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Diplom-Finanzwirt (FH)
Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA
1
Zollrecht-Einführung
Zolltarif – Aufbau und Zweck
In den folgenden Seiten wird der Zolltarif – sein Aufbau und Zweck dargestellt.
Der Zolltarif ist ein systematisch aufgebautes Warenverzeichnis, eine sogenannte
Nomenklatur. Alle Waren, die als Handelsgüter im grenzüberschreitenden Verkehr
auftreten können, sind in diesem Zolltarifschema aufgeführt, d.h. jeder Ware ist eine
bestimmte Nummer, sogenannte Codenummer, zugeordnet. Die Basis für eine
reibungslose und einheitliche Abfertigung ist die zutreffende Einreihung der Waren in
den Zolltarif. Die Tarifierung erfolgt im Bereich Einfuhr in Form der Verschlüsselung
der Warenbeschreibung bis zur 11-stelligen Codenummer und für Marktordnungs-
zwecke auch darüber hinaus bzw. im Bereich Ausfuhr bis zur 8-stelligen Waren-
nummer. Jede einzelne Codenummer enthält Zollsätze, den Maßstab für den ent-
stehenden Zollbetrag. Neben der Ermittlung der Zollsätze lassen sich weitere mit der
grenzüberschreitenden Warenbewegung verbundene Rechtsfolgen ableiten, z.B. ob
• Verbote und Beschränkungen zu beachten sind,
• die Ein- bzw. Ausfuhr einer Genehmigung oder Lizenz bedarf,
• gesonderte außenhandelsstatistische Angaben verlangt sind,
• die weitere zollrechtliche Behandlung von der Vorlage zusätzlicher Unterlagen
abhängig ist,
• bestimmte Maßnahmen meldepflichtig sind,
• die Ware Antidupmpingregelungen unterliegt oder
• die Inanspruchnahme eines Kontingents oder einer Zollaussetzung möglich
ist.
Rechtliche Grundlage
Die unmittelbare gemeinschaftliche rechtliche Grundlage des Zolltarifs ist die
Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur
sowie den Gemeinsamen Zolltarif. Mit ihr wurde die Kombinierte Nomenklatur (KN)
verbindlich als Zolltarifschema und Statistiknomenklatur eingeführt (Anhang I der
Verordnung) und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Artikel 12 der Verord-
nung sieht vor, dass die Europäische Kommission zur Gewährleistung der perma-
nenten Aktualität jedes Jahr die vollständige Fassung der KN zusammen mit den
Zollsätzen zu veröffentlichen hat. Diese Veröffentlichung erfolgt in Form einer
Verordnung bis spätestens zum 31. Oktober eines jeden Jahres im Amtsblatt der
Diplom-Finanzwirt (FH)
Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA
2
Europäischen Gemeinschaft und tritt jeweils ab 1. Januar des darauf folgenden
Jahres in Kraft.
Rechtliche Grundlage
Die unmittelbare gemeinschaftliche rechtliche Grundlage des Zolltarifs ist die
Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur
sowie den Gemeinsamen Zolltarif. Mit ihr wurde die Kombinierte Nomenklatur (KN)
verbindlich als Zolltarifschema und Statistiknomenklatur eingeführt (Anhang I der
Verordnung) und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Artikel 12 der Verord-
nung sieht vor, dass die Europäische Kommission zur Gewährleistung der perma-
nenten Aktualität jedes Jahr die vollständige Fassung der KN zusammen mit den
Zollsätzen zu veröffentlichen hat. Diese Veröffentlichung erfolgt in Form einer
Verordnung bis spätestens zum 31. Oktober eines jeden Jahres im Amtsblatt der
Europäischen Gemeinschaft und tritt jeweils ab 1. Januar des darauf folgenden
Jahres in Kraft.
Aufbau der Codenummer
Grundlage der 11-stelligen Codenummer ist das Harmonisierte System (HS), das
durch die Weltzollorganisation (WZO) verwaltet wird und die ersten sechs Stellen
der Codenummer festlegt. Das HS dient der Bezeichnung und Codierung der Waren
mit dem Ziel der weltweit gleichen Einreihung von Waren.
Der sechsstellige HS-Code ist somit weltweit gültig.
Aufbauend auf diesen sechsstelligen Code wird das HS um zwei Stellen durch die
Kombinierte Nomenklatur (KN) der Europäischen Union erweitert (Stelle 7 + 8 der
Codenummer; siehe Anhang I der Verordnung). Bei der Einfuhrabfertigung können
auf der Basis dieser achtstelligen Nummer Zollsätze, Textilkategorien, Verbote und
Beschränkungen oder Einfuhrgenehmigungstatbestände zugeordnet werden.
Der achtstellige HS-Code ist somit EU-weit gültig.
Die neunte und zehnte Stelle (sogenannte TARIC = Integrierter Tarif der Europäi-
schen Gemeinschaft) verschlüsselt gemeinschaftliche Maßnahmen, wie z.B. Anti-
dumpingregelungen, Zollaussetzungen oder Zollkontingente. Zur Erstellung des
TARIC ist die Kommission gemäß Artikel 2 der Verordnung ermächtigt.
Die elfte Stelle der Codenummer wird für nationale Zwecke verwendet und dient
z.B. der Verschlüsselung der Umsatzsteuersätze oder nationaler Verbote und
Beschränkungen. Diese wird jedoch nur in Deutschland und Frankreich verwendet.
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In einer Einfuhranmeldung ist immer die 11-stellige Codenummer, in der Ausfuhran-
meldung lediglich die 8-stellige Warennummer, die auch dem Warenverzeichnis für
die Außenhandelsstatistik entnommen werden kann, anzugeben.
Beispiel anhand eines gebundenen Kinderbuchs
Codenummer Förmliche Gliederung
49 Kapitel – Harmonisiertes System
4901 Position – Harmonisiertes System
4901 99 Unterposition – Harmonisiertes System
4901 9900 Unterposition – Kombinierte Nomenklatur
4901 9900 00 Unterposition – TARIC/gemeinschaftliche Besonderheiten
4901 9900 00 9 Codenummer – Elektronischer Zolltarif/nationale Besonderheiten
Bei bestimmten Waren aus den Bereichen Marktordungsrecht und Verbrauchsteuern
kann die 11-stellige Codenummer für Zwecke der genaueren Bestimmung der Ware
noch durch jeweils 4-stellige Zusatzcodes „erweitert“ werden.
Einreihung von Waren in den Zolltarif
Der Aufbau des Zolltarifs gliedert sich formell nach folgender Systematik
(am Beispiel eines Damenmantels dargestellt):
• Abschnitte
(z.B. Spinnstoffe – Abschnitt XI)
o Kapitel, ggf. auch noch Teilkapitel
(z.B. Bekleidung aus Geweben - Kapitel 62)
Positionen
(z.B. Mäntel für Damen – Position 6202)
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4
Unterpositionen
(z.B. Mäntel für Damen aus Wolle – Unterposition 6202
11)
Codenummer
(z.B. Mäntel für Damen aus Wolle, andere als
handgearbeitete Ponchos und handgearbeitete
Umhänge aus Wolle – Codenummer
6202 1100 90 0)
Die derzeitige Nomenklatur umfasst 21 Abschnitte, 97 Kapitel sowie über 5.000
Unterpositionen.
Eine weitere Form der Gliederung des Zolltarifs ist die sachliche Gliederung nach
dem sogenannten Produktionsprinzip, welches den Weg einer Ware vom „Rohpro-
dukt“ über das „Halberzeugnis“ bis hin zur „Fertigware“ wiedergibt. Dabei steht bei
der Einreihung von Rohstoffen oder Halberzeugnissen eher das stoffliche Kriterium
im Vordergrund, während bei einer mehrmaligen Bearbeitung einer Ware zunehmend
ihr Verwendungszweck an Bedeutung gewinnt, zum Beispiel:
Ware Position
Schweine, lebend 0103
Fleisch von Schweinen, frisch 0203
Fleisch von Schweinen, zubereitet 1602
Leder von Schweinen 4113
Handtasche aus Schweinsleder 4202
Viele Waren können jedoch nur eingereiht werden, wenn sowohl die stoffliche
Beschaffenheit als auch der Verwendungszweck einer Ware berücksichtigt wird.
Die wichtigsten Regeln für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind die
Allgemeinen Vorschriften 1 bis 6 zur Auslegung der KN. Sie sind Bestandteil des
Anhang I der Verordnung und regeln u.a. wie bei unvollständigen bzw. unfertigen
Waren zu verfahren ist. Für die systematische Einreihung einer Ware in die jeweils
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Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA
5
allein zutreffende Position – und letztendlich auch in die zutreffende Codenummer –
sind diese zwingend anzuwenden.
Neben diesen rechtlich verbindlichen Einreihungsregeln existieren noch weitere Ein-
reihungsentscheidungen (Avise zum HS, Einreihungsverordnungen bzw. Einzel-
entscheidungen zur KN, gerichtliche Entscheidungen und nationale Entscheidungen
und Hinweise), die für eine Einreihung herangezogen werden müssen. Als weiteres
Hilfsmittel für die Auslegung stehen umfangreiche Erläuterungen zum Harmonisier-
ten System, zu den Allgemeinen Vorschriften und zur KN zur Verfügung.
Zur eigenständigen Ermittlung der Codenummer und der daraus resultierenden
Abgaben bzw. Ein- oder Ausfuhrbedingungen stehen derzeit der EZT-online und der
TARIC (Integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaft) als Auskunftssysteme
kostenlos über das Internet zur Verfügung.
Quelle:
http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zolltarif/Allgemeines/allgemeines_node.html,
aktualisert 2017, z. T. mit Daten von Weerth, Einheitliche Anwendung des Gemeinsamen
Zolltarifs beim Zugang zum Europäischen Binnenmarkt? Dissertation, Carl von Ossietzky
Universität Oldenburg, Sierke Verlag, Göttingen, 2007.

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  • 1. Diplom-Finanzwirt (FH) Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA 1 Zollrecht-Einführung Zolltarif – Aufbau und Zweck In den folgenden Seiten wird der Zolltarif – sein Aufbau und Zweck dargestellt. Der Zolltarif ist ein systematisch aufgebautes Warenverzeichnis, eine sogenannte Nomenklatur. Alle Waren, die als Handelsgüter im grenzüberschreitenden Verkehr auftreten können, sind in diesem Zolltarifschema aufgeführt, d.h. jeder Ware ist eine bestimmte Nummer, sogenannte Codenummer, zugeordnet. Die Basis für eine reibungslose und einheitliche Abfertigung ist die zutreffende Einreihung der Waren in den Zolltarif. Die Tarifierung erfolgt im Bereich Einfuhr in Form der Verschlüsselung der Warenbeschreibung bis zur 11-stelligen Codenummer und für Marktordnungs- zwecke auch darüber hinaus bzw. im Bereich Ausfuhr bis zur 8-stelligen Waren- nummer. Jede einzelne Codenummer enthält Zollsätze, den Maßstab für den ent- stehenden Zollbetrag. Neben der Ermittlung der Zollsätze lassen sich weitere mit der grenzüberschreitenden Warenbewegung verbundene Rechtsfolgen ableiten, z.B. ob • Verbote und Beschränkungen zu beachten sind, • die Ein- bzw. Ausfuhr einer Genehmigung oder Lizenz bedarf, • gesonderte außenhandelsstatistische Angaben verlangt sind, • die weitere zollrechtliche Behandlung von der Vorlage zusätzlicher Unterlagen abhängig ist, • bestimmte Maßnahmen meldepflichtig sind, • die Ware Antidupmpingregelungen unterliegt oder • die Inanspruchnahme eines Kontingents oder einer Zollaussetzung möglich ist. Rechtliche Grundlage Die unmittelbare gemeinschaftliche rechtliche Grundlage des Zolltarifs ist die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif. Mit ihr wurde die Kombinierte Nomenklatur (KN) verbindlich als Zolltarifschema und Statistiknomenklatur eingeführt (Anhang I der Verordnung) und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Artikel 12 der Verord- nung sieht vor, dass die Europäische Kommission zur Gewährleistung der perma- nenten Aktualität jedes Jahr die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen zu veröffentlichen hat. Diese Veröffentlichung erfolgt in Form einer Verordnung bis spätestens zum 31. Oktober eines jeden Jahres im Amtsblatt der
  • 2. Diplom-Finanzwirt (FH) Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA 2 Europäischen Gemeinschaft und tritt jeweils ab 1. Januar des darauf folgenden Jahres in Kraft. Rechtliche Grundlage Die unmittelbare gemeinschaftliche rechtliche Grundlage des Zolltarifs ist die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif. Mit ihr wurde die Kombinierte Nomenklatur (KN) verbindlich als Zolltarifschema und Statistiknomenklatur eingeführt (Anhang I der Verordnung) und gilt unmittelbar in jedem EU-Mitgliedstaat. Artikel 12 der Verord- nung sieht vor, dass die Europäische Kommission zur Gewährleistung der perma- nenten Aktualität jedes Jahr die vollständige Fassung der KN zusammen mit den Zollsätzen zu veröffentlichen hat. Diese Veröffentlichung erfolgt in Form einer Verordnung bis spätestens zum 31. Oktober eines jeden Jahres im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft und tritt jeweils ab 1. Januar des darauf folgenden Jahres in Kraft. Aufbau der Codenummer Grundlage der 11-stelligen Codenummer ist das Harmonisierte System (HS), das durch die Weltzollorganisation (WZO) verwaltet wird und die ersten sechs Stellen der Codenummer festlegt. Das HS dient der Bezeichnung und Codierung der Waren mit dem Ziel der weltweit gleichen Einreihung von Waren. Der sechsstellige HS-Code ist somit weltweit gültig. Aufbauend auf diesen sechsstelligen Code wird das HS um zwei Stellen durch die Kombinierte Nomenklatur (KN) der Europäischen Union erweitert (Stelle 7 + 8 der Codenummer; siehe Anhang I der Verordnung). Bei der Einfuhrabfertigung können auf der Basis dieser achtstelligen Nummer Zollsätze, Textilkategorien, Verbote und Beschränkungen oder Einfuhrgenehmigungstatbestände zugeordnet werden. Der achtstellige HS-Code ist somit EU-weit gültig. Die neunte und zehnte Stelle (sogenannte TARIC = Integrierter Tarif der Europäi- schen Gemeinschaft) verschlüsselt gemeinschaftliche Maßnahmen, wie z.B. Anti- dumpingregelungen, Zollaussetzungen oder Zollkontingente. Zur Erstellung des TARIC ist die Kommission gemäß Artikel 2 der Verordnung ermächtigt. Die elfte Stelle der Codenummer wird für nationale Zwecke verwendet und dient z.B. der Verschlüsselung der Umsatzsteuersätze oder nationaler Verbote und Beschränkungen. Diese wird jedoch nur in Deutschland und Frankreich verwendet.
  • 3. Diplom-Finanzwirt (FH) Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA 3 In einer Einfuhranmeldung ist immer die 11-stellige Codenummer, in der Ausfuhran- meldung lediglich die 8-stellige Warennummer, die auch dem Warenverzeichnis für die Außenhandelsstatistik entnommen werden kann, anzugeben. Beispiel anhand eines gebundenen Kinderbuchs Codenummer Förmliche Gliederung 49 Kapitel – Harmonisiertes System 4901 Position – Harmonisiertes System 4901 99 Unterposition – Harmonisiertes System 4901 9900 Unterposition – Kombinierte Nomenklatur 4901 9900 00 Unterposition – TARIC/gemeinschaftliche Besonderheiten 4901 9900 00 9 Codenummer – Elektronischer Zolltarif/nationale Besonderheiten Bei bestimmten Waren aus den Bereichen Marktordungsrecht und Verbrauchsteuern kann die 11-stellige Codenummer für Zwecke der genaueren Bestimmung der Ware noch durch jeweils 4-stellige Zusatzcodes „erweitert“ werden. Einreihung von Waren in den Zolltarif Der Aufbau des Zolltarifs gliedert sich formell nach folgender Systematik (am Beispiel eines Damenmantels dargestellt): • Abschnitte (z.B. Spinnstoffe – Abschnitt XI) o Kapitel, ggf. auch noch Teilkapitel (z.B. Bekleidung aus Geweben - Kapitel 62) Positionen (z.B. Mäntel für Damen – Position 6202)
  • 4. Diplom-Finanzwirt (FH) Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA 4 Unterpositionen (z.B. Mäntel für Damen aus Wolle – Unterposition 6202 11) Codenummer (z.B. Mäntel für Damen aus Wolle, andere als handgearbeitete Ponchos und handgearbeitete Umhänge aus Wolle – Codenummer 6202 1100 90 0) Die derzeitige Nomenklatur umfasst 21 Abschnitte, 97 Kapitel sowie über 5.000 Unterpositionen. Eine weitere Form der Gliederung des Zolltarifs ist die sachliche Gliederung nach dem sogenannten Produktionsprinzip, welches den Weg einer Ware vom „Rohpro- dukt“ über das „Halberzeugnis“ bis hin zur „Fertigware“ wiedergibt. Dabei steht bei der Einreihung von Rohstoffen oder Halberzeugnissen eher das stoffliche Kriterium im Vordergrund, während bei einer mehrmaligen Bearbeitung einer Ware zunehmend ihr Verwendungszweck an Bedeutung gewinnt, zum Beispiel: Ware Position Schweine, lebend 0103 Fleisch von Schweinen, frisch 0203 Fleisch von Schweinen, zubereitet 1602 Leder von Schweinen 4113 Handtasche aus Schweinsleder 4202 Viele Waren können jedoch nur eingereiht werden, wenn sowohl die stoffliche Beschaffenheit als auch der Verwendungszweck einer Ware berücksichtigt wird. Die wichtigsten Regeln für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind die Allgemeinen Vorschriften 1 bis 6 zur Auslegung der KN. Sie sind Bestandteil des Anhang I der Verordnung und regeln u.a. wie bei unvollständigen bzw. unfertigen Waren zu verfahren ist. Für die systematische Einreihung einer Ware in die jeweils
  • 5. Diplom-Finanzwirt (FH) Dr. Carsten Weerth BSc LLM MA 5 allein zutreffende Position – und letztendlich auch in die zutreffende Codenummer – sind diese zwingend anzuwenden. Neben diesen rechtlich verbindlichen Einreihungsregeln existieren noch weitere Ein- reihungsentscheidungen (Avise zum HS, Einreihungsverordnungen bzw. Einzel- entscheidungen zur KN, gerichtliche Entscheidungen und nationale Entscheidungen und Hinweise), die für eine Einreihung herangezogen werden müssen. Als weiteres Hilfsmittel für die Auslegung stehen umfangreiche Erläuterungen zum Harmonisier- ten System, zu den Allgemeinen Vorschriften und zur KN zur Verfügung. Zur eigenständigen Ermittlung der Codenummer und der daraus resultierenden Abgaben bzw. Ein- oder Ausfuhrbedingungen stehen derzeit der EZT-online und der TARIC (Integrierter Tarif der Europäischen Gemeinschaft) als Auskunftssysteme kostenlos über das Internet zur Verfügung. Quelle: http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Zoelle/Zolltarif/Allgemeines/allgemeines_node.html, aktualisert 2017, z. T. mit Daten von Weerth, Einheitliche Anwendung des Gemeinsamen Zolltarifs beim Zugang zum Europäischen Binnenmarkt? Dissertation, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Sierke Verlag, Göttingen, 2007.