Haben Sie sich auch schon einmal zumindest eine der folgenden Fragen gestellt:
Welche Rechtsvorschriften gelten für Thermoprozessanlagen im Betrieb?
Welche Härterei typischen Gefährdungen können auftreten?
Welche Maßnamen zum Erhalt der Sicherheit während der Nutzungsdauer muss ich treffen?
Wer kann mir Antworten auf meine Fragen geben?
1. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 1
Sichere Thermoprozessanlagen
Maßnahmen zum Erhalt der Betriebssicherheit über die Nutzungsdauer
Hartmut Steck-Winter
AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg
2. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 2
Begriffe und Definitionen
Anstelle einer Gliederung
Haben Sie sich auch schon einmal zumindest eine der folgenden Fragen gestellt:
1. Welche Rechtsvorschriften gelten für Thermoprozessanlagen im Betrieb?
2. Welche Härterei typischen Gefährdungen können auftreten?
3. Welche Maßnamen zum Erhalt der Sicherheit während der
Nutzungsdauer muss ich treffen?
4. Wer kann mir Antworten auf meine Fragen geben?
3. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 3
Rechtsgrundlagen
für den sicheren Betrieb
von Thermoprozessanlagen in Deutschland
ACHTUNG: Dies ist keine Rechtsberatung!
Zitierungen sind sinngemäß verkürzt, nicht wörtlich
Welche Rechtsvorschriften gelten für
Thermoprozessanlagen im Betrieb?
Das Verhüten von Unfällen darf nicht als Vorschrift des Gesetzes aufgefasst werden,
sondern als ein Gebot menschlicher Verpflichtung und wirtschaftlicher Vernunft.
Werner von Siemens, 1880
4. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 4
Rechtsgrundlagen
Regelwerk Sicherheit
Verantwortlich: Hersteller
Abbau von Handelshemmnissen
im Binnenmarkt
Nationale Rechtsvorschriften §
Geräte- und Produktsicherheitsgesetz
EMV- Gesetz, ….
EN Sicherheitsnormen
Verantwortlich: Betreiber
Zusammenarbeit der EU- Staaten
in sozialen Belangen
RL
2001/45/EG
RL
95/63/EG
Nationale Rechtsvorschriften §
Arbeitsschutzgesetz, PSA-BV
Betriebssicherheitsverordnung
Gefahrstoffverordnung, ….
Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG
….
Die nationalen Rechtsvorschriften im EWR sind nahezu identisch
ATEX-RL
94/9/EG
RL
2006/95/EG
Maschinenrichtlinie 2006/42/EG (MRL)
…..
Konstruktion, Bau, Inbetriebnahme Betrieb, Nachrüstung, Entsorgung
Lebenszyklus
Für alle Maschinen und Anlagen in der EU gelten einheitliche Richtlinien!
5. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 5
Rechtsgrundlagen
Hersteller: Maschinenrichtlinie (MRL)
Beachtung der Maschinenrichtlinie (MRL)
CE- Zeichen bestätigt die Konformität
Anwendung harmonisierter Normen
Normen sind nicht zwingend!
Stand der Technik überholt Normen
Der Betreiber darf bei voraussetzen, dass der
Hersteller die MRL berücksichtigt hat
EN 746: Sicherheitsanforderungen an industrielle
Thermoprozessanlagen
Erstellung einer Bedienungsanleitung
Bestimmungsgemäße Verwendung
Bedienung, Instandhaltung, Gefahrenhinweise
Produktbeobachtung (vgl. Produkthaftung)
Wurde die Anlage
gemäß den relevanten
Normen realisiert, so
erleichtert dies den
Konformitätsnachweis:
Es liegt automatisch die
Vermutung nahe, dass
die MRL erfüllt wird.
6. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 6
Rechtsgrundlagen
Betreiber: Arbeitsschutzgesetz
Verantwortlichkeit des Arbeitgebers:
Allgemeine Grundsätze [§4]
Gefahren Vermeiden oder Vermindern
Gefahren an der Quelle bekämpfen
Den Stand der Technik berücksichtigen
Bestandsschutz für Altanlagen?
Verknüpfung Technik und Organisation
Nachrangigkeit Schutzausrüstung
Geeignete Anweisungen erteilen
Mündliche Hinweise genügen nicht!
Betriebsanweisung, Unterweisung
Gefährdungsbeurteilung [§5]
Dokumentation der Maßnahmen [§6]
Arbeitsschutzgesetz
12Seiten;26Paragrafen
Gültigseit07.08.1996
Betreiber/Arbeitgeber schließt
die beauftragten Mitarbeiter ein
7. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 7
Rechtsgrundlagen
Betreiber: Betriebssicherheitsverordnung
Verantwortlichkeit des Arbeitgebers:
Gefährdungsbeurteilung [§3]
Bestimmungsgemäße Verwendung [§4]
Stand der Technik beachten [§4, (2)]
Mindestvorschriften „Altanlagen“ [§7]
Instandhaltung während Nutzung [§7, (5)]
Unterrichtung und Unterweisung [§9]
Prüfung der Schutzmaßnahmen [§10]
Dokumentation der Prüfungen [§11]
BetrSichV definiert alle Maßnahmen
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV)
gilt für die Bereitstellung und Benutzung von
allen Maschinen und Anlagen im Betrieb [§1]
Betriebssicherhe
44Seiten;27Pa
Gültigseit27.04.2002
8. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 8
Rechtsgrundlagen
Gibt es einen Bestandsschutz?
Begriff Bestandsschutz ist rechtlich nicht definiert (Grauzone)
Altmaschinen vor MRL müssen den zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme
geltenden Rechtsvorschriften, mindestens jedoch Anhang 1 der BetrSichV,
entsprechen [BetrSichV, §7]
Alte Thermoprozessanlagen vor 1995 müssen mindestens VDI 2046 erfüllen
Mit oder ohne Bestandsschutz: Die Anlage muss sicher sein! [BetrSichV, §4]
Stand der Technik soll berücksichtigt werden [ArbSchG, §4]
9. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 9
Härterei typische Gefahren beim Betrieb
von Thermoprozessanlagen
Welche Härterei typischen Gefährdungen können auftreten?
10. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 10
Härterei typische Gefahren beim Betrieb
Häufige Gefahrenursachen
Die Erfahrung zeigt: Gefahren haben häufig gleiche Ursachen
Gefahren entstehen insbesondere wenn *1)
,
Schutzmaßnahmen versagen bzw. unwirksam sind,
im Störfall falsche Maßnahmen ergriffen werden
Instandhaltung oder Prüfung unzureichend, z.B. unerkannte Fehler
nicht bestimmungsgemäße Verwendung
ungenügende Qualifikation oder Einweisung
Thermoprozessanlagen bzw. Härterei typische Gefahren
Vollständige Übersicht siehe EN 746 (notwendig für Instandhalter)
AWT: Sicherheitstechnische Empfehlungen (47 Seiten!)
BG: Gefahren beim Betrieb von ausgewählten Abschreckbädern
Nachfolgend drei häufiger diskutierte Beispiele
*1) Zitiert aus: Schmid, W.: Gefahren beim Betrieb von ausgewählten Abschreckbädern in der Härterei, Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft, Stuttgart 2001
11. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 11
Härterei typische Gefahren beim Betrieb
Explosionsgefahr von Ofenräumen
Erhöhte Explosionsgefahr besteht bei:
Temperaturabfall <
Sicherheitstemperatur
Atmosphärenwechsel
Unterdruckphasen beim Abschrecken
Unsachgemäße Eingriffe im Ablauf
aber auch bei
Unkontrolliertem Austreten von Heizgas
Explosionsgefahr: wenn sich explosions-
fähige Gemische aus Luft und brennbaren
Stoffen bilden und potenzielle Zündquellen
vorhanden sind!
Es kommt auf die Mischung an!
Technische Schutzmaßnahmen
(primärer Explosionsschutz)
durch den Hersteller, z.B.:
Zündbrenner an Türen
Begasungs- Sicherheitsregler
Stickstoff- Sicherheitsspülung
12. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 12
Härterei typische Gefahren beim Betrieb
Vergiftungs- und Erstickungsgefahren
Gefahr durch CO wird oft unterschätzt
CO ist Bestandteil von Endogas (20%)
CO ist farblos und geruchlos
CO hat ca. die gleiche Dichte wie Luft
CO ist brennbar und hochgiftig
Arbeitsplatzgrenzwert (MAK) 30 ppm!
Tod nach ca. 2 h bei 0,16 Vol% CO
CO tritt über Undichtigkeiten und Türen in
die Raumluft aus!
Härteöle können CO speichern und in
gefährlicher Menge wieder freisetzen
Schutzmaßnahmen durch den
Betreiber sind persönliche
Schutzausrüstungen, z.B. Gas-
Warngeräte und gute Belüftung!
Vergiftungs- und Erstickungsgefahren
durch Schutzgase sind allgegenwärtig!
13. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 13
Härterei typische Gefahren beim Betrieb
Ölbrandgefahr
In der Praxis z.B. in:
Abluftkanälen
Anlassöfen
Kein Brandrisiko ohne Luft
Fehlbedienung (Störfallklassiker)
Risikofaktoren:
Offene Ölhärtebäder (Luft)
Lokale Überhitzung
Ungenügende Reinigung
Technische Schutzmaßnahmen
durch den Hersteller, z.B.:
Übertemperaturbegrenzer
Niveauüberwachungen
Überwachung der Ölumwälzung
Löscheinrichtungen
Ölbrandgefahr: wenn sich brennbarer Stoff
(z.B. Härteöl) an Luft an einer Wärmequellen
(> Flammpunkt) entzündet!
14. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 14
TOP- Maßnahmen zum Erhalt der Sicherheit
von Thermoprozessanlagen im Betrieb
Welche Maßnamen zum Erhalt der Sicherheit
während der Nutzungsdauer muss ich treffen?
15. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 15
Maßnahmen zum Erhalt der Sicherheit
Das TOP Prinzip zur Gefahrenabwehr
TOP Maßnahmen = Technisch, Organisatorisch, Persönlich [ArbSchG §4]
Hersteller und Betreiber treffen gemeinsame Schutzmaßnahmen
Zusammenspiel (wie ineinander greifende Zahnräder)
Technische Maßnahmen, z.B.:
Hersteller sieht Schutzeinrichtungen, z.B. Begasungssicherheitsregler vor
Betreiber hält Schutzeinrichtungen instand, prüft, modernisiert
Organisatorische Maßnahmen z.B.:
Hersteller erstellt Betriebsanleitung
Betreiber erstellt Gefährdungsanalyse und Betriebsanweisung,
qualifiziert, unterweist
Personenbezogene Maßnahmen z.B.:
Betreiber stellt persönliche Schutzausrüstung
16. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 16
TOP- Maßnahmen im Betrieb
TOP Maßnahmen zum Erhalt der
Sicherheit über die gesamte Nutzungsdauer
Rechtsgrundlagen für den Betreiber
insbesondere ArbSchG und BetrSichV
Technische Schutzmaßnahmen und Bedienungsanleitung des Herstellers
Instandhaltung
Prüfung
Modernisierung
Qualifizierung
Unterweisung
PSA
Oberster Grundsatz: Die Anlage muss sicher sein!
Basis: Gefährdungsbeurteilung und Bedienungsanweisung
17. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 17
Die Basis (1) sicherer Thermoprozessanlagen
Gefährdungsbeurteilung
Jeder Arbeitgeber ist zu einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet
[ArbSchG §5, BetrSichV §3]
Warum die herausgehobene Stellung der Gefährdungsbeurteilung?
Rechtsvorschriften sind allgemeinverbindlich aber unspezifisch
Berücksichtigung der Anlage und des Umfelds, insbesondere:
Wechselwirkungen mit Arbeitsstoffen, z.B. mit Schutzgasen, Härteölen,
Art, Umfang und Fristen erforderlicher (vorgeschriebener) Prüfungen
Persönliche Voraussetzungen (Qualifikation und Unterweisung)
Ergebnisse müssen dokumentiert werden [ArbSchG §6]
Regelmäßige Aktualisierung erforderlich
Beobachtung Fehlverhalten und (Beinahe-) Unfälle
AWT „Handlungshilfe für Härtereien bei der Gefährdungsbeurteilung“ und
Handlungshilfen der BG
18. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 18
Die Basis (2) sicherer Thermoprozessanlagen
Betriebsanweisung
Der Arbeitgeber muss eine Betriebsan-
weisungen erstellen [BetrSichV, §9]:
Betriebsanleitung nicht rechtsverbindlich
verständliche Form und Sprache
Mustervorlagen der BG‘s
Anwendungsbereich
Gefahren für Mensch und Umwelt
Schutzmaßnahmen
Verhaltensregeln
Verhalten bei Betriebsstörungen
Verhalten bei Unfällen, Erste Hilfe
Instandhaltung, Prüfung
Entsorgung
Möglichst nur eine DIN-A4 Seite
Aushang am Arbeitsplatz
Muster
der BG
19. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 19
Die erste Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Instandhaltung
Anlagen müssen auf einem sicheren Stand gehalten werden [BetrSichV, §7]
Fachgerechte Instandhaltung ist unerlässlich (Analogie Kfz)
Verschleiß ersetzen
Schäden frühzeitig entdecken
Sichere Instandhaltung
Schwere Unfälle zeigen Unwissen und Hektik können tödlich sein!
Detaillierte Instandhaltungsplanung, Gefahren erkennen
Sicherheitshinweise in der Betriebsanleitung des Herstellers beachten,
z.B.:
Entfernung Sicherheitsbogen
Vor Begehung: Belüftung des Ofens (Erlaubnisschein nach BGR 117-1)
Qualifizierte Instandhalter einsetzen
Instandhalter müssen die Vorschriften, insbesondere EN 746 kennen
Empfehlung: Instandhaltung durch Fachbetriebe anleiten lassen
Ausführungsbeispiel: Marktplatz AICHELIN Servicevereinbarung
1
20. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 20
Die zweite Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Prüfung
Schutzmaßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit zu prüfen [BetrSichV, §10]
Analogie zur Hauptuntersuchung beim Kfz
Was: EN746 gibt den Standard vor!
Wann: Fristen entspr. Gefährdungsbeurteilung und Bedienungsanleitung
Wann noch: nach außergewöhnlichen Ereignissen
Prüfung durch hierzu befähigte (sachkundige) Personen [BetrSichV, §2 (7)]
Wer sind befähigte (sachkundige) Personen? Vgl. HU beim Kfz
Kenntnis der gesetzlichen Regelwerke
Kenntnis Stand der Technik
Geeignete Berufsausbildung, ständig im Sachgebiet tätig
Dokumentation der Prüfungen [BetrSichV, §11]
Ausführungsbeispiel: Marktplatz Prüfung von Thermoprozessanlagen
2
21. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 21
Die dritte Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Modernisierung
Der Stand der Technik ist zu berücksichtigen [ArbSchG, §4], [BetrSichV, §4]
Problematik:
Thermoprozessanlagen haben eine vergleichsweise lange Lebenszeit
Technische Schutzmaßnahmen veralten
Z.B. Schutzeinrichtungen ohne Selbstprüfung werden nicht erkannt
Vorteile von Modernisierungen, z.B.:
Höhere Rechtssicherheit – Die Anlage ist auf dem Stand der Technik!
Geringere Wartungskosten, geringere Stillstandszeiten
Wertschätzung und Steigerung des Sicherheitsgefühls der Bediener
Investitionen behalten ihren Wert
Ausführungsbeispiele: Marktplätze Umbau und Modernisierung
3
22. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 22
Die vierte Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Qualifizierung
Bedien- und Instandhaltungspersonal muss qualifiziert sein [ArbSchG §4]
Wissen schützt vor Fehlentscheidungen und erhöht die Sicherheit [BGV]
Vermittlung Grundlagenwissen, insbesondere Zusammenhänge, z.B.:
Wie funktioniert Aufkohlen mit Schutzgas
Funktion spezieller Betriebsmittel, z.B. Gasbrenner
Pflichten der Arbeitgeber, bzw. Vorgesetzten [ArbSchG §13]
Den Beschäftigten Qualifizierungsmaßnahmen anbieten
Pflichten der Beschäftigten [ArbSchG §15]
Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen nach ihren Möglichkeiten
Schulungsangebote der AWT, BG und Hersteller
Ausführungsbeispiel: Marktplatz Seminare und Unterweisungen
4
23. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 23
Die fünfte Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Sicherheitsunterweisung
Unterweisung der Beschäftigten [ArbSchG, §12], [BetrSichV, §9]
Sicherheitsunterweisung ist eine wichtige organisatorische
Schutzmaßnahme
Themen entsprechend Gefährdungsbeurteilung und Betriebsanleitung,
z.B.:
Gefahren durch Schutzgase, Ölbrände, etc.
Inhalt und Form:
Arbeitsplatz- und Aufgabenbezogen (spezifisch!)
Praktische Anleitung, möglichst an der Anlage
Wissenstand der Mitarbeiter berücksichtigen
Häufigkeit:
Mindestens einmal jährlich, bei Mitarbeiterwechsel
Neue Maschinen und Anlagen, veränderte Arbeitsabläufe
Unfälle oder Beinaheunfälle, Fehlverhalten von Mitarbeitern
Dokumentation der Unterweisung [BetrSichV, §11]
5
24. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 24
Die sechste Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
TOP - Persönliche Schutzausrüstung (PSA)
Notwendigkeit PSA ergibt sich aus Gefährdungsbeurteilung
Nachrangig zu technischen/organisatorischen Maßnahmen [ArbSchG, §4]
PSA ist nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt [PSA-BV, §2]
Pflicht der Beschäftigten die PSA zu verwenden [ArbSchG, §15]
6
25. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 25
Mitwirkende Stellen
Wer kann mir Antworten auf meine Fragen geben?
26. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 26
Mitwirkende Stellen
Berufsgenossenschaften
Wichtigste Aufgabe der BG‘s: Unfallverhütung
Beratung in Fragen zum Arbeitsschutz, z.B. Betriebsanweisung oder PSA
BG erlässt Vorschriften (BGV), erstellt Richtlinien und Informationen
BGV müssen von allen Mitgliedsbetrieben eingehalten werden
Downloads Vorlagen, z.B. Betriebsanweisung
27. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 27
Mitwirkende Stellen
Fachverbände (AWT)
AWT Härterei Kreise und Fachveranstaltungen
AWT- Sicherheitstechnische Empfehlungen
Z.B. Beschreibung Härterei typische Gefahren
Mitwirkung Hersteller (z.B. AICHELIN), Betreiber und BG
Handlungshilfe für Härtereien bei der Gefährdungsbeurteilung
Downloads von der Homepage des AWT
28. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 28
Zusammenfassun
g
Vier Fragen: Rechtsgrundlagen, Gefahren, Maßnahmen, Hilfe
Wichtige Rechtsvorschriften: z.B. ArbSchG, BetrSichV
Verantwortung des Herstellers:
Technische Schutzmaßnahmen, insbesondere nach EN 746
Betriebsanleitung, Gefährdungshinweise
Verantwortung des Betreibers:
Gefährdungsbeurteilung
Betriebsanweisung
6 TOP- Maßnahmen während der Nutzungsdauer:
Technisch: Instandhaltung, Prüfung, Modernisierung
Organisatorisch: Qualifizierung und Sicherheitsunterweisung
Persönlich: Verwendung Schutzausrüstung
Oberster Grundsatz: Die Anlage muss sicher sein!
Sicherheit und Gesundheitsschutz sind nicht verhandelbar!
29. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 29
Literatur
Danke
Dieser Vortrag wurde als Fachaufsatz veröffentlicht:
Sicherer Betrieb von Thermoprozessanlagen mit Schutzgasatmosphären.
Hartmut Steck-Winter, Frank Treptow
Gaswärme International (59) Nr. 4/2010, Seiten 250 - 262
30. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 30
Literatur (Quellennachweise)
AWT: Handlungshilfe für Härtereien bei der Gefährdungsbeurteilung. AWT -
Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und Werkstofftechnik e.V., Bremen 2005
AWT: Sicherheitstechnische Empfehlungen für den Betrieb von Industrieöfen mit
Schutzgasatmosphären. AWT - Arbeitsgemeinschaft Wärmebehandlung und
Werkstofftechnik e.V., Bremen 1999
Benke, F. und Treptow, F.: Normen und gesetzliche Vorschriften in Praxishandbuch
Thermoprozesstechnik Band 2, Vulkan Verlag, Essen 2003
Mundel, W.: Explosionsschutz bei Thermoprozessanlagen in Praxishandbuch
Thermoprozesstechnik Band 2, Vulkan Verlag, Essen 2003
Schmid, W.: Gefahren beim Betrieb von ausgewählten Abschreckbädern in der Härterei,
Süddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft, Stuttgart 2001
Steck-Winter, H.: Integratives Instandhaltungsmanagement von Thermoprozessanlagen.
Gaswärme International, Jahrgang 7-8-2008, Seite 519-526, Vulkan Verlag Essen 2008
Steck-Winter, H.: Modernisierung der Steuerung von Thermoprozessanlagen. Gaswärme
International, Jahrgang 4-2008, Seite 232-236, Vulkan Verlag, Essen 2008
31. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 31
Erläuterungen
32. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 32
Festlegung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen, z.B.:
Gefahren durch elektrische Energie
Gefahren durch Montagefehler
Gefahren durch extreme Temperaturen
Brandgefahr
Explosionsgefahr
Vergiftungs- und Erstickungsgefahr
Rechtsgrundlagen
MRL Anhang 1
33. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 33
Für Hersteller Gleichrangigkeit mit technischer Ausführung
Form und Inhalt sind in der MRL vorgegeben
Voraussetzung für CE- Kenzeichnung
Gilt für alle Lebensphasen
Basis für die Betriebsanweisung des Betreibers
Vorgaben für die Verwendung, Wartung und Instandsetzung
Angaben zur Qualifikation des Betreiberpersonals
Prüfintervalle und Prüfverfahren
Wenn nichts mehr funktioniert, lies endlich die Betriebsanleitung!
Rechtsgrundlagen
Betreiber: Betriebsanleitung des Herstellers
34. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 34
Rechtsgrundlagen
EG-Richtlinie 94/9/EG (ATEX)
Die EG- Richtlinie 94/9EG findet Anwendung auf Geräte und Schutzsysteme
zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen
Ein explosionsgefährdeter Bereich ist der Raum in dem die Atmosphäre
explosionsfähig werden kann
Thermoprozessanlagen werden nicht in explosionsgefährdeten Bereichen
aufgestellt und betrieben. Damit unterliegen Sie auch nicht den
Anforderungen der ATEX- Richtlinie 94/9/EG
Siehe VDMA- Leitfaden zum Explosionsschutz von Thermoprozessanlagen
35. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 35
Rechtsgrundlagen
Wesentliche Veränderung
Änderungen bei denen mit hoher
Wahrscheinlichkeit neue Gefährdungen
entstehen können
Hochrüstung auf das Sicherheitsniveau
der MRL
EN 746 beachten
neue EG- Konformitätserklärung, CE
Keine wesentliche Änderung:
Instandsetzung
Modernisierungen
Verbesserungen der Sicherheitstechnik
BG- PRÜFZERT Information 04/2004
36. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 36
Rechtsgrundlagen
Gefährdungsbeurteilung (AWT 1)
Stoffliste erstellen
Maßnahmen zur Verhinderung einer
explosionsfähigen Atmosphäre
Bewertung: In der Regel keine
Explosionsgefahr (primäre Maßnahmen)
Dokumentation der Maßnahmen: In der
Regel kein Explosionsschutzdokument
38. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 38
Gefahren beim Betrieb
Explosionsgefahr von Ofenräumen
Gas
Luft
Obere Exgrenze = OEG
Untere Exgrenze = UEG
Gemisch ist zu „fett“
Brennbares Gemisch
ACHTUNG: Wenn die Verbrennung in einem
geschlossenen Raum stattfindet, können Druck-
steigerungen mit explosionsartigen Folgen entstehen
Explosionsfähiges Gemisch
In der Wärmebehandlung ist dieser Bereich, bedingt durch
den allgegenwärtigen Wasserstoff (2. Säule), sehr breit
Gemisch ist zu „mager“
39. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 39
Härterei typische Gefahren beim Betrieb - Technische Schutzmaßnahmen
Primärer Explosionsschutz (Begasung)
Prinzipen des primärer Explosionsschutzes:
1. Verbrennung, bevor eine explosionsfähige
Gasmischung entsteht
Zündbrenner, Flammenschleier
Begasungs- Sicherheitstemperatur
1. Inertgasspülung*1)
, das brennbare
Schutzgas bzw. der Sauerstoff wird rasch
verdrängt
Stickstoffsicherheitsspülung
Wenn eine Schleusentür
geöffnet wird muss sicher-
gestellt sein, dass das Gas in
der Schleuse verbrennt, bevor
sich explosive Gemische
bilden können.
*1): Als Inertgase bezeichnet man Gase, die sehr reaktionsträge (inert) sind, sich also an nur
wenigen chemischen Reaktionen beteiligen
41. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 41
Gefahren beim Betrieb - Technische Schutzmaßnahmen
Explosionsschutz an einem Rollenherd
42. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 42
Die vierte Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
Qualifizierung
Seminar mit u.a. folgenden Themen:
Grundlagen der Werkstoffkunde
Grundlagen der Wärmebehandlung
und Verfahrenstechnik
Anwendung von Schutzgasen
Thermoprozessverfahren
Gasbrennersysteme
Energieeffizienz
Drei Tage, Kosten € 580
Lernen hat immer Konjunktur!
43. Dr. Hartmut Steck-Winter, AICHELIN Service GmbH Ludwigsburg: AICHELIN Instandhaltungsforum 2010 – Vortrag Sichere Thermoprozessanlagen, Folie 43
AICHELIN Schulungskonzept für individuelle Sicherheitsunterweisung:
Modul 1: Notwendige Betriebsstoffe und deren Verwendung
Modul 2: Härtereitypische Gefahr Kohlenmonoxyd
Modul 3: Härtereitypische Gefahr Erstickung
Modul 4: Einsatz brennbarer Schutzgase
Modul 5: Ölbadbrände und ihre Vermeidung
Modul 6: CO2 Löschanlagen
Modul 7: Verlassen einer Ofenanlage im Notfall
Modul 8: Einsatz brennbarer Schutzgase bei Nitrieranlagen
Modul 9: Feuerwehreinsatz an Wärmebehandlungsanlagen
Die fünfte Säule sicherer Thermoprozessanlagen:
Sicherheitsunterweisung
Hinweis der Redaktion
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Thema lautet
„Sichere Thermoprozessanlagen“
mit dem Untertitel
„Maßnahmen zum Erhalt der Betriebssicherheit über die Nutzungsdauer“.
Der Untertitel ist mir wichtig, weil er die Schwerpunkte meines Vortages beschreibt.
Nur ein kleiner Teil meines Vortrags beschäftigt sich mit den üblichen Fragestellungen eines Ofenbauers, also was bei der Konstruktion und der Fertigung einer Thermoprozessanlage zu beachten ist.
Absichtlich möchte ich Ihre Perspektive, d.h. die Perspektive des Nutzers von Thermoprozessanlagen, in den Vordergrund meines Vortrages stellen.
Anstelle einer Gliederung
Ich möchte meinen Vortrag mit vier Fragen beginnen, die Sie sich wahrscheinlich auch schon einmal gestellt haben:
Welche Rechtsvorschriften gelten für Thermoprozessanlagen im Betrieb?
Welche Gefährdungen können während der Nutzung einer Thermoprozessanlage im Betrieb auftreten?
Welche Maßnahmen zum Erhalt der Sicherheit muss ich treffen?
und nicht zuletzt:
Wer kann mir Antworten auf meine Fragen geben?
In der nächsten Stunde werde ich versuchen Ihnen diese vier Fragen zu beantworten.
Beginnen möchte ich mit der Frage zu den Rechtsgrundlagen. Die Frage war:
Welche Rechtsvorschriften gelten für Thermoprozessanlagen im Betrieb?
Warum diese Herangehensweise? Ich bin ja kein Jurist und ich will und kann Ihnen auch keine Rechtsberatung geben.
Die Antwort ist einfach: Der Zugang über die Rechtsgrundlagen stellt sicher, dass die gesetzlichen Mindestanforderungen beachtet werden.
Dieser Zugang ist m.E. auch ökonomisch, weil er für Alle gilt.
Ich hoffe sehr, dass Sie diesen Ansatz jetzt nicht als rotes Tuch sehen und sozusagen den Rollladen herunter lassen. Natürlich weiß ich auch, dass Ihre Handlungsfreiheit als Betreiber von Thermoprozessanlagen durch ein teilweise undurchschaubares Dickicht von Vorschriften eingeschränkt wird. Aber es hilft ja nicht. Dies sind ihre Rahmenbedingungen!
Umso mehr hoffe ich, dass Sie mir am Ende darin zustimmen, dass die von mir angesprochenen Rechtsgrundlagen sehr gut als Handlungsanleitung in der betrieblichen Praxis verwendet werden können.
Für alle Maschinen und Anlagen die in der EU in Verkehr gebracht und betrieben werden gelten einheitliche Richtlinien.
Das Ziel der EU- Richtlinien ist einerseits der Abbau von Handelshemmnissen und anderseits die Zusammenarbeit der EU- Staaten in sozialen Belangen und der Arbeitssicherheit.
Die EU-Maschinenrichtlinie und die daraus abgeleitete nationale Gesetzgebung, insbesondere das GPSG, richten sich an die Hersteller von neuen Maschinen und Anlagen. Diese Rechtsvorschriften gelten für die Konstruktion, den Bau und die Inbetriebnahme von neuen Anlagen.
Mit einer einzigen Ausnahme werde ich in meinem Vortrag nicht auf die für Hersteller geltenden Regelwerke eingehen, sondern mich mit der Verantwortlichkeit der Betreiber beschäftigen, wie dies ja auch im Titel meines Vortrags zum Ausdruck kommt.
Grundlegende Rechtsvorschriften für die Betreiber, d.h. für den Betrieb, die Nachrüstung und die Entsorgung von Maschinen und Anlagen, leiten sich aus der EU-Arbeitsschutzrahmenrichtlinie und der entsprechenden nationalen Gesetzgebung ab.
Für Betreiber von Maschinen und Anlagen in Deutschland sind die wichtigsten gesetzlichen Regelwerke das Arbeitsschutzgesetz und die Betriebssicherheitsverordnung.
Auf Beide werde ich im Laufe meines Vortrags immer wieder zurück kommen.
Mit der Ausnahme, den Rechtsgrundlagen für die Hersteller, möchte ich auch gleich beginnen:
Bei der Herstellung neuer Anlagen muss der Hersteller die MRL beachten. Das CE- Zeichen ist der sichtbare Ausdruck der Konformität mit der MRL.
Normen sind für den Anlagenhersteller ein Hilfsmittel zur Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Normen sind aber nicht zwingend! Gleichwertige andere Lösungen sind auch möglich. Bei der Anwendung harmonisierter Normen kann der Hersteller die Konformität mit der MRL vermuten.
Normen werden regelmäßig vom Stand der Technik überholt, weil sich die Technik schneller als die Normung verändert.
Der Betreiber einer Anlage darf voraussetzen, dass der Hersteller die MRL berücksichtigt hat. Der Betreiber ist nicht verpflichtet die Konformität zu überprüfen. Gleichwohl ist dies für den Betreiber auch kein Persilschein.
Die europäische Normenreihe EN 746 legt die Sicherheitsanforderungen für neue industrielle Thermoprozessanlagen fest.
Weiter ist der Hersteller zur Erstellung einer Bedienungsanleitung verpflichtet. Die Bedienungsanleitung enthält Vorgaben für die bestimmungsgemäße Verwendung, Bedienung und Instandhaltung der Anlage.
Das Produkthaftungsgesetz legt dem Hersteller während der Nutzung eine Beobachtungspflicht auf.
Aber nun zu den Rechtsgrundlagen für den Betreiber:
Das Arbeitsschutzgesetz ist mit 12 Seiten gut überschaubar. Im Arbeitsschutzgesetz sind vor allem einige wichtige Grundsätze beschrieben:
Gefahren zu vermeiden, bzw. gering zu halten ist eine Verpflichtung zum aktiven Arbeitsschutz. Gefahren an ihrer Quelle zu bekämpfen bedeutet, dass es natürlich nicht genügt nur auf eine Gefahr hinzuweisen.
Die Vorgabe den Stand der Technik zu berücksichtigen wirkt sich insbesondere auf Altanlagen aus. Ein gewisser Widerspruch zum s.g. Bestandsschutz – dazu in kürze etwas mehr - ist hier offensichtlich.
Auf die Verknüpfung von Technik, Organisation und Persönlichen Schutzmaßnahmen wird explizit. hingewiesen. Individuelle persönliche Schutzmaßnahmen sind demgegenüber nachrangig. Darauf werde ich später noch detaillierter eingehen.
Der Arbeitgeber muss den Beschäftigten geeignete Anweisungen erteilen. Dies ist die konkrete Auforderung zur Erstellung einer Betriebsanweisung, aber auch für Unterweisungen. Mündliche Hinweise genügen nicht!
In den Paragraphen 5 und 6 wird der Betreiber zu einer Gefährdungsbeurteilung und zu einer Dokumentation der getroffenen Maßnahmen aufgefordert. Auch dazu später mehr.
Wer kennt die Betriebssicherheitsverordung?
Die nach meiner Ansicht nach wichtigste Rechtsverordnung für die Betreiber von Anlagen ist die Betriebssicherheitsverordung. Die Betriebssicherheit-Verordnung hat 44 Seiten. Nur wenige Seiten treffen auf Thermoprozessanlagen zu.
Die Betriebssicherheitsverordnung gilt für alle Maschinen und Anlagen im Betrieb, d.h. auch für Altanlagen (ohne CE- Zeichen)
Nach der BetrSichV ist der Arbeitgeber (Betreiber) dafür verantwortlich,
dass eine Gefährdungsbeurteilung erstellt wird,
dass die benutzten Arbeitsmittel bestimmungsgemäß verwendet werden,
dass auch bei Altanlagen Mindeststandards eingehalten werden,
dass die Anlage instand gehalten wird
dass die Beschäftigten die Gefahren kennen und entsprechend unterwiesen werden,
dass Maschinen und Anlagen geprüft und auf einem sicheren Stand gehalten werden und,
dass die Ergebnisse der Prüfungen dokumentiert werden
Damit sind dann auch die wichtigsten Sicherheitsmaßnahmen im Betrieb definiert: Diese sind Gefährdungsbeurteilung, Betriebsanweisung, Modernisierung, Sicherheitsunterweisung, Instandhaltung und Prüfung.
Zum Abschluss meines einleitenden Kapitels über die Rechtsgrundlagen komme ich zu einer sehr häufig diskutierten Rechtsfrage: Gibt es einen Bestandsschutz?
Der Begriff des Bestandsschutzes ist rechtlich nicht definiert (Grauzone). Mit dem Verweis auf den Bestandsschutz sollte man es sich also nicht zu einfach machen.
Bestandsschutz bedeutet, was zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme nach den (damals) geltenden Rechtsvorschriften ausgeführt wurde, hat in der Regel Rechtsschutz.
Altmaschinen, die vor in Kraft treten der MRL bereits in Betrieb waren, müssen den zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme geltenden Rechtsvorschriften, mindestens jedoch Anhang 1 der BetrSichV, entsprechen.
Alte Thermoprozessanlagen mit Inbetriebnahme vor 1995 müssen daher mindestens VDI 2046 erfüllen
Aber Vorsicht: Mit oder ohne Bestandsschutz, die Anlage muss sicher sein und die Anlage soll den Stand der Technik berücksichtigen! Siehe ArbSchG und BetrSichV.
Im zweiten Teil meines Vortages möchte ich, wenn auch zeitlich bedingt etwas oberflächlich, eine Antwort auf die einleitend gestellte Frage
„Welche Härterei typischen Gefährdungen können auftreten?“
geben.
Die Erfahrung zeigt uns, dass Gefahren sehr häufig gleiche Ursachen haben.
Gefahren entstehen insbesondere wenn,
Schutzmaßnahmen versagen bzw. unwirksam sind,
im Störfall falsche Maßnahmen ergriffen werden
die Instandhaltung oder Prüfung unzureichend ist, und Fehler nicht rechtzeitig erkannt werden
die Anlage nicht bestimmungsgemäß verwendend wird,
Bediener und insbesondere Instandhalter ungenügend Qualifiziert oder ungenügend unterwiesen sind und weil sie die Gefahren nicht kennen im Störfall die falschen Maßnahmen ergreifen.
Eine vollständige Übersicht der Gefährdungen von Thermoprozessanlagen finden Sie in EN 746 bzw. sehr gute Erläuterungen hierzu in den Sicherheitstechnischen Empfehlungen des AWT.
Ich werde im nun kurz einige Anmerkung zu drei wichtigen Härterei typischen Gefahren machen. Für die Spezialisten unter den Anwesenden will ich vorab gerne zugeben, dass ich dabei sehr an der Oberfläche bleibe.
Explosionsgefahr besteht, wenn sich explosionsfähige Gemische aus Luft und brennbaren Stoffen bilden können und Zündquellen vorhanden sind! Zündquellen einmal vorausgesetzt, kommt es also auf die Mischung von brennbarem Stoff mit der Luft an.
Erhöhte Explosionsgefahr besteht:
wenn die Ofentemperatur unter 750 Grad C abfällt, weil dann die Zündquelle für die rechtzeitige Verbrennung fehlt,
bei Atmosphärenwechsel, weil im Übergangsstadium eine explosionsfähige Mischung entstehen kann,
nach Unterdruckphasen beim Abschrecken, weil durch die eingesaugte Luft ein zündfähiges Gemisch entstehen kann,
Bei unsachgemäßen Eingriffe im Ablauf und bei Störungen
aber auch bei
unkontrolliertem Austreten von Heizgas, z.B. aus undichten Gasventilen.
Maßnahmen zur Verringerung bzw. Vermeidung der Explosionsgefahr sind immer technischer Art, der s.g. primäre Explosionsschutz.
Die bekanntesten technischen Schutzmaßnahmen sind
Zündbrenner an den Türen, damit das beim Öffnen der Türen entstehende Gas und Luft Gemisch vor Erreichen einer Explosionsgrenze gefahrlos verbrannt wird
Die Begasungssicherheitsregler die durch Überwachung einer Mindesttemperatur von 750 Grad C sicher stellen, dass in den Ofenraum eingeleitetes Gas ebenfalls sicher verbrannt wird solange noch Luft im Ofen ist,
oder
eine Stickstoff- Sicherheitsspülung bei der ggf. explosionsfähige Gasgemische durch Stickstoff verdünnt, bzw. verdrängt werden.
Vergiftungs- und Erstickungsgefahren durch Schutzgase sind allgegenwärtig.
Die wohl am meisten unterschätzten Gefahren an Thermoprozessanlagen sind die Vergiftungs- und Erstickungsgefahren, insbesondere durch Kohlenmonoxid (CO).
Endogas besteht zu ca. 20% aus CO. CO ist also wie der Wasserstoff ebenfalls allgegenwärtig. Ohne CO funktioniert kein Aufkohlungsprozess.
CO ist farblos, geruchlos, hat ca. die gleiche Dichte wie Luft ist brennbar und hochgiftig. Der Arbeitsplatzgrenzwert ist nur 30ppm. 0,16 Vol % CO, d.h. 1600 ppm, sind bereits nach 2 Stunden tödlich.
CO tritt über Undichtigkeiten und Türen in die Raumluft aus! Zusätzlich als Gasabschluss verwendete Härteöle können CO speichern und in gefährlicher Menge wieder freisetzen. Dies trifft insbesondere an Bandofenanlagen und an s.g. Durchtauchbädern auf.
Maßnahmen zur Verringerung bzw. Vermeidung von Vergiftungs- und Erstickungsgefahren sind technischer Art (Warngeräte), bzw. persönliche Schutzausrüstungen, wie der im Bild gezeigte Atemschutz und vor allem anderen eine gute Hallenbelüftung.
Gute Belüftung muss Vorrang vor beispielweise Energiesparmaßnahmen haben!
Ölbrandgefahr besteht wenn sich ein brennbarer Stoff, z.B. Härteöl, an Luft an einer Wärmequelle mit einer Temperatur oberhalb des Flammpunktes entzündet.
Der Ölbrand kommt in der Praxis häufiger vor, z.B. in Abluftkanälen oder in Anlassöfen. Brände in Abluftkanälen und in Anlassöfen entstehen z.B. durch Öldämpfe die sich mit der Zeit ablagern und sich dann entzünden.
Ohne Luft gibt es kein Brandrisiko. Bei integrierten Abschreckbädern mit Schutzgasabdeckung kann, solange kein Sauerstoff eintritt, kein Brand auftreten.
Der Klassiker des Ölbrands in Ölabschreckbädern ist die nicht völlig im Bad abgesenkte Senkbühne, weil z.B. herab gefallene Teile die Senkbühne blockieren, und die manuelle Türöffnung zum Nachschauen. Brennbarer Stoff (Härteöl), Wärmequelle (glühende Charge) und Luftsauerstoff durch die geöffnete Tür kommen dann zusammen.
Offene Ölhärtebäder, d.h. Ölbader die nicht mit Schutzgas abgedeckt werden, haben ein höheres Brandrisiko, weil dann der zur Verbrennung notwendige Sauerstoff vorhanden ist.
Übliche technische Schutzmaßnahmen sind Übertemperaturbegrenzer, Ölstandsniveauüberwachungen, starke Ölumwälzung und Wasserwarngeräte.
Die Risikofaktoren zeigen aber auch, dass mit technischen Schutzmaßnahmen alleine, kein vollständiger Schutz erzielt werden kann.
Im dritten Kapitel meines Vortrags möchte ich die einleitend gestellte Frage:
„Welche Maßnahmen zum Erhalt der Sicherheit während der Nutzungsdauer muss ich treffen?“
beantworten.
Das TOP- Prinzip hatte ich bereits kurz in den Rechtsgrundlagen angesprochen. Das TOP- Prinzip, leitet sich aus den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsschutzgesetzes ab:
Technisch, Organisatorisch, Persönlich. Nur in dieser Reihenfolge!
Das Bild das man hierbei vor Augen haben sollte ist, das Technische, Organisatorische und Persönliche Arbeitsschutzmaßnahmen wie Zahnräder ineinander greifen müssen.
Die technischen Schutzmaßnahmen werden durch den Hersteller bei der Konstruktion und Fertigung vorgesehen. Ein Beispiel für eine technische Schutzmaßnahme ist eine Not-Stopp- Einrichtung oder der bereits genannte Begasungssicherheitsregler.
Der Betreiber muss die Funktionsfähigkeit der technischen Schutzmaßnahmen durch Instandhaltung und Prüfung, ggf. auch durch Modernisierung über die Nutzungszeit der Anlage sicherstellen.
Organisatorische Schutzmaßnahmen werden ebenfalls durch den Hersteller und den Betreiber getroffen. Der Hersteller erstellt z.B. eine Betriebsanleitung.
Der Betreiber erstellt als organisatorische Maßnahmen eine Gefährdungsanalyse und die Betriebsanweisung. Hinzu kommen Qualifizierung und Unterweisung.
Eine personenbezogene Maßnahme ist die Bereitstellung einer persönlichen Schutzausrüstung.
Als Symbol für die vom Betreiber zu treffenden TOP- Maßnahmen zum Erhalt der Sicherheit über die Nutzungsdauer, habe ich ein Haus mit sechs Säulen gewählt.
Das Haus braucht einen sicheren Baugrund und ein sicheres Fundament auf dem man aufbauen kann.
Der sichere Baugrund sind die vom Hersteller vorgesehenen technischen Schutzmaßnahmen und die Bedienungsanleitung.
Das Fundament sind die Rechtgrundlagen, die Gefährdungsbeurteilung und die Betriebsanweisung.
Für den Betrieb gelten die besprochenen Rechtsvorschriften. In Deutschland sind diese also insbesondere das Arbeitsschutzgesetz und die Betriebssicherheitsverordnung.
Mit der vom Betreiber zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung und Bedienungsanweisung wird den spezifischen Umgebungs- und Einsatzbedingungen Rechnung getragen.
Die sechs Säulen stehen für die sechs TOP- Maßnahmen die von den Betreibern zum Erhalt der Sicherheit über die Nutzungsdauer getroffen werden müssen. Die sechs Säulen sind aus dem Arbeitsschutzgesetz und der Betriebssicherheitsverordnung abgeleitet.
Die sechs Säulen sind: Instandhaltung, Prüfung, Modernisierung, Qualifizierung, Unterweisung und PSA.
Betriebssicherheitsverordung §3 und Arbeitsschutzgesetz §5 schreiben eine Gefährdungsbeurteilung vor.
Warum die herausgehobene Stellung der Gefährdungsbeurteilung?
Rechtsvorschriften sind allgemein gültig. Der Grundgedanke der Gefährdungsbeurteilung ist, dass erst die Kenntnis und Beurteilung der im jeweiligen spezifischen Umfeld vorhandenen Gefährdungen einen wirkungsvollen Arbeitsschutz ermöglichen.
Zu beurteilen sind, insbesondere:
Wechselwirkungen mit Arbeitsstoffen
Art, Umfang und Fristen erforderlicher Prüfungen, sowie
Persönliche Voraussetzungen (Qualifikation und Unterweisung)
Die Gefährdungsbeurteilung sollte regelmäßig überprüft werden. Beobachtetes Fehlverhalten und Beinaheunfälle sind genügend Anlass zur Aktualisierung.
Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung müssen dokumentiert werden.
Hilfestellungen bei der Gefährdungsbeurteilung gibt es als Downloads sowohl von der AWT wie auch von den BG‘s.
Die Betriebsanweisung wird in der Regel auf Basis der Betriebsanleitung des Herstellers erstellt.
Warum muss dann eine Betriebsanweisung erstellt werden, wenn es bereits eine Bedienungsanleitung des Herstellers gibt?
Auch hier spielen die Rechtsgrundlagen eine Rolle. Die Bedienungsanleitung des Herstellers hat beispielsweise keine Weisungsbefugnis gegenüber den Beschäftigten. Eine Anweisung des Arbeitgebers aber schon!
Für Betriebsanweisungen gibt es Mustervorlagen der BGs.
Die Betriebsanweisung sollte den Umfang einer DIN-A4 Seite möglichst nicht überschreiten und sie sollte am Arbeitsplatz aushängen.
Die erste Säule sicherer Thermoprozessanlagen ist die fachgerechte, sichere Instandhaltung.
Anlagen müssen auf einem sicheren Stand gehalten werden. Die Instandhaltung hat das Ziel Schäden zu vermeiden bzw. frühzeitig zu entdecken und zu beheben um einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.
Das allerdings wichtigste Thema bei der Instandhaltung ist die sichere Instandhaltung. Schwere Unfälle zeigen immer wieder, dass kleine, auf den ersten Blick unbedeutende Randbedingungen große Wirkungen haben können. Hektik kann tödlich sein!
Vor Instandhaltungsarbeiten sollte immer eine detaillierte Planung liegen. Die Sicherheitshinweise des Herstellers, z.B. zur Entfernung der Sicherheitsbögen oder die Entgasung des Mauerwerks
Voraussetzung für sicheres Arbeiten ist aber immer auch die richtige Qualifikation der Mitarbeiter. Wie aber ist es um die Qualifikation ihrer Instandhalter bestellt?
Es ist ratsam, die Instandhaltung von einem Fachbetrieb, z.B. die AICHELIN Service, durchführen, zumindest aber anleiten, zu lassen.
Die zweite Säule sicherer Thermoprozessanlagen ist die Prüfung der Schutzmaßnahmen auf ihre Wirksamkeit. Die in der Gefährdungsanalyse festgelegten Schutzmaßnahmen müssen bei der Prüfung berücksichtigt werden.
Denken Sie nur an Ihre Pflicht Ihr Kfz alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung vorzufahren. Diese Analogie trifft die Sache ziemlich genau. Geprüft wird was die Sicherheit beeinflusst, z.B. die Bremsen, nicht der Zigarettenanzünder oder die Sitzheizung. Geprüft wird von einer hierzu besonders befähigten Person.
Gleiches gilt auch für die Prüfung der Sicherheitseinrichtungen von Thermoprozessanlagen. Was geprüft wird gibt die EN746 als Standard vor.
Die maximalen Prüffristen sollen in der Gefährdungsbeurteilung ermittelt, bzw. festgelegt werden. Nach außergewöhnlichen Ereignissen muss in jedem Fall eine Prüfung erfolgen. Die bei der Prüfung festgestellten Mängel müssen sachgemäß behoben werden
Die Prüfung muss sachkundig erfolgen. Wer ist sachkundig? Ein Sachkundiger kennt das gesetzliche Regelwerk, kennt die Normen und den Stand der Technik, hat eine geeignete Berufsausbildung, ist ständig im Sachgebiet tätig. Es ist daher ratsam, die Prüfung von einem Fachbetrieb durchführen zu lassen
Die Ergebnisse der Prüfungen müssen schriftlich festgehalten werden
Man sollte vielleicht noch ergänzen, dass ein Sachkundiger auch schreiben können sollte. Bei Aichelin soll es solche geben, so dass ich Ihnen gerne unsere Sicherheitsprüfungen empfehlen kann.
Die dritte Säule sicherer Thermoprozessanlagen ist die Modernisierung.
Nach den Grundlagen des Arbeitsschutzgesetzes ist der Stand der Technik zu berücksichtigen. Ähnliches steht auch in §4 der BetrSichV.
Die Problematik ist: Thermoprozessanlagen haben eine vergleichsweise lange Lebenszeit. Der Stand der Technik schreitet aber fort.
Technische Schutzmaßnahmen sind ggf. am Ende ihrer Lebenszeit angekommen oder nach dem Stand der Technik veraltet.
Fehlerhafte Sicherheitseinrichtungen werden nicht erkannt, weil die Bediener und Instandhalter modernere Sicherheitssysteme mit Selbstüberprüfung gewohnt sind.
Modernisierung wird damit zu einem Element des Arbeitsschutzes.
Modernisierung hat viele Vorteile, zum Beispiel:
Höhere Rechtssicherheit – Die Anlage ist auf dem Stand der Technik!
Wartungskosten werden durch neueste, wartungsarme Sicherheitseinrichtungen geringer.
Die Steigerung des Sicherheitsgefühls der Bediener und deren Wertschätzung trägt zu größerer Mitverantwortung bei.
Mit Modernisierungen behalten Investitionen ihren Wert.
Die vierte Säule sicherer Thermoprozessanlagen ist die Qualifizierung der Mitarbeiter.
Bedien- und Instandhaltungspersonal muss qualifiziert sein.
Je mehr Wissen die Bediener und Instandhalter von Thermoprozessanlagen haben, umso sicherer können Sie mit diesen umgehen.
Arbeitgeber, betriebliche Vorgesetzte, Bediener und Instandhalter sollten sich daher regelmäßig über die typischen Gefährdungen und den Stand der Technik informieren.
Die Beschäftigten sind mitverantwortlich für die Arbeitssicherheit, insbesondere für ihr eigenes sicherheitsgerechtes Verhalten. Nach Maßgabe des Arbeitsschutzgesetzes sind die Beschäftigten auch verpflichtet nach ihren Möglichkeiten an Bildungsmaßnahmen teilzunehmen.
Schulungsmaßnahmen werden von der AWT, den Berufsgenossenschaften und von den Herstellern von Thermoprozessanlagen angeboten
Die fünfte Säule sicherer Thermoprozessanlagen ist die Sicherheitsunterweisung.
Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten bezüglich der Gefahren und den vorgesehenen Schutzmaßnahmen regelmäßig unterweisen. Die Sicherheitsunterweisung wird als ein wichtiges organisatorisches Mittel im Arbeitsschutz betrachtet.
Die Unterweisungsthemen müssen anhand der Gefährdungsbeurteilung ermittelt werden.
Im Gegensatz zu Qualifizierungsmaßnahmen die allgemein gehalten werden, muss die Sicherheitsunterweisung Arbeitsplatz- und Aufgabenbezogen sein und den Wissenstand der Mitarbeiter berücksichtigen.
Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet seine Mitarbeiter mindestens ein Mal jährlich zu unterweisen. Dies ist das Minimum.
Mitarbeiterwechsel, neue Maschinen, veränderte Abläufe, Unfälle oder Beinaheunfälle, oder ein Fehlverhalten der Mitarbeiter sind genügend Anlass für eine erneute außerplanmäßige Sicherheitsunterweisung.
Sicherheitsunterweisungen müssen dokumentiert werden.
Die sechste und letzte Säule der 6 TOP- Maßnahmen ist die PSA.
PSA werden von einer Person getragen oder gehalten. Die PSA soll die Mitarbeiter gegen Gesundheitsrisiken schützen und ihre Sicherheit gewährleisten.
Die Entscheidung, ob und welche Persönliche Schutzausrüstung (PSA) benötigt wird, erfolgt im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung.
PSA sind nachrangig zu technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen. D.h. erst wenn nach Ausschöpfung aller technischen und organisatorischen Maßnahmen eine Gefährdung der Beschäftigten nicht ausgeschlossen werden kann, dann muss der Betreiber seinen Mitarbeitern eine geeignete persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen.
Grundsätzlich ist eine persönliche Schutzausrüstung, wie der Name schon zum Ausdruck bringt, nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt [PSA-BV, §2].
Die Beschäftigten sind verpflichtet die PSA bestimmungsgemäß zu verwenden.
Siehe auch BG- bzw. GUV- Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz.
Im kurzen letzten Kapitel meines Vortages möchte ich Ihnen noch einige Informationen zu den mitwirkenden Organisationen geben.
Damit soll auch die letzte Frage meiner einleitenden Fragestellung
„Wer kann mir Antworten auf meine Fragen geben?“
beantwortet werden.
An erster Stelle sind die Berufsgenossenschaften zu nennen.
Die BG‘s sind DIE Instanz in allen Fragen der Arbeitssicherheit. Eine zentrale Aufgabe der BG‘s ist die Unfallverhütung.
Die BG‘s beraten die Betriebe in allen Fragen der Arbeitssicherheit. Zu nahezu allen wichtigen Fragen gibt es Richtlinien und Informationen.
In Erfüllung ihrer Aufgaben haben die BG‘s Vorschriften erlassen - die sogenannten BGV, früher UVV – die von allen Mitgliedsbetrieben eingehalten werden müssen.
Die BG Vorschriften (BGV) sind seit Inkrafttreten der EG- Maschinenrichtlinie nur noch für den Betrieb und nicht mehr für die Konstruktion und den Bau von Maschinen und Anlagen anzuwenden.
Informationen der BGs, sowie insbesondere eine Anzahl von Vorlagen, stehen auf der Web-Seite der BGs als Download zur Verfügung.
Nicht zuletzt ist natürlich auch der Veranstalter des heutigen Abends, die AWT, zu nennen.
Für den Betrieb von lndustrieöfen mit Schutzgas wurden vom AWT- Fachausschuss sicherheitstechnische Empfehlungen ausgearbeitet.
Die sicherheitstechnischen Empfehlungen enthalten u.a. auch umfangreiche Beschreibungen von Härterei typischen Gefahren, viel besser und umfassender als ich sie Ihnen in meinem Vortrag geben konnte.
An der Erstellung haben Hersteller (insbesondere AICHELIN), Betreiber, Fachinstitute und die BG mitgearbeitet
Die AWT hat auch eine empfehlenswerte Handlungshilfe für Härtereien bei Gefährdungsbeurteilung erstellt.
Beide Arbeiten könne sie von der Homepage des AWT downloaden.
In meinem Vortrag habe ich versucht Ihnen die vier einleitend gestellten Fragen zu den Rechtsgrundlagen, den Gefahren, den Maßnahmen zum Erhalt der Betriebssicherheit und wer Hilfestellungen geben kann, zu beantworten.
Die Sicherheit von Thermoprozessanlagen steht auf einem Fundament von Rechtsvorschriften, insbesondere die MRL, das ArbSchG und die BetrSichV.
Der Hersteller sieht bei der Konstruktion und Herstellung technische Schutzmaßnahmen vor und erstellt eine Betriebsanleitung.
Der Betreiber muss eine Gefährdungsbeurteilung und eine Betriebsanweisung erstellen.
Während der Nutzungsdauer müssen sechs TOP- Maßnahmen durchgeführt werden.
Die technische Schutzausrüstung muss instand gehalten, regelmäßig geprüft, und ggf. auch auf den Stand der Technik gebracht werden.
Bediener und Instandhalter müssen qualifiziert und bezüglich der Gefahren unterwiesen werden. Als letzte Maßnahme ist ggf. eine Persönliche Schutzausrüstung bereit zu stellen.
Instandhaltungs-, Prüfungs- und Qualifizierungs- und Unterweisungsmaßnahmen sollten dokumentiert werden
Der oberste Grundsatz – Die Anlage muss sicher sein! – muss stets im Mittelpunkt stehen und der Maßstab für alle zu treffenden Maßnahmen sein. Sicherheit und Gesundheitsschutz sind nicht verhandelbar!
Durch technische Schutzmaßnahmen des Herstellers alleine ist kein vollständiger Schutz möglich.
Die technischen Schutzmaßnahmen des Herstellers werden daher immer durch eine Betriebsanleitung ergänzt. Im Hinblick auf die Sicherheit ist die Betriebsanleitung sogar gleichrangig mit der technischen Ausführung.
Form und Inhalt der BA sind in der MRL vorgegeben. Ohne BA keine CE- Kennzeichnung.
Die BA gilt für alle Lebensphasen, d.h. von der Lieferung bis zur Entsorgung.
Die BA enthält alle notwendigen Vorgaben für die Verwendung, Wartung und Instandsetzung. Ergänzt wird die BA durch Hinweise an der Anlage.
Die BA enthält auch Angaben zur Qualifikation des Betreiberpersonals, sowie die vorgeschriebenen Prüfmaßnahmen und Prüfintervalle.
Die BA ist die Basis für die Betriebsanweisung des Betreibers, da ja der Hersteller keine Weisungsbefugnis für das Personal des Betreibers hat.
Bei der Beschäftigung mit der BetrSichV bzw. bei der Erstellung der Gefährdungsanalyse entsteht sehr häufig eine Diskussion darüber, ob die s.g. ATEX- Richtlinie zu beachten ist.
Eine kurze Antwort vorneweg: Nein.
Die EG- Richtlinie 94/9EG findet Anwendung auf Geräte und Schutzsysteme zur bestimmungsgemäßen Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen
Ein explosionsgefährdeter Bereich ist der Raum in dem die Atmosphäre explosionsfähig werden kann
Thermoprozessanlagen werden nicht in explosionsgefährdeten Bereichen aufgestellt und betrieben. Damit unterliegen Sie auch nicht den Anforderungen der ATEX- Richtlinie 94/9/EG
Siehe VDMA- Leitfaden zum Explosionsschutz von Thermoprozessanlagen
Eine wesentliche Veränderung ist z.B. eine Leistungserhöhung oder eine Funktionsänderung bei der neue Gefährdungen entstehen. Nach einer wesentlichen Veränderung wird eine Thermoprozessanlage betrachtet, als ob sie erstmalig in Verkehr gebracht wird .
D.h. Altanlagen müssen nach einer wesentlichen Veränderung auf das in EG-Maschinenrichtlinie definierte Sicherheitsniveau hochgerüstet werden und eine neue EG-Konformitätserklärung erhalten. Wie bei einer neuen Thermoprozessanlage sind die Anforderungen nach DIN EN 746 zu beachten . Die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen sind kaum auszudenken.
Zu unwesentlichen Veränderungen gehört eine fachgerechte Instandsetzung aber auch eine Modernisierung,. Änderungen der Sicherheitstechnik, die ausschließlich der Erhöhung der Sicherheit dienen, bedeuten niemals eine wesentliche Veränderung
Explosionsgefahr besteht, wenn sich explosionsfähige Gemische aus Luft und brennbaren Stoffen bilden können und Zündquellen vorhanden sind! Zündquellen einmal vorausgesetzt, kommt es also auf die Mischung von brennbarem Stoff mit der Luft an. Bei Thermoprozessanlagen kommt der brennbare Stoff vor allem aus dem all gegenwärtigen Wasserstoff. In Endogas ist z.B. ca. 40% H2 enthalten.
Gasgemische aus brennbaren Stoffen und Luft können innerhalb bestimmter Grenzen, Untere- Explosions- Grenze (UEG) und Obere- Explosions- Grenze (OEG) genannt, zur Explosion gebracht werden. Wird so ein Gemisch zur richtigen Zeit, d.h. außerhalb der Zündgrenzen gezündet, kommt es zu einer gefahrlosen Verbrennung. Zum Beispiel: Bei Wasserstoff (H2) liegt die UEG bei 4 Vol. % H2 und 96 Vol. % Luft und die OEG bei 75,6 Vol. % H2 und 24,4% Luft, bei einer Zündtemperatur von 560 Grad Celsius.
Explosionsgefahr entsteht also nur, wenn ein brennbares Gas, i.d.R. Endogas mit Luft gemischt wird, weil beispielsweise eine Ofentür geöffnet wird.
Hier kommt der sogenannte primäre Explosionsschutz zum tragen. Primärer Explosionsschutz basiert auf zwei einfachen Prinzipien:
An Stellen, wo sich brennbares Gas und Luft (Sauerstoff) vermischen können, wird das Gasgemisch verbrannt, bevor ein explosives Gasgemisch entstehen kann. Dies kann beispielweise durch einen Zündbrenner, bzw. Flammenschleier erfolgen, bevor die Tür geöffnet wird.
Die Funktion der Begasungssicherheitstemperatur ist praktisch identisch. Dadurch dass sich die Ofenraumtemperatur oberhalb der Zündgrenze des brennbaren Stoffes befindet, kommt es solange noch Luft im Ofen vorhanden ist, an der Stelle an der das Gas eingeleitet wird zu einer Verbrennung, bevor eine explosionsfähige Gasmischung entstehen kann.
Das zweite Prinzip des primären Explosionsschutzes ist die Inertgasspülung. Mit einem Inertgas, meist Stickstoff, wird bei einem Atmosphärenwechsel oder in Übergangssituationen, z.B. einem Stromausfall, das brennbare Schutzgas bzw. der Sauerstoff möglichst rasch durch eine Spülung verdrängt. Es kann sich dann kein zündfähiges Gasgemisch bilden, weil sowohl der brennbare Stoff, wie auch die Luft durch das Inertgas, zuerst verdünnt und dann ganz verdrängt werden.
Explosionsgefahr kann auch bei unkontrolliertem Heizgasaustritt entstehen, z.B. wenn Heizgas über undichte Brennergasventile in den Feuerraum austritt.
Gasbeheizte Thermoprozessanlagen müssen mit einer Einrichtung zur Vorspülung (synonym auch Vorbelüftung genannt) ausgerüstet sein.
Die Vorspülung mit Luft hat die Aufgabe, den Feuerraum von einem explosiven Brennstoff/Luft-Gemisch zu reinigen, das sich eventuell während der vorangegangenen Betriebspause gebildet hat. D.h. der Ofenraum wird solange gespült, bis sich nur noch Luft in dem Feuerraum und in den Abgaskanälen befindet.
Häufig wird in diesem Zusammenhang die Ausführung der Brenner mit redundanten Gasventilen diskutiert. Die Gaszufuhr zu jedem Brenner wird dabei durch zwei in den Gasrohrleitungen in Reihe geschaltete Sicherheitsabsperrventile der Klasse A abgesperrt. Alternativ gibt es auch Lösungen mit Gasdichtigkeitsprüfung zwischen Hauptgas- und Brennerventilen.
Explosionsschutzmaßnahmen sind meist technischer Art, z.B. sichere Spülzeitüberwachung, Dichtigkeitsprüfung, Gasfeuerungsautomaten,