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Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von eigener und
Drittsoftware (insbesondere OSS) im Unternehmen
Dr. Hendrik Schöttle
OSMC 2010 | 7. Oktober 2010
Übersicht
Das Internet als Source-Code-Fundgrube
GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim
Einsatz von Open-Source-Software
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
osborneclarke.com
3/30
Urheberrechtlicher Schutz von Software
§ 69a Urheberrechtsgesetz (UrhG) Gegenstand des Schutzes
(1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in
jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials.
(2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines
Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines
Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den
Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht
geschützt.
(3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke
in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen
Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit
sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder
ästhetische, anzuwenden.
[...]
osborneclarke.com
4/30
Urheberrechtlicher Schutz von Software
• Software ist grundsätzlich urheberrechtlich geschützt.
• Jede Verwendung der Software – auch von Ausschnitten – bedarf
grundsätzlich der Zustimmung des Rechtsinhabers.
osborneclarke.com
5/30
Ungeschützte Idee oder geschützter
Ausdruck?
Ausnahme: § 69a Abs. 2 S. 2 UrhG:
Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms
zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen
zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt.
Diese Regelung wiederholt den allgemeinen urheberrechtlichen
Grundsatz, dass Ideen und Motive grundsätzlich frei bleiben und das
in Computerprogrammen enthaltene wissenschaftlich-technische
Gedankengut als solches nicht schutzfähig ist.
Unterschieden wird somit:
ungeschützte Idee und geschützter Ausdruck
osborneclarke.com
6/30
Ungeschützte Idee oder geschützter
Ausdruck?
Algorithmen sind danach frei, wenn
• sie einen allgemeinen Lösungsweg darstellen, der
• einen gewissen Abstraktionsgrad aufweist,
• sie also eine „allgemeine Rechenregel“ darstellen,
• Begründung: Bei der Erstellung des Programms herangezogene
mathematische Prinzipien und Lehren als Bestandteil der
wissenschaftlichen Lehre müssen frei bleiben.
osborneclarke.com
7/30
Idee oder geschützter Ausdruck?
Algorithmen sind danach schutzfähig, wenn
• sie „eine Folge von Anweisungen, die den Zweck haben, ein
bestimmtes Problem zu bearbeiten“ darstellen und
• diese Folge von Anweisungen nicht zum Allgemeingut gehört,
• jedenfalls in der Art und Weise der Implementierung und Zuordnung
zueinander.
osborneclarke.com
8/30
Umfang des urheberrechtlichen Schutzes
§ 69c Zustimmungsbedürftige Handlungen
Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen
vorzunehmen oder zu gestatten:
1. die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise,
eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form [...];
2. die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere
Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der
erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten,
bleiben unberührt;
3. jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder
von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung.
4. die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines
Computerprogramms [...]
osborneclarke.com
9/30
Wie vorgehen?
• Praxistipp:
– Zunächst prüfen, ob der Urheber die Verwendung der Software
unter einer bestimmten Lizenz erlaubt.
– Falls nicht: Erlaubnis einholen.
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10/30
Welche Lizenz gilt?
Best Practice:
• Nicht auf allgemeine Aussagen verlassen („Lizenz: GPL“). Vom
Standard-Lizenztext abweichender Wortlaut ist möglich und bindend!
• COPYING / licence.txt o.ä. im Paket selbst ansehen!
• Versionsnummer der Software und der Lizenz beachten!
• Informationen von offizieller Website beachten
• Lizenzinformationen dokumentieren (Website-Screenshots,
Download)
Übersicht
Das Internet als Source-Code-Fundgrube
GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim
Einsatz von Open-Source-Software
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
osborneclarke.com
12/30
Was ist eigentlich Open-Source-Software?
• Software ist kostenfrei unter Verwendung der Ausgangslizenz zu
verbreiten
• Quellcode des jeweiligen Programms ist mit der Software
weiterzugeben oder verfügbar zu machen
• Software darf geändert/weiterentwickelt werden; ggf. müssen jedoch
diese Modifikationen (einschließlich Source Code) allen Dritten
kostenlos zur Verfügung gestellt werden
osborneclarke.com
13/30
Verschiedene Lizenzmodelle
Beteiligte Unternehmen legen Source Code offen
und erhalten dafür Privilegien
Netscape Public License; Apple
Public License
Sonstige
Unterschiedliche Rechtsfolgen je nach Art der
Softwareveränderung
Perl Artistic License, Clarified
Artistic License
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Public License
"Mozilla"
Kurzer Text; weniger Verpflichtungen; keine Pflicht
zur Rücklizenzierung!
z. B. BSD-Lizenz; Apache
Software License
"BSD-artige
Lizenzen"
Fortentwicklungen der Software sind wiederum
den Bestimmungen der "freien" Lizenz zu
unterstellen
z. B. GNU GPL; GNU LGPL"Copyleft"
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14/30
Anwendungsbereich der GPL
• GPL gilt für:
– Computerprogramme i. S. v. § 69 a UrhG
– „andere Werke“ (bspw. Datenbankwerke) iSv. § 4 UrhG
• Software unterliegt der GPL, wenn sie auf Werken basiert, die
ihrerseits der GPL unterliegen
• d.h. es genügt, wenn Software Teile der Open-Source-Software
enthält – unerheblich, ob diese unverändert übernommen oder
bearbeitet wurden
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15/30
GPL | Bearbeitungserlaubnis
Bedingungen
– Bearbeitete Dateien sind mit einem auffälligen Hinweis auf
Modifizierungen und deren Datum zu versehen
– Die Software muss Dritten als Ganzes,
– unentgeltlich, sowie
– unter den GPL-Bedingungen zugänglich gemacht werden
– Software muss Copyright-Vermerk und
– Hinweis auf Ausschluss der Mängelrechte (oder Übernahme von
"Garantie") und auf Weiterverarbeitungserlaubnis enthalten
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16/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
GPL:
Sie müssen dafür sorgen, dass jede von Ihnen verbreitete oder
veröffentlichte Arbeit, die ganz oder teilweise von dem Programm oder
Teilen davon abgeleitet ist, Dritten gegenüber als Ganzes unter den
Bedingungen dieser Lizenz ohne Lizenzgebühren zur Verfügung gestellt
wird.
Sofern proprietäre Software Teile einer Open-Source-Software
beinhaltet, muss die proprietäre Software Dritten gegenüber unter den
Bedingungen der GPL (d. h. unentgeltlich!) zur Verfügung gestellt
werden!
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17/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
Streitig, ob dies auch dann gilt, wenn der proprietäre Teil nur zusammen
mit dem Open-Source-Teil vermarktet wird.
– Wenn proprietäre Software als unabhängiges und eigenständiges
Werk angesehen werden kann, dann keine Rücklizenzierungspflicht
(z.B. Bundle, u.U. Plugin).
– Wird proprietäre Software aber mit Open-Source-Software als Teil
eines "einheitlichen Ganzen" vermarktet, dann ist gesamtes
Programm als ein auf Open Source basierendes Werk anzusehen
(min. eine Zeile GPL-Source eingebettet).
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18/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software
zulässig?
Aussage der Free Software Foundation:
It depends on how the program invokes its plug-ins.
1. If the program uses fork and exec to invoke plug-ins, then the plug-
ins are separate programs, so the license for the main program
makes no requirements for them.
www.gnu.org/licenses/gpl-faq.html
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19/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software
zulässig?
Aussage der Free Software Foundation:
It depends on how the program invokes its plug-ins.
2. If the program dynamically links plug-ins, and they make function
calls to each other and share data structures, we believe they form a
single program, which must be treated as an extension of both the
main program and the plug-ins. This means the plug-ins must be
released under the GPL or a GPL-compatible free software license,
and that the terms of the GPL must be followed when those plug-ins
are distributed.
osborneclarke.com
20/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software
zulässig?
Aussage der Free Software Foundation:
It depends on how the program invokes its plug-ins.
3. If the program dynamically links plug-ins, but the communication
between them is limited to invoking the ‘main’ function of the plug-in
with some options and waiting for it to return, that is a borderline
case.
osborneclarke.com
21/30
GPL | Der Copyleft-Effekt
Praxistipp:
• Wenn proprietäre und Open-Source-Software (insbes. GPL-
lizenzierte) gemeinsam vermarktet werden sollen, ist darauf zu achten,
dass sowohl auf der technischen wie auf der vertrieblichen Seite diese
Programme als getrennte und einzeln identifizierbare Programme
vermarktet werden!
• Nach Möglichkeit keine statische Verlinkung
• Idealerweise Kommunikation nur über Kommandozeilenparameter
Übersicht
Das Internet als Source-Code-Fundgrube
GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim
Einsatz von Open-Source-Software
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
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23/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
• Ausgangssituation:
- Wer ist Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an
einer Software, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder
eines freien Mitarbeiterverhältnisses entwickelt wurde?
- Wer darf das Endprodukt wirtschaftlich vermarkten und letztlich
den Erlös verteilen?
• Grundsatz:
Nach § 7 UrhG ist Urheber der Programmschöpfer, d. h. bei
Software der Programmierer der jeweiligen Software. Diese Person
kann entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen die Software
veröffentlicht, verbreitet, vervielfältigt und genutzt bzw. verwertet
wird, §§ 69c, 15 UrhG.
osborneclarke.com
24/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Sondersituation: Softwareentwicklung im Rahmen eines
Arbeits- oder Dienstverhältnisses
• § 69b UrhG Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen:
(1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in
Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen
seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der
Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse
an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes
vereinbart ist.
(2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.
osborneclarke.com
25/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Drei Ausnahmen nach § 69b UrhG:
Software, die
nicht in
Wahrnehmung
der Aufgaben des
Arbeitnehmers
geschaffen wurde
Software, die
nicht nach den
Anweisungen des
Arbeitgebers
geschaffen wurde
Vereinbarung
einer
abweichenden
Regelung
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26/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Rechtsfolgen:
• Der Arbeitgeber ist unwiderruflich, unbefristet und ausschließlich zur
Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an der Software
berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist.
Beispiel: Der Arbeitgeber entscheidet, wie die Software verwertet wird,
ob beispielsweise unter einer proprietären oder einer freien Lizenz
(Open-Source-Software).
• Auch wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechselt oder als
Programmierer selbstständig tätig wird, darf er die beim
ursprünglichen Arbeitgeber geschaffene Software nicht nutzen. Der
Programmierer ist also von der Verwertung des von ihm erstellten
Programms völlig ausgeschlossen.
osborneclarke.com
27/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Als Gegenleistung erhält der Programmierer seine vertragliche
Vergütung, womit die Rechteübertragung grundsätzlich abgegolten ist.
 Empfehlung: Vertragliche Regelung, nach der mit der vereinbarten
Vergütung alle Ansprüche für die Einräumung der Nutzungsrechte
abgegolten sind, auch für den Fall der Beendigung des Vertrages.
osborneclarke.com
28/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Zwar spricht § 69b UrhG sämtliche vermögensrechtlichen Befugnisse
dem Arbeitgeber zu. Doch ist nicht eindeutig geregelt, ob der
Arbeitgeber etwa auch zur Veränderung und Bearbeitung bzw. zur
Unterlizenzierung an Dritte berechtigt ist.
 Empfehlung: Ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung treffen.
osborneclarke.com
29/30
Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
Tätigkeit des Programmierers als freier Mitarbeiter
§ 69b UrhG ist nicht einschlägig, da § 69b Abs. 2 UrhG nur öffentlich-
rechtliche Dienstverhältnisse erfasst.
 Alle Nutzungsrechte am Auftragswerk liegen beim Programmierer.
 Empfehlung:
- Der Auftraggeber muss sich gegenüber einem freien Mitarbeiter
die Rechte an dem Programm, das er in Auftrag gegeben hat,
durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung sichern.
- Wenn der Auftraggeber die Software als Open Source freigeben
will, sollte die Absicht der Freigabe in dem Vertrag ausdrücklich
geregelt werden.
Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von eigener und Drittsoftware
(insbesondere OSS) im Unternehmen
OSMC 2010 | 7. Oktober 2010
Dr. Hendrik Schöttle
Rechtsanwalt | Fachanwalt für IT-Recht
T +49 (0) 89 5434 8078
hendrik.schoettle@osborneclarke.de
www.osborneclarke.de

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OSMC 2010 | Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von eigener und OSS Drittsoftware by Dr. Hendrik Schöttle

  • 1. Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von eigener und Drittsoftware (insbesondere OSS) im Unternehmen Dr. Hendrik Schöttle OSMC 2010 | 7. Oktober 2010
  • 2. Übersicht Das Internet als Source-Code-Fundgrube GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim Einsatz von Open-Source-Software Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
  • 3. osborneclarke.com 3/30 Urheberrechtlicher Schutz von Software § 69a Urheberrechtsgesetz (UrhG) Gegenstand des Schutzes (1) Computerprogramme im Sinne dieses Gesetzes sind Programme in jeder Gestalt, einschließlich des Entwurfsmaterials. (2) Der gewährte Schutz gilt für alle Ausdrucksformen eines Computerprogramms. Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt. (3) Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien, insbesondere nicht qualitative oder ästhetische, anzuwenden. [...]
  • 4. osborneclarke.com 4/30 Urheberrechtlicher Schutz von Software • Software ist grundsätzlich urheberrechtlich geschützt. • Jede Verwendung der Software – auch von Ausschnitten – bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Rechtsinhabers.
  • 5. osborneclarke.com 5/30 Ungeschützte Idee oder geschützter Ausdruck? Ausnahme: § 69a Abs. 2 S. 2 UrhG: Ideen und Grundsätze, die einem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrundeliegenden Ideen und Grundsätze, sind nicht geschützt. Diese Regelung wiederholt den allgemeinen urheberrechtlichen Grundsatz, dass Ideen und Motive grundsätzlich frei bleiben und das in Computerprogrammen enthaltene wissenschaftlich-technische Gedankengut als solches nicht schutzfähig ist. Unterschieden wird somit: ungeschützte Idee und geschützter Ausdruck
  • 6. osborneclarke.com 6/30 Ungeschützte Idee oder geschützter Ausdruck? Algorithmen sind danach frei, wenn • sie einen allgemeinen Lösungsweg darstellen, der • einen gewissen Abstraktionsgrad aufweist, • sie also eine „allgemeine Rechenregel“ darstellen, • Begründung: Bei der Erstellung des Programms herangezogene mathematische Prinzipien und Lehren als Bestandteil der wissenschaftlichen Lehre müssen frei bleiben.
  • 7. osborneclarke.com 7/30 Idee oder geschützter Ausdruck? Algorithmen sind danach schutzfähig, wenn • sie „eine Folge von Anweisungen, die den Zweck haben, ein bestimmtes Problem zu bearbeiten“ darstellen und • diese Folge von Anweisungen nicht zum Allgemeingut gehört, • jedenfalls in der Art und Weise der Implementierung und Zuordnung zueinander.
  • 8. osborneclarke.com 8/30 Umfang des urheberrechtlichen Schutzes § 69c Zustimmungsbedürftige Handlungen Der Rechtsinhaber hat das ausschließliche Recht, folgende Handlungen vorzunehmen oder zu gestatten: 1. die dauerhafte oder vorübergehende Vervielfältigung, ganz oder teilweise, eines Computerprogramms mit jedem Mittel und in jeder Form [...]; 2. die Übersetzung, die Bearbeitung, das Arrangement und andere Umarbeitungen eines Computerprogramms sowie die Vervielfältigung der erzielten Ergebnisse. Die Rechte derjenigen, die das Programm bearbeiten, bleiben unberührt; 3. jede Form der Verbreitung des Originals eines Computerprogramms oder von Vervielfältigungsstücken, einschließlich der Vermietung. 4. die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe eines Computerprogramms [...]
  • 9. osborneclarke.com 9/30 Wie vorgehen? • Praxistipp: – Zunächst prüfen, ob der Urheber die Verwendung der Software unter einer bestimmten Lizenz erlaubt. – Falls nicht: Erlaubnis einholen.
  • 10. osborneclarke.com 10/30 Welche Lizenz gilt? Best Practice: • Nicht auf allgemeine Aussagen verlassen („Lizenz: GPL“). Vom Standard-Lizenztext abweichender Wortlaut ist möglich und bindend! • COPYING / licence.txt o.ä. im Paket selbst ansehen! • Versionsnummer der Software und der Lizenz beachten! • Informationen von offizieller Website beachten • Lizenzinformationen dokumentieren (Website-Screenshots, Download)
  • 11. Übersicht Das Internet als Source-Code-Fundgrube GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim Einsatz von Open-Source-Software Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
  • 12. osborneclarke.com 12/30 Was ist eigentlich Open-Source-Software? • Software ist kostenfrei unter Verwendung der Ausgangslizenz zu verbreiten • Quellcode des jeweiligen Programms ist mit der Software weiterzugeben oder verfügbar zu machen • Software darf geändert/weiterentwickelt werden; ggf. müssen jedoch diese Modifikationen (einschließlich Source Code) allen Dritten kostenlos zur Verfügung gestellt werden
  • 13. osborneclarke.com 13/30 Verschiedene Lizenzmodelle Beteiligte Unternehmen legen Source Code offen und erhalten dafür Privilegien Netscape Public License; Apple Public License Sonstige Unterschiedliche Rechtsfolgen je nach Art der Softwareveränderung Perl Artistic License, Clarified Artistic License "Artistic" Mittelweg zwischen "Copyleft" und BSDMozilla Public License, Sun Public License "Mozilla" Kurzer Text; weniger Verpflichtungen; keine Pflicht zur Rücklizenzierung! z. B. BSD-Lizenz; Apache Software License "BSD-artige Lizenzen" Fortentwicklungen der Software sind wiederum den Bestimmungen der "freien" Lizenz zu unterstellen z. B. GNU GPL; GNU LGPL"Copyleft"
  • 14. osborneclarke.com 14/30 Anwendungsbereich der GPL • GPL gilt für: – Computerprogramme i. S. v. § 69 a UrhG – „andere Werke“ (bspw. Datenbankwerke) iSv. § 4 UrhG • Software unterliegt der GPL, wenn sie auf Werken basiert, die ihrerseits der GPL unterliegen • d.h. es genügt, wenn Software Teile der Open-Source-Software enthält – unerheblich, ob diese unverändert übernommen oder bearbeitet wurden
  • 15. osborneclarke.com 15/30 GPL | Bearbeitungserlaubnis Bedingungen – Bearbeitete Dateien sind mit einem auffälligen Hinweis auf Modifizierungen und deren Datum zu versehen – Die Software muss Dritten als Ganzes, – unentgeltlich, sowie – unter den GPL-Bedingungen zugänglich gemacht werden – Software muss Copyright-Vermerk und – Hinweis auf Ausschluss der Mängelrechte (oder Übernahme von "Garantie") und auf Weiterverarbeitungserlaubnis enthalten
  • 16. osborneclarke.com 16/30 GPL | Der Copyleft-Effekt GPL: Sie müssen dafür sorgen, dass jede von Ihnen verbreitete oder veröffentlichte Arbeit, die ganz oder teilweise von dem Programm oder Teilen davon abgeleitet ist, Dritten gegenüber als Ganzes unter den Bedingungen dieser Lizenz ohne Lizenzgebühren zur Verfügung gestellt wird. Sofern proprietäre Software Teile einer Open-Source-Software beinhaltet, muss die proprietäre Software Dritten gegenüber unter den Bedingungen der GPL (d. h. unentgeltlich!) zur Verfügung gestellt werden!
  • 17. osborneclarke.com 17/30 GPL | Der Copyleft-Effekt Streitig, ob dies auch dann gilt, wenn der proprietäre Teil nur zusammen mit dem Open-Source-Teil vermarktet wird. – Wenn proprietäre Software als unabhängiges und eigenständiges Werk angesehen werden kann, dann keine Rücklizenzierungspflicht (z.B. Bundle, u.U. Plugin). – Wird proprietäre Software aber mit Open-Source-Software als Teil eines "einheitlichen Ganzen" vermarktet, dann ist gesamtes Programm als ein auf Open Source basierendes Werk anzusehen (min. eine Zeile GPL-Source eingebettet).
  • 18. osborneclarke.com 18/30 GPL | Der Copyleft-Effekt Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software zulässig? Aussage der Free Software Foundation: It depends on how the program invokes its plug-ins. 1. If the program uses fork and exec to invoke plug-ins, then the plug- ins are separate programs, so the license for the main program makes no requirements for them. www.gnu.org/licenses/gpl-faq.html
  • 19. osborneclarke.com 19/30 GPL | Der Copyleft-Effekt Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software zulässig? Aussage der Free Software Foundation: It depends on how the program invokes its plug-ins. 2. If the program dynamically links plug-ins, and they make function calls to each other and share data structures, we believe they form a single program, which must be treated as an extension of both the main program and the plug-ins. This means the plug-ins must be released under the GPL or a GPL-compatible free software license, and that the terms of the GPL must be followed when those plug-ins are distributed.
  • 20. osborneclarke.com 20/30 GPL | Der Copyleft-Effekt Ist die Einbindung von GPL-lizenzierten Plugins in proprietäre Software zulässig? Aussage der Free Software Foundation: It depends on how the program invokes its plug-ins. 3. If the program dynamically links plug-ins, but the communication between them is limited to invoking the ‘main’ function of the plug-in with some options and waiting for it to return, that is a borderline case.
  • 21. osborneclarke.com 21/30 GPL | Der Copyleft-Effekt Praxistipp: • Wenn proprietäre und Open-Source-Software (insbes. GPL- lizenzierte) gemeinsam vermarktet werden sollen, ist darauf zu achten, dass sowohl auf der technischen wie auf der vertrieblichen Seite diese Programme als getrennte und einzeln identifizierbare Programme vermarktet werden! • Nach Möglichkeit keine statische Verlinkung • Idealerweise Kommunikation nur über Kommandozeilenparameter
  • 22. Übersicht Das Internet als Source-Code-Fundgrube GPL, viraler Effekt und Co: Risiken beim Einsatz von Open-Source-Software Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer
  • 23. osborneclarke.com 23/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer • Ausgangssituation: - Wer ist Inhaber der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an einer Software, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder eines freien Mitarbeiterverhältnisses entwickelt wurde? - Wer darf das Endprodukt wirtschaftlich vermarkten und letztlich den Erlös verteilen? • Grundsatz: Nach § 7 UrhG ist Urheber der Programmschöpfer, d. h. bei Software der Programmierer der jeweiligen Software. Diese Person kann entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen die Software veröffentlicht, verbreitet, vervielfältigt und genutzt bzw. verwertet wird, §§ 69c, 15 UrhG.
  • 24. osborneclarke.com 24/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Sondersituation: Softwareentwicklung im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses • § 69b UrhG Urheber in Arbeits- und Dienstverhältnissen: (1) Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an dem Computerprogramm berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist. (2) Absatz 1 ist auf Dienstverhältnisse entsprechend anzuwenden.
  • 25. osborneclarke.com 25/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Drei Ausnahmen nach § 69b UrhG: Software, die nicht in Wahrnehmung der Aufgaben des Arbeitnehmers geschaffen wurde Software, die nicht nach den Anweisungen des Arbeitgebers geschaffen wurde Vereinbarung einer abweichenden Regelung
  • 26. osborneclarke.com 26/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Rechtsfolgen: • Der Arbeitgeber ist unwiderruflich, unbefristet und ausschließlich zur Ausübung aller vermögensrechtlichen Befugnisse an der Software berechtigt, sofern nichts anderes vereinbart ist. Beispiel: Der Arbeitgeber entscheidet, wie die Software verwertet wird, ob beispielsweise unter einer proprietären oder einer freien Lizenz (Open-Source-Software). • Auch wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechselt oder als Programmierer selbstständig tätig wird, darf er die beim ursprünglichen Arbeitgeber geschaffene Software nicht nutzen. Der Programmierer ist also von der Verwertung des von ihm erstellten Programms völlig ausgeschlossen.
  • 27. osborneclarke.com 27/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Als Gegenleistung erhält der Programmierer seine vertragliche Vergütung, womit die Rechteübertragung grundsätzlich abgegolten ist.  Empfehlung: Vertragliche Regelung, nach der mit der vereinbarten Vergütung alle Ansprüche für die Einräumung der Nutzungsrechte abgegolten sind, auch für den Fall der Beendigung des Vertrages.
  • 28. osborneclarke.com 28/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Zwar spricht § 69b UrhG sämtliche vermögensrechtlichen Befugnisse dem Arbeitgeber zu. Doch ist nicht eindeutig geregelt, ob der Arbeitgeber etwa auch zur Veränderung und Bearbeitung bzw. zur Unterlizenzierung an Dritte berechtigt ist.  Empfehlung: Ausdrückliche arbeitsvertragliche Vereinbarung treffen.
  • 29. osborneclarke.com 29/30 Softwareentwicklung durch Arbeitnehmer Tätigkeit des Programmierers als freier Mitarbeiter § 69b UrhG ist nicht einschlägig, da § 69b Abs. 2 UrhG nur öffentlich- rechtliche Dienstverhältnisse erfasst.  Alle Nutzungsrechte am Auftragswerk liegen beim Programmierer.  Empfehlung: - Der Auftraggeber muss sich gegenüber einem freien Mitarbeiter die Rechte an dem Programm, das er in Auftrag gegeben hat, durch ausdrückliche vertragliche Vereinbarung sichern. - Wenn der Auftraggeber die Software als Open Source freigeben will, sollte die Absicht der Freigabe in dem Vertrag ausdrücklich geregelt werden.
  • 30. Rechtliche Fallstricke beim Einsatz von eigener und Drittsoftware (insbesondere OSS) im Unternehmen OSMC 2010 | 7. Oktober 2010 Dr. Hendrik Schöttle Rechtsanwalt | Fachanwalt für IT-Recht T +49 (0) 89 5434 8078 hendrik.schoettle@osborneclarke.de www.osborneclarke.de