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Goldene Bulle
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Goldene Bulle
1.
Geschichte
Goldene Bulle – „Grundgesetz des Reiches“ M2 Inhalte, Hintergründe und Folgen Stand: Januar 2006 A Die Reichsfürsten strebten danach, ihre Macht auf Kosten des Reiches zu vergrößern. B Seit dem ausgehenden 12. Jahrhundert war es immer wieder zu Doppelwahlen oder der Wahl eines Gegenkönigs und in deren Folge zu politischen Auseinandersetzungen gekommen. C Sieben Kurfürsten erhielten das Recht, den König mit Mehrheit zu wählen: die drei geistlichen Fürsten, die Erzbi- schöfe von Mainz, Köln und Trier; und drei weltliche Fürs- ten: der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen. D Die Kurfürsten erklärten bereits 1338, der von ihnen M1 Weit mehr als ein Stück Pergament gewählte König bedürfe der päpstlichen Bestätigung nicht mehr. Damit verlor der Papst seinen Einfluss auf die deut- Schon im 17. Jahrhundert erzählte man sich die Geschich- sche Königswahl. te von einem Engländer, der eigens zur Besichtigung der Goldenen Bulle nach Frankfurt reiste. Wie enttäuscht aber E Die Kurlande (Herrschaftsgebiete der weltlichen Kurfürs- war er, als er statt des erwarteten goldenen Stiers nur ein ten) werden ungeteilt an die Erstgeborenen vererbt. Pergamentheft mit goldenem Siegel zu sehen bekam! Doch das eher unscheinbare Büchlein war von grundlegender F Um bei der Königswahl eine Erbmonarchie zu vermei- Bedeutung für Reich und Stadt. Denn auf seinen 44 Blättern den, waren die Kurfürsten schon im 13. Jahrhundert vom war das 1356 erlassene Reichsgesetz über die Königswahl dynastischen Prinzip – also von der Wahl eines Mitglieds festgeschrieben. der herrschenden Dynastie – zu so genannten „springen- Im nächsten Jahr feiert die Goldene Bulle Jubiläum. Es ist den Wahlen“ übergegangen. Damit gehörte praktisch jeder dann genau 650 Jahre her, dass Kaiser Karl IV. sie als eines Reichsfürst zu den möglichen Thronkandidaten. der „Grundgesetze“ des Alten Reiches erschuf. Kurz nach seiner Krönung in Rom am 5. April 1355 hatte der neue G Während sich in den französischen und englischen Herrscher beschlossen, die Frage der deutschen Königs- Monarchien das Erbkönigtum durchsetzte, entwickelte sich wahl prinzipiell zu regeln. Er verhandelte deswegen mit den in Deutschland das Wahlkönigtum. Kurfürsten auf zwei Hoftagen in Nürnberg und Metz. Die Ergebnisse beider Hoftage wurden in der Goldenen Bulle H Gab es mehrere Kandidaten, wählten die Fürsten nicht zusammengefasst. selten den schwächsten zum König, um ihre eigene Macht Die Goldene Bulle regelte die Wahl des deutschen Königs so wenig wie möglich zu beschränken. durch die sieben Kurfürsten nach dem Mehrheitsprinzip. Zum Wahlort wurde Frankfurt, zur Krönungsstätte – noch I Die Anwärter auf den Thron mussten sich die Wahl durch – Aachen bestimmt, und seinen ersten Reichstag sollte umfangreiche Zugeständnisse erkaufen, etwa mit der Ver- der neue König in Nürnberg abhalten. Die Wichtigkeit des leihung von Privilegien an die Kurfürsten. neuen Gesetzes wurde besonders feierlich besiegelt mit einer goldenen Bulle (von lat. „bulla“ = Metallsiegel), die J Den Kurfürsten wurden besondere Vorrechte (unbe- an Stelle des sonst üblichen Wachssiegels verwendet wurde. schränkte Gerichtsbarkeit, Berg-, Salz-, Münz- und Zoll- © 2006 Schroedel, Braunschweig Um 1400 ging die Siegelbezeichnung auf die gesamte regal, Judenschutz u. a.) zuerkannt. Urkunde über. (nach: http://www.damals.de/sixcms/detail.php?id=169282 vom 18. Dezember 2005) 1. Erklären Sie, weshalb die Goldene Bulle als „Grundgesetz des Alten Reiches“ gilt (M1). 2. In M2 sind ungeordnet Informationen rund um die Goldene Bulle zusammengestellt. Klären Sie jeweils, ob es sich um eine Information zu den Hintergründen für das Zustandekommen der Goldenen Bulle, zu ihrem Inhalt oder zu den Folgen handelt. 3. Beurteilen Sie: Wer hatte Vorteile, wer Nachteile von diesem Reichsgesetz? 4. Erörtern Sie langfristige Auswirkungen der Goldenen Bulle für die Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches.
2.
Geschichte
Goldene Bulle – „Grundgesetz des Reiches“ Allgemeine Hinweise dene Bulle und welche Bedeutung hatte sie? Beide Fra- Stand: Januar 2006 gen können mithilfe des Textes M1 beantwortet werden. Die Goldene Bulle von 1356, benannt nach dem in der Die Begriffsklärung wird anschaulich unterstützt durch die königlichen Kanzlei verwendeten goldenen Siegel, gilt als Abbildung, auf der das Pergament mit Gesetzestext und das bedeutendste Reichsgesetz des Heiligen Römischen dem goldenen Siegel dargestellt ist. Reiches. Es regelt erstmals und endgültig die Modalitäten Die Bedeutung als „Grundgesetz“ des Alten Reiches lässt der Königswahl und die Rechtsstellung der Kurfürsten, sich ebenfalls mithilfe der Angaben zum Inhalt des Geset- wobei die Festlegung des Mehrheitsprinzips bei der Wahl zestextes aus M1 kennzeichnen. Um die Rolle des Grund- des Königs künftige Doppelwahlen verhindern sollte. Um gesetzes zu klären, sind Parallelen zu unserem Grundgesetz Rechtsunsicherheiten auszuschalten, wurde endgültig ent- hilfreich, z. B. der Hinweis, dass das Grundgesetz die Regie- schieden, welchen Fürsten die Kurwürde zufallen sollte: rungsbildung von den Bundestagswahlen bis zur Kanzler- Den Erzbischöfen von Mainz, Köln und Trier, dem König wahl regelt. von Böhmen, dem Pfalzgrafen bei Rhein, dem Herzog von M2 dagegen dient dazu, neben weiteren Inhalten der Gol- Sachsen und dem Markgrafen von Brandenburg. denen Bulle vor allem die Hintergründe ihrer Entstehung Außerdem wurden die Unteilbarkeit der kurfürstlichen Ter- und die langfristige Folgen zu erarbeiten. Hier sind verschie- ritorien und das Prinzip der Erstgeburt bei der Nachfolge in denartige Informationen rund um die Goldene Bulle zusam- den Kurfürstentümern festgelegt. Die territoriale Stabilisie- mengestellt. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist rung der Kurfürstentümer und der Einfluss der Kurfürsten es, die entsprechende Art der Information zu erkennen. auf die Königswahl und damit auf den König selbst führten Indem sie ihre Zuordnung zu einer Kategorie (Inhalt, Hinter- in der Folge ebenso zu einem Machtzuwachs der Fürsten, grund, Folge) begründen, müssen sie ihre bisherigen Kennt- wie die zahlreichen Vorrechte und Privilegien, die ihnen nisse über die Goldene Bulle verwenden. durch die Goldene Bulle eingeräumt wurden, und wie die unbeschränkte Gerichtsbarkeit, Berg-, Salz-, Münz- und Zollregal, Judenschutz etc. zeigen. Im Sinne der Kurfürsten Lösungshinweise zum Arbeitsblatt und der anderen Landesherren war es z. B. auch, dass alle Bündnisse zwischen den Städten untersagt wurden. Inso- Aufgabe 1: Die Goldene Bulle legte fest, auf welche Weise fern bildete die Goldene Bulle eine wesentliche Grundlage der König gewählt werden sollte und regelte die Machtver- für das Erstarken der Landesherrschaften gegenüber dem teilung zwischen König und Fürsten. Sie schuf somit den Reich und den Städten. Auf lange Sicht führte dies dazu, rechtlichen Rahmen für die Entwicklung des Alten Reiches dass sich die Staatenbildung in Deutschland – im Gegensatz bis zu seinem Ende im Jahr 1806. Es kann daher wohl – wie zu Frankreich und England – in den Territorien vollzog und in Text M1 – als „Grundgesetz“ des Alten Reiches bezeich- sich die Nationsbildung Deutschlands verzögerte. net werden. Viele Bestimmungen der Goldenen Bulle schufen indes Aufgabe 2: Die Aufgabe lässt sich nur mithilfe des Vor- keine neue Rechtslage. Vielmehr wurden Regelungen wie wissens aus M1 und logischem Kombinationsvermögen etwa zur Königswahl, die sich bereits seit dem 13. Jahrhun- lösen, idealerweise auch in der Gruppe, wo Vermutungen, dert durchgesetzt hatten, für die Folgezeit festgeschrieben. Lösungsvorschläge und Thesen freier geäußert und disku- So waren beispielsweise die Ansprüche des Papsttums auf tiert werden können als im Plenum. die Zustimmung zur Königswahl schon 1338 von den Fürs- Die Lösung – ohne jeweilige Begründung – lautet: ten zurückgewiesen worden. Informationen zum Inhalt: C, E, J Informationen zu den Hintergründen: A, B, D, F Informationen zu den Folgen: G, H, I Didaktische und methodische Hinweise Aufgabe 3: Abgesehen davon, dass die Wahl des Königs rechtlich gesichert war, weil es aufgrund des Mehrheits- Das 650-jährige Jubiläum der Goldenen Bulle ist ein Anlass, prinzips nicht mehr zu Doppelwahlen kommen konnte, das Gesetzeswerk in seiner Bedeutung für die Geschichte waren die „Gewinner“ der Goldenen Bulle die Kurfürsten: © 2006 Schroedel, Braunschweig des Heiligen Römischen Reiches zu würdigen. Das Thema Sie bekamen neben den Vorrechten, die ihnen zugestan- kann darüber hinaus gut als Ausgangspunkt dienen, um den wurden, durch den Wahlmodus Einfluss auf den König, die politischen Herrschaftsstrukturen des Reiches (Landes- dem sie für seine Wahl weitere Zugeständnisse abverlangen herrschaft und Reich) insgesamt zu thematisieren oder zu konnten. wiederholen. In einer weiteren Perspektive kann der mit der Aufgabe 4: Das Erstarken der Fürsten schwächte das Reich Goldenen Bulle verbundene Machtzuwachs der Territori- als Ganzes und erschwerte langfristig die Nationsbildung. en gegenüber dem Reich auch im Zusammenhang mit der frühmodernen Staatsbildung angesprochen werden. Das Material zur Goldenen Bulle, dass auf dem Arbeitsblatt Weiterführende Links zusammengestellt ist, legt folgende Schritte der Erarbeitung nahe: Informationen zur Goldenen Bulle finden Sie unter: Am Beginn steht die Klärung der Fragen: Was war die Gol- http://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Bulle Lösungsblatt
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