2. Leitbild
der Heinrich-Böll-Stiftung
Die Heinrich-Böll-Stiftung versteht sich als Teil der «grünen» Immigranten. Nicht zuletzt treten wir für Gewaltfreiheit und
politischen Grundströmung, die sich weit über die Bundesre- eine aktive Friedenspolitik ein.
publik hinaus in Auseinandersetzung mit den traditionellen Für unser Engagement suchen wir strategische Partner-
politischen Richtungen des Sozialismus, des Liberalismus und schaften mit anderen, die unsere Werte teilen. Wir handeln
des Konservatismus herausgebildet hat. Unsere gemeinsamen unabhängig und in eigener Verantwortung.
Grundwerte sind Ökologie und Nachhaltigkeit, Demokratie Wir haben unsere Wurzeln in der Bundesrepublik und sind
und Menschenrechte, Selbstbestimmung und Gerechtigkeit. zugleich ideell wie praktisch ein internationaler Akteur.
Ein besonderes Anliegen ist uns die Geschlechterdemokra- Unser Namensgeber, der Schriftsteller und Nobelpreisträ-
tie, also die gesellschaftliche Emanzipation und die Gleich- ger Heinrich Böll, steht für eine Haltung, der wir uns selbst
berechtigung von Frauen und Männern. Wir engagieren uns verpflichtet sehen: Verteidigung der Freiheit, Zivilcourage,
für die Gleichberechtigung kultureller und ethnischer Min- streitbare Toleranz und die Wertschätzung von Kunst und
derheiten und für die soziale wie politische Partizipation von Kultur als eigenständige Sphären des Denkens und Handelns.
Wir sind eine grüne Ideenagentur
Wir engagieren uns bei der Entwicklung einer euro-
Wir geben Denkanstöße für demokratische Refor-
päischen politischen Öffentlichkeit.
men und soziale Innovationen.
Wir unterstützen die politische Partizipation der
Wir engagieren uns für ökologische Politik und nach-
Zivilgesellschaft und beteiligen uns an Konferenzen
haltige Entwicklung im globalen Maßstab.
und Verhandlungen im Rahmen multilateraler Orga-
Wir geben Kunst und Kultur Raum zur Darstellung
nisationen.
und Auseinandersetzung.
Wir vermitteln Wissen von Expertinnen und Exper-
Wir engagieren uns weltweit für Ökologie,
ten an politische Akteure.
Demokratie und Menschenrechte
Wir sind ein Ort für offene Debatten und fördern den
Ökologie und Demokratie sind für uns untrennbar.
Dialog zwischen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft
Wir unterstützen deshalb Personen und Projekte, die
und Gesellschaft.
sich für Ökologie, Menschenrechte, Demokratie und
Wir fördern begabte, gesellschaftspolitisch enga-
Selbstbestimmung einsetzen.
gierte Studierende im In- und Ausland.
Wir fördern weltweit die Entwicklung von Rechts-
Wir dokumentieren die Geschichte der grünen Bewe-
staatlichkeit und demokratischer Partizipation.
gung als Fundus für die Forschung und Quelle politi-
Wir setzen uns für die Überwindung von Domi-
scher Orientierung.
nanz, Fremdbestimmung und Gewalt zwischen den
Geschlechtern ein.
Wir sind ein internationales Politik-Netzwerk
Wir betrachten ethnische und kulturelle Vielfalt als
Wir verstehen uns als Teil eines globalen grünen
Bestandteil einer demokratischen Kultur.
Netzwerkes und fördern die Entwicklung der grünen
Wir ermutigen zu Zivilcourage und gesellschaftli-
politischen Bewegung auf allen Kontinenten.
chem Engagement.
Ein besonderes Anliegen ist uns die Verbreiterung
Wir vermitteln das Knowhow für erfolgreiche Selbst-
und Vertiefung der europäischen grünen Bewegung.
organisation und Intervention an politische Akteure.
Engagement, fachliche und menschliche Kompetenz, Kreati- Wir überprüfen und verbessern unsere Arbeit in einem kon-
vität und Flexibilität zeichnen unsere Mitarbeiterinnen und tinuierlichen Prozess und stellen uns der internen und exter-
Mitarbeiter im In-und Ausland aus. Sie sind hoch qualifiziert, nen Bewertung. Wir stehen für einen wirtschaftlichen, effizi-
teamorientiert und bilden mit ihrer überdurchschnittlichen enten Einsatz der uns zur Verfügung stehenden öffentlichen
Motivation das Vermögen der Stiftung. Mittel und sorgen für transparente Geschäftsabläufe.
Chancengleichheit und ein respektvoller Umgang zwischen Wir praktizieren ein produktives Miteinander von Bundes-
Frauen und Männern verschiedenen Alters, verschiedener stiftung und Landesstiftungen.
religiöser Bekenntnisse, ethnischer Herkunft und sexueller Wir sind ein verlässlicher Partner für ehrenamtliches En-
Orientierung sind konstitutiv für die Stiftung. Interkulturel- gagement und für die Zusammenarbeit mit Dritten.
le Kompetenz und ein produktiver Umgang mit Vielfalt sind Als politische Stiftung handeln wir unabhängig und in eige-
Teil unserer Betriebskultur. ner Verantwortung auch gegenüber Bündnis 90/Die Grünen.
Wechselseitiger Respekt und eine vertrauensvolle Zusam- Unsere Eigenständigkeit wahren wir auch bei der Auswahl
menarbeit mit unseren Partnern bilden die Grundlage unse- unserer Führungskräfte und der Besetzung unserer Gremien.
rer Geschäftsbeziehungen.
6. 4 GlobalisierungundNachhaltigkeit
Globalisierung und
Nachhaltigkeit
Die Gletscher schmelzen, die sibirische Tundra taut auf. Stürme, Dürren, Über-
schwemmungen – extreme Wetterereignisse nehmen zu und verursachen zunehmend
neue Flüchtlingswellen. Der Klimawandel drängt mit aller Macht auf die politische
Tagesordnung. Und die Wissenschaft schlägt Alarm wie nie zuvor. Höchste Zeit zum
Handeln, wenn wir den Klimawandel noch in erträglichen Grenzen halten wollen.
Die Heinrich-Böll-Stiftung hat die Klima- und Energiepolitik daher zu einem Schwer-
punkt ihrer Arbeit im In- und Ausland gemacht.
Kongress
Berlin: McPlanet.com – Klima der Gerechtigkeit
Klima der Gerechtigkeit
McPlanet.com–DasBuchzumKongress
McPlanet.com–einallezweiJahrestattfindenderKongressrundumÖkologieundGloba-
ErschienenimVSA-Verlag,Hamburg2007 lisierung–fandvom4.bis6.Mai2007zumdrittenMalstatt:Mehrals2.000Menschen
MiteinerDVD-Videodokumentationdes ausderUmwelt-undderglobalisierungskritischenBewegung,ausPolitik,Wissenschaft
KongressesvonderGreenpeace-Gruppe undKirchediskutiertenimVorfelddesG8-GipfelsüberMöglichkeitenundHandlungsan-
Berlin,12,80Euro sätzefürein«KlimaderGerechtigkeit».VeranstaltetwurdederMega-Kongressmitüber
ISBN978-3-89965-243-7
100EinzelveranstaltungenvonderHeinrich-Böll-Stiftung,Attac,BUND,demEvangeli-
Wege aus der Klimafalle schenEntwicklungsdienstundGreenpeaceinKooperationmitdemWuppertalInstitutfür
Hrsg.vonderHeinrich-Böll-Stiftungund Klima,Umwelt,Energie.ZudenprominentenGästenzähltenu.a.derehemaligeUNEP-
HermannE.Ottimoekomverlag DirektorKlausTöpfer,CandidoGrzybowskivombrasilianischenInstitutIBASE,Arne
München2008,232Seiten,19,90Euro MogrenvonVattenfall,MartinKhorvomThirdWorldNetworkundReinhardBütikofer,
ISBN978-3-86581-088-5
BundesvorsitzendervonBündnis90/DieGrünen.
ZumThema«Agrotreibstoffe»sprachenRoquePedacevonFriendsoftheEarth,Ar-
gentinien,undSergioSchlesingerausBrasilien.SaraLarrainvonderOrganisationChi-
leSustentablestrittmitJoséEnqriquePeña,demHandelsattachédervenezuelanischen
Botschaft in Berlin, über die Nachhaltigkeitsfrage in lateinamerikanischen Energie-
Projekten.
«Wirhabenessatt,dassdieBundesregierungsichinDeutschland,derEUundbeiden
G8-VerhandlungenmitschönenFormulierungeninSzenesetzt,ihretatsächlichePolitik
demKlimaschutzaberzuwiderläuft»,hießesineinergemeinsamenErklärungderVeran-
stalter,dieaufdemKongressvonzahlreichenTeilnehmendenunterzeichnetwurde.Auch
dieG8habemitihrerEnergiepolitikwirksamenKlimaschutzbisherverhindert.Unterden
FolgenlittenvorallemdieArmen.
EinesozialgerechteundökologischnachhaltigeGesellschaftseimöglich,sodieÜber-
zeugungderKongressbesucher.ZurVerwirklichungbraucheesaberklare,politischge-
setzteRahmenbedingungen.DiePolitikmüsseendlicheinengerechtenKlimaschutzzur
Leitideemachen,stattweiterhinvorrangigWirtschaftsinteressenzubedienen.Dafürsei
starkerDruckausallenBereichenderGesellschaftnotwendig.«WirwerdenunsereVer-
antwortungfürunserKlimawahrnehmen:nichtnuralsKonsumenten,sondernauchals
WählerundalspolitischaktiveBürger»,kündigtendieUnterzeichnerderResolutionan.
DieKongressteilnehmendenforderten,dasssichdieEUaufeinEmissionszielvonminus
30Prozentbis2020festlegt.Deutschlandsollesichverpflichten,seineTreibhausgaseim
selbenZeitraumum40Prozentzusenken.UmdiegravierendstenFolgendesKlimawan-
delsabzuwenden,seiesnötig,dieweltweitenEmissionenbiszumJahr2050gegenüber
demNiveauvon1990zuhalbieren.DeutschlandalsIndustrielandmüsseseineEmissionen
ImAnschlussandenKongresszogenzahlreiche daherummindestens80Prozentreduzieren.ZudenweiterenForderungengehöreneine
TeilnehmerundTeilnehmerinnenzumKanzler- radikaleSteigerungderEnergieeffizienzundderNutzungerneuerbarerEnergiensowie
amtundübergabendortdieaufeinegroße derKraft-Wärme-Kopplung.DerAtomausstiegmüssebeibehaltenunddieNutzungvon
LeinwandgedruckteDeklarationfürein«Klima
Kohlesoschnellwiemöglichzurückgefahrenwerden.ZudemsolltenEmissionsrechtenicht
derGerechtigkeit».
längeranVerschmutzerverschenkt,sondernzu100Prozentversteigertwerden.
7. GlobalisierungundNachhaltigkeit 5
Aus der Kongresserklärung:
«Reclaim the Climate: Für ein Klima der Gerechtigkeit!»
Wirwissen:Klimachaostötet.DieArmendesPlanetentrifftesamhärtesten.Dassind
Kleinbäuerinnen,dieihreErntenverlieren.EssindKüstenfischer,derenFängedurch
dasAbsterbenderKorallenzurückgehen.EssindViehhirten,derenHerdenbeiDürre-
katastrophenverhungern.EssindSlumbewohnerinnen,derenHüttendurchFlutkatas-
trophenweggespültwerden.
Wirwissen:KlimachaosistradikalerAusdruckglobalerUngerechtigkeit.Estrifft
diejenigenamhärtesten,dieamwenigstenzuseinenUrsachenbeitragen.Schonzulan-
gemissbrauchenwirunsereAtmosphärealsMülldeponiefürCO².DieseDeponieistzu
über85ProzentgefülltmitdenEmissionenderIndustrieländer:SiesinddieVerant-
wortlichen.DieReichenderErdebauenihreFehlentwicklungdaraufauf,diefossilen
TresorederErdezuplündern.AnderefolgennundiesemPfad.
Wirwissen:UnsrenntdieZeitweg.UmdiegravierendstenAuswirkungendesKlima-
chaosnochabzuwenden,mussdieglobaleErwärmungmöglichstunterzweiGradgehal-
tenwerden.
[…]
Wirhabenessatt,dassBilligfliegermitSubventionengepäppeltwerden,während
Bahnreisen immer teurer werden. Die Reisepreise müssen die ökologische Wahrheit
sagen.
Wirhabenessatt,dassdieKlimaopferimSüdenmitdenFolgendesKlimachaosallein
gelassenwerden.DieVerursacherdesKlimawandelsmüssenfürdieSchädeneinstehen
unddieKostenfürAnpassungsmaßnahmentragen.
Wirhabenessatt,dasseuropäischeAutokonzerneihreSelbstverpflichtungzurSen-
kung des CO²-Ausstoßes ihrer Flotten missachten und die Einführung verbindlicher
Standardstorpedieren.
[…]
ReclaimtheClimate–FüreinKlimaderGerechtigkeit:DasKlimachaosistunserPro-
blem.Daherwerdenwirunsihmentschlossenentgegenstellen.Druckmachenmüssen
2000überwiegendjungeLeutediskutiertenauf
alle:FrauenundMänner,JungeundAlte,dieGewerkschaften,dieKirchen,dieWis- demKongress«McPlanet.com2007»,wieein
senschaft,dieMedienunddieKunst,dieArbeitslosenundauchdieUnternehmen,die gerechtesKlimaschutzregimebeschaffensein
gelernthaben,dasssieGewinnenichtmehraufKostenDrittermachenkönnen. sollte.
Tagung
Berlin: Welchen Preis hat ein stabiles Klima?
«WelchenPreishateinstabilesKlima?»fragtenFachleuteausPolitik,Unternehmen,
UmweltorganisationenundWissenschaftaufeinerTagungzurZukunftdesEmissions-
handelsvom11.bis12.Mai2007inBerlin,veranstaltetvonderHeinrich-Böll-Stiftung
unddemFördervereinÖkologischeSteuerreform.DieerstePhasedesneuenKlimaschutz-
instruments«Emissionshandel»ging2007zuEnde–ZeitalsofüreineZwischenbilanz,
dievielfachernüchterndausfiel:StattKlimaschutzhabediebisherigeRegelungnurgroße
MitnahmegewinnefürdieStromkonzernegebracht.FasteinhelligwardaherdieForde-
rungnachvollständigerVersteigerungderEmissionsrechte,stattsiewiebisherandie
emittierendenUnternehmenzuverschenken.DieEU-Kommissionscheintzugehörtzuha-
ben:ihrVorschlagvonAnfang2008siehtgenaudiesvor.
Aufruf
Weltweit: Afrikas Stimme gegen den Klimawandel
KeinKontinentwirddenKlimawandelsodeutlichzuspürenbekommenwieAfrika.Unre-
gelmäßigeRegenfälle,Überschwemmungen,Dürren,MisserntenundzunehmendeWüs- DiekenianischeÖkologinundFriedensnobel-
tenbildungbeginnenbereits,dasGesichtAfrikaszuverändern.DieArmenwerdenvon preisträgerinWangariMaathaiistAutorinund
denFolgenbesondersbetroffensein.WährenddiereichenLänderdurchdenKlimawandel SchirmfraudesAufrufs«HotSpot–Afrikas
StimmegegendenKlimawandel».
ihrenWohlstandgefährdetsehen,isterinAfrikaeineFragevonLebenundTod.Unddas,
obwohlderKontinentkaumzumKlimawandelbeiträgt.
9. GlobalisierungundNachhaltigkeit 7
Rostock: Aktivitäten rund um den G8-Gipfel in Heiligendamm
DieHeinrich-Böll-StiftunghatdiedeutscheG8-PräsidentschaftunddenGipfelinHeili-
gendammvom6.bis8.Juni2007mitvielfältigenProjektenbegleitet,darunteru.a.:
G8-Blog: Der Weg nach Heiligendamm.FastvierMonatelanghatdieHeinrich-Böll-Stif-
tungzusammenmitdemInformationsbriefWeltwirtschaftEntwicklungdenVorberei-
tungsprozessunddenG8-GipfelmiteinemWeblogbegleitet.Inüber90Einträgenund
zahlreichenGastkommentarenbliebkaumeinAspektdesGipfelgeschehensunbeleuchtet.
www.g8-blog.blogspot.com
DieResonanzwarsehrpositiv,hoheZugriffszahlenundzahlreicheVerlinkungenzuande-
renBlogsundG8-SeitensprachenfürdenErfolgdes«Blogs».
Workshops auf dem Alternativgipfel in Rostock.EinembreitenBündnisausZivilgesell-
schaft,GewerkschaftenundpolitischenStiftungenistesmitdemAlternativgipfelvom5.
bis7.Juni2007gelungen,einenGegendiskurszudenG8zuorganisierenundAlternativen
zurderzeitigenPolitikaufzuzeigen.InternationaleFachleuteausNicht-G8-Staatende-
battierteninPodiumsdiskussionenundüber100WorkshopsüberKlima,Handel,Soziale
Gerechtigkeit,SicherheitundEnergie.AuchdieHeinrich-Böll-StiftungundihreLandes-
stiftungen,diezumTrägerkreisdesGegengipfelsgehörten,organisiertenWorkshopszu
denThemenRohstoffpolitik,NachhaltigeLandwirtschaftundKlimawandel.DieRosto-
ckerBevölkerungzeigtesichfürglobalisierungskritischeThemenaufgeschlossenundwar
füralternativeProtestformenzubegeistern.
Art goes Heiligendamm.FastzehntausendMenschenhabenvom23.Maibis9.Juni2007
dasKunstprojekt«ArtgoesHeiligendamm»besucht.AdrienneGöhler,ehemaligeKurato-
rindesHauptstadtkulturfonds,hattedasProjektals«künstlerischeInterventionimStadt-
raumRostock»organisiertundüber100KünstlerinnenundKünstleraus27Nationen
eingeladen.DiefinanziellenMittelkamenvonprivatenSpendern,demLandMecklenburg-
VorpommernundeinigenStiftungen,darunterauchdieHeinrich-Böll-Stiftung.Zentraler
OrtderVeranstaltungwardas«SilverPearlCongressCenterSpa»,einetemporäre
multifunktionaleInstallationdesBerlinerArchitekturbüros«raumlabor_berlin»aufdem
GeländedesStadthafens.ImGegensatzzurabgeriegelten«WeißenPerle»anderOstsee, Das«SilverPearlCongressCenterSpa»,eine
demKempinski-HotelHeiligendamm,wodieStaats-undRegierungschefsderG8tagten, temporäremultifunktionaleInstallationaufdem
GeländedesRostockerStadthafens.
war«SilverPearl»einOrtfüröffentlicheGespräche,VorträgeundReflexionenüberdie
großenThemenderGlobalisierungunddielokalenEreignisse.DerZulaufwargroß,gegen
EndemusstensogardieAbendveranstaltungenverlängertwerden,sodassAdrienneGoeh-
www.art-goes-heiligendamm.net
lernach17Tagenresümierenkonnte:«DieErweiterungdesgesellschaftlichenResonanz-
raumsvonKunstistgeglückt.»
Konferenz
Beirut: «Green Wars? – Umwelt zwischen Konflikt und Kooperation im
Nahen Osten und Nordafrika»
DerKampfumRessourcen,insbesondereumWasser,giltvielfachalseinerderHauptaus-
löserkünftigerzwischenstaatlicherKonflikte.DertransnationaleCharaktervielernatür-
licherRessourcenkannjedochauchdazuführen,dasssichfeindlichgesinnteNachbar-
staatenzueinemMinimumanKooperationbewegenlassen.EinezweitägigeKonferenz
derHeinrich-Böll-StiftungkonzentriertesichimNovember2007aufUmweltprobleme
imNahenOsten,diedasgrößtePotenzialzuKonfliktentragen.VerhandlungenumWas-
serrechtezwischenJordanien,PalästinaundIsrael,DisputeumdieNutzungdesNilwas-
serssowiederLandnutzungskonfliktinDarfurdientenalsBeispiele.Eswurdedeutlich,
wiewichtigzwischenstaatlicheKooperationensind–siemüssenkünftignochverstärkt
werden,umeinhalbwegsfriedlichesMiteinandertrotzsteigenderUmweltbelastungenzu
gewährleisten.DieSchlussdiskussionbeschäftigtesichauchmitdenAuswirkungendes
KlimawandelsaufdenNahenOsten–einThema,dasnunauchinderarabischenÖffent- PodiumderBeiruterKonferenz«GreenWars»:
lichkeitangekommenist.Fazit:DurchdenKlimawandelwerdenbereitsbestehendeUm- (l–r)HansGünterBrauch,JörgHaas,Moham-
medElRaeyundFouadHamidan
weltproblemeverschärft,abererbirgtauchdieChance,überKooperationenmehrpoliti-
scheZusammenarbeitzuerreichen.
10. 8 GlobalisierungundNachhaltigkeit
Bali: Aktivitäten rund um die Weltklimakonferenz
Vom3.bis15.Dezember2007fandaufBali(Indonesien)dieWeltklimakonferenzstatt,
The Right to Development in a Climate Constrai-
ned World. The Greenhouse Development Rights
eineweitereRundederUN-Klimaverhandlungen.AuchdieHeinrich-Böll-Stiftungwarauf
Framework BalivertretenundstelltedortdieStudie«TheRighttoDevelopmentinaClimateConstrai-
AreportbyPaulBaer,TomAthanasiouand nedWorld»vor,dievonderbritischenEntwicklungsorganisationChristianAid,derHein-
SivanKartha rich-Böll-StiftungundanderenOrganisationenherausgegebenwurde.DieStudieenthält
Berlin2007,96Seiten einenIndexfürdiegerechteVerteilungvonKlimaschutzanstrengungen,deraufdenKrite-
ISBN978-3-927760-71-4
rien«Verantwortlichkeit»und«Leistungsfähigkeit»basiert–Kriterien,diebereitsinder
KlimarahmenkonventionalsGerechtigkeitsmaßstäbegenanntwerden.Dieser«Responsi-
bilityandCapacityIndex(RCI)»beziehtdabeidieinnergesellschaftlicheUngleichheitmit
WeitereInformationenunter einundberücksichtigt,dassz.B.auchintendenziellarmenLänderneinkleinerTeilder
www.boell.de/GDRs
BevölkerungsehrreichseinkannundzurFinanzierungvonKlimaschutzanstrengungen
herangezogenwerdenkönnte.
DerBerichtfandinBalieingroßesEcho.EristeinewichtigeGrundlagefürdiewei-
tere Klimaarbeit der Stiftung und wird demnächst auch in Spanisch und Chinesisch
erscheinen.
DieHeinrich-Böll-StiftungorganisierteaucheineVeranstaltungzumThema«Gender
andClimateChange»undeineweiterezurAtomenergiealsfalscheAntwortaufdenKli-
mawandel.DarüberhinausbegleiteteYuJie,dieKlimaexpertinderStiftungausBeijing,
eineDelegationchinesischerUmweltaktivistennachBaliundführtesieindieinternatio-
naleUmweltpolitikein.IhrKlima-BlogfandinChinaeinegroßeLeserschaft.
AufdemRückwegnachDeutschlandmachteJörgHaas,ÖkologiereferentderStiftung,
JörgHaas,ÖkologiereferentderHeinrich-Böll- ZwischenstoppinTelAvivundhieltdorteineprogrammatischeRedezumThema«Von
Stiftung,inNusaDaua,Bali,Indonesien BalinachKopenhagen».DieöffentlicheVeranstaltungwurdevomIsrael-BüroderHein-
rich-Böll-StiftungzusammenmitdenführendenUmweltorganisationenIsraelsorgani-
siert.WeitereReferentenwarenu.a.,derKnesset-AbgeordneteDovKhenin,Mitvorsit-
www.klima-der-gerechtigkeit.de
zenderdesUmweltforumsimisraelischenParlament,Dr.YossiInbar,stellvertretender
DerKlimablog:HierwerdenaktuelleEntwick- DirektordesUmweltministeriums,undLadeenFreimuthvonFriendsoftheEarthMiddle
lungendernatio alenundinternationalenKli-
n East,diemitUnterstützungderHeinrich-Böll-StiftunganderKonferenzinBaliteilge-
mapolitikaufgegriffenundkritischbeleuchtet. nommenunddortdasPapier«Klimawandel:EineneueBedrohungfürdieSicherheitdes
JörgHaas,freutsichaufIhreKommentare! NahenOstens»vorgestellthatte.
Konferenz
Santa Barbara: Kalifornisch-Europäischer Dialog über Klimawandel
AuchwennsichdieUS-BundesregierunghartnäckiginternationalenKlimaschutzabkom-
menverweigert–US-BundesstaatenwieKaliforniensindseiteinigerZeitVorreiterund
ExperimentierfeldambitionierterKlima-undEnergiepolitik.UmdietransatlantischeKo-
operationvoranzubringenorganisiertedasBüroWashingtonderHeinrich-Böll-Stiftung
vom13.bis15.November2007inSantaBarbaraeinehochkarätigbesetzteKonferenz.
FachleutebeiderseitsdesAtlantiksdiskutierten,wieKalifornien,dieUSAundEuropain
engererZusammenarbeitdenKlimawandelangehenkönnen.InihrerAbschlusserklärung
vereinbartensieu.a.,neueNetzwerkezuschaffen.Siesollenhelfen,dietechnologische
Forschungzuverbessern,Einkaufskonsortienzubilden,umdiePreisefürEnergiespar-
produktezusenken,unddieEntwicklunggrünerTechnologienundProduktezubeschleu-
nigen.DieKonferenzfandinKooperationmitderJohnsHopkinsUniversitystatt.Die
Abschlusserklärung sowie die Unterzeichner sind zu finden unter: www.transatlantic.
sais-jhu.edu/transatlantic_topics/environment/Santa_Barbara_Consensus_Nov2007.pdf
Networking – drei Beispiele
Israel: Town Meeting mit Boris Palmer.ImJahr2007organisierteLifeEnvironment,
eine Dachorganisation von etwa 100 Umweltschutzinitiativen, mit Unterstützung der
Heinrich-Böll-Stiftung mehrere sogenannte «Town-Meetings». Hintergrund waren die
imNovember2008anstehendenKommunalwahlen.Umweltgruppennutzensie,umdie
ThemenÖkologieundNachhaltigkeitinÖffentlichkeitundPolitikzustärken.Sieagieren
14. 12 InternationaleDemokratieförderung
Internationale
Demokratieförderung
Seit Ende des Ost-West-Konflikts ist die Zahl der autoritären Regime weltweit ge-
sunken, zugleich nimmt der Staatszerfall in bestimmten Teilen der Welt zu, woraus
glo ale Risiken erwachsen können. Der Zusammenhang zwischen zerfallenden Staaten
b
und Terrorismus, Flüchtlingswellen oder die Zunahme transnationaler organisierter
Kriminalität verlangen eine vorausschauende Krisenprävention. Die Heinrich-Böll-
Stiftung unterstützt Demokratisierungsprozesse weltweit und setzt sich für die Ach-
tung der Menschenrechte ein. Hierzu gehört insbesondere das politisches Empower-
ment und die Förderung der politischen Partizipation von Frauen. Die Stiftung arbei-
tet primär mit der Zivilgesellschaft, sucht aber zugleich Kontakt zu demokratischen
Parteien und anderen für die politische Gestaltung relevanten Akteuren.
Hintergrundpapier
Afghanistan: Illusionen und Realitäten: Der steinige Weg des
(ent ick ungs-)politischen Aufbaus
w l
DieStrategiederDemokratisierungvia«Regimewechsel»scheintimFalleAfghanistans
bislangnichtaufzugehen.IneinemgemeinsamenHintergrundpapiersprachensichBar-
baraUnmüßig,VorstandderHeinrich-Böll-Stiftung,undUteKoczy,Entwicklungspoliti-
scheSprecherinvonBündnis90/DieGrünen,imSeptember2007füreinenumfassenden
KurswechselinderinternationalenAufbauhilfefürAfghanistanaus.
DasPapierkritisiertdiemangelndeAbstimmungderStrategienfürdenzivilenAufbau
unddiekonzeptionelleInkohärenzderexternenGeber.EntwicklungspolitischeAufbauar-
beitalleinwerdediemassivensicherheitspolitischenundökonomischenProblemeAfgha-
nistansnichtlösenkönnen,sodiebeidenAutorinnen.SiekönnenurdanneinenBeitrag
International Assistance and Governance in leisten,wennsicherheits-,außen-undentwicklungspolitischeZieleundAufgabenbesser
Afghanistan
AstudybyHamishNixon.Ed.bytheHeinrich
aufeinanderabgestimmtwerden.AneinersolchenAbstimmungmangeleesnichtnurunter
BöllFoundation deninternationalenAkteuren,sondernauchbeiderBundesregierung.DieKohärenzder
PublicationseriesonPromotingDemocracy Afghanistan-PolitikmüssezuHausebeginnenundsichüberdieEUundinternationalfort-
underConditionsofStateFragility,Volume2 setzen.Die«OperationEnduringFreedom»(OEF)seigescheitertundmüssebeendetwer-
Berlin2007,40pages den.VorrangmüsstennunderzivileAufbauunddieentwicklungspolitischenLeistungen
ISBN978-3-927760-66-0
haben.DieFortführungdesISAF-MandatssollteausschließlichderSicherungdeszivilen
Aufbausdienen.OberstesZielderinternationalenHilfemüsseessein,dieHandlungsfä-
higkeitunddieEigenverantwortungdesafghanischenStaatesundseinerInstitutionenzu
stärken.DieafghanischeRegierungmüssebefähigtwerden,selbstSicherheitundRechts-
staatlichkeitzugarantieren.Dazugehöreauch,denAufbauvonVerwaltung,Justizund
PolizeikonzeptionellzuverschränkenundaufeinedeutlichbesserefinanzielleGrundlage
zustellen.
(l)DieZerrissenheitdesWiederaufbauszeigt
sichimStadtbildvonKabul
(r)FrischeFischeausAfghanistan
16. 14 InternationaleDemokratieförderung
UmsetzungvonRechtsstaatlichkeit,derÖffnungvonpolitischenRäumenfüralternative
StrategienderInnen-undAußenpolitiksowieinderReformdesBildungswesens.
AndieKonferenzschlosssicheineinwöchigesBesuchsprogramman.DievonderHein-
rich-Böll-StiftungorganisierteTourführtediepakistanischeDelegationu.a.nachHeidel-
ÜberdieaktuellenEntwicklungeninPakistan berginsSüdasien-InstitutderRuprecht-Karls-Universität,nachHamburginsInstitutfür
informiertdasDossier:«KriseinPakistan» FriedensforschungundSicherheitspolitikundnachBrüssel,wodieDelegationmitMit-
unterwww.boell.de
gliedernderEuropäischenKommissionunddesParlamentszusammentraf.
Internationale Projekte und Partnerorganisationen der
Heinrich-Böll-Stiftung – einige Beispiele
Libanon: Kampagne für eine Reform des Wahlrechts.SeitüberzehnJahrenbeobachtet
dieOrganisationLebaneseAssociationforDemocraticElections(LADE)dieParlaments-
undKommunalwahlenimLibanonundlegtMissständeoffen.NachdempolitischenUm-
schwungimJahr2005gehtesLADEvorallemumeineModernisierungdeslibanesi-
schenWahlrechts.LADEistGründungsmitgliedderCivilCampaignforElectoralReform
(CCER),einerKoalitionaus57libanesischenNichtregierungsorganisationen,diesichmit
einerkonzertiertenzivilgesellschaftlichenKampagnefüreineWahlrechtsreformeinset-
zen.InsbesonderedurchdieEinführungproportionalerElementesolleinebessereAb-
bildungderpolitischenVielfaltgewährleistetunddieVertretungnicht-konfessioneller,
programmorientierterpolitischerPositionenverbessertwerden.ImJahre2007führte
LADEzahlreicheöffentlicheVeranstaltungen(«townhallmeetings»)inderlibanesischen
Provinzdurch,organisierteVeranstaltungenanlibanesischenUniversitätensowieTref-
fenmitVertreternderpolitischenFraktionen.LADEunterhältzudemeinNetzwerkzur
Wahlüberwachung.
Südafrika: Verbesserte Zusammenarbeit von Parlament und Zivilgesellschaft.Mitder
neuenVerfassungSüdafrikaswurdenzahlreicheMöglichkeiteneinerpolitischenBeteili-
gungderBürgerinnenundBürgergeschaffen.SofindenimsüdafrikanischenParlament
regelmäßigöffentlicheAnhörungenstatt,beideneneinzelneBürgeroderzivilgesellschaft-
licheGruppenzuneuenGesetzgebungsverfahrenoderPolicy-DebattenStellungbeziehen
können.HiervonprofitierenimPrinzipbeideSeiten:DieParlamentarierkönnenihrWis-
senüberspezielleSachthemenverbessern,unddieBürgerinnenundBürgerkönnenpoli-
tischeEntscheidungsprozessebeeinflussen.InderPraxisistesfürvieleOrganisationen
jedochschwierig,aneinerParlamentsanhörungteilzunehmen.Geradekleinenzivilgesell-
schaftlichenGruppenmangeltesoftanInformationenüberZeitpunktundAblaufderAn-
hörungensowiedenfinanziellenMitteln,umdiesestrategischundinhaltlichvorzuberei-
ParlamentsanhörungzumThema
tenundüberhaupterstanzureisen.DieHeinrich-Böll-StiftungversuchtindiesenFällen
Nuklearenergie
Unterstützungzubieten.SohatdasKapstadterBüroderStiftungz.B.zusammenmit
EarthlifeAfricaimJuni2007südafrikanischeUmweltgruppenfüreineParlamentsanhö-
rungzumThemaNuklearenergievorbereitet.AnderAnhörung,diezwölfStundendauer-
te,warenrund50TeilnehmerundTeilnehmerinnenausderZivilgesellschaftzugegen.Die
HälftedavonhattedenVorbereitungsworkshopimStiftungsbürobesucht,darunterauch
ehemaligeMitarbeiteramTestreaktorinPelindaba,dieheuteunterGesundheitsschäden
infolgeeinererhöhtenStrahlenbelastungleiden.IhreAussagenbeeindrucktendieAbge-
Protokolledes«NuclearHearings»unter ordnetenderart,dasssieamEndederAnhörungbeschlossen,dieGemeindenimUmfeld
www.pmg.org.za/report/20070620-nuclear- derReaktoreninPelindabaundKoebergzubesuchen,umsicheinbesseresBildvonden
energy-impact-south-africa-public-hearings
SicherheitsrisikendersüdafrikanischenNuklearenergiezumachen.
Simbabwe und Namibia: Freie Medien im südlichen Afrika.SeitmehrerenJahrensetzt
sichdieHeinrich-Böll-Stiftungfüreinenfreien,unabhängigenRadiojournalismusinNa-
mibiaundSimbabweein.SieunterstütztProgramme,dieaktuelleInformationenzupo-
litischenFragenbietenundindenensichHörerfreiäußernkönnen.Diesistmomentan
besondersrelevantfürSimbabwe,wosichdasohnehinkleineFensterfürdemokratische
Dossier«WieweiterinSimbabwe?»zuden Meinungsäußerungimmerweitergeschlossenhat.DieStiftungunterstütztauchInitia-
aktuellenEntwicklungennachdenWahlenim tiven,dieunabhängigeInformationenundAnalysenüberRadioundInternetverbreiten
März2008unterwww.boell.deundinenglischer –unddamitsowohlurbanealsauchländlicheGegendenerreichenkönnen.DiePartnerder
Spracheunterwww.boell.org.za
StiftunggehörenzudenganzwenigenverlässlichensimbabwischenInformationsquellen
17. InternationaleDemokratieförderung 15
undsinddamitfürdielaufendeninternationalenBemühungenzurLösungderKrisevon
großerBedeutung.
InNamibiawirddieMedienlandschaftvomstaatlichenRundfunkdominiert,unabhän-
gigepolitischeStimmensindhäufigschwach.ZusammenmitihrennamibischenPartnern
hatdieHeinrich-Böll-StiftungdieRadiostation«KatuturaCommunityRadio»(KCR)wie-
derzumLebenerweckt.KCRsendetvonWindhuksgrößtemTownshipausundverschafft
dermarginalisiertenTownship-GemeindeGehör.DieErgebnisseeinerHörerbefragung
ausdemJahr2007bildenderzeitdieGrundlagefüreineProgrammreform.KCRsollhin-
sichtlichseinerpolitischenBildungsarbeitnochbesserwerdenunddabeigleichzeitigauf
KatuturaCommunityRadioinWindhuk,Namibia
seineökonomischeSelbständigkeithinarbeitenkönnen,sodasZiel.
China: Hilfe für Strafverteidiger.ChinasWirtschaftistzumMotorderangeschlagenen
Weltwirtschaft geworden, doch nicht alle Chinesen profitieren davon. Enteignungen,
ZwangsumsiedlungenundExistenzbedrohendeUmweltverschmutzungsinddieBegleit-
erscheinungderIndustrialisierung,dievorallemdieÄrmstentreffen.WerdieEinhaltung
vonUmweltauflagenunddieZahlungvonEntschädigungeneinfordert,scheitertzumeist
aufdemRechtsweg.ImmerhäufigergehendieMenschenaufdieBarrikaden.Vorallem
protestierendeBauernwerdenkriminalisiertundlandenimGefängnis,dennlokaleIn-
dustriemanagerundBehördensindengmiteinanderverstrickt.Bishergibtesnurwenige
Rechtsanwälte,diesolcheFälleübernehmen.Nichtnur,weilmankaumetwasdamitver-
dienenkann,auchwegenderzuerwartendenBehinderungenundEinschüchterungen.Es
gibtdaherunterAnwältenkaumErfahrungmitderVerteidigungvonMenschen,diebeim
KampffürihreRechtezuJustizopfernwerden.
AufAnregungeinerReihemutigerAnwälte,die–oftkostenlos–Bauerninentlege-
nenProvinzenverteidigen,entwickeltdasPekingerBüroderHeinrich-Böll-Stiftungmit
demUmweltkomiteedeschinesischenAnwaltverbandes(ACLA)derzeiteinenLeitfaden
fürAnwälte«inStrafsachen,dievonUmwelt-Massenkonfliktenverursachtwurden».Den
BeginnmarkierteeineFallstudieausdemJahr2007:EinigevomProjektunterstützteAn-
wältevertratenachtBauernausdersüdchinesischenProvinzGuangxi,diegegeneineum-
welt-undgesundheitsschädigendePapierfabrikprotestierthattenundaufgrunddessenzu
Gefängnisstrafenverurteiltwordenwaren.DerFallunddieErfahrungenausdiesemPro-
zesswurdenwährendeinesWorkshopsinPekingvonAnwälten,Rechtswissenschaftlern
undBauerndiskutiert.BisApril2008sollderLeitfadenfürAnwältefertiggestelltwerden.
China. Volksrepublik China – Republik des
ErwirddurchdenAllgemeinenChinesischenAnwaltsverbandVerbreitungfindenundsoll Volkes?
Rechtsanwälteermutigen,derartigeFälleanzunehmenunderfolgreichzuvertreten.Erste Ausgabe2/2007(Printausgabevergriffen!)
Erfolgesindbereitszuverzeichnen:DieAnwältehabeninzweiterInstanzfürsechsderin- Berlin,34Seiten
haftiertenBauerneinensofortigenFreisprucherzielt,fürdieübrigenwurdedasStrafmaß
reduziert.DerRichterdrückteinseinerUrteilsverkündungseinenRespektgegenüberden Downloadunter
www.boell.de/thema
BauernundseinenMissmutgegenüberdenUnternehmenaus.Inzwischenwurdenfast200
PapierfabrikendieserArtinderRegiongeschlossen.
ChinasBauernbekommenUmweltschäden
zunehmendzuspüren.
18. 16 Außen-undSicherheitspolitik
Außen- und
Sicherheitspolitik
Die außen- und sicherheitspolitische Agenda ist in einem tiefgreifenden Wandel
begriffen. Heute stellt sich mehr denn je die Frage nach einem globalen Ordnungs-
rahmen, der eine friedliche Austragung von Interessensgegensätzen gewährleistet,
Kooperation fördert und eine Eskalation der Konfliktpotenziale verhindert. Die Ent-
wicklung einer solchen politischen Architektur ist umso dringender angesichts der
zunehmenden Verteilungskonflikte um knappe Ressourcen, des Aufkommens neuer
Mächte sowie der Herausforderung durch neue Formen außerstaatlicher Gewalt.
Die Heinrich-Böll-Stiftung trägt dazu bei, multilaterale Lösungsansätze für die außen-
und sicherheitspolitischen Herausforderungen und die Rolle Europas in der Welt zur
Diskussion zu stellen.
(l–r)ReinhardBütikofer,Bundesvorsitzender
vonBündnis90/DieGrünen;FraukeSeiden-
sticker,DeutschesInstitutfürMenschenrechte;
undSongXinning,UnitedNationsUniversity
Brügge,aufder8.AußenpolitischenJahres-
tagung.
AußenpolitischeJahrestagung
Berlin: Die Chinapolitik des Westens – zwischen strategischer Konkurrenz
und Kooperation
ChinahatsichindenvergangenenJahrenaufgrundseinerwachsendenwirtschaftlichen
StärkeundeineraktiverwerdendenAußenpolitikzueinemimmerwichtigerenGegenüber
auchfürdenWestenentwickelt.ZahlreichesicherheitspolitischeHerausforderungenkön-
nenohneeineEinbindungChinasnichtmehrgelöstwerden.Gleichzeitigbergendieres-
sourcen-undmachtpolitischenAmbitionenChinasauchKonfliktpotenziale.
DieseAusgangslagewirfteinigegrundsätzlicheFragenauf:GibtesgegenüberChina
einenlatentenKonfliktzwischen«Interessenpolitik»und«Menschenrechtspolitik»?Wie
definierenbeideSeitenihrestrategischenInteressen–undistdieSchnittmengegemeinsa-
merInteressengroßgenug,umKonfliktedurchKompromissezuüberbrücken?Könntedie
Energie-undKlimapolitikeinFeldstrategischerKooperationzwischenderEUundChina
werden?
Die8.AußenpolitischeJahrestagungderHeinrich-Böll-Stiftungvom6.bis7.Septem-
ber2007inBerlinstelltedieChina-PolitikdesWestensinHinblickaufdiezugrundelie-
gendenWerte,InteressenundstrategischenEinschätzungenzurDiskussion.Soverwies
DavidShambaughvonderGeorgeWashingtonUniversitydarauf,dassdiePolitikender
USAundderEUgegenüberChinazunehmendvonGemeinsamkeitenbestimmtseien.Dem-
gegenüberstellteEberhardSandschneidervonderDeutschenGesellschaftfürAuswärtige
PolitikdieunterschiedlichenInteressenderEUundderUSAheraus.ReinhardBütikofer,
BundesvorsitzendervonBündnis90/DieGrünen,betonte,dassdieAlternative«Chinaals
GegenspieleroderPartner»ersetztwerdensolltedurchdieBeschreibung«Gegenspieler
undPartner».IndiesemSinneliegeesnichtnuranderPolitikChinas,obundinwiefern
ChinaPartneroderGegenspielerdesWestenssei.EsliegeauchanunseremVerhalten
gegenüberChina.SongXinningvonderUnitedNationsUniversitätinBrüggebetontedie
Dr.GudrunWacker,StiftungWissenschaftund Tatsache,dassChinaunddieEUunterschiedlicheVorstellungenüberdieGrundlagender
Politik beiderseitigerklärten«strategischenPartnerschaft»haben.DiechinesischeDefinitionsei