Wartezeit und Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten als Leiharbeitnehmer
Aktuelle Rechtsprechung zur Arbeitnehmerüberlassung / Betriebsrat
1. Arbeitnehmerüberlassung
- Aktuelle Rechtsprechung
aus Sicht des Betriebsrats
Rechtsanwalt Thomas Klaes
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Köln
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Themenfelder
1. Leiharbeitnehmer und Schwellenwerte
2. Abgrenzung Dienst-/Werkvertrag und
Arbeitnehmerüberlassung
3. Stellenausschreibung, § 93 BetrVG
4. Einstellung, § 99 Abs. 1 BetrVG
5. einzelne Zustimmungsverweigerungsgründe
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1. Leiharbeitnehmer
und Schwellenwerte
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BAG, Urteil vom 18.10.2011
1 AZR 335/10
• Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung des
Schwellenwertes des § 111 BetrVG zu berücksichtigen
• abzustellen ist auf die Wahlberechtigung (aktives
Wahlrecht) des § 7 Satz 2 BetrVG
• für Leiharbeitnehmer (+), wenn sie länger als 3 Monate
eingesetzt sind
• davon kann auch schon dann ausgegangen werden, wenn
mit Beginn der Überlassung der Überlassungszeitraum
von wenigstens drei Monaten feststeht
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2. BAG, Urteil vom 24.01.2013
2 AZR 140/12
• Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung des
Schwellenwertes des § 23 Abs. 1 S. 1 KSchG zu
berücksichtigen
• Voraussetzung: „in der Regel“ beschäftigt
• dafür bedarf es eines Rückblicks auf die bisherige
personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung
seiner zukünftigen Entwicklung; Zeiten außergewöhnlich
hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls sind dabei nicht zu
berücksichtigen
• Arbeitsplatzbezogene Einschätzung
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BAG, Beschluss vom 13.03.2013
7 ABR 69/11
Achtung: Relevant für die Wahl!!!
• Leiharbeitnehmer sind bei der für die Größe des
Betriebsrats maßgeblichen Anzahl der
Arbeitnehmer eines Betriebs grundsätzlich zu
berücksichtigen (§ 9 BetrVG)
• Aber Achtung: Blick ins Gesetz!
• In Betrieben mit bis zu 51 AN kommt es zusätzlich
auf die Wahlberechtigung an, also § 7 Satz 2
BetrVG
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bislang ungeklärt:
zB:
• § 14a BetrVG: 5-50 wahlberechtigte AN
• § 23 Abs. 1 BetrVG
• § 38 BetrVG: Freistellungen
• § 99 BetrVG: > 20 wahlberechtigte AN
• § 106 BetrVG: > 100 ständig beschäftige AN
• § 112a BetrVG: Sozialplanpflicht bei reinem Stellenabbau
• § 17 KSchG: Anzeigepflicht bei Massenentlassung
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2. Abgrenzung Dienst-/
Werkvertrag und
Arbeitnehmerüberlassung
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3. BAG, Urteil vom 25.09.2013
10 AZR 282/12
• Abgrenzung Arbeitsvertrag / Werkvertrag
• Grundsätze übertragbar auf den drittbezogenen
Personaleinsatz
• Weisungsabhängigkeit maßgebliches Kriterium
• Gesamtschau notwendig
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LAG Berlin-Brandenburg,
Urteil vom 12.12.2012
15 Sa 1217/12
Leitsatz: Richten sich die vom Auftragnehmer zu
erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des
Auftraggebers, so spricht dies ganz erheblich gegen
das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages und
für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den
Betrieb des Auftraggebers.
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LAG Baden-Württemberg,
Urteil vom 01.08.2013
2 Sa 6/13
• Leitsatz 1: Für die rechtliche Abgrenzung des
Werk- oder Dienstvertrags zur
Arbeitnehmerüberlassung ist allein die
tatsächliche Durchführung des Vertrages
maßgebend.
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3. Stellenausschreibung,
§ 93 BetrVG
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4. BAG, Beschluss vom 01.02.2011
1 ABR 79/09
• Der Betriebsrat kann die Ausschreibung von
Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber
dauerhaft für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern
vorgesehen sind.
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BAG, Beschluss vom 15.10.2013
1 ABR 25/12
• Der Arbeitgeber muss nach § 93 BetrVG auf
Verlangen des Betriebsrats auch solche
Arbeitsplätze innerbetrieblich ausschreiben, die er
nur kurzfristig mit Leiharbeitnehmern besetzen will.
• „vorübergehend“ hier: mindestens 4 Wochen
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Beachte:
• Seit dem 01.12.2011 haben AG, die
Leiharbeitnehmer beschäftigen, diese gem.
§ 13a AÜG über Arbeitsplätze zu informieren, die
besetzt werden sollen.
• Geht über § 93 BetrVG hinaus -
individualrechtlicher Anspruch
• § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG
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4. Einstellung
§ 99 Abs. 1 BetrVG
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5. BAG, Beschluss vom 09.03.2011
7 ABR 137/09
• Leitsatz: Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat vor
der Einstellung eines Leiharbeitnehmers dessen
Namen mitzuteilen.
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BAG, Beschluss vom 01.06.2011
7 ABR 117/09
• Umfang der Unterrichtung nach § 99 BetrVG
• kein Anspruch des BR auf Mitteilung der Höhe des
Entgelts der Leiharbeitnehmer
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BAG, Beschluss vom 01.06.2011
7 ABR 18/10
• Der Arbeitgeber kann eine unvollständige oder
unrichtige Unterrichtung nach § 99 Abs. 1 BetrVG
noch im Zustimmungsersetzungsverfahren
ergänzen bzw. berichtigen.
• Wenn für den BR erkennbar ist, dass der AG seiner
Unterrichtungspflicht aus § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2
BetrVG nachkommen möchte, setzt die
nachgereichte Mitteilung beim BR die Wochenfrist
des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG in Lauf.
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LAG Hessen, Beschluss vom 29.01.2013
4 TaBV 202/12
• Verstößt der AG bei der Einstellung eines
entliehenen Arbeitnehmers gegen die
Verpflichtung, dem BR gem. § 14 Abs. 3 S. 2 AÜG
die schriftliche Erklärung des Verleiher nach § 12
Abs 1 S. 2 AÜG vorzulegen, wird das
Beteiligungsverfahren gem. § 99 BetrVG, § 14 Abs.
3 S. 1 AÜG nicht wirksam in Gang gesetzt.
• Der BR ist zur Geltendmachung dieses Mangels
nicht verpflichtet, ihn innerhalb der Frist des § 99
Abs. 3 S. 1 BetrVG gegenüber dem AG zu rügen.
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6. 5. einzelne Zustimmungs-
verweigerungsgründe
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BAG, Beschluss vom 23.06.2010
7 ABR 3/09
1. Die in § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX normierte
Prüf- und Konsultationspflicht des Arbeitgebers
besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber
beabsichtigt, einen frei werdenden oder neu
geschaffenen Arbeitsplatz mit einem
Leiharbeitnehmer zu besetzen.
2. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflichten
aus
§ 81 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB IX, berechtigt dies
den Betriebsrat, die Zustimmung zur Einstellung
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BAG, Beschluss vom 01.02.2011
1 ABR 79/09
• Der Betriebsrat kann die Ausschreibung von
Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber
dauerhaft für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern
vorgesehen sind.
• Bei Verstoß: Zustimmungsverweigerungsrecht des
§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG
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BAG, Beschluss vom 15.10.2013
1 ABR 25/12
• Der Arbeitgeber muss nach § 93 BetrVG auf
Verlangen des Betriebsrats aus solche
Arbeitsplätze innerbetrieblich ausschreiben, die er
nur kurzfristig mit Leiharbeitnehmern besetzen will.
• „vorübergehend“ hier: mindestens 4 Wochen
• Bei Verstoß: Zustimmungsverweigerungsrecht des
§ 99 Abs. 2 Nr. 5 BetrVG
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7. BAG, Beschluss vom 10.07.2013
7 ABR 91/11
• Der Betriebsrat eines Entleiherbetriebs kann seine
Zustimmung zum Einsatz von Leiharbeitnehmern
verweigern, wenn diese dort nicht nur
vorübergehend eingesetzt werden sollen.
• Zustimmungsverweigerungsrecht § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG
• „vorübergehend“ nicht geklärt
• Plan der Regierungskoalition: 18 Monate Höchstdauer
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LAG Schleswig-Holstein
Beschluss vom 08.01.2014
3 TaBV 43/13
• Das AÜG verbietet die auch nur befristete
Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie
einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken
sollen.
• arbeitsplatzbezogene Betrachtung notwendig
• Folge: Zustimmungsverweigerungsrecht des
§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG
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Vielen Dank für Ihre
Aufmerksamkeit!
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