SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 6
Downloaden Sie, um offline zu lesen
  Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater  
Friedrich und Partner
Steuerberater
Mandanteninformationen September / Oktober 2015
DIE MANDANTEN I INFORMATION
Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater
5 DIE MANDANTEN I INFORMATION
Themen dieser Ausgabe
USt-IdNr. stets kostenfrei
Entlastung von Bürokratie
Rückwirkende Besteuerung von Bauleistungen
Zeitreihenvergleich nur eingeschränkt zulässig
Zweifelsfragen zum Reisekostenrecht
Familienleistungen steigen
Kassen-Bonus und Sonderausgaben
Mindestlohn: Dokumentationspflichten gelockert
Ausgabe Nr. 5/2015 (September/Oktober)
Sehr geehrte Mandantin,
sehr geehrter Mandant,
nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie
zusammengestellt.
STEUER / WIRTSCHAFTSRECHT
Unternehmer
USt-IdNr. stets kostenfrei
Aktuell befinden sich amtlich aussehende Schreiben im
Umlauf, in denen Firmen eine kostenpflichtige Erfassung,
Registrierung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer-
Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) angeboten wird.
Unternehmer sollten keinesfalls derartige Schreiben ausfül-
len und zurücksenden. Denn die Vergabe von USt-IdNrn.
ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließ-
lich durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). In der
Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen
Finanzamt die Erteilung der USt-IdNr. Diese übermitteln die
Anträge dann intern an das BZSt.
Entlastung von Bürokratie
Der Bundesrat hat kürzlich das Gesetz zur Entlastung ins-
besondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie
gebilligt. Damit werden die Grenzbeträge für steuerliche
und handelsrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungs-
pflichten sowie die Pauschalierungsgrenze für kurzfristig
Beschäftigte angehoben und die Mitteilungspflichten für
zum Kirchensteuerabzug Verpflichtete verringert.
Das Gesetz sieht u. a. folgende Entlastungen vor:
Von den Buchführungs- und Aufzeichnungs-
pflichten im Handelsgesetzbuch und in der Ab-
gabenordnung sind mehr kleine Unternehmen
als bisher befreit. Die Grenzbeträge für Umsatz
und Gewinn steigen um jeweils 20 Prozent auf
600.000 € beziehungsweise 60.000 €.
Durch die Anhebung der Schwellenwerte in ver-
schiedenen Wirtschaftsstatistikgesetzen auf
800.000 € beginnt die Meldepflicht für Startups
erst drei Jahre nach der Gründung. Für die Um-
weltstatistik gilt erstmals ebenfalls ein Schwel-
lenwert von 800.000 €.
Die bisher geltenden Meldeschwellen für die In-
trahandelsstatistik, also die Erfassung des inner-
gemeinschaftlichen Warenverkehrs, werden er-
höht und dadurch weitere Unternehmen von der
Meldepflicht befreit.
Die bisherige jährliche Informationspflicht aller
Kirchensteuerabzugsverpflichteten gegenüber
allen Kunden und Anteilseignern wird durch eine
einmalige und gezielt individuelle Information
während des Bestehens der Geschäftsbezie-
hung ersetzt.
Zudem wird die Lohnsteuerpauschalierungs-
grenze für kurzfristig Beschäftigte auf 68 € ange-
hoben und das Faktorverfahren beim Lohnsteu-
erabzug bei Ehegatten oder Lebenspartnern
vereinfacht.
Hinweis: Ein weiteres Bündel von Entlastungen betrifft die
Energiewirtschaft. Vorgesehen ist u. a. eine Vereinfachung
und Verringerung der Berichtspflichten für das sog. Bio-
gasmonitoring.
DIE MANDANTEN I INFORMATION
Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater
Rückwirkende Besteuerung von
Bauleistungen
Unternehmer, die Bauleistungen an Bauträger erbracht
haben, dürfen vorerst nicht rückwirkend zur Zahlung der
auf ihre Leistungen angefallenen Umsatzsteuer herange-
zogen werden. Dies hat das FG Berlin-Brandenburg in
einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschie-
den.
Streitfall: Der Antragsteller, ein Bauunternehmer, hatte im
Jahr 2009 Bauleistungen an mehrere Bauträger ausgeführt
und diese entsprechend den damals geltenden Richtlinien
des Bundesfinanzministeriums nicht der Umsatzsteuer
unterworfen. Die Steuerschuld hatten vielmehr die Bauträ-
ger als Leistungsempfänger zu tragen (sog. Reverse-
Charge-Verfahren). Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH)
im August 2013 entschieden hatte, dass die für die Umkehr
der Steuerschuld maßgebliche Vorschrift – entgegen der
Auffassung der Finanzverwaltung – auf Bauträger regel-
mäßig nicht anzuwenden sei (lesen Sie hierzu u. a. unsere
Mandanten-Information Mai 2014), und die Bauträger die
von ihnen gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück-
gefordert hatten, setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer
gegenüber dem Antragsteller fest. Die Behörde stützte sich
dabei auf eine im Juli 2014 – in Reaktion auf die BFH-
Entscheidung – neu geschaffene gesetzliche Regelung, die
den Vertrauensschutz für die hier in Rede stehenden Fälle
rückwirkend ausschließt. Das Problem des Antragstellers
bestand nun darin, dass er seinerseits aufgrund zivilrechtli-
cher Verjährung von den Bauträgern keine Umsatzsteuer
mehr zurückfordern konnte. Zur Vollstreckungsabwehr
gegenüber der Finanzverwaltung beantragte er Aussetzung
der Vollziehung.
Entscheidung: Die Richter des Finanzgerichts gaben
seinem Antrag statt:
Es bestehen erhebliche verfassungsrechtliche
Bedenken gegen den Ausschluss des Vertrau-
ensschutzes.
Möglicherweise ist ein Verstoß gegen das im
Grundgesetz verankerte Verbot der Rückwirkung
von Gesetzen gegeben: Der Gesetzgeber hat
mit der Einführung der rückwirkenden Vorschrift
in die im Zeitpunkt seiner Verkündung bereits
entstandene Steuerschuld für 2009 nachträglich
eingegriffen. Insofern erscheint eine unzulässige
„echte Rückwirkung“ jedenfalls nicht ausge-
schlossen.
Dem Antragsteller droht zudem ein erheblicher
Vermögensschaden, da er die Steuer wegen der
zivilrechtlichen Verjährung seinem Vertrags-
partner nicht nachträglich in Rechnung stellen
kann.
Hinweis: Die endgültige Klärung der Frage ist einem
Hauptsacheverfahren vorbehalten. Betroffene Bauunter-
nehmer sollten sich gegen entsprechende Forderungen
des Finanzamts wehren und die Verfahren offen halten.
Zeitreihenvergleich nur eingeschränkt
zulässig
Ein sog. Zeitreihenvergleich ist nur eingeschränkt als
Schätzungsmethode zulässig. Damit darf das Finanzamt
nur unter bestimmten Voraussetzungen Hinzuschätzungen
auf dieser Grundlage vornehmen. Dies hat vor allem für
bargeldintensive Unternehmen wie z. B. Gaststätten erheb-
liche Bedeutung.
Hintergrund: Ein Zeitreihenvergleich beruht auf der An-
nahme, dass der Rohgewinn während des gesamten Jah-
res gleichmäßig hoch ist, d. h. das Verhältnis vom Waren-
einsatz zu den Erlösen gleichmäßig ist. Ergeben sich also
Schwankungen beim Rohgewinnaufschlag innerhalb des
Jahres, kann dies nach Auffassung der Finanzverwaltung
nur auf einer Steuerverkürzung (z. B. Nichterfassung von
Erlösen) beruhen. Der Zeitreihenvergleich funktioniert wie
folgt: Der Außenprüfer des Finanzamts ermittelt für jede
Woche den Wareneinsatz und Warenverkauf und leitet
daraus einen Rohgewinnaufschlag ab. Anschließend fasst
er jeweils mehrere Wochen zusammen, z. B. zu 10-
Wochen-Zeiträumen, und ermittelt für jeden Zeitraum den
Rohgewinnaufschlag. Den höchsten Rohgewinnaufschlag
dieser Zeiträume übernimmt er für das gesamte Jahr und
gelangt so zu Hinzuschätzungen.
Streitfall: Der bilanzierende Kläger führte eine Gaststätte.
Bei einer Außenprüfung stellte der Prüfer verschiedene
Mängel in der Buchführung fest, konnte aber keine konkre-
ten Steuerverkürzungen feststellen. Er führte einen Zeitrei-
henvergleich durch und gelangte so zu Mehrerlösen von
ca. 45.000 €. Hiergegen klagte der Gastwirt.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die
Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung
zurück:
Ein Zeitreihenvergleich ist als Schätzungsmethode
nur bedingt geeignet, da er u. a. folgende Besonder-
heiten aufweist: Selbst bei Betrieben mit einer korrek-
ten Buchführung führt er zu Mehrergebnissen, weil
stets der höchste Rohgewinnaufschlag eines 10-
Wochen-Zeitraums für das ganze Jahr übernommen
wird. Auch kann ein Zeitreihenvergleich den Einsatz
einer Manipulationssoftware in der Registrierkasse
ebenso wenig zwingend aufdecken wie sog. Doppel-
verkürzungen, bei denen sowohl Einkauf als auch
Verkauf „schwarz“ getätigt werden.
Ein Zeitreihenvergleich ist daher bei solchen Betrie-
ben unzulässig, bei denen das Verhältnis zwischen
Wareneinsatz und Erlösen im Wirtschaftsjahr nicht
konstant ist oder bei denen die Betriebsstruktur derart
geändert worden ist, dass dies die Aussage des Zeit-
reihenvergleichs beeinflussen könnte.
Ein Zeitreihenvergleich ist grundsätzlich keine geeig-
nete Schätzungsmethode, wenn die Buchführung
formell ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige for-
melle Mängel aufweist. Eine Hinzuschätzung kann
dann also nicht allein auf einen Zeitreihenvergleich
gestützt werden, sondern muss anhand anderer
Feststellungen begründet werden.
DIE MANDANTEN I INFORMATION
Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater
Ist die Buchführung dagegen formell nicht ordnungs-
gemäß, ohne dass konkrete Schwarzverkäufe festge-
stellt worden sind, ist der Zeitreihenvergleich nach-
rangig gegenüber besser geeigneten Schätzungsme-
thoden wie der Nachkalkulation oder einer Geldver-
kehrsrechnung. Nur wenn diese Schätzungsmetho-
den nicht sinnvoll eingesetzt werden können, weil
z. B. der Unternehmer nicht mitwirkt oder der Fall zu
komplex ist, kommt der Zeitreihenvergleich in Be-
tracht.
Ist die Buchführung dagegen sowohl formell als auch
inhaltlich falsch (z. B. nicht erfasste Erlöse, Kassen-
fehlbeträge), kommt der Zeitreihenvergleich als
Schätzungsmethode in Betracht, sofern es keine an-
dere Schätzungsmethode gibt, die mit vertretbarem
Aufwand genutzt werden kann und die zu genaueren
Ergebnissen führt.
Hinweise: Mit seiner Entscheidung stärkt der BFH die
Rechte des Unternehmers, weil er den Anwendungsbereich
des Zeitreihenvergleichs erheblich einschränkt und die
Anforderungen an die Durchführung verschärft. Zu beach-
ten ist, dass der BFH das Fehlen von Bedienungsanleitun-
gen für eine elektronische Registrierkasse sowie von An-
weisungen zur nachträglichen Kassenprogrammierung,
insbesondere von Programmierprotokollen, als gravieren-
den formellen Mangel der Buchführung ansieht. Auch Spei-
sekarten sind bei einem Gastronomiebetrieb aufbewah-
rungspflichtig, wenn sie für das Verständnis und zur Über-
prüfung der Buchführungsaufzeichnungen im konkreten
Einzelfall von Bedeutung sind.
Zweifelsfragen zum Reisekostenrecht
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat auf Bitte verschie-
dener Wirtschaftsverbände zwei streitige Rechtsfragen zum
neuen steuerlichen Reisekostenrecht, welches seit dem
1. 1. 2014 gilt, geklärt.
Sammelbeförderung von Arbeitnehmern mit ständig
wechselnden Tätigkeitsstätten
Zum einen geht es um die unentgeltliche oder verbilligte
Beförderung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber
(z. B. durch Busse, die der Arbeitgeber zur Verfügung
stellt), wenn die Arbeitnehmer keine feste Tätigkeitsstätte
haben, sondern an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten
arbeiten.
Die Finanzverwaltung hat in ihrer Verwaltungsrichtlinie für
2015 die Steuerfreiheit für diese Sammelbeförderung nicht
mehr erwähnt, weil die gesetzliche Grundlage hierfür weg-
gefallen ist. Damit war zweifelhaft, ob die Steuerfreiheit
noch gewährt werden kann. Das BMF stellt jetzt klar, dass
die Steuerfreiheit für Arbeitnehmer mit ständig wechseln-
den Tätigkeitsstätten weiterhin gewährt wird, und zwar
aufgrund einer anderen gesetzlichen Vorschrift.
Hinweis: Die Steuerbefreiung gilt nur dann, wenn der Ar-
beitnehmer an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ein-
gesetzt wird, also nicht bei einer Sammelbeförderung zwi-
schen Wohnung und fester Tätigkeitsstätte.
Verpflegungspauschale bei kostenlosen Knabbereien
Zum anderen stellt das BMF klar, dass eine Verpflegungs-
pauschale bei einer Auswärtstätigkeit nicht zu kürzen ist,
wenn der Arbeitnehmer während der Reise, z. B. im Flug-
zeug, kostenlos einen Snack erhält.
Je nach Dauer der Abwesenheit von der Wohnung und der
Tätigkeitsstätte erhält der Arbeitnehmer eine Verpflegungs-
pauschale von 12 bis 24 € pro Tag. Dieser Betrag wird
jedoch gekürzt, wenn der Arbeitnehmer unentgeltlich eine
oder mehrere Mahlzeiten erhält. Bei einem kostenlosen
Frühstück wird die Verpflegungspauschale um 20 %, bei
einem kostenlosen Mittag- oder Abendessen um jeweils
40 % gekürzt.
Diese Kürzung unterbleibt nach der aktuellen Stellungnah-
me des BMF bei der kostenlosen Gewährung von Knabbe-
reien (z. B. Chips, Salzgebäck, Schokowaffeln, Müsliriegel)
bei Kurzstreckenflügen, Zug- oder Schiffsreisen.
Hinweis: Auch Kuchen, der zum Nachmittagskaffee ge-
reicht wird, führt nicht zu einer Kürzung der Verpflegungs-
pauschale.
Alle Steuerzahler
Familienleistungen steigen
Der Bundesrat hat am 10. 7. 2015 einem Gesetz zuge-
stimmt, mit dem der steuerliche Grundfreibetrag angeho-
ben und der Steuertarif nach rechts verschoben wird. Damit
soll die in den Jahren 2014 und 2015 entstandene kalte
Progression vollständig abgebaut werden. Zugleich werden
mit dem Gesetz der Kinderfreibetrag, das Kindergeld, der
Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und der Kinderzu-
schlag für Geringverdiener angehoben.
Die Neuerungen:
Zum Ausgleich der 2014 und 2015 entstandenen kalten
Progression wird der Grundfreibetrag (aktuell 8.354 €) im
Jahr 2015 um 118 € auf 8.472 € und im Jahr 2016 um
weitere 180 € auf 8.652 € angehoben. Zugleich wird der
Steuertarif ab 2016 um die Inflationsrate der Jahre 2014
und 2015 in Höhe von 1,48 % nach rechts verschoben.
Daneben wird der Kinderfreibetrag (aktuell 7.008 €) ein-
schließlich Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder
Ausbildung ab dem 1. 1. 2015 um 144 € auf 7.152 € sowie
ab dem 1. 1. 2016 um weitere 96 € auf 7.248 € angehoben.
Das Kindergeld (aktuell 184 € für das erste und zweite
Kind, 190 € für das dritte Kind und 215 € für das vierte Kind
und weitere Kinder) steigt rückwirkend zum 1. 1. 2015 um
4 € monatlich je Kind sowie ab dem 1. 1. 2016 um weitere
2 € monatlich je Kind.
Der Kinderzuschlag für Geringverdiener (aktuell max.
140 €/Monat) wird ab dem 1. 7. 2016 um 20 € monatlich,
der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (aktuell 1.308 €
für das erste Kind) wird ab dem 1. 1. 2015 um 600 € auf
1.908 € sowie um 240 € für jedes weitere Kind erhöht.
Der Unterhaltshöchstbetrag (aktuell 8.354 €) wird für 2015
auf 8.472 € erhöht. Im Jahr 2016 steigt er auf 8.652 €. Die
Erhöhung entspricht der Anhebung des Grundfreibetrags
DIE MANDANTEN I INFORMATION
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen erstellt. Eine Haftung für den Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden.
und führt dazu, dass künftig höhere Unterhaltsleistungen
steuerlich berücksichtigt werden können.
Hinweise: Die rückwirkende Kindergelderhöhung des Jah-
res 2015 wird nicht auf Sozialleistungen und den zivilrecht-
lichen Kindesunterhalt angerechnet. Damit bleibt die Erhö-
hung in voller Höhe bei den Betroffenen. Zudem wird Büro-
kratie vermieden, weil nicht alle bereits ergangenen Be-
scheide neu bearbeitet werden müssen.
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird übrigens
nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auch
dann gewährt, wenn das Kind gar nicht im Haushalt des
Steuerpflichtigen lebt. Entscheidend ist allein der melde-
rechtliche Status des Kindes. Somit genügt im Zweifel eine
Bescheinigung der Meldebehörde über die Meldung des
Kindes in der Wohnung des Alleinerziehenden, um in den
Genuss des Entlastungsbetrags zu kommen.
Kassen-Bonus und Sonderausgaben
Der Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbei-
träge für die Basisversorgung darf nicht um Bonuszahlun-
gen der Krankenkassen gekürzt werden. Dies hat das Fi-
nanzgericht Rheinland-Pfalz – soweit ersichtlich – als bun-
desweit erstes Finanzgericht entschieden.
Hintergrund: Viele Krankenversicherungen bieten ihren
Versicherten Bonusprogramme an. Danach erhalten dieje-
nigen, die bestimmte Vorsorgemaßnahmen durchführen,
am Jahresende einen Zuschuss zu den privat getragenen
Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, die nicht im Versiche-
rungsumfang enthalten sind (z. B. Aufwendungen für Mas-
sagen, homöopathische Arzneimittel, Nahrungsergän-
zungsmittel, Gesundheitsreisen, Mitgliedschaft im Sport-
verein oder Fitnessstudio).
Streitfall: Die Kläger hatten an dem Bonusprogramm ihrer
Krankenkasse (im Streitfall Bonusmodell Vorsorge PLUS)
teilgenommen und den Bonus erhalten. Daraufhin kürzte
das Finanzamt die von der Klägerin im Rahmen der Ein-
kommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend ge-
machten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken-
und Pflegeversicherung (Basisabsicherung).
Entscheidung: Nach Auffassung der Richter erfolgte die
Kürzung zu Unrecht.
Nach der seit 2010 geltenden Neuregelung zur Be-
rücksichtigung von Kranken- und Pflegeversiche-
rungsbeiträgen sind die Beiträge zur privaten oder
gesetzlichen Krankenversicherung für eine Basisab-
sicherung in vollem Umfang als Sonderausgaben ab-
ziehbar.
Dies betrifft solche Ausgaben, durch die der Steuer-
pflichtige endgültig wirtschaftlich belastet ist, so dass
eine Verrechnung mit Beitragsrückerstattungen
grundsätzlich möglich ist.
Allerdings setzt die Verrechnung eine Gleichartigkeit
der Zahlungen voraus.
Und diese war vorliegend nicht gegeben: Denn mit
der Bonuszahlung wurden nur Aufwendungen für sol-
che Leistungen erstattet, die außerhalb der Basisab-
sicherung der Versicherung liegen und somit von der
Klägerin selbst getragen worden sind.
Hinweis: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen,
das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof
zugelassen. Betroffene sollten gegen entsprechende Steu-
erbescheide Einspruch einlegen und das Ruhen des Ver-
fahrens beantragen.
Mindestlohn: Dokumentationspflichten
gelockert
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat
die umstrittene Dokumentationspflicht beim Mindestlohn
gelockert. Mit der nun verabschiedeten sog. Mindestlohn-
dokumentationspflichtenverordnung vom 29. 7. 2015 wird
die Einkommensschwelle von 2.958 € dahingehend er-
gänzt, dass die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindest-
lohngesetz bereits dann entfällt, wenn das verstetigte re-
gelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000 € brutto beträgt
und dieses Monatsentgelt jeweils für die letzten tatsächlich
abgerechneten zwölf Monate nachweislich gezahlt wurde.
Zudem sind bei der Beschäftigung von engen Familienan-
gehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder
und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten
nicht mehr anzuwenden.
Hinweis: Die Verordnung ist am 1. 8. 2015 in Kraft getre-
ten.
DIE MANDANTEN I INFORMATION
  Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater  
Friedrich und Partner GbR
Steuerberater
Dauthendeystr. 2
81377 München
Tel.: (089) 714 58 56
Fax: (089) 718 49 1
E-Mail: info@steuerkanzlei-friedrich.de
Internet: www.steuerkanzlei-friedrich.de
© 2015
Friedrich und Partner GbR
Steuerberater

Weitere ähnliche Inhalte

Mehr von Sebastian Friedrich

Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Sebastian Friedrich
 
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020Friedrich und-partner-steuernews-05-2020
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020Sebastian Friedrich
 
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020Friedrich und-partner-steuernews-04-2020
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020Sebastian Friedrich
 
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020Friedrich und-partner-steuernews-03-2020
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020Sebastian Friedrich
 
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020Friedrich und-partner-steuernews-02-2020
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020Sebastian Friedrich
 
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020Friedrich und-partner-steuernews-01-2020
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020Sebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezember
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezemberMandanteninformationen 2019 11-12 november-dezember
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezemberSebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktober
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktoberMandanteninformationen 2019 09-10 september-oktober
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktoberSebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juni
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juniMandanteninformationen 2019 05-06 mai-juni
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juniSebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen November / Dezember 2018
Mandanteninformationen November / Dezember 2018 Mandanteninformationen November / Dezember 2018
Mandanteninformationen November / Dezember 2018 Sebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen September / Oktober 2018
Mandanteninformationen September / Oktober 2018Mandanteninformationen September / Oktober 2018
Mandanteninformationen September / Oktober 2018Sebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen Juli / August 2018
Mandanteninformationen Juli / August 2018 Mandanteninformationen Juli / August 2018
Mandanteninformationen Juli / August 2018 Sebastian Friedrich
 
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Sebastian Friedrich
 

Mehr von Sebastian Friedrich (13)

Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
Friedrich und-partner-steuernews-06-2020
 
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020Friedrich und-partner-steuernews-05-2020
Friedrich und-partner-steuernews-05-2020
 
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020Friedrich und-partner-steuernews-04-2020
Friedrich und-partner-steuernews-04-2020
 
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020Friedrich und-partner-steuernews-03-2020
Friedrich und-partner-steuernews-03-2020
 
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020Friedrich und-partner-steuernews-02-2020
Friedrich und-partner-steuernews-02-2020
 
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020Friedrich und-partner-steuernews-01-2020
Friedrich und-partner-steuernews-01-2020
 
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezember
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezemberMandanteninformationen 2019 11-12 november-dezember
Mandanteninformationen 2019 11-12 november-dezember
 
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktober
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktoberMandanteninformationen 2019 09-10 september-oktober
Mandanteninformationen 2019 09-10 september-oktober
 
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juni
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juniMandanteninformationen 2019 05-06 mai-juni
Mandanteninformationen 2019 05-06 mai-juni
 
Mandanteninformationen November / Dezember 2018
Mandanteninformationen November / Dezember 2018 Mandanteninformationen November / Dezember 2018
Mandanteninformationen November / Dezember 2018
 
Mandanteninformationen September / Oktober 2018
Mandanteninformationen September / Oktober 2018Mandanteninformationen September / Oktober 2018
Mandanteninformationen September / Oktober 2018
 
Mandanteninformationen Juli / August 2018
Mandanteninformationen Juli / August 2018 Mandanteninformationen Juli / August 2018
Mandanteninformationen Juli / August 2018
 
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018 Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
Mandanteninformationen Mai / Juni 2018
 

Mandanteninformationen September / Oktober 2015

  • 1.   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Friedrich und Partner Steuerberater Mandanteninformationen September / Oktober 2015
  • 2. DIE MANDANTEN I INFORMATION Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater 5 DIE MANDANTEN I INFORMATION Themen dieser Ausgabe USt-IdNr. stets kostenfrei Entlastung von Bürokratie Rückwirkende Besteuerung von Bauleistungen Zeitreihenvergleich nur eingeschränkt zulässig Zweifelsfragen zum Reisekostenrecht Familienleistungen steigen Kassen-Bonus und Sonderausgaben Mindestlohn: Dokumentationspflichten gelockert Ausgabe Nr. 5/2015 (September/Oktober) Sehr geehrte Mandantin, sehr geehrter Mandant, nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt. STEUER / WIRTSCHAFTSRECHT Unternehmer USt-IdNr. stets kostenfrei Aktuell befinden sich amtlich aussehende Schreiben im Umlauf, in denen Firmen eine kostenpflichtige Erfassung, Registrierung und Veröffentlichung von Umsatzsteuer- Identifikationsnummern (USt-IdNrn.) angeboten wird. Unternehmer sollten keinesfalls derartige Schreiben ausfül- len und zurücksenden. Denn die Vergabe von USt-IdNrn. ist stets kostenfrei und erfolgt in Deutschland ausschließ- lich durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). In der Regel beantragen die Unternehmen bei ihrem zuständigen Finanzamt die Erteilung der USt-IdNr. Diese übermitteln die Anträge dann intern an das BZSt. Entlastung von Bürokratie Der Bundesrat hat kürzlich das Gesetz zur Entlastung ins- besondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie gebilligt. Damit werden die Grenzbeträge für steuerliche und handelsrechtliche Buchführungs- und Aufzeichnungs- pflichten sowie die Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte angehoben und die Mitteilungspflichten für zum Kirchensteuerabzug Verpflichtete verringert. Das Gesetz sieht u. a. folgende Entlastungen vor: Von den Buchführungs- und Aufzeichnungs- pflichten im Handelsgesetzbuch und in der Ab- gabenordnung sind mehr kleine Unternehmen als bisher befreit. Die Grenzbeträge für Umsatz und Gewinn steigen um jeweils 20 Prozent auf 600.000 € beziehungsweise 60.000 €. Durch die Anhebung der Schwellenwerte in ver- schiedenen Wirtschaftsstatistikgesetzen auf 800.000 € beginnt die Meldepflicht für Startups erst drei Jahre nach der Gründung. Für die Um- weltstatistik gilt erstmals ebenfalls ein Schwel- lenwert von 800.000 €. Die bisher geltenden Meldeschwellen für die In- trahandelsstatistik, also die Erfassung des inner- gemeinschaftlichen Warenverkehrs, werden er- höht und dadurch weitere Unternehmen von der Meldepflicht befreit. Die bisherige jährliche Informationspflicht aller Kirchensteuerabzugsverpflichteten gegenüber allen Kunden und Anteilseignern wird durch eine einmalige und gezielt individuelle Information während des Bestehens der Geschäftsbezie- hung ersetzt. Zudem wird die Lohnsteuerpauschalierungs- grenze für kurzfristig Beschäftigte auf 68 € ange- hoben und das Faktorverfahren beim Lohnsteu- erabzug bei Ehegatten oder Lebenspartnern vereinfacht. Hinweis: Ein weiteres Bündel von Entlastungen betrifft die Energiewirtschaft. Vorgesehen ist u. a. eine Vereinfachung und Verringerung der Berichtspflichten für das sog. Bio- gasmonitoring.
  • 3. DIE MANDANTEN I INFORMATION Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Rückwirkende Besteuerung von Bauleistungen Unternehmer, die Bauleistungen an Bauträger erbracht haben, dürfen vorerst nicht rückwirkend zur Zahlung der auf ihre Leistungen angefallenen Umsatzsteuer herange- zogen werden. Dies hat das FG Berlin-Brandenburg in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschie- den. Streitfall: Der Antragsteller, ein Bauunternehmer, hatte im Jahr 2009 Bauleistungen an mehrere Bauträger ausgeführt und diese entsprechend den damals geltenden Richtlinien des Bundesfinanzministeriums nicht der Umsatzsteuer unterworfen. Die Steuerschuld hatten vielmehr die Bauträ- ger als Leistungsempfänger zu tragen (sog. Reverse- Charge-Verfahren). Nachdem der Bundesfinanzhof (BFH) im August 2013 entschieden hatte, dass die für die Umkehr der Steuerschuld maßgebliche Vorschrift – entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung – auf Bauträger regel- mäßig nicht anzuwenden sei (lesen Sie hierzu u. a. unsere Mandanten-Information Mai 2014), und die Bauträger die von ihnen gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück- gefordert hatten, setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer gegenüber dem Antragsteller fest. Die Behörde stützte sich dabei auf eine im Juli 2014 – in Reaktion auf die BFH- Entscheidung – neu geschaffene gesetzliche Regelung, die den Vertrauensschutz für die hier in Rede stehenden Fälle rückwirkend ausschließt. Das Problem des Antragstellers bestand nun darin, dass er seinerseits aufgrund zivilrechtli- cher Verjährung von den Bauträgern keine Umsatzsteuer mehr zurückfordern konnte. Zur Vollstreckungsabwehr gegenüber der Finanzverwaltung beantragte er Aussetzung der Vollziehung. Entscheidung: Die Richter des Finanzgerichts gaben seinem Antrag statt: Es bestehen erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Ausschluss des Vertrau- ensschutzes. Möglicherweise ist ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Verbot der Rückwirkung von Gesetzen gegeben: Der Gesetzgeber hat mit der Einführung der rückwirkenden Vorschrift in die im Zeitpunkt seiner Verkündung bereits entstandene Steuerschuld für 2009 nachträglich eingegriffen. Insofern erscheint eine unzulässige „echte Rückwirkung“ jedenfalls nicht ausge- schlossen. Dem Antragsteller droht zudem ein erheblicher Vermögensschaden, da er die Steuer wegen der zivilrechtlichen Verjährung seinem Vertrags- partner nicht nachträglich in Rechnung stellen kann. Hinweis: Die endgültige Klärung der Frage ist einem Hauptsacheverfahren vorbehalten. Betroffene Bauunter- nehmer sollten sich gegen entsprechende Forderungen des Finanzamts wehren und die Verfahren offen halten. Zeitreihenvergleich nur eingeschränkt zulässig Ein sog. Zeitreihenvergleich ist nur eingeschränkt als Schätzungsmethode zulässig. Damit darf das Finanzamt nur unter bestimmten Voraussetzungen Hinzuschätzungen auf dieser Grundlage vornehmen. Dies hat vor allem für bargeldintensive Unternehmen wie z. B. Gaststätten erheb- liche Bedeutung. Hintergrund: Ein Zeitreihenvergleich beruht auf der An- nahme, dass der Rohgewinn während des gesamten Jah- res gleichmäßig hoch ist, d. h. das Verhältnis vom Waren- einsatz zu den Erlösen gleichmäßig ist. Ergeben sich also Schwankungen beim Rohgewinnaufschlag innerhalb des Jahres, kann dies nach Auffassung der Finanzverwaltung nur auf einer Steuerverkürzung (z. B. Nichterfassung von Erlösen) beruhen. Der Zeitreihenvergleich funktioniert wie folgt: Der Außenprüfer des Finanzamts ermittelt für jede Woche den Wareneinsatz und Warenverkauf und leitet daraus einen Rohgewinnaufschlag ab. Anschließend fasst er jeweils mehrere Wochen zusammen, z. B. zu 10- Wochen-Zeiträumen, und ermittelt für jeden Zeitraum den Rohgewinnaufschlag. Den höchsten Rohgewinnaufschlag dieser Zeiträume übernimmt er für das gesamte Jahr und gelangt so zu Hinzuschätzungen. Streitfall: Der bilanzierende Kläger führte eine Gaststätte. Bei einer Außenprüfung stellte der Prüfer verschiedene Mängel in der Buchführung fest, konnte aber keine konkre- ten Steuerverkürzungen feststellen. Er führte einen Zeitrei- henvergleich durch und gelangte so zu Mehrerlösen von ca. 45.000 €. Hiergegen klagte der Gastwirt. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück: Ein Zeitreihenvergleich ist als Schätzungsmethode nur bedingt geeignet, da er u. a. folgende Besonder- heiten aufweist: Selbst bei Betrieben mit einer korrek- ten Buchführung führt er zu Mehrergebnissen, weil stets der höchste Rohgewinnaufschlag eines 10- Wochen-Zeitraums für das ganze Jahr übernommen wird. Auch kann ein Zeitreihenvergleich den Einsatz einer Manipulationssoftware in der Registrierkasse ebenso wenig zwingend aufdecken wie sog. Doppel- verkürzungen, bei denen sowohl Einkauf als auch Verkauf „schwarz“ getätigt werden. Ein Zeitreihenvergleich ist daher bei solchen Betrie- ben unzulässig, bei denen das Verhältnis zwischen Wareneinsatz und Erlösen im Wirtschaftsjahr nicht konstant ist oder bei denen die Betriebsstruktur derart geändert worden ist, dass dies die Aussage des Zeit- reihenvergleichs beeinflussen könnte. Ein Zeitreihenvergleich ist grundsätzlich keine geeig- nete Schätzungsmethode, wenn die Buchführung formell ordnungsgemäß ist oder nur geringfügige for- melle Mängel aufweist. Eine Hinzuschätzung kann dann also nicht allein auf einen Zeitreihenvergleich gestützt werden, sondern muss anhand anderer Feststellungen begründet werden.
  • 4. DIE MANDANTEN I INFORMATION Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater Ist die Buchführung dagegen formell nicht ordnungs- gemäß, ohne dass konkrete Schwarzverkäufe festge- stellt worden sind, ist der Zeitreihenvergleich nach- rangig gegenüber besser geeigneten Schätzungsme- thoden wie der Nachkalkulation oder einer Geldver- kehrsrechnung. Nur wenn diese Schätzungsmetho- den nicht sinnvoll eingesetzt werden können, weil z. B. der Unternehmer nicht mitwirkt oder der Fall zu komplex ist, kommt der Zeitreihenvergleich in Be- tracht. Ist die Buchführung dagegen sowohl formell als auch inhaltlich falsch (z. B. nicht erfasste Erlöse, Kassen- fehlbeträge), kommt der Zeitreihenvergleich als Schätzungsmethode in Betracht, sofern es keine an- dere Schätzungsmethode gibt, die mit vertretbarem Aufwand genutzt werden kann und die zu genaueren Ergebnissen führt. Hinweise: Mit seiner Entscheidung stärkt der BFH die Rechte des Unternehmers, weil er den Anwendungsbereich des Zeitreihenvergleichs erheblich einschränkt und die Anforderungen an die Durchführung verschärft. Zu beach- ten ist, dass der BFH das Fehlen von Bedienungsanleitun- gen für eine elektronische Registrierkasse sowie von An- weisungen zur nachträglichen Kassenprogrammierung, insbesondere von Programmierprotokollen, als gravieren- den formellen Mangel der Buchführung ansieht. Auch Spei- sekarten sind bei einem Gastronomiebetrieb aufbewah- rungspflichtig, wenn sie für das Verständnis und zur Über- prüfung der Buchführungsaufzeichnungen im konkreten Einzelfall von Bedeutung sind. Zweifelsfragen zum Reisekostenrecht Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat auf Bitte verschie- dener Wirtschaftsverbände zwei streitige Rechtsfragen zum neuen steuerlichen Reisekostenrecht, welches seit dem 1. 1. 2014 gilt, geklärt. Sammelbeförderung von Arbeitnehmern mit ständig wechselnden Tätigkeitsstätten Zum einen geht es um die unentgeltliche oder verbilligte Beförderung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeber (z. B. durch Busse, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt), wenn die Arbeitnehmer keine feste Tätigkeitsstätte haben, sondern an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten arbeiten. Die Finanzverwaltung hat in ihrer Verwaltungsrichtlinie für 2015 die Steuerfreiheit für diese Sammelbeförderung nicht mehr erwähnt, weil die gesetzliche Grundlage hierfür weg- gefallen ist. Damit war zweifelhaft, ob die Steuerfreiheit noch gewährt werden kann. Das BMF stellt jetzt klar, dass die Steuerfreiheit für Arbeitnehmer mit ständig wechseln- den Tätigkeitsstätten weiterhin gewährt wird, und zwar aufgrund einer anderen gesetzlichen Vorschrift. Hinweis: Die Steuerbefreiung gilt nur dann, wenn der Ar- beitnehmer an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten ein- gesetzt wird, also nicht bei einer Sammelbeförderung zwi- schen Wohnung und fester Tätigkeitsstätte. Verpflegungspauschale bei kostenlosen Knabbereien Zum anderen stellt das BMF klar, dass eine Verpflegungs- pauschale bei einer Auswärtstätigkeit nicht zu kürzen ist, wenn der Arbeitnehmer während der Reise, z. B. im Flug- zeug, kostenlos einen Snack erhält. Je nach Dauer der Abwesenheit von der Wohnung und der Tätigkeitsstätte erhält der Arbeitnehmer eine Verpflegungs- pauschale von 12 bis 24 € pro Tag. Dieser Betrag wird jedoch gekürzt, wenn der Arbeitnehmer unentgeltlich eine oder mehrere Mahlzeiten erhält. Bei einem kostenlosen Frühstück wird die Verpflegungspauschale um 20 %, bei einem kostenlosen Mittag- oder Abendessen um jeweils 40 % gekürzt. Diese Kürzung unterbleibt nach der aktuellen Stellungnah- me des BMF bei der kostenlosen Gewährung von Knabbe- reien (z. B. Chips, Salzgebäck, Schokowaffeln, Müsliriegel) bei Kurzstreckenflügen, Zug- oder Schiffsreisen. Hinweis: Auch Kuchen, der zum Nachmittagskaffee ge- reicht wird, führt nicht zu einer Kürzung der Verpflegungs- pauschale. Alle Steuerzahler Familienleistungen steigen Der Bundesrat hat am 10. 7. 2015 einem Gesetz zuge- stimmt, mit dem der steuerliche Grundfreibetrag angeho- ben und der Steuertarif nach rechts verschoben wird. Damit soll die in den Jahren 2014 und 2015 entstandene kalte Progression vollständig abgebaut werden. Zugleich werden mit dem Gesetz der Kinderfreibetrag, das Kindergeld, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende und der Kinderzu- schlag für Geringverdiener angehoben. Die Neuerungen: Zum Ausgleich der 2014 und 2015 entstandenen kalten Progression wird der Grundfreibetrag (aktuell 8.354 €) im Jahr 2015 um 118 € auf 8.472 € und im Jahr 2016 um weitere 180 € auf 8.652 € angehoben. Zugleich wird der Steuertarif ab 2016 um die Inflationsrate der Jahre 2014 und 2015 in Höhe von 1,48 % nach rechts verschoben. Daneben wird der Kinderfreibetrag (aktuell 7.008 €) ein- schließlich Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung ab dem 1. 1. 2015 um 144 € auf 7.152 € sowie ab dem 1. 1. 2016 um weitere 96 € auf 7.248 € angehoben. Das Kindergeld (aktuell 184 € für das erste und zweite Kind, 190 € für das dritte Kind und 215 € für das vierte Kind und weitere Kinder) steigt rückwirkend zum 1. 1. 2015 um 4 € monatlich je Kind sowie ab dem 1. 1. 2016 um weitere 2 € monatlich je Kind. Der Kinderzuschlag für Geringverdiener (aktuell max. 140 €/Monat) wird ab dem 1. 7. 2016 um 20 € monatlich, der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (aktuell 1.308 € für das erste Kind) wird ab dem 1. 1. 2015 um 600 € auf 1.908 € sowie um 240 € für jedes weitere Kind erhöht. Der Unterhaltshöchstbetrag (aktuell 8.354 €) wird für 2015 auf 8.472 € erhöht. Im Jahr 2016 steigt er auf 8.652 €. Die Erhöhung entspricht der Anhebung des Grundfreibetrags
  • 5. DIE MANDANTEN I INFORMATION Alle Beiträge sind nach bestem Wissen erstellt. Eine Haftung für den Inhalt kann jedoch nicht übernommen werden. und führt dazu, dass künftig höhere Unterhaltsleistungen steuerlich berücksichtigt werden können. Hinweise: Die rückwirkende Kindergelderhöhung des Jah- res 2015 wird nicht auf Sozialleistungen und den zivilrecht- lichen Kindesunterhalt angerechnet. Damit bleibt die Erhö- hung in voller Höhe bei den Betroffenen. Zudem wird Büro- kratie vermieden, weil nicht alle bereits ergangenen Be- scheide neu bearbeitet werden müssen. Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird übrigens nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs auch dann gewährt, wenn das Kind gar nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen lebt. Entscheidend ist allein der melde- rechtliche Status des Kindes. Somit genügt im Zweifel eine Bescheinigung der Meldebehörde über die Meldung des Kindes in der Wohnung des Alleinerziehenden, um in den Genuss des Entlastungsbetrags zu kommen. Kassen-Bonus und Sonderausgaben Der Sonderausgabenabzug für Krankenversicherungsbei- träge für die Basisversorgung darf nicht um Bonuszahlun- gen der Krankenkassen gekürzt werden. Dies hat das Fi- nanzgericht Rheinland-Pfalz – soweit ersichtlich – als bun- desweit erstes Finanzgericht entschieden. Hintergrund: Viele Krankenversicherungen bieten ihren Versicherten Bonusprogramme an. Danach erhalten dieje- nigen, die bestimmte Vorsorgemaßnahmen durchführen, am Jahresende einen Zuschuss zu den privat getragenen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, die nicht im Versiche- rungsumfang enthalten sind (z. B. Aufwendungen für Mas- sagen, homöopathische Arzneimittel, Nahrungsergän- zungsmittel, Gesundheitsreisen, Mitgliedschaft im Sport- verein oder Fitnessstudio). Streitfall: Die Kläger hatten an dem Bonusprogramm ihrer Krankenkasse (im Streitfall Bonusmodell Vorsorge PLUS) teilgenommen und den Bonus erhalten. Daraufhin kürzte das Finanzamt die von der Klägerin im Rahmen der Ein- kommensteuererklärung als Sonderausgaben geltend ge- machten Arbeitnehmerbeiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung (Basisabsicherung). Entscheidung: Nach Auffassung der Richter erfolgte die Kürzung zu Unrecht. Nach der seit 2010 geltenden Neuregelung zur Be- rücksichtigung von Kranken- und Pflegeversiche- rungsbeiträgen sind die Beiträge zur privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung für eine Basisab- sicherung in vollem Umfang als Sonderausgaben ab- ziehbar. Dies betrifft solche Ausgaben, durch die der Steuer- pflichtige endgültig wirtschaftlich belastet ist, so dass eine Verrechnung mit Beitragsrückerstattungen grundsätzlich möglich ist. Allerdings setzt die Verrechnung eine Gleichartigkeit der Zahlungen voraus. Und diese war vorliegend nicht gegeben: Denn mit der Bonuszahlung wurden nur Aufwendungen für sol- che Leistungen erstattet, die außerhalb der Basisab- sicherung der Versicherung liegen und somit von der Klägerin selbst getragen worden sind. Hinweis: Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Betroffene sollten gegen entsprechende Steu- erbescheide Einspruch einlegen und das Ruhen des Ver- fahrens beantragen. Mindestlohn: Dokumentationspflichten gelockert Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat die umstrittene Dokumentationspflicht beim Mindestlohn gelockert. Mit der nun verabschiedeten sog. Mindestlohn- dokumentationspflichtenverordnung vom 29. 7. 2015 wird die Einkommensschwelle von 2.958 € dahingehend er- gänzt, dass die Aufzeichnungspflicht nach dem Mindest- lohngesetz bereits dann entfällt, wenn das verstetigte re- gelmäßige Monatsentgelt mehr als 2.000 € brutto beträgt und dieses Monatsentgelt jeweils für die letzten tatsächlich abgerechneten zwölf Monate nachweislich gezahlt wurde. Zudem sind bei der Beschäftigung von engen Familienan- gehörigen (Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers) die Aufzeichnungspflichten nicht mehr anzuwenden. Hinweis: Die Verordnung ist am 1. 8. 2015 in Kraft getre- ten.
  • 6. DIE MANDANTEN I INFORMATION   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Aktuelle Hinweise für das Gespräch mit Ihrem Steuerberater   Friedrich und Partner GbR Steuerberater Dauthendeystr. 2 81377 München Tel.: (089) 714 58 56 Fax: (089) 718 49 1 E-Mail: info@steuerkanzlei-friedrich.de Internet: www.steuerkanzlei-friedrich.de © 2015 Friedrich und Partner GbR Steuerberater