Home Office, mobiles Arbeiten & Co - Rechtliche Rahmenbedingungen
1. Home Office, mobilesArbeiten & Co –
Rechtliche Rahmenbedingungen
138. Zusammenkunft der Erfa-Gruppe Frankfurt/b am 7. Juli 2015
Dr. André Zimmermann, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
5. Telearbeit
5
Telearbeit kann phänomenologisch definiert werden als
• Arbeitsleistung außerhalb der Betriebsstätte des
Arbeitgebers
• mit Hilfe von Geräten und Einrichtungen der dezentralen
Informationsverarbeitungs- oder Kommunikationstechnik
• unter telekommunikationstechnischerAnbindung an den
Betrieb desArbeitgebers
6. Teleheimarbeit (Home Office)
6
Bei Teleheimarbeit, auch Home Office genannt,
• arbeitet der Mitarbeiter durchgängig von zu Hause aus,
• wobei derArbeitsplatz vor Ort im Unternehmen vollständig
entfällt
7. Alternierende Telearbeit
7
Bei der alternierenden Telearbeit,
• arbeitet der Mitarbeiter teilweise von zu Hause aus und
teilweise (z.B. tageweise) vor Ort im Unternehmen
Häufigster Fall in der Praxis
8. Mobile Telearbeit
8
Bei der mobilen Telearbeit arbeitet der Mitarbeiter
• von verschiedenen Orten aus,
• vor allem in Betrieben von Kunden und Lieferanten (auch
On-Site Telearbeit genannt)
Moderne Variante derAußendiensttätigkeit
9. Vorteile von Telearbeit
9
Arbeitnehmer
• Verringerung/Wegfall der
Anfahrtszeiten
• Bessere Vereinbarkeit von
Familie, Beruf und Freizeit
• Zeitsouveränität, Arbeit nach
individuellem Arbeits-
rhythmus
• Persönliche
Arbeitsatmosphäre
• Steigerung der
Arbeitszufriedenheit
• Herauslösung aus
bürokratischen Abläufen im
Betrieb
• Größere Wahlfreiheit bei der
Wohnortwahl
Arbeitgeber
• Direkte Kostenersparnis bei
Büroflächen etc.
• Höhere Produktivität und
Kreativität der Mitarbeiter
• Erhalt und Zugang zu
qualifizierten Mitarbeitern,
die andernfalls durch
persönliche Umstände
gebunden wären
• Größere Kundennähe,
besserer Kundenservice
• Bedarfsgerechter Einsatz
freier Mitarbeiter
Gesellschaft
• Reduzierung von
Berufsverkehr und
Energieeinsparung
• Minderung des Siedlungs-
drucks auf die Ballungsräume
• Beschäftigungsmöglichkeiten
in strukturschwachen
Regionen
• Beschäftigungsmöglichkeiten
für spezielle Zielgruppen
(Frauen mit kleinen Kindern,
Behinderte)
10. Nachteile von Telearbeit
10
Arbeitnehmer
• Tendenz zur Isolation
• Kontaktverlust zu den in „normalen“ Zeitabläufen
arbeitenden Freunden, Bekannten und Nachbarn
• „Karrierekiller“(?)
• Fehlende Trennung von Beruf und Privatleben
• Vernachlässigung des Gesundheits- und
Arbeitsschutzes
• Schlechte Kontrollmöglichkeiten der
persönlichen Leistung
• Beeinträchtigter Informationsaustausch mit den
Kollegen (Ausschluss von der innerbetrieblichen
Kommunikation)
• Zusätzlicher Organisatorischer und technischer
• Aufwand
Arbeitgeber
• Unwirtschaftlichkeit
• Mangelnde Datensicherung bzw.
Datenschutz
• Reibungen mit traditionellem unflexiblem
Management
• Koordinierungsbedarf
11. Bring Your Own Device (BYOD)
11
Unter BYOD versteht man den Einsatz privater Endgeräte
des Mitarbeiters im Unternehmen (z.B. Smartphone, iPad,
Tablet)
Der Mitarbeiter verwendet sein eigenes privates Endgerät
neben privaten auch zu dienstlichen Zwecken
12. Vorteile von BYOD
12
Kostenvorteil für denArbeitgeber:Anschaffungskosten der
Hardware gehen beim klassischen BYOD vollständig auf den
Arbeitnehmer über
Stand der Technik: Im Regelfall sind private mobile Endgeräte
auf einem aktuellerem Stand als firmeneigene Geräte
Privateigentum wird erfahrungsgemäß pfleglicher
behandelt und sorgsamer upgedatet/optimiert
Komfortgewinn für denArbeitnehmer: Nur ein Endgerät
13. Nachteile von BYOD
13
Neue Sicherheitsrisiken durch neue Technik und neue Verfahren, z.B.
Fehlen von adäquaten BYOD Security-Policies
Abgrenzung von privater und betrieblicher Nutzung, wobei insbesondere
problematisch ist, dass auf den privaten mobilen EndgerätenApps installiert
sind, die einen sehr weitgehenden Zugriff Dritter auf die gespeicherten Daten
ermöglichen
Datenschutzprobleme, daher müssen BYOD-Geräte zwangsläufig so
administriert werden, als wären sie Unternehmenseigentum
Eigentums- und Persönlichkeitsrechte konkurrieren mit Rechten des
Unternehmens, was besonders bei Beendigung vonArbeitsverhältnissen
Konfliktpotential birgt (z.B. Eigentum an Kontaktdaten von Kunden)
15. Arbeitsrecht meets Home Office
15
Gibt es einen gesetzlichenAnspruch auf Home Office?
Welche Besonderheiten gibt es?
Wie kann eine Tätigkeit im Home Office rechtlich umgesetzt
werden?
16. Anspruch auf Home Office?
16
Grundsätzlich kein gesetzlicherAnspruch auf Tätigkeit im Home Office oder
Einrichtung eines Telearbeitsplatzes
Ausnahme (sehr selten): Fürsorgepflicht desArbeitgebers
(z.B. Schwerbehinderung, LAG Niedersachsen 6.12.2010 – 12 Sa 860/10:
SchwerbehinderterArbeitnehmer, der dieArbeitsleistung teilweise nur zu
Hause ausüben kann und bisher schon teilweise im Home Office tätig war)
Niederlande: Seit 1.7.2015 Recht auf Home Officeab zehn Mitarbeitern, wenn
keine Sicherheitsrisiken entstehen und keine zwingenden betrieblichen Gründe
dagegen sprechen (Beweislast beiArbeitgeber!)
17. Fragen im Vorfeld
17
WelcheArbeitsplätze eignen sich?
Wie muss Home Office technisch ausgestattet werden?
Wie kann unternehmensseitig Kommunikation, Kontrolle und
Führung des Mitarbeiters im Home Office gestaltet werden?
Ist Home Office wirtschaftlich sinnvoll?
…
Wie gestaltet man die arbeitsvertraglichen Beziehungen?
18. Gestaltung des Rechtsrahmens
18
Als rechtliche Gestaltungsmittel kommen in Betracht
(Rahmen-)Betriebsvereinbarungen
Unternehmensinterne Richtlinien (Policies)
Arbeitsvertrag (bei Neueinstellung oder im laufenden
Arbeitsverhältnis als Zusatzvereinbarung)
19. Checkliste Must-haves (1)
19
Geltungsbereich (nicht bei Individualvereinbarung)
Einrichtung desArbeitsplatzes (z.B.Antragserfordernis,
Voraussetzungen undAnforderungen an die Tätigkeit)
HäuslicheArbeitsstätte undArbeitsort
Arbeitszeit, Zeiterfassung, Fahrtzeiten und -kostenerstattung
Arbeitsmittel (z.B. Kostenübernahme, Privatnutzung)
20. Checkliste Must-haves (2)
20
Daten- und Informationsschutz
Kontakt zum Betrieb
Zutritt zurArbeitsstätte
Haftung und Versicherung
Beteiligung des Betriebsrats (nicht bei Individualvereinbarung)
Beendigung der Telearbeit
21. Geltungsbereich
21
Persönlichen Geltungsbereich definieren
Leitende Angestellte bei BV nicht erfasst, § 5Abs. 3 BetrVG
Ausschluss von Mitarbeitern in Probezeit
Beschränkung auf Mitarbeiter in unbefristetemArbeitsverhältnis
Ausschluss von Mitarbeitern in bestimmten Bereichen, die
nicht für Home Office geeignet sind (Anlage)
22. Einrichtung des Telearbeitsplatzes (1)
22
In Betriebsvereinbarung oder Policy Antragsrecht auf
Einrichtung eines Telearbeitsplatzes einräumen und unter
Einwilligungsvorbehalt desArbeitgebers stellen
Schriftform und weitere Details (Fristen) zumAntragsverfahren
Arbeitgeber prüft, ob die Voraussetzungen für Home Office
vorliegen
23. Einrichtung des Telearbeitsplatzes (2)
23
Beispiel für Klausel in BV:
„Außerbetriebliche Arbeitsstätten können auf schriftlichen Antrag des Mitarbeiters
eingerichtetwerden.Voraussetzungder Einrichtungist,dass
− die häusliche Arbeitsstätte den Voraussetzungen in Ziffer […] dieser
Betriebsvereinbarungentspricht,
− […]
− die Einrichtungder häuslichenArbeitsstättetechnischmöglichund
− aus SichtdesArbeitgeberswirtschaftlichsinnvollist.
Liegen diese Voraussetzungen vor, können Mitarbeiter und Arbeitgeber die
Durchführung von Telearbeit nach Maßgabe des Formulars in Anlage 1 zu dieser
Betriebsvereinbarungvereinbaren.[…].“
24. Häusliche Arbeitsstätte (1)
24
Home Office wird zur Arbeitsstätte i.S.d.ArbStättV (h.M.),
jedenfalls gelten §§ 3 ff.ArbSchG und BildscharbV auch bei
Home Office, daherArbeitgeber für Einhaltung des
Arbeitsschutzes verantwortlich
Home Office mussAnforderungen an Unfallverhütung,
Arbeitssicherheit, Ergonomie etc. entsprechen
Zugangs- und Kontrollrecht desArbeitgebers in
Vereinbarungen aufnehmen
25. Häusliche Arbeitsstätte (2)
25
Beispiel für Klausel in BV:
„Die häusliche Arbeitsstätte muss den jeweils geltenden Anforderungen des
Arbeitsschutzgesetzes, der Arbeitsstättenverordnung, der Bildschirmarbeitsverordnung,
der Unfallverhütungsvorschriftenund […] entsprechen.“
26. Arbeitsort (1)
26
Individualvereinbarung sollte ausdrückliche Regelung zum
Arbeitsort enthalten
Genaue Adresse und Mitteilungspflicht bei
Wohnungswechsel
Bei alternierenderTeleheimarbeit zusätzlich Klausel zur
betrieblichenArbeitsstätte empfehlenswert
27. Arbeitsort (2)
27
Beispiel für Klausel bei alternierenderTeleheimarbeit:
„Der Mitarbeiter wird seine Arbeitsleistung sowohl in seiner Privatwohnung in
[Adresse] als auch im Betrieb desArbeitgebers in [Adresse] erbringen. […]
Für die im Betrieb des Arbeitgebers zu erbringende Arbeitsleistung stellt der
Arbeitgeber dem Mitarbeiter einen geeigneten Arbeitsplatz zur Verfügung.
[…].“
28. Arbeitszeit (1)
28
Regelungder VerteilungderArbeitszeitzwischen betrieblicherArbeitsstätteund
Home Office
Generelle,starreVerteilungin Betriebsvereinbarung(z.B. 1 Tag pro Woche)mitBlickauf
angestrebteFlexibilisierungnichtempfehlenswert
Überstundenund Zuschläge…
Rückrufrechtaus dringendenbetrieblichenGründenund/oderbei Systemstörungenim
Home Office
Erreichbarkeitszeitenin IndividualvereinbarungoderBetriebsvereinbarungaufnehmen
(Kundenkontakt)
ErfassungderArbeitszeit:Selbstdokumentationwegen fehlenderKontrollmöglichkeit
(ArbZG!)
Fahrtzeiten:KeineVergütungbei alternierenderTelearbeit
29. Arbeitszeit (2)
29
Beispiele für Klauseln:
„Die Verteilung der Arbeitszeit auf die betriebliche und die
außerbetrieblicheArbeitszeit erfolgt durch eine gesonderte
Vereinbarung zwischen demArbeitgeber und dem Mitarbeiter. “
„Während der Tätigkeit in der häuslichenArbeitsstätte hat der
Mitarbeiter zu folgenden Zeiten telefonisch erreichbar zu sein: […].“
„Die Arbeitszeit wird von dem Mitarbeiter nach den im Betrieb
geltenden Regeln erfasst und dokumentiert. Die Aufzeichnungen sind
[…] auszuhändigen.“
30. Arbeitsmittel (1)
30
In Bezug aufArbeitsmittel sind umfangreiche Regelung erforderlich:
• Eigentumsverhältnisse an denArbeitsmitteln
• Übernahme der Anschaffungs- und Unterhaltungskosten
• ZugriffsrechteDritter
• Zulässigkeit der Privatnutzungregeln
Arbeitgeber stellt notwendigeArbeitsmittel (Stuhl, Schreibtisch, Computer
Laptop, Telefon, Scanner etc.) auf seine Kosten zur Verfügung
Arbeitsmittel müssenArbeitsplatzschutzbestimmungen entsprechen (z.B.
Ergonomie), Nutzung privaterArbeitsmittel ausschließen
31. Arbeitsmittel (2)
31
Inventarverzeichnis!
Ausschluss des Zugangs/Zugriffs Dritter auf dieArbeitsmittel
Mitteilungspflicht bei Störungen
Regelung zur Privatnutzung: Gleichlauf mit allgemeiner
betrieblicher Regelung sicherstellen
32. Arbeitsmittel (3)
32
Beispiele für Klauseln in Individualvereinbarung:
„Die notwendigen Arbeitsmittel für die außerbetriebliche Arbeitsstätte werden für
die Zeit des Bestehens dieserArbeitsstätte vomArbeitgeber unentgeltlich zur
Verfügung gestellt. […]
„Die Arbeitsmittel dürfen ausschließlich zu betrieblichen Zwecken genutzt
werden. Sie dürfen Dritten weder zugänglich gemacht noch diesen überlassen
werden. Der Mitarbeiter hat dafür Sorge zu tragen, dass […]“
„Der Mitarbeiter ist verpflichtet, denArbeitgeber unverzüglich über
Systemstörungen […] und […] zu unterrichten.“
33. Aufwandserstattung (1)
33
In einer außerbetrieblichenArbeitsstätte entstehen dem
Mitarbeiter automatisch Aufwendungen wie z.B. Miet- und
Nebenkosten für die häuslicheArbeitsstätte und Internet- und
Telekommunikation
Praxis: Monatlicher Pauschalbetrag
34. Aufwandserstattung (2)
34
Beispiel für Klausel:
„Für die Bereitstellung der Räume durch den Mitarbeiter und […] werden
monatlich […] EUR pauschal vergütet. […]“
35. Daten- und Informationsschutz (1)
35
Erhebliches Gefahrenpotential (Geschäftsgeheimnisse,
Netzwerk desArbeitgebers)
Gerade die Unterhaltung einerArbeitsstätte im direkten
Wohnumfeld mit anderen Personen birgt Vielzahl von Risiken
Daher detaillierte Regelung empfohlen zu
• Zugriff Dritter auf Daten und Passwörter
• Aufbewahrung von geschäftlichen Unterlagen und Datenträgern
und
• Vernichtung von geschäftlichen Unterlagen
36. Daten- und Informationsschutz (2)
36
Beispiel für Klausel:
„Der Mitarbeiter hat dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeitsmittel und
geschäftliche Unterlagen vor dem Zugriff durch Dritte geschützt sind,
insbesondere auch durch Zugriff durch in häuslicher Gemeinschaft mit dem
Mitarbeiter lebende Personen. […]“
37. Kontakt zum Betrieb (1)
37
Aus sozio-ökonomischen Gründen ist es wichtig, den telearbeitenden
Mitarbeiter an regelmäßig wiederkehrendenArbeitstagen vor Ort in der
betrieblichen Betriebsstätte zu beschäftigen und ihn einzubeziehen
Nur so kann auch uneingeschränkte Abstimmung mit Vorgesetzten,
Kollegen und Team über Vorgaben, Zeitlimits, Ziele etc. erfolgen.
Betriebliche Informationen sollten dem telearbeitendenMitarbeiterebenso
wie seinen Kollegen zur Verfügungstehen, die in der betrieblichen
Arbeitsstättevor Ort tätig sind
38. Kontakt zum Betrieb (2)
38
Beispiele für Klauseln:
„Aufgabe des Vorgesetzten ist es, den Kontakt zwischen dem Betrieb und
seinen Mitarbeitern zu erhalten und zu fördern.“
„Der Mitarbeiter wird rechtzeitig informiert über den Inhalt bzw. das Ergebnis
von betrieblichen Versammlungen, Besprechungen und über sonstige
wesentliche betriebliche Angelegenheiten, die ihn betreffen. [...]“
39. Zutritt zur Arbeitsstätte
39
Schon der umfassende Grundrechtsschutz (Art. 13Abs. 1 GG)
des Wohnraums des Mitarbeiters und seiner Familie macht
ausdrückliche Regelung zur Zutrittsberechtigung für den
Arbeitgeber unumgänglich
Auch in Individualvereinbarung aufnehmen!
Umfang (z.B. Erreichbarkeitszeiten) und Gründe können
konkretisiert werden
40. Haftung und Versicherung (1)
40
Klarstellung empfehlenswert, dass Grundsätze der
beschränkten Arbeitnehmerhaftung auch für Teleheimarbeit
gelten, nicht aber für Dritte (z.B. Familienmitglieder)
Überlassene Arbeitsmittel sind i.d.R. nicht von Haftpflicht- oder
Hausratversicherung des Mitarbeiters erfasst
41. Haftung und Versicherung (2)
41
Beispiel für Klausel:
„Der Arbeitgeber schließt eine Versicherung ab, durch die Beschädigungen und
Verluste der an der außerbetrieblichen Arbeitsstätte eingesetzten Arbeitsmittel
abgedeckt werden.Ausgenommen hiervon sind […]“
42. Beendigung der Telearbeit (1)
42
„Probezeit“ für Home Office aufnehmen (z.B. sechs Monate)
Widerruf innerhalb der „Probezeit“ mit kurzer Frist, danach mit
angemessener Frist (§ 622Abs. 2 BGB)
Sofortige Beendigung durch Widerruf bei wichtigem Grund,
insbesondere Vertrauensverlust (z.B. Verletzung der
Dokumentationspflichten)
43. Beendigung der Telearbeit (2)
43
Beispiele für Klauseln:
„Während der ersten […] Monate nach Beginn der Telearbeit kann der
Mitarbeiter und derArbeitgeber die Telearbeit unter Einhaltung einer Frist von
[…] Monat(en) zum Monatsende widerrufen. NachAblauf der ersten […] Monate
beträgt die Widerrufsfrist[…] Monate. […]“
„Daneben kann die Telearbeit von dem Mitarbeiter und demArbeitgeber
jederzeit aus einem wichtigen Grund mit sofortiger Wirkung widerrufen werden.
Ein wichtiger Grund auf Seiten desArbeitgebers liegt insbesondere vor, wenn
[…].“
44. Arbeitsrecht meets BYOD
44
Gibt es einenAnspruch auf BYOD ?
Welche Besonderheiten gibt es?
Wie kann BYOD rechtlich umgesetzt werden?
45. Anspruch auf BYOD?
45
Kein gesetzlicherAnspruch auf BYOD
Als rechtliche Gestaltungsmittel kommen in Betracht
• (Rahmen-)Betriebsvereinbarungen
• Unternehmensinterne Richtlinien (Policies)
• Arbeitsvertrag (bei Neueinstellung oder im laufenden
Arbeitsverhältnis als Zusatzvereinbarung)
46. Checkliste Must-haves
46
Geltungsbereich (nicht in Individualvereinbarungen)
Vertraulichkeit
Nutzungsregelungen
Datensicherheit
Mobile Device Management
Kostenübernahme
Wartung/Support/Austausch
Lizenzregelungen
Verlust und Haftung
47. Geltungsbereich
47
Sofern derArbeitgeber daran ein wirtschaftliches Interesse hat,
kann er BYOD auf freiwilliger Basis zulassen
Antragslösung mit nachgeschalteter Erlaubnisvorbehalts-
prüfung desArbeitgebers vorteilhaft
Wegen Vielzahl datenschutzrechtlicher Risiken sollte
Arbeitgeber die Nutzung eigener mobiler Endgeräte für
berufliche Zwecke aber nur nach Unterzeichnung einer
Nutzungsvereinbarung erlauben
48. Vertraulichkeit (1)
48
Um die Vertraulichkeit sensibler Unternehmensdaten
sicherzustellen, muss die Nutzungsvereinbarung auf eine
ausschließliche und alleinige Benutzung des mobilen Endgeräts
durch den zugangsberechtigten Mitarbeiter gerichtet sein
Darüber hinaus sinnvoll, Vorgaben zu etablieren, z.B. welche
Systemeinstellungen der Mitarbeiter vorzunehmen hat
(z.B. Passwort-Zwang)
49. Vertraulichkeit (2)
49
Beispiele für Klauseln:
„ Wennnebendem MitarbeiterFamilienmitgliederund/oderandereDritte das mobile
Endgerätnutzen, istder Mitarbeiterverpflichtet,sicherzustellen,dassdieseDritten das
mobile Endgerätnichtdazu verwenden,um Zugangzu vertraulichenDokumenten,
Daten oderInformationender[…] GmbH zu erlangen.“
„ Der Mitarbeiteristverpflichtet,das mobileEndgerätso zu konfigurieren,dassder
Bildschirmspätestensnach […] Minuten gesperrtwird.“
50. Nutzungsregelungen
50
Regelungenzum Umfangder Nutzung(z.B. ZeitpunktderEinführungvon BYOD,
Zeitraumder Nutzung,insb.bei Probezeit,Nutzung außerhalbvertraglicherArbeitszeit,
Trennungdienstlicherund privaterNutzung,Beendigungder Nutzung,evtl.
Kündigungsrechtedes Unternehmensbei Verstößendes Mitarbeiters)zu treffen
Ebensoempfiehltes sichRegelungenzur Art der Nutzung(z.B. keineNutzung von
Data RoamingimAusland,verpflichtendeAbruffrequenzdes dienstlichenE-Mail-
AccountsaufDienstreisen)zu vereinbaren
Verantwortlichkeitdes Mitarbeitersfür privatinstallierteAppsvereinbarenund Nutzung
durchDritte vertraglichausdrücklichausschließen
51. Datensicherheit (1)
51
Befugnis des Unternehmens vereinbaren, mit unternehmensbezogenen
Daten auf dem Endgerät so verfahren zu können, als befänden sie sich auf
unternehmenseigenen IT-Geräten(insb. Regelungen zum Datenzugriff sowie
zur Datenveränderung, -sperrung/-löschung)
Vorgaben zur Installation von Software undApps (WelcheSoftware und
welcheApps dürfen installiert werden? – Blacklist/Whitelist)und Berechtigung
zur Entfernung von schädlicher oder unzulässiger Software undApps
Mitarbeiter verpflichten, relevante technische und/oder organisatorische
Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 9 BDSG zu ergreifen
52. Datensicherheit (2)
52
Untersagung von Jailbreaks/Roots (die Umgehung vom Hersteller
implementierterNutzungsbeschränkungen) sowie die Nutzung von Cloud-
Diensten und Peer-to-Peer File Sharing Netzwerken für betriebliche Daten
Pflicht des Mitarbeiters, Endgerät durch physische Schutzmaßnahmen vor
Diebstahl und Beschädigung zu schützen
Vereinbarung, dassArbeitgeber berechtigt ist in regelmäßigem Turnus
Maßnahmen des Virenschutzes zu ergreifen und Sicherheits-Patches
aufzuspielen (remote)
53. Datensicherheit (3)
53
Beispiele für Klauseln:
„Der Mitarbeiter ist verpflichtet, die automatische Synchronisation von
Dokumenten und Daten (z.B. Apple iCloud, Google Sync) zu deaktivieren, um
zu verhindern, dass […].“
„ Der Mitarbeiter willigt ein, dieApp […] auf dem mobilen Endgerät zu
installieren und verfügbare Updates derApp innerhalb von einem Monat nach
Release herunterzuladen und zu installieren. […]“
54. Mobile Device Management (1)
54
Einsatz spezieller Sicherheits-Tools– Mobile Device Management,
z.B. die getrennte Speicherung von privaten und geschäftlichen Daten
(Containerlösungen), Verschlüsselung von Daten, Zertifikatsverwaltung
Berechtigung zum Remote-Zugriff auf die Endgeräte der Mitarbeiter
Berechtigung und technische Möglichkeit zur zentralen Sperrung und
Löschung von Daten („Wipe”)im Bedarfsfall (z.B. bei Diebstahl oder Verlust)
Einwilligungdes Mitarbeiters in die Erhebung und Verwendung der
Nutzungsdaten zu vorgenannten Zwecken
55. 55
Beispiel für Klausel:
„ Bei Verlust oder Diebstahl des mobilen Endgeräts kann derArbeitgeber die
auf dem mobilen Endgerät befindlichen geschäftlichen Dokumente, Daten und
sonstige Information löschen. Der Mitarbeiter erteilt für diesen Fall ausdrücklich
die Einwilligung in einen Remote-Zugriff des Arbeitgebers. […].“
Mobile Device Management (2)
56. Kostenübernahme (1)
56
Regelungen zur Übernahme einmaliger Kosten durch denArbeitgeber (z.B. für
dieAnschaffung des mobilen Endgeräts) und laufender Kosten, Mehrkosten
(z.B. Roaming) undAufwendungsersatz
Grundsätzlich bleibt bei derartigen Kostenregelungen das finanzielle Risiko für
denArbeitgeber überschaubar, da BYOD-Vereinbarungen nur mit Flatrate-
Tarifen angewandt werden sollten
57. Kostenübernahme (2)
57
Beispiel für Klausel:
„Der Mitarbeiter trägt sämtliche Kosten für die Nutzung des mobilen Endgeräts,
einschließlich etwaiger Gebühren für Data Roaming. […]“
58. Wartung/Support/Austausch (1)
58
Vereinbarung einer Upgrade-Verpflichtung (ggf. Verpflichtung, für Support zu
sorgen)
Durchführung von Reparatur und Wartung
Standardmäßig gehört ebenfalls die ausdrückliche Normierung der Pflicht zur
Herausgabe des Endgeräts an das Unternehmen (z.B. im Fall von
Reparaturen, Systemeinstellungen oder notwendigen Löschungen bei
Beendigung vonArbeitsverhältnissen) in die Vereinbarung
59. Wartung/Support/Austausch (2)
59
Beispiele für Klauseln:
„Der Mitarbeiter stellt sicher, dass das Betriebssystem des mobilen Endgeräts
(z.B. iOS,Android) regelmäßig durch Updates aktualisiert wird. […]“
„Nutzt der Mitarbeiter eine Version des Betriebssystems, die auf einem Stand
von zwei Releases hinter der aktuellen Version oder älter ist, kann der
Arbeitgeber die weitere Nutzung des mobilen Endgeräts untersagen. [...]“
60. Lizenzvereinbarungen
60
An das Ende der jeweiligen BYOD-Nutzungsvereinbarung gehören:
die Verpflichtung des Mitarbeiters zu lizenzkonformer Nutzung derApps
die Verpflichtung zur Lizenzprüfung bei selbst installiertenApps und ggf.
Haftungsfreistellung
die Pflicht zur Herausgabe des Geräts im Rahmen von Lizenzprüfungen
sowie
ggf. die Vereinbarung toolgestützter Lizenzprüfungen
61. Verlust und Haftung (1)
61
Rechte und Pflichten der Parteien bei Verlust bzw. allgemeine Haftungsverteilung:
Aufzählung der Pflichten des Mitarbeiters bei Diebstahl und Verlust (z.B.
unmittelbare Mitteilungspflicht an das Unternehmen wegen § 42a BDSG)
Regelungen zur Haftungsverteilung(insb. bei missbräuchlicher Nutzung des
Endgeräts durch den Mitarbeiter)
Freistellung des Unternehmens bzw. der Organe von der Haftung für
Lizenzverstöße
Regelungen zur Ersatzpflicht bei Beschädigung/Verlust
62. Verlust und Haftung (2)
62
Beispiel für Klausel:
„Bei Verlust oder Diebstahl des mobilen Endgeräts wird der
Arbeitgeber keinen Ersatz leisten. […]“
64. Typische Fallstricke Home Office
64
Mitbestimmung des Betriebsrats
Datenschutz im privaten Wohnumfeld
Integration des Mitarbeiters in Kommunikationsabläufe des
Unternehmens
Leistungskontrolle des Mitarbeiters
65. Mitbestimmung des Betriebsrats
65
Ist es das erklärte Ziel, eine Vereinbarung zukünftiger Telearbeitsverhältnisse im
Rahmen einer Betriebsvereinbarung auszugestalten, so ist der Betriebsrat
per se bereits als Partei der Vereinbarung unmittelbar eingebunden
Eine Betriebsvereinbarung sieht darüber hinaus häufig eine imAnschluss an
denAbschluss einer BV erfolgende turnusmäßige Unterrichtungspflichtdes
Betriebsrats über die Personen, ihre Tätigkeitsbereiche sowie derenAufnahme
und Beendigung von Telearbeitsplätzen vor
In allen anderen Regelungsfällen müssen an den jeweils relevanten Stellen
(z.B. beabsichtigte Leistungskontrolle durch Online-Zugriff auf den Rechner des
Mitarbeiters) die Mitbestimmungsrechtedes Betriebsrats gewahrt werden
66. Datenschutz und Telearbeit
66
Es bedarf detaillierter vertraglicher Regelungen zum Umgang mit sensiblen
Unternehmensdaten im Rahmen von außerbetrieblichenArbeitsstätten, um
der latenten Gefahr eines Datenabflusses entgegenzuwirken
Hohes Risiko eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Datenzugriffs auf
Unternehmensdaten bei einem Telearbeitsplatz im direkten Wohnumfeld und
damit im Lebensbereich einer für denArbeitgeber nicht übersehbaren Zahl
weiterer Personen nicht unterschätzt werden
67. Integration und Kommunikation
67
Im Hinblick auf eine sozio-kommunikativeEinbindung des Mitarbeitersin
den Betrieb empfiehlt es sich, ausschließlich häusliche Telearbeit zu vermeiden
und entsprechend eine alternierend gestaltete Telearbeit mit mindestens ein bis
zwei festen Bürotagen pro Woche vor Ort an der betrieblichenArbeitsstätte zu
vereinbaren
WichtigerAspekt um Mitarbeiter auch persönlich in die Verantwortung zu
nehmen, verbindlicheAbsprachen zu treffen, sie sozial in das Team vor Ort zu
integrieren und das für die im Home Office arbeitenden Mitarbeiter dauerhaft
erforderliche hohe Maß an Motivation und Selbstdisziplin und damit
Loyalitätsgefühl zu dem eigenen Unternehmen(sprodukt)zu erzeugen
68. Leistungszeit /-kontrollen
68
Aus zwei Gründen muss die geleisteteArbeitszeit vomArbeitgeber erfasstwerden:
Nachweisder tatsächlichgeleistetenArbeitszeitals Gegenwertzur gezahltenVergütung
Im RahmenseinerFürsorgepflichtmussderArbeitgebersicherstellen,dass der
Mitarbeiterdie arbeitszeitrechtlichenSchutzvorschrifteneinhält
Die Kontrollen können sowohl schriftlich als auch elektronisch erfolgen:
Eine elektronischeKontrolleerfordertjedochdie Beteiligungdes Betriebsratsnach§ 87
Abs.1 Nr. 6 BetrVG
NachweisemüssenvomArbeitgebergemäߧ 16Abs.2ArbZGmindestenszwei Jahre
aufbewahrtwerden
69. Typische Fallstricke BYOD
69
Haftung bei Verlust der Device
Mitbestimmung des Betriebsrats
Kostenübernahme für Nutzungsentgelte und Datentarife
Datenschutz
Eigentumsrechte an den Daten
70. Haftung bei Verlust/Beschädigung
70
Haftungsverteilungistabhängigdavon,ob derVerlustbzw. die Beschädigungbetrieblich
veranlasstoderdem allgemeinenLebensrisikodesArbeitnehmerszuzurechnenist
Bei betrieblichveranlassterBeschädigung,d.h.Endgerätwird bei der Erfüllung
dienstlicherTätigkeitbeschädigtund derArbeitgeberhatdie Nutzung des privaten
Endgerätsfür betrieblicheZwecke gebilligt,ErsatzpflichtdesArbeitgebersgemäߧ 670
BGB
71. Mitbestimmung des Betriebsrats
71
Betriebsrat hat bei Einführung von BYOD sowie derAusgestaltung
der Nutzung Mitbestimmungsrecht nach § 87Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
Im Hinblick auf dieArt der Nutzung (z.B. Untersagung von
Datenroaming imAusland,Anordnung von Passwortschutz)
Mitbestimmungsrecht aus § 87Abs.1 Nr. 1 BetrVG
Falls kein Betriebsrat besteht, sollten zu den üblicherweise von
Mitbestimmungsrechten betroffenen Punkten ausdrückliche
Regelungen in Policy oder Nutzungsvereinbarung getroffen werden
72. Kostenübernahme
72
VomArbeitgeber wird Aufwendungsersatz gemäß § 670 BGB für Kosten
dienstlicher Telefongespräche übernommen,nicht jedoch für die vom
Mitarbeiter geschuldete vertragliche Grundgebühr
Ausnahme: WennArbeitnehmer einen erweiterten Tarif abschließt, den er für
private Zwecke nicht braucht und das mit Billigung desArbeitgebers erfolgt
GenerellerAusschluss der Kostenübernahme ohne hierfür vereinbarte
Gegenleistung verstößt im Regelfall gegen § 307Abs. 1 BGB
73. Datenschutz
73
Problem 1: GewährleistungderAnforderungenan Datensicherheit(§ 9 BDSG)
Kann durchden Einsatzvon Mobile Device ManagementTools sichergestelltwerden.
Software,die aufdem Endgerätdes Mitarbeitersinstalliertwird und dadurchermöglicht,
das Endgerätzentralzu steuernbzw. technischabzusichern
Problem 2: Auslesenvon Daten aufdem privatenEndgerätdurchdenArbeitgeber
Wegen§ 32Abs.1 BDSG nur bei klarerTrennungvon dienstlichenund privatenDaten
für dasAuslesenderdienstlichenDaten vom privatenmobilenEndgerätzulässig
Vorsicht:Es drohenStraftatbeständez.B. § 206 StGB bei fehlenderTrennungsowie
ggf.SchadensersatzansprüchedesArbeitnehmers
Liegtkeineklare Datentrennungvor, bedarfder Zugriffeinervertraglichvereinbarten
Regelungund der ausdrücklicherklärtenEinwilligungdes betroffenenMitarbeiters
.
74. Eigentumsrechte an den Daten
74
Bei der klassischen BYOD-Regelung ist Arbeitnehmer Eigentümer des
Endgeräts
Das bringt bei Beendigung desArbeitsverhältnisses oft Probleme mit sich,
weshalb Herausgabeanspruch vereinbart werden sollte
Arbeitnehmer ist nach § 667 BGB bei Beendigung desArbeitsverhältnisses zur
Herausgabe der dienstlichen Kontakte/Daten auf dem Endgerät verpflichtet
76. Fazit
76
Home Office und BYOD sind moderne Formen derArbeitsorganisation,
sodass sich das Unternehmen als attraktiverArbeitgeber auf demArbeitsmarkt
zeigen kann
Es bedarf umfassenderRegelungen, um den hohen rechtlichen
Anforderungen gerecht zu werden
Besondere Beachtung bei Gestaltung der Nutzungsregelungen gebührt dem
Informations-und Datenschutz