Was eine Herzgruppe laut Definition ist, die Geschichte der Entstehung der ersten Herzgruppen in RLP, die Entwicklung und die Vorgehensweise bei einer Neugründung einer Gruppe sowie die Qualitätsstandards für Herzgruppen und die inhaltliche Umsetzung der Rehabilitationsziele sind Bestandteil dieses Fachvortrags.
1. 1. Struktur (Phasen) der kardiologischen
Rehabilitation in Deutschland
2. Entwicklung, Einrichtung und
Anerkennung der Herzgruppen in RLP
3. Gesetzliche Grundlagen des Rehasports
in Deutschland
4. Rahmenvereinbarungen Rehasport
5. Rechts-, Versicherungs- und
Haftungsfragen
6. Der Landesverband
2. Herzgruppen
in Rheinland-Pfalz
Definition „Herzgruppe“
Die DGPR definiert die Herzgruppe wie folgt*:
„Die Herzgruppe ist eine Gruppe von Patienten mit chronischen Herz-
Kreislaufkrankheiten, die sich auf ärztliche Verordnung unter
Überwachung und Betreuung des anwesenden Herzgruppenarztes* und
einer dafür qualifizierten Fachkraft regelmäßig trifft. Gemeinsam werden
im Rahmen somatisch-funktionaler, psychosozialer und edukativer
Zielstellungen u.a. durch Bewegungs- und Sporttherapie, Erlernen von
Stressmanagementtechniken, Änderungen im Ess- und Genussverhalten
und durch psychosoziale Unterstützung Folgen der Herzkrankheit
kompensiert und nachhaltige Sekundärprävention angestrebt.“
*Hinweis: ständige Anwesenheit des Arztes seit 01.01.2022 nicht mehr verpflichtend!
Quelle: Herzgruppe – Positionspapier der DGPR, Februar 2013
4. Gründungsdaten der ersten Herzgruppen
nach Bundesländern (alphabetisch geordnet)
Baden-Württemberg 1965 Dr. Hartmann, Schorndorf
Bayern 1971 Dr. Pohl v. Elbwehr, München
Berlin West 1964/65 Dr. Weidener
Berlin Ost 1975 Prof. Geißler, Charité
Prof. Weser, Friedrichshain
Dr. Breitkreuz, Lichtenberg
Brandenburg 1972 Dr. Gutschker, Cottbus
Bremen 1975 Dr. Strobe
Hamburg 1971 Dr. Ilker
Hessen 1971 Prof. Anschütz und Dr. Axt, Darmstadt
Mecklenburg-Vorpommern 1964 Dr. Lazarus, Schwerin
Niedersachsen 1974 Prof. Kühns, Northeim
Nordrhein-Westfalen 1970 Dr. Lemmers, Krefeld
Rheinland-Pfalz 1979 Dr. Tamm, Koblenz
Saarland 1978 Prof. Hemmersdorf, Völklingen
Sachsen 1975 Prof. Straube, Zwickau
Sachsen-Anhalt 1968 Dr. Möckel, Dessau und
Dr. Wegener, Dr. Eckhardt, Magdeburg
Schleswig-Holstein 1973 Dr. Grohmann und Dr. Groth, Lübeck
Thüringen 1973 Dr. H. Holtz, Erfurt
Quelle: DGPR
6. 1978: Kontaktaufnahme
mit dem Ministerium
Erste Kontaktaufnahme
zur Gründung von Herzgruppen mit
dem rheinland-pfälzischen Minister
für Soziales, Gesundheit und Sport,
Dr. Georg Gölter, durch Prof. Dr.
Werner Hallauer und Dr. Detlev Tamm
7. „Stapellauf“ im Mai 1979:
Ausgewählte Patienten
der Herzgruppe des
Koblenzer Ruderclub
Rhenania mit „Kapitän“,
HG-Arzt Dr. Detlev Tamm
und „Steuerfrau“, ÜL
Renate Lantin.
aus: Rudersport 6/1980
1979: Erste Herzgruppen
im Übungsbetrieb
8. Anerkannte Herzgruppen
in Rheinland-Pfalz
Rheinland-Pfalz heute:
325 anerkannte Herzgruppen an
122 Standorten (31.12.2022), das
entspricht 7,8 HG pro 100.000 EW
oder 1 HG pro ~ 12.797 EW
(RLP war 2002 das erste Bundesland
mit einem flächendeckend
zertifiziertem Herzgruppenangebot)
Quelle: Landesverband / Grafik: P. Ritter
9. Entwicklung der Herzgruppen
in Rheinland-Pfalz 1979 - 2022
1979 1985 1993 2000 2003 2006 2009 2011 2013 2015 2016 2019 2022
Standorte 3 55 95 124 125 130 134 133 129 130 131 131 122
Gruppen 3 91 189 318 337 315 321 317 332 330 325 325 325
Ärzte 11 191 424 623 607 611 598 563 459 490 488 441 463
Übungsleiter 0 190 217 291 313 337 320 328 320 327 325 318 291
0
100
200
300
400
500
600
700
Auch in RLP Rückgang/Stagnation der Herzgruppen seit 2003 –
aber: mit 12 „eigenfinanzierten“ Nachfolgegruppen heute 337 Gruppen gesamt
1 HG pro 12.797 EW oder 7,8 HG pro 100.000 EW
1979 Gründung der „Landesarbeitsgemeinschaft für Herzinfarktgeschädigte im Landessportbund“
1988 Gründung des eigenständigen „Landesverbandes für kardiologische Prävention und Rehabilitation Rheinland-Pfalz e.V.“
1993 Umbenennung in „Landesverband für Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauferkrankungen Rheinland-Pfalz e.V.“
10. Neugründung
• Bedarfsermittlung (eine HG pro ca. 12.000 Einwohner)
• Angliederung von Herzgruppen i.d.R. an Turn- und
Sportvereine, nach Möglichkeit nicht Monovereine
• Besondere Anforderungen an Übungsstätten.
Rettungsdienst muss über Telefon oder Mobilfunk direkt zu
erreichen sein. Gute Anfahrts- sowie Transportwege zum
nächstgelegenen Krankenhaus.
• Fachliche Betreuung der Vereine durch Landesverband,
beginnend beim Beratungsgespräch zur Gründung einer
Herzgruppe über die erstmalige formale Anerkennung.
• Grundlage für fortlaufende Anerkennung ist die Abgabe der
jährlichen Bestandserhebung an den Landesverband mit
Verpflichtung zur Einhaltung der gesetzlichen bzw.
vertraglichen Bestimmungen.
• Dringende Empfehlung, am QS-Programm des
Landesverbandes teilzunehmen, sonst keine Aufnahme in
das Verzeichnis der zertifizierten Herzgruppen
12. Fortlaufende Anerkennung
Der Landesverband ist verpflichtet,
den Kostenträgern vierteljährlich (!)
das Herzgruppen-Verzeichnis der vom
LV anerkannten Herzgruppen zu
übersenden.
13. Anerkannte Qualitätsstandards
für Herzgruppen
* Gesetzlich vorgeschriebene, bzw. vertraglich vereinbarte Qualitätsstandards
1. Anwesenheit betreuender Arzt oder Rettungsfachkraft oder Notfallbereitschaft Arzt oder Rettungsfachkraft *
2. Übungsleiter mit Qualifikation „Sport in Herzgruppen“ *
3. Vollständige und einsatzfähige Notfallausrüstung *
4. Notfalltelefon *
5. Erreichbarkeit der Gruppe durch den Rettungsdienst *
6. Dokumentierung von Erst- und Kontrolluntersuchungen*
7. Einbeziehung notwendiger ärztlicher Vorbefunde bei der Erstuntersuchung durch den Gruppenarzt in
Abstimmung mit dem Übungsleiter *
8. Berücksichtigung der Indikationen, bzw. Kontraindikationen *
9. Differenzierung nach Belastbarkeit *
10. Geeignete Räumlichkeiten: Sportstätte (Größe, Außenanlage, Ausstattung etc.), Gruppenraum
11. Regelmäßigkeit (mind. 1x pro Woche für insges. 90 Min., mind. 45 Übungseinheiten pro Jahr)
12. Erstellung eines Übungs- und Trainingsprogramms
13. Ergänzende Umfassende Nachsorge (Vorträge, Diätberatung, Entspannungsübungen, Gruppengespräche durch
entsprechende Fachkräfte) *
14. Fortbildung der betreuenden Ärzte und Übungsleiter
15. Gewährleistung der Verwaltungsarbeiten (Abrechnung, Informationsstruktur, Teilnehmerbetreuung etc.)
16. Beachtung des Datenschutzes (SGB X, 2. Kap. §§ 67 ff, BDSG, StGB)
17. Anerkennung durch die zuständige Dachorganisation
18. Meldepflicht/Auskunftserteilung gegenüber der verantw. Dachorganisation (z.B. Statistiken und
Qualitätskontrollen) *
19. Notfallübungen in Herzgruppen für Patienten und Angehörige
14. Inhaltliche Umsetzung
der Rehabilitationsziele
Für die Herzgruppen werden aus dem Zielkatalog
5 Inhaltsbereiche abgeleitet:
• Bewegungs- und Sporttherapie
• Ernährung, Ess- und Genussverhalten
• Stressbewältigung und Entspannung
• Krankheitsbewältigung
• Alltag, Freizeit und Lebensstil
Quelle: Herzgruppe – Positionspapier der DGPR, Februar 2013