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Zur Person
Mit sieben Jahren kommt Metin Arditi aus Ankara in die Schweiz.
Er besucht ein Internat am Genfersee, bevor er an der ETH
Lausanne, später an der Stanford University studiert. Nach diversen
beruflichen Engagements beginnt er als 50-Jähriger mit dem
Schreiben. In seinem «Dictionnaire amoureux de la Suisse» schreibt
er unter anderem über den Westschweizer Autor Nicolas Bouvier, die
Migros und über den Charme der Stadt Bern. Arditi engagiert sich
für das kulturelle Leben der Schweiz: Seine Stiftung verleiht Preise
an Absolventen der Uni Genf und der ETH Lausanne; zudem war
Arditi Präsident des Orchestre de la Suisse Romande (OSR).
24 25
Verliebt in die Schweiz
Der Schriftsteller Metin Arditi ist Autor des «Dictionnaire amoureux de la Suisse».
Mit uns hat er über Genf und Lausanne, über das Wallis, den Genfersee und den Schweizer
Nationalcharakter gesprochen.
Text: Sylvie Castagné Fotos: Fred Merz
Geboren in Ankara, Student an
der ETH Lausanne, dann in Kali-
fornien, heute wohnhaft in Genf.
Wo ist Ihre Heimat?
Heimatistfürmichdort,woich bin:
inGenf.UndinLausanne,woichoft
hinfahre.Ichfühlemichauchengmit
dem Wallis verbunden, denn dort
herrscht eine gewisse Spiritualität.
Das Wallis ist ein bisschen die «Ur-
mutter» der Schweiz. Die Wurzeln
der Schweiz liegen in den Bergen.
Sie sagen, dass Sie die Schweiz
aus einer neuen Perspektive se-
hen. Hat das mit Ihrer Multikultu-
ralität zu tun?
2012, als ich gerade zum Unesco-
Sonderbotschafter ernannt worden
war, habe ich in meiner Rede Hugo
von St. Viktor zitiert, der einst sagte,
als Fremder liebe man am besten,
wenn nicht sogar am meisten. Die-
ser Zustand eröffnet einen neuen Blickwinkel. Mit der
Zeit wird einem bewusst, dass das Wichtigste im Le-
ben das Staunen ist. Dass dies das echte Glück ist.
Sie lieben das Reisen, vor allem mit dem Zug.
Ich habe das Halbtax-Abo, weil ich sehr gerne Zug
fahre. Manchmal nehme ich spontan den Zug nach
Montreux oder Bern, trinke dort einen Kaffee und
fahre wieder zurück. Im Zug schreibe ich und finde
Ruhe,weitwegvomAlltag.Dortbinichfrei.Unddann
erst die wunderschöne Landschaft!
Sie haben Physik, Nuklearphysik und Manage-
ment studiert, haben als Strategieberater ge-
arbeitet und eine Immobilienfirma gegründet. Wie
sind Sie schliesslich zum Schrei-
ben gekommen?
Daswar1995,alsich50Jahrealtwar.
Ich begann zu schreiben, ohne zu
wissen,wodashinführenwürde.Das
Studium habe ich vor allem meinem
Vater zuliebe gemacht. Zugegeben,
im geschäftlichen Bereich ist es für
mich sehr gut gelaufen. Aber zum
Glück kannte ich meine grösste
Schwäche, damals wie heute: die Ei-
telkeit. Gegen Eitelkeit ist Schreiben
ein Gegenmittel, denn es zeigt uns
unsereWissenslücken.UnserUnver-
mögen. Nachdem ich die Schweizer
Philosophin Jeanne Hersch kennen-
gelernt hatte, begann ich, mit ihr ge-
meinsam philosophische Werke zu
lesen und dann Essays zu schreiben.
Und kurz darauf wurde Ihr erstes
Buch veröffentlicht.
Genau. 1995 wurde der 300. Todes-
tagvonJeandeLaFontainegefeiert.ZuderZeitlasich
täglichmehrereseinerFabeln.Manludmichfüreinen
Vortrag über La Fontaine nach Genf ein. La Fontaine
ist die Weisheit des Orients, die Weisheit der Schwä-
che.ErkonfrontiertunsmitunsereneigenenMakeln,
und das mit grossem Feingefühl und Wohlwollen.
VollerLeichtigkeit.MeinvorgetragenerTextwurdein
Frankreich publiziert und am Schluss wurde daraus
das Buch «Mon cher Jean». So hat es angefangen: ein
Zufall, eine Begegnung.
Im «Dictionnaire amoureux» betonen Sie immer
wieder schweizerische Eigenschaften: fleissig,
bescheiden, gute Zuhörer, pragmatisch und stets
zurückhaltend.
Interview: Metin ArditiInterview: Metin Arditi
Oktober | 2017
«ZumGlückkannteichmeinegrösste
Schwäche,damalswieheute:
dieEitelkeit.GegenEitelkeitistSchreiben
einGegenmittel,denn
eszeigtunsunsereWissenslücken.»
Ja, das ist eine Besonnenheit, die sich im natürlichen
Umfeldbegründet.DieSchweizerwarenBergbauern.
Sogar unten im Tal war das Leben sehr hart. Im
Lavaux erstrecken sich über 20 Kilometer Weinberge
mit10 000Terrassen,SteinfürSteinerbaut.Wennein
Bauer seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konn-
te, verdingte er sich als Söldner. Das alles ist weit weg
vom höfischen Luxus à la Versailles. Da konnte man
sich nicht der Realität verweigern. Der Helvetismus
istgrundsolideundwirktdarummanchmallangsam.
Genau das ist paradox, denn letztlich geht es so viel
schneller: Man nimmt sich die nötige Zeit und macht
die Dinge richtig.
Welches ist Ihr Lieblingsort in der Schweiz?
(Er denkt nach.) Am liebsten bin ich doch am Seeufer
in Lausanne. Auf einer Terrasse in Ouchy. Das Quar-
tier hat sich nur wenig verändert: Es ist sehr gepflegt
und modern, aber ohne bauliche Verwüstungen oder
unschöne Konstruktionen.
Sie haben in Feldmeilen am Zürichsee gewohnt,
und jetzt leben Sie in der Nähe des Genfersees.
Ist es wichtig für Sie, Wasser, den See in der Nähe
zu wissen?
Ja,dieLiebezumSeeistinmeinerKindheitgewachsen,
während der elf Jahre im Internat. Das war in Paudex,
nahe Lausanne, wo uns damals nur ein schmaler Weg
vomSeetrennte.Dorthabeichschwimmengelerntund
Schwäne beobachtet, wenn sie an den Strand kamen.
Zu dieser Zeit gab es viele Algen – sie verbreiteten
einen starken Geruch. Das war mein Rückzugsort.
Die Schweiz hat eine lange Tradition der Gast-
freundlichkeit, die aktuell wieder besonders an
Bedeutung gewinnt.
Das stimmt, aber es gibt für alles ein Mass. Man fin-
det das zum Beispiel in der Hotellerie wieder. Es wird
nicht übertrieben. «Leben und leben lassen» ist ein
sehr schweizerisches Motto. Im Mittleren Osten gab
es früher pluralistische Gesellschaften; in der Türkei,
im Libanon, in Syrien und Palästina lebten die Men-
schen auf natürliche Art zusammen. Das ist vorbei.
HeutegibtesnurnocheinepluralistischeGesellschaft:
die Schweiz. In der Schweiz und in Frankreich ist der
prozentuale Anteil der muslimischen Bevölkerung
etwa gleich hoch. Der Unterschied liegt darin, dass es
inFrankreichkeineLösunggibt,inderSchweizdage-
gen gibt es keine Probleme.
Sind Ihnen nach der Fertigstellung des «Diction-
naire amoureux» Einträge eingefallen, die Sie gerne
in das Buch aufgenommen hätten?
Sils Maria hätte ich gern hinzugefügt. Das reut mich
sehr. Aber das ist, glaube ich, das Einzige.
Vor allem an die Schweiz Ihrer Kindheit erinnern
Sie sich mit einem Hauch Nostalgie ...
Verliebt in die Schweiz: Metin Arditis
Wörterbuch beschreibt auf mehr als
600 Seiten und in Dutzenden Kapiteln
ein Land, das erfolgreich seinen
eigenen Weg geht.
Plon-Verlag, 640 S., 36 Franken
Nein, keine Nostalgie. Das geht viel weiter. In der
Kindheitistmanimmerverhaftet.IchhängemitHaut
und Haar einer Vorstellung an, die sehr von Friedrich
Nietzsche geprägt ist. Wenn man Kinder beobachtet,
siehtman,wiesieständigKraftvollesdurchleben:tie-
fesLeid,grosseFreude.LaueGefühlegibtesnicht.Es
ist immer intensiv. Wenn Nietzsche sagt: «Wir müs-
sen zur Kindheit zurückkehren», dann spricht er von
ebendieser Intensität des Lebens. An diese Weisheit
glaube ich fest. Wir müssen gegen die Banalisierung
der Dinge kämpfen. Das Wichtigste ist, dass wir das
Staunen nicht verlernen.
Erkennt die Schweiz Ihrer Meinung nach die
Zeichen der modernen Zeit?
Wenn ich meine Empfindung der Schweiz gegenüber
in einem Satz äussern müsste, dann so: «Der Schein
trügt.» Aus einem einfachen Grund: Der Schweiz ist
es ziemlich egal, was man über sie denkt. Das ist ihre
grosse Stärke. Den Meinungen anderer steht sie
gleichmütig gegenüber, weil sie weiss, wer sie ist. Sie
geht ihren Weg.
In Ihren Worten ist die Schweiz Ihre «Geliebte».
Was wünschen Sie sich von dieser Geliebten?
Dasssiesobleibt,wiesieist,undsichweiterhinnicht
darum kümmert, wie andere sie sehen. Ich habe Ver-
trauen. Sie weiss sich zu schützen.
Interview: Metin ArditiInterview: Metin Arditi
«DerHelvetismus
istgrundsolide
undwirkt
darummanchmal
langsam.»
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«New Words & World After»
«New Words & World After»«New Words & World After»
«New Words & World After»
 

Interview Metin Arditi // Deutsche Fassung

  • 1. Zur Person Mit sieben Jahren kommt Metin Arditi aus Ankara in die Schweiz. Er besucht ein Internat am Genfersee, bevor er an der ETH Lausanne, später an der Stanford University studiert. Nach diversen beruflichen Engagements beginnt er als 50-Jähriger mit dem Schreiben. In seinem «Dictionnaire amoureux de la Suisse» schreibt er unter anderem über den Westschweizer Autor Nicolas Bouvier, die Migros und über den Charme der Stadt Bern. Arditi engagiert sich für das kulturelle Leben der Schweiz: Seine Stiftung verleiht Preise an Absolventen der Uni Genf und der ETH Lausanne; zudem war Arditi Präsident des Orchestre de la Suisse Romande (OSR). 24 25 Verliebt in die Schweiz Der Schriftsteller Metin Arditi ist Autor des «Dictionnaire amoureux de la Suisse». Mit uns hat er über Genf und Lausanne, über das Wallis, den Genfersee und den Schweizer Nationalcharakter gesprochen. Text: Sylvie Castagné Fotos: Fred Merz Geboren in Ankara, Student an der ETH Lausanne, dann in Kali- fornien, heute wohnhaft in Genf. Wo ist Ihre Heimat? Heimatistfürmichdort,woich bin: inGenf.UndinLausanne,woichoft hinfahre.Ichfühlemichauchengmit dem Wallis verbunden, denn dort herrscht eine gewisse Spiritualität. Das Wallis ist ein bisschen die «Ur- mutter» der Schweiz. Die Wurzeln der Schweiz liegen in den Bergen. Sie sagen, dass Sie die Schweiz aus einer neuen Perspektive se- hen. Hat das mit Ihrer Multikultu- ralität zu tun? 2012, als ich gerade zum Unesco- Sonderbotschafter ernannt worden war, habe ich in meiner Rede Hugo von St. Viktor zitiert, der einst sagte, als Fremder liebe man am besten, wenn nicht sogar am meisten. Die- ser Zustand eröffnet einen neuen Blickwinkel. Mit der Zeit wird einem bewusst, dass das Wichtigste im Le- ben das Staunen ist. Dass dies das echte Glück ist. Sie lieben das Reisen, vor allem mit dem Zug. Ich habe das Halbtax-Abo, weil ich sehr gerne Zug fahre. Manchmal nehme ich spontan den Zug nach Montreux oder Bern, trinke dort einen Kaffee und fahre wieder zurück. Im Zug schreibe ich und finde Ruhe,weitwegvomAlltag.Dortbinichfrei.Unddann erst die wunderschöne Landschaft! Sie haben Physik, Nuklearphysik und Manage- ment studiert, haben als Strategieberater ge- arbeitet und eine Immobilienfirma gegründet. Wie sind Sie schliesslich zum Schrei- ben gekommen? Daswar1995,alsich50Jahrealtwar. Ich begann zu schreiben, ohne zu wissen,wodashinführenwürde.Das Studium habe ich vor allem meinem Vater zuliebe gemacht. Zugegeben, im geschäftlichen Bereich ist es für mich sehr gut gelaufen. Aber zum Glück kannte ich meine grösste Schwäche, damals wie heute: die Ei- telkeit. Gegen Eitelkeit ist Schreiben ein Gegenmittel, denn es zeigt uns unsereWissenslücken.UnserUnver- mögen. Nachdem ich die Schweizer Philosophin Jeanne Hersch kennen- gelernt hatte, begann ich, mit ihr ge- meinsam philosophische Werke zu lesen und dann Essays zu schreiben. Und kurz darauf wurde Ihr erstes Buch veröffentlicht. Genau. 1995 wurde der 300. Todes- tagvonJeandeLaFontainegefeiert.ZuderZeitlasich täglichmehrereseinerFabeln.Manludmichfüreinen Vortrag über La Fontaine nach Genf ein. La Fontaine ist die Weisheit des Orients, die Weisheit der Schwä- che.ErkonfrontiertunsmitunsereneigenenMakeln, und das mit grossem Feingefühl und Wohlwollen. VollerLeichtigkeit.MeinvorgetragenerTextwurdein Frankreich publiziert und am Schluss wurde daraus das Buch «Mon cher Jean». So hat es angefangen: ein Zufall, eine Begegnung. Im «Dictionnaire amoureux» betonen Sie immer wieder schweizerische Eigenschaften: fleissig, bescheiden, gute Zuhörer, pragmatisch und stets zurückhaltend. Interview: Metin ArditiInterview: Metin Arditi Oktober | 2017 «ZumGlückkannteichmeinegrösste Schwäche,damalswieheute: dieEitelkeit.GegenEitelkeitistSchreiben einGegenmittel,denn eszeigtunsunsereWissenslücken.»
  • 2. Ja, das ist eine Besonnenheit, die sich im natürlichen Umfeldbegründet.DieSchweizerwarenBergbauern. Sogar unten im Tal war das Leben sehr hart. Im Lavaux erstrecken sich über 20 Kilometer Weinberge mit10 000Terrassen,SteinfürSteinerbaut.Wennein Bauer seinen Lebensunterhalt nicht bestreiten konn- te, verdingte er sich als Söldner. Das alles ist weit weg vom höfischen Luxus à la Versailles. Da konnte man sich nicht der Realität verweigern. Der Helvetismus istgrundsolideundwirktdarummanchmallangsam. Genau das ist paradox, denn letztlich geht es so viel schneller: Man nimmt sich die nötige Zeit und macht die Dinge richtig. Welches ist Ihr Lieblingsort in der Schweiz? (Er denkt nach.) Am liebsten bin ich doch am Seeufer in Lausanne. Auf einer Terrasse in Ouchy. Das Quar- tier hat sich nur wenig verändert: Es ist sehr gepflegt und modern, aber ohne bauliche Verwüstungen oder unschöne Konstruktionen. Sie haben in Feldmeilen am Zürichsee gewohnt, und jetzt leben Sie in der Nähe des Genfersees. Ist es wichtig für Sie, Wasser, den See in der Nähe zu wissen? Ja,dieLiebezumSeeistinmeinerKindheitgewachsen, während der elf Jahre im Internat. Das war in Paudex, nahe Lausanne, wo uns damals nur ein schmaler Weg vomSeetrennte.Dorthabeichschwimmengelerntund Schwäne beobachtet, wenn sie an den Strand kamen. Zu dieser Zeit gab es viele Algen – sie verbreiteten einen starken Geruch. Das war mein Rückzugsort. Die Schweiz hat eine lange Tradition der Gast- freundlichkeit, die aktuell wieder besonders an Bedeutung gewinnt. Das stimmt, aber es gibt für alles ein Mass. Man fin- det das zum Beispiel in der Hotellerie wieder. Es wird nicht übertrieben. «Leben und leben lassen» ist ein sehr schweizerisches Motto. Im Mittleren Osten gab es früher pluralistische Gesellschaften; in der Türkei, im Libanon, in Syrien und Palästina lebten die Men- schen auf natürliche Art zusammen. Das ist vorbei. HeutegibtesnurnocheinepluralistischeGesellschaft: die Schweiz. In der Schweiz und in Frankreich ist der prozentuale Anteil der muslimischen Bevölkerung etwa gleich hoch. Der Unterschied liegt darin, dass es inFrankreichkeineLösunggibt,inderSchweizdage- gen gibt es keine Probleme. Sind Ihnen nach der Fertigstellung des «Diction- naire amoureux» Einträge eingefallen, die Sie gerne in das Buch aufgenommen hätten? Sils Maria hätte ich gern hinzugefügt. Das reut mich sehr. Aber das ist, glaube ich, das Einzige. Vor allem an die Schweiz Ihrer Kindheit erinnern Sie sich mit einem Hauch Nostalgie ... Verliebt in die Schweiz: Metin Arditis Wörterbuch beschreibt auf mehr als 600 Seiten und in Dutzenden Kapiteln ein Land, das erfolgreich seinen eigenen Weg geht. Plon-Verlag, 640 S., 36 Franken Nein, keine Nostalgie. Das geht viel weiter. In der Kindheitistmanimmerverhaftet.IchhängemitHaut und Haar einer Vorstellung an, die sehr von Friedrich Nietzsche geprägt ist. Wenn man Kinder beobachtet, siehtman,wiesieständigKraftvollesdurchleben:tie- fesLeid,grosseFreude.LaueGefühlegibtesnicht.Es ist immer intensiv. Wenn Nietzsche sagt: «Wir müs- sen zur Kindheit zurückkehren», dann spricht er von ebendieser Intensität des Lebens. An diese Weisheit glaube ich fest. Wir müssen gegen die Banalisierung der Dinge kämpfen. Das Wichtigste ist, dass wir das Staunen nicht verlernen. Erkennt die Schweiz Ihrer Meinung nach die Zeichen der modernen Zeit? Wenn ich meine Empfindung der Schweiz gegenüber in einem Satz äussern müsste, dann so: «Der Schein trügt.» Aus einem einfachen Grund: Der Schweiz ist es ziemlich egal, was man über sie denkt. Das ist ihre grosse Stärke. Den Meinungen anderer steht sie gleichmütig gegenüber, weil sie weiss, wer sie ist. Sie geht ihren Weg. In Ihren Worten ist die Schweiz Ihre «Geliebte». Was wünschen Sie sich von dieser Geliebten? Dasssiesobleibt,wiesieist,undsichweiterhinnicht darum kümmert, wie andere sie sehen. Ich habe Ver- trauen. Sie weiss sich zu schützen. Interview: Metin ArditiInterview: Metin Arditi «DerHelvetismus istgrundsolide undwirkt darummanchmal langsam.» <wm>10CFWLoQ6AMAwFv6jLa9d1LZUERxAEP0PQ_L8i4BCXnLhb12wFH_OyHcueDGiQoxp6GqKoBqdCShPAEwYXcJ_YOGDB7beQCJqhjrchGMEHG7G_olHLfV4PsLH20HUAAAA=</wm> <wm>10CAsNsjY0MDCx1LUwMDYzMAcArlazKA8AAAA=</wm> Wenn Ihnen die Natur am Herzen liegt Sie möchten etwas hinterlassen. Nicht nur Ihren Nachkommen, sondern der Welt als Ganzem. Mit einer testamentarischen Spende an Pro Natura können Sie sich über Ihr Leben hinaus für die Natur stark machen. Bestellen Sie unseren Ratgeber «Heute schon an morgen denken» oder verlangen Sie für ein vertrau- liches Gespräch Frau Agnes Kaelin. Der Ratgeber kann auch auf www.pronatura.ch/legate als PDF heruntergeladen werden. 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