2. Hildegard von Bingen wurde 1098 in
Bermersheim zwischen Worms und Alzey
geboren; sie war die zehnte Kind der
wohlhabenden Edelfreien Hildebert und
Mechtild.
Sie hatte bereits als Kind Visionen.
Vermutlich auch ohne Rücksprache mit dem
Kind, Ihre Eltern beschlossen das Mädchen als
Zehnten in ein Kloster zu bringen, ohne davon
zu wissen; dafür haben sie die Klause der
Einsiedlerin Jutta von Sponheim neben der
Benediktinerabtei am Disibodenberg gewählt.
Die Vierzehnjährige dort mit der sechs Jahre
älteren Jutta von Sponheim und einer
weiteren jungen Frau wurde am 1. November
1112 eingeschlossen.
3. Die Klause zum Kloster hat sich im Lauf der Zeit
entwickelt.
Als Jutta von Sponheim am 22. Dezember 1136
gestorben ist, wurde Hildegard von den Nonnen zur
Oberin gewählt.
Hildegard hat 1141 eine Stimme gehört, die ihr befohlen
hat: "Schreibe auf, was du siehst und hörst! "
Sie hat aufgewühlt Bernhard von Clairvaux geschrieben
und hat ihm um Rat gebatten.
Hildegard hatte unterstütztung von ihrer Vertrauten
Richardis von Stade und dem Benediktiner Volmar der
Stimme gefolgt und hat ihre Eingebungen angefangen
aufzuschreiben.
Bis zu seinem Tod im Jahr 1173 hat Volmar ihr als
Sekretär bedient.
Ihr Hauptwerk "Liber Scivias Domini" (Wisse die Wege)
hat als Erstes 1141 bis 1151 entstanden; 1147 wurde
Hildegard auf der Synode von Papst Eugen III. die
Genehmigung, ihre Visionen zu veröffentlichen.
4. 1151 wurde Hildegards Vertraute
Richardis von Stade, die Schwester
des Erzbischofs von Bremen, zur
Äbtissin des Klosters Bassum bei
Bremen erkoren.
Hildegard von Bingen hat darum
gekämpft, dass Richardis von Stade
bei ihr bleiben soll und hat nicht
davor zurück geschrecktet, sie der
Simonie zu bezichtigenl; sie musste
jedoch sich am Ende mit dem
Verlust ihrer Freundin abfinden.
5. Hildegard hat gegen den Widerstand
der Benediktinermönche
Disibodenbergs ein eigenes Kloster
auf dem Rupertsberg bei Bingen
gegründet zwischen 1147 und 1150 mit
etwa zwanzig Nonnen.
Sie ließ zur Weihe der neuen
Abteikirsche 1152 das Mysterienspiel
"Ordo Virtutum" (Spiel und Ordnung
der Kräfte) aufführen, das sie während
der Neugründung und des Umzugs
schrieb.
Zwischen 1151 und 1158 hat Hildegard
für den Gebrauch im Kloster
Rupertsberg fast siebzig Lieder
gedichtet und komponiert:
"Symphoniae harmoniae celestium
revelationum".
6. Weil das Benediktinerkloster
Disibodenberg auf das von ihnen
eingebrachte Vermögen nicht
verzichten wollte, es hatte sich gegen
den Weggang der Ordensfrauen
gesträubt.
Der Mainzer Erzbischof, dem Kloster
Rupertsberg unterstellt wurde, zwang
jedoch den Abt zur Zustimmung; nach
zähen Verhandlungen hat sich Äbtissin
Hildegard mit dem Kloster 1158 auf
die Rückgabe zumindest eines Teiles
der von den Frauen eingebrachten
Stiftungen einigt.
7. Hildegard hat 1158-1163 an ihrem zweiten
Hauptwerk, "Liber vitae meritorum" (Buch der
Lebensverdienste), gearbeitet.
Darin shildert Hildegard darin den ewigen
Kampf zwischen Gut und Böse, Tugend und
Laster.
Sie hat dazu parallel natur- und heilkundliche
Schriften verfasstet, das sie unter dem Titel
"Liber subtilitatum diversarum naturarum
creaturarum" (Buch über die Feinheiten der
verschiedenen Naturen der Geschöpfe)
zusammen gefastet. (Im 13. Jahrhundert hat
man das Buch in die Beschreibung von
Arzneien und Naturheilmitteln einerseits und
die von Krankheitsursachen und
Behandlungsmethoden andererseits auf
geteiltet.
8. Hildegard hat in den Sechzigerjahren
nicht nur Kaiser Friedrich in seiner Pfalz
Ingelheim besucht, aber unterhahm
darüber hinaus trotz ihres schlechten
Gesundheitszustandes eine
ausgedehnte Predigtreise nach Mainz,
Würzburg, Bamberg, Trier, Metz, Köln
und in andere Städte.
Sie hat sieben Jahre später u. a. in
Maulbronn und Hirsau gepredigt; das
war unerhört, denn Laien war das
Predigen untersagt, und die
Benediktinerregel hat das Verlassendes
Klosters nur in Ausnahmefällen
erlaubtet.
9. Hildegard hat 1165 in einem aufgegebenen
Augustinerkloster in Eibingen ein zweites
Kloster gegründet, in das sie – anders als
im Kloster Rupertsberg – auch nichtadelige
Novizinnen aufgenommen hat.
Sie ließ sich zweimal pro Woche über den
Rhein rudern und hat in ihrem Filialkloster
nach dem Rechten gesehen.
Sie korrespondierte mit vier Päpsten
(Eugen III., Anastasius IV., Hadrian IV.,
Alexander III.), Kaiser Friedrich Barbarossa,
Bernhard von Clairvaux und vielen anderen.
Mehr als 300 Briefe haben erhaltet
geblieben.
Die Niederschrift von ihren dritten großen
Werkes, "Liber divinorum operum" (Welt
und Mensch) hat 1163 bis 1173 erfolgt.
10. Weil Hildegard 1178 einen
Verstorbenen auf dem Friedhof
des Klosters Rupertsberg bestattet
hat, dem ein kirchliches Begräbnis
in Mainz versagt worden war, und
hat der Bischof mit einem Interdikt
belegt, das allerdings nach einem
Jahr weider aufgehoben war.
Hildegard von Bingen ist am 17.
September 1179 gestorben.
11. So früh wie Lebseiten wurde Hildegard wie eine Heilige
verehrt.
Ein 1228 begonnenes Verfahren zur Heiligsprechung hat
ergebnislos geendet.
Die Kanonisierung hat im 16. Jahrhundert erfolgt; der
Name Hildegard von Bingen steht jedenfalls in der
Erstausgabe des Martyrologium Romanum (Verzeichnis
der offiziell Heiliggesprochenen der römisch-katholischen
Kirche) von 1584.
Darüber hinaus hat sich eine Arbeitsgemeinschaft
Katholischer Frauenverbände beantragtet und –gruppen
ihre Anerkennung als Kirchenlehrerin 1979.
Im Mai 2012 hat Papst Benedikt XVI. Hildegard von Bingen
offiziell in den Heiligenkalender auf genommen; er erhob
sie am 7. Oktober 2012 zur Kirchenlehrerin.
Heute gilt Hildegard von Bingen als Vorbild einer
christlichen Selbstwirklichung; sie steht für eine
ganzheitliche Lehre, für den Einklang von Körper und
Seele, Universum und Individuum.
„Offenbar verbindet man mit Hildegard von Bingen im
allgemeinen so etwas wie Gesundheit und Natürlichkeit,
Natur und Gesundheit inmitten ener naturfernen,
technisierten, profitorientierten Zivilisation.“ (Christine
Büchner: Hildegard von Bingen, Seite 11).
„Auch wer nicht so genau weiß, was sie gemacht hat,
verbindet doch mit ihr, dass sie "ihren eigenen Weg"
gegangen ist. Hildegard hat es vermocht, sich in einer Zeit,
in der Frauen der Zugang zum öffentlichen Leben eher
versperrt war, durchzusetzen und zu gesellschaftlichem
Erfolg und Einfluss zu gelangen.“ (a.a.O., Seite 12).
12. In Folge des Reformations wurde das
Kloster Disibodenberg aufgelöst und
verfiel.
Als die Schweden im Dreißigjährigen
Krieg das Kloster Rupertsberg zerstört
haben, fahnden die Nonnen Zuflucht im
Kloster Eibingen, das 1803 säkularisiert
wurde.
Die Pfarrkirche von Eibingen wurde aus
der Klosterkirche gemacht, wo dort der
Schrein mit den Gebeinen der Hildegard
von Bingen sich befindet hat.
Erst seit 1904 gibt es die Abtei St.
Hildegard oderhalb von Eibingen.