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25. Juni 2010

„Bremer Erklärung“ der Deutschen Krebsgesellschaft anläss-
lich der Delegiertenversammlung am 26.06.2010 in Bremen                           Pressestelle

Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) ist die größte interdisziplinäre deutsche    Telefon:
Fachgesellschaft mit mehr als 6.300 Mitgliedern. Die DKG hat am 26.06.2010 in     +49 (3643) 74 37 49
                                                                                  Telefax:
Bremen im Rahmen der Klausurtagung ihrer Delegierten folgende Erklärung           +49 (3643) 74 35 36
verabschiedet:                                                                    e-Mail:
Krebs wird in den nächsten Jahrzehnten eine der häufigsten gestellten Diagno-     presse@krebsgesellschaft.de
sen sein. Von dieser Krankheit werden mehr Menschen und ihre Familien be-         URL:
troffen sein als bisher.                                                          www.krebsgesellschaft.de
Seit 1990 ist die Zahl der jährlichen Krebsneuerkrankungen um fast 30 % ange-
stiegen (Männer: + 45 %, Frauen + 14 %), so dass im Jahr 2010 wahrscheinlich
rund 450.000 Menschen neu an Krebs in Deutschland erkranken.
Deren Zahl wird in den nächsten Jahrzehnten weiter erheblich ansteigen.
Dies ist eine bisher stark unterschätzte, aber unausweichliche Herausforderung
für das deutsche Gesundheitswesen. Es wird, wie sich das heute schon andeu-
tet, eine intensive Auseinandersetzung über die Kosten der Versorgung in der
Onkologie, aber in auch anderen Krankheitsbereichen geben.Die Entscheidun-
gen zu den Konsequenzen aus dieser Tatsache werden im Wesentlichen von
Menschen dominiert, die in der Regel nicht von der Krankheit betroffen sind
oder nicht unmittelbar an der Behandlung der Krankheiten beteiligt sind. Eine
alleinige Kostendiskussion und eine dazu nicht angemessene Nutzendiskussion
führen jedoch schnell zur Rationierung und Bevormundung der Betroffenen. Die
Deutsche Krebsgesellschaft setzt sich daher nachhaltig dafür ein, dass Voraus-
setzungen geschaffen werden müssen, die die Ergebnisse und den Erfolg von
Krebsbehandlung angemessen aufzeigen können.

In Deutschland sind etwa 90 % der Bevölkerung in einer gesetzlichen Kranken-
versicherung versichert und der überwiegende Teil sogar pflichtversichert. Aus
dieser gesetzlichen Pflicht ergibt sich das begründete Recht der Versicherten
auf eine dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Versor-
gung im Krankheitsfall. Leitet man daraus jedoch „nicht“ gleichzeitig das Recht
auf eine angemessene Förderung der medizinischen Wissenschaft ab, ist ein
unzureichender oder nicht vorhandener Stand der medizinischen Wissenschaft
zwar hilfreich einen reduzierten Mitteleinsatz zu begründen, reicht aber nach
gesundem Menschenverstand nicht aus, dem Fürsorgeanspruch kranker Men-
schen innerhalb des Systems gerecht zu werden.
Die Deutsche Krebsgesellschaft fordert daher, den Mitteleinsatz zur Förderung
der medizinischen Wissenschaft zu steigern und an den Zielvorgaben der in
den Lissabon-Kriterien durch die Partner in der Europäischen Union festgeleg-
ten Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in Höhe von 3 % des Bruttoin-
landsproduktes je Partnerland anzustreben. Dies bedeutet für Deutschland
konkret eine Steigerung der Ausgaben für Wissenschaft und Forschung um ca.
20 %.
Noch wesentlicher für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des deutschen
Gesundheitswesens in der Onkologie ist ein angemessenes Qualitätsmanage-
ment. Dieses lässt bereits nach derzeitigem Wissensstand und dessen konse-
quenter Umsetzung erhebliche Einsparungen in Milliardenhöhe zu. Dabei ist
nicht die Organisation eines einzelnen Krankenhauses, einer einzelnen Praxis
oder sonstigen Einrichtung der Versorgung gemeint. Die Behandlung von
Krebspatienten, die zwingend in interdisziplinären und intersektoralen Konzep-
ten mehrere Berufsgruppen realisiert werden muss, bedarf entsprechender In-
strumente, die heute noch nicht vorhanden sind. Die Deutsche
Krebsgesellschaft fordert daher die Umsetzung einer aussagekräftigen onkolo-
gischen Qualitätsberichterstattung für Leistungserbringer, Entscheidungsträger
und Patienten in flächendeckend vorhandenen klinischen Krebsregistern und

                                                                                    DURCH WISSEN ZUM LEBEN
Implementierung der hieraus zu ziehenden Folgerungen in die Behandlung von
Krebskranken.
All dies lässt sich nur mit qualifizierten, in der Behandlung von Krebskranken
und Erforschung der Ursachen der Krebskrankheit, engagierten Menschen er-           Seite - 2 -
reichen. Auch dieses Ziel erscheint gefährdet, da durch Abwanderung ins Aus-
land der berufliche Werdegang in Deutschland abgebrochen wird.

Wenn Krebspatienten in Zukunft nicht nur nach dem medizinischen Stand von
gestern behandelt werden sollen, ist eine Neuorientierung durch Investitionen in
unabhängige medizinische Wissenschaft und ein systemisches Qualitätsmana-
gement notwendig.


Hintergrundinformationen erhalten Sie unter:
www.krebsgesellschaft.de



André Franck
Pressestelle der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.
Tel.: (03643) 743749; Fax: (03643) 743536
E-mail: presse@krebsgesellschaft.de
Internet: http://www.krebsgesellschaft.de




                                                                                   DURCH WISSEN ZUM LEBEN

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  • 1. 25. Juni 2010 „Bremer Erklärung“ der Deutschen Krebsgesellschaft anläss- lich der Delegiertenversammlung am 26.06.2010 in Bremen Pressestelle Die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) ist die größte interdisziplinäre deutsche Telefon: Fachgesellschaft mit mehr als 6.300 Mitgliedern. Die DKG hat am 26.06.2010 in +49 (3643) 74 37 49 Telefax: Bremen im Rahmen der Klausurtagung ihrer Delegierten folgende Erklärung +49 (3643) 74 35 36 verabschiedet: e-Mail: Krebs wird in den nächsten Jahrzehnten eine der häufigsten gestellten Diagno- presse@krebsgesellschaft.de sen sein. Von dieser Krankheit werden mehr Menschen und ihre Familien be- URL: troffen sein als bisher. www.krebsgesellschaft.de Seit 1990 ist die Zahl der jährlichen Krebsneuerkrankungen um fast 30 % ange- stiegen (Männer: + 45 %, Frauen + 14 %), so dass im Jahr 2010 wahrscheinlich rund 450.000 Menschen neu an Krebs in Deutschland erkranken. Deren Zahl wird in den nächsten Jahrzehnten weiter erheblich ansteigen. Dies ist eine bisher stark unterschätzte, aber unausweichliche Herausforderung für das deutsche Gesundheitswesen. Es wird, wie sich das heute schon andeu- tet, eine intensive Auseinandersetzung über die Kosten der Versorgung in der Onkologie, aber in auch anderen Krankheitsbereichen geben.Die Entscheidun- gen zu den Konsequenzen aus dieser Tatsache werden im Wesentlichen von Menschen dominiert, die in der Regel nicht von der Krankheit betroffen sind oder nicht unmittelbar an der Behandlung der Krankheiten beteiligt sind. Eine alleinige Kostendiskussion und eine dazu nicht angemessene Nutzendiskussion führen jedoch schnell zur Rationierung und Bevormundung der Betroffenen. Die Deutsche Krebsgesellschaft setzt sich daher nachhaltig dafür ein, dass Voraus- setzungen geschaffen werden müssen, die die Ergebnisse und den Erfolg von Krebsbehandlung angemessen aufzeigen können. In Deutschland sind etwa 90 % der Bevölkerung in einer gesetzlichen Kranken- versicherung versichert und der überwiegende Teil sogar pflichtversichert. Aus dieser gesetzlichen Pflicht ergibt sich das begründete Recht der Versicherten auf eine dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Versor- gung im Krankheitsfall. Leitet man daraus jedoch „nicht“ gleichzeitig das Recht auf eine angemessene Förderung der medizinischen Wissenschaft ab, ist ein unzureichender oder nicht vorhandener Stand der medizinischen Wissenschaft zwar hilfreich einen reduzierten Mitteleinsatz zu begründen, reicht aber nach gesundem Menschenverstand nicht aus, dem Fürsorgeanspruch kranker Men- schen innerhalb des Systems gerecht zu werden. Die Deutsche Krebsgesellschaft fordert daher, den Mitteleinsatz zur Förderung der medizinischen Wissenschaft zu steigern und an den Zielvorgaben der in den Lissabon-Kriterien durch die Partner in der Europäischen Union festgeleg- ten Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in Höhe von 3 % des Bruttoin- landsproduktes je Partnerland anzustreben. Dies bedeutet für Deutschland konkret eine Steigerung der Ausgaben für Wissenschaft und Forschung um ca. 20 %. Noch wesentlicher für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des deutschen Gesundheitswesens in der Onkologie ist ein angemessenes Qualitätsmanage- ment. Dieses lässt bereits nach derzeitigem Wissensstand und dessen konse- quenter Umsetzung erhebliche Einsparungen in Milliardenhöhe zu. Dabei ist nicht die Organisation eines einzelnen Krankenhauses, einer einzelnen Praxis oder sonstigen Einrichtung der Versorgung gemeint. Die Behandlung von Krebspatienten, die zwingend in interdisziplinären und intersektoralen Konzep- ten mehrere Berufsgruppen realisiert werden muss, bedarf entsprechender In- strumente, die heute noch nicht vorhanden sind. Die Deutsche Krebsgesellschaft fordert daher die Umsetzung einer aussagekräftigen onkolo- gischen Qualitätsberichterstattung für Leistungserbringer, Entscheidungsträger und Patienten in flächendeckend vorhandenen klinischen Krebsregistern und DURCH WISSEN ZUM LEBEN
  • 2. Implementierung der hieraus zu ziehenden Folgerungen in die Behandlung von Krebskranken. All dies lässt sich nur mit qualifizierten, in der Behandlung von Krebskranken und Erforschung der Ursachen der Krebskrankheit, engagierten Menschen er- Seite - 2 - reichen. Auch dieses Ziel erscheint gefährdet, da durch Abwanderung ins Aus- land der berufliche Werdegang in Deutschland abgebrochen wird. Wenn Krebspatienten in Zukunft nicht nur nach dem medizinischen Stand von gestern behandelt werden sollen, ist eine Neuorientierung durch Investitionen in unabhängige medizinische Wissenschaft und ein systemisches Qualitätsmana- gement notwendig. Hintergrundinformationen erhalten Sie unter: www.krebsgesellschaft.de André Franck Pressestelle der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. Tel.: (03643) 743749; Fax: (03643) 743536 E-mail: presse@krebsgesellschaft.de Internet: http://www.krebsgesellschaft.de DURCH WISSEN ZUM LEBEN