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5. WOCHE: BEZIEHUNGEN UND BEZÜGE
Nachweis von Handelsbeziehungen
Um Handelsbeziehungen nachweisen zu können, sind unterschiedliche Aspekte von
Bedeutung. Der Nachweis eines auswärtigen Rohstoffs, eine regional untypische
Herstellungsweise oder das Aussehen eines Fundes können Aufschluss über die Herkunft
einzelner Fundstücke geben.
Das Spektrum an Funden, die Handelsbeziehungen nachweisen, ist weitreichend: von
Münzfunden über Keramik bis hin zu Waren im Hafenbereich. Zudem wurden insbesondere
Luxusgüter, beispielsweise Amphoren mit Wein, Gold und Schmuck, über weite Strecken
gehandelt. Die Amphoren wiesen hierbei häufig charakteristische Stempel auf, die einen
Hinweis auf die Produktionsstätte geben und somit weitere Indizien zur Herkunft gehandelter
Waren bieten.
Handel vor der Hansezeit: Ursprung Haithabus
Haithabu gilt als erste stadtähnliche Siedlung im Norden Europas. Es wurde im
Frühmittelalter aufgrund der verkehrsgünstigen Lage gegründet: Zuvor mussten Fernhändler
der Nord- und Ostsee den Weg um Kap Skagen nehmen, der einerseits zeitaufwändig,
andererseits gefährlich war.
Von Westen her konnten die Händler von der Nordsee direkt das Flusssystem Eider und
Treene bis nach Hollingstedt nutzen. Dort wurden die Waren auf Wagen verladen und den
restlichen Weg nach Haithabu transportiert. Der Weg von der Ostsee war durch die Schlei
für die Schifffahrt direkt bis Haithabu geöffnet
Funde von Handelswaren in Haithabu
Vor über tausend Jahren wurde bereits in Haithabu mit Waren aller Art gehandelt. Dazu
zählten unter anderem Specksteinkessel, Eisenbarren, Schleifsteine aus dem Norden,
Keramik aus dem Süden sowie Ketten aus Bergkristall, Karneol und eine große Anzahl
bunter Glasperlen unterschiedlichster Machart.
Darüber hinaus war Haithabu ein Ort handwerklicher Differenzierung. Unterschiedliche
Funde und Befunde weisen auf recht spezialisierte Berufsgruppen wie die der Kammmacher
hin. Hier finden sich unterschiedliche Produktionsstadien von Erzeugnissen, die ganze
Produktionsprozesse abbilden.
Handel im Ostseeraum vor der Hansezeit
Bereits vor dem Niedergang Haithabus zeichnete sich eine Siedlungsverlagerung in das
nördlich der Schlei gelegene Schleswig ab. Zu dieser Zeit gehörte die Stadt dem dänischen
Königreich an und erlangte unter Waldemar II. eine immer größere Bedeutung – auch im
Ost-West-Handel des 12. Jahrhunderts.
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Die niederdeutschen Fernhändler des Ostseeraumes mussten also entweder in das
dänische Schleswig, das slawische Alt-Lübeck oder in eine der pommerschen
Handelssiedlungen ausweichen. Dort waren sie als Gäste jedoch höchstens geduldet.
Erst mit der Gründung des deutschrechtlichen Lübecks änderte sich die Handelssituation im
Ostseeraum grundlegend. Alle seefahrenden Kaufleute, die aus den Gegenden südlich von
Lübeck kamen, hatten nun einen wesentlich kürzeren Weg zur Ostsee und zudem mehr
Rechte in dem eigenen Land. Die Kaufleute vom Niederrhein und von der Nordseeküste
nutzten jedoch für weitere ca. 100 Jahre die bisherige Route über Schleswig. Nach dieser
Zeit wurde Lübeck zur verbindlichen Umschlagstelle.
Handelsgüter zur Hansezeit
Die Hansezeit wurde durch ein Handelsdefizit des Westens gegenüber dem Osten geprägt.
Den Grundprodukten und wenigen Luxusgütern des Ostens standen gewerkliche
Fertigprodukte des Westens gegenüber. Dazu zählten unter anderem Tuche aus Flandern
und Wolltuche aus England, aber auch fernöstliche Waren, die ihren Weg über den
italienischen Handel nach Brüggen in die Ostsee fanden.
Im Laufe der Zeit wurden die grundlegenden Waren immer wichtiger, insbesondere
Materialien zum Schiffbau, Flachs und Getreide. Um das Defizit auszugleichen, mussten
Schiffsladungen voll Silber in den Ostseeraum gebracht werden, da die Gegenwaren nicht
zum Ausgleich ausreichten.
Die Hansekontore
Als Handelskontore werden die Niederlassungen hansischer Kaufleute im Ausland
bezeichnet. Das Besondere hierbei ist, dass die Kaufleute, soweit es um interne
Angelegenheiten ging, ihr eigenes Recht ausüben konnten, ohne dass sie der
Rechtsprechung des Gastlandes unterlagen.
Die Macht Lübecks war alleine nicht ausreichend, um sich gegen die Herrscher anderer
Länder behaupten zu können.Allein die gesamte Wirtschaftskraft niederdeutscher Städte
konnte entsprechend viele Waren abnehmen und liefern, so dass sie außer Konkurrenz
liefen. Dadurch ergab sich die Möglichkeit, die Handelspartner aus dem Ausland so unter
Druck zu setzen, dass sie sowohl eine exterritoriale Niederlassung im Gastland, als auch
neue Rechte bekamen.
Exkurs: Lübecker Rotspon
Der von Fritz Reuter erwähnte, mittelniederdeutsche Begriff „Rotspon“ setzt sich aus den
Worten „Rot“ und „Spon“ zusammen. „Rot“ weist auf einen Rotwein hin, „Spon“ ist
gleichbedeutend mit Span und bedeutet, dass der Wein im Holzfass gelagert wurde.
Gemeinsam mit zwölf Weinhändlern beschloss Carl Tesdorpf, den Begriff „Lübecker
Rotspon“ patentieren zu lassen. Auflagen gab es nur wenige: Der Wein musste aus
Frankreich kommen, lose transportiert und in Lübeck abgefüllt werden. Einen Konsens über
die Qualität gab es nicht, da die einzelnen Weinhändler unterschiedliche Ansprüche an das
Produkt stellten.