1. Bachelor Thesis
Projektarbeit
Der MCC-Approach
Ein indexbasiertes Analysemodell für Märkte mit hohem
Innovations- und Wachstumspotential:
Am Beispiel des Marktes für mechanische Komponenten von
Photovoltaikanlagen
Michael Jurchen
2. BBA
Jahrgang 2007/2010
Der MCC-Approach
Ein indexbasiertes Analysemodell für Märkte mit hohem
Innovations- und Wachstumspotential:
Am Beispiel des Marktes für mechanische Komponenten von Photovoltaikanlagen
Verfasser:
Michael Jurchen
638-0-00597
Zeitraum der Projektarbeit:
09.02.2009 bis 14.04.2010
Prüfer 1:
Prof. Dr. Peter Haller, Steinbeis-Hochschule Berlin
Prüfer 2:
Prof. Dr. Peter Dohm, Steinbeis-Hochschule Berlin
3. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Eigenständigkeitserklärung
Ich habe die vorliegende Abschlussarbeit im Rahmen des Projekt-Kompetenz-
Studiums 2007/2010 selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen
Quellen, Tools und Hilfsmittel benutzt.
Hettstadt, den 14.04.2010
(Michael Jurchen)
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite I
4. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Erklärung zur Archivierung der Bachelor Thesis
Name: Michael Jurchen
Berufsbezeichnung: Industriemeister Metall
Studiengruppe: UL-E-K022
Immatrikulationsnummer: 638-0-00597
Prüfer 1: Prof. Dr. Peter Haller
Thema der Bachelor Thesis:
Der MCC-Approach. Ein indexbasiertes Analysemodell für Märkte mit hohem
Innovations- und Wachstumspotential: Am Beispiel des Marktes für mechanische
Komponenten von Photovoltaikanlagen
Diese Bachelor Thesis ist urheberrechtlich geschützt. Unbeschadet dessen wird fol-
gender Rechtsübertragung zugestimmt:
- der Übertragung des Rechtes zur Vervielfältigung der Transferarbeit für Lehr-
zwecke an der Steinbeis-Hochschule Berlin gem. § 16 UrhG
- der Übertragung des Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrechts für Lehr-
zwecke an der Steinbeis-Hochschule Berlin gem. § 19 UrhG
- der Übertragung des Rechts auf Wiedergabe durch Bild- und Tonträger an die
Steinbeis-Hochschule Berlin gem. § 21 UrhG
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite II
5. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Hiermit erkläre ich, Michael Jurchen, dass die von mir verfasste Bachelor Thesis unter
Wahrung meiner Urheberrechte
in einem gebundenen Exemplar ja nein
auf einem Speichermedium ja nein
(Diskette/CD-ROM, Netzwerk der Hochschule)
in der Bibliothek der Steinbeis-Hochschule Berlin eingestellt werden darf.
Sie dient ausschließlich der Nutzung für wissenschaftliche Studien- und Forschungs-
zwecke.
Vervielfältigungen und die Weitergabe an Dritte sind nur zu den oben genannten Zwe-
cken zulässig.
Die Einräumung der oben genannten Rechte entfällt bzw. wird eingeschränkt durch
vertragliche Rechte Dritter an der Bachelor Thesis. Dritte sind hier insbesondere Auf-
traggeber der Steinbeis-Hochschule Berlin und Beschäftigungsfirmen der Verfasser
(Studierenden).
Hettstadt, den 14.04.2010
(Michael Jurchen)
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite III
6. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Vorwort
Die vorgelegte Arbeit entsteht vor dem Hintergrund einer Firmengründung im Bereich
regenerativer Energien. Sie beleuchtet den theoretischen Hintergrund einer Marktein-
stiegsplanung auf einem Wachstumsmarkt und bildet somit die wissenschaftliche Be-
gleitung des ersten strategischen Entscheidungsprozesses des Unternehmens.
Mein besonderer Dank gilt Herrn Thomas Neußner, Geschäftsführer der Beck Energy,
und Herrn Guido Gerlach, Geschäftsführer der Jurchen Technology. Sie haben mir
durch ihre Unterstützung den notwendigen Freiraum zur Umsetzung der vorliegenden
Arbeit geschaffen.
Hettstadt, den 14.04.2010 Michael Jurchen
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite IV
7. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Inhaltsverzeichnis
Seite
Eigenständigkeitserklärung ........................................................................................ I
Erklärung zur Archivierung der Bachelor Thesis ..................................................... II
Vorwort .......................................................................................................................IV
Abbildungsverzeichnis .............................................................................................VII
Tabellenverzeichnis .................................................................................................VIII
Abkürzungen ..............................................................................................................IX
1 Einleitung ......................................................................................................... 1
1.1 Zielsetzung und Notwendigkeit .......................................................................... 1
1.2 Struktur.............................................................................................................. 2
2 Rahmenbedingungen ...................................................................................... 3
2.1 Das Unternehmen ............................................................................................. 3
2.2 Definition Markt ................................................................................................. 4
2.3 Marktabgrenzung .............................................................................................. 7
2.3.1 Problem der Marktabgrenzung .......................................................................... 8
2.3.2 Marktabgrenzung des Marktes Systemkomponenten für PV-Anlagen ............. 12
3 Marktattraktivität ........................................................................................... 21
3.1 Begriffsklärung ................................................................................................ 21
3.2 Ansätze zur Beurteilung .................................................................................. 25
3.3 Kritische Würdigung ........................................................................................ 26
4 Grundsätze der Marktanalyse ....................................................................... 29
4.1 Ziel .................................................................................................................. 29
4.2 Problemfelder .................................................................................................. 30
4.3 Aufbau ............................................................................................................. 32
5 Ableitung der wesentlichen Kriterien für eine Checkliste zur Marktanalyse
........................................................................................................................ 35
5.1 Charakterisierung des Marktes ........................................................................ 35
5.2 Kundenstrukturanalyse .................................................................................... 41
5.3 Wettbewerbsanalyse ....................................................................................... 44
6 Ergebnis in Form der Checkliste .................................................................. 53
6.1 Aufgabe ........................................................................................................... 53
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite V
8. Bachelor Thesis Michael Jurchen
6.2 Inhalt und Anwendung ..................................................................................... 54
6.3 Auswertung ..................................................................................................... 58
7 Zusammenfassung und Ausblick ................................................................. 61
Quellenverzeichnis .................................................................................................... A
Anhang ....................................................................................................................... C
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite VI
9. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Wertschöpfungskette der Firmengruppe.......................................... 3
Abbildung 2: Risikokomponenten internationaler Geschäftstätigkeit .................. 11
Abbildung 3: Kundenbedürfnis von Systemintegratoren ..................................... 13
Abbildung 4: Produktgruppen der Jurchen Technology ...................................... 15
Abbildung 5: Importance of regional markets 2007 and 2020............................. 16
Abbildung 6: Räumliche Abgrenzung Europa - aktuell ....................................... 17
Abbildung 7: Räumliche Abgrenzung Amerika - mittelfristig ............................... 18
Abbildung 8: Saisonale Einschränkungen beim Bau von Solarkraftwerken ........ 19
Abbildung 9: Faktoren der Branchen- bzw. Marktattraktivität ............................. 23
Abbildung 10: Faktoren zur Beurteilung der Attraktivität ostmitteleuropäischer
Märkte ........................................................................................... 24
Abbildung 11: Berechnung der Marktwachstumsrate ........................................... 26
Abbildung 12: Bereiche der Marktuntersuchung................................................... 29
Abbildung 13: Aufbau einer Marktanalyse ............................................................ 33
Abbildung 14: Marktbeteiligte des relevanten Marktes ......................................... 35
Abbildung 15: Five-Forces-Modell nach Porter .................................................... 36
Abbildung 16: Charakterisierung des PV-Marktes samt Einflussgrößen ............... 37
Abbildung 17: Struktur einer Wettbewerbsanalyse für Innovationsmarkt .............. 46
Abbildung 18: Konkurrentenbewertung/Profilvergleich ......................................... 50
Abbildung 19: Checkliste zur Marktanalyse .......................................................... 56
Abbildung 20: MCC-Index auf Marktattraktivitätsachse ........................................ 60
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite VII
10. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Tabellenverzeichnis
Seite
Tabelle 1: Wachstumsmärkte und deren Einflussfaktoren................................ 6
Tabelle 2: Ansätze zur Marktabgrenzung ......................................................... 8
Tabelle 3: Risikostrategien mit Beispielen aus der internationalen
Geschäftstätigkeit .......................................................................... 12
Tabelle 4: Marktabgrenzung sachlich, räumlich und zeitlich ........................... 20
Tabelle 5: Kriterien zur Beurteilung der Marktattraktivität nach McKinsey ...... 25
Tabelle 6: Scoring-Modell zur Attraktivität von Marktsegmenten incl. Ranking
...................................................................................................... 43
Tabelle 7: Informationsquellen zur Wettbewerbsanalyse ............................... 47
Tabelle 8: Auswertungsmatrix für Checkliste ................................................. 59
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite VIII
11. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abkürzungen
CI Competitive-Intelligence
CSG Crystalline Silicon on Glass
DC Direct current = Gleichstrom
EEG Erneuerbare-Energien-Gesetz
F&E Forschung und Entwicklung
JT Jurchen Technology
KMU Kleinere und mittlere Unternehmen
KVP Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
MCC Market, Customer, Competition
MW Megawatt
PV Photovoltaik
RM Relevanter Markt
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite IX
12. Bachelor Thesis Michael Jurchen
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung und Notwendigkeit
In dieser Arbeit sollen Kriterien herausgearbeitet werden, die bei der Durchführung
einer Marktanalyse auf einem rasch wachsenden Markt zur Anwendung kommen sol-
len. Dabei soll ein Instrument in Form einer Checkliste entwickelt werden, mit dessen
Hilfe die Attraktivität des Marktes für mechanische Komponenten von PV-Anlagen be-
urteilt werden kann. Dieses Tool soll dann im Rahmen einer Marktanalyse zur Beurtei-
lung dieses Marktes angewandt werden können. Die eigentliche Durchführung der
Marktanalyse ist jedoch nicht Bestandteil dieser Arbeit.
Die Notwendigkeit einer Bearbeitung dieses Themas basiert auf der aktuellen Unter-
nehmenssituation der Jurchen Technology. Dieses Unternehmen steht vor der Ent-
scheidung, seine Produkte nicht nur wie bisher an Unternehmen der eigenen Unter-
nehmensgruppe zu vertreiben, sondern auch andere Systemintegratoren als Kunden
zu gewinnen. Dies erfordert den Aufbau einer Vertriebsabteilung und damit einen nicht
unerheblichen Finanzinput. Um eine fundierte Entscheidung treffen zu können, ist es
notwendig, den Markt auf die Fragestellung hin zu untersuchen, ob ein Markteintritt
Unternehmenswachstum ermöglicht oder ein Risiko darstellt.
Als Ergebnis dieser Arbeit wird ein Tool zur Verfügung gestellt, das es Unternehmen
ermöglicht, die Abschätzung des Risikos bei einem Markteintritt mittels einer Kennzahl
vorzunehmen.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 1
13. Bachelor Thesis Michael Jurchen
1.2 Struktur
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in sieben Kapitel. Im zweiten Kapitel werden Rah-
menbedingungen dargestellt, die für die Erarbeitung der Kriterien, die für die Marktana-
lyse eines Innovations- und Wachstumsmarktes von Bedeutung sind. Hierbei wird auf
das Unternehmen, den Markt und die für eine Marktanalyse notwendige Marktabgren-
zung eingegangen.
Im dritten Kapitel wird der Begriff der Marktattraktivität umrissen und es wird auf bereits
bestehende Ansätze zur Beurteilung der Marktattraktivität in der Literatur eingegangen.
Anschließend folgt eine kritische Würdigung.
In Kapitel 4 werden die Grundsätze der Marktanalyse dargestellt. Hierbei wird zunächst
auf das Ziel und die Problemfelder einer Marktanalyse eingegangen. Danach werden
der Aufbau und der Ablauf einer Marktanalyse für den Markt für Systemkomponenten
von PV-Anlagen grob skizziert.
In Kapitel 5 werden die wesentlichen Kriterien für eine Checkliste bezüglich einer ent-
sprechenden Marktanalyse erarbeitet. Hier werden Faktoren diskutiert, welche zur Be-
urteilung des relevanten Marktes notwendig sind. Im Fokus stehen Marktcharakter,
Kundenstruktur und Wettbewerber.
Kapitel 6 betrachtet die erarbeitete Checkliste. Hier wird zunächst auf die allgemeine
Aufgabe einer Checkliste eingegangen. Danach wird die entwickelte Checkliste samt
Bewertungssystem und Anwendung dargestellt.
Abschließend enthält das Kapitel 7 eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergeb-
nisse, sowie weitere mögliche Einsatzgebiete für den MCC-Approach. Hier werden
Empfehlungen für weitere Untersuchungen gegeben.
Die Arbeit ist so aufgebaut, dass zu den einzelnen Gliederungspunkten theoretische
Ansätze aus der Literatur betrachtet werden, welche dann auf Praxistauglichkeit für
Wachstums- und Innovationsmärkte hinterfragt werden.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 2
14. Bachelor Thesis Michael Jurchen
2 Rahmenbedingungen
2.1 Das Unternehmen
Die Jurchen Technology GmbH wurde im März 2008 gegründet. Sie ist
gesellschafterisch mit der Photovoltaikfirmengruppe Beck Energy, Blitzstrom und S&F
verbunden. Diese Firmengruppe projektiert und vertreibt seit 2001 weltweit photovolta-
ische Anlagen sowohl im Dach- als auch im Großkraftanlagenbereich und zählt mit
einem Projektvolumen von 300 Megawatt (MW) in 2010 zu den fünf größten
Photovoltaikfirmen weltweit. Die Struktur des Wertschöpfungsprozesses innerhalb der
Firmengruppe stellt sich vereinfacht wie folgt dar.
Abbildung 1: Wertschöpfungskette der Firmengruppe
Projektierung/ Montage/
Akquise Einkauf Fertigung Inbetriebnahme
S&F PADCON Beck Energy
Dachanlagen Wechselrichter
Beck Energy JuTec France
Großkraftwerke mech. Komponenten
me
Blitzstrom Jurchen Technology
Großhandel mech. Komponenten S&F
Forschung & Entwicklung
Support
ADENSIS
Bestellung
Ext. Unternehmen
Ext. Kunden
Solarmodule Lieferung
Quelle: Eigene Darstellung.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 3
15. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Die Produktion einzelner Komponenten wie Unterkonstruktion, Dachbefestigung,
Klemmsysteme, individuelle Sonderkonstruktionen und DC-Verkabelungssysteme
(Gleichstromverteilung) zum Stromabgriff am Modul war bisher an Zulieferfirmen ver-
geben worden.
Als Reaktion auf die inzwischen stark gestiegene Nachfrage nach Fertigungskapazitä-
ten für oben genannte Komponenten kam es im März 2008 zur Gründung eines eige-
nen Produktionsunternehmens, der Jurchen Technology GmbH. Die wesentlichen Vor-
teile sind: Abhängigkeiten von Zulieferfirmen werden vermieden, Know-how von
Produktentwicklungen dringt nicht nach außen und die Produkte werden kontinuierlich
verbessert. Das Unternehmen ist auf die Kernkompetenz der Fertigung und Entwick-
lung von Systemkomponenten von PV-Anlagen spezialisiert. Es ist seit der Gründung
stark gewachsen und hat zum jetzigen Zeitpunkt einen Mitarbeiterstand von 70 Be-
schäftigten. Ab Mitte 2009 plant die Jurchen Technology neben der oben genannten
Firmengruppe weitere Photovoltaik-Vertriebsgesellschaften mit selbst entwickelten
Systemkomponenten und Zubehör als Handelsware zu beliefern. Hierdurch soll sich
dem Unternehmen ein größerer Kundenkreis erschließen. Durch den erweiterten Ab-
satzmarkt möchte sich das Unternehmen ein zusätzliches Standbein aufbauen.
2.2 Definition Markt
Der Begriff des ‚Marktes‘ stellt sowohl in der Volkswirtschafts- als auch in der Be-
triebswirtschaftslehre eine zentrale Größe dar. Während der volkswirtschaftliche Erklä-
rungsansatz den Markt gewissermaßen von einer Metaebene aus neutral betrachtet,
geht der betriebswirtschaftliche, marketingorientierte Ansatz von der Betrachtung der
Marktbeteiligten aus1.
Nach Meffert et al. „besteht ein Markt aus einer Menge aktueller und potentieller Nach-
frager bestimmter Leistungen sowie der aktuellen und potenziellen Anbieter dieser
1
Vgl. Meffert, Heribert (2000): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung.
Konzepte-Instrumente-Praxisbeispiele. 9. Aufl. Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 36.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 4
16. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Leistungen und den Beziehungen zwischen Nachfragern und Anbietern“.2 Kritisch sei
hier jedoch angemerkt, dass auf Basis dieser Definition sich nur vereinfachte Gesetz-
mäßigkeiten bezüglich der Dynamik von Marktprozessen und Attraktivität eines Mark-
tes ableiten lassen. Wichtige Einflussfaktoren wie Status eines Produktes im Produkt-
lebenszyklus, Störgrößen wie z.B. Konjunkturschwankungen, staatliche Förderpro-
Förderprogramme oder zeitgeschichtliche Trends einer Gesellschaft finden hier keine
Berücksichtigung.
Soll nun ein Markt mit hohem Innovations- und Wachstumspotential charakterisiert
werden, so stellt sich die Frage, durch welche Faktoren sich ein Markt im herkömmli-
chen Sinn von einem Wachstumsmarkt unterscheidet. Neubecker weist darauf hin,
dass Begriffe wie ‚Wachstumspotential‘ oder ‚hohes Wachstumspotential‘ subjektiv
sind, und somit eine Überprüfbarkeit problematisch erscheint3.
Das Hauptcharakteristikum eines Marktes mit hohem Innovations- und Wachstumspo-
tential ist an erster Stelle die Wachstumsrate. Während man in der Literatur bei einer
Wachstumsrate von ca. 3% von sich normal entwickelnden Märkten spricht, betragen
Wachstumsraten auf stark wachsenden Märkten 10 % und mehr4. Die Wachstumsrate
stellt jedoch nur das Ergebnis verschiedener Einflussfaktoren dar, die es ermöglicht
haben, dass sich ein Markt zum Wachstumsmarkt entwickeln konnte. Bei der Betrach-
tung von Wachstumsmärkten der jüngsten Vergangenheit und der Gegenwart, lässt
sich feststellen, dass verschiedene Einflussfaktoren dazu geführt haben, dass diese
Märkte solche Entwicklungsschübe generieren konnten. In folgender Tabelle sind stark
wachsende Märkte und deren Einflussgrößen aufgezeigt, die zu einem überdurch-
schnittlichen Wachstum geführt haben.
2
Meffert, Heribert et al. (2008): Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung.
Konzepte-Instrumente-Praxisbeispiele. 10. Aufl. Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 46.
3
Vgl. Neubecker, Jochen (2006): Finanzierung durch Corporate Venture Capital und Venture
Capital. Dissertation, Technische Universität Dresden. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-
Verlag, S. 43.
4
Vgl. Zäpfel, Günther (2000): Strategisches Produktionsmanagement. 2. Aufl. München:
Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 69.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 5
17. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Tabelle 1: Wachstumsmärkte und deren Einflussfaktoren
Markt Wachstumsrate Positive Einflussgrößen
Medizinprodukte weltweit 6,6 % Gesundheitsbewusstsein der Bevöl-
kerung
technologischer Fortschritt
Biotechnik ca. 15 % F&E wurden staatl. gefördert
Viele Produktentwicklungen haben
Marktreife erlangt
Photovoltaik ca. 17% in 2009 Handlungsbedarf der Regierungen
Langfristig 25- 30% im Bereich CO2.
Technologischer Fortschritt
Staatl. Förderprogramme
Umweltbewusstsein auf breiter
Ebene
Bioprodukte ca. 22% Gesundheitsbewusstsein auf breiter
Basis
Anbau von Bioprodukten wird geför-
dert
Gesundheitsaufklärung.
Bedürfnis nach gesunder Ernährung
wächst.
Windkraft ca. 15% Handlungsbedarf der Regierungen
im Bereich CO2
Technologischer Fortschritt
Staatl. Förderprogramme
Umweltbewusstsein auf breiter
Ebene
Internet-Suchmaschinen 35% in 2008 Informationsbedürfnis
Technologiefortschritt
Produkte für Senioren ca. 20% Demographie; Anbieter reagieren auf
großes Kundenpotential
Lebenserwartung der Menschen
steigt Besondere Bedürfnisse
Kunden mit z. T. hoher Kaufkraft
Wirtschaftsraum China 13% in 2007 Starke Auslandsnachfrage starke
8% in 2009 Exporttätigkeit
Geringe Lohnkosten
Kaum Umweltauflagen
Starke Bautätigkeit durch Olympi-
sche Spiele
Wirtschaftsraum Indien ca. 7,1% Technologiefortschritt
Geringe Lohnkosten
Kaum Umweltauflagen
Quelle: Eigene Darstellung.
Wie diese Tabelle zeigt, existieren Wachstumsmärkte nicht nur für Produkte, sondern
auch für Regionen und Bevölkerungsgruppen.
Die Einflussgrößen, die relevante Faktoren für Wachstumsmärkte darstellen, lassen
sich wie folgt zusammenfassen:
Staatliche Förderung
Technologische Neuerungen
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 6
18. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Ein verändertes Bewusstsein der breiten Bevölkerung
Neue Kundenbedürfnisse
Festzustellen ist, dass diese Faktoren nicht vollständig vorhanden sein müssen, um
einen Wachstumsmarkt zu bilden. Vielmehr kann die Existenz einer Einflussgröße oder
von einigen wenigen beeinflussenden Größen ausreichen, um einen Markt so zu ver-
ändern, dass von einem Wachstumsmarkt gesprochen werden kann.
2.3 Marktabgrenzung
Die Basis jeder Marktanalyse bildet die Marktabgrenzung, ein Begriff, der in der Litera-
tur auch synonym zu dem der Ermittlung des relevanten Marktes benutzt wird. Die
Marktabgrenzung ist der erste Schritt einer Marktanalyse. Bereits bei der Marktabgren-
zung werden grundlegende Weichenstellungen für die am Ende stehende ‚Marketing-
strategie‘ vorgenommen. So legt die Abgrenzung des relevanten Marktes fest, in wel-
cher „Wettbewerbsarena“ sich ein Unternehmen bewegt und welche Wettbewerber
somit identifiziert werden.5
Bevor also ein Markt analysiert werden kann, ist es unabdingbar, den relevanten Markt
für die Produkte eines Unternehmens abzugrenzen. Je genauer ein Markt abgegrenzt
ist, desto aussagekräftiger sind die Kennzahlen bezüglich Marktpotential, Marktvolu-
men und Marktanteil der später durchgeführten Marktanalyse. Das Ergebnis der
Marktabgrenzung muss also die genaue Kenntnis des relevanten Marktes für ein Un-
ternehmen sein. „Kriterien, die es ermöglichen, Märkte voneinander zu unterscheiden
bzw. abzugrenzen und den relevanten Markt für ein Unternehmen zu determinieren,
sind markt- und unternehmensspezifisch. Eine Unterscheidung zwischen räumlicher,
zeitlicher und sachlicher Abgrenzung unterstützt die Ermittlung des relevanten Mark-
tes.“6
5
Vgl. Benkenstein, Martin (1997): Strategisches Marketing. 13. Aufl. Baden-Baden: Verlag
Kohlhammer, S. 24.
6
Runia, Peter et al. (2007): Marketing. 2. Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S.
17.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 7
19. Bachelor Thesis Michael Jurchen
In der Literatur werden verschiedene Ansätze zur Marktabgrenzung beschrieben. Die
wichtigsten empirischen Ansätze sind anbieter- bzw. produktbezogen oder
nachfragerbezogen. Diese sind in nachfolgender Tabelle dargestellt.
Tabelle 2: Ansätze zur Marktabgrenzung
Orientierung Konzept Aussage Vertreter
Anbieter- Konzept der physisch- RM umfasst alle Produkte, die Marshall
und produkt- technischen sich in Stoff, Verarbeitung, Form,
bezogene Ähnlichkeit technischer Gestaltung gleichen
Ansätze
Konzept der RM umfasst alle Produkte, die Triffin
Kreuzpreiselastizität sich durch eine hohe Kreuzpreis-
elastizität auszeichnen
Konzept der Wirt- RM umfasst alle Konkurrenzpro- Schneider
schaftspläne dukte, die ein Anbieter bei seinen Ab-
satzplanungen berücksichtigt
Konzept der funktio- RM umfasst alle Güter, die das Abott/
nalen Ähnlichkeit gleiche Grundbedürfnis befriedigen Arndt
bzw. die gleiche Funktion erfüllen
Nachfrager- Konzept der RM umfasst alle Produkte, die Dichtl/
bezogener subjektiven vom Verwender als subjektiv aus- Andritzky/
Ansatz Austauschbarkeit tauschbar angesehen werden Schobert
Substitution in-use- RM umfasst alle Produkte, die für den Srivastra/
Ansatz Verwender in einer bestimmten Ge- und Alpert/
Verbrauchssituation den gleichen Nut- Schocker
zen stiften
Kaufverhaltensansätze RM umfasst alle Produkte, die Fraser/
auf der Grundlage des realen Bradfort
Kauf-/Nutzungsverhalten als
substituierbar zu kennzeichnen
sind
Konzept der RM umfasst alle Produkte, die Kotler
Kundentypen- von den gleichen Kundentypen
differenzierung nachgefragt werden
Quelle: Meffert, Heribert (2000): S. 39.
2.3.1 Problem der Marktabgrenzung
„Mit dem Problem der Erfassung und Abgrenzung des relevanten Marktes haben sich
bereits unterschiedliche Forschungsdisziplinen wie die Volkswirtschaftslehre, Rechts-
wissenschaften und Betriebswirtschaftslehre im Allgemeinen sowie die Marketingtheo-
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 8
20. Bachelor Thesis Michael Jurchen
rie im Speziellen beschäftigt. Bisher gibt es keine allgemeingültige Antwort auf die Fra-
ge, wie der relevante Markt abzugrenzen ist.“7 Wie unter 2.3 dargestellt, gibt es zwar
verschiedene Ansätze zur Marktabgrenzung, die jedoch keinen Anspruch auf Vollstän-
digkeit und umfassende Gültigkeit haben können. Dies bedeutet, dass es für den Pro-
zess der Marktabgrenzung nicht die allgemeingültige standardisierte Vorgehensweise
gibt. So können diese Modelle zwar Anregung und Orientierung für das Erarbeiten ei-
nes relevanten Marktes sein, jedoch ist ein Unternehmen gefordert, die Marktabgren-
zung so zu gestalten, dass alle relevanten Größen im ausreichenden Maß berücksich-
tigt werden, um am Ende den größtmöglichen Nutzen für das Unternehmen zu
generieren.
Ein zentrales Problem der Marktabgrenzung stellt die Frage der Abgrenzungsweite bei
der produktorientierten Marktabgrenzung dar. Wie unter 2.3 beschrieben, unterstützen
die Faktoren ‚Räumliche, zeitliche und sachliche‘ Abgrenzung den Marktabgrenzungs-
prozess. Während sich die zeitliche und räumliche Abgrenzung weniger problematisch
darstellen, kommt es bei der sachlichen Abgrenzung häufig zu Fehlern, die zu weitrei-
chenden Fehlentscheidungen bei der Festlegung der Marketingstrategie führen kön-
nen8.
Bereits in den sechziger Jahren wies Levitt unter dem Schlagwort „Marketing Myopia“
darauf hin, dass Märkte viel zu eng abgegrenzt werden. Dies habe zur Folge, dass
Substitutionsprodukte und neue Wettbewerber unerkannt auf einen Markt drängen.
Somit würden der Markt in seiner Art und die Anzahl der Marktteilnehmer nicht voll-
ständig erfasst werden.9 Dies resultiert aus einer stringent an dem Produkt ausgerich-
teten Marktabgrenzung, ohne dass die Bedürfnisse der Nachfrager in die Abgren-
zungsstrategie mit einbezogen werden. Sinnvoll erscheint es, den Markt nicht nur
produktzentriert abzugrenzen, sondern die Bedürfnisse der Nachfrager mit zu berück-
sichtigen. Dabei geht es um die Frage: Welches Problem will der Kunde gelöst haben
und wer bietet ähnliche Problemlösungen an? Eine Marktabgrenzung auf dieser Basis
verhindert ein zu enges Abgrenzen.
7
Ebenda, S. 36.
8
Vgl. Meffert, Heribert et al. (2008): S. 51.
9
Vgl. ebenda, S. 52.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 9
21. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Aktuelle Entwicklungen der Medien- und Elektronik Branche zeigen, dass Märkte im-
mer mehr zusammenwachsen. So zeigt die Entwicklung auf dem Mobiltelefonmarkt
eine Weiterentwicklung vom reinen mobilen Telefonieren zur mobilen Unterhaltung und
Kommunikation. Moderne Geräte bieten nicht nur die Möglichkeit des bloßen Telefo-
nierens, sondern arbeiten auch als Navigationssystem, Fotoapparat, Kamera, MP3-
Player, E-Mail-Programm und Mittel zur Internetnutzung. Hier ist dem Bedürfnis des
mobilen Menschen nach Kommunikation und Unterhaltung durch die Integration der
Technologien im Produkt Rechnung getragen. Diese Tendenz zur Verschmelzung der
Märkte darf ebenfalls bei der Marktabgrenzung von Zubehörprodukten für den
Photovoltaikmarkt nicht außer Acht gelassen werden, um Marktpotential nicht unge-
nutzt zu lassen und Mitbewerber mit ihren Substitutionsprodukten frühzeitig identifizie-
ren zu können.
Ein weiteres Problemfeld, das explizit bei der räumlichen Marktabgrenzung beachtet
werden muss, ist das Risikopotential, das mit einer räumlichen Abgrenzung über meh-
rere Länder oder gar Kontinente einhergeht. In der relevanten Literatur findet diese
Problematik jedoch kaum Beachtung. Meffert et al. sind der Auffassung, dass die
räumliche Marktabgrenzung als weniger problembehaftet zu betrachten ist10.
Entgegen dieser Auffassung stellt eine Erweiterung von Unternehmensaktivitäten auf
internationale Märkte für Betriebe, welche die nationalen Grenzen überschreiten, je
nach Niederlassungsnation ein mehr oder weniger hohes Risiko dar. Macharzina defi-
niert ‚Risiko‘ als „die aus der Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung resultieren-
de Gefahr, dass eine finanzwirtschaftliche Zielgröße negativ von einem Referenzwert
abweicht.“11 Risikopotentiale lassen sich in die Bereiche ‚Ökonomische Risiken‘, ‚Län-
derrisiken‘ und ‚Währungsrisiken‘ einteilen. Dies ist in Abbildung 2 dargestellt.
10
Vgl. Meffert, Heribert et al. (2008): S. 51.
11
Macharzina, Klaus (2003): Unternehmensführung. Das internationale Managementwissen.
Konzepte-Methoden-Praxis. 4. Aufl. Wiesbaden: Gabler Verlag, S. 185.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 10
22. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildung 2: Risikokomponenten internationaler Geschäftstätigkeit
Risikokomponenten international
tätiger Unternehmen
Ökonomische Risiken/
Länderrisiken Währungsrisiken
Geschäftsrisiken
Marktrisiko Transaktionsrisiko
Preisrisiko Translationsrisiko
Kreditrisiko Preisrisiko
Politische Risiken Sonstige Risiken
Transportrisiko Ökonomisches Risiko
Rechtliche Risiken
Lieferungs-/ An- Enteignungs- Internationale Wett-
nahmerisiko risiko bewerbsfähigkeit
Fabrikationsrisiko Dispositions- Sprache
Warenabnahme- risiko Kultur
risiko Transferrisiko …...
Delkredererisiko Sicherheitsrisiko
Fiskalisches
Risiko
Rechtsprobleme
Quelle: Meckl, Reinhard, (2006): Internationales Management. München: Franz Vahlen
Verlag, S. 230.
Umfasst eine räumliche Marktabgrenzung mehrere Länder oder Kontinente, so ist ein
dezidiertes Risikomanagement erforderlich. Vor dem Betreten internationaler Märkte
muss eine Risikoanalyse durchgeführt werden, um potentielle Risiken zu identifizieren.
Diese können je nach Nation auf unterschiedlichen Ebenen liegen. Danach ist es er-
forderlich die jeweils richtige Risikostrategie abzuleiten. In nachfolgender Tabelle sind
Risikostrategien mit Beispielen aus internationaler Geschäftstätigkeit dargestellt.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 11
23. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Tabelle 3: Risikostrategien mit Beispielen aus der internationalen Geschäftstätigkeit
Risikovermeidung Risikoverminderung Risikobesicherung Risikoabwälzung
Risikobegründende Die Risikoverminde- Für eine Vielzahl von Durch Risikoab- oder
Ursachen werden ver- rung stellt eine weniger Risiken können die Risikoüberwälzung wird
mieden. In der extrems- extreme Variante dar. eventuellen negativen das Risiko ganz oder
ten Form bedeutet dies Die Risikoverminde- Folgen ganz oder zu- teilweise – entgeltlich
die gänzliche Vermei- rung beinhaltet die mindest teilweise durch oder unentgeltlich –
dung von Auslandsakti- Risikoverteilung sowie Versicherungen, Ga- einem Dritten übertra-
vitäten. die Risikokompensati- rantien oder Bürgschaf- gen.
on. ten versichert werden.
Das Gegenstück hierzu
besteht in der bewuss-
ten Hinnahme des
Risikos, ohne zu versu-
chen, in irgendeiner
Form „gegenzusteu-
ern“.
Beispiel: Beispiel: Beispiel: Beispiel:
• Keine Aus- • Diversifikation • Transportversi- • Fakturierung in
landsaktivitäten des Kunden- cherung Inlandswäh-
• Aufstellung von stammes • Hedging rung
K.O. – Kriterien • Hedging mit • Exportkredit- • Factoring
• … Derivaten versicherungen • Forfaitierung
• … • … • …
Quelle: Meckl, Reinhard, (2006): S. 230.
2.3.2 Marktabgrenzung des Marktes Systemkomponenten für PV-Anlagen
Als Beispiel für die Durchführung einer Marktabgrenzung soll hier die Marktabgrenzung
für die Produkte des Unternehmens Jurchen Technology durchgeführt werden. Sie soll
sich grundsätzlich am Konzept der funktionalen Ähnlichkeit nach Abott/Arndt orientie-
ren. Wie in Tab. 2 dargestellt, beruht dieser Ansatz auf dem Konzept, das all diejenigen
Güter zu einem Markt zusammenfasst, die ein bestimmtes Kundenbedürfnis befriedi-
gen. Nach Meffert et al., handelt es sich sowohl um einen Produkt- als auch einen
nachfragebezogenen Ansatz.12 Das Kundenbedürfnis auf diesem Markt ist es, die Aus-
stattung einer PV-Anlage mit entsprechenden Systemkomponenten zu konfigurieren.
Entsprechende Anlagen setzen sich grundsätzlich aus den folgenden vier Produkt-
gruppen zusammen:
12
Vgl. Meffert, Heribert et al. (2008): S.187.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 12
24. Bachelor Thesis Michael Jurchen
PV-Module
Energieumwandlungs- und Verteilungssysteme
Befestigungs-, Klemm- und Stromabgriffsysteme
Monitoringsysteme
Dieser Sachverhalt ist in nachfolgender Grafik dargestellt.
Abbildung 3: Kundenbedürfnis von Systemintegratoren
Kundenbedürfnis:
Ausstattung eines PV-Projektes mit relevanten Komponenten.
Notwendige Komponenten
Mechanische Komponenten
Unterkonstruktion
Klemmelemente für Modul
Normteile
Spezialkabel für Stromabgriff
PV- Module
Siliziumtechnologie
Dünnschichttechnologie
CSG-Technologie
Nano-Solar-Technologie
Energieumwandlung, -verteilung
Kleinwechselrichter
Großwechselrichter
Anschlussboxen
Blitzschutzboxen
Monitoring
Anlagenüberwachung vor Ort
Fernüberwachung
Quelle: Eigene Darstellung.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 13
25. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Wie aus oben stehender Abbildung zu entnehmen ist, setzt sich eine PV-Anlage aus
vier grob zu kennzeichnenden Produktgruppen zusammen. In aller Regel stellt jede
Produktgruppe einen Teilmarkt für sich dar. Das heißt, ein projektendendes PV-
Unternehmen, auch Systemintegrator genannt, ist auf allen vier Teilmärkten aktiv, um
entsprechende Komponenten für die Komplettanlage zu erwerben. Die Jurchen Tech-
nology möchte ihre Produkte auf dem Markt ‚Mechanische Komponenten‘ anbieten.
Im Folgenden soll für die Jurchen Technology eine sachliche, zeitliche und räumliche
Marktabgrenzung erörtert werden.
Sachliche Marktabgrenzung:
Das Produktangebot der Jurchen Technology umfasst Befestigungs-, Klemm- und
Stromabgriffsysteme. Hierbei steht sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern, die
ebenfalls den Kundenwunsch nach Konfektionierung von Photovoltaikanlagen befriedi-
gen. Es gilt für jede Baureihe von Modulen (Dünnschicht-, Silizium- und CSG-Module)
die entsprechenden Zubehörteile bereitzustellen. Substitution ist hier aufgrund der
technischen Besonderheiten der Module und der Zulassungsmodalitäten der Hersteller
nur bedingt möglich. Dem Kundenwunsch nach Qualität und einfacher Handhabung
der Bauteile wird von Jurchen Technology in besonderer Weise Rechnung getragen.
Damit unterscheidet sie sich mit Ihrem Angebot von Mitbewerbern. Die Produkte der
Jurchen Technology lassen sich in folgende Produktgruppen zusammenfassen:
Unterbau für Freifeldanlagen
Unterbau für Dachanlagen
Befestigungs- und Klemmelemente
Verkabelungssysteme
Diese Produktgruppen sind in nachstehender Abbildung dargestellt.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 14
26. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildung 4: Produktgruppen der Jurchen Technology
Produktgruppen der Jurchen Technology
Unterbau für Freifeldkraftwerke
Unterbau für Dachsolaranlagen
Befestigungs- und
Klemmelemente
DC- Verkabelungssysteme
Quelle: Eigene Darstellung.
Räumliche Abgrenzung:
Da die Jurchen Technology derzeit nur verbundene Unternehmen beliefert, ihr Ein-
satzgebiet somit räumlich sehr eng abgegrenzt ist, würde der Eintritt in den Markt für
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 15
27. Bachelor Thesis Michael Jurchen
mechanische Komponenten von PV- Anlagen eine räumliche Erweiterung bedeuten.
Geplant ist zunächst eine Ausweitung in den deutschen und europäischen Wirtschafts-
raum. Einen zukunftsträchtigen Markt stellt auch der US- Markt dar, der dank verbes-
serter Rahmenbedingungen für regenerative Energien seitens der US-Regierung ein
enormes Marktpotential erwarten lässt.
Die Situation auf dem US-amerikanischen Markt ist zum heutigen Zeitpunkt davon ge-
prägt, dass US-Unternehmen des green-tec Bereichs auf das Know-how von Unter-
nehmen aus dem deutschsprachigen Wirtschaftsraum zugreifen. Die Nachfrage bzgl.
entsprechender Technologien gewinnt weltweit zunehmend an Relevanz. Dies bedeu-
tet für die räumliche Abgrenzung für die Produkte der Jurchen Technology, dass die
meisten Mitanbieter im deutschsprachigen Raum angesiedelt sind, während das ge-
samte Kundenpotential weltweit verteilt ist. In unten stehender Abbildung ist die zu er-
wartende Bedeutung der weltweiten Märkte im Bereich regenerativer Energien darge-
stellt.
Abbildung 5: Importance of regional markets 2007 and 2020
Quelle: Roland Berger-Studie (2007): Environmentally friendly power generation and
storage, S. 42.
Die Darstellung lässt sich so interpretieren, dass die Bedeutung des deutschsprachi-
gen Raumes im Bereich regenerativer Energien bis zum Jahr 2020 voraussichtlich zu-
rückgehen wird. Im Gegenzug dazu nimmt die Bedeutung der weltweiten Märkte zu. Im
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 16
28. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Fokus der Marktabgrenzung von Jurchen Technology stehen neben dem deutschspra-
chigen Raum West-, Mittel- und Osteuropa, da hier schon über verbundene Unterneh-
men Geschäftsbeziehungen zu potentiellen Kunden bestehen. Der erste strategische
Vorstoß wurde in einer Niederlassungsgründung in Südfrankreich realisiert. In nachfol-
gender Abbildung ist die geografische Abgrenzung für den europäischen Wirtschafts-
raum dargestellt.
Abbildung 6: Räumliche Abgrenzung Europa - aktuell
aktuelle Marktpräsenz geplante Marktpräsenz (Future 1)
Quelle: Eigene Darstellung.
Auf Grund der zu erwartenden Marktpotentiale in USA (siehe Abb. 5) wird sich die
räumliche Marktabgrenzung mittelfristig auf den US-amerikanischen Wirtschaftsraum
erweitern. Nach dem Regierungswechsel in 2009 hat die Obama Administration die
Energiewende hin zu regenerativen Energieressourcen eingeleitet. So stellt das Ener-
gieministerium für das Jahr 2011 152 Millionen Dollar für den Ausbau der
Photovoltaiktechnologie zur Verfügung. Auf Grund der förderlichen Rahmenbedingun-
gen ist eine Marktpräsenz mit mechanischen Komponenten für Photovoltaikanlagen
auf dem US-Markt bis spätestens im 1. Quartal 2011 geplant.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 17
29. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildung 7: Räumliche Abgrenzung Amerika - mittelfristig
geplante Marktpräsenz (Future 2)
Quelle: Eigene Darstellung.
Aus Gründen der Risikominimierung bleiben Lateinamerika und Afrika zunächst unbe-
rücksichtigt. Hier stellen Währungsrisiko, ökonomische und politische Risiken ein zu
hohes Gefahrenpotential dar. Aus klimatischen Gründen bleibt Kanada ebenfalls unbe-
rücksichtigt.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 18
30. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Zeitliche Abgrenzung:
Das Hauptkriterium für die zeitliche Abgrenzung der Marktpräsenz auf dem PV-Markt
sind die klimatischen Bedingungen, da diese direkten Einfluss auf die Bautätigkeit von
PV-Anlagen haben. Um die Kapitalbindung gering zu halten, werden Systemintegrato-
ren, die Photovoltaikanlagen projektieren und bauen, die Komponenten für entspre-
chende Anlagen erst kurz vor Baubeginn bzw. während der Bautätigkeit just-in-time
zukaufen. Somit definiert sich die zeitliche Marktabgrenzung über die jahreszeitlichen
Witterungsverhältnisse.
Während im nordeuropäischen Markt der Solarkraftwerksbau bzw. der Bau von Dach-
anlagen von April bis November durchgeführt wird, gibt es in Ländern wie Italien, Süd-
frankreich oder Spanien kaum Einschränkungen der Bautätigkeit bedingt durch klimati-
sche Bedingungen. Somit ist bei weltweiter Tätigkeit davon auszugehen, dass es zu
keiner ausgeprägt saisonalen Mehr- oder Minderauslastung der Absatzkapazitäten
kommen wird. Insgesamt bedeutet dies, dass die Nachfrage ganzjährig zu erwarten ist.
In folgender Abbildung sind saisonale Einschränkungen der einzelnen Länder darge-
stellt.
Abbildung 8: Saisonale Einschränkungen beim Bau von Solarkraftwerken
Deutschland
Tschech. Rep.
Nordfrankreich
Südfrankreich
Spanien
Portugal
Norditalien
Süditalien
Griechenland
USA nord
USA süd
Jan Feb Mär Apr Mai Jun Juli Aug Sep Okt Nov Dez
Bautätigkeit nicht möglich Bautätigkeit möglich
Quelle: Eigene Darstellung.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 19
31. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Das Ergebnis der oben durchgeführten Marktabgrenzung ist in unten stehender Tabel-
le kurz dargestellt.
Tabelle 4: Marktabgrenzung sachlich, räumlich und zeitlich
Marktabgrenzung
sachlich räumlich zeitlich
Unterkonstruktionen für Kurzfristig: Auf den Kurzfristig: Hauptaktivi-
PV- Anlagen deutschsprachigen Raum tät April bis Dezember
o Für Dachanlagen beschränkt
o Für Freifeldanlagen
Mittelfristig: West- und Mittelfristig: kaum sai-
Klemm- und Befesti- Osteuropa sonale Einschränkung
gungselemente für PV- durch Internationalisie-
Module rung
Langfristig: Nordamerika
Stromabgriffsysteme
vom PV- Modul
Alle mechanischen Europäischer Raum Durch Internationa-
Komponenten für USA lisierung ganzjährige
Photovoltaikanlagen Marktaktivität
Quelle: Eigene Darstellung.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 20
32. Bachelor Thesis Michael Jurchen
3 Marktattraktivität
3.1 Begriffsklärung
Die ‚Marktattraktivität‘ bewertet die langfristige Perspektive, die sich einem Unterneh-
men erschließt, wenn es auf einem bestimmten Markt oder Marktsegment tätig ist.13
Bei der ‚Marktattraktivität‘ handelt es sich um eine aggregierte Größe, welche auf un-
terschiedlichen Kriterien basiert. Ein fester, allgemeingültiger Kriterienkatalog ist in re-
levanter Literatur nicht verankert.14
Von grundlegender Bedeutung für die Begriffsklärung ‚Marktattraktivität‘ ist zunächst
der Standpunkt, von dem aus die Attraktivität eines Marktes beurteilt wird. Die Marktat-
traktivität wird aus Sicht des Kunden oder Verbrauchers mit anderen Kriterien beurteilt
werden als aus Sicht des Anbieters oder des Unternehmens, das den Markt neu betre-
ten möchte. So wird aus Sicht eines Nachfragers ein Markt dann besonders attraktiv
sein, wenn das nachgefragte Produkt von möglichst vielen Anbietern angeboten wird.
In diesem Zusammenhang wird von einer ‚Nachfragermacht‘ gesprochen. Dem gegen-
über wird für einen Anbieter, der mit einer geringen Anzahl von Mitanbietern auf einem
Markt mit vielen Nachfragern tätig ist, die Marktattraktivität relativ hoch sein. Dies wird
in der Literatur mit dem Begriff ‚Anbietermacht‘ beschrieben.
Aus Sichtweise eines Unternehmens, das in einen Markt eintreten möchte, müssen
einzelne Beurteilungsparameter anders bewertet werden, als bei Unternehmen, die
schon in einem Markt tätig sind. So wird ein Markt mit hohen Eintrittsbarrieren für Un-
ternehmen, welche auf einem Markt etabliert sind, mit einer hohen Marktattraktivität
verbunden sein, während solche Vorgaben für ein Eintrittsunternehmen die Marktat-
traktivität eher dämpfen.
13
Vgl. Kasprik, Rainald (2002): Rationale Unternehmens- und Marketingplanung. Strategische,
operative und taktische Entscheidungen. Heidelberg: Physica-Verlag, S. 327.
14
Vgl. Pepels, Werner (2006): Produkt- und Preismanagement im Firmenkundengeschäft.
München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 205.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 21
33. Bachelor Thesis Michael Jurchen
In der Literatur werden die Kriterien zur Bestimmung der Marktattraktivität fast aus-
schließlich im Zusammenhang mit dem Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-
Portfolio nach McKinsey genannt. Dieses geht von der Sichtweise eines Unternehmens
aus, das auf einem bestimmten Markt tätig ist.
„Die Marktattraktivität wird meist nach folgenden Kriterien beurteilt:
Marktvolumen
Marktpotential
Marktwachstum
Marktqualität
Zahl und Größe der Wettbewerber (Marktbesetzung)
Investitionsbereitschaft der Wettbewerber
Markt-‚Eintrittsschwellen‘ für neue Wettbewerber
Abnehmer-Verhalten/Abnehmerbedingungen
Exogene Einflüsse“15
Zäpfel stellt die Beurteilungsparameter zur Marktattraktivität noch etwas differenzierter
dar. Dies wird in unten stehender Abbildung gezeigt.
15
Preißler, Peter R. (2007): Controlling. Lehrbuch und Intensivkurs. 13. Aufl. München:
Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 261.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 22
34. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildung 9: Faktoren der Branchen- bzw. Marktattraktivität
1. Marktwachstum und Marktgröße
2. Marktqualität
- Rentabilität der Branche (De-
ckungsbeitrag, Umsatzrendite, Ka-
pitalumschlag)
- Spielraum für Preispolitik
- Technologisches Niveau und Inno-
vationspotential
- Schutzfähigkeit des technischen
Know-hows
- Investitionsintensität
- Wettbewerbsintensität und -struktur
- Anzahl und Struktur potentieller
Abnehmer
- Verhaltensstabilität der Abnehmer
- Eintrittsbarrieren für neue Anbieter
- Anforderungen an Distribution und
Service
- Variabilität der Wettbewerbsbedin-
gungen
Marktattraktivität - Substitutionsmöglichkeiten
- u. a. m.
-
3. Energie und Rohstoffversorgung
- Störungsanfälligkeit in der Versor-
gung mit Energie und Rohstoff
- Beeinträchtigung der Wirtschaft-
lichkeit der Produktionsprozesse
durch Erhöhung der Energie- und
Rohstoffpreise
- Existenz von alternativen Rohstof-
fen und Energieträgern
- u. a. m.
4. Umweltsituation
- Konjunkturabhängigkeit
- Inflationsauswirkung
- Abhängigkeit von der Gesetz-
gebung
- Abhängigkeit von der öffentlichen
Einstellung
- Risiko staatlicher Eingriffe
- u. a. m.
Quelle: Zäpfel, Günther (2000): S. 47.
Wie eingangs schon erwähnt, können sich die Inhalte der Beurteilungsparameter für
ein Unternehmen, das in einen neuen Markt eintreten möchte, anders darstellen als die
oben aufgezeigten Beurteilungsgrößen für Unternehmen, welche schon auf einem
Markt präsent sind. Ein Unternehmen, das z. B. neue Märkte im Inland erschließen will,
muss ebenso wie ein Unternehmen, das vor der Internationalisierung steht, über die
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 23
35. Bachelor Thesis Michael Jurchen
gängigen Analyseparameter hinaus Beurteilungsfaktoren zugrunde legen, die für den
jeweiligen Eintrittsmarkt relevant erscheinen.
In unten stehender Abbildung ist ein Faktorenkonzept abgebildet, bei dem die Beurtei-
lungsschwerpunkte in Bezug auf den Zielmarkt individuell abgestimmt wurden. Anhand
dieser Faktoren soll die Marktattraktivität von ostmitteleuropäischen Märkten ermittelt
werden.
Abbildung 10: Faktoren zur Beurteilung der Attraktivität ostmitteleuropäischer Märkte
Geringere Arbeits-/Lohnkosten
Längere Arbeitszeiten
Längere Maschinenlaufzeiten
Produktions-/Beschaffungsvorteile
Faktor 1
Preise für Roh- und Werkstoffe Produktionskosten-
vorteile
Wachstum des Auslandsmarktes
Markterschließung Faktor 2
Umsatzattraktivität
Sicherung künftiger Märkte
Umsatzausweitung, Marktanteil
Faktor 3
Unternehmenseigene
Marktnähe Wettbewerbsvorteile
Technologische Überlegenheit
Faktor 4
Kundendienst Internationalisierung
Infrastruktur
Transportkosten
Angebot an Fachkräften
Quelle: Backhaus, Klaus et al. (2003): Internationales Marketing. 5. Aufl. Stuttgart:
Schäffer-Poeschel Verlag, S. 127.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 24
36. Bachelor Thesis Michael Jurchen
3.2 Ansätze zur Beurteilung
Die Beurteilung der Attraktivität eines Marktes lässt sich grundsätzlich auf Basis von
Explorationen, Szenarien oder ökonomischen Modellen durchführen. Hierbei spielen
einerseits die sogenannten ‚hard facts‘ eine Rolle, die numerisch messbare Daten lie-
fern und somit in der Regel eindeutig bestimmbar sind. Aber auch die sogenannten
‚soft facts‘, die eher auf intuitiven Einschätzungen basieren und somit nicht eindeutig
messbar sind, werden zur Beurteilung eines Marktes oder einer Branche benötigt.16
Wie bereits erwähnt, wird der Begriff der ‚Marktattraktivität‘ in der Literatur fast aus-
schließlich im Zusammenhang mit dem Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-
Portfolio nach McKinsey genannt. Dieser Bewertungsansatz zur Marktattraktivität wur-
de in Kooperation von McKinsey und der General Electric Company entwickelt. Die
ursprünglich 40 Beurteilungskriterien, die sich als zu kompliziert erwiesen haben, wur-
den durch eine Handvoll Variablen ersetzt. Diese Variablen werden gewichtet und
dann aggregiert.17 Dieses grobe Bewertungsschema von Marktattraktivität ist in nach-
stehender Tabelle dargestellt.
Tabelle 5: Kriterien zur Beurteilung der Marktattraktivität nach McKinsey
Marktattraktivität Ausprägung Gewichtung AxG=Position
Kriterien 1 2 3 4 5
Marktwachstum x 0,25 0,75
Marktgröße x 0,10 0,40
Kunde x 0,10 0,30
Lieferant x 0,05 0,10
Eintrittsbarrieren x 0,20 1,0
Austrittsbarrieren x 0,10 0,5
Technologiepotential x 0,05 0,10
Volkswirtschaftliche Daten x 0,15 0,15
100% 3,30
Quelle: Camphausen, Bernd (2007): Strategisches Management. Planung, Entschei-
dung, Controlling. 2. Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S. 134.
16
Vgl. Zäpfel, Günther (2000): S. 47f.
17
Vgl. Camphausen, Bernd (2007): S. 134.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 25
37. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Ein weiterer Ansatz zur Beurteilung der Attraktivität eines Marktes, ist die Wachstums-
rate eines Marktes. Im Gegensatz zum oben dargestellten Modell werden hier nicht
verschiedene Kriterien eines Marktes bewertet. Hier dient die Marktwachstumsrate als
einziger Indikator, um zu beurteilen, ob ein Markt attraktiv ist oder nicht18. Die soft
facts, die einen Markt beeinflussen, werden bei diesem Ansatz außer Acht gelassen.
Abbildung 11: Berechnung der Marktwachstumsrate
Beurteilung der Marktattraktivität über das Marktwachstum
Marktwachstum = Marktvolumen – Marktvolumen Vorjahr x 100
Marktvolumen Vorjahr
Quelle: Kerth, Klaus/ Asum, Heiko (2008): Die besten Strategietools in der Praxis. 3.
Aufl. München: Carl Hanser Verlag, S. 81.
Weitere Ansätze, welche explizit die Markattraktivität messen und sich in Form einer
Kennzahl ausdrücken, lassen sich in der relevanten Literatur nicht finden.
3.3 Kritische Würdigung
Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass Ansätze zur Beurteilung von Marktattrak-
tivität in der Literatur nur sehr schwach beleuchtet werden. Wie erwähnt, greift einzig
und alleine das McKinsey-Modell den Begriff der Marktattraktivität als Teil eines Ge-
samtmodells zum strategischen Management für Unternehmen auf. Die in diesem Zu-
sammenhang dargestellte Beurteilungshilfe zur Marktattraktivität weist jedoch einige
Schwachpunkte auf.19
Die Beurteilungsparameter sind eher undifferenziert und haben somit weniger Aussa-
gekraft. Beispielsweise lässt das Beurteilungskriterium ‚Marktgröße‘ alleine keinen
Rückschluss auf die Marktattraktivität zu. Ein Markt kann relativ groß sein, aber durch
eine hohe Wettbewerbsdichte eher unattraktiv für ein anbietendes Unternehmen. Im
Gegensatz dazu können kleine, überschaubare Märkte sehr wohl attraktiv sein. Ist hier
18
Vgl. Kerth, Klaus/ Asum, Heiko (2008): S. 81.
19
Siehe Kapitel 3.2, Tabelle 5, S. 25.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 26
38. Bachelor Thesis Michael Jurchen
die Wettbewerbssituation gering, so kann von einer höheren Marktattraktivität für den
Anbieter ausgegangen werden.
Das Beurteilungskriterium ‚Marktwachstum‘ kann nur für die Vergangenheit verlässlich
ermittelt werden. Dies ist aus der Formel in Abbildung 11 ersichtlich. Hier wird ein
Marktwachstum auf Basis von Gegenwarts- und Vergangenheitsdaten ermittelt. Für die
Ermittlung des zukünftigen Marktwachstums und somit einer zu erwartenden Marktat-
traktivität greift der Parameter ‚Wachstumsrate‘ auf Basis einer einjährigen Rückschau
zu kurz. Aus unternehmerischer Sicht ist jedoch das zu erwartende Marktwachstum
von größerer Bedeutung. Um dieses zu ermitteln, müssen beeinflussende Faktoren
des jeweiligen Marktes in die Beurteilungsmatrix mit einbezogen werden, die dann
durch Extrapolation zu einem Näherungswert für das zu erwartende Marktwachstum
führen. Ein Ermitteln der Marktattraktivität anhand der Kennzahl ‚Marktwachstum‘ allei-
ne kann zu keiner befriedigenden Aussage führen, da relevante Faktoren keine Be-
rücksichtigung finden.
Während das McKinsey-Modell bereits auf einem Markt tätigen Unternehmen ein In-
strument zur Verfügung stellt, das ihnen eine Orientierungshilfe zur Entwicklung von
Unternehmensstrategien an die Hand gibt, gibt es in der gesamten Literatur bislang
kein Modell, welches Unternehmen, die in einen Markt eintreten wollen, Hilfestellung
leistet. Ein Beurteilungsmodell zur Messung von Marktattraktivität auf dem Hintergrund
eines geplanten Markteinstieges wäre für entsprechende Unternehmen von hohem
praktischem Nutzen.
Vorliegende Arbeit betrachtet die Marktattraktivität aus dem Blickwinkel eines Unter-
nehmens, das den Markteintritt plant. Ein solches Unternehmen steht vor der Heraus-
forderung Chancen und Risiken eines Markteintrittes kritisch zu beurteilen, um sein
Unternehmenskonzept auch z.B. gegenüber Kapitalgebern vertreten zu können.
Oben genannte Modelle stellen zwar relevante Parameter zur Beurteilung von Marktat-
traktivität zur Verfügung. Diese bilden aber nicht das gesamte Spektrum der relevanten
Einflussgrößen zur Beurteilung der Marktattraktivität ab. Zudem gehen sie von der Per-
spektive eines bereits auf dem Markt befindlichen Unternehmens aus. Für die Frage-
stellung ob ein Markt für einen Neueinsteiger geeignet erscheint, sind diese Ansätze
nur sehr bedingt geeignet. Einzelne Beurteilungskriterien wie z.B. Eintrittsbarrieren
werden von einem bereits im Markt befindlichen Unternehmen ganz anders beurteilt
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 27
39. Bachelor Thesis Michael Jurchen
werden, als von einem Neueinsteiger. Bestimmte Parameter, die für Neueinsteiger von
Bedeutung sind, fehlen ganz.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 28
40. Bachelor Thesis Michael Jurchen
4 Grundsätze der Marktanalyse
Die Marktanalyse ist ein Instrument, das auf dem Gebiet der Marktuntersuchung an-
gewandt wird. Eine Marktuntersuchung gliedert sich in Markterkundung und Marktfor-
schung. Neben der Markprognose und der Marktbeobachtung ist die Marktanalyse ein
wesentliches Instrument der Marktforschung. Unten stehende Abbildung soll aufzeigen,
in welchen Kontext die Marktanalyse eingebettet ist.
Abbildung 12: Bereiche der Marktuntersuchung
Marktuntersuchung
Marktforschung Markterkundung
Marktanalyse Marktbeobachtung Marktprognose
einmalig einmalig kurzfristig
mehrmalig mehrmalig langfristig
Quelle: Weis, Hans C. (2007): Marketing. Kompendium der praktischen Betriebswirt-
schaft. 14. Aufl. Ludwigshafen: Kiehl Verlag, S. 155.
4.1 Ziel
Ganz allgemein betrachtet soll eine Marktanalyse einen Überblick über ein Marktge-
schehen mit allen Marktbeteiligten samt Einflussfaktoren geben. Durch eine Marktana-
lyse sollen Daten erhoben werden, welche einem Unternehmen Orientierungshilfe ge-
ben, wie es sich einem Markt nähern kann, um seine Produkte möglichst effektiv zu
platzieren. Die Ergebnisse einer Marktanalyse sollen fundierte Entscheidungshilfen für
das Bearbeiten eines relevanten Marktes liefern. Dabei ist es das Hauptziel, die ge-
wonnen Erkenntnisse der Marktanalyse bezüglich der Markt- und Kundenstruktur, der
Konkurrenzsituation und der internen Unternehmenssituation in eine adäquate Ver-
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 29
41. Bachelor Thesis Michael Jurchen
marktungsstrategie der Produkte münden zu lassen. Somit sollen das Risiko minimiert
und der Einstieg in neue Märkte sicherer gestaltet werden20.
Die Jurchen Technology möchte ihre Systeme nicht nur für die eigene Firmengruppe
produzieren, sondern die ausgereiften Produkte, die über mehrere Jahre hinweg wei-
terentwickelt wurden, auch anderen Systemintegratoren zugänglich machen. So soll
eine Marktanalyse Aufschluss über Größe, Struktur und Dynamik dieses Marktes ge-
ben. Eine wichtige Rolle dabei spielen Kennzahlen, wie bereits bestehende Marktantei-
le von Mitanbietern, Marktvolumen und Marktpotential. Diese Daten sollen Aufschluss
über die Attraktivität des Marktes geben.
Weiterhin sollen durch die Marktanalyse Aussagen über die Möglichkeiten und Gren-
zen von Konkurrenzunternehmen getroffen werden um, später Strategien zu entwi-
ckeln, mit deren Hilfe Lücken im Leistungsspektrum von Mitanbietern durch Produkte
von Jurchen Technology geschlossen werden können.
Außerdem ist es Ziel, Kaufkriterien und Kaufentscheidungswege von potentiellen Kun-
den in der Marktanalyse abzubilden. Dabei geht es um die Fragen, welche Kriterien
letztlich dazu führen, dass der Kunde seine Kaufentscheidung für ein bestimmtes Pro-
dukt trifft. Welche Einflussgrößen sind für diese Entscheidung von Bedeutung und in-
wieweit lassen sich diese kategorisieren?
4.2 Problemfelder
Weis definiert den Begriff der ‚Marktanalyse‘ wie folgt: „Die Marktanalyse ermittelt ein-
malig oder in bestimmten Intervallen alle einen Markt kennzeichnenden Faktoren.“21
Hierzu sei kritisch angemerkt, dass alle einen Markt kennzeichnenden Faktoren nicht
immer zeitnah identifiziert werden können. Bei Faktoren wie Wettbewerber, Kunden,
Marktausschöpfungsgrad usw. ist eine Identifikation dieser Faktoren unproblematisch
20
Vgl. Klein, Michael (2004): Erfolgreiches Investitionsgütermarketing. Berlin, Heidelberg, New
York; Springer Verlag, S. 14.
21
Weis, Hans C. (2007): S. 156.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 30
42. Bachelor Thesis Michael Jurchen
zu betrachten. Jedoch sind indirekt wirkende Einflussgrößen auf einen Markt oft
schwer zu erkennen.
Ein zentraler Punkt der Marktanalyse ist das Erheben von Daten aller relevanten Be-
reiche. Dies betrifft Daten über den Markt samt Rahmenbedingungen und Einflussgrö-
ßen, Daten über Kunden und potentielle Kunden und über die Konkurrenz. Während
Marktdaten in aller Regel durch Publikationen wie den Jahresbericht des deutschen
Wirtschaftsministeriums oder durch das Institut der deutschen Wirtschaft gut zugäng-
lich sind, gestaltet sich das Erheben von Daten über potentielle Kunden und Konkur-
renten oft schwierig.
Weiterhin stellt eine umfassende Datenerhebung eine nicht unerhebliche Kostenpositi-
on für viele KMU dar. Nach Kotler/Bliemel verursacht die Datenerhebung bei For-
schungsprojekten die meisten Kosten.22 „Folgt man der Kalkulation in Marktfor-
schungsunternehmen, so machen die Kosten der Datenbeschaffung etwa 60-75% des
Gesamtpreises einer Marktstudie aus.“23 In diesem Zusammenhang stellt sich die Fra-
ge nach einem angemessenen Kosten-Nutzenverhältnis. Ein Unternehmen sollte also,
um Kosten einzusparen, abwägen, in welchem Erhebungsbereich valide Daten unab-
dingbar sind und in welchem Bereich mit Tendenzwerten gearbeitet werden kann. Be-
sonders für kleinere Unternehmen empfiehlt es sich, eine Marktanalyse oder zumindest
den Bereich der Datenerhebung im Rahmen einer Diplom- oder Bachelorarbeit durch-
führen zu lassen, um somit die Kosten für ein professionelles Marktforschungsinstitut
einzusparen.
Ein weiteres Problemfeld von Marktanalysen auf rasch wachsenden Märkten ist die
Schnelllebigkeit des Marktes. Marktanalysen sind in der Regel zeitaufwändig und ge-
ben im Normalfall eine Momentaufnahme der Marktsituation wieder24. Bis die Ergeb-
nisse der Markanalyse feststehen, haben sie oft an Bedeutung verloren, da die rasante
Marktentwicklung bereits veränderte Parameter aufweist. Das bedeutet, dass Ergeb-
22
Vgl. Kotler, Philip/ Bliemel, Friedhelm (1999): Marketing-Management. Analyse, Planung,
Umsetzung und Steuerung. 9. Aufl. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag, S. 205.
23
Kastin, Klaus S. (2008): Marktforschung mit einfachen Mitteln. Daten und Informationen be-
schaffen, auswerten und interpretieren. 3. Aufl. München: Deutscher Taschenbuch Verlag,
S.17.
24
Vgl. Klein, Michael (2004): S. 14.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 31
43. Bachelor Thesis Michael Jurchen
nisse der Analyse nicht im vollen Umfang oder nur teilweise für ein Unternehmen ge-
nutzt werden können. Deshalb gilt es, Marktanalysen auf schnell wachsenden Märkten
so zu gestalten, dass die Durchführung in einem engen Zeitfenster zu bewerkstelligen
ist. Dies hat zur Folge, dass der Aufbau einer solchen Marktanalyse schlank und effizi-
ent gestaltet sein muss. Es ist dabei wichtig, nur Analysefaktoren zu berücksichtigen,
die auch später eine gehaltvolle Aussage über den relevanten Markt und seine Betei-
ligten zulassen. Kastin spricht in diesem Zusammenhang vom Konzentrationsprinzip,
welches empfiehlt, sich auf wichtige Informationen und Handlungen zu beschränken25.
4.3 Aufbau
In der relevanten Literatur existiert zum Aufbau einer Marktanalyse kein einheitliches
Verfahren.26 Wie eingangs schon erwähnt, besteht ein Markt aus Anbietern, Nachfra-
gern und Marktbedingungen bzw. Markteinflussgrößen. Unten stehendes Modell zeigt
die Struktur einer Marktanalyse, die für die Untersuchung des Marktes von mechani-
schen Komponenten für PV- Anlagen Anwendung finden soll.
Analyseschwerpunkte sind hier Marktcharakter, Kundenstrukturanalyse und Wettbe-
werbsanalyse. Zentrales Instrument ist die Checkliste, die Untersuchungskriterien be-
inhaltet, in der die erhobenen Daten erfasst und mittels Bewertungssystem analysiert
werden.
25
Vgl. Kastin, Klaus S. (2008): S.13.
26
Vgl. Lorenz-Meyer, Dirk (2004): Management industrieller Dienstleistungen. Dissertation,
Universität Jena. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag, S. 215.
Steinbeis-Hochschule Berlin Seite 32
44. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Abbildung 13: Aufbau einer Marktanalyse
Marktabgrenzung
Um welchen Markt handelt es sich?
Festlegen der Analysebereiche
Market Customer Competition
(Markt) (Kunde) (Wettbewerb)
Wie kann der Markt Welche Eigenschaf- Wer sind aktuelle
charakterisiert wer- ten haben potentiel- und potentielle
den? le Kunden? Wie Wettbewerber?
lassen sie sich klassi- Wie verhalten sie
fizieren? sich?
Erstellen der Untersuchungskriterien
für die einzelnen Analysebereiche
Checkliste zur Markt-
analyse
Datenerhebung -
Fieldresearch / Deskresearch -
-
-
MCC- Index
Analyse mittels der Checkliste
Aussagen über Chancen und Risi-
ken des Marktes
Quelle: Eigene Darstellung.
Oben stehende Abbildung berücksichtigt in ihrer Basisstruktur die wesentlichen Säulen
der Marktanalyse für den Markt von mechanischen Komponenten für PV-Anlagen. Die-
se sind ‚Market‘, ‚Customer‘ und ‚Competition‘. Für jede dieser drei Säulen sollen
Untersuchungskriterien erstellt werden, anhand derer der jeweilige Bereich charakteri-
siert werden kann. Diese Kriterien bilden die Abfrageparameter für die Datenerhebung
in der Checkliste zur Marktanalyse. Für schnell wachsende Märkte anderer Branchen
können andere relevante und für den jeweiligen Markt passende Kriterien zugrunde
gelegt werden.
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45. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Die Auswertung der Analyse erfolgt ebenfalls über die Checkliste, die ein zentrales
Instrument dieses Modells der Marktanalyse darstellt.
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46. Bachelor Thesis Michael Jurchen
5 Ableitung der wesentlichen Kriterien für eine Checkliste
zur Marktanalyse
5.1 Charakterisierung des Marktes
In der Charakterisierung des Marktes muss geklärt werden, wer die Beteiligten am
Markt sind, wie Kommunikationswege verlaufen und wie sich die Machtverhältnisse auf
diesem Markt darstellen. Auf dem Markt für mechanische Komponenten von PV-
Anlagen ist die Nachfrageseite vertreten durch Firmen, die PV-Anlagen für ihre Kunden
konfektionieren und dafür die entsprechenden Komponenten benötigen. Auf der Ange-
botsseite stehen ihnen Firmen mit einem entsprechenden Leistungsangebot gegen-
über. Diese Situation stellt sich wie folgt dar.
Abbildung 14: Marktbeteiligte des relevanten Marktes
Gesamtmarkt
Ähnliche Leistungen
Relevanter Markt
Unternehmen
Konkurrenz- Geld
situation
Leistg.
Info
Information
Leistung
Konkurrenten Zielkunden
Geld
Weitere Weitere
Konkurrenten Kunden
Anbieter Nachfrager
Quelle: Dillerup, Ralf/ Hannss, Susanne (2006): Marktanalyse. Der Controlling Berater, 09, Heft
8, Gruppe 4, S. 3.
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47. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Ein grundlegendes Kriterium bezüglich der Attraktivität eines Marktes ist die Frage
nach den Machtverhältnissen auf einem Markt. Der Markt stellt sich für ein anbietendes
Unternehmen umso interessanter dar, je weniger Konkurrenten und je mehr Kunden
auf einem relevanten Markt präsent sind. Diesen Sachverhalt betrachtet Porter etwas
erweitert durch sein Five-Forces-Modell, das fünf Wettbewerbskräfte beschreibt, die
jeweils eine Bedrohung in einer Marktsituation darstellen können. In unten stehender
Abbildung sind diese beschrieben.
Abbildung 15: Five-Forces-Modell nach Porter
Potentielle
Mitbewerber
Bedrohung durch
Markteintritt neuer
Konkurrenten
Mitbewerber
Zulieferer Verhandlungs- Verhandlungs-
stärke stärke
Kunden
Rivalität
Bedrohung durch
Ersatzprodukte
Ersatz-
produkte
Quelle: Porter, Michael E. (2008): Wettbewerbsstrategien. Methoden zur Analyse von
Branchen und Konkurrenten. 11. Aufl. Frankfurt: Campus Verlag, S. 36.
In Bezug auf die Machtverhältnisse zwischen Anbietern und Nachfragern auf dem
Markt von mechanischen Komponenten für PV- Anlagen lag noch vor zwei Jahren eine
eindeutige Anbietermacht vor, da es nur wenige Hersteller für diese Komponenten gab.
Demgegenüber stand eine Vielzahl von projektierenden Unternehmen, die diese ent-
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48. Bachelor Thesis Michael Jurchen
sprechenden Komponenten benötigten. Aktuell nivelliert sich die Marktsituation, da
weitere Anbieter hinzugekommen sind.
Um den Markt für mechanische Komponenten von PV- Anlagen realistisch charakteri-
sieren zu können und Kriterien für eine Checkliste abzuleiten, müssen die Einflussgrö-
ßen auf den PV- Markt mit betrachtet werden. Diese sind in folgender Abbildung dar-
gestellt.
Abbildung 16: Charakterisierung des PV-Marktes samt Einflussgrößen
Handlungsbedarf durch:
CO2- Belastung; Energieknappheit
Reaktion der Politik durch:
Staatl. Regelungen wie Gesetze und Verordnungen
Staatl. Maßnahmen
Einspeisevergütung
Technologischer Fortschritt
Markt für photovoltaische Anlagen
Gefahr durch neue Anbieter
Umweltbewusstsein
Anbieter Nachfrager
Konkurrenzsituation
Anbieter Nachfrager
Anbieter Nachfrager
Anbieter Nachfrager
Allgemeine Konjunkturlage
Quelle: Eigene Darstellung.
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49. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Bei Betrachtung der oben stehenden Abbildung kann das Spezifikum des PV-Marktes
erkannt werden. Durch den in den vergangenen Jahren weltweit stark gewachsenen
Energiebedarf und die stetig steigende CO2- Belastung ist es erforderlich geworden,
Lösungen für die Zukunft zu entwickeln. Weltweit reagieren die Regierungen vieler
Nationen auf diese Herausforderung. Regenerative Energien sind als technische Mög-
lichkeit der Energiegewinnung bei geringer Umweltbelastung stark in den Fokus ge-
rückt. Hier setzen staatliche Förderprogramme an, die die eigentliche Entwicklung die-
ses Marktes zum schnell wachsenden Markt bedingen. Hierdurch ist die
Weiterentwicklung der PV-Technologie angestoßen worden. So lässt sich in kurzer Zeit
eine signifikante Erhöhung der Wirkungsgrade dieser Technologie nachvollziehen. „Die
Zellen werden immer ertragreicher. Die effizientesten Serien-Solarmodule der Welt
erreichen aktuell einen Wirkungsgrad von 19,6 %. Damit ist eine deutliche Entwicklung
erkennbar. Vor sechs Jahren lag der Spitzenwert unter den Serienprodukten noch bei
15,2 %, vor 25 Jahren betrug die Ausbeute gerade 8%.“27
Es ist zu berücksichtigen, dass die staatliche Förderung nach dem Erneuerbare-
Energien-Gesetz (EEG) für die Einspeisevergütung von Solarstrom jährlich um 5 %
zurückgeht, im Gegenzug aber der Technologiefortschritt und die Reduktion der Pro-
duktionskosten von Solarzellen diese Mindervergütung ausgleichen. Diese Dynamik ist
eine wichtige Einflussgröße zur Bestimmung der Marktattraktivität. Entwickelt sich die
Technologie nicht in dem Maß weiter, dass staatliche Unterstützungsmaßnahmen mit-
telfristig ganz wegfallen können, so ist eine langfristige Marktattraktivität in Frage ge-
stellt. Gewinnt der technische Fortschritt den Wettlauf mit der Zeit, so ist mit einem
dauerhaft hochattraktiven Markt über lange Jahre zu rechnen. Dieser Sachverhalt soll-
te in der Checkliste zur Marktanalyse Berücksichtigung finden.
Ein weiterer Einflussfaktor ist die Gefahr durch neue Anbieter, die besonders durch
Unternehmen droht, welche z.B. bedingt durch eine schlechte Konjunkturlage Diversifi-
kationsmöglichkeiten für ihr Unternehmen suchen. Es ist naheliegend, dass auch diese
Betriebe sich auf zukunftsträchtigen Märkten positionieren wollen. Da es sich hier um
den Markt von mechanischen Komponenten handelt, ist eine Ausweitung der Produkt-
palette von produzierenden Unternehmen der Metall- und Elektrobranche leicht mög-
lich. Aufgrund dieser Tatsache sind die Markteintrittsbarrieren auf dem Markt für me-
27
Janzing, Bernward (2009): Preise runter, Wirkungsgrade rauf. Pro Firma, 09, Heft 6, S. 57.
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50. Bachelor Thesis Michael Jurchen
chanische Komponenten für Unternehmen aus der Metall- und Elektrobranche als eher
gering einzuschätzen. Die Einflussgröße ‚Gefahr durch neue Anbieter‘ stellt deswegen
einen relevanten Faktor für die Ermittlung der Marktattraktivität dar.
Um einen groben Überblick über die nominalen Volumina des Marktes zu bekommen,
finden die Kennzahlen Marktvolumen und Marktpotential Anwendung. Diese sollen den
Markt für mechanische Komponenten für PV- Anlagen quantitativ charakterisieren.
Unter Marktvolumen versteht man die realisierten oder prognostizierten Absatzmengen
eines Produktes in einem abgegrenzten Markt.28 „Unter Marktpotential versteht man
die Gesamtheit möglicher Absatzmengen eines Produktes auf einem bestimmten Markt
(Aufnahmefähigkeit des Marktes).“29
Diese Kennzahlen sollen Aufschluss darüber geben, inwieweit der Markt ausgeschöpft
ist bzw. wie groß die freien Potentiale sind. In der Literatur wird dieser Sachverhalt als
Marktausschöpfungsgrad bezeichnet.
„Der Marktausschöpfungsgrad bzw. Marktsättigungsgrad kann durch den Vergleich des
Marktvolumens mit dem Marktpotential ermittelt werden:
Berechnung des Marktausschöpfungsgrades
Marktvolumen
Marktausschöpfungsgrad =
Marktpotential
Der Marktausschöpfungsgrad kann zwischen 0 und 1 liegen. Tritt ein Unternehmen als
erstes in einen neuen Markt ein und startet mit den Absatzaktivitäten, so wäre der Aus-
schöpfungsgrad in diesem Fall zunächst 0.“30
28
Vgl. Olfert, Klaus (Hrsg.)/ Rahn Horst-Joachim (2008): Lexikon der Betriebswirtschaftslehre.
6. Aufl. Ludwigshafen: Kiel Verlag, S. 598.
29
Wöhe, Günter/ Döring, Ulrich (2005): Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.
22. Aufl. München: Verlag Vahlen, S. 478.
30
Meffert, Heribert, et al. (2008): S.52.
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51. Bachelor Thesis Michael Jurchen
Exemplarisch soll der Marktausschöpfungsgrad der Jurchen Technology für das Jahr
2009 bezogen auf den Absatz von Modulklemmen dargestellt werden.
Herleitung des Marktpotentials
Modulproduktion in 2009 weltweit 7 Gigawatt31.
Für 7 Gigawatt werden 210 Mio. Modulklemmen benötigt.
Marktpotential: 210 Mio. Stück
Herleitung des Marktvolumens
3,6 Mio. St. an verbundene Unternehmen
1,2 Mio. St. geplant an weitere Unternehmen
Marktvolumen 4,8 Mio. St.
4,8 Mio. St.
Marktausschöpfungsgrad = = 0,023
210 Mio. St.
Der Marktausschöpfungsgrad bezogen auf den Absatz von Modulklemmen beträgt in
2009 voraussichtlich 2,3 %.
Neben den oben genannten Einflussgrößen sollten auch die hier dargestellten Markt-
kennzahlen als Abfrageparameter in der Checkliste im Abschnitt „Charakterisierung
des Marktes“ erscheinen.
Um die Marktattraktivität dieses Marktes zu verifizieren, kann zusammenfassend fest-
gestellt werden, dass folgende Einflussgrößen die Marktattraktivität mit bedingen:
Machtverhältnisse Anbieter – Nachfrager
Politische Rahmenbedingungen
Technologische Weiterentwicklung der PV-Technologie
Umweltbewusstsein in der Bevölkerung
Gefahr durch neue Anbieter
Marktpotential
Marktausschöpfungsgrad
31
Vgl. Janzing, Bernward (2009): S. 56.
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52. Bachelor Thesis Michael Jurchen
5.2 Kundenstrukturanalyse
Der Begriff ‚Kundenstrukturanalyse‘ ist in der Literatur unterschiedlich belegt. So wird
oftmals auf die Analyse eines bereits bestehenden Kundenkreises mit dem Fokus auf
Umsatzanteile und Verkaufsmengen eingegangen. Diese Art von Analyse dient vor-
nehmlich der Erkennung von Abhängigkeiten und damit der Risikominimierung32. Fo-
kus dieser Kundenstrukturanalyse soll ein Hineindenken in das Verhalten des potentiel-
len Kunden sein. Hierbei müssen durch angemessene Fragestellungen seine
Problemfelder, Sachzwänge und seine Kaufentscheidungskriterien eruiert werden.
Um die Kundenstruktur zu ermitteln stellen sich zunächst zwei Fragen: Welche Kunden
sind auf dem relevanten Markt präsent. Lassen sich diese in bestimmte Kategorien
aufteilen? Dies stellt den Bereich der Marktsegmentierung dar, bei dem klassischer-
weise in Teilmärkte, Segmente und Zielgruppen aufgeteilt wird. Weiterhin gilt es zu
ermitteln, welche Bedürfnisse und Vorlieben diese Kunden haben und welche Proble-
me sie gelöst haben wollen. Außerdem soll die Kundenstrukturanalyse Antwort auf die
Frage zum Informations- und Kaufverhalten potenzieller Kunden geben.
Die Kundenbeziehungen der Jurchen Technology liegen nicht im Business-to-
Consumer-Bereich, sondern beruhen auf der Business-to-Business-Beziehung. Me-
chanische Komponenten für PV-Anlagen werden von verschiedenen Unternehmen
benötigt, wovon die größte Gruppe Projektierungsfirmen von PV-Anlagen darstellt, die
in der Branche als ‚Systemintegratoren‘ bezeichnet werden. Das Kundenspektrum lässt
sich in folgende Kundensegmente aufteilen:
Systemintegratoren von PV-Freifeldanlagen
Systemintegratoren von PV-Dachanlagen
Großhändler von Schrauben, Beschlägen, Normteilen usw.
Andere Fertiger für mechanische Komponenten von PV-Anlagen
Internetvertriebsgesellschaften
32
Vgl. Jung, Hans (2007): Controlling. 2. Aufl. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag, S.
445.
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