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Action




   Ein Unternehmen gründen,
  Geld verdienen, Spaß haben, die
  Welt besser machen? Geht. Alles
auf einmal. Sogar viel einfacher als
Sie glauben. Ohne Bankkredit, ohne
 High-Tech-Patent, ohne Burn-Out,
     ohne Wirtschaftsstudium.
  Sagt der Wirtschaftsprofessor
      Günter Faltin aus Berlin.
    Und zeigt vor, wie es geht. Die
  Unternehmen, die der Professor
   gegründet hat, verdienen Geld,
    machen dem Professor Spaß
        und die Welt besser.
Auf Besuch bei einem radikalen
  Idealisten des Kapitalismus.
              Text: Stefan Wagner (Mitarbeit: Jan Cremer), Bilder: Norman Konrad




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                                                                                                                     Der Professor und die
                                                                                                                     Unumgänglichkeit des
                                                                                                                     Backups der Standbei-
                     er Professor, Jahrgang 1944, hohe       „Sehen Sie?“, fragt der Professor, ein wenig stolz      ne eines Unterneh-
                       Stirn, nach vorne gekämmtes        wie der Zauberkünstler nach gelungenem Trick.              mens, hier in der
                         Haar, Oberlippenbart, leise,        „Machen wir eine kleine Pause“, sagt er ins Kopf-       künstlerischen Allego-
                          dunkle Stimme, glucksende       nicken der Besucher. „Entschuldigen Sie mich für           rie. Eins, zwei, drei,
                                                                                                                     vier, dann kann dich
                          Augen, schwarzes Hemd und       eine Minute?“
                                                                                                                     nur mehr höhere Ge-
                          helle Hose, ist zunächst ein-      Der Professor, der über die bemerkenswerte Fä-          walt aus dem Gleich-
                          mal ein Bilderbuchprofessor.    higkeit der sekundenschnellen Vertiefung in Gedan-         gewicht bringen.
                             Erklärt einen der Grund-     ken verfügt, dreht sich zur Tür, der professorale Ell-
                         sätze eines erfolgreichen Un-    bogen streift ein Bein des immer noch mit dem
                       ternehmens, nämlich dass ein       Finden einer komfortablen Balance auf seinem vier-
                     Angebot mehrere Standbeine           ten Stuhlbein beschäftigten Artisten, was dem Ellbo-
                 braucht, am Beispiel seiner berühm-      gen entgeht, dem Artisten jedoch nicht, und das vier-
ten „Teekampagne“ (200.000 Kunden, weltweit               te Standbein erweist sich mit diesem ungeplanten
größter Importeur von Darjeeling-Tee höchster Qua-        Einfluss auf die Marktsituation dann doch ein wenig
lität): Die Teekampagne funktioniert über den Preis,      überfordert. Ein paar Sekunden nachdem der Profes-
das ist ihr erstes und wichtigstes Standbein, über die    sor den Raum verlassen hat, geht der Kampf um das
Qualität des Produkts, Standbein zwei, über die ga-       Überleben des jungen Unternehmens verloren, Sessel
rantierte Freiheit von chemischen Rückständen, drei,      und Artist krachen vom Podest auf den Parkettboden
und über den sozialen Aspekt der fairen Einkaufs-         des Professorenbüros, so finden auch die Unwägbar-
preise, Standbein vier. Dieses Backup-System der          keiten moderner Märkte Erwähnung: Einfluss höhe-
Standbeine ist unumgänglich, erklärt der Professor,       rer Mächte wenn man in der Allegorie bleiben mag.
denn ein Businessmodell ist nur dann ein solides             Des Professors Assistentin hechtet mit schreckge-
Businessmodell, wenn es auch dann noch funktio-           weiteten Augen in den Raum, in der rahmenlosen
niert, wenn ein Standbein im Wettbewerb fällt.            Brille ein formatfüllender
    Dann zieht der Professor eine eiserne Skulptur auf    Was-ist-denn-jetzt-schon-wieder-passiert-Blick.
einem kleinen Podest aus dem Eck seines mit Teekis-
ten ausgestatteten Besprechungsraums in Berlin-           Der Professor heißt Günter Faltin, und einer seiner
Schöneberg: ein kleiner Artist im eisernen Hand-          Grundsätze lautet: Funktion statt Konvention.
stand auf der Lehne eines eisernen Stuhls. Artist und         Wäre Faltin Ritter und auf der Suche nach einem
Stuhl, sozusagen die Teekampagne, ruhen in solider        Wappenspruch, er würde so lauten. Funktion statt
Balance auf einem der vier Stuhlbeine, sozusagen          Konvention. Nichts bezieht seine Existenzberechti-
dem Preisstandbein.                                       gung aus seiner Existenz, alles darf, alles soll hinter-
    Der Professor hebt den Stuhl auf das zweite Bein,     fragt werden. Überall sucht die „schöpferische Zer-
Qualität, die Teekampagne pendelt folgsam in ihre         störung“ des Joseph Schumpeter nach Möglichkeiten,
Balance.                                                  Bestehendes durch Besseres zu ersetzen, Faltin be-
    Wechsel auf Stuhlbein drei, und tatsächlich hält      zieht sich gerne auf das österreichische Enfant terrib-
auch die Freiheit von chemischen Rückständen Stuhl        le der Ökonomie des jungen 20. Jahrhunderts.
und Artist im Gleichgewicht.                                  Faltin sieht in der Schumpeterschen Zerstörungs-
    Stuhlbein vier nun, das Unternehmensstandbein         wut nicht nur Chancen für junge Unternehmen. Er
des fairen Handels im Test: Die wankende Skulptur         sieht, auch wenn er es nicht so formuliert, die Chan-
widersteht immer noch tapfer der Gravitation.             ce auf eine bessere Welt. Faltin hinterfragt die her-

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kömmliche Art der Fortbewegung („das Automobil            jeeling, die teuerste, und die in bester Qualität –, nur
ist ein Irrweg!“), hinterfragt die herkömmliche Art zu    Großpackungen. Kein Zwischenhandel, kein Lager,
wohnen („wie wir unsere Häuser bauen, wie wir sie         keine Kleinpackungen, keine Sortimentsvielfalt.
beheizen, eine absurde Verschwendung!“), hinter-             Faltin würde Darjeeling um rund ein Drittel des
fragt, hinterfragt, erzählt, wie er nach Alternativen     üblichen Preises anbieten können.
sucht, verrückt/nicht verrückt ist keine Kategorie,          Soweit der logische Teil. Unerhört war die Sache
funktionell/nicht funktionell zählt. In Faltins Schub-    für Behörden, Studenten und Teehandel.
lade liegen Konzepte zur organisierten innerstädti-          Deutschen Beamten war die Gründung eines Un-
schen Fortbewegung auf Inline Skates, er hat Proto-       ternehmens verboten, und Faltin war als Hochschul-
typen von Flaschen bauen lassen, die so geformt           professor genau das, Beamter. Er umschiffte dieses
sind, dass sie als Baumaterial verwendet werden kön-      Hindernis, indem er sich auf die in Artikel 5 des
nen, für helle, sonnenbeheizte Gebäude, Architektur       deutschen Verfassungsgesetzes festgeschriebene
als Altglasverwertung.                                    Freiheit von Forschung und Lehre berief: Die Tee-
    Faltins Denken, das so überraschende Dinge wie        kampagne wurde nicht zur Erwirtschaftung von fi-           Erfolgs-
Glasbauziegel und Inline-Skate-Autobusse zutage
fördert, läuft nach einem einfachen, streng struktu-
                                                          nanziellem Gewinn gegründet, sondern als Einrich-
                                                          tung zum Gewinn von Erfahrungen.                           Stories
rierten Schema ab: Er schält ein Thema so lange aus          Als die erste Teelieferung auf dem Schiff nach          Günter Faltin hat an
allen Konventionen, bis die blanke Funktion freiliegt.    Hamburg unterwegs war, stellte der Professor seinen        der Gründung von
Dann sucht er nach Wegen, wie es denn anders gin-         Studenten die Idee vor und lud zur Mitarbeit ein –         rund einem Dutzend
ge, einfacher, logischer, ökologischer, ökonomischer      ein Unternehmen als Studienobjekt, live, kann es für       Unternehmen aktiv
als bisher. Er denkt nicht über neue Autos                           Wirtschaftsstudenten was Schöneres ge-          mitgearbeitet. Hier
                                                                                                                     einige Beispiele.
nach, sondern über neue Mobilität.                                        ben? Offenbar ja. Eine Studentin raun-
Nicht über neue Häuser, sondern
über neues Wohnen. Nicht über
                                     Einer                                   te halblaut durch den Hörsaal:
                                                                                „Jetzt ist er übergeschnappt.
                                                                                                                     Teekampagne
                                                                                                                     Die Mutter aller Faltin-
neue Hotels, sondern über
neuen Tourismus. Und wenn
                                   wie Faltin                                     Eine Sorte, nur Großpackung
                                                                                    …“ Ein Student fragte, ob es
                                                                                                                     Gründungen. Nur der
                                                                                                                     beste Tee, nur Großpa-
er eine Idee für spannend
genug hält, baut er ein          passt in kein                                       für die Teilnahme am Him-
                                                                                      melfahrtskommando we-
                                                                                                                     ckungen, Direktimport,
                                                                                                                     nachhaltig gehandelt.
                                                                                                                     www.teekampagne.de
Unternehmenskonzept
drum herum – oder er-         Establishment. So                                        nigstens einen Schein
                                                                                       gäbe. Das Unternehmen         CO2-Kampagne
zählt die Sache einfach
weiter, gibt den konzepti-   einem gelingen aber                                       war 14 Tage alt, als die
                                                                                       erste Klage eines etablier-
                                                                                                                     Aus Tee mach Energie-
                                                                                                                     sparlampen. Höchste
                                                                                                                     Produktqualität,
                              Dinge, die zugleich
onellen Embryo zur Ad-                                                                ten Teehändlers auf dem
                                                                                                                     minimale Auswahl,
option frei. Unterneh-                                                                Tisch lag.
                                                                                                                     günstiger Preis.
menskonzepte
durchzudenken ist auch eine
Art Hobby, sagt er, wie andere
                               logisch sind und                                    Wie man zum idealistischen
                                                                                 Kapitalisten wird:
                                                                                                                     www.co2kampagne.de

                                                                                                                     eBueroAG
Leute Puzzles legen oder Kreuz-
worträtsel lösen.
                                   unerhört.                                   Günter Faltin hatte an Ökonomie
                                                                            von Anfang an soviel unvernünftige
                                                                                                                     Die externe Büro-
                                                                                                                     Lösung für kleine und
                                                                                                                     mittlere Unternehmen.
                                                                         Freude wie andere am Fußball oder am
                                                                                                                     250 Mitarbeiter, europa-
    So einer passt natürlich in kein                               Räuber-und-Gendarm-Spielen. In der Schule         weite Expansion.
Establishment.                                            – wir sind im Deutschland der 1950er-Jahre – las er        www.ebuero.de
    So einem gelingen dafür Dinge, die zugleich lo-       unter der Schulbank Biografien von Unternehmern
gisch sind und unerhört.                                  und Ökonomen, Ford statt Goethe, Duttweiler statt          RatioDrinkAG
    Logisch und unerhört war die Gründung von Fal-        Friedrich dem Großen, Schumpeter statt Pythagoras,         Saftkonzentrate in
                                                                                                                     höchster Qualität,
tins erstem Unternehmen, der „Teekampagne“, er            bis ihm die Lehrer die Ohren lang zogen.
                                                                                                                     zum günstigen Preis
gründete es 1985 als Professor an der Freien Univer-          Nach der Schule studierte er Ökonomie, das war         in speziellen Bag-in-
sität Berlin. Faltin hatte seine Grundsätze der erfolg-   emotional unausweichlich, „weil ich ja die Ökonomie        Box-Packungen
reichen Unternehmensgründung in der Theorie da-           liebte“, aber bescherte ihm Jahre mit wenig wertvol-       direkt vertrieben.
mals schon ausformuliert, aber fühlte sich als            len Erkenntnissen und viel Langeweile. „Es ging auf        www.ratiodrink.de
Hochschullehrer ohne Erfahrung in der Praxis wie          der Hochschule nicht um Wirtschaft, sondern um
                                                                                                                     The Water-
ein Seiltänzer, der auf einer auf dem Boden liegen-       Mathematik“, sagt er, „alles Theorie, furchtbar.“ Fal-
                                                                                                                     hyacinth Chair
den Schnur spaziert.                                      tin flüchtete durch das Studium und entwickelte eine       Die Wasserhyazinthe
    Als Begleiter auf dem Hochseil schien ihm Tee ge-     Routine im Zwischen-den-Stühlen-Sitzen: Für die            oder die Wandlung
eignet. Die Tradition herkömmlichen Handels hatte         Kommilitonen war er Kapitalist, für die Professoren        eines Schädlings zum
den Teepreis vom Produzenten bis zum Verkäufer            Kommunist. Er promovierte 1972, in seiner Disserta-        Rohstoff für Möbel.
verzehnfacht, Faltin sagte: Das muss günstiger ge-        tion wies der 28-Jährige dem späteren Wirtschafts-         www.waterhyacinth.de
hen. Er recherchierte Hintergründe, Handelswege,          Nobelpreisträger Milton Friedman Fehler nach.
Kostenfaktoren, nach Jahren des Herumtüftelns hat-            Danach rutschte Faltin auf die andere Seite des
te er alles subtrahiert, was Kosten verursachte, ohne     akademischen Systems. Dass er sich dem Hochschul-
der guten Tasse Tee in der Hand des Teetrinkers un-       betrieb überhaupt stellte, lag am Trotz, „es anders
mittelbar zu dienen. Und stand irgendwann vor einer       machen zu wollen als die, die ich kritisiert habe“.
konsequent logischen, radikal einfachen Lösung: di-           Er entwickelte seine eigenen Überlegungen zur
rekt importierter Tee, nur eine Sorte – nämlich Dar-      Wirtschaft, im Zentrum: der Unternehmer, das Un-

                                                                                                                                             75
Action


ternehmen. Faltin lehnt das Wort „Unternehmer“ als
irreführend ab, er trennt scharf zwischen Unterneh-
mensgründer und Unternehmensleiter: Der eine
muss etwas erschaffen, in einem Monate langen
schöpferischen Prozess, „es ist wie das Schreiben ei-
nes Drehbuchs“, der andere muss das Geschaffene
verwalten, umsetzen, „kein Kameramann kann aus
einem schlechten Drehbuch einen guten Film ma-
chen“. Der eine muss im Wesen Künstler sein, der an-
dere Manager. Zwei verschiedene Anforderungspro-
file, die nach zwei verschiedenen Charakteren,
Erfahrungen, Vorlieben, Fähigkeiten verlangen – in
der herkömmlichen unternehmerischen Praxis aber
an ein und dieselbe Person gestellt werden.
    Faltin sagt: Das kann zwar, aber sollte nicht von
einer Person gemacht werden. Und er sagt: Alles, was
der Unternehmensgründer (er nennt ihn Entrepre-
neur, im Gegensatz zum Business Administrator, der
das Tagesgeschäft führt) selbst nicht zu leisten im-
stande ist oder nicht möchte, ist an professionelle
Helfer zu delegieren. Buchhaltung, Arbeitsrecht, Mit-
arbeiterführung, Marketing – „wer sagt, dass sich der
Entrepreneur selbst um all das kümmern muss?“
    Vielleicht, äh, das Budget des jungen Unterneh-
mens?, fragt man.
    Es ist, sagt Faltin, Aufgabe des Unterneh-
menskonzepts, das zu tragen. Ein Entre-            „Wir
preneur hat die Chance, sich auf seine
Stärken zu konzentrieren und seine               haben
Schwächen zu delegieren – es gibt
keinen Grund, diese Chance unge-              katastrophale
nützt verstreichen zu lassen.
    Eine Idee also, Herr Professor,             Fehler im
muss von Anfang an ein ganzes Un-
ternehmen tragen? Erweist sich das            Management
in der Praxis nicht manchmal als,
hm, ein wenig naiver Gedanke?                 begangen.“ Sie Lage, eine Reihe von
    Wer so fragt, spielt Faltin in den
Lauf. Die Welt, sagt er, steckt voller fix-
                                              erwiesen sich große Prozesse musste die
                                                                  Klagen loszutreten. Drei

fertiger Bausteine für junge Unternehmen.
Er nennt diese Bausteine Komponenten, sie
                                                als Glück. richt durchfechten, einen da-
                                                              junge Teekampagne vor Ge-

müssen nur neu konfiguriert werden. Man                                      von, weil die Jungunternehmer auf
braucht kein Patent, man braucht kein Kapital. Alle                  einem ihrer selbst gepinselten Teekampa-
Zutaten für ein Unternehmen sind vorhanden. Es hat       gne-Plakate Kein DDT-ee titelten, „als eine Zeitschrift
auch vor der Teekampagne Tee gegeben, es hat             über Schadstoffe im Tee berichtete, hielten wir es für
Händler und Schiffe und Teetrinker gegeben. Die un-      eine gute Idee, auf die Schadstofffreiheit in unseren
ternehmerische Leistung war, Vorhandenes neu zu          Tees hinzuweisen“.
kombinieren. facebook? Eine wunderbare Kombina-              Das nach Kriterien herkömmlicher öffentlicher
tion bestehender Komponenten, die die Welt verän-        Kommunikation in jeder Hinsicht überzeugend ver-
dert. Skype: zur Zeit der Gründung acht Jahre alte       unglückte Kein DDT-ee-Plakat erwies sich als unbeab-
Software, mit der Erfahrung einer illegalen Musik-       sichtigter Geniestreich: Kosten von 10.000 Mark für
tauschbörse zum Milliardengeschäft veredelt.             den verlorenen Prozess (der wurde verloren, weil
                                                         sich der etablierte Tee-Handel wenig überraschend
Faltins Teekampagne ist 26 Jahre alt und eine so erst-   nicht als DDT-Handel bezeichnet sehen wollte) stand
klassige Erfolgsgeschichte, dass der Professor Spaß      mediale Aufmerksamkeit gegenüber, „die wir uns
daran hat, die frühen Pannen zu erzählen: Einmal         niemals hätten leisten können“. Die Prozesse waren
tauchten Schecks im Wert von 10.000 Mark in einer        eine Marketing-Rakete für das junge Unternehmen,
Schuhschachtel auf – 10.000 Mark, die nicht einmal       „die Leute fanden unseren Kampf für sauberen Tee
jemandem abgegangen waren. Gegen das Chaos der           sympathisch. Wir konnten zusehen, wie nach einem
frühen Teekampagne war jede Studenten-WG am              neuen Zeitungsartikel die Kundenzahlen stiegen“.
                                                                                                                   Das Original: Der Tee
Morgen nach einer Party eine Zinnsoldatenparade.             Sogar der Markenname war die ersten sieben Jah-
                                                                                                                   stammt aus dem Hi-
   Oder die selbstgemalten Werbeplakate der frühen       re lang ungeschützt – „Teecampagne statt Teekampa-        malaya, die unterneh-
Jahre, optisch reizvoll wie die Einladung zu einer       gne, mit c statt k, wäre kein Problem gewesen, mit k      merische Idee dazu
spätmarxistischen Selbsthilfegruppe, jedoch in der       war es juristisch gesehen ein Allerweltswort.“ Tee-       aus Berlin.

76
kampagnen-Plagiate füllen in einem Nebenzimmer
des Büros von Faltin ein ganzes Wandregal. Die Pla-
giate gibt’s nicht mehr, die Teekampagne immer
noch, mit k, und mit braven Gewinnen.
    „Wir haben zu Beginn katastrophale Management-
fehler begangen“, sagt Faltin. „Wir hätten sie niemals
überlebt, wäre unser Konzept nicht so klar und stabil
gewesen. Unsere Fehler haben den Beweis der Stärke
des Konzepts geliefert.“ Als Unternehmer haben ihm
die Fehler schlaflose Nächte gebracht. Als Professor
waren sie das Beste, was ihm passieren konnte.
    Faltin schwärmt beinahe von den Erfahrungen,
die er im Alltag des Jungunternehmers gesammelt
hat. Etwa vom Erlebniswert der Alpträume, die ihn
plagten, „sowas steht in keinem BWL-Lehrbuch!“ Fal-
tin alleine auf einem einsamen Strand, kein Hafen
weit und breit, am offenen Meer ein kleiner schwar-
zer Punkt, der immer größer wird … das Frachtschiff
mit der Teelieferung vom Himalaya. Wie die Ladung
löschen, allein? Panik, Verzweiflung, bis Faltin
schweißgebadet aufwachte. „Das Aushalten, das
Durchhalten, das ist der größte Unterschied zwi-
schen Theorie und Praxis. Die Praxis ist eine andere
Dimension als die Theorie.“

Faltin hat in den letzten Jahrzehnten an der Grün-
dung von rund einem Dutzend Unternehmen mitge-
arbeitet, an manchen ist er nach wie vor beteiligt, er
hat Entrepreneure in ganz Europa ermutigt, sein
Lieblingsstudent gründet derzeit sein 21. Unterneh-
men, viele der bisherigen 20 hat er mit hohem Ge-
winn verkauft. Faltin hat viele Menschen wohlha-
bend gemacht. Er bietet mit seiner „Projektwerkstatt“
ein unternehmerisches Dach für verschiedene Unter-
nehmen: von der Teekampagne über die CO2-Kam-
pagne, eine auf Energiesparlampen umgelegte Analo-
gie der Teekampagne, bis zum Handel mit Möbeln,
die aus der Wasserhyazinthe hergestellt werden – ei-
ner Pflanze, die nach Südostasien eingeschleppt wur-
de, dort zu einem Umweltproblem wuchs, bis man
entdeckte, dass der Schädling ein Rohstoff ist.
    Faltin lädt in Berlin regelmäßig zu seinem „Labor
für Entrepreneurship“, das sind Abende, an denen
sich Gründungswillige zum Austausch treffen, an de-
nen er angehende Entrepreneure berät, erfolgreiche
Konzepte vorstellt.
    Faltin hat sich sein Lebenswerk von der Seele ge-
schrieben: die Theorien zum Entrepreneurship, un-
terfüttert durch unternehmerische Praxis von Aristo-
teles und Ford bis zur CO2-Kampagne. „Kopf schlägt
Kapital“ heißt das idealistische Manifest, 50.000
Stück sind verkauft, die achte Auflage ist die aktuel-
le, es gibt eine Hörbuchversion. Dazu Piratenscans
im Internet, egal, „das Ding soll ja gelesen werden“.
    In den Niederlanden startete das Buch erfolgreich,
die englische und die spanische Übersetzung sind im
Laufen, vor kurzem ist ein Paket aus Fernost mit Bü-
chern in Berlin gelandet. Zuerst wusste niemand im
Büro etwas damit anzufangen, dann erkannte man
das Bild des Professors auf dem Umschlag: „Kopf
schlägt Kapital“, jetzt auch in China. Da erobert und
verbessert einer die Welt zur gleichen Zeit.
Günter Faltin im Internet: www.entrepreneurship.de
www.projektwerkstatt.com

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Prof faltin interview_red_bulletin

  • 1. Action Ein Unternehmen gründen, Geld verdienen, Spaß haben, die Welt besser machen? Geht. Alles auf einmal. Sogar viel einfacher als Sie glauben. Ohne Bankkredit, ohne High-Tech-Patent, ohne Burn-Out, ohne Wirtschaftsstudium. Sagt der Wirtschaftsprofessor Günter Faltin aus Berlin. Und zeigt vor, wie es geht. Die Unternehmen, die der Professor gegründet hat, verdienen Geld, machen dem Professor Spaß und die Welt besser. Auf Besuch bei einem radikalen Idealisten des Kapitalismus. Text: Stefan Wagner (Mitarbeit: Jan Cremer), Bilder: Norman Konrad 72
  • 3. D Der Professor und die Unumgänglichkeit des Backups der Standbei- er Professor, Jahrgang 1944, hohe „Sehen Sie?“, fragt der Professor, ein wenig stolz ne eines Unterneh- Stirn, nach vorne gekämmtes wie der Zauberkünstler nach gelungenem Trick. mens, hier in der Haar, Oberlippenbart, leise, „Machen wir eine kleine Pause“, sagt er ins Kopf- künstlerischen Allego- dunkle Stimme, glucksende nicken der Besucher. „Entschuldigen Sie mich für rie. Eins, zwei, drei, vier, dann kann dich Augen, schwarzes Hemd und eine Minute?“ nur mehr höhere Ge- helle Hose, ist zunächst ein- Der Professor, der über die bemerkenswerte Fä- walt aus dem Gleich- mal ein Bilderbuchprofessor. higkeit der sekundenschnellen Vertiefung in Gedan- gewicht bringen. Erklärt einen der Grund- ken verfügt, dreht sich zur Tür, der professorale Ell- sätze eines erfolgreichen Un- bogen streift ein Bein des immer noch mit dem ternehmens, nämlich dass ein Finden einer komfortablen Balance auf seinem vier- Angebot mehrere Standbeine ten Stuhlbein beschäftigten Artisten, was dem Ellbo- braucht, am Beispiel seiner berühm- gen entgeht, dem Artisten jedoch nicht, und das vier- ten „Teekampagne“ (200.000 Kunden, weltweit te Standbein erweist sich mit diesem ungeplanten größter Importeur von Darjeeling-Tee höchster Qua- Einfluss auf die Marktsituation dann doch ein wenig lität): Die Teekampagne funktioniert über den Preis, überfordert. Ein paar Sekunden nachdem der Profes- das ist ihr erstes und wichtigstes Standbein, über die sor den Raum verlassen hat, geht der Kampf um das Qualität des Produkts, Standbein zwei, über die ga- Überleben des jungen Unternehmens verloren, Sessel rantierte Freiheit von chemischen Rückständen, drei, und Artist krachen vom Podest auf den Parkettboden und über den sozialen Aspekt der fairen Einkaufs- des Professorenbüros, so finden auch die Unwägbar- preise, Standbein vier. Dieses Backup-System der keiten moderner Märkte Erwähnung: Einfluss höhe- Standbeine ist unumgänglich, erklärt der Professor, rer Mächte wenn man in der Allegorie bleiben mag. denn ein Businessmodell ist nur dann ein solides Des Professors Assistentin hechtet mit schreckge- Businessmodell, wenn es auch dann noch funktio- weiteten Augen in den Raum, in der rahmenlosen niert, wenn ein Standbein im Wettbewerb fällt. Brille ein formatfüllender Dann zieht der Professor eine eiserne Skulptur auf Was-ist-denn-jetzt-schon-wieder-passiert-Blick. einem kleinen Podest aus dem Eck seines mit Teekis- ten ausgestatteten Besprechungsraums in Berlin- Der Professor heißt Günter Faltin, und einer seiner Schöneberg: ein kleiner Artist im eisernen Hand- Grundsätze lautet: Funktion statt Konvention. stand auf der Lehne eines eisernen Stuhls. Artist und Wäre Faltin Ritter und auf der Suche nach einem Stuhl, sozusagen die Teekampagne, ruhen in solider Wappenspruch, er würde so lauten. Funktion statt Balance auf einem der vier Stuhlbeine, sozusagen Konvention. Nichts bezieht seine Existenzberechti- dem Preisstandbein. gung aus seiner Existenz, alles darf, alles soll hinter- Der Professor hebt den Stuhl auf das zweite Bein, fragt werden. Überall sucht die „schöpferische Zer- Qualität, die Teekampagne pendelt folgsam in ihre störung“ des Joseph Schumpeter nach Möglichkeiten, Balance. Bestehendes durch Besseres zu ersetzen, Faltin be- Wechsel auf Stuhlbein drei, und tatsächlich hält zieht sich gerne auf das österreichische Enfant terrib- auch die Freiheit von chemischen Rückständen Stuhl le der Ökonomie des jungen 20. Jahrhunderts. und Artist im Gleichgewicht. Faltin sieht in der Schumpeterschen Zerstörungs- Stuhlbein vier nun, das Unternehmensstandbein wut nicht nur Chancen für junge Unternehmen. Er des fairen Handels im Test: Die wankende Skulptur sieht, auch wenn er es nicht so formuliert, die Chan- widersteht immer noch tapfer der Gravitation. ce auf eine bessere Welt. Faltin hinterfragt die her- 74
  • 4. Action kömmliche Art der Fortbewegung („das Automobil jeeling, die teuerste, und die in bester Qualität –, nur ist ein Irrweg!“), hinterfragt die herkömmliche Art zu Großpackungen. Kein Zwischenhandel, kein Lager, wohnen („wie wir unsere Häuser bauen, wie wir sie keine Kleinpackungen, keine Sortimentsvielfalt. beheizen, eine absurde Verschwendung!“), hinter- Faltin würde Darjeeling um rund ein Drittel des fragt, hinterfragt, erzählt, wie er nach Alternativen üblichen Preises anbieten können. sucht, verrückt/nicht verrückt ist keine Kategorie, Soweit der logische Teil. Unerhört war die Sache funktionell/nicht funktionell zählt. In Faltins Schub- für Behörden, Studenten und Teehandel. lade liegen Konzepte zur organisierten innerstädti- Deutschen Beamten war die Gründung eines Un- schen Fortbewegung auf Inline Skates, er hat Proto- ternehmens verboten, und Faltin war als Hochschul- typen von Flaschen bauen lassen, die so geformt professor genau das, Beamter. Er umschiffte dieses sind, dass sie als Baumaterial verwendet werden kön- Hindernis, indem er sich auf die in Artikel 5 des nen, für helle, sonnenbeheizte Gebäude, Architektur deutschen Verfassungsgesetzes festgeschriebene als Altglasverwertung. Freiheit von Forschung und Lehre berief: Die Tee- Faltins Denken, das so überraschende Dinge wie kampagne wurde nicht zur Erwirtschaftung von fi- Erfolgs- Glasbauziegel und Inline-Skate-Autobusse zutage fördert, läuft nach einem einfachen, streng struktu- nanziellem Gewinn gegründet, sondern als Einrich- tung zum Gewinn von Erfahrungen. Stories rierten Schema ab: Er schält ein Thema so lange aus Als die erste Teelieferung auf dem Schiff nach Günter Faltin hat an allen Konventionen, bis die blanke Funktion freiliegt. Hamburg unterwegs war, stellte der Professor seinen der Gründung von Dann sucht er nach Wegen, wie es denn anders gin- Studenten die Idee vor und lud zur Mitarbeit ein – rund einem Dutzend ge, einfacher, logischer, ökologischer, ökonomischer ein Unternehmen als Studienobjekt, live, kann es für Unternehmen aktiv als bisher. Er denkt nicht über neue Autos Wirtschaftsstudenten was Schöneres ge- mitgearbeitet. Hier einige Beispiele. nach, sondern über neue Mobilität. ben? Offenbar ja. Eine Studentin raun- Nicht über neue Häuser, sondern über neues Wohnen. Nicht über Einer te halblaut durch den Hörsaal: „Jetzt ist er übergeschnappt. Teekampagne Die Mutter aller Faltin- neue Hotels, sondern über neuen Tourismus. Und wenn wie Faltin Eine Sorte, nur Großpackung …“ Ein Student fragte, ob es Gründungen. Nur der beste Tee, nur Großpa- er eine Idee für spannend genug hält, baut er ein passt in kein für die Teilnahme am Him- melfahrtskommando we- ckungen, Direktimport, nachhaltig gehandelt. www.teekampagne.de Unternehmenskonzept drum herum – oder er- Establishment. So nigstens einen Schein gäbe. Das Unternehmen CO2-Kampagne zählt die Sache einfach weiter, gibt den konzepti- einem gelingen aber war 14 Tage alt, als die erste Klage eines etablier- Aus Tee mach Energie- sparlampen. Höchste Produktqualität, Dinge, die zugleich onellen Embryo zur Ad- ten Teehändlers auf dem minimale Auswahl, option frei. Unterneh- Tisch lag. günstiger Preis. menskonzepte durchzudenken ist auch eine Art Hobby, sagt er, wie andere logisch sind und Wie man zum idealistischen Kapitalisten wird: www.co2kampagne.de eBueroAG Leute Puzzles legen oder Kreuz- worträtsel lösen. unerhört. Günter Faltin hatte an Ökonomie von Anfang an soviel unvernünftige Die externe Büro- Lösung für kleine und mittlere Unternehmen. Freude wie andere am Fußball oder am 250 Mitarbeiter, europa- So einer passt natürlich in kein Räuber-und-Gendarm-Spielen. In der Schule weite Expansion. Establishment. – wir sind im Deutschland der 1950er-Jahre – las er www.ebuero.de So einem gelingen dafür Dinge, die zugleich lo- unter der Schulbank Biografien von Unternehmern gisch sind und unerhört. und Ökonomen, Ford statt Goethe, Duttweiler statt RatioDrinkAG Logisch und unerhört war die Gründung von Fal- Friedrich dem Großen, Schumpeter statt Pythagoras, Saftkonzentrate in höchster Qualität, tins erstem Unternehmen, der „Teekampagne“, er bis ihm die Lehrer die Ohren lang zogen. zum günstigen Preis gründete es 1985 als Professor an der Freien Univer- Nach der Schule studierte er Ökonomie, das war in speziellen Bag-in- sität Berlin. Faltin hatte seine Grundsätze der erfolg- emotional unausweichlich, „weil ich ja die Ökonomie Box-Packungen reichen Unternehmensgründung in der Theorie da- liebte“, aber bescherte ihm Jahre mit wenig wertvol- direkt vertrieben. mals schon ausformuliert, aber fühlte sich als len Erkenntnissen und viel Langeweile. „Es ging auf www.ratiodrink.de Hochschullehrer ohne Erfahrung in der Praxis wie der Hochschule nicht um Wirtschaft, sondern um The Water- ein Seiltänzer, der auf einer auf dem Boden liegen- Mathematik“, sagt er, „alles Theorie, furchtbar.“ Fal- hyacinth Chair den Schnur spaziert. tin flüchtete durch das Studium und entwickelte eine Die Wasserhyazinthe Als Begleiter auf dem Hochseil schien ihm Tee ge- Routine im Zwischen-den-Stühlen-Sitzen: Für die oder die Wandlung eignet. Die Tradition herkömmlichen Handels hatte Kommilitonen war er Kapitalist, für die Professoren eines Schädlings zum den Teepreis vom Produzenten bis zum Verkäufer Kommunist. Er promovierte 1972, in seiner Disserta- Rohstoff für Möbel. verzehnfacht, Faltin sagte: Das muss günstiger ge- tion wies der 28-Jährige dem späteren Wirtschafts- www.waterhyacinth.de hen. Er recherchierte Hintergründe, Handelswege, Nobelpreisträger Milton Friedman Fehler nach. Kostenfaktoren, nach Jahren des Herumtüftelns hat- Danach rutschte Faltin auf die andere Seite des te er alles subtrahiert, was Kosten verursachte, ohne akademischen Systems. Dass er sich dem Hochschul- der guten Tasse Tee in der Hand des Teetrinkers un- betrieb überhaupt stellte, lag am Trotz, „es anders mittelbar zu dienen. Und stand irgendwann vor einer machen zu wollen als die, die ich kritisiert habe“. konsequent logischen, radikal einfachen Lösung: di- Er entwickelte seine eigenen Überlegungen zur rekt importierter Tee, nur eine Sorte – nämlich Dar- Wirtschaft, im Zentrum: der Unternehmer, das Un- 75
  • 5. Action ternehmen. Faltin lehnt das Wort „Unternehmer“ als irreführend ab, er trennt scharf zwischen Unterneh- mensgründer und Unternehmensleiter: Der eine muss etwas erschaffen, in einem Monate langen schöpferischen Prozess, „es ist wie das Schreiben ei- nes Drehbuchs“, der andere muss das Geschaffene verwalten, umsetzen, „kein Kameramann kann aus einem schlechten Drehbuch einen guten Film ma- chen“. Der eine muss im Wesen Künstler sein, der an- dere Manager. Zwei verschiedene Anforderungspro- file, die nach zwei verschiedenen Charakteren, Erfahrungen, Vorlieben, Fähigkeiten verlangen – in der herkömmlichen unternehmerischen Praxis aber an ein und dieselbe Person gestellt werden. Faltin sagt: Das kann zwar, aber sollte nicht von einer Person gemacht werden. Und er sagt: Alles, was der Unternehmensgründer (er nennt ihn Entrepre- neur, im Gegensatz zum Business Administrator, der das Tagesgeschäft führt) selbst nicht zu leisten im- stande ist oder nicht möchte, ist an professionelle Helfer zu delegieren. Buchhaltung, Arbeitsrecht, Mit- arbeiterführung, Marketing – „wer sagt, dass sich der Entrepreneur selbst um all das kümmern muss?“ Vielleicht, äh, das Budget des jungen Unterneh- mens?, fragt man. Es ist, sagt Faltin, Aufgabe des Unterneh- menskonzepts, das zu tragen. Ein Entre- „Wir preneur hat die Chance, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und seine haben Schwächen zu delegieren – es gibt keinen Grund, diese Chance unge- katastrophale nützt verstreichen zu lassen. Eine Idee also, Herr Professor, Fehler im muss von Anfang an ein ganzes Un- ternehmen tragen? Erweist sich das Management in der Praxis nicht manchmal als, hm, ein wenig naiver Gedanke? begangen.“ Sie Lage, eine Reihe von Wer so fragt, spielt Faltin in den Lauf. Die Welt, sagt er, steckt voller fix- erwiesen sich große Prozesse musste die Klagen loszutreten. Drei fertiger Bausteine für junge Unternehmen. Er nennt diese Bausteine Komponenten, sie als Glück. richt durchfechten, einen da- junge Teekampagne vor Ge- müssen nur neu konfiguriert werden. Man von, weil die Jungunternehmer auf braucht kein Patent, man braucht kein Kapital. Alle einem ihrer selbst gepinselten Teekampa- Zutaten für ein Unternehmen sind vorhanden. Es hat gne-Plakate Kein DDT-ee titelten, „als eine Zeitschrift auch vor der Teekampagne Tee gegeben, es hat über Schadstoffe im Tee berichtete, hielten wir es für Händler und Schiffe und Teetrinker gegeben. Die un- eine gute Idee, auf die Schadstofffreiheit in unseren ternehmerische Leistung war, Vorhandenes neu zu Tees hinzuweisen“. kombinieren. facebook? Eine wunderbare Kombina- Das nach Kriterien herkömmlicher öffentlicher tion bestehender Komponenten, die die Welt verän- Kommunikation in jeder Hinsicht überzeugend ver- dert. Skype: zur Zeit der Gründung acht Jahre alte unglückte Kein DDT-ee-Plakat erwies sich als unbeab- Software, mit der Erfahrung einer illegalen Musik- sichtigter Geniestreich: Kosten von 10.000 Mark für tauschbörse zum Milliardengeschäft veredelt. den verlorenen Prozess (der wurde verloren, weil sich der etablierte Tee-Handel wenig überraschend Faltins Teekampagne ist 26 Jahre alt und eine so erst- nicht als DDT-Handel bezeichnet sehen wollte) stand klassige Erfolgsgeschichte, dass der Professor Spaß mediale Aufmerksamkeit gegenüber, „die wir uns daran hat, die frühen Pannen zu erzählen: Einmal niemals hätten leisten können“. Die Prozesse waren tauchten Schecks im Wert von 10.000 Mark in einer eine Marketing-Rakete für das junge Unternehmen, Schuhschachtel auf – 10.000 Mark, die nicht einmal „die Leute fanden unseren Kampf für sauberen Tee jemandem abgegangen waren. Gegen das Chaos der sympathisch. Wir konnten zusehen, wie nach einem frühen Teekampagne war jede Studenten-WG am neuen Zeitungsartikel die Kundenzahlen stiegen“. Das Original: Der Tee Morgen nach einer Party eine Zinnsoldatenparade. Sogar der Markenname war die ersten sieben Jah- stammt aus dem Hi- Oder die selbstgemalten Werbeplakate der frühen re lang ungeschützt – „Teecampagne statt Teekampa- malaya, die unterneh- Jahre, optisch reizvoll wie die Einladung zu einer gne, mit c statt k, wäre kein Problem gewesen, mit k merische Idee dazu spätmarxistischen Selbsthilfegruppe, jedoch in der war es juristisch gesehen ein Allerweltswort.“ Tee- aus Berlin. 76
  • 6. kampagnen-Plagiate füllen in einem Nebenzimmer des Büros von Faltin ein ganzes Wandregal. Die Pla- giate gibt’s nicht mehr, die Teekampagne immer noch, mit k, und mit braven Gewinnen. „Wir haben zu Beginn katastrophale Management- fehler begangen“, sagt Faltin. „Wir hätten sie niemals überlebt, wäre unser Konzept nicht so klar und stabil gewesen. Unsere Fehler haben den Beweis der Stärke des Konzepts geliefert.“ Als Unternehmer haben ihm die Fehler schlaflose Nächte gebracht. Als Professor waren sie das Beste, was ihm passieren konnte. Faltin schwärmt beinahe von den Erfahrungen, die er im Alltag des Jungunternehmers gesammelt hat. Etwa vom Erlebniswert der Alpträume, die ihn plagten, „sowas steht in keinem BWL-Lehrbuch!“ Fal- tin alleine auf einem einsamen Strand, kein Hafen weit und breit, am offenen Meer ein kleiner schwar- zer Punkt, der immer größer wird … das Frachtschiff mit der Teelieferung vom Himalaya. Wie die Ladung löschen, allein? Panik, Verzweiflung, bis Faltin schweißgebadet aufwachte. „Das Aushalten, das Durchhalten, das ist der größte Unterschied zwi- schen Theorie und Praxis. Die Praxis ist eine andere Dimension als die Theorie.“ Faltin hat in den letzten Jahrzehnten an der Grün- dung von rund einem Dutzend Unternehmen mitge- arbeitet, an manchen ist er nach wie vor beteiligt, er hat Entrepreneure in ganz Europa ermutigt, sein Lieblingsstudent gründet derzeit sein 21. Unterneh- men, viele der bisherigen 20 hat er mit hohem Ge- winn verkauft. Faltin hat viele Menschen wohlha- bend gemacht. Er bietet mit seiner „Projektwerkstatt“ ein unternehmerisches Dach für verschiedene Unter- nehmen: von der Teekampagne über die CO2-Kam- pagne, eine auf Energiesparlampen umgelegte Analo- gie der Teekampagne, bis zum Handel mit Möbeln, die aus der Wasserhyazinthe hergestellt werden – ei- ner Pflanze, die nach Südostasien eingeschleppt wur- de, dort zu einem Umweltproblem wuchs, bis man entdeckte, dass der Schädling ein Rohstoff ist. Faltin lädt in Berlin regelmäßig zu seinem „Labor für Entrepreneurship“, das sind Abende, an denen sich Gründungswillige zum Austausch treffen, an de- nen er angehende Entrepreneure berät, erfolgreiche Konzepte vorstellt. Faltin hat sich sein Lebenswerk von der Seele ge- schrieben: die Theorien zum Entrepreneurship, un- terfüttert durch unternehmerische Praxis von Aristo- teles und Ford bis zur CO2-Kampagne. „Kopf schlägt Kapital“ heißt das idealistische Manifest, 50.000 Stück sind verkauft, die achte Auflage ist die aktuel- le, es gibt eine Hörbuchversion. Dazu Piratenscans im Internet, egal, „das Ding soll ja gelesen werden“. In den Niederlanden startete das Buch erfolgreich, die englische und die spanische Übersetzung sind im Laufen, vor kurzem ist ein Paket aus Fernost mit Bü- chern in Berlin gelandet. Zuerst wusste niemand im Büro etwas damit anzufangen, dann erkannte man das Bild des Professors auf dem Umschlag: „Kopf schlägt Kapital“, jetzt auch in China. Da erobert und verbessert einer die Welt zur gleichen Zeit. Günter Faltin im Internet: www.entrepreneurship.de www.projektwerkstatt.com