1. SATELLITE RECEPTION Länderbericht: Iran
Die Höhen und Tiefen des
Satellitenempfangs im Iran
Kambiz Keramati
Ein Blick auf die Häuserlandschaft in Teheran:
beinahe jede Wohnung hat auf dem Dach oder dem
Balkon eine Satellitenantenne
Vor mehr als 12 Jahren sind im Iran die ersten C-Band-Receiver aufgetaucht. Am 12. Februar
1995 wurde von den Gesetzgebern ein neues Gesetz verabschiedet, das all jene Vereinigungen
definierte, denen der Betrieb einer Satellitenempfangseinrichtung erlaubt war. Auf dieser Liste sprechen, ist der Iran ein multiethnisches
fanden sich neben der iranischen Telekommunikationsbehörde auch der Rundfunk IRIB, Zei- Land. Die Bevölkerung im Nordwesten des
tungen und andere Medienbetriebe, die Zugang zu internationalen Nachrichten haben sollten, Landes besteht mehrheitlich aus Türken und
einige wissenschaftliche Behörden und auch ausländische Agenturen und Botschaften im Iran. Kurden, im Südwesten leben iranische Araber
Aus dem Gesetz ging eindeutig hervor, dass für alle anderen der Betrieb, der Handel und sogar und Baluchen findet man in den südöstlichen
die Reparatur von Satellitenempfangseinrichtungen verboten sind. Regionen. Daneben leben noch Minderheiten
in anderen Teilen des Irans, so zum Beispiel
Turkmenen im Nordosten.
Seit damals haben sich die Reaktionen und weiblichen Teilnehmern) zeigen. Folglich ist
Einstellungen der offiziellen Seite zu diesem die Auswahl an geeigneten und akzeptierten Daher wird neben Farsi und Englisch (das
Thema immer wieder verschoben und auch ausländischen Unterhaltungsprogrammen für in den iranischen Schulen und Universitäten
grundlegend geändert. Zusätzlich dazu hat die IRIB äußerst eingeschränkt. Zusätzlich unterrichtet wird) auch Türkisch, Arabisch,
auch die iranische Regierung Anstrengungen sind viele andere Programme wie beispiels- Turkmenisch, Urdu und sogar Hindi in ein-
unternommen, um mehr und attraktivere weise westliche Musik, Musikvideos oder alle zelnen Regionen des Landes gesprochen.
Fernsehsendungen zu produzieren und auch anderen Sendungen, die westliche Kultur zum Zusätzlich verstehen natürlich viele Iraner
geeignete Sendungen aus dem Ausland anzu- Inhalt haben, ebenso tabu für die Kanäle der auch die eine oder andere europäische Spra-
kaufen und auszustrahlen, wie zum Beispiel IRIB. Und da in den letzten sechs bis sieben che (hauptsächlich Französisch, Deutsch,
Filme, Sportübertragungen und Dokumenta- Jahren die offiziellen Reaktionen der Behör- Spanisch und Russisch).
tionen. Sogar das Fernsehangebot der staatli- den etwas toleranter geworden sind, ist die
chen IRIB wurde von ehemals zwei auf sieben Zahl jener Iraner gestiegen, die quasi ‚illegal’ Dementsprechend ist die beliebteste Satel-
landesweit ausgestrahlte und 28 regionale Satellitenprogramme empfangen. Und dieser litenposition im Iran der Eutelsat Hotbird auf
Kanäle erweitert. Anstieg setzt sich immer weiter fort. Glaubt 13° Ost. Es folgen der Turksat auf 42° Ost,
man inoffiziellen Berichten und Statistiken, Arabsat auf 26° Ost, Nilesat auf 7° West,
Laut den islamischen Gesetzen darf die sind im Iran mittlerweile schon mehr als fünf Express AM 1 auf 40° Ost und Express AM
IRIB jedoch keine Programme ausstrahlen, Millionen Satellitenantennen in Betrieb. 22 auf 53,1° Ost. Da die IRIB ihre regionalen
die unmoralische Szenen oder jede Art von Kanäle über Intelsat 902 (62° Ost) überträgt,
Nacktheit (sogar bei Sportübertragungen mit Obwohl die meisten Iraner Farsi (Persisch) wird auch diese Position gerne empfangen.

2. Und wer sich für ein Angebot in Farsi mit weise auf der Insel Qeshm. Diese kleinen aber
politischen und Unterhaltungssendern inter- leistungsfähigen Receiver kosten zwischen 70
essiert, kann seine Antenne auf den Telstar und 80 USD.
12 (345° Ost) ausrichten. Diese Programme
kommen dann meist von iranischen Opposi- Für die Antennen gilt das gleiche. Mehr als
tionellen aus Los Angeles. 99% aller im Iran verwendeten Antennen
sind billige und einfache Metallmodelle, die
Die ersten Satellitenreceiver im Iran waren man um weniger als 10 USD kaufen kann und
einfache C-Band-Receiver aus Korea, China die in kleinen Fabriken hergestellt werden. Es
und Israel mit Markennamen wie Kyte, Win- handelt sich dabei um einfache fixe Antennen
ersat oder Benjamin. Nach dem Anbruch ohne Markierung oder andere Peripherie-
der digitalen Ära begann ein vollständiger komponenten. Simple DiSEqC-Schalter sind
Wandel. Gewöhnlich reicht für den Ku-Emp- ebenfalls sehr beliebt, aber motorgesteuerte
fang eine kleinere Antenne aus (meist 90 cm Antennen sind eine Seltenheit. Multischalter
oder sogar noch kleiner im Iran) und natür- werden in letzter Zeit auch immer beliebter,
lich sind kleinere Antennen praktischer und vor allem in Städten und Hochhäusern.
leichter nutzbar für iranische Staatsbürger.
Die hohe Qualität der Video- und Audioüber- Aufgrund der relativ hohen Preise und der
tragungen von digitalen MPEG-2-Kanälen, die fehlenden Händler sind Smartcards für ver-
gestiegene Zahl an empfangbaren Sendern, schlüsselte Programme und Pakete im Iran
das breitere Angebot an Digitalreceivern auf nicht sehr populär. Abgesehen davon können
dem (schwarzen) Markt und die geringeren viele der billigen „FTA-Receiver“ im Iran die
Preise dieser Systeme waren weitere wesent- meisten dieser verschlüsselten Sender, die
liche Gründe für die verbreitete Nutzung von ursprünglich mit verschiedenen Systemen wie
Satellitenempfangsanlagen. Und genau diese Viaccess oder Irdeto kodiert werden, öffnen.
Entwicklung trug dazu bei, dass die Toleranz Aktualisierte Software dieser Receiver ist
auch auf offizieller Seite gestiegen war und problemlos übers Internet herunterzuladen.
man zumindest inoffiziell diese Entwicklung
zu tolerieren scheint. Trotz aller rechtlichen Probleme ist es
nicht schwierig, an einen Installateur zu
Dennoch hat es keine Änderung des mitt- kommen, der die gesamte notwendige Aus-
lerweile zwölf Jahre alten Gesetzes gegeben. rüstung besorgen und installieren kann. Im
Der Satellitenempfang ist nach wie vor offi- Allgemeinen werden für die Einrichtung eines
ziell verboten und daher illegal und folglich Systems rund 10 USD verlangt und sogar ein
herrscht noch immer ein gewisses Risiko, After Sales Service wird angeboten, denn die
dass Satellitenanlagen abmontiert werden meisten Techniker sind auch bereit, die Recei-
müssen. Je höher die Kosten der Geräte, versoftware zu aktualisieren oder Geräte zu
desto höher dieses Risiko, und genau aus reparieren. Der Preis für die Aktualisierung
diesem Grund geben die meisten privaten eines Receivers (d.h. für das Knacken ver-
Haushalte kein Vermögen für ihre ‚illegale’ schlüsselter Kanäle) liegt bei 5 bis 15 USD.
Satellitenanlage aus. Die meisten Receiver
sind billige FTA-Typen asiatischer Marken. Dank der jungen und gut ausgebildeten
Und viele No-Name-Produkte sind in letzter Bevölkerung des Irans müssen die meisten
Zeit im Iran aufgetaucht, die zwar genau das- Haushalte aber nicht einmal diese gerin-
selbe Mainboard verbaut haben, aber andere gen Gebühren zahlen, denn in den meisten
unbekannte Namen verwenden. Die meisten Familien gibt es jemanden, der die Antenne
dieser Receiver, die auch problemlos die einrichten, neue Software besorgen und
verschlüsselten Signale der verschiedenen den Receiver aktualisieren kann. Mit einem
Verschlüsselungssysteme knacken können, Laptop und einem RS-232-Kabel ist das fast
stammen aus der Jabal Ali Freihandelszone in ein Kinderspiel.
den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es kur-
sieren auch immer wieder Gerüchte, wonach Trotz aller Restriktionen betreffend den
einige dieser Geräte sogar auf iranischem Ter- Empfang von Satellitenprogrammen ent-
ritorium zusammengebaut werden, gerüchte- wickeln sich auch andere Anwendungen im
Bereich Satellitenkommunikation im Iran,
noch dazu mit rasanter Geschwindigkeit.
Wer ein Mobiltelefon verwenden möchte, das
zuverlässiger als ein GSM-Handy funktioniert,
der greift auf das Satellitentelefonsystem
„Thuraya“ zurück. Geotechniker und Inge-
nieure, Bergsteiger und LKW-Fahrer nutzen
GPS und sogar das nationale Bankwesen hat
ein integriertes satellitenbasiertes System
namens SHETAB entwickelt.
Auch Internet-über-Satellit entwickelt sich
rasch. Die meisten Iraner hängen am Netz,
meist über Einwählverbindungen oder ADSL.
Wenn man jedoch nach der Zahl der Satel-
litenantennen in (beinahe) jedem Haushalt
geht, dann würden wohl sehr viele Iraner ihre
Ausrüstung auch gerne für Internet via Satel-
lit verwenden.
Ein Flachdach hat auch seine Vorteile: genug Platz
Vor kurzem hat der Iran auch seinen ersten
für Antennen. Die Antenne im Vordergrund hat
Satelliten im Orbit positioniert und verfolgt
sogar Multifeed-Empfang!
Pläne für zwei weitere Satelliten.