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Wall of fame
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Vandalismus,
Protest oder Kunst?“
Impressum:
Annika Seel
Soderstücker Weg 9, 65510 Hünstetten
(T2KW9K)
Teresa Ohl
Am Forsthaus 16, 65510 Wallrabenstein
(TVXR2L)
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
1
Vorwort
Die vorliegende Geschichte „Wall of Fame“ entstand im Rahmen des 66. Europäischen
Wettbewerbs, den wir zusammen mit unserem Lehrer Roland Gawinski in unserem Politik- und
Wirtschaftsunterricht bearbeitet haben. Wir haben uns für das Thema 4.1 „Street Art-
Vandalismus, Protest oder Kunst?“ entschieden, weil es ein aktuelles Thema ist und die
Botschaften der Bilder meist Probleme aus ganz Europa ansprechen. Während unseres
Arbeitsprozesses haben wir die Leitfrage: „In wie weit bewegt Street Art Europa?“ behandelt.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Street Art Menschen bewegt und zusammenbringt,
z.B. in Form von Street Art Festivals. Außerdem kann es das Denken Vieler verändern und
kennt keine Grenzen, weder in der Definition noch in Bezug auf Europa. Unserer Meinung nach
ist Street Art Kunst, wenn sie richtig eingesetzt wird und legal entsteht. Durch unsere
Recherchen ist uns aufgefallen, dass viele Künstler das Thema der Flüchtlingspolitik in ihren
Bildern darstellen, weshalb wir uns auch über das Thema Flüchtlinge informiert haben und aus
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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diesem Zusammenhang eine Geschichte erstellten.
In unserer Geschichte spiegelt sich die Verfassung der UN-Charta wieder, in der die
Genferflüchtlingskonvention zu finden ist. Diese verpflichtet die Aufnahme von Flüchtlingen, die
wegen ihrer Religion oder politischen Meinung verfolgt werden. Unteranderem regelt die
Genferflüchtlingskonvention den Artikel 18- Asylrecht, der EU-Charta. Wir beziehen uns auch
auf den EU-Migrationspakt, der den Familiennachzug in neue Länder erleichtert.
Die Geschichte spielt in Deutschland und handelt von einem 13-Jährigen Jungen, dessen
Familie wegen politischer Verfolgung, zur Zeit des Bürgerkrieges, aus der syrischen Stadt
Aleppo fliehen musste. Ab 2011 entwickelte sich der Bürgerkrieg gegen die syrische Regierung.
Seitdem sind mehr als 5 Millionen Bürger aus dem Land geflohen. Außerdem spiegeln sich
einige der EU-Ziele in unserer Geschichte wieder. Die Eindämmung sozialer Ungerechtigkeit
und Diskriminierung wird damit bestätigt, dass die Hauptperson auf eine deutsche Schule geht
und auch von einheimischen Kindern integriert wird. Ein weiteres Ziel der EU ist die Achtung der
reichen kulturellen und sprachlichen Vielfalt, welche sich im Kinderheim unserer Geschichte
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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wiederspiegelt. Dass viele Menschen aus Europa für die Hauptperson spendeten, um ihm
seinen Traum zu erfüllen, zeigt auch die Stärkung des sozialen und territorialen
Zusammenhaltes und die Solidarität zwischen den Mitgliedsländern. Solidarität ist außerdem
auch einer von vielen Werten, die die EU vertritt. Eingebaut haben wir ebenfalls die
Grundrechte der EU-Charta. In Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes steht, dass die Würde
des Menschen unantastbar ist. Dieses Menschenrecht darf die syrische Familie, aus unserer
Geschichte, während ihrer politischen Verfolgung leider nicht erfahren. Die EU setzt sich
allerdings aktiv für die Wahrung der Menschenrechte ein und versucht diese überall in der EU
zu gewährleisten. Die Rechte des Kindes „Artikel 24“ legt fest, dass die Hauptperson und seine
Geschwister sicher in Deutschland aufgenommen wurden und nicht aufgrund ihrer Herkunft
diskriminiert wurden. Weitere EU-Werte sind Sicherheit und Freiheit, die die Hauptperson in
Deutschland genießen darf. Insgesamt ist die EU bestrebt ihre Mitglieder zu beschützen die
Grundwerte bestmöglich umzusetzen.
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Wall of Fame
Ich liege in meinem Bett und starre an die dunkle Decke. Ab und zu wälzt sich neben
mir jemand herum, aber sonst ist alles still. Ich denke gerade an meine Familie und
daran, wie weit meine Eltern weg sind. Mein kleiner Bruder liegt direkt neben mir in
seinem Bett und schläft tief und fest. Wir mussten vor 3 Jahren aus unserem
Heimatland Syrien fliehen, da unser Vater eine andere politische Meinung vertrat als die
Meisten. Deshalb mussten wir oft umziehen und uns vor der Regierung verstecken.
Zuletzt wurde es so schlimm, dass unsere Eltern uns lieber fortschickten, um uns zu
schützen und uns eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sie konnten nicht mit uns
fliehen, da wir nicht genug Geld hatten. Seit dem bin ich derjenige, der unsere Familie
zusammenhält und auf uns aufpasst. Das war auch das letzte Mal, wo wir sie gesehen
haben. Ich weiß nicht wo sie sind, wie es ihnen geht, oder ob sie überhaupt noch am
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Leben sind. Meine Geschwister fragen mich Tag täglich wo unsere Eltern sind, aber die
Wahrheit kann ich ihnen nicht sagen. Deshalb erzähle ich ihnen immer, dass es Mama
und Papa gut geht und wir sie bald wiedersehen.
Deutschland gefällt mir eigentlich ganz gut. Hier ist alles in Ordnung, kein Krieg, keine
Verwüstung und vor allem haben wir genug zu essen. Wir wohnen in einem Heim mit
anderen Kindern. Unsere Betreuerinnen sind alle echt nett, sie kochen uns Essen und
helfen uns bei den Hausaufgaben. Ich gehe in eine Schule mit einem
Nachhilfeprogramm für ausländische Kinder. Meine kleine Schwester ist letzes Jahr erst
in die Schule gekommen und kann schon ziemlich gut Deutsch. Ich strenge mich in der
Schule an, um gut zu sein. Ich möchte schließlich viel Geld verdienen, um meine Eltern
nach Deutschland holen zu können. Dann sind wir endlich alle wieder vereint. Plötzlich
bewegt sich etwas neben meinem Bett, ich richte mich auf und sehe meine kleine
Schwester. Sie schaut mich an und fragt mich, ob sie bei mir schlafen könne und ich
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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gebe nach. Ich hebe meine Decke hoch und sie schlüpft sofort drunter. Djamila ist nach
ein paar Minuten eingeschlafen, während ich noch ein bisschen wach bleibe. Ich denke
über morgen nach. Morgen ist Montag und die Schule geht wieder los. So wie ich hier
liege, über mein Leben und meine Eltern nachdenke, merke ich wie ich Müde werde
und schließlich einschlafe. Als der Wecker klingelt werde alle um mich herum wach und
schauen sich verschlafen an. In unserem Zimmer sind wir 4 Kinder. Mein Bruder, ich
und noch ein Geschwisterpärchen. Einer von ihnen ist 5 Jahre alt und somit der Jüngste
hier im Zimmer. Meine Schwester schläft in einem anderen Zimmer, da hier Mädchen
und Jungs getrennt sind. Ab und zu schleicht sie sich aber zu mir und schläft in meinem
Bett, so wie letze Nacht. Ich stehe langsam auf und laufe zum Bad, welches übrigens
auch nach Mädchen und Jungs getrennt ist. Auf dem Weg begegne ich meinem Kumpel
Bashar, welcher mir ein verschlafenes: „Hi“ zu ruft. Im Bad angekommen stelle ich mich
vor den Spiegel und fange an meine Zähne zu putzen.
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Danach laufe ich zu den Duschen. Da alle besetzt sind, setze ich mich auf eine Bank
und warte. Mit so vielen Leuten dauert alles ein bisschen länger. Nachdem ich mich für
die Schule fertig gemacht habe, hole ich meine Geschwister und wir gehen runter in
den Essenssaal zum Frühstück. Die Meisten sitzen schon und warten bis alle da sind.
Heute sind andere Kinder mit dem Abräumen dran und so können wir uns direkt auf den
Weg zur Schule machen. Unsere Betreuerinnen wünschen uns noch einen schönen
Tag und dann laufen alle los. Meine Geschwister und ich müssen nur ca. 15 Minuten
zur Schule laufen. Auf dem Weg dahin kommen wir jeden morgen an einer schön
besprayten Hauswand vorbei, die mich immer wieder aufs Neue fasziniert.
In der Schule angekommen, verabschiede ich mich von meinen Geschwistern und laufe
zu meinem Klassenraum. Ich setze mich auf meinen Platz und spüre plötzlich eine
Hand auf meiner Schulter. Deshalb drehe ich mich um und sehe Bashar. Da kommt die
Lehrerin rein und ruft: „Guten Morgen! Setzt euch bitte hin!“.
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Kurz darauf beginnen wir mit dem Unterricht. Als es zur ersten Pause klingelt, laufe ich
auf den Pausenhof. Ich sehe Emilia, eine gute Freundin, draußen stehen und laufe zu
ihr. „Hi Emilia“ sage ich. „Hey Najim, wie geht’s?“, fragt sie. „Gut und dir?“, antworte ich.
Emilia entgegnet: „Mir auch!“, „hast du Lust morgen zum Mittagessen vorbei zu
kommen?“. Ich nicke. In diesem Moment klingelt die Pausenglocke und wir
verabschieden uns schnell. Ich renne zurück zu meinem Klassenraum und komme
gerade noch rechtzeitig an, als meine Lehrerin die Tür schließen will. Nach endlos
langen vier weiteren Schulstunden dürfen wir gehen. Am Schultor wartet schon Adil,
mein Bruder, auf mich. Auf dem gesamten Rückweg redet er über seinen Schultag und
die Leute aus seiner Klasse. Zuhause angekommen bringen wir unsere Schulsachen
weg und helfen Anita und Greta, unsere Heimmütter, beim Tischdecken. Jeden Tag um
14 Uhr gibt es Mittagessen. Heute gibt es Spaghetti mit Tomatensoße. Wir sind hier fast
30 Kinder, weshalb der Essensraum sehr voll ist.
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Aus diesem Grund verdrücke ich mich immer schnell und fange mit meinen
Hausaufgaben an. Während ich Mathe mache und über geometrische Figuren
nachdenke, schweift mein Blick immer wieder zu einem ganz bestimmten Bild. Es zeigt
meine Eltern, meine Geschwister und mich. Wir sitzen auf einer Gartenbank und
umarmen uns alle. Ich kann mich nur noch ganz schwach an diesen Moment erinnern.
Aber eines weiß ich, wir waren alle zusammen und glücklich.
Plötzlich schlägt mir jemand auf den Rücken und ich werde aus meiner Erinnerung
gerissen. „Ey, was machst du da?“, höre ich jemand hinter mir sagen. Ich drehe mich
um und schaue Paul direkt in die Augen. „Alter, erschreck mich doch nicht so!“,
antworte ich, „ich versuche gerade Mathe zu machen“. Er schlägt mir vor nach den
Mathe Aufgaben Skaten zu gehen. Als ich schließlich fertig bin, springe ich auf und rufe:
„Es kann losgehen“. „Endlich!“, ruft er zurück. Wir rennen die Treppe runter, schnappen
uns die Skateboards und laufen los zum Skatepark. Dort angekommen sehen wir schon
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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einige Kinder die mit ihren Skateboards die Halfpipe hoch und runter skaten.
Nach einigen Stunden machen wir uns auf den Heimweg. Schweigend und müde gehen
wir neben einander her. Plötzlich reist er mich aus meinen Gedanken indem er sagt:
„Guck mal, da steht ein Auto vor der Einfahrt.“ Da war ein roter, klappriger Golf direkt
vor der Einfahrt des Kinderheims. An der Eingangstür treffen wir auf Bashar. Er sieht
sehr gut gelaunt aus und grinst uns belustigt an. „Jungs, ihr habt die große Neuigkeit
verpasst.“, sagt er aufgeregt. Neugierig starren wir ihn an und gehen schnell in den
Gemeinschaftsraum. Dort sind alle versammelt und hören jemandem gespannt zu. Als
wir näherkommen, sehen wir warum alle so neugierig sind, denn in der Mitte steht ein
großer junger Mann. „Mein Name ist Bennedikt, ich werde ab heute Greta und Anita
unterstützen“, sagt er mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Greta steht
neben ihm und grinst ihn an, anscheinend findet sie ihn gut. „Genau“, sagt Greta, „wir
brauchen eine männliche Unterstützung“, dabei sieht sie ihm in die Augen.
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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„Ja endlich männliche Unterstützung hier!“, ruft Paul. Bennedikt lächelt: „Ich werde mich
anstrengen, aber jetzt essen wir erst mal. Ich habe nämlich einen riesen Hunger“. Alle
stimmen zu und gehen rüber zum Esszimmer. Bevor wir anfangen, sprechen wir alle
zusammen ein Tischgebet. Jeder darf es in seiner eigenen Glaubensrichtung aufsagen.
Nach dem Essen gehe ich hoch in mein Zimmer und setze mich an meinen
Schreibtisch. Ich bin alleine im Zimmer, deshalb hole ich meinen Zeichenblock aus der
Schreibtischschublade und fange an zu zeichnen. Das ist meine
Lieblingsbeschäftigung. Dabei kann ich meinen Kopf frei kriegen und meine Kreativität
spielen lassen. Nicht viele wissen, dass ich zeichne. Nur Paul hat bis jetzt meine Werke
gesehen und findet sie richtig gut. Ich hoffe, dass sie ihm auch wirklich gefallen und er
es nicht nur sagt um mich nicht zu verletzen. Ich habe auch einmal überlegt meine
Bilder jemanden zu zeigen der mehr Ahnung davon hat. Aber das traue ich mich nicht,
weil ich Angst habe mich zu blamieren. Plötzlich klopft es an der Tür und ich packe
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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schnell meine Zeichnungen weg. Die Tür geht auf und meine kleine Schwester kommt
rein. „Najim, bringst du mich ins Bett?“, fragt sie. Ich bin etwas verwirrt und schaue auf
die Uhr. Es ist schon acht Uhr und ich merke wie ich die Zeit vergessen habe. Ich sage:
„Ja klar, bist du schon Bett fertig?“. Sie nickt. Ich stehe auf und bringe sie in ihr Zimmer.
Leise öffne ich die Zimmertür, um ihre schlafenden Mitbewohner nicht zu wecken. Sie
legt sich ins Bett und ich gebe ihr noch einen Gutenachtkuss auf die Stirn. Danach
verlasse ich den Raum und gehe zurück in mein Zimmer. Ich entscheide mich noch ein
bisschen zu zeichnen. Ich bin so in meinem Bild vertieft, dass ich nicht bemerke, dass
Bennedikt ins Zimmer kommt. „WOW, das sieht echt gut aus!“, sagt er hinter mir.
Erschreckt drehe ich mich um. „Oh!“, sage ich, „du bist es“. „Sorry, ich wollte dich nicht
erschrecken“, lächelt er. „Ich wollte eigentlich nur schauen ob alles in Ordnung ist und
mich mit euch bekannt machen. Das ich jetzt so ein Talent entdecke, habe ich natürlich
nicht erwartet“. Sein Grinsen wird immer breiter. Es ist mir schon etwas unangenehm,
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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vor allem, weil ich Bennedikt nicht kenne, aber ein bisschen freue ich mich schon über
sein Kompliment. „Hast du noch mehr?“, fragt er. Ich zeige ihm ein paar Werke. Die
Meisten sind ziemlich detailreich, aber es gibt auch welche wo ich nichts Bestimmtes
gezeichnet habe, sondern meinen Gedanken freien Lauf ließ. „Die sind alle ziemlich
gut, aber das mag ich am Meisten“. Er zeigt auf ein Bild, welches einen großen Wolf
zeigt, der in ein weites Tal schaut. Die eine Hälfte des Tals ist voller Schnee und auf der
anderen Seite ist es Sommer. Das ist auch eines meiner Lieblingsbilder. Plötzlich
kommen zwei Mädchen rein und fragen Bennedikt, ob er sie ins Bett bringen kann. Er
sagt natürlich ja und schaut mich an. „Wir reden morgen weiter, in Ordnung? Ich würde
gerne mehr erfahren“, mit diesen Worten verlässt er das Zimmer. Ich nicke nur und
packe meine Malsachen weg. Da es schon kurz vor 10 ist, gehe ich ins Bad und mache
mich fertig. Nachdem ich Zähne geputzt habe, lege ich mich in mein Bett und ehe ich
mich versehe bin ich schon eingeschlafen. Am nächsten Morgen erinnere ich mich an
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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das gestrige Gespräch mit Bennedik. Er wollte ja heute nochmal mit mir reden.
Während meine Lehrerin irgendetwas von deutschen Konjunktionen erzählt, schweifen
meine Gedanken ab und ich denke an meinen Traum von letzer Nacht. Ich habe mal
wieder von einem coolen Motiv geträumt. Ich sehe öfter irgendetwas, was mir dann den
ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf geht und später versuche ich es zu zeichnen.
Meistens gelingt es mir auch sehr gut. „Najim passt du bitte auf! Das ist wichtig“, spricht
mich die Lehrerin an. Ich erschrecke aus meinen Gedanken. „Äh ja. Tut mir leid“, sage
ich schnell. Den Rest des Tages versuche ich mitzumachen. Als es endlich zum
Schulschluss klingelt, packe ich alles zusammen. Ich renne aus der Klasse und stoße
mit Emilia zusammen, die vor der Tür steht. Ich habe doch tatsächlich das Essen bei
Emilia vergessen. Nun kann ich ihr aber auch nicht mehr absagen, ihre Mutter hat
bestimmt alles schon vorbereitet.
Zum Glück sehe ich Bashar und rufe: „Hey, kannst du bitte Greta sagen, dass ich heute
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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bei Emilia esse!“. „Ja mach ich“, ruft er im Vorbeigehen.
Wir machen uns auf den Weg, das Essen ist wie immer sehr gut und ihre Mutter ist total
nett zu mir. Danach erkläre ich ihr aber, dass ich jetzt unbedingt nach Hause muss. Ein
wenig traurig ist sie schon, das merke ich. Trotzdem renne ich schnell nach Hause und
treffe auf Paul, der mich unbedingt aufziehen muss, weil ich bei Emilia war. Ich lasse
ihn dumm grinsen und suche Bennedikt. Als ich ihn gefunden habe, frage ich ihn:
„Magst du noch mal meine Bilder angucken?“. „Nach dem Abendessen, okay?“, meint
er. Schnell erledige ich meine Hausaufgaben und sortiere meine Bilder. Danach gibt es
auch schon Essen. Später gehen Bennedikt und ich erst in mein Zimmer. Da dort aber
zu viel los ist, beschließen wir uns die Bilder im Hof anzuschauen. Wir setzten uns auf
die Bank unter der großen Lampe und legen alle Bilder auf den Tisch.
Beim Anschauen der Bilder fängt Bennedikt an zu erzählen: „Ich habe als Teenager
auch viel gemalt, aber leider nicht so gut wie du“. „Malst du immer noch?“.
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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„Ja, meine Werke sind aber für die Öffentlichkeit“, meint er.
„Öffentlichkeit?“, frage ich verständnislos. „Weißt du was Street Art ist?“, fragt er mich.
„Diese Schmierereien überall an den Hauswänden?“, frage ich verwirrt. „Nein, das ist
kein Street Art, sondern Graffiti“, er holt sein Handy raus und zeigt mir ein paar Bilder.
Ich staune, so viele unterschiedliche Motive und Farben. „Das wird alles gesprayt?“,
frage ich. Er nickt. „Das möchte ich auch mal probieren. Hilfst du mir dabei?“, ich
schaue ihn erwartungsvoll an. „Ja gerne, dann komme ich auch endlich wieder mal zum
Sprayen“, sagt Bennedikt lächelnd. Von diesem Tag an treffen wir uns fast jeden Abend
im Hof und sprechen über Street Art, er bringt mir alles bei was ich darüber wissen
muss. Ich muss noch viel lernen bevor ich ein Bild sprayen darf. Eines Abends sitzen
wir wieder im Hof und besprechen die Techniken Mural und Pochoir.
Bei Mural besprayt man riesige Häuserfassaden frei Hand und bei Pochoir arbeitet man
mit Schablonen. Bennedikt hat auch ein großes Buch darüber mitgebracht.
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Er sitzt neben mir und schaut sich um: „Bist du gerne hier im Hof?“, fragt er plötzlich.
„Ja, hier ist es immer schön ruhig, aber ich glaube die anderen finden es nicht so
gemütlich hier“, sage ich. Es gibt hier im Hof nämlich nur ein paar Pflanzen in
langweiligen Töpfen und ein Basketballkorb, aber ansonsten ist es eher kahl und
ungemütlich. Er überlegt: „Bald ist doch Tag der offenen Tür. Was hältst du davon,
wenn wir den Hof davor einfach verschönern würden? Vielleicht mit Spraydosen. Wir
könnten diese zwei Wände da drüben nehmen?“, er schaut mich erwartungsvoll an.
„Voll cool!“, rufe ich freudig. Bennedikt lacht: „Ja finde ich auch, lass uns nächstes
Wochenende damit anfangen! Aber erst brauchen wir noch die Erlaubnis von Greta und
Anita!“, sagt er und geht rein. Nachdem er alles geregelt hat und beide zugestimmt
haben, freue ich mich wie ein kleines Kind und kann es kaum abwarten bis wir
anfangen. Nach einer anstrengenden Schulwoche ist es endlich wieder Freitag und
Bennedikt hat alles an Material gekauft was wir brauchen.
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Früh am nächsten Morgen springe ich aus dem Bett und beeile mich.
Nach dem Frühstück gehen wir in den Hof, dort stehen schon eine große Tasche und
ein Besen bereit. „Hilf mir bitte“, ruft er. Er hat eine große grüne Plane dabei, die wir vor
die Mauer legen. Gut, dass die Mauer weiß gestrichen ist, so kommen die Farben
besser zur Geltung. Insgesamt dürfen wir zwei Wände besprayen, die wir vorher mit
dem Besen reinigen. Bennedikt gibt mir noch einen Overall zum Anziehen und dann
kann es endlich losgehen. Er nimmt die erste Dose und zieht zuerst mit einem kräftigen
Orange die Grundlinien. Wie gebannt schaue ich erstmal nur zu, dann nehme ich mir
auch eine Farbe und versuche mich an seine Anweisungen zu halten. Nach langer Zeit
und vielen Farben später nimmt das Bild langsam Gestalt an. Es ist ein tolles Gefühl zu
sehen wie das Bild langsam entsteht. „Wie ich das vermisst habe so zu sprayen!“, ruft
Bennedikt. Ich nicke. Die zweite Wand darf ich alleine besprayen, es dämmert schon
als wir endlich fertig sind. Aus einiger Entfernung betrachten wir unsere Kunstwerke und
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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sind stolz darauf, wie gut sie geworden sind. In der Zeit haben auch die anderen
gemerkt, dass wir fertig geworden sind und kommen raus um zu schauen. Alle staunen,
einige rufen: „Wow wie toll“, andere sind sprachlos. Ein Glücksgefühl überkommt mich
und ich muss mir ein paar Tränen verkneifen. Das große Bild zeigt einen riesigen
Löwenkopf in allen schimmernden Farben und ganz viele bunte exotische Blumen
drumherum. Das ganze Bild strahlt pure Lebensfreude aus und leuchtet in der
Abendsonne. Mein zweites Bild ist ein Mandala ähnliches Geflecht aus gedeckten
Farben, das ich einfach aus dem Bauch heraus gemalt habe. Bennedikt, ich und ein
paar andere sitzen an diesem Abend noch lange im Hof und betrachten unser Werk.
Nächstes Wochenende ist schon der Tag der offenen Tür und ich bin gespannt was die
Leute zu unseren Street Art Werken sagen werden. Dieser Tag ist nämlich zum einen
da, um neue Spender zu finden oder für ehemalige Heimbewohner, um ihr altes
Zuhause zu besuchen. An diesem Tag habe ich mich sonst immer in meinem Zimmer
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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aufgehalten, aber dieses Jahr ist es allerdings anders.
Bennedikt ist hier und ich habe etwas zu präsentieren. Ich bin sehr gespannt auf die
Reaktionen der Besucher. Die eine Woche vergeht wie im Flug und schon ist wieder
Freitag. Alle müssen beim Dekorieren und Backen helfen. Es wird aufgeräumt und
geputzt, damit es am Samstag perfekt ist. Abends fallen wir todmüde ins Bett und ich
schlafe sofort ein. Am nächsten Morgen bin ich der Erste, der aufwacht und wecke alle
in meinem Zimmer. Wir haben richtig gute Laune. Ich gehe schnell in die Küche und
helfe dabei die letzten Sachen vorzubereiten, wie zum Beispiel Kaffee kochen. Anita
belegt in der Zeit unsere Frühstücksbrötchen, damit es gleich schneller mit dem Essen
geht. „Nimm dir eins!“, sagt sie. Ich schnappe mir ein Käsebrötchen und gehe in den
Hof, wo Greta und Bennedikt noch die Girlanden aufhängen.
Ich frage, ob ich auch noch was helfen kann. Gefegt müsste noch werden, meint Greta.
Danach werden noch schnell die Tische und Bänke aufgebaut.
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Zum Glück sind jetzt alle Kinder da und so sind wir im Nu fertig. Jetzt machen sich alle
noch schick für den Besuch, dabei muss ich meinen Geschwistern helfen. Gerade
suchen wir ein Kleid für Djamila raus, als sie ganz traurig sagt: „Es wäre so schön,
wenn Mama und Papa jetzt hier wären…“. Tränen kullern ihre Wangen herunter. Ich
nehm sie in den Arm und drücke sie fest: „Ja, ich vermisse sie auch schrecklich, aber
bald sehen wir sie wieder“. Wir gehen runter in den Hof, denn die ersten Gäste kommen
schon. Sogar Emilia ist mit ihren Eltern da, was ich ganz toll finde. Der Tag ist ein voller
Erfolg und unsere Kunstwerke werden von jedem bestaunt. Alle finden sie toll und
sagen, dass sie super aussehen. Ich bin richtig glücklich und weiß gar nicht warum ich
meine Bilder vorher immer versteckt habe. Alles in allem war es ein wunderschöner
Tag, müde und glücklich gehe ich schlafe. Die nächsten Wochen fliegen nur so an mir
vorbei. Bald sind endlich Sommerferien und ich habe mehr Zeit mit Paul und Baschar
abzuhängen und wieder mehr zu zeichnen. Die Schule nimmt mich zurzeit sehr in
66. Europäischer Wettbewerb
4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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Anspruch und ich muss mich noch zusätzlich um Adil und Djamila kümmern.
Trotzdem haben Bennedikt und ich es ab und zu geschafft uns im Hof zusammen zu
setzen und zu reden. Heute ist Mittwoch und ich sitze gerade an meinen
Hausaufgaben, als plötzlich die Tür auf geht und Bennedikt freudig herein kommt:
„Najim, ich habe tolle Neuigkeiten!“. „Was ist denn los?“, frage ich. „Ein Kumpel von mir,
den ich aus der Street-Art- Szene kenne, war vorhin hier und hat mich gefragt, ob ich
bei einem Street-Art-Festival in zwei Wochen mitmachen will. Ich habe natürlich
zugestimmt. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du mitkommen willst?“, fragt er
erwartungsvoll. „Natürlich will ich mit!“, rufe ich begeistert.
Die nächsten zwei Wochen bin ich damit beschäftigt mit Bennedikt alles vor zubereiten.
Wir überlegen uns welches Thema sein Bild haben soll und besorgen alles.
Dann ist es endlich soweit! Heute gab es Ferien und nachher fahren wir zum Festival.
Zuhause angekommen werfe ich meine Schulsachen in mein Zimmer, ziehe mich
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
23
schnell um und treffe mich mit Bennedikt im Hof.
Wir fahren mit seinem Auto los und nach etwa einer halben Stunde sind wir da. Wir
haben Glück und finden gleich einen Parkplatz. Das Festival findet in einer alten großen
Fabrik statt, wo nur noch die Grundmauern stehen. Jeder Sprayer bekommt einen Platz
zugewiesen, den er so gestalten darf wie er möchte. Das Ziel solcher Festivals ist es,
Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen und Bootschaften zu vermitteln. Außerdem kann
man auch viel von anderen Künstlern lernen. Um 13 Uhr geht es endlich los. Wir beide
sind ziemlich aufgeregt. Der Veranstalter hält noch eine Willkommensrede und dann
geht es endlich los. Erst schaue ich Bennedikt zu, dann werde ich neugierig und gucke
was die anderen so machen. Denn es sind nicht nur deutsche Künstler angereist,
sondern auch aus vielen anderen Ländern. Plötzlich spricht mich jemand an. Es ist
einer der Veranstalter, der mich fragt ob ich Lust habe zu sprayen. Es ist ein Künstler
nicht gekommen und deshalb ist ein Platz frei. Er erzählt mir, dass er bei uns im Heim
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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am Tag der offenen Tür war und mein Kunstwerk gesehen hat.
Ich würde unglaublich gerne mitmachen, da fällt mir ein: „Ich habe keine Spraydosen
mit!“. „Kein Problem“, meint er, „wir haben immer welche zur Reserve dabei.“
Da Bennedikt mich nicht braucht, stimme ich zu. Der nette Mann bringt mich an die
noch leere Wand. Keine Ahnung was ich sprayen soll, ich atme einmal tief durch und
fange einfach mal an. Ich bin ganz in meine Arbeit vertieft und merke gar nicht, dass
alle Sprayer um mich herum fertig sind. Der Typ neben mir sieht mein Bild und sagt:
„Wow!“. Da merke ich erst, dass sich schon viele Menschen hinter mir angesammelt
haben. Als ich endlich fertig bin, fangen alle an zu klatschen. Bennedikt steht auch in
der Menge und staunt nicht schlecht. Der Veranstalter von vorhin kommt auch und lobt
mich. Er fragt: „Wie konntest du mitmachen?“. „Ein Künstler ist ausgefallen und mir
wurde der Platz dann angeboten“, sage ich freudig. „Ich wusste, dass in dir so ein
Talent schlummert“, strahlt er. Nach der anfänglichen Aufregung um mein Bild, können
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4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“
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wir uns auch mal die anderen Bilder anschauen. Am Abend fahren wir nach Hause.
Zuhause angekommen ruft Bennedikt alle zusammen und erzählt von unserem Tag.
Dabei lässt er natürlich die Überraschung durch mein Bild nicht aus. Dieser Tag war
einer der Besten in meinem Leben, doch als ich abends in meinem Bett liege, überfällt
mich das Bedürfnis meinen Eltern von dem heutigen Tag zu erzählen. Das macht mich
wieder etwas traurig, aber ich versuche es zu verdrängen. In den nächsten zwei
Wochen verbringe ich viel Zeit mit Paul, Bashar und Emilia.
Als ich eines Nachmittags nach Hause komme, werde ich schon freudig von meinem
Bruder erwartet. „Najim, du musst sofort mit kommen!“, dabei packt er mich am Arm
und zieht mich mit ins Wohnzimmer. Dort stehen schon Paul, Bashar, Anita, Greta und
meine kleine Schwester um Bennedikt herum und starren auf sein Handy. Er kommt zu
mir und klopft mir auf die Schulter. „Herzlichen Glückwunsch“, sagt er und zeigt mir sein
Handy. Ich versteh erstmal Garnichts. Ich sehe nur mein Bild vom Festival und einen
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Text darunter. „Hä“, sage ich, „was ist das?“.
Bennedikt erklärt mir, dass jemand mein Bild online gestellt hat und es sich schnell
verbreitete. Es hat die Menschen anscheinend so berührt, dass sie eine Onlinespende
für mich gestartet haben und dabei kam eine Menge Geld raus. „Und das gehört jetzt
mir oder wie?“, frage ich fassungslos. „Ja!“, antwortet er. „Menschen aus ganz Europa
haben für dich gespendet“. Meine kleinen Geschwister hüpfen um mich herum und
rupfen an meinen Ärmeln. „Najim, weißt du was wir mit dem Geld machen können?“.
Ich schaue sie fragend an, doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. „Wir
können Mama und Papa holen!“, rufe ich. Alle freuen sich und jubeln.
Drei Monate später stehe ich mit meinen Geschwistern, Bennedikt und Anita am
Flughafen. Wir halten uns an den Händen und warten gespannt. Es war sogar so viel
Geld, dass meine Eltern mit einem Flugzeug fliegen konnten. In dem Moment kommen
ein älterer Mann und eine Frau um die Ecke. Sie erblicken uns, die Frau bricht in
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Tränen aus und rennt auf uns zu. Wir fangen auch an zu rennen und rufen: „Mama!
Baba!“. Wir fallen uns in die Arme und halten uns ganz lange festgedrückt.
Endlich haben wir uns wieder und dass nur, weil mein Bild die Menschen europaweit
berührt hat.
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Quellenverzeichnis
 ec.europa.eu
 eur-lex.europa.de
 fra.europa.eu
 www.bpb.de
 www.hackenteer.com/street-art-stilarten
 www.zeitjung.de
66. Europäischer Wettbewerb
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  • 1. Wall of fame 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Vandalismus, Protest oder Kunst?“ Impressum: Annika Seel Soderstücker Weg 9, 65510 Hünstetten (T2KW9K) Teresa Ohl Am Forsthaus 16, 65510 Wallrabenstein (TVXR2L)
  • 2. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 1 Vorwort Die vorliegende Geschichte „Wall of Fame“ entstand im Rahmen des 66. Europäischen Wettbewerbs, den wir zusammen mit unserem Lehrer Roland Gawinski in unserem Politik- und Wirtschaftsunterricht bearbeitet haben. Wir haben uns für das Thema 4.1 „Street Art- Vandalismus, Protest oder Kunst?“ entschieden, weil es ein aktuelles Thema ist und die Botschaften der Bilder meist Probleme aus ganz Europa ansprechen. Während unseres Arbeitsprozesses haben wir die Leitfrage: „In wie weit bewegt Street Art Europa?“ behandelt. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass Street Art Menschen bewegt und zusammenbringt, z.B. in Form von Street Art Festivals. Außerdem kann es das Denken Vieler verändern und kennt keine Grenzen, weder in der Definition noch in Bezug auf Europa. Unserer Meinung nach ist Street Art Kunst, wenn sie richtig eingesetzt wird und legal entsteht. Durch unsere Recherchen ist uns aufgefallen, dass viele Künstler das Thema der Flüchtlingspolitik in ihren Bildern darstellen, weshalb wir uns auch über das Thema Flüchtlinge informiert haben und aus
  • 3. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 2 diesem Zusammenhang eine Geschichte erstellten. In unserer Geschichte spiegelt sich die Verfassung der UN-Charta wieder, in der die Genferflüchtlingskonvention zu finden ist. Diese verpflichtet die Aufnahme von Flüchtlingen, die wegen ihrer Religion oder politischen Meinung verfolgt werden. Unteranderem regelt die Genferflüchtlingskonvention den Artikel 18- Asylrecht, der EU-Charta. Wir beziehen uns auch auf den EU-Migrationspakt, der den Familiennachzug in neue Länder erleichtert. Die Geschichte spielt in Deutschland und handelt von einem 13-Jährigen Jungen, dessen Familie wegen politischer Verfolgung, zur Zeit des Bürgerkrieges, aus der syrischen Stadt Aleppo fliehen musste. Ab 2011 entwickelte sich der Bürgerkrieg gegen die syrische Regierung. Seitdem sind mehr als 5 Millionen Bürger aus dem Land geflohen. Außerdem spiegeln sich einige der EU-Ziele in unserer Geschichte wieder. Die Eindämmung sozialer Ungerechtigkeit und Diskriminierung wird damit bestätigt, dass die Hauptperson auf eine deutsche Schule geht und auch von einheimischen Kindern integriert wird. Ein weiteres Ziel der EU ist die Achtung der reichen kulturellen und sprachlichen Vielfalt, welche sich im Kinderheim unserer Geschichte
  • 4. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 3 wiederspiegelt. Dass viele Menschen aus Europa für die Hauptperson spendeten, um ihm seinen Traum zu erfüllen, zeigt auch die Stärkung des sozialen und territorialen Zusammenhaltes und die Solidarität zwischen den Mitgliedsländern. Solidarität ist außerdem auch einer von vielen Werten, die die EU vertritt. Eingebaut haben wir ebenfalls die Grundrechte der EU-Charta. In Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes steht, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Dieses Menschenrecht darf die syrische Familie, aus unserer Geschichte, während ihrer politischen Verfolgung leider nicht erfahren. Die EU setzt sich allerdings aktiv für die Wahrung der Menschenrechte ein und versucht diese überall in der EU zu gewährleisten. Die Rechte des Kindes „Artikel 24“ legt fest, dass die Hauptperson und seine Geschwister sicher in Deutschland aufgenommen wurden und nicht aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert wurden. Weitere EU-Werte sind Sicherheit und Freiheit, die die Hauptperson in Deutschland genießen darf. Insgesamt ist die EU bestrebt ihre Mitglieder zu beschützen die Grundwerte bestmöglich umzusetzen.
  • 5. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 4 Wall of Fame Ich liege in meinem Bett und starre an die dunkle Decke. Ab und zu wälzt sich neben mir jemand herum, aber sonst ist alles still. Ich denke gerade an meine Familie und daran, wie weit meine Eltern weg sind. Mein kleiner Bruder liegt direkt neben mir in seinem Bett und schläft tief und fest. Wir mussten vor 3 Jahren aus unserem Heimatland Syrien fliehen, da unser Vater eine andere politische Meinung vertrat als die Meisten. Deshalb mussten wir oft umziehen und uns vor der Regierung verstecken. Zuletzt wurde es so schlimm, dass unsere Eltern uns lieber fortschickten, um uns zu schützen und uns eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Sie konnten nicht mit uns fliehen, da wir nicht genug Geld hatten. Seit dem bin ich derjenige, der unsere Familie zusammenhält und auf uns aufpasst. Das war auch das letzte Mal, wo wir sie gesehen haben. Ich weiß nicht wo sie sind, wie es ihnen geht, oder ob sie überhaupt noch am
  • 6. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 5 Leben sind. Meine Geschwister fragen mich Tag täglich wo unsere Eltern sind, aber die Wahrheit kann ich ihnen nicht sagen. Deshalb erzähle ich ihnen immer, dass es Mama und Papa gut geht und wir sie bald wiedersehen. Deutschland gefällt mir eigentlich ganz gut. Hier ist alles in Ordnung, kein Krieg, keine Verwüstung und vor allem haben wir genug zu essen. Wir wohnen in einem Heim mit anderen Kindern. Unsere Betreuerinnen sind alle echt nett, sie kochen uns Essen und helfen uns bei den Hausaufgaben. Ich gehe in eine Schule mit einem Nachhilfeprogramm für ausländische Kinder. Meine kleine Schwester ist letzes Jahr erst in die Schule gekommen und kann schon ziemlich gut Deutsch. Ich strenge mich in der Schule an, um gut zu sein. Ich möchte schließlich viel Geld verdienen, um meine Eltern nach Deutschland holen zu können. Dann sind wir endlich alle wieder vereint. Plötzlich bewegt sich etwas neben meinem Bett, ich richte mich auf und sehe meine kleine Schwester. Sie schaut mich an und fragt mich, ob sie bei mir schlafen könne und ich
  • 7. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 6 gebe nach. Ich hebe meine Decke hoch und sie schlüpft sofort drunter. Djamila ist nach ein paar Minuten eingeschlafen, während ich noch ein bisschen wach bleibe. Ich denke über morgen nach. Morgen ist Montag und die Schule geht wieder los. So wie ich hier liege, über mein Leben und meine Eltern nachdenke, merke ich wie ich Müde werde und schließlich einschlafe. Als der Wecker klingelt werde alle um mich herum wach und schauen sich verschlafen an. In unserem Zimmer sind wir 4 Kinder. Mein Bruder, ich und noch ein Geschwisterpärchen. Einer von ihnen ist 5 Jahre alt und somit der Jüngste hier im Zimmer. Meine Schwester schläft in einem anderen Zimmer, da hier Mädchen und Jungs getrennt sind. Ab und zu schleicht sie sich aber zu mir und schläft in meinem Bett, so wie letze Nacht. Ich stehe langsam auf und laufe zum Bad, welches übrigens auch nach Mädchen und Jungs getrennt ist. Auf dem Weg begegne ich meinem Kumpel Bashar, welcher mir ein verschlafenes: „Hi“ zu ruft. Im Bad angekommen stelle ich mich vor den Spiegel und fange an meine Zähne zu putzen.
  • 8. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 7 Danach laufe ich zu den Duschen. Da alle besetzt sind, setze ich mich auf eine Bank und warte. Mit so vielen Leuten dauert alles ein bisschen länger. Nachdem ich mich für die Schule fertig gemacht habe, hole ich meine Geschwister und wir gehen runter in den Essenssaal zum Frühstück. Die Meisten sitzen schon und warten bis alle da sind. Heute sind andere Kinder mit dem Abräumen dran und so können wir uns direkt auf den Weg zur Schule machen. Unsere Betreuerinnen wünschen uns noch einen schönen Tag und dann laufen alle los. Meine Geschwister und ich müssen nur ca. 15 Minuten zur Schule laufen. Auf dem Weg dahin kommen wir jeden morgen an einer schön besprayten Hauswand vorbei, die mich immer wieder aufs Neue fasziniert. In der Schule angekommen, verabschiede ich mich von meinen Geschwistern und laufe zu meinem Klassenraum. Ich setze mich auf meinen Platz und spüre plötzlich eine Hand auf meiner Schulter. Deshalb drehe ich mich um und sehe Bashar. Da kommt die Lehrerin rein und ruft: „Guten Morgen! Setzt euch bitte hin!“.
  • 9. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 8 Kurz darauf beginnen wir mit dem Unterricht. Als es zur ersten Pause klingelt, laufe ich auf den Pausenhof. Ich sehe Emilia, eine gute Freundin, draußen stehen und laufe zu ihr. „Hi Emilia“ sage ich. „Hey Najim, wie geht’s?“, fragt sie. „Gut und dir?“, antworte ich. Emilia entgegnet: „Mir auch!“, „hast du Lust morgen zum Mittagessen vorbei zu kommen?“. Ich nicke. In diesem Moment klingelt die Pausenglocke und wir verabschieden uns schnell. Ich renne zurück zu meinem Klassenraum und komme gerade noch rechtzeitig an, als meine Lehrerin die Tür schließen will. Nach endlos langen vier weiteren Schulstunden dürfen wir gehen. Am Schultor wartet schon Adil, mein Bruder, auf mich. Auf dem gesamten Rückweg redet er über seinen Schultag und die Leute aus seiner Klasse. Zuhause angekommen bringen wir unsere Schulsachen weg und helfen Anita und Greta, unsere Heimmütter, beim Tischdecken. Jeden Tag um 14 Uhr gibt es Mittagessen. Heute gibt es Spaghetti mit Tomatensoße. Wir sind hier fast 30 Kinder, weshalb der Essensraum sehr voll ist.
  • 10. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 9 Aus diesem Grund verdrücke ich mich immer schnell und fange mit meinen Hausaufgaben an. Während ich Mathe mache und über geometrische Figuren nachdenke, schweift mein Blick immer wieder zu einem ganz bestimmten Bild. Es zeigt meine Eltern, meine Geschwister und mich. Wir sitzen auf einer Gartenbank und umarmen uns alle. Ich kann mich nur noch ganz schwach an diesen Moment erinnern. Aber eines weiß ich, wir waren alle zusammen und glücklich. Plötzlich schlägt mir jemand auf den Rücken und ich werde aus meiner Erinnerung gerissen. „Ey, was machst du da?“, höre ich jemand hinter mir sagen. Ich drehe mich um und schaue Paul direkt in die Augen. „Alter, erschreck mich doch nicht so!“, antworte ich, „ich versuche gerade Mathe zu machen“. Er schlägt mir vor nach den Mathe Aufgaben Skaten zu gehen. Als ich schließlich fertig bin, springe ich auf und rufe: „Es kann losgehen“. „Endlich!“, ruft er zurück. Wir rennen die Treppe runter, schnappen uns die Skateboards und laufen los zum Skatepark. Dort angekommen sehen wir schon
  • 11. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 10 einige Kinder die mit ihren Skateboards die Halfpipe hoch und runter skaten. Nach einigen Stunden machen wir uns auf den Heimweg. Schweigend und müde gehen wir neben einander her. Plötzlich reist er mich aus meinen Gedanken indem er sagt: „Guck mal, da steht ein Auto vor der Einfahrt.“ Da war ein roter, klappriger Golf direkt vor der Einfahrt des Kinderheims. An der Eingangstür treffen wir auf Bashar. Er sieht sehr gut gelaunt aus und grinst uns belustigt an. „Jungs, ihr habt die große Neuigkeit verpasst.“, sagt er aufgeregt. Neugierig starren wir ihn an und gehen schnell in den Gemeinschaftsraum. Dort sind alle versammelt und hören jemandem gespannt zu. Als wir näherkommen, sehen wir warum alle so neugierig sind, denn in der Mitte steht ein großer junger Mann. „Mein Name ist Bennedikt, ich werde ab heute Greta und Anita unterstützen“, sagt er mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Greta steht neben ihm und grinst ihn an, anscheinend findet sie ihn gut. „Genau“, sagt Greta, „wir brauchen eine männliche Unterstützung“, dabei sieht sie ihm in die Augen.
  • 12. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 11 „Ja endlich männliche Unterstützung hier!“, ruft Paul. Bennedikt lächelt: „Ich werde mich anstrengen, aber jetzt essen wir erst mal. Ich habe nämlich einen riesen Hunger“. Alle stimmen zu und gehen rüber zum Esszimmer. Bevor wir anfangen, sprechen wir alle zusammen ein Tischgebet. Jeder darf es in seiner eigenen Glaubensrichtung aufsagen. Nach dem Essen gehe ich hoch in mein Zimmer und setze mich an meinen Schreibtisch. Ich bin alleine im Zimmer, deshalb hole ich meinen Zeichenblock aus der Schreibtischschublade und fange an zu zeichnen. Das ist meine Lieblingsbeschäftigung. Dabei kann ich meinen Kopf frei kriegen und meine Kreativität spielen lassen. Nicht viele wissen, dass ich zeichne. Nur Paul hat bis jetzt meine Werke gesehen und findet sie richtig gut. Ich hoffe, dass sie ihm auch wirklich gefallen und er es nicht nur sagt um mich nicht zu verletzen. Ich habe auch einmal überlegt meine Bilder jemanden zu zeigen der mehr Ahnung davon hat. Aber das traue ich mich nicht, weil ich Angst habe mich zu blamieren. Plötzlich klopft es an der Tür und ich packe
  • 13. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 12 schnell meine Zeichnungen weg. Die Tür geht auf und meine kleine Schwester kommt rein. „Najim, bringst du mich ins Bett?“, fragt sie. Ich bin etwas verwirrt und schaue auf die Uhr. Es ist schon acht Uhr und ich merke wie ich die Zeit vergessen habe. Ich sage: „Ja klar, bist du schon Bett fertig?“. Sie nickt. Ich stehe auf und bringe sie in ihr Zimmer. Leise öffne ich die Zimmertür, um ihre schlafenden Mitbewohner nicht zu wecken. Sie legt sich ins Bett und ich gebe ihr noch einen Gutenachtkuss auf die Stirn. Danach verlasse ich den Raum und gehe zurück in mein Zimmer. Ich entscheide mich noch ein bisschen zu zeichnen. Ich bin so in meinem Bild vertieft, dass ich nicht bemerke, dass Bennedikt ins Zimmer kommt. „WOW, das sieht echt gut aus!“, sagt er hinter mir. Erschreckt drehe ich mich um. „Oh!“, sage ich, „du bist es“. „Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken“, lächelt er. „Ich wollte eigentlich nur schauen ob alles in Ordnung ist und mich mit euch bekannt machen. Das ich jetzt so ein Talent entdecke, habe ich natürlich nicht erwartet“. Sein Grinsen wird immer breiter. Es ist mir schon etwas unangenehm,
  • 14. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 13 vor allem, weil ich Bennedikt nicht kenne, aber ein bisschen freue ich mich schon über sein Kompliment. „Hast du noch mehr?“, fragt er. Ich zeige ihm ein paar Werke. Die Meisten sind ziemlich detailreich, aber es gibt auch welche wo ich nichts Bestimmtes gezeichnet habe, sondern meinen Gedanken freien Lauf ließ. „Die sind alle ziemlich gut, aber das mag ich am Meisten“. Er zeigt auf ein Bild, welches einen großen Wolf zeigt, der in ein weites Tal schaut. Die eine Hälfte des Tals ist voller Schnee und auf der anderen Seite ist es Sommer. Das ist auch eines meiner Lieblingsbilder. Plötzlich kommen zwei Mädchen rein und fragen Bennedikt, ob er sie ins Bett bringen kann. Er sagt natürlich ja und schaut mich an. „Wir reden morgen weiter, in Ordnung? Ich würde gerne mehr erfahren“, mit diesen Worten verlässt er das Zimmer. Ich nicke nur und packe meine Malsachen weg. Da es schon kurz vor 10 ist, gehe ich ins Bad und mache mich fertig. Nachdem ich Zähne geputzt habe, lege ich mich in mein Bett und ehe ich mich versehe bin ich schon eingeschlafen. Am nächsten Morgen erinnere ich mich an
  • 15. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 14 das gestrige Gespräch mit Bennedik. Er wollte ja heute nochmal mit mir reden. Während meine Lehrerin irgendetwas von deutschen Konjunktionen erzählt, schweifen meine Gedanken ab und ich denke an meinen Traum von letzer Nacht. Ich habe mal wieder von einem coolen Motiv geträumt. Ich sehe öfter irgendetwas, was mir dann den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf geht und später versuche ich es zu zeichnen. Meistens gelingt es mir auch sehr gut. „Najim passt du bitte auf! Das ist wichtig“, spricht mich die Lehrerin an. Ich erschrecke aus meinen Gedanken. „Äh ja. Tut mir leid“, sage ich schnell. Den Rest des Tages versuche ich mitzumachen. Als es endlich zum Schulschluss klingelt, packe ich alles zusammen. Ich renne aus der Klasse und stoße mit Emilia zusammen, die vor der Tür steht. Ich habe doch tatsächlich das Essen bei Emilia vergessen. Nun kann ich ihr aber auch nicht mehr absagen, ihre Mutter hat bestimmt alles schon vorbereitet. Zum Glück sehe ich Bashar und rufe: „Hey, kannst du bitte Greta sagen, dass ich heute
  • 16. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 15 bei Emilia esse!“. „Ja mach ich“, ruft er im Vorbeigehen. Wir machen uns auf den Weg, das Essen ist wie immer sehr gut und ihre Mutter ist total nett zu mir. Danach erkläre ich ihr aber, dass ich jetzt unbedingt nach Hause muss. Ein wenig traurig ist sie schon, das merke ich. Trotzdem renne ich schnell nach Hause und treffe auf Paul, der mich unbedingt aufziehen muss, weil ich bei Emilia war. Ich lasse ihn dumm grinsen und suche Bennedikt. Als ich ihn gefunden habe, frage ich ihn: „Magst du noch mal meine Bilder angucken?“. „Nach dem Abendessen, okay?“, meint er. Schnell erledige ich meine Hausaufgaben und sortiere meine Bilder. Danach gibt es auch schon Essen. Später gehen Bennedikt und ich erst in mein Zimmer. Da dort aber zu viel los ist, beschließen wir uns die Bilder im Hof anzuschauen. Wir setzten uns auf die Bank unter der großen Lampe und legen alle Bilder auf den Tisch. Beim Anschauen der Bilder fängt Bennedikt an zu erzählen: „Ich habe als Teenager auch viel gemalt, aber leider nicht so gut wie du“. „Malst du immer noch?“.
  • 17. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 16 „Ja, meine Werke sind aber für die Öffentlichkeit“, meint er. „Öffentlichkeit?“, frage ich verständnislos. „Weißt du was Street Art ist?“, fragt er mich. „Diese Schmierereien überall an den Hauswänden?“, frage ich verwirrt. „Nein, das ist kein Street Art, sondern Graffiti“, er holt sein Handy raus und zeigt mir ein paar Bilder. Ich staune, so viele unterschiedliche Motive und Farben. „Das wird alles gesprayt?“, frage ich. Er nickt. „Das möchte ich auch mal probieren. Hilfst du mir dabei?“, ich schaue ihn erwartungsvoll an. „Ja gerne, dann komme ich auch endlich wieder mal zum Sprayen“, sagt Bennedikt lächelnd. Von diesem Tag an treffen wir uns fast jeden Abend im Hof und sprechen über Street Art, er bringt mir alles bei was ich darüber wissen muss. Ich muss noch viel lernen bevor ich ein Bild sprayen darf. Eines Abends sitzen wir wieder im Hof und besprechen die Techniken Mural und Pochoir. Bei Mural besprayt man riesige Häuserfassaden frei Hand und bei Pochoir arbeitet man mit Schablonen. Bennedikt hat auch ein großes Buch darüber mitgebracht.
  • 18. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 17 Er sitzt neben mir und schaut sich um: „Bist du gerne hier im Hof?“, fragt er plötzlich. „Ja, hier ist es immer schön ruhig, aber ich glaube die anderen finden es nicht so gemütlich hier“, sage ich. Es gibt hier im Hof nämlich nur ein paar Pflanzen in langweiligen Töpfen und ein Basketballkorb, aber ansonsten ist es eher kahl und ungemütlich. Er überlegt: „Bald ist doch Tag der offenen Tür. Was hältst du davon, wenn wir den Hof davor einfach verschönern würden? Vielleicht mit Spraydosen. Wir könnten diese zwei Wände da drüben nehmen?“, er schaut mich erwartungsvoll an. „Voll cool!“, rufe ich freudig. Bennedikt lacht: „Ja finde ich auch, lass uns nächstes Wochenende damit anfangen! Aber erst brauchen wir noch die Erlaubnis von Greta und Anita!“, sagt er und geht rein. Nachdem er alles geregelt hat und beide zugestimmt haben, freue ich mich wie ein kleines Kind und kann es kaum abwarten bis wir anfangen. Nach einer anstrengenden Schulwoche ist es endlich wieder Freitag und Bennedikt hat alles an Material gekauft was wir brauchen.
  • 19. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 18 Früh am nächsten Morgen springe ich aus dem Bett und beeile mich. Nach dem Frühstück gehen wir in den Hof, dort stehen schon eine große Tasche und ein Besen bereit. „Hilf mir bitte“, ruft er. Er hat eine große grüne Plane dabei, die wir vor die Mauer legen. Gut, dass die Mauer weiß gestrichen ist, so kommen die Farben besser zur Geltung. Insgesamt dürfen wir zwei Wände besprayen, die wir vorher mit dem Besen reinigen. Bennedikt gibt mir noch einen Overall zum Anziehen und dann kann es endlich losgehen. Er nimmt die erste Dose und zieht zuerst mit einem kräftigen Orange die Grundlinien. Wie gebannt schaue ich erstmal nur zu, dann nehme ich mir auch eine Farbe und versuche mich an seine Anweisungen zu halten. Nach langer Zeit und vielen Farben später nimmt das Bild langsam Gestalt an. Es ist ein tolles Gefühl zu sehen wie das Bild langsam entsteht. „Wie ich das vermisst habe so zu sprayen!“, ruft Bennedikt. Ich nicke. Die zweite Wand darf ich alleine besprayen, es dämmert schon als wir endlich fertig sind. Aus einiger Entfernung betrachten wir unsere Kunstwerke und
  • 20. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 19 sind stolz darauf, wie gut sie geworden sind. In der Zeit haben auch die anderen gemerkt, dass wir fertig geworden sind und kommen raus um zu schauen. Alle staunen, einige rufen: „Wow wie toll“, andere sind sprachlos. Ein Glücksgefühl überkommt mich und ich muss mir ein paar Tränen verkneifen. Das große Bild zeigt einen riesigen Löwenkopf in allen schimmernden Farben und ganz viele bunte exotische Blumen drumherum. Das ganze Bild strahlt pure Lebensfreude aus und leuchtet in der Abendsonne. Mein zweites Bild ist ein Mandala ähnliches Geflecht aus gedeckten Farben, das ich einfach aus dem Bauch heraus gemalt habe. Bennedikt, ich und ein paar andere sitzen an diesem Abend noch lange im Hof und betrachten unser Werk. Nächstes Wochenende ist schon der Tag der offenen Tür und ich bin gespannt was die Leute zu unseren Street Art Werken sagen werden. Dieser Tag ist nämlich zum einen da, um neue Spender zu finden oder für ehemalige Heimbewohner, um ihr altes Zuhause zu besuchen. An diesem Tag habe ich mich sonst immer in meinem Zimmer
  • 21. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 20 aufgehalten, aber dieses Jahr ist es allerdings anders. Bennedikt ist hier und ich habe etwas zu präsentieren. Ich bin sehr gespannt auf die Reaktionen der Besucher. Die eine Woche vergeht wie im Flug und schon ist wieder Freitag. Alle müssen beim Dekorieren und Backen helfen. Es wird aufgeräumt und geputzt, damit es am Samstag perfekt ist. Abends fallen wir todmüde ins Bett und ich schlafe sofort ein. Am nächsten Morgen bin ich der Erste, der aufwacht und wecke alle in meinem Zimmer. Wir haben richtig gute Laune. Ich gehe schnell in die Küche und helfe dabei die letzten Sachen vorzubereiten, wie zum Beispiel Kaffee kochen. Anita belegt in der Zeit unsere Frühstücksbrötchen, damit es gleich schneller mit dem Essen geht. „Nimm dir eins!“, sagt sie. Ich schnappe mir ein Käsebrötchen und gehe in den Hof, wo Greta und Bennedikt noch die Girlanden aufhängen. Ich frage, ob ich auch noch was helfen kann. Gefegt müsste noch werden, meint Greta. Danach werden noch schnell die Tische und Bänke aufgebaut.
  • 22. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 21 Zum Glück sind jetzt alle Kinder da und so sind wir im Nu fertig. Jetzt machen sich alle noch schick für den Besuch, dabei muss ich meinen Geschwistern helfen. Gerade suchen wir ein Kleid für Djamila raus, als sie ganz traurig sagt: „Es wäre so schön, wenn Mama und Papa jetzt hier wären…“. Tränen kullern ihre Wangen herunter. Ich nehm sie in den Arm und drücke sie fest: „Ja, ich vermisse sie auch schrecklich, aber bald sehen wir sie wieder“. Wir gehen runter in den Hof, denn die ersten Gäste kommen schon. Sogar Emilia ist mit ihren Eltern da, was ich ganz toll finde. Der Tag ist ein voller Erfolg und unsere Kunstwerke werden von jedem bestaunt. Alle finden sie toll und sagen, dass sie super aussehen. Ich bin richtig glücklich und weiß gar nicht warum ich meine Bilder vorher immer versteckt habe. Alles in allem war es ein wunderschöner Tag, müde und glücklich gehe ich schlafe. Die nächsten Wochen fliegen nur so an mir vorbei. Bald sind endlich Sommerferien und ich habe mehr Zeit mit Paul und Baschar abzuhängen und wieder mehr zu zeichnen. Die Schule nimmt mich zurzeit sehr in
  • 23. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 22 Anspruch und ich muss mich noch zusätzlich um Adil und Djamila kümmern. Trotzdem haben Bennedikt und ich es ab und zu geschafft uns im Hof zusammen zu setzen und zu reden. Heute ist Mittwoch und ich sitze gerade an meinen Hausaufgaben, als plötzlich die Tür auf geht und Bennedikt freudig herein kommt: „Najim, ich habe tolle Neuigkeiten!“. „Was ist denn los?“, frage ich. „Ein Kumpel von mir, den ich aus der Street-Art- Szene kenne, war vorhin hier und hat mich gefragt, ob ich bei einem Street-Art-Festival in zwei Wochen mitmachen will. Ich habe natürlich zugestimmt. Deshalb wollte ich dich fragen, ob du mitkommen willst?“, fragt er erwartungsvoll. „Natürlich will ich mit!“, rufe ich begeistert. Die nächsten zwei Wochen bin ich damit beschäftigt mit Bennedikt alles vor zubereiten. Wir überlegen uns welches Thema sein Bild haben soll und besorgen alles. Dann ist es endlich soweit! Heute gab es Ferien und nachher fahren wir zum Festival. Zuhause angekommen werfe ich meine Schulsachen in mein Zimmer, ziehe mich
  • 24. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 23 schnell um und treffe mich mit Bennedikt im Hof. Wir fahren mit seinem Auto los und nach etwa einer halben Stunde sind wir da. Wir haben Glück und finden gleich einen Parkplatz. Das Festival findet in einer alten großen Fabrik statt, wo nur noch die Grundmauern stehen. Jeder Sprayer bekommt einen Platz zugewiesen, den er so gestalten darf wie er möchte. Das Ziel solcher Festivals ist es, Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen und Bootschaften zu vermitteln. Außerdem kann man auch viel von anderen Künstlern lernen. Um 13 Uhr geht es endlich los. Wir beide sind ziemlich aufgeregt. Der Veranstalter hält noch eine Willkommensrede und dann geht es endlich los. Erst schaue ich Bennedikt zu, dann werde ich neugierig und gucke was die anderen so machen. Denn es sind nicht nur deutsche Künstler angereist, sondern auch aus vielen anderen Ländern. Plötzlich spricht mich jemand an. Es ist einer der Veranstalter, der mich fragt ob ich Lust habe zu sprayen. Es ist ein Künstler nicht gekommen und deshalb ist ein Platz frei. Er erzählt mir, dass er bei uns im Heim
  • 25. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 24 am Tag der offenen Tür war und mein Kunstwerk gesehen hat. Ich würde unglaublich gerne mitmachen, da fällt mir ein: „Ich habe keine Spraydosen mit!“. „Kein Problem“, meint er, „wir haben immer welche zur Reserve dabei.“ Da Bennedikt mich nicht braucht, stimme ich zu. Der nette Mann bringt mich an die noch leere Wand. Keine Ahnung was ich sprayen soll, ich atme einmal tief durch und fange einfach mal an. Ich bin ganz in meine Arbeit vertieft und merke gar nicht, dass alle Sprayer um mich herum fertig sind. Der Typ neben mir sieht mein Bild und sagt: „Wow!“. Da merke ich erst, dass sich schon viele Menschen hinter mir angesammelt haben. Als ich endlich fertig bin, fangen alle an zu klatschen. Bennedikt steht auch in der Menge und staunt nicht schlecht. Der Veranstalter von vorhin kommt auch und lobt mich. Er fragt: „Wie konntest du mitmachen?“. „Ein Künstler ist ausgefallen und mir wurde der Platz dann angeboten“, sage ich freudig. „Ich wusste, dass in dir so ein Talent schlummert“, strahlt er. Nach der anfänglichen Aufregung um mein Bild, können
  • 26. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 25 wir uns auch mal die anderen Bilder anschauen. Am Abend fahren wir nach Hause. Zuhause angekommen ruft Bennedikt alle zusammen und erzählt von unserem Tag. Dabei lässt er natürlich die Überraschung durch mein Bild nicht aus. Dieser Tag war einer der Besten in meinem Leben, doch als ich abends in meinem Bett liege, überfällt mich das Bedürfnis meinen Eltern von dem heutigen Tag zu erzählen. Das macht mich wieder etwas traurig, aber ich versuche es zu verdrängen. In den nächsten zwei Wochen verbringe ich viel Zeit mit Paul, Bashar und Emilia. Als ich eines Nachmittags nach Hause komme, werde ich schon freudig von meinem Bruder erwartet. „Najim, du musst sofort mit kommen!“, dabei packt er mich am Arm und zieht mich mit ins Wohnzimmer. Dort stehen schon Paul, Bashar, Anita, Greta und meine kleine Schwester um Bennedikt herum und starren auf sein Handy. Er kommt zu mir und klopft mir auf die Schulter. „Herzlichen Glückwunsch“, sagt er und zeigt mir sein Handy. Ich versteh erstmal Garnichts. Ich sehe nur mein Bild vom Festival und einen
  • 27. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 26 Text darunter. „Hä“, sage ich, „was ist das?“. Bennedikt erklärt mir, dass jemand mein Bild online gestellt hat und es sich schnell verbreitete. Es hat die Menschen anscheinend so berührt, dass sie eine Onlinespende für mich gestartet haben und dabei kam eine Menge Geld raus. „Und das gehört jetzt mir oder wie?“, frage ich fassungslos. „Ja!“, antwortet er. „Menschen aus ganz Europa haben für dich gespendet“. Meine kleinen Geschwister hüpfen um mich herum und rupfen an meinen Ärmeln. „Najim, weißt du was wir mit dem Geld machen können?“. Ich schaue sie fragend an, doch dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. „Wir können Mama und Papa holen!“, rufe ich. Alle freuen sich und jubeln. Drei Monate später stehe ich mit meinen Geschwistern, Bennedikt und Anita am Flughafen. Wir halten uns an den Händen und warten gespannt. Es war sogar so viel Geld, dass meine Eltern mit einem Flugzeug fliegen konnten. In dem Moment kommen ein älterer Mann und eine Frau um die Ecke. Sie erblicken uns, die Frau bricht in
  • 28. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 27 Tränen aus und rennt auf uns zu. Wir fangen auch an zu rennen und rufen: „Mama! Baba!“. Wir fallen uns in die Arme und halten uns ganz lange festgedrückt. Endlich haben wir uns wieder und dass nur, weil mein Bild die Menschen europaweit berührt hat.
  • 29. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 28 Quellenverzeichnis  ec.europa.eu  eur-lex.europa.de  fra.europa.eu  www.bpb.de  www.hackenteer.com/street-art-stilarten  www.zeitjung.de
  • 30. 66. Europäischer Wettbewerb 4.1 „Street Art- Protest, Vandalismus oder Kunst?“ 29