energieeinsparungspotenziale
nach
OOsterhuis
et
al.
(2008)
Die
Ergebnisse
zeigen,
dass
die
Einsparpotenziale
teils
erheblich
sind.
Oosterhuis
et
al.
(2008)
Empfehlen
daher
eine
Einführung.
Dadurch
wird
eine
Erhöhung
der
Innovationsaktivitäten
auf
Produzentenseite
erwartet,
da
jene
Produzenten
mit
den
umweltfreundlichsten
Produkten
in
Zukunft
auf
höhere
Marktanteile
hoffen
dürfen.
Die
Studie
erwähnt
ebenfalls
die
Wichtigkeit
der
Signalwirkung
die
von
einem
reduzierten
MwSt.-‐Satz
für
umweltfreundliche
Produkte
ausgeht
und
erwartet
dadurch
einen
großen
Effekt,
zusätzlichen
zum
eigentlichen
Preiseffekt,
wobei
die
Studie
davon
ausgeht,
dass
es
nicht
in
allen
Kategorien
zu
einem
„full-‐pass-‐through“
kommt,
das
heißt
dass
die
Senkung
der
MwSt.
nicht
immer
in
voller
Höhe
beim
Konsumenten
ankommen
wird.
Andererseits
wird
argumentiert,
dass
selbst
bei
jenen
Produkten
bei
denen
die
MwSt.-‐Reduktion
nicht
ausreicht
den
Preisunterschied
komplett
auszugleichen,
die
verringerte
„Pay-‐back-‐time“,
also
jene
Zeit
nach
der
die
Energieeinsparungen
den
Preisunterschied
ausgeglichen
haben,
ausreichen
wird
um
den
Marktanteil
signifikant
zu
erhöhen.
Schlussendlich
wird
darauf
hingewiesen,
dass
das
Instrument
der
differenzierten
MwSt.
nur
eine
Maßnahme
von
vielen
zur
Erreichung
einer
nachhaltigen
Wirtschafts-‐
und
Lebenswelt
sein
kann.
(Oosterhuis
et
al.
2008)
B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
(2010)
haben
das
Thema
im
Rahmen
einer
breit
angelegten
Studie
zum
Thema
„Materialeffizienz
und
Ressourcenschonung“
evaluiert,
wobei
der
Fokus
auf
die
Umsetzbarkeit
in
der
Bundesrepublik
Deutschland
liegt.
Die
Studie
namens
„Differenzierte
Mehrwertsteuersätze
zur
Förderung
eines
ressourcen-‐
effizienteren
Konsums“
argumentiert,
dass
die
Mehrwertsteuer
aufgrund
ihrer
unmittelbaren
Preiswirksamkeit
jedenfalls
große
Auswirkungen
auf
die
Konsumentscheidungen
der
Haushalte
und
somit
auf
deren
Ressourcenverbrauch
hat
und
prüft
daher
einerseits
die
steuerliche
Bevorzugung
von
ressourcenarmen
Gütern
und
Dienstleistungen
zur
Überwindung
von
Preishemmnissen
und
andererseits
das
Auslaufen
von
bestehenden
steuerlichen
Bevorzugen
von
ressourcenintensiven
Dienstleistungen
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
p.
8).
Die
Signalwirkung
an
Haushalte
und
Produzenten
die
durch
eine
solche
Umstrukturierung
des
Steuersystems
entstehen
würde
und
der
dadurch
erhoffte
verstärkte
(„Push-‐“)
Effekt
wird
im
Laufe
der
Studie
mehrere
Mal
erwähnt
(zB
B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
p.
7
sowie
pp.
22-‐24).
In
einer
tiefergehenden
Evaluation
der
Thematik
wird
weiters
argumentiert,
dass
„der
private
Konsum
in
vielen
Bereichen
relativ
einkommensunelastisch
reagiert“
und
das
Steueraufkommen
der
Mehrwertsteuer
daher
„naturgemäß
relativ
einkommensunabhängig“
ist.
Weiters
hält
die
Studie
fest,
dass
der
Ökosteuern
inhärente
Produktkategorie
Emissionsreduktion
pro
Jahr
(Mio.
t
CO2
Äquivalente)
Wasserboiler
18
Weißware
(Kühlschränke,
Gefriergeräte,
Waschmaschinen)
3
Isoliermaterial
23
-‐
36
Energie
aus
nicht-‐erneuerbaren
Quellen
20
Energie
aus
erneuerbaren
Quellen
3
Fleisch
und
Milchprodukte
12
-‐
21
20.
Seite 20 von 41
Zielkonflikt
zwischen
Lenkungseffekt
und
Fiskaleffekt
(je
wirksamer
die
Steuer,
desto
geringer
das
Steueraufkommen)
auch
bei
dieser
Steuer
auftritt
und
berücksichtigt
werden
muss.
Copenhagen
Economics
(2007)
zitierend,
wird
gezeigt,
dass
davon
ausgegangen
werden
kann,
dass
die
Veränderung
im
MWSt.-‐Satz
sich
auch
tatsächlich
im
Endverkaufspreis
niederschlägt
(„full
pass
through“).
Ausnahmen
sind
allerdings
monopolistische
Märkte
und
Produkte
mit
einer
extrem
sensiblen
Preiselastizität
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
18-‐19).
Die
Studie
schlägt
einige
konkrete
Handlungsfelder
vor,
die
innerhalb
der
Bundesrepublik
Deutschland
umsetzbar
wären,
so
zum
Beispiel
die
Aufhebung
der
MwSt.-‐Befreiung
von
internationalen
Flügen
sowie
die
Aufhebung
der
MwSt.-‐
Ermäßigung
von
konventionell
produzierten
Lebensmitteln,
insbesondere
die
besonders
ressourcenintensiven
Produkte
„Milch“
und
„Fleisch“.
Die
Einführung
eines
ermäßigten
Steuersatzes
wird
unter
anderem
für
nationale
und
internationale
Bahnreisen
sowie
für
ressourcenschonendes
und
dienstleistungsintensives
Gewerbe
gefordert.
Auf
europäischer
Ebene
fordert
die
Studie
die
Einführung
eines
ermäßigten
Steuersatzes
auf
nachhaltige
Produkte,
welche
durch
das
Zertifikat
„Blauer
Engel“
bzw.
vergleichbare
Zertifikate
ausgezeichnet
wurden,
sowie
auf
energie-‐
bzw.
materialeffiziente
Haushaltsgeräte
(ab
Stufe
A++)
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
54-‐57).
Weiters
geht
die
Studie
auf
die
rechtlichen
Aspekte
des
Konzepts
ein.
Dabei
wird
hervorgehoben,
dass
auf
nationaler
Ebene
insbesondere
das
Steuergerechtigkeitsprinzip
in
Verbindung
mit
dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
zu
beachten
ist
–
vergünstigte
MwSt.-‐Sätze
auf
gewissen
Produkte
müssten
daher
besonders
gut
argumentiert
werden,
um
potentielle
Rechtsstreitigkeiten
zu
vermeiden
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
35-‐38).
Hier
ist
zu
sagen,
dass
dies
durchaus
machbar
erscheint,
existieren
doch
bereits
viele
Produkte
und
Dienstleistungen
für
die
ein
geringerer
MwSt.-‐Satz
gilt.
Bezüglich
der
rechtlichen
Aspekte
auf
europäischer
Ebene
wird
einerseits
ebenfalls
auf
die
notwendige
Einstimmigkeit
im
Rat
der
Europäischen
Union
in
Fragen
der
Mehrwertsteuer
hingewiesen,
andererseits
auf
den
Grundsatz
der
Wettbewerbsneutralität
der
bei
jeder
gesamteuropäischen
Lösung
beachtet
werden
müsste
und
der
besagt,
dass
„gleichartige
Waren
innerhalb
der
einzelnen
Länder
ungeachtet
der
Länge
des
Gesamt-‐
und
Vertriebsweges
steuerlich
gleich
belastet
werden“
(Lohse
1999,
in
B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
p.
37).
Als
Ansatzpunkt
für
Zweiteres
sehen
die
Autoren
die
Ökodesign-‐Richtlinie
(2009/125/EG),
in
der
festgeschrieben
wurde,
dass
gewisse
Produkte
„bei
ähnlicher
Funktion
und
Leistung
sehr
unterschiedliche
Umweltauswirkungen“
haben.
Somit
wäre
eine
rechtskonforme
Diskriminierung
gewisser
Produkte
auf
Basis
dieser
Richtlinie
vorstellbar.
In
einem
weiteren
Kapitel
wird
auf
Punkte
hingewiesen,
die
bei
der
Ausgestaltung
berücksichtigt
werden
müssen,
da
sie
die
ökonomische
Effizienz
des
Konzepts
bestimmen.
Dazu
zählen
unter
anderem
unterschiedliche
Preiselastizitäten
von
Produkten,
die
unterschiedlichen
Preisdeltas
zwischen
umweltfreundlichen
und
umweltunfreundlichen
Produkten
pro
Produktkategorie
sowie
der
drohende
Reboundeffekt,
der
unter
anderem
davon
mitbestimmt
wird,
ob
das
Produkt
eher
nur
einmal
pro
Haushalt
vorkommt
(zB
Geschirrspülmaschine)
oder
regelmäßig
auch
öfter
pro
Haushalt
vorkommt
(zB
TV-‐Gerät).
Zusammengefasst
kann
gesagt
werden,
dass
die
Autoren
zwar
einzelne
Ineffizienzen
bzw.
potenzielle
Marktstörungen
durch
das
21.
Seite 21 von 41
Konzept
antizipieren,
diese
aber
nicht
für
so
stark
halten,
als
dass
sie
gegen
die
Einführung
des
Konzepts
sprechen
würden
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
39-‐43).
In
Bezug
auf
verteilungspolitische
Aspekte
wird
die
potenzielle
Regressivität
des
Konzepts
bei
Erhöhung
der
MwSt.
auf
umweltschädliche
Produkte
angesprochen,
es
wird
aber
darauf
hingewiesen,
dass
diese
durch
ein
Zurückspielen
des
zusätzlichen
Steueraufkommens
an
die
betroffenen
Haushalte
mittels
anderer
Instrumente,
wieder
ausgeglichen
werden
könnte
(B.
Wahn-‐Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
43-‐45).
Weiters
werden
das
„Mixed-‐Supply“-‐Problem
sowie
das
„Cross-‐Border-‐Trade“-‐Problem
angesprochen,
die
makroökonomische
Ineffizienzen
bzw.
eine
Störung
des
EU-‐
Binnenmarktes
auslösen
könnten.
Auch
hier
wird
aber
argumentiert,
dass
die
zusätzliche
Effizienz
die
dadurch
gewonnen
wird,
dass
die
MwSt.-‐Institutionen
bereits
existieren
und
nichts
neu
aufgebaut
werden
muss,
sowie
dass
differenzierte
MwSt.-‐Sätze
im
Gegensatz
zu
Förderungen
nicht
jedes
Jahr
im
Rahmen
der
Haushaltsverhandlungen
diskutiert
werden
müsste,
die
genannten
Ineffizienzen
übersteigen
(B.
Wahn-‐
Walkowiak
et
al.
2010,
pp.
45-‐51).
Insgesamt
wirkt
die
umfangreiche
Studie
strukturiert
und
inhaltlich
belastbar.
Gleichzeitig
erscheint
sie
pragmatisch
und
vorallem
spezifisch
genug
um,
zumindestens
in
Deutschland,
tatsächlich
politische
Aufmerksamkeit
zu
bekommen.
„Contra“
Literatur
Die
umfangreichste
ökonomische
Studie
zum
Thema
reduzierter
MwSt.-‐Sätze
aus
Umweltgründen
mit
dem
Namen
„Reduced
VAT
For
Environmentally
Friendly
Products“
wurde
vom
Institut
„Copenhagen
Economics“
im
Auftrag
der
EU-‐Kommission
(genauer
DG
TAXUD)
erstellt.
Die
Studie
argumentiert
sowohl
qualitativ,
als
auch
quantitativ
mit
Hilfe
eines
hauseigenen
ökonometrischen
„General
Equilibrium
Modells“.
Im
Wesentlichen
werden
zwei
Themen
behandelt:
1)
bestehende
MwSt.-‐Erleichterungen
auf
privaten
Energieverbrauch
und
2)
der
Vorschlag
von
ermäßigten
MwSt.-‐Sätzen
für
umweltfreundliche
Produkte,
wobei
bei
Ersterem
eine
Abschaffung
empfohlen
und
bei
Zweiterem
von
einer
Einführung
abgeraten
wird.
Im
Folgenden
soll
nur
auf
die
letztere
Fragestellung
weiter
eingegangen
werden.
Die
Studie
ist
dem
Konzept
ermäßigter
MwSt.-‐Sätze
gegenüber
sehr
kritisch
und
stellt
in
Frage
ob
reduzierte
MwSt.-‐Sätze
überhaupt
effektiv
sein
können
(also
das
Ziel
erreichen),
und
wenn
ja,
so
wird
argumentiert,
dann
sicherlich
nicht
effizient
(also
das
Ziel
mit
zu
hohen
Kosten
erreichen)
vorallem
relativ
zu
anderen
Instrumenten.
Die
Studie
stützt
sich
im
Wesentlichen
auf
vier
Hauptargumente,
welche
im
Folgenden
näher
beleuchtet
werden:
(1)
Erstens
wird
auf
die
Existenz
des
„Europe
Emissions
Trading
Scheme“
(EETS),
also
des
europäischen
CO2-‐Emmissionshandelssystems,
hingewiesen.
Jespersen
et
al.
(2008,
pp.
18-‐19)
argumentieren
nun,
dass
jede
zusätzliche
Maßnahme
die
gewisse
Bereiche
innerhalb
der
Wirtschaft
zusätzlich
für
Energieeinsparungen
subventioniert,
keine
tatsächlichen
Energieeinsparungen
bringt,
da
aufgrund
von
günstigeren
„allowances“
woanders
weniger
gespart
wird
und
der
Netto-‐