In diesem Nachschlagewerk finden Fachärzte und Assistenten in der Weiterbildung zum Neurologen einen umfangreichen Wissenspool für ihr Fach. Alles, was Sie für den Alltag in Klinik und Praxis und für die Facharztprüfung benötigen, ist hier übersichtlich und umfassend zusammengestellt. Das Werk ist in gut lesbare, überschaubare Kapitel zu relevanten neurologischen Erkrankungen und Krankheitsgruppen aufgebaut, in denen Klinik, Diagnostik und Therapieoptionen systematisch und anhand zahlreicher farbiger Abbildungen vermittelt werden. Nachbardisziplinen und diagnostische Verfahren sind mit einbezogen, als neue Themen wurden u.a. Autoimmunenzephalitiden und die Palliativmedizin aufgenommen. Anschauliche Fallbeispiele sorgen für hohe Praxisnähe. Nützlich für den angehenden Facharzt und für alle zur Wissensüberprüfung sind Fragen am Kapitelende.
3. Springer Reference Medizin bietet Ärztinnen und Ärzten die optimale Lösung für ihren
Arbeitsalltag. Unser Publikationsangebot beinhaltet die Qualität, die man von Springer kennt,
bietet aber den Vorteil, dass das Wissen kontinuierlich aktualisiert wird und die Leser somit
immer auf dem neuesten Stand sind. Die großen, umfassenden Fachbücher sind als Printaus-
gabe verfügbar, zusätzlich bieten wir dynamische online Publikationen an.
Der Vorteil der Live Reference-Ausgaben: Das Bücherregal muss nicht in regelmäßigen Ab-
ständen erneuert werden, denn die Informationen sind jederzeit online abrufbar – schnell,
übersichtlich und in deutscher Sprache. Schnelle online First Publikationen bieten nach wie
vor gesichertes Wissen, denn alle Kapitel sind von führenden Experten verfasst und peer-
reviewed.
Springer Reference Medizin wächst ständig um neue Kapitel und Fachgebiete.
Alle deutschsprachigen Referenzwerke – auch anderer Fächer – finden Sie unter
www.springerreference.de.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13534
6. Vorwort zur vierten Auflage
Na, das wurde aber auch langsam Zeit! Das werden Sie vermutlich mehr als einmal gedacht
haben! Und viele Leserinnen und Leser haben mich auch in diesem Sinne angesprochen oder
mir geschrieben. Denn die dritte Auflage der „Klinischen Neurologie“ von 2012 ist schon lange
vergriffen, wurde aber immer wieder nachgefragt. Es ist kaum zu glauben, aber tatsächlich sind
inzwischen 8 Jahre vergangen!
Und das liegt nicht daran, dass erst die Corona-Pandemie kommen musste, damit der
Herausgeber genügend Zeit hatte, das Ganze fertig zu stellen. Und es ist auch nicht die
Beendigung meiner Chefarzt-Tätigkeit in Essen und der Beginn des neuen beruflichen Enga-
gements bei der Deutschen Gesellschaft für Neurologie in Berlin.
Wichtigster Grund ist natürlich die Notwendigkeit der Aktualisierung und der umfassenden
Darstellung des Stoffes – und die Neurologie ist ja eines von den klinischen Fächern, die in den
letzten Jahren den größten Wissenszuwachs erfahren haben. Dies lässt sich ablesen an der Zahl
wissenschaftlicher Publikationen, aber auch daran, dass wir inzwischen Erkrankungen behandeln,
von deren Existenz wir vor zehn Jahren noch gar nicht wussten. Denken Sie beispielsweise an die
Autoimmunenzephalitiden oder die Neuromyelitis optica-Spektrum-Erkrankungen. Die medika-
mentösen Behandlungsmöglichkeiten haben exponentiell zugenommen. Dies gilt insbesondere
für die Neuroimmunologie und die Therapie genetisch determinierter Erkrankungen. Aber auch
beispielsweise die mechanische Thrombektomie beim Schlaganfall haben wir erst jetzt als
evidenzbasierte Therapie. Enorme Fortschritte gibt es schließlich im Bereich der seltenen Erkran-
kungen, der Neurogenetik und der Stoffwechselerkrankungen des Nervensystems.
Hinzu kommt das zunehmende Bedürfnis nach Digitalisierung und der Verfügbarkeit von
Inhalten in digitaler Form. So ist die dritte Auflage dieses Buches zunächst schrittweise digital
gewachsen und verfügbar gewesen. Als jemand, der immer noch gerne in einem Buch blättert,
freue ich mich sehr, dass das Werk jetzt noch einmal in gedruckter Form vorliegt.
Auf der anderen Seite werden die Inhalte in Zukunft wesentlich einfacher für die Nutzer und
Nutzerinnen digital verfügbar sein. Dafür steht das Konzept Springer Reference und e.Medpe-
dia des Springer-Verlages. Die Inhalte unseres Buches stellen die Basis des neurologischen
Wissens für diese digitalen Plattformen dar. Aufgabe von allen Autoren wird es nun sein, stets
für eine zeitnahe Aktualisierung der Inhalte zu sorgen. Und ich habe mir, um das Ganze auch
zeitlich als Herausgeber in Zukunft noch bewältigen zu können, einen Mitherausgeber an die
Seite geholt: Professor Dr. Markus Krämer aus Essen, mein langjähriger Schüler, wird ab 2021
das Buch mit mir gemeinsam betreuen. Darüber freue ich mich sehr und danke ihm dafür, dass
er bei dieser Auflage schon kritisch mitgelesen hat.
An dieser Stelle möchte ich mich vor allem bei allen Autor*innen ganz herzlich für ihren
Einsatz bedanken und hoffe auf weitere gute Zusammenarbeit. Mein Dank geht auch an Dr.
Christine Lerche und Claudia Bauer vom Springer-Verlag in Heidelberg, die das Buch enga-
giert betreut haben, sowie an Frau A. Allee, die das Lektorat vorbildlich übernommen hat.
Ihnen als Leserinnen und Leser wünsche ich, dass das Buchwerk Ihnen in der Klinik und im
Praxisalltag hilft, für ihre Patienten die richtigen Entscheidungen zu treffen.
Über Anregungen und Rückmeldungen aus dem Leserkreis freue ich mich wie immer sehr.
Ihr Peter Berlit, im Sommer 2020
V
7. Vorwort
Der angehende Arzt für Neurologie ist mit einem immensen Wissensstoff konfrontiert, welcher
von den Grundlagenfächern Neuroanatomie, Neurophysiologie und Neuropathologie bis hin zu
den N achbarschaftsdisziplinen Psychiatrie, Psychosomatik, Neurochirurgie und Innere Medi-
zin reicht. Das vorliegende Lehrbuch der klinischen Neurologie für Fachärzte will das erfor-
derliche Wissen umfassend und praxisbezogen darstellen. Im Kernteil werden die in der
klinischen Neurologie relevanten Krankheitsbilder lokalisations- und symptombezogen erar-
beitet, wobei immer wieder Übersichten und Tabellen die relevanten Fakten zusammenfassen.
Großer Wert wird auf eine einheitliche Kapitelstruktur gelegt, der sich – zum Teil murrend – die
Autoren unterordnen mussten. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Dem Leser soll
die einheitliche Darstellung das Auffinden gesuchter Inhalte erleichtern und ein systematisches
Lernen ermöglichen. Neben den neurophysiologischen und neurosonologischen Untersu-
chungsverfahren spielt in der klinischen Neurologie die bildgebende Diagnostik eine zentrale
Rolle. Hier bin ich meinem neuroradiologischen Kollegen, Herrn Prof. Dr. Dietmar Kühne,
besonders dankbar für seine beratende Tätigkeit bezüglich der Auswahl, Wertung und Beschrif-
tung der radiologischen Abbildungen. Sofern dies im Text nicht anders vermerkt ist, stammen
sämtliche neuroradiologischen Abbildungen aus dem Alfried Krupp Krankenhaus, um eine
einheitliche Bildqualität zu gewährleisten.
Es ist naturgemäß nicht einfach, bei vielen Autoren ein Buch „aus einem Guss“ herzustellen.
Jeder der Kapitelautoren hat sein Thema aber aus dem Klinikalltag erarbeitet und mit Praxis-
bezug dargestellt – der tagtägliche Umgang mit den neurologischen Krankheitsbildern ist den
Kapiteln anzumerken. Bei allen Bemühungen um einen einheitlichen Stil sind individuelle
Schwerpunkte in ihrer Wertung erhalten geblieben – gelegentliche Redundanzen aus der Sicht
unterschiedlicher Autoren sind dabei durchaus erwünscht.
Einen wesentlichen Anteil an der sprachlichen Strukturierung des Gesamtwerkes haben die
Lektoren, Herr Dr. Stefan Meyring sowie Frau Dr. Karen Strehlow (Springer-Verlag), denen ich
an dieser Stelle herzlich danke.
Autoren und Herausgeber wünschen sich, dass das vorliegende Lehrbuch der klinischen
Neurologie einen praktischen Begleiter im Praxis- und Klinikalltag, ein verlässliches Nach-
schlagewerk und eine kompetente Vorbereitungshilfe für die Facharztprüfung darstellt. Anre-
gungen und Verbesserungsvorschläge aus dem Leserkreis sind uns stets willkommen.
Essen Peter Berlit
im Sommer 1999
VII
8. Abkürzungsverzeichnis
A Arterie
ABP arterieller Blutdruck
ACA Arteria communicans anterior
ACE Angiotensin-Converting-Enzym
ACh Acetylcholin
AChE Acetylcholinesterase
AChR Acetylcholinrezeptor
ACM Arnold-Chiari-Malformation
ACTH adrenokortikotropes Hormon
AD Alzheimer-Demenz
ad autosomal-dominant
ADCA autosomal-dominante zerebelläre Ataxien
ADEM akute disseminierte Enzephalomyelitis
ADON autosomal-dominante Optikusneuropathie
AEP akustisch evozierte Potenziale
AF Vorhofflimmern (atrial fibrillation)
AICA Arteria cerebelli inferior anterior
AIDP akute inflammatorische demyelinisierende Polyneuritis
AIDS erworbenes Immundefizienz-Syndrom
AION anteriore ischämische Optikusneuropathie
AK Antikörper
ALD Adrenoleukodystrophie
ALS amyotrophe Lateralsklerose
AMN Adrenomyeloneuropathie
ANA antinukleäre Antikörper
ANCA antineutrophile Zytoplasma-Antikörper
ANNA antineuronale nukleäre Antikörper
ANS autonomes Nervensystem
APC aktiviertes Protein C
ar autosomal-rezessiv
ARC AIDS-related complex
ARDS adult respiratory distress syndrome
ASD Vorhofseptumdefekt
ASR Achillessehnenreflex
ASS Acetylsalicylsäure
AT3 Antithrombin 3
AT Arteriitis temporalis
ATP Adenosintriphosphat
AVF arteriovenöse Fistel
AVK arterielle Verschlusskrankheit
AVM arteriovenöse Malformation
IX
9. AZA Azathioprin
AZT Zidovudin
BA Arteria basilaris
BDR Bauchdeckenreflex
BfA Bundesversicherungsanstalt für Angestellte
BHR Bauchhautreflex
BHS Bulbärhirnsyndrom
BMD Muskeldystrophie Typ Becker
BSG Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit
BSHG Bundessozialhilfegesetz
BSR Bizepssehnenreflex
BU Berufsunfähigkeit
BWK Brustwirbelkörper
BWS Brustwirbelsäule
C zervikal
CADASIL zerebrale autosomal-dominante Arteriopathie mit subkortikalen ischämischen
Läsionen
CAG Cytosin-Adenin-Guanidin
CAR cancer-associated retinopathy
CBF zerebraler Blutfluss
CBFV zerebrale Blutflussgeschwindigkeit
CBZ Carbamazepin
CC Corpus callosum
CCA Arteria carotis communis
CDB kortikobasale Degeneration
CDG Carbohydrate-deficient glycoprotein
CEA carcinoembryonales Antigen
CEE zentraleuropäische Enzephalitis
CGL Corpus geniculatum laterale
CIDP chronische inflammatorische demyelinisierende Polyneuritis
CJK Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
CK Kreatinphosphokinase
CLB Clobazam
CLIPPERS chronic lymphocytic inflammation with pontine perivascular enhancement
responsive to steroids
CMCT zentralmotorische Leitungszeit
CMD kongenitale Muskeldystrophie
CMT Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung
CMV Zytomegalievirus
CO Kohlenmonoxid
CO2 Kohlendioxid
COMT Catecholautomethyltransferase
COP Copolymer
COPD chronische obstruktive Lungenerkrankung
CPAP continuous positive airway pressure
CPEO chronisch progressive externe Ophthalmoplegie
CPH chronische paroxysmale Hemikranie
CPP zerebraler Perfusionsdruck
CPT Carnitin-Palmityl-Transferase
CRP C-reaktives Protein
CSF Liquor cerebrospinalis
CSS Churg-Strauss-Syndrom
X Abkürzungsverzeichnis
26. Über den Herausgeber
Peter Berlit ist am 20.11.1950 in Darmstadt geboren. Nach dem
Studium der Medizin in Kiel und Marburg Tätigkeiten in der
Chirurgie, Inneren Medizin und Dermatologie. Neurologische
Facharztausbildung am Universitätsklinikum Heidelberg. Habilita-
tion 1985, apl. Professor der Universität Heidelberg seit 1989.
1990 Gastprofessur am Department of Rheumatology der Uni-
versity of California San Diego, USA.
Von 1985 bis 1992 leitender Oberarzt und vorübergehend kom-
missarischer Leiter der Neurologischen Universitätsklinik Mann-
heim.
Von1992 bis 2017 Chefarzt der Neurologischen Klinik mit
Klinischer Neurophysiologie am Alfried Krupp Krankenhaus Essen.
Seit 2018 Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neu-
rologie in Berlin.
Autor und Herausgeber mehrerer Lehrbücher für Studenten und
Fachärzte. Regelmäßige Gutachtertätigkeit für BMBF, DFG sowie
verschiedene internationale Zeitschriften. Schriftleiter der Zeitschrift
DGNeurologie.
Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind zerebrovaskuläre
Erkrankungen, peripheres Nervensystem, Neuroimmunologie und
autonome Störungen.
XXVII
27. Autorenverzeichnis
Gabriele Arendt Neurologische Klinik, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland
Martin W. Baumgärtel 1. Medizinische Klinik, St. Franziskus-Hospital Münster, Münster,
Deutschland
Ingo Bechmann Institut für Anatomie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
Peter Berlit Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Berlin, Deutschland
Horst Bickel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Technische Universität
München, München, Deutschland
Franz Blaes Neurologische Klinik, Klinikum Oberberg, Gummersbach, Deutschland
Hans-Christian Blossey Arzt für Innere Medizin und Endokrinologie, Kasel, Deutschland
Eugen Boltshauser Neuropädiatrie, Kinderklinik Zürich, Zürich, Schweiz
Stephan A. Brandt Klinik für Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin,
Deutschland
Anne-Elisabeth Bredel-Geissler Rheinhessen-Fachklinik Mainz, Landeskrankenhaus AöR,
Mainz, Deutschland
Elke Brylla Institut für Anatomie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
Thomas Budde Klinik für Kardiologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Andrés Ceballos-Baumann Neurologie und klinische Neurophysiologie, Schön Klinik Mün-
chen Schwabing, München, Deutschland
Andrew Chan Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Bern,
Schweiz
René Chapot Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen,
Deutschland
E. Craemer Neurologische Klinik, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt, Deutschland
Marcus Deschauer Neurologische Klinik und Poliklinik, Technische Universität München,
München, Deutschland
Rolf R. Diehl Klinik für Neurologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Arnd Dörfler Neuroradiologische Abteilung, Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen,
Deutschland
Bettina Ende-Henningsen Lüneburg, Deutschland
Andreas Engelhardt Oldenburg, Deutschland
Jörg T. Epplen Humangenetik Ruhr-Universität, Bochum, Deutschland
XXIX
28. Jürgen Faiss Klinik für Neurologie, Asklepios Fachklinikum Teupitz, Teupitz, Deutschland
Andreas Ferbert Neurologische Klinik, Klinikum Kassel, Kassel, Deutschland
Stefanie Förderreuther Neurologischer Konsiliardienst, Neurologische Klinik und Poliklinik
der LMU München, München, Deutschland
Michael Forsting Institut für Radiologie und Neuroradiologie, Universitätsklinikum Essen,
Essen, Deutschland
Hans Förstl Klinikum rechts der Isar, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, München,
Deutschland
Thomas Gattringer Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Graz, Graz,
Österreich
Martin Glas Abteilung Klinische Neuroonkologie, Klinik und Poliklinik für Neurologie,
Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
Michael Grözinger Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Universitäts-
klinikum Aachen, Aachen, Deutschland
Thomas Grunwald Schweizerische Epilepsie-Klinik an der Klinik Lengg, Zürich, Schweiz
Dorothea Haas Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Sektion Neuropädiatrie und Stoffwechsel-
medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
Christina Haubrich Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Aachen, Aachen,
Deutschland
Wolfgang Heide Klinik für Neurologie, Allgemeines Krankenhaus Celle, Celle, Deutschland
Henning Henningsen Neurologische Klinik, Klinikum Lüneburg, Lüneburg, Deutschland
G. Heuft Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinikum Münster, Müns-
ter, Deutschland
Sabine Hoffjan Humangenetik Ruhr-Universität, Bochum, Deutschland
Berit Jordan Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutsch-
land
Angela Kaindl Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Neurologie, Charité – Universitätsme-
dizin Berlin, Berlin, Deutschland
Reinhard Kaiser Neurologie, Helios Klinikum Pforzheim GmbH, Pforzheim, Deutschland
Katharina Kamm Neurologische Klinik und Poliklinik der LMU, Großhadern, München,
Deutschland
Sied Kebir Abteilung Klinische Neuroonkologie, Klinik und Poliklinik für Neurologie, Uni-
versitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
Antonios Kerasnoudis Klinik und Poliklinik für Neurologie, St. Josef Hospital Bochum,
Klinikum der Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
Georg Kerkhoff Klinische Neuropsychologie, Universität des Saarlandes, Saarbrücken,
Deutschland
Jörg Klekamp Wirbelsäulenzentrum und Neurochirurgie, Christliches Krankenhaus Quaken-
brück, Quakenbrück, Deutschland
Christof Klötzsch Akutneurologie Kliniken Schmieder & Neurologische Abteilung im
Hegau-Bodensee-Klinikum Singen, Kliniken Schmieder, Allensbach, Deutschland
XXX Autorenverzeichnis
29. Hans-Christian Koennecke Neurologie – Stroke Unit, Vivantes Klinikum im Friedrichshain,
Berlin, Deutschland
Wolfgang Köhler Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR,
Leipzig, Deutschland
Eberhard König Schön Klinik Bad Aibling, Bad Aibling, Deutschland
Andrea Kraft Klinik für Neurologie, Krankenhaus Martha-Maria Halle-Dölau, Halle (Saale),
Deutschland
Günter Krämer Neurozentrum Bellevue, Zürich, Schweiz
Markus Krämer Klinik für Neurologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Torsten Kraya Klinik und Poliklinik für Neurologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wit-
tenberg, Halle, Deutschland
Caroline Kuhn Neuropsychologische Universitätsambulanz, Universität des Saarlandes,
Saarbrücken, Deutschland
Wiebke Kurre Radiologie/Neuroradiologie, Klinikum Passau, Passau, Deutschland
Martin Kurthen Schweizerische Epilepsie-Klinik an der Klinik Lengg, Zürich, Schweiz
Alfred Lindner Klinik für Neurologie, Marienhospital Stuttgart, Stuttgart, Deutschland
Albert C. Ludolph Klinik für Neurologie, Universitätsklinikum Ulm, Ulm, Deutschland
Matthias Maschke Neurologische Klinik, Krankenhaus der Barmherzigen Brüder, Trier,
Deutschland
Uta Meyding-Lamadé Neurologische Klinik, Krankenhaus Nordwest, Frankfurt, Deutsch-
land
Eckhard Möbius Essen, Deutschland
Friedemann Müller Schön Klinik Bad Aibling, Bad Aibling, Deutschland
Eva Neuen-Jacob Institut für Neuropathologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf,
Deutschland
Hannes Nordmeyer Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Alfried Krupp Krankenhaus,
Essen, Deutschland
Thomas Opladen Klinik für Allgemeine Pädiatrie, Sektion Neuropädiatrie und Stoffwechsel-
medizin, Universitätsklinikum Heidelberg, Heidelberg, Deutschland
Luca Papavero Klinik für Spinale Chirurgie, Schön Klinik Hamburg Eilbeck, Hamburg,
Deutschland
Walter Paulus Klinik für Neurologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
Robert Perneczky Klinikum rechts der Isar, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
München, Deutschland
Bettina Pfausler Universitätsklinik-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Inns-
bruck, Innsbruck, Österreich
Sara Magdalena Pilgram-Pastor Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Alfried Krupp
Krankenhaus, Essen, Deutschland
Kalliopi Pitarokoili Klinik und Poliklinik für Neurologie, St. Josef Hospital Bochum, Klini-
kum der Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
Autorenverzeichnis XXXI
30. Hansotto Reiber CSF and Complexity Studies, Sao Paulo, Brasilien
Nico Reinsch Klinik für Kardiologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Cindy Richter Institut für Anatomie, Universität Leipzig, Leipzig, Deutschland
Michel Rijntjes Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutschland
Erich Bernd Ringelstein Münster, Deutschland
Veit Rohde Klinik für Neurologie, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
Roman Rolke Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Aachen, Aachen, Deutsch-
land
Joachim Röschke St. Valentinus Krankenhaus, Kiedrich, Deutschland
Joachim Röther Abt. f. Neurologie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg, Deutschland
Farid Salih Klinik für Neurologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
Anke Salmen Universitätsklinik für Neurologie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Bern,
Schweiz
Björn Scheffler DKFZ Abteilung Translationale Neuroonkologie am Westdeutschen Tumor-
zentrum, DKTK Partnerstandort Universitätsklinikum Essen, Essen, Deutschland
Ilka Schneider Klinik und Poliklinik für Neurologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wit-
tenberg, Halle, Deutschland
Peter Caspar Schulte Klinik für Pneumologie, Gastroenterologie und Innere Medizin, Alfried
Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Andreas Schulze-Bonhage Epilepsiezentrum, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg,
Deutschland
Michael Schwarz Neurologische Klinik, Klinikum Dortmund gGbmH, Dortmund, Deutsch-
land
Manfred Stöhr Augsburg, Deutschland
Christian Paul Stracke Klinik für Radiologie und Neuroradiologie, Alfried Krupp Kranken-
haus, Essen, Deutschland
Barbara Tettenborn Klinik für Neurologie, Kantonsspital St. Gallen, St. Gallen, Schweiz
Manfred Uhr Max-Planck-Institut für Psychiatrie, München, Deutschland
Ralph Weber Klinik für Neurologie, Alfried Krupp Krankenhaus, Essen, Deutschland
Tobias Weiland Neurologische Klinik, Städtisches Klinikum Braunschweig gGmbH, Braun-
schweig, Deutschland
Cornelius Weiller Neurologische Klinik, Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, Deutsch-
land
Karin Weissenborn Neurologische Klinik, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover,
Deutschland
Karl Wessel Neurologische Klinik, Städtisches Klinikum Braunschweig gGmbH, Braun-
schweig, Deutschland
Bernhard Widder Neurowissenschaftliche Gutachtenstelle, Bezirkskrankenhaus Günzburg,
Günzburg, Deutschland
H. Wiethölter Stuttgart, Deutschland
XXXII Autorenverzeichnis
31. Johannes C. Wöhrle Neurologische Klinik, Katholisches Klinikum Koblenz Montabaur,
Brüderhaus Koblenz, Koblenz, Deutschland
Min-Suk Yoon Klinik und Poliklinik für Neurologie, St. Josef Hospital Bochum, Klinikum
der Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland
Peter Young Neurologische Klinik Reithofpark, Bad Feilnbach, Deutschland
Inga Zerr Nationales Referenzzentrum für Prionerkrankungen, Göttingen, Deutschland
Stephan Zierz Klinik und Poliklinik für Neurologie, Martin-Luther-Universität Halle-Witten-
berg, Halle, Deutschland
Autorenverzeichnis XXXIII
34. Assoziationsareale mit gnostischen Funktionen (Erkennen).
Tertiäre Rindenfelder dagegen ermöglichen höhere integra-
tive Leistungen durch Projektionen aus verschiedenen Rin-
denfeldern. Sie können lateralisiert sein. Der Kortex adaptiert
sich lebenslang in Abhängigkeit von seiner Beanspruchung.
Die Sprache zählt beispielsweise zu den höheren kortika-
len Funktionen (▶ Kap. 2, „Funktion und Symptomatik
einzelner Hirnregionen“). Sie wird durch komplexe Ver-
schaltungen mehrerer Assoziationsareale erst möglich. Das
motorische Sprachzentrum (Broca) und das sensorische
Sprachzentrum (Wernicke) sind häufig mit der Händigkeit
assoziiert und in der kontralateralen Hirnhälfte lokalisiert.
2 Wichtige Kerngebiete
Das ausgedehnte Wachstum der Großhirnbläschen führt zu
einer charakteristischen Ausziehung der Seitenventrikel als
Cornu frontale (Vorderhorn), Cornu occipitale (Hinterhorn)
und Cornu temporale (Unterhorn). Der Ncl. caudatus
(Schweifkern) als Teil der Basalganglien liegt den Seitenven-
trikeln von lateral an und folgt ihrem Verlauf. Auf diese
Weise kommen das Caput nuclei caudati im Frontallappen
und das ausgezogene Schweifende (Cauda nuclei caudati) am
Dach des Unterhorns im Temporallappen zu liegen. Auf
Horizontalschnitten (Abb. 2) ist der Ncl. caudatus deshalb
doppelt angeschnitten. Entwicklungsgeschichtlich waren der
Ncl. caudatus und das Putamen (Schalenkern) ein einheitli-
ches Kerngebiet, das durch die Fasern der Capsula interna im
dorsalen Bereich getrennt wurde (dorsales Striatum). Die
zahlreichen streifenförmigen Zellbrücken zwischen Putamen
und Ncl. caudatus haben zu der Bezeichnung Striatum
(Streifenkern) geführt. Die Capsula interna beinhaltet affe-
rente und efferente Faserbindungen der Großhirnrinde. Im
basalen Frontallappen befindet sich ein Bereich, in dem beide
Kerne noch verbunden sind, der Ncl. accumbens (ventrales
Striatum, Abb. 3). Zwischen Capsula interna und Putamen
liegt der Globus pallidus, dessen inneres und äußeres Seg-
ment funktionell verschieden verschaltet sind. Putamen und
Globus pallidus (blasser Kern) werden aufgrund ihrer Form
auch unter dem Begriff Ncl. lentiformis (Linsenkern) zusam-
mengefasst. Der Thalamus („Schlafgemach“) ist ein großes
Kerngebiet, das bilateral des dritten Ventrikels gelegen ist.
Trotz ihrer topografischen Nähe zu den Strukturen des Groß-
hirns sind der Globus pallidus und der Thalamus Teile des
Diencephalons (Zwischenhirn). Im Temporallappen, rostral
vom Hippocampus befindet sich ein affektives Zentrum, das
Corpus amygdaloideum (Mandelkern). Das Claustrum ist
Praecuneus
Gyrus cinguli
Cuneus
Sulcus calcarinus
Sulcus centralis
Sulcus parietooccipitalis
Lobus frontalis
Lobus parietalis
G
y
r
u
s
p
o
s
t
c
e
n
t
r
a
l
i
s
Lobus occipitalis
Lobus temporalis
17
3, 2, 1
8
5, 7
41
17
3, 2, 1
8
6 4
23
24
19
18
5, 7
18
19
Heschl-
Querwindungen
(Gyri temporales
transversi)
4
6
G
y
r
u
s
p
r
a
e
c
e
n
t
r
a
l
i
s
Operculum
Abb. 1 Gliederung des Großhirns mit ausgewählten Brodmann-Arealen
4 C. Richter et al.
35. ein subinsuläres Kerngebiet lateral des Putamens, dessen
Funktion nicht geklärt ist.
An der Basis des Frontallappens liegt eine Gruppe von
Kernen, die Einfluss auf die Grundaktivität des gesamten Orga-
nismus nimmt. Zu ihnen zählen die Ncll. septales (ungerichtete
Aufmerksamkeit), der Ncl. accumbens (Belohnungszentrum)
und der Ncl. basalis (Meynert, gerichtete Aufmerksamkeit).
Die Septumkerne sind als Anteile des limbischen Systems
wechselseitig mit dem Fornix, dem Hippocampus und dem
Corpus amygdaloideum verbunden. Beidseits unter dem Vor-
derhorn der Seitenventrikel gelegen grenzen sie mediokranial
an das Septum pellucidum und laterokranial an den Ncl.
accumbens. Von den benachbarten Anteilen der Riechrinde
erhalten sie olfaktorische Afferenzen. Der Ncl. accumbens stellt
als Gegenspieler der Amygdala einen Detektor positiver
Schlüsselreize dar und vermittelt ein Gefühl der Befriedigung.
Der Ncl. basalis (Meynert) kontrolliert die gerichtete Aufmerk-
samkeit mit, welche u. a. für das Lernen essenziell ist. Dieses
cholinerge Kerngebiet liegt lateral der Ncll. septales im Bereich
der Substantia perforata anterior und projiziert in alle Regionen
des Großhirns.
3 Funktionelle Systeme
Die Anteile des zentralen Nervensystems bilden eine funk-
tionelle Einheit. Das Ausmaß einer Läsion kann häufig erst
erfasst werden, wenn Strukturen nicht einzeln, sondern im
Kontext mit anderen Strukturen gesehen werden. Aus diesem
Grund werden im folgenden Abschnitt wichtige Rindenfelder
und Kerngebiete des Großhirns als Bestandteile der funktio-
nellen Systeme beschrieben.
3.1 Limbisches System
Es bildet die Grundlage für assoziative Funktionen wie Steue-
rung des affektiven Verhaltens, Emotionen, Lernen und Ge-
dächtnis. Es beeinflusst darüber hinaus kortikale Aktivitäten
und vegetative Funktionen. Die zugehörigen kortikalen und
subkortikalen Strukturen verteilen sich gürtelförmig (limbus
= Gürtel) um den Balken und das Diencephalon (Zwischen-
hirn) an den medialen Seiten der Hemisphären (Abb. 4).
1 Thalamus
2 Gl. pallidus
3 Putamen
4 Claustrum
5 Caput nuclei caudati
6 Cauda nuclei caudati
7 Hippocampus
8 Colliculus superior (Tectum)
9 Commissura posterior
10 Fornix
11 Insula
12 Corpus geniculatum laterale
13 Corpus callosum
I. Ventrikel
II. Ventrikel
III. Ventrikel
A. cerebri anterior
A. cerebri media
A. cerebri posterior
A. choroidea anterior
1
2
3
4
6
5
10
8
9
10
7
12
13
I.
II.
Abb. 2 Horizontalschnitt mit Versorgungsgebieten. 1 Thalamus, 2 Glo-
bus pallidus, 3 Putamen, 4 Claustrum, 5 Caput nuclei caudati, 6 Cauda
nuclei caudati, 7 Hippocampus, 8 Colliculus superior (Tectum), 9 Com-
missura posterior, 10 Fornix, 11 Insula, 12 Corpus geniculatum laterale,
13 Corpus callosum, I. Ventrikel II. Ventrikel III. Ventrikel. (Fotografie:
Anna Rowedder)
1 Großhirn 5
36. Großhirn
• Ncll. septales (Septumkerne)
• Ncl. basalis (Meynert)
• Corpus amygdaloideum
• Ncl. accumbens
• Gyrus cinguli
• Gyrus parahippocampalis mit Area entorhinalis
• Hippocampus mit Indusium griseum
Diencephalon
• Corpus mamillare
• Ncl. anterior thalami
• Habenula (Epithalamus)
Die Area tegmentalis ventralis und die Ncll. raphes des
Mesencephalons werden hin und wieder zum limbischen
System gerechnet, weil sie vielfältige Verbindungen besitzen.
Die Strukturen des limbischen Systems stehen in Rückkopp-
lung zu allen sensiblen Rindenfeldern und dem Hypo-
thalamus. Auf diese Weise stellen sie eine Brücke zwischen
unwillkürlichen und willkürlichen Reaktionen auf die Au-
ßenwelt her. Neuere Erkenntnisse zeigen ein offenes System,
das unter dem Einfluss zahlreicher anderer Hirnregionen
steht. Es lassen sich zwei Untersysteme mit Konzentration
um die Amygdala und den Hippocampus beschreiben.
Die Amygdala ordnet den sensiblen Impulsen eine posi-
tive oder eine negative Bewertung zu. Sie bildet die Basis des
emotionalen Gedächtnisses und dient als übergeordnete Kon-
trollinstanz für das vegetative System. Zur Erfüllung dieser
Aufgabe sind vielfältige Verschaltungen mit dem Hypo-
thalamus, den basalen Kerngebieten (Ncll. septales, Ncl.
basalis, Ncl. accumbens), der Habenula, dem Thalamus und
den Kernen des Hirnstamms (Ncll. raphes, Formatio reticu-
laris) nachgewiesen. Für die längerfristige Speicherung be-
wusster Gedächtnisinhalte sind intakte Strukturen des Papez-
Neuronenkreises Voraussetzung (Abb. 4). Ein wichtiger
Eingang in das System stellt der Gyrus cinguli als Verbin-
dung zu sensorischen Rindenarealen dar. Ein wichtiger Aus-
gang erfolgt über die Corpora mamillaria zu den Strukturen
des Mesencephalons (Formatio reticularis mit Area teg-
mentalis ventralis, Ncll. raphes). Die Verschaltungen des
limbischen Systems sind sehr komplex und Gegenstand der
Forschung.
Klinischer Bezug Eine Schädigung von Strukturen des
Papez-Neuronenkreises führt zu einem Verlust des Kurzzeit-
gedächtnisses. Bei Morbus Alzheimer sind der entorhinale
Kortex und der Hippocampus, bei der Wernicke-Enzephalo-
pathie die Corpora mamillaria betroffen. Der Ncl. basalis
(Meynert) ist bei neurodegenerativen Erkrankungen häufig
mitbetroffen. Eine Minderversorgung der Großhirnrinde mit
Acetylcholin kann ebenfalls die Merkfähigkeit beeinträchtigen.
Im ▶ Kap. 2, „Funktion und Symptomatik einzelner Hirn-
regionen“ werden die spezifischen Gedächtnisformen und
Ausfälle einzelner Funktionen detailliert erklärt.
3.2 Zentrale Anteile des motorischen
Systems
Das motorische System ermöglicht es uns, über Bewegungen
mit der Außenwelt zu interagieren. Die Anteile des motori-
schen Systems sind hierarchisch organisiert. Um eine wil-
lentliche Bewegung einzuleiten, werden multiple Areale im
frontalen und parietalen Kortex bis zu 2 Sekunden vor der
Ausführung aktiviert. In den Assoziationsarealen wird die
Notwendigkeit einer Bewegung festgestellt. Der prämotori-
sche Kortex entwickelt einen Plan, der an den primär-motori-
schen Kortex weitergegeben wird. Neben der Pyramidenbahn
als wichtigste Efferenz werden Fasern zu Assoziationskortex,
Basalganglien, Kleinhirn und Hirnstammkernen als modulie-
rende Feedback-Systeme entsandt. Sie gleichen eine geplante
Bewegung mit dem aktuellen Zustand des Körpers ab. Die
absteigenden motorischen Bahnen, welche die Aktivität von
α- und γ-Motoneuronen beeinflussen, gehen vom Kortex
(Pyramidenbahn) und vom Hirnstamm (extrapyramidalmoto-
rische Bahnen) aus. Motoneurone bilden mit ihren Axonen
als periphere Nerven die gemeinsame motorische Endstrecke
für alle motorischen Systeme.
1
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5
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3
9
8
Abb. 3 Frontalschnitt auf Höhe des Ncl. accumbens. 1 Cornu frontale
der Seitenventrikel, 2 Septum pellucidum, 3 Claustrum, 4 Ncl. caudatus,
5 Putamen, 6 Ncl. accumbens, 7 Ncll. septales, 8 Ncl. basalis (Meynert),
9 Corpus amygdaloideum (Temporallappen)
6 C. Richter et al.
37. Motorischer Kortex Es ist entdeckt worden, dass elek-
trische Stimulationen von bestimmten Arealen des menschli-
chen Kortex Bewegungen der kontralateralen Körperseite
auslösen können. Das Areal mit dem geringsten Schwellen-
wert wird als primärer motorischer Kortex (Area 4) bezeich-
net. Im Gyrus praecentralis reicht er von der medialen Hemi-
sphärenoberfläche über die Mantelkante hinweg bis zur
Sylvischen Fissur. Nach rostral schließen sich lateral der prä-
motorische Kortex und medial der supplementär-motorische
Kortex (beide Teile der Area 6) an. Das frontale Augenfeld
(Teil der Area 8) zur Durchführung konjugierter Augenbewe-
gungen (Hirnnerven III, IV und VI) grenzt an den dahinter
gelegenen prämotorischen Kortex. Das motorische Sprach-
zentrum, die Broca-Region (Teil der Area 44 und/oder 45),
wird meist nur einseitig in der sprachdominanten Hemisphäre
in der Pars opercularis und Pars triangularis des Gyrus fron-
talis inferior gefunden.
Motorischer Homunculus Weitere Untersuchungen zeig-
ten, dass bestimmte Regionen im Gyrus praecentralis für
die Innervation bestimmter Muskelgruppen des Körpers zu-
ständig sind. Da diese Somatotopie nicht proportional abge-
bildet ist, spricht man von einer verzerrten Karte des mensch-
lichen Körpers (Homunculus). An der medialen Fläche in
der Fissura longitudinalis befinden sich die Repräsentations-
gebiete für Fuß und Unterschenkel. Die Bein- und Becken-
region wird über die Mantelkante hinweg nach lateral abge-
bildet. Daran schließen bis zur Sylvischen Fissur die Gebiete
für Rumpf, obere Extremität, Gesicht und Zunge an.
Körperregionen, in denen sehr kleine Muskelgruppen oder
gar einzelne Muskeln für feine Bewegungen angesteuert
werden müssen, besitzen überproportional große Repräsenta-
tionsgebiete. Die feine Handmotorik, das Sprechen und eine
vielgestaltige Mimik benötigen differenzierte Bewegungen,
sodass Körperregionen wie Hand, Gesicht, Lippen, Zunge
und Larynx besonders groß repräsentiert sind.
Der supplementär-motorische und prämotorische Kortex
besitzen ebenfalls eine somatotope Gliederung. Bei komple-
xen, repetitiven Bewegungen werden Spiegelneurone des
prämotorischen Kortex aktiv.
Basalganglien Die Basalganglien sind subkortikale Kernge-
biete, die als Teil des motorischen Systems an der Initiation
und Modulation von Bewegungen sowie der Regulation des
Muskeltonus beteiligt sind. Sie werden zum extrapyramidal-
motorischen System (EPMS) gerechnet und bilden komplexe
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13
Cingulum
Fornix
Gyrus parahippocampalis &
Hippocampus (1)
Corpus mamillare (2)
Thalamus (3)
Tractus
mamillothalamicus
Gyrus cinguli (4)
Thalamusstrahlung
5
Abb. 4 Limbisches System. 1 Gyrus parahippocampalis und Hippo-
campus, 2 Corpus mamillare, 3 Thalamus, 4 Gyrus cinguli, 5 Amygdala,
6 Hypothalamus, 7 Bulbus olfactorius, 8 Ncl. basalis (Meynert),
9 Habenulae, 10 Ncl. accumbens, 11 Ncl. septales, 12 Kerne des Hirn-
stamms, 13 primäre und sekundäre Rindenfelder
1 Großhirn 7
38. Schleifen zur Beeinflussung des motorischen Kortex (Calabresi
et al. 2014).
• Ncl. caudatus und Putamen = Striatum (dorsales Striatum)
• Ncl. accumbens (ventrales Striatum)
• Globus pallidus
• Corpus amygdaloideum
Assoziierte Kerngebiete
• Ncl. subthalamicus
• Substantia nigra
Die Motorik wird durch Wahrnehmung, Emotionen und
Motivation beeinflusst. Von unterschiedlichen Rindenfeldern
und Anteilen des limbischen Systems gehen Informationen
über das Striatum in die Basalganglienschleifen ein und
werden nach Verschaltung im Thalamus zu den entsprechen-
den Rindenfeldern zurückgeleitet.
Eingangsstruktur in die Basalganglien („Input“)
• Assoziationskortex ! Ncl. caudatus
• Motorischer und somatosensibler Kortex ! Putamen
• Limbisches System ! Ncl. accumbens
Striatum
Substantia nigra
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Kortex
Gl. pallidus internus
Ncl. subthalamicus
indirekter Weg direkter Weg
Gl. pallidus externus Thalamus
Hemmung
Erregung
Striatum
a
b
Substantia nigra
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Kortex
Gl. pallidus internus
Ncl. subthalamicus
indirekter Weg direkter Weg
Gl. pallidus externus Thalamus
Hemmung
Erregung
Abb. 5 (Fortsetzung)
8 C. Richter et al.
39. Das Striatum, zu dem der Ncl. caudatus, das Putamen und
der Ncl. accumbens gezählt werden, ist Eingang der Basal-
ganglien. Das Putamen besitzt für motorische und somato-
sensible Afferenzen eine somatotope Repräsentation der
Körperregionen. Aufgrund klinischer Beobachtungen und
neuropathologischer Befunde geht man von einem direk-
ten, bewegungsfördernden und einem indirekten, be-
wegungshemmenden Schaltkreis mit unterschiedlichen
Zielstrukturen aus (Abb. 5a). In dieses System greift die
dopaminerge Projektion von der Substantia nigra zum
Striatum modulierend ein. Neuere Erkenntnisse postulieren
ineinandergreifende Schleifen mit entscheidenden intras-
triatalen Verbindungen.
Klinischer Bezug Ausfälle in den einzelnen Kerngebieten
führen zu einer Verschiebung im Regelkreis und einer gestei-
gerten oder verminderten Erregung des motorischen Kortex.
Eine Degeneration der Neurone in der Substantia nigra ver-
ursacht durch ein Ungleichgewicht im Regelkreis eine Hypo-
kinese beim Morbus Parkinson (Abb. 5b). Dieser Verschie-
bung kann durch eine Überstimulation und Erzeugung
refraktärer Neurone des Ncl. subthalamicus entgegengewirkt
Striatum
Substantia nigra
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Gl. pallidus internus
Ncl. subthalamicus
indirekter Weg direkter Weg
Gl. pallidus externus Thalamus
Hemmung
Erregung
Neurostimulator
Striatum
Substantia nigra
!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Gl. pallidus internus
Ncl. subthalamicus
indirekter Weg direkter Weg
Gl. pallidus externus Thalamus
Hemmung
Erregung
Kortex
Kortex
c
d
Abb. 5 a Schaltkreis der Basalganglien. b Morbus Parkinson. c Morbus Parkinson mit Neurostimulator. d Chorea Huntington
1 Großhirn 9
40. werden (Abb. 5c). Eine Degeneration der Neurone im Stria-
tum kann hingegen Hyperkinesen bei der Chorea Huntington
auslösen (Abb. 5d).
3.3 Zentrale Anteile der „allgemeinen“
Sinnessysteme
Auf dem gesamten Körper repräsentierte Sinneseindrücke
aus der Haut und dem Bewegungsapparat können in Anleh-
nung an die qualitative Gliederung der Hirnnervenkerne un-
ter dem Begriff „allgemein“ zusammengefasst werden.
3.3.1 Sensibles System
Das sensible System dient der rezeptiven Aufnahme, Leitung
und Verarbeitung folgender Sinneseindrücke:
" • Epikritische Sensibilität: Berührung, Druck, Vibration,
feine Tastempfindung
• Protopathische Sensibilität: Schmerz und Tempera-
tur, grobe Tastempfindung
• Propriozeption: Spannungszustand der Skelettmusku-
latur, Sehnen und Gelenkkapseln
Die dendritischen Axone der pseudounipolaren Nerven-
zellen ziehen in den peripheren Nerven bis zum Spinalgan-
glion, die neuritischen Axone vom Spinalganglion bis zum
Eintritt in das Rückenmark über die Hinterwurzel. Für den
Körper liegen die Perikaryen der ersten Neurone sensibler
Bahnen im Spinalganglion. Für den Kopf (trigeminoafferen-
tes System) befinden sie sich im Ganglion trigeminale
(Gasseri) und – eine Ausnahme – im Ncl. mesencephalicus
n. trigemini (Propriozeption). Im Rückenmark und Hirn-
stamm werden die Leitungsbahnen in drei Systeme unterglie-
dert:
• Hinterstrangsystem (epikritische Sensibilität und Proprio-
zeption)
• Anterolaterales System (protopathische Sensibilität)
• Trigeminoafferentes System (epikritische und protopa-
thische Sensibilität sowie Propriozeption für den Kopf)
Hinterstrangsystem Das System für die epikritische
Empfindung lässt sich unterteilen in den Fasciculus
cuneatus (Burdach) für die obere Körperhälfte und den
Fasciculus gracilis (Goll) für die untere Körperhälfte
(„grazil wie ein Tänzer“), zervikal getrennt durch den
Sulcus intermediodorsalis. Der Fasciculus cuneatus ist
lediglich zervikothorakal vorhanden und lagert sich dem
Fasciculus gracilis lateral an. Beide Trakte besitzen bis in
den somatosensiblen Kortex eine strenge Somatotopie.
Nach dem Eintritt über die Hinterwurzel des Rückenmarks
verlaufen die Axone ipsilateral im Hinterstrang bis in die
Medulla oblongata, wo sie im Ncl. cuneatus bzw. im Ncl.
gracilis auf das zweite Neuron verschaltet werden. Die
Nervenfasern kreuzen in der Medulla oblongata als
Lemniscus medialis auf die Gegenseite und erreichen im
Ncl. ventralis posterolateralis thalami das dritte Neuron.
Der Tractus thalamocorticalis zieht über den hinteren
Schenkel der Capsula interna hauptsächlich in die primäre
somatosensorische Rinde. Der propriozeptive Anteil des
Hinterstrangs wird im Ncl. cuneatus accessorius umge-
schaltet und gelangt ins Kleinhirn (▶ Kap. 7, „Rücken-
mark“).
Anterolaterales System Das System für die protopathische
Empfindung lässt sich unterteilen in Tractus spinothalami-
cus anterior et lateralis. Die Axone des ersten Neurons
ziehen vor Eintritt in das Hinterhorn T-förmig einige Rücken-
markssegmente nach oben oder unten (Tractus postero-
lateralis = Lissauer-Trakt), um auf einer anderen Segment-
höhe das zweite Neuron in der Substantia gelatinosa zu
erreichen. Schmerzfasern verlaufen gekreuzt über die Com-
missura alba anterior zur Formatio reticularis, ins Tectum und
in verschiedene Thalamuskerne, wo sie auf das dritte Neuron
umgeschaltet werden. Die terminalen Projektionen aus die-
sen Arealen enden u. a. im anterioren frontalen Kortex, im
Gyrus cinguli, im primären und sekundären somatosensori-
schen Kortex.
Trigeminoafferentes System Exterozeptive Empfindun-
gen des Kopfes werden über die Äste des N. trigeminus
zu seinen drei Hirnnervenkernen im Hirnstamm geleitet.
Die topografische Gliederung der peripheren Trigeminu-
säste findet sich in den drei Kernsäulen allerdings nicht
wieder. Jedes Kerngebiet verschaltet eine bestimmte Qua-
lität:
• Ncl. mesencephalicus n. trigemini: Propriozeption
• Ncl. principalis n. trigemini: epikritische Sensibilität
• Ncl. spinalis n. trigemini: protopathische Sensibilität
Ausnahme: Die Perikaryen des ersten Neurons für die
Propriozeption liegen im Ncl. mesencephalicus n. trigemini
und sind die einzigen pseudounipolaren Nervenzellen im
Gehirn. Bildlich ist dieses Kerngebiet ein in das Gehirn ver-
lagertes Spinalganglion. Seine Axone ziehen ohne Umschal-
tung z. B. direkt zum Ncl. motorius n. trigemini und sind die
Grundlage des Masseterreflexes.
Der Ncl. spinalis n. trigemini besitzt eine rostrokaudale
Somatotopie, die bei Schädigung zwiebelschalenartig um den
Mund gelegene Sensibilitätsstörungen im Gesicht bewirkt.
Die postnuklären Nervenfasern kreuzen auf Hirnstammebene
und gelangen mit dem Lemniscus medialis zum Ncl. ventralis
posteromedialis im Thalamus. Nach der Umschaltung auf das
dritte Neuron ziehen die Axone ebenfalls zum somatosensi-
blen Kortex.
10 C. Richter et al.
41. 3.3.2 Somatosensibler Kortex
Der Gyrus postcentralis (Area 1–3) stellt das primäre soma-
tosensible Rindenareal mit einer somatotopen Gliederung
angelehnt an den motorischen Homunculus (Abschn. 3.2)
dar. Epikritische, protopathische und propriozeptive Sensibi-
lität besitzen jedoch jeweils getrennte Terminationsgebiete.
Die Area 5 und 7 als sekundärer somatosensibler Kortex sind
dem Gyrus postcentralis im Parietallappen direkt benachbart.
Das Erkennen von Gegenständen durch Ertasten von Größe,
Form und Beschaffenheit ist eine integrative Leistung meh-
rerer Assoziationsgebiete.
3.4 Zentrale Anteile der „speziellen“
Sinnessysteme
Die Rezeptororgane für die höheren Sinne wie Riechen,
Sehen, Schmecken, Hören und Gleichgewicht sind aus-
schließlich am Kopf lokalisiert und werden als „spezielle“
Sinnessysteme subsummiert. Ihre Erregungen werden über
Hirnnerven dem zentralen Nervensystem zur Verarbeitung
zugeleitet. Im folgenden Abschnitt werden die Anteile des
zentralen Nervensystems beschrieben, die zur Sinneswahr-
nehmung und -verarbeitung erforderlich sind. Das visuelle
System ist sehr umfangreich und wird im ▶ Kap. 2, „Funk-
tion und Symptomatik einzelner Hirnregionen“ behandelt.
3.4.1 Olfaktorisches System
Das olfaktorische und das gustatorische System verarbeiten
chemische Sinne und dienen der Selbst- und Arterhaltung.
Durch das olfaktorische System können genussvolle von
bedrohlichen Gerüchen bei der Nahrungsaufnahme unter-
schieden, aber auch soziale Interaktionen beeinflusst werden.
Der Mensch gilt als Mikrosmatiker, da andere Sinne einen
höheren Stellenwert besitzen. Das Riechhirn zählt zu dem
phylogenetisch ältesten Teil des Gehirns, dem Paleocortex. In
der Regio olfactoria, einem spezifischen Teil der Nasen-
schleimhaut, liegen bipolare, primäre Sinneszellen (Neurone)
als Rezeptoren für Geruchstoffe. Sie sind die einzigen Neu-
rone, die in unmittelbarem Kontakt zur Außenwelt liegen.
Ihre Axone ziehen als Fila olfactoria durch die Lamina cri-
brosa zu den Nervenzellen des Bulbus olfactorius, um mit
diesen Synapsen auszubilden. Nach der Verschaltung auf das
zweite Neuron der Geruchsbahn verlaufen die Axone im
Tractus olfactorius (Abb. 6). Dieser teilt sich kurz vor der
Substantia perforata anterior in einen lateralen und einen
medialen Schenkel mit unterschiedlichen Projektionszielen.
Projektionsareale der Stria olfactoria medialis:
• Substantia perforata anterior (mit Tuberculum olfacto-
rium)
• Area preolfactoria (septalis)
• Über die Commissura anterior Kreuzung zur kontralatera-
len Area septalis
Projektionsareale der Stria olfactoria lateralis:
• Uncus
• Corpus amygdaloideum
• Cortex piriformis (Area praepiriformis)
• Gyrus olfactorius lateralis (Umgebung des Tractus olfac-
torius lateralis)
• Gyrus semilunaris und Gyrus ambiens (Cortex periamyg-
daloideus)
• Area entorhinalis des Gyrus parahippocampalis
• Anteriore Bereiche der Insula
Die primäre olfaktorische Rinde setzt sich aus mehreren
Arealen zusammen, von denen der Cortex piriformis und der
Cortex periamygdaloideus hervorzuheben sind. Alle Areale
mit Ausnahme des Tuberculum olfactorium entsenden rückläu-
fige Projektionen zum Bulbus olfactorius. Die Wahrnehmung
Abb. 6 Areale der Riechrinde.
1 Gyrus ambiens, 2 Gyrus
semilunaris und 3 Gyrus
uncinatus, 4 Substantia perforata
anterior, 5 Stria olfactoria
medialis, 6 Stria olfactoria
lateralis, 7 Tuberculum
olfactorium. (Fotografie: Anna
Rowedder)
1 Großhirn 11
42. und Unterscheidung von Gerüchen geschieht im posterioren
orbitofrontalen Kortex, der sekundären olfaktorischen Rinde.
Sie ist eng mit anderen sensorischen Assoziationsarealen
verbunden, was beispielsweise die starke Verknüpfung von
Geruchs- und Geschmacksempfindungen erklärt. Gerüche sind
die einzigen Sinneseindrücke, die nicht über den Thalamus
verschaltet und gefiltert werden. Sie sind stark mit Erinne-
rungen verknüpft und können besonders schnell Emotionen
auslösen. Eine multimodale Verschaltung mit Anteilen des
limbischen Systems, mit dem Hypothalamus und dem Hirn-
stamm stellen den vielseitigen Einfluss diesen Sinnes heraus.
3.4.2 Gustatorisches System
Der Geschmackssinn gehört zu den ersten voll ausgebildeten
Sinnen des Menschen. Als chemischer Sinn beeinflusst er
neben der Auswahl und Prüfung der Nahrungsqualität die
Sekretion von Verdauungsenzymen. Die rezeptive Aufnahme
der Geschmackseindrücke wird für die vorderen zwei Drittel
der Zunge über die Chorda tympani (N. facialis), für das
hintere Drittel über den N. glossopharyngeus und für den
Pharynx über den N. vagus geleitet. Die sekundären Sinnes-
zellen liegen in den Geschmacksknospen der Papillen. Sie
bilden Synapsen mit den Nervenfasern der Hirnnerven aus,
deren Perikaryen im Ganglion geniculi (N. facialis), Gan-
glion inferius n. glossopharyngei und Ganglion inferius
n. vagi liegen. In der Medulla oblongata erfolgt in der soma-
totop gegliederten Pars gustatoria des Ncl. solitarius eine
Umschaltung auf das zweite Neuron der Geschmacksbahn.
Von dort aus erreichen Kollateralen den Hypothalamus für
die reflektorische Aktivierung der Verdauungsdrüsen sowie
das limbische System für die emotionale und mnestische
Verschaltung. Die Geschmacksbahn soll überwiegend ipsi-
lateral im Lemniscus medialis zum Ncl. ventralis posterome-
dialis thalami ziehen. Das dritte Neuron projiziert über die
Capsula interna zur primären gustatorischen Rinde auf dem
unteren Gyrus postcentralis und der angrenzenden Inselrinde.
Geruchs- und Geschmackssinn haben gemeinsame Assozia-
tionsareale im orbitofrontalen Kortex.
3.4.3 Auditorisches System
Das auditorische System dient der Kommunikation mit der
Umwelt über Schallwellen. Die rezeptive Aufnahme der
akustischen Reize erfolgt an den Haarzellen im Innenohr,
welche als sekundäre Sinneszellen Synapsen mit den Den-
driten des N. cochlearis bilden. Die Perikaryen der bipolaren
Neurone liegen im Ganglion spirale des Modiolus (Achse der
Cochlea). Ihre Nervenfasern treten am Kleinhirnbrückenwin-
kel in den Hirnstamm ein und leiten die Erregungen zu den
Cochleariskernen (Ncll. cochleares ventralis et dorsalis).
Diese Kerngebiete liegen am Boden des IV. Ventrikels
(Rautengrube) in der Medulla oblongata und sind streng
tonotop gegliedert. Die Fasern aus den basalen Schnecken-
windungen enden in dorsomedialen und die aus den oberen
Windungen in ventrolateralen Kernabschnitten. Die Hörbahn
zieht zu den Ncll. olivares superiores, über den Lemniscus
lateralis zu den Colliculi inferiores und schließlich zum Cor-
pus geniculatum mediale. Von diesem Thalamuskern zieht
die Hörstrahlung (Radiatio acustica) neben der Sehstrahlung
durch den äußersten Teil des hinteren Schenkels (Crus pos-
terius) der Capsula interna zur primären Hörrinde (Area 41),
den Heschl-Querwindungen (Gyri temporales transversi).
Die Area 42 und 22 zählen zur sekundären Hörrinde, sie
schließen u. a. das Wernicke-Sprachzentrum ein. Die Hör-
bahn besitzt durch die bilaterale Verschaltung mehrere Kom-
missurensysteme und häufig mehr als fünf synaptische Kon-
takte, was für das Richtungshören von Bedeutung ist. Die
Nervenfasern des Lemniscus lateralis im Hirnstamm geben
Kollateralen zum Lemniscus medialis und der Formatio reticu-
laris ab, was reflektorische Augenbewegungen und Blickwen-
dungen ermöglicht.
Direkt hinter den Heschl-Querwindungen ist in der sprach-
dominanten Hemisphäre im hinteren Bereich des Gyrus tem-
poralis superior das sensorische Sprachzentrum, die Wernicke-
Region (Teil der Area 22), lokalisiert. Sie steht in enger
Verbindung mit der primären und sekundären Hörrinde.
3.4.4 Vestibuläres System
Die Wahrnehmung des Gleichgewichts ermöglicht eine
Anpassung der Körperhaltung in Reaktion auf unsere Um-
welt. Zu den Rezeptororganen im Innenohr zählen drei Bo-
gengänge (Winkelbeschleunigung) und zwei Maculae
(Linearbeschleunigung). Die Erregungen der sekundären
Sinneszellen werden auf die Dendriten der bipolaren Neu-
rone des N. vestibularis übertragen, deren Perikaryen im
Ganglion vestibulare am Grund des Meatus acusticus inter-
nus liegen. Die Axone ziehen ebenfalls am Kleinhirnbrü-
ckenwinkel in den Hirnstamm zu den vier Vestibulariskernen
in der Medulla oblongata (Ncl. vestibularis superior – Bech-
terew, Ncl. vestibularis inferior – Roller, Ncl. vestibularis
medialis – Schwalbe, Ncl. vestibularis lateralis – Deiters).
Die bewusste Wahrnehmung der Stellung des Körpers im
Raum erfolgt im parietalen Kortex (Area 3a) nach Umschal-
tung im Thalamus. Die Vestibulariskerne sind aufgrund ihrer
Bedeutung für die Koordination der Motorik sehr vielfältig
verschaltet. Sie terminieren zusätzlich im Vestibulocerebel-
lum, den Kernen für die Innervation der äußeren Augenmus-
keln (Ncll. n. oculomotorii, trochlearis und abducentis), dem
Ncl. interstitialis (Cajal, konjugierte Blickbewegungen) und
der Formatio reticularis. Als Gegenspieler des Tractus rubro-
12 C. Richter et al.
43. spinalis ziehen Nervenfasern im Tractus vestibulospinalis
lateralis bis ins Sakralmark und beeinflussen den Tonus der
Extensoren, um der Gravitation entgegenzuwirken.
4 Facharztfragen
1. Welche primären Rindenareale kennen Sie? Beschreiben
Sie deren Lokalisation auf dem Kortex anhand wichtiger
Landmarken.
2. Was verstehen Sie unter dem Begriff „Rindenblindheit?“
3. Welche Sinneswahrnehmung wird als einzige nicht über
den Thalamus verschaltet?
4. Beschreiben Sie die Entstehung einer willkürlichen Bewe-
gung.
5. Wie wird die Basalganglienschleife bei einer Schädigung der
Neurone in der Substantia nigra beeinflusst? Welche Mög-
lichkeiten kennen Sie, diese Verschiebung auszugleichen?
6. Welche Strukturen zählen zum Papez-Neuronenkreis?
Welche Symptome treten bei einer Schädigung auf?
Literatur
Zitierte Literatur
Calabresi P, Picconi B, Tozzi A, Ghiglieri V, Di Filippo M (2014) Direct
and indirect pathways of basal ganglia: a critical reappraisal. Nat
Neurosci 17:1022–1030
Weiterführende Literatur
Bähr M, Frotscher M (2014) Neurologisch-topische Diagnostik: Ana-
tomie-Funktion-Klinik, 10. Aufl. Thieme
Blumenfeld H (2010) Neuroanatomy through clinical cases, 2. Aufl.
Sinauer
Lanfermann H, Raab P, Kretschmann H-J, Weinrich W (2015) Klinische
Neuroanatomie: kranielle MRT und CT, 4. Aufl. Thieme
Vanderah T (2015) Nolte’s the human brain: an introduction to its
functional anatomy, Bd 7, 7. Aufl. Elsevier
Zilles K, Tillmann BN (2010) Anatomie. Springer
1 Großhirn 13