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Die wunderbare Reise des Petermännchens
Till Hannes Hagen
Elijah Montag
Philipp Wiese
Wettbewerbsbeitrag zum Modul 2-2: des Pädagogium Schwerin/Europaschule
An einem Februarmorgen im Jahr 2017 hing ein grüner Stofffetzen am Schacht des
Schlossinnenhofes unter der Statue des Petermännchens. Das Stück Stoff wuchs und
wuchs bis auf die Größe eines Wams, bis das Outfit eines Kobolds zu erkennen war.
Zwei Sekunden später klickte es und ein Zwerg war in die Kleidung geschlüpft. Er trug
eine Laterne, ein Schwert und das Schlüsselbund für das Schweriner Schloss, das er
aus früheren Tagen wie seine eigene Westentasche kannte.
Er hatte sich aus der Politik zurückgezogen und Jahrhunderte lang unter dem
Schweriner See, direkt neben dem Schloss geschlafen. Sein Schlafplatz war allerdings
in den letzten Wochen ausgekühlt und die Sauerstoffversorgung funktionierte nicht
mehr.
Er war aufgewacht und wollte nachsehen, was in Schwerin geschehen war.
Petermännchen stellte fest, dass ein starker Winter die Stadtund ganz Norddeutschland
erwischt hatte. Der See war hoffnungslos zugefroren und das Schloss war vor lauter
Schneesturm kaum zu erkennen. Petermännchen dachte für sich: „Ich habe schon
schlimmere Winter erlebt. Aber das Feuer in den Schlosskaminen scheint ausgegangen
zu sein. Die Eisschicht auf dem See hat die Luftschächte, die meinen Schlafplatz
versorgen, verstopft. Ich werde mich beim Großherzog melden und meine Hilfe
anbieten.“
Der Zwerg wanderte um das Schloss, denn das Petermännchen suchte den Eingang.
Überraschend bemerkte es aber, dass sein Schlüsselbund nicht mehr auf die
Eingangstür des Schlosses passte.
Es verließ das Schlossgelände und bestaunte das Theater und das Staatliche Museum,
zwei Gebäude, die er nicht kannte. Überall verdeckte Pulverschnee die Stadt. Die
Fahrzeuge am Straßenrand hielt er für vereiste Kutschen. Nur den Tonder Glocken des
Schweriner Doms erkannte er.
Als ein Fußgänger an ihm vorübergehen wollte, fragte er ihn, was man tun müsse um
zum Schlossherren vorzudringen. Der Passant erklärte, dass das Schloss der Sitz des
Landtages sei und es keinen Schlossherren mehr gebe. Die Zeit der Monarchie sei
vorbei. Petermännchen fragte, was ein Landtag ist.
Der Fußgänger erklärte: „Der Landtag ist das Parlament, in dem Politiker
verschiedener Parteien Gesetze beschließen.“ „Und wo kommen die Politiker her?
Haben Sie den Schlossherren verjagt? Ich möchte sofort den Großherzog
sprechen.“ „Beruhigen Sie sich“, erwiderte der Fußgänger und betrachtete das komisch
angezogene Männchen verwundert. „Großherzöge gibt es noch, aber sie regieren nicht
mehr das Land. Sie arbeiten wie jeder andere Mensch auch und haben keine
Sonderrechte. Die Politiker werden von der Bevölkerung gewählt. Aber warum fragen
Sie mich nach solchen Selbstverständlichkeiten?“ Das Petermännchen wurde
ungeduldig und fragte: „Gibt es denn überhaupt keine Monarchen mehr?“ „Doch“,
erklärte der Passant, „in den Niederlanden, in Belgien oder in Spanien. Aber diese
Könige regieren nicht mehr das Land. Die Zeiten haben sich geändert.“
„Ich muss sofort eine Liste haben von den Monarchien in Europa“, sagte das
Petermännchen. Ich könnte dem König der Niederlande meine Dienste anbieten. Ich
kann die Zukunft vorhersagen und allerlei Unheil abwenden. Ich brauche einen König
um weiter zu existieren.“ Der Fußgänger schaute das Petermännchen fragend an, fand
aber Gefallen an seiner komischen Art. „Ich könnte mit Ihnen in einen Internetshop
gehen und dann suche ich Ihnen die entsprechende Liste heraus.“ „Gehen wir in eine
Bibliothek?“ „Nein, sie werden schonsehen, verlassen Sie sich auf mich!“
Petermännchens Besuchsliste der Monarchien in Europa
1) Willem-Alexander, König der Niederlande
2) König Philippe, König von Belgien
3) Joan Enric Vives i Sicilia, Bischof und Kofürst von Andorra
4) Henri, Großherzog von Luxemburg
5) Felipe VI., König von Spanien
6) Elizabeth II., Königin des Vereinigten Königreiches
7) Papst Franziskus, Vatinkanstaat
8) Hans-Adam II, Fürst von Liechtenstein
9) Carl XVI. Gustav, König von Schweden
10) Harald V., König von Norwegen
11) Albert II., Fürst von Monaco
12) Margrethe II., König von Dänemark
Eine Stunde später hatte Petermännchen die ausgedruckte Liste mit den Monarchien in
der Hand. Er hätte sich auch gleich auf den Weg in die Niederlande begeben, wenn er
nicht auf einem Plakat am Packhof den Namen „Ludwigslust – Residenz der
Großherzöge von Mecklenburg“ gelesen hätte. Vielleicht könnte er dort noch einen
Herren für sich finden.
Angekommen in Ludwigslust stellte es fest, dass das Schloss unbewohnt war und nur
noch als Museum diente. Außerdem war es geschlossen. Es war so bitterkalt, dass
selbst der Wasserfall im Brunnen gefroren war.
„Ich muss die richtigen Monarchen finden und an einen Ort reisen, der nicht so kalt
ist.“
Petermännchen reiste die ganze Nacht und begab sich zu König Willem-Alexander.
Der König der Niederlande versicherte ihm verwundert, dass er wirklich keine Hilfe
bräuchte. „Ich bin gut im Abwehren von Angreifern“, erklärte Petermännchen. Aber
der König sagte ihm, dass auchdie Außenpolitik vom Parlament gemacht wird.“ „Dann
versuche ich es eben in Belgien“, sagte das Petermännchen und verschwand.
König Philippe von Belgien empfing das Petermännchen, konnte ihm aber auch nicht
weiterhelfen. „Wir haben sogar für ganz Europa keinen König oder Kaiser. Wir haben
ein Europaparlament. Ich zeige es Ihnen.“
Petermännchen war beeindruckt von dem großen Gebäudemit den vielen europäischen
Flaggen. „Und hier herrscht kein Fürst?“ „Nein hier gibt es über 700 Abgeordnete, die
Gesetz beschließen und beraten.“
„Ich will es trotzdem weiter versuchen“, sagte das Petermännchen beim Abschied.
„Viel Glück!“ rief der König ihm nach.
Aber auch der Kofürst von Andorra oder der Großfürst Henri von Luxemburg konnten
ihm nicht weiterhelfen. Tief beeindruckt war Petermännchen von der Residenz des
spanischen Königshauses. 3418 Zimmer hat der Palast in Madrid. Stolz erzählte ihm
der spanischeKönig Felipe IV., dass sein Schloss größerals der Buckingham Palast sei.
„Aber Könige haben heutzutage keine Macht mehr. Deshalb wohnen wir auch gar nicht
in diesem großen Schloss. Unser Familienschloss ist viel kleiner.“
Seine größte Hoffnung setzte Petermännchen in das Vereinigte Königreich. Aber auch
die Queen verdeutlichte ihm, dass sie eine Königin ohne Einfluss sei. Wie überall in
Europa wählt auch im Vereinten Königreich das Volk die Politiker. „Aber ich habe
gelesen, dass die Königin von England auch noch über 15 andere Länder herrscht. Du
hast Millionen Untertanen.“ „Ja, aber das ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit.
Es gibt keine Untertanen mehr.“
Petermännchen ging nach seiner Liste weiter vor und besuchte sogar den Papst
Franziskus, das Fürstentum Liechtenstein, König Carl XVI. Gustaf von Schweden,
Harald V. von Norwegen und FürstAlbert II. von Monaco.
Mit der Königin Margrethe II. von Dänemark spielte er abends Karten, aber auch sie
sagte, dass er sich eine neue Aufgabe in der heutigen Zeit suchen sollte.
Mit Trauer erfüllt verließ er das Schloss von Margrethe II.
Als er abends in den Bus einstieg, dachteer über seine Zukunft nach. Auf der Fahrt sah
er einen Beerdigungsmarsch. Plötzlich ploppte es und Petermännchen war schwarz
gekleidet.
Dann fuhr er an einem Plakat vorbei, auf dem stand: „Stopptden Krieg in Syrien!“
Es ploppte wieder und seine Kleidung verfärbte sich rot.
Da dachte der Zwerg bei sich:
„Quid si sic!“
Was wäre, wenn ich die Folgen der Politik voraussage, denn meine Kleidung kann die
Zukunft voraussagen. …
Als Petermännchen in Schwerin ankam, begann er mit seiner neuen Aufgabe.
Er begab zum Landtag und sprachmit Erwin Sellering. Während der Unterredung bot
er an, als Berater für den Landtag zu arbeiten.
Dankend nahm der Ministerpräsident das Angebot an.
So erhielt das Petermännchen nach einer wunderbaren Reise eine neue Aufgabe.
ENDE

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Hagen Montag Wiese

  • 1. Die wunderbare Reise des Petermännchens Till Hannes Hagen Elijah Montag Philipp Wiese Wettbewerbsbeitrag zum Modul 2-2: des Pädagogium Schwerin/Europaschule An einem Februarmorgen im Jahr 2017 hing ein grüner Stofffetzen am Schacht des Schlossinnenhofes unter der Statue des Petermännchens. Das Stück Stoff wuchs und wuchs bis auf die Größe eines Wams, bis das Outfit eines Kobolds zu erkennen war. Zwei Sekunden später klickte es und ein Zwerg war in die Kleidung geschlüpft. Er trug eine Laterne, ein Schwert und das Schlüsselbund für das Schweriner Schloss, das er aus früheren Tagen wie seine eigene Westentasche kannte.
  • 2. Er hatte sich aus der Politik zurückgezogen und Jahrhunderte lang unter dem Schweriner See, direkt neben dem Schloss geschlafen. Sein Schlafplatz war allerdings in den letzten Wochen ausgekühlt und die Sauerstoffversorgung funktionierte nicht mehr. Er war aufgewacht und wollte nachsehen, was in Schwerin geschehen war. Petermännchen stellte fest, dass ein starker Winter die Stadtund ganz Norddeutschland erwischt hatte. Der See war hoffnungslos zugefroren und das Schloss war vor lauter Schneesturm kaum zu erkennen. Petermännchen dachte für sich: „Ich habe schon schlimmere Winter erlebt. Aber das Feuer in den Schlosskaminen scheint ausgegangen zu sein. Die Eisschicht auf dem See hat die Luftschächte, die meinen Schlafplatz versorgen, verstopft. Ich werde mich beim Großherzog melden und meine Hilfe
  • 3. anbieten.“ Der Zwerg wanderte um das Schloss, denn das Petermännchen suchte den Eingang. Überraschend bemerkte es aber, dass sein Schlüsselbund nicht mehr auf die Eingangstür des Schlosses passte. Es verließ das Schlossgelände und bestaunte das Theater und das Staatliche Museum, zwei Gebäude, die er nicht kannte. Überall verdeckte Pulverschnee die Stadt. Die Fahrzeuge am Straßenrand hielt er für vereiste Kutschen. Nur den Tonder Glocken des Schweriner Doms erkannte er. Als ein Fußgänger an ihm vorübergehen wollte, fragte er ihn, was man tun müsse um zum Schlossherren vorzudringen. Der Passant erklärte, dass das Schloss der Sitz des Landtages sei und es keinen Schlossherren mehr gebe. Die Zeit der Monarchie sei
  • 4. vorbei. Petermännchen fragte, was ein Landtag ist. Der Fußgänger erklärte: „Der Landtag ist das Parlament, in dem Politiker verschiedener Parteien Gesetze beschließen.“ „Und wo kommen die Politiker her? Haben Sie den Schlossherren verjagt? Ich möchte sofort den Großherzog sprechen.“ „Beruhigen Sie sich“, erwiderte der Fußgänger und betrachtete das komisch angezogene Männchen verwundert. „Großherzöge gibt es noch, aber sie regieren nicht mehr das Land. Sie arbeiten wie jeder andere Mensch auch und haben keine Sonderrechte. Die Politiker werden von der Bevölkerung gewählt. Aber warum fragen Sie mich nach solchen Selbstverständlichkeiten?“ Das Petermännchen wurde ungeduldig und fragte: „Gibt es denn überhaupt keine Monarchen mehr?“ „Doch“, erklärte der Passant, „in den Niederlanden, in Belgien oder in Spanien. Aber diese Könige regieren nicht mehr das Land. Die Zeiten haben sich geändert.“ „Ich muss sofort eine Liste haben von den Monarchien in Europa“, sagte das Petermännchen. Ich könnte dem König der Niederlande meine Dienste anbieten. Ich kann die Zukunft vorhersagen und allerlei Unheil abwenden. Ich brauche einen König um weiter zu existieren.“ Der Fußgänger schaute das Petermännchen fragend an, fand aber Gefallen an seiner komischen Art. „Ich könnte mit Ihnen in einen Internetshop gehen und dann suche ich Ihnen die entsprechende Liste heraus.“ „Gehen wir in eine Bibliothek?“ „Nein, sie werden schonsehen, verlassen Sie sich auf mich!“ Petermännchens Besuchsliste der Monarchien in Europa 1) Willem-Alexander, König der Niederlande 2) König Philippe, König von Belgien 3) Joan Enric Vives i Sicilia, Bischof und Kofürst von Andorra 4) Henri, Großherzog von Luxemburg 5) Felipe VI., König von Spanien 6) Elizabeth II., Königin des Vereinigten Königreiches 7) Papst Franziskus, Vatinkanstaat 8) Hans-Adam II, Fürst von Liechtenstein 9) Carl XVI. Gustav, König von Schweden 10) Harald V., König von Norwegen 11) Albert II., Fürst von Monaco 12) Margrethe II., König von Dänemark
  • 5. Eine Stunde später hatte Petermännchen die ausgedruckte Liste mit den Monarchien in der Hand. Er hätte sich auch gleich auf den Weg in die Niederlande begeben, wenn er nicht auf einem Plakat am Packhof den Namen „Ludwigslust – Residenz der Großherzöge von Mecklenburg“ gelesen hätte. Vielleicht könnte er dort noch einen Herren für sich finden. Angekommen in Ludwigslust stellte es fest, dass das Schloss unbewohnt war und nur noch als Museum diente. Außerdem war es geschlossen. Es war so bitterkalt, dass selbst der Wasserfall im Brunnen gefroren war. „Ich muss die richtigen Monarchen finden und an einen Ort reisen, der nicht so kalt ist.“ Petermännchen reiste die ganze Nacht und begab sich zu König Willem-Alexander. Der König der Niederlande versicherte ihm verwundert, dass er wirklich keine Hilfe bräuchte. „Ich bin gut im Abwehren von Angreifern“, erklärte Petermännchen. Aber der König sagte ihm, dass auchdie Außenpolitik vom Parlament gemacht wird.“ „Dann versuche ich es eben in Belgien“, sagte das Petermännchen und verschwand. König Philippe von Belgien empfing das Petermännchen, konnte ihm aber auch nicht weiterhelfen. „Wir haben sogar für ganz Europa keinen König oder Kaiser. Wir haben ein Europaparlament. Ich zeige es Ihnen.“
  • 6. Petermännchen war beeindruckt von dem großen Gebäudemit den vielen europäischen Flaggen. „Und hier herrscht kein Fürst?“ „Nein hier gibt es über 700 Abgeordnete, die Gesetz beschließen und beraten.“ „Ich will es trotzdem weiter versuchen“, sagte das Petermännchen beim Abschied. „Viel Glück!“ rief der König ihm nach. Aber auch der Kofürst von Andorra oder der Großfürst Henri von Luxemburg konnten ihm nicht weiterhelfen. Tief beeindruckt war Petermännchen von der Residenz des spanischen Königshauses. 3418 Zimmer hat der Palast in Madrid. Stolz erzählte ihm der spanischeKönig Felipe IV., dass sein Schloss größerals der Buckingham Palast sei. „Aber Könige haben heutzutage keine Macht mehr. Deshalb wohnen wir auch gar nicht in diesem großen Schloss. Unser Familienschloss ist viel kleiner.“ Seine größte Hoffnung setzte Petermännchen in das Vereinigte Königreich. Aber auch die Queen verdeutlichte ihm, dass sie eine Königin ohne Einfluss sei. Wie überall in Europa wählt auch im Vereinten Königreich das Volk die Politiker. „Aber ich habe gelesen, dass die Königin von England auch noch über 15 andere Länder herrscht. Du hast Millionen Untertanen.“ „Ja, aber das ist ein Überbleibsel aus der Vergangenheit. Es gibt keine Untertanen mehr.“ Petermännchen ging nach seiner Liste weiter vor und besuchte sogar den Papst Franziskus, das Fürstentum Liechtenstein, König Carl XVI. Gustaf von Schweden, Harald V. von Norwegen und FürstAlbert II. von Monaco. Mit der Königin Margrethe II. von Dänemark spielte er abends Karten, aber auch sie
  • 7. sagte, dass er sich eine neue Aufgabe in der heutigen Zeit suchen sollte. Mit Trauer erfüllt verließ er das Schloss von Margrethe II. Als er abends in den Bus einstieg, dachteer über seine Zukunft nach. Auf der Fahrt sah er einen Beerdigungsmarsch. Plötzlich ploppte es und Petermännchen war schwarz gekleidet. Dann fuhr er an einem Plakat vorbei, auf dem stand: „Stopptden Krieg in Syrien!“ Es ploppte wieder und seine Kleidung verfärbte sich rot. Da dachte der Zwerg bei sich: „Quid si sic!“ Was wäre, wenn ich die Folgen der Politik voraussage, denn meine Kleidung kann die Zukunft voraussagen. … Als Petermännchen in Schwerin ankam, begann er mit seiner neuen Aufgabe. Er begab zum Landtag und sprachmit Erwin Sellering. Während der Unterredung bot er an, als Berater für den Landtag zu arbeiten. Dankend nahm der Ministerpräsident das Angebot an. So erhielt das Petermännchen nach einer wunderbaren Reise eine neue Aufgabe. ENDE