Netzorientiertes Lastmanagement in zukünftigen Smart Grids
1. Kolloquiumsvortrag
Netzorientiertes Lastmanagement in zukünftigen Smart Grids
Juniorprofessur Energieinformatik
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff
2. 2 Demand Side Management/Demand Response
Intelligentes Verschieben von Lasten in Smart Grids
► Ziel: Strom dann verbrauchen, wenn er besonders günstig ist!
► Lastverschiebepotenzial von Verbrauchern und Erzeugern mit zeitflexiblen
Betriebszyklen
► Im Haushalt (Weiße Ware, Wärmepumpen etc.)
► Gewerblich (Kühlhäuser, Klimaanlagen etc.)
Aktivierung von Verbrauchern über ein
Externes Steuer-/Preissignal
DSM/DR
Energieversorger
Annäherung an ein
vorgegebenes Lastprofil
Lastreduktion Peak Clipping Valley Filling Lastverschiebung
► Geht das so einfach?
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
3. 3 Gleichzeitigkeitsfaktor für Lasten mit und ohne DSM
Auslegung von Betriebsmittelkapazitäten
Höchstspannungsebene
HS-Netz
HS/MS-
Transformator
Elektrisches Verteilnetz
Hochspannungsebene
MS-Kabel
MS/NS-
Transformator
Mittelspannungsebene
► Das stochastische Verhalten von Lasten wird mithilfe eines
Bildquelle: www.arosaenergie.ch
Gleichzeitigkeitsfaktors berücksichtigt
NS-Kabel ► Maß für die stochastische Durchmischung von Lasten, die über eine
Netzkomponente versorgt werden
► Für DSM-Lasten wird ein GleichzeitigkeitsfaktorNiederspannungsebene
von 1 angenommen
NS-Endnutzer ► Synchrones Aktivieren von Verbrauchern/Erzeugern verletzt den
Gleichzeitigkeitsfaktor als Planungsgrundlage
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
4. 4 Verteilnetze – Variationen des DSM-Anteils
Überschreiten zulässiger Betriebsgrenzen
HS-Netz
thermische
Anteil steuerbarer Lasten (SL), bezogen auf 30kW Anschlussleistung
HS/MS-Transf.
40 MVA Belastungsgrenze
(~25.000 WE)
thermische
MS-Kabel
5.8 MVA Belastungsgrenze
(~2500 WE)
thermische
MS/NS-Transf.
630 kVA Belastungsgrenze
(~150 WE)
NS-Kabel thermische
190kVA Belastungsgrenze
(~25 WE)
NS-Endnutzer
30kVA zulässiges
(=1 WE) Spannungsband
Anteil teilnehmender DSM-Wohneinheiten (WE)
Quelle: ESW – TU Dortmund, 2010
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
5. 5 Verteilnetze – Investitionskosten für DSM/DR
Umgelegt auf Wohneinheiten (WE)
Verletzung des
zulässigen
Spannungsbandes
Überlastung des
HS/MS-
Kosten pro WE [€]
Transformators
Unterhalb
thermischer
Belastungsgrenzen
Anteil DSM-WE
Quelle: ESW – TU Dortmund, 2010
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
6. 6 Berücksichtigung von Netzkapazitäten in Smart Grids
Problem fehlender Mess- und Steuerungstechnik
► Dimensionierung nach maximal zu erwartenden Belastungssituationen (unter
Berücksichtigung von Gleichzeitigkeitsfaktoren)
► Fehlende Notwendigkeit einer aktiven Beobachtung dieser Netzabschnitte
HöS
messtechnisch überwacht
► Neuartige Einflüsse und Belastungssituationen
durch dezentrale Einspeisung
► Bislang vor Überlast geschützte Betriebsmittel
können Überlastet werden HS
► Zulässige Betriebsgrenzen können verletzt werden
► Verfahren notwendig, um derartige Probleme zu
erkennen und rechtzeitig zu vermeiden
Bildquelle: www.arosaenergie.ch
MS
► Ziel: größtmögliche Flexibilität im Umgang mit
aktiv steuerbaren Anlagen und Betriebsmitteln
► Bewertung verfügbarer Netzkapazitäten
überwacht
NS
► Automatisierte Lösungen werden benötigt...
nicht
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
7. 7 Verteilnetzautomatisierung
Smart Grid Plattform
► Schnittstelle zwischen überwachtem Übertragungs- und unüberwachtem Verteilnetz
► Überwachung und Automatisierung aktiver Betriebsmittel im
Verteilnetz
► Optimierter Betrieb und einfachere Wartung von Primärtechnik
► Erhöhung von Versorgungssicherheit und Spannungsqualität
► Effizientere Netzauslastung
► In den Verteilnetzen zwei Hauptanwendungsgebiete
(aus der IKT-Perspektive)
► Bereitstellung von Systemdienstleistungen
► Betrieb existierender Sekundärtechnik unter veränderten
Nutzungsbedingungen
► Geeignete Komponenten?
Bildquelle: VDE
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
8. 8 Verteilnetzautomatisierung (cont‘d)
Smart Grid Plattform
► Aktorik (aktive Betriebsmittel, steuerbare Anlagen)
► in den Verteilnetzen der Mittel- und Niederspannungsebene
Netzbetriebsmittel Anlagenseitig
Szenario: Trafo-Stufenschalter Leistungselektronik
Spannungshaltung FACTS (Zukunft) Umrichter
Leistungsschalter Szenario:
Schutztechnik Schutztechnik Fehlerbehandlung
► Sensorik (messtechnische Erfassung)
► Direkte Messtechnische Erfassung der Netzbetriebsmittel (echtzeitfähige Nah- und
Weitbereichskommunikation)
► Smart Meter, Home Gateways (heterogen: zeitliche Auflösung, Präzision, Aktualität
etc.)
Also ein rein technisches Problem?
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
9. 9 Berücksichtigung von Netzrestriktionen
Zurück zu unserem Ausgangsproblem...
U max ► Identifizieren optimaler (minimaler)
UN Rekonfigurationen (Redispatch)
► Einhaltung von Spannungsbändern
U min
► Berücksichtigung maximaler
U max Leitungs-/Trafoströme
UN ► Komplementäre Einspeisung/
U min Verbrauch?
U max
UN ► Spannungsänderung am
U min Transformer (tap-change)?
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
10. 10 Bewertung von Betriebszuständen
Herkömmliches Verfahren
► Betriebszustände ergeben sich aus dem Zusammenspiel aller am Netz
angeschlossen Akteure
► Messen der Knotenleistungen
► Berechnung des Knotenspannungen
► Berechnen der Leitungsströme
Innerhalb zulässiger Unterhalb maximaler
Spannungsbänder? Leitungsströme?
P,Q Leistungsfluss-
gleichungen ! U $ ! I $ ! I $
# 1 & # 1 & # 1 &
n # & # & # &
* * # & # & # &
S i = U i ∑Y ik U k # Uk & # Ik & # Il &
k=1 " % " % " %
P,Q P,Q Minimale Änderung
der Knotenleistungen?
1. Knotenleistungen 3. Leitungsströme
2. Knotenspannungen
und -ströme
▶ Newton-Raphson-
Verfahren: keine Umkehrfunktion,
▶ Iterative Suche nach nicht komplex differenzierbar,
Nullstelle der nicht-linearen technisch irrelevante Lösungen,
komplexwertigen Leistungs- NR-Konvergenz nicht garantiert
flussgleichungen Für unsere Fragestellung ungeeignet... Lösung?
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
11. 11 Bewertung von Betriebszuständen (cont‘d)
Integrierte Darstellung zulässiger Betriebsgrenzen
► Bewertung der Zulässigkeit von Betriebszuständen erfolgt „absolut“ (qualitativ).
► Bestimmung des Zustandsvektors à elementweise Überprüfung
► Gesucht wird „relative“ Darstellung (quantitativ)
► Entfernung eines Zustandsvektors von zulässigen Betriebsgrenzen
► Ansatz: Zusammenhängende Darstellung zulässiger Betriebsgrenzen
► Als Menge in ℝ2n (für ein Netz mit n Knoten)
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
12. 12 Einhaltung zulässiger Betriebsgrenzen
► Minimale Korrektur von Zustandsvektoren
► Verfügbare Freiheitsgrade entsprechen flexiblen/verschiebbaren Erzeugern und
Verbrauchern
Erzeuger Verbraucher
U=0.9 pu
U=1.1 pu
Q2 I=3.0 pu
Pist,Qist
PV KWK P3,QWärmepumpen
3 „Weiße Ware“
P2,Q2
P1,Q1
Nebenbedingungen: Nebenbedingungen:
Einspeisevergütung (Aktueller) Leistungstarif
Gestehungskosten Nutzerprozess
Nutzerprozess
Verfügbarkeit P2
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
13. 13 Wichtige Analyse-/Entwurfsfragen
Nicht-funktionale Eigenschaften dezentraler Energiemanagementansätze
► Analyse- und Entwurfsverfahren zur Beantwortung von Sicherheits-,
Zuverlässigkeits- und Effizienzfragen, und daraus abgeleitete Methoden zur
Netzbewertung.
► Zustands-/Belastungsvorhersagen P an Knoten 7
Trajektorie des
Betriebspunktes
3D-Schnitt der
zulässigen
(hochdimensionalen)
Spannungsgrenzen
P an Knoten 1
„nächste“
möglicherweise kritische
Belastungsgrenzen Q an Knoten 2
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
14. 14 Entwicklungsbedarf: Netznutzungskoordinator (Arbitrator)
Pmax ,Qmax ΔP, ΔQ
Zustandsop*mierung
Constraints
Bes*mmung
verbleibender
Belastbarkeitsreserven
Arbitrator
Betriebszustand
Netzmodell
Adap*ve
Modellintegra*on
Adap+ver
State
Es+mator
P Q U I
…
Smart Meter
(Home Gateways oder eine bessere Idee!)
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
15. 15 Agentenbasierte Verteilnetzautomatisierung
► Dynamischer Ressourcenpool
► Stochastisches Erzeuger-/Verbraucherverhalten
► Variabler Anlagenpool (Bsp. Elektromobilität)
► Unbekannte Gerätetypen
► Verteilte Systemzustandsinformationen
► Adaptive Verteilung von Funktionalität über einen dynamischen
Komponentenpool
► (Teil)autonome Prozesse
► Verteiltes Koordinations-/Organisationsparadigma
► Migration/Replikation von Funktionalität
► Lernfähigkeit
► Ansatz: Methoden der Selbstorganisation
Multiagenten Paradigma
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
16. 16 Szenario: Schnellladedienst für E-Mobilität
Potenzial für einen Netznutzungskoordinator
► Zusätzliche Energieanwendungen hoher Leistung
► Schnellladung für Elektrofahrzeuge
P,Q P,Q P,Q
Max
Charging
Power
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
17. 17 Fazit
► Das Energieversorgungssystem von Morgen
► Große Anzahl von Komponenten, die aktiv am Netzgeschehen teilhaben
► Gefahr von Betriebsmittelüberlastungen
► Unter-/Überschreiten zulässiger Betriebsgrenzen
► Präzisere Erfassung von Betriebsdaten, zur Identifikation hochdynamischer
Versorgungskonfigurationen notwendig
► Neue Bewertungsverfahren notwendig
► (Energie)Informatik von Heute
► Komplexe Systeme beherrschbar machen
► Softwareagenten als autonome kooperative Einheiten, die ein derartiges
System leichter regel-, steuer- und simulierbar machen
► Umgang mit großen Datenmengen/-strömen
► Mustererkennungsverfahren
► Großartiges praktisches Umfeld für InformatikabsolventInnen
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12
18. 18 Ausblick
Nichtfunktionale Lösungseigenschaften
► Zuverlässigkeit, Sicherheit, Vertraulichkeit
► Robustheit, Verfügbarkeit
► Redundanz (N-1, N-2, ...)
► Adaptivität und Flexibilität
► Interoperabilität (kompatible Systeme, niedrige Integrationskosten, einfach zu rekonfigurieren)
► Skalierbarkeit
► Verteilung/Verschiebung von Funktionalität
► Räumliche und zeitliche Anforderungen
► Wahrung der elektrischen Versorgungssicherheit
► System Average Interruption Duration Index (SAIDI)
► System Average Interruption Frequency Index (SAIFI)
► Regulierung im liberalisierten Energiemarkt
► Dokumentation/Garantie von quantitativen Leistungs- und Sicherheitszielen
► Jun.-Prof. Dr. Sebastian Lehnhoff 10.05.12