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NZS 2007 Heft 5 243
Arbeitsunfälle bei der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer - Unbekannte Risiken
Von Wiss. Mitarbeiter Marco Jerczynski und Wiss. Mitarbeiter André Zimmermann, Münster*
I. Einleitung
Bei der Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich um eine der wenigen Wachstumsbranchen in Deutsch-
land. Im Jahr 2005 konnten die mehr als 15000 inländischen Zeitarbeitsunternehmen Umsatzsteigerungen
von bis zu 20% verbuchen1
. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Unternehmer mit Sitz im Ausland, die Arbeit-
nehmer nach Deutschland überlassen, stetig zu2
. Unter ihnen sind Verleiher aus Großbritannien3
und den
Niederlanden4
stark vertreten. Auch an Unternehmen mit Sitz in den sog. MOE-Staaten wurden erste Ver-
leiherlaubnisse erteilt5
.
Als Kehrseite einer flexiblen und günstigen Arbeitnehmerquelle für vorübergehenden Personalbedarf bringt
der Einsatz von Leiharbeitnehmern ein erhöhtes Risiko von Arbeitsunfällen mit sich6
. Gründe dafür ergeben
sich zum einen daraus, dass mit jedem Arbeitsplatzwechsel eines Leiharbeitnehmers Veränderungen der
Arbeitsabläufe und der Arbeitsanforderungen einhergehen. Zum anderen werden Leiharbeitnehmer immer
noch vorwiegend für einfache körperliche Tätigkeiten herangezogen, die naturgemäß risikoträchtig sind7
.
Speziell bei der grenzüberschreitenden Überlassung treten oftmals Verständigungsschwierigkeiten auf
Grund mangelnder Sprachkenntnisse hinzu.
Die Haftung für Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer
wirft gegenüber rein inländischen Sachverhalten besondere Schwierigkeiten auf. Neben der Frage nach
dem Zusammenspiel der berührten Rechtsordnungen, denen die Haftungsansprüche unterstehen (unter
III.), stellt sich das Problem, welcher Unfallversicherungsträger - der deutsche oder der ausländische - für
Schäden aufzukommen hat und ob dem Schädiger etwaige Haftungsbeschränkungen zu Gute kommen
(unter IV., V.).
Aus Sicht eines deutschen Entleihers, der ausländische Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb beschäftigen
möchte, ist von besonderer Bedeutung, ob für ihn und seine (Stamm-)Arbeitnehmer im Falle der Schädi-
gung eines ausländischen Leiharbeitnehmers die deutschen Haftungsbegrenzungen gem. §§ 104f. SGB VII
eingreifen oder ausländische Haftungssysteme zur Anwendung gelangen.
II. Überblick über die nationalen Regelungen
1. Im Arbeitsrecht gelten grundsätzlich die allgemeinen Haftungstatbestände. Für vertragliche Pflichtverlet-
zungen gelten die §§ 611ff. i.V.m. §§ 280ff. BGB, für die außervertragliche Haftung §§ 823ff. BGB. Zwar
bestehen zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher keine vertraglichen Beziehungen; diese bestehen aus-
schließlich zwischen Verleiher und Entleiher bzw. Leiharbeitnehmer. Dennoch sind bei Pflichtverletzungen
im Verhältnis Leiharbeitnehmer - Entleiher §§ 280ff. BGB einschlägig, da es sich beim Arbeitsvertrag zwi-
schen Leiharbeitnehmer und Verleiher um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter i.S.d. §§ 328ff. BGB
handelt8
. Dem Entleiher steht daraus ein eigener Leistungsanspruch gegen den Leiharbeitnehmer zu9
. Ver-
letzungen des Leistungsanspruchs aus diesem vertragsähnlichen Verhältnis können vertragliche Sekundär-
ansprüche auslösen10
.
2. Eine Besonderheit besteht im Arbeitsrecht aber insoweit, dass bei einem Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) zu
Gunsten des schädigenden Arbeitgebers bzw. Arbeitnehmers regelmäßig eine Haftungsbeschränkung für
Personenschäden nach §§ 104f. SGB VII eingreift. Nach diesen Vorschriften haften Arbeitgeber und Kolle-
gen dem geschädigten Arbeitnehmer u.a. nur, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt
haben11
. An die Stelle der zivilrechtlichen Haftungsansprüche gegen den Schädiger, treten öffentlich-
rechtliche Leistungsansprüche gegen den Träger der Unfallversicherung (§§ 26ff. SGB VII). Sinn und
Zweck des Ausschlusses der zivilrechtlichen Ansprüche ist die Wahrung des Betriebsfriedens durch die
Verhinderung von Ersatzstreitigkeiten unter Betriebsangehörigen12
. Gleichzeitig dient die Befreiung des
Unternehmers von der Haftung der Kompensation seiner alleinigen Beitragspflicht (§ 150 I SGB VII) und
sichert dem Geschädigten einen leistungsfähigen Ersatzpflichtigen13
.
Aus der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers folgt, dass nicht nur gegenüber
dem Verleiher als Arbeitgeber sondern auch im Verhältnis Entleiher - Leiharbeitnehmer die Haftungsprivile-
gierung aus § 104 I SGB VII zu Gunsten des Entleihers Anwendung findet14
. Aus der Eingliederung folgt
aber auch, dass es sich bei Personenschäden der Kollegen (§ 105 I SGB VII) und des Entleihers (§ 105 II
SGB VII) um einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs i.S.d. § 105 SGB VII handelt, so
dass die Haftungsbeschränkung ebenso den Leiharbeitnehmer erfasst15
.
III. Kollisionsnormen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts bei der grenzüberschreitenden lega-
len Arbeitnehmerüberlassung
Bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland wird ein Arbeitnehmer von einem
Verleiher mit Sitz im Ausland an einen deutschen Entleiher überlassen16
. Da hier eine Verbindung zu meh-
reren Rechtsordnungen besteht, stellt sich vor der Anwendung der Sachnormen, insbesondere der §§ 104f.
SGB VII, die Frage nach der einschlägigen Rechtsordnung.
1. Das Arbeitsvertragsstatut betrifft das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers zum Verleiher. Einschlägi-
ge Kollisionsnormen dazu sind die Art. 27ff. EGBGB. Hiernach können die Vertragsparteien die auf den
1
Arbeitsvertrag anzuwendende Rechtsordnung grundsätzlich frei wählen (Art. 27 EGBGB). Auf Grund der
Vertrautheit mit der eigenen Rechtsordnung wird eine Rechtswahl in der Regel zur Anwendbarkeit des
Heimatrechts von Verleiher und Leiharbeitnehmer führen.
Soweit keine Rechtswahl getroffen wurde, ergibt sich das anzuwendende Recht aus der objektiven Anknüp-
fung nach Art. 30 II EGBGB. Hiernach ist grundsätzlich die Rechtsordnung des Staates berufen, in dem der
Leiharbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat
entsandt wird (Art. 30 II Nr. 1 EGBGB). Der Ort des gewöhnlichen Arbeitseinsatzes ist die Arbeitsstätte, in
welcher der Arbeitnehmer üblicherweise und im Wesentlichen seine geschuldete Arbeitsleistung erbringt17
.
Wird ein Leiharbeitnehmer also über längere Zeit an Entleiher im selben Staat überlassen, führt das dazu,
dass er dort gewöhnlich seine Arbeit verrichtet18
. Dann beruft die objektive Anknüpfung das Recht des Staa-
tes des Einsatzortes, hier also deutsches Recht. Wird der Leiharbeitnehmer dagegen regelmäßig an ver-
schiedene Entleiher in verschiedenen Staaten überlassen und verrichtet er somit seine Arbeit nicht gewöhn-
lich in ein und demselben Staat, ist gem. Art. 30 II Nr. 2 EGBGB das Recht des Staates berufen, in dem
sich die Niederlassung seines Arbeitgebers befindet. Dies führte dann zur Anwendung der ausländischen
Heimatrechtsordnung. Soweit keine dauerhafte Überlassung in denselben Staat gegeben ist, wird daher
auch die objektive Anknüpfung zur Anwendbarkeit des Heimatrechts von Verleiher und Leiharbeitnehmer
führen19
.
2. Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer besteht kein unmittelbares Vertragsverhältnis20
. Dies lässt Art.
27ff. EGBGB auf den ersten Blick unanwendbar erscheinen, sprechen sie doch von vertraglichen Bezie-
hungen. Gleichwohl liegt zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ein vertragsähnliches Verhältnis vor21
,
was eine Anwendbarkeit der Art. 27ff. EGBGB nahe legt. Eine Rechtswahl wird in der Regel nicht vorliegen.
Art. 30 II EGBGB erfasst nach seinem Wortlaut neben Arbeitsverträgen auch Arbeitsverhältnisse. Auf Grund
seines kollisionsrechtlichen Charakters und hohen Abstraktionsgrades ist der Begriff autonom und weit
auszulegen22
. Es kommt darauf an, ob die Beziehung der Beteiligten zueinander arbeitsrechtlich geprägt ist.
Erfasst werden somit sämtliche Formen von Arbeitsbeziehungen23
. So fallen auch Arbeitsverhältnisse ohne
vertragliche Grundlage in den Anwendungsbereich der Bestimmung24
. Der Entleiher übt gegenüber dem
Leiharbeitnehmer das arbeitsrechtliche Weisungsrecht aus. Darüber hinaus bestehen gegenüber dem Leih-
arbeitnehmer dieselben Neben- und Schutzpflichten wie gegenüber vertraglich gebundenen Stammarbeit-
nehmern. Daher ist von einer arbeitsrechtlich geprägten Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitneh-
mer auszugehen, welche als Arbeitsverhältnis i.S.d. Art. 30 II EGBGB zu qualifizieren ist25
. Dies führt zu
einem Gleichlauf mit dem Arbeitsvertragsstatut.
3. Ansprüche aus unerlaubter Handlung unterliegen primär dem Recht des Staates, in dem der Schädiger
gehandelt hat, Art. 40 I 1 EGBGB (Tatortprinzip). Bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung ins
Inland wären nach dieser Vorschrift bei Arbeitsunfällen in deutschen Entleiherbetrieben somit §§ 823ff. BGB
anwendbar. Eine Sonderanknüpfung ist allerdings gem. Art. 41 I, II Nr. 1 EGBGB zu beachten, wenn sich
eine wesentlich engere Beziehung zur Rechtsordnung eines anderen Staates aus dem Zusammenhang mit
einem Schuldverhältnis ergibt. Der Zusammenhang ist gegeben, wenn das schädigende Ereignis auf einer
Pflichtverletzung aus der Sonderbeziehung beruht26
. Greift die Ausnahme, unterstellt diese akzessorische
Anknüpfung das Deliktsrecht der für das Rechtsverhältnis einschlägigen Rechtsordnung. Ansprüche aus
unerlaubter Handlung, die aus der Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten beim Einsatz des Leiharbeitneh-
mers im Entleiherbetrieb resultieren, richten sich also nach der Rechtsordnung, die für das Statut des Ver-
hältnisses Entleiher - Leiharbeitnehmer einschlägig ist. Alle Ansprüche aus deren Rechtsbeziehung unter-
stehen demnach derselben Rechtsordnung.
4. a) Nationale Kollisionsnormen zur Bestimmung des Sozialrechtsstatuts enthalten die §§ 3-6 SGB IV.
Diese Kollisionsvorschriften knüpfen grundsätzlich an den Beschäftigungsort an, § 3 Nr. 1 SGB IV. Danach
sind die Normen des SGB anwendbar, wenn die Person im Geltungsbereich des Gesetzes beschäftigt ist.
Nach der Grundregel des § 3 Nr. 1 SGB IV würden also beim Einsatz ausländischer Leiharbeitnehmer in
einem deutschen Entleiherbetrieb die deutschen sozialrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen.
Eine Ausnahme bildet § 5 I SGB IV. Diese einseitige Kollisionsnorm erklärt die deutschen Sozialrechtsvor-
schriften für unanwendbar, wenn ausländische Arbeitnehmer zeitlich begrenzt nach Deutschland entsandt
werden. Unausgesprochen verweist § 5 I SGB IV in diesen Fällen auf das Sozialrechtsstatut der Heimat-
rechtsordnung des entsandten Arbeitnehmers27
.
b) Die nationalen Regelungen werden jedoch nach allgemeinen Grundsätzen durch Gemeinschaftsrecht
überlagert28
. Klarstellend kommt dies in § 6 SGB IV zum Ausdruck. Innerhalb ihres Geltungsbereiches ist
demnach die VO (EWG) Nr. 1408/7129
vorrangig vor §§ 3-6 SGB IV anzuwenden. Auch sie stellt in ihrem
kollisionsrechtlichen Teil (Art. 13-17) grundsätzlich auf den Beschäftigungsort des Arbeitnehmers ab, Art. 13
II lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71. Parallel zum deutschen § 5 SGB IV findet sich eine Sonderregelung zu der
Regelanknüpfung in Art. 14 VO (EWG) Nr. 1408/71. Nach Art. 14 I Nr. 1 lit. a) unterliegt ein Arbeitnehmer,
der in einem Mitgliedstaat gewöhnlich beschäftigt wird, weiterhin den Sozialrechtsvorschriften dieses Mit-
gliedstaates, wenn er von seinem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat für grundsätzlich höchstens 12
Monate30
entsandt wird. Der ausländische Leiharbeitnehmer stünde demnach auch bei einem Einsatz in
einem deutschen Entleihunternehmen weiterhin unter dem Sozialversicherungsschutz seines Heimatstaa-
tes. Insbesondere Ansprüche auf Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sind vom sachli-
chen Anwendungsbereich der Verordnung erfasst, Art. 4 I lit. e) VO (EWG) Nr. 1408/7131
.
2
c) Ob die grenzüberschreitende Überlassung eines Leiharbeitnehmers die Voraussetzungen des Art. 14 I
Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 erfüllt, ist nicht unproblematisch. Erforderlich ist nach dem Wortlaut der
Norm das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Arbeitgeber im Entsendestaat während
der Entsendung ins Ausland. Dies kann nur bei einer hinreichend engen arbeitsrechtlichen Bindung ange-
nommen werden32
. Stellt man auf den Schwerpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung ab, könnte auf
Grund der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Entleiherbetrieb zugleich dort der Schwerpunkt der
Tätigkeit zu sehen sein33
. Die Eingliederung ist jedoch nur ein Abgrenzungskriterium von mehreren.
Daneben sind weitere Merkmale wie etwa die Kündigungsmöglichkeit und Entlohnung des Leiharbeitneh-
mers heranzuziehen, die eine Abhängigkeit zum Verleiher und damit eine hinreichende arbeitsrechtliche
Bindung zu ihm auch während der Entsendezeit begründen34
.
Daneben sind an die Tätigkeit des Verleihers gewisse Anforderungen zu stellen. Von einer Entsendung
i.S.d. VO (EWG) Nr. 1408/71 kann nur gesprochen werden, wenn der Verleiher selbst dem Sozialversiche-
rungsrecht seines Sitzstaates zugeordnet werden kann. Dies ist aber nur dann anzunehmen, wenn er im
Entsendestaat selbst eine Betriebsstätte unterhält und von dort aus eine nennenswerte Geschäftstätigkeit
ausübt35
. Ließe man geringere Anforderungen, z.B. eine reine Verwaltungstätigkeit, genügen, würden Miss-
brauchsmöglichkeiten eröffnet36
. Ein Verleiher könnte seinen Betriebssitz in den Staat verlegen, in dem er
die geringsten Sozialabgaben zu leisten hätte und von dort aus seine Tätigkeit im Zielland ausüben37
. Diese
Problematik hat auch der europäische Gesetzgeber erkannt, wenn er nun in Art. 12 I der VO (EG) Nr.
883/200438
, welche in näherer Zukunft die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ablösen wird39
, eine gewöhnliche
Tätigkeit des Verleihers im Entsendestaat voraussetzt.
Erfüllen Leiharbeitnehmer und Verleiher die obigen Voraussetzungen, untersteht der entsandte Leiharbeit-
nehmer weiterhin den Sozialrechtsvorschriften seines Heimatstaates.
IV. Folgen für die legale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung
Bei den Folgen für die legale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung ist nach den verschiedenen
Schädigungssachverhalten zu unterscheiden. Praktisch häufigster Fall dürfte die Schädigung des ausländi-
schen Leiharbeitnehmers sein40
. Daneben kann aber auch ein deutscher (Stamm-)Arbeitnehmer des Entlei-
hers durch eine Pflichtverletzung des ausländischen Leiharbeitnehmers zu Schaden kommen.
1. Schädigung des ausländischen Leiharbeitnehmers im deutschen Entleiherbetrieb
Die Ursache des Personenschadens des Leiharbeitnehmers kann zum einen auf einer Pflichtverletzung des
Entleihers - etwa durch mangelhafte Einführung in die Arbeitsabläufe oder durch defekte oder nicht gesi-
cherte Arbeitsgeräte -, zum anderen auf der Unachtsamkeit von Arbeitskollegen
beruhen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen.
a) Schädigung durch den Entleiher
aa) Pflichtverletzungen des Entleihers können Schadensersatzansprüche wegen Personenschäden des
Leiharbeitnehmers auslösen. Daneben findet der Schadensausgleich in der Regel auf einer zweiten Ebene,
durch den bestehenden gesetzlichen Unfallversicherungsschutz statt. Unklar ist jedoch, wie die Haftungs-
systeme bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung zusammenspielen und ob die deutsche
Haftungsprivilegierung aus § 104 SGB VII zu Gunsten des deutschen Entleihers greift.
bb) Das Statut der Rechtsbeziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer folgt dem Arbeitsvertragssta-
tut41
. Daraus folgt, dass die deutschen vertraglichen Haftungsvorschriften in der Regel nicht zur Anwendung
gelangen, da das Arbeitsvertragsstatut dem ausländischen Heimatrecht von Verleiher und Leiharbeitneh-
mer untersteht. Vertragliche Ansprüche können sich daher nur aus dieser Rechtsordnung ergeben. Ebenso
verhält es sich mit den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Durch Art. 41 EGBGB wird die Regelan-
knüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort verdrängt42
. Folglich gelangen auch §§ 823ff. BGB nicht zur
Anwendung. Zivilrechtliche Ansprüche des geschädigten Leiharbeitnehmers gegen den Entleiher unterlie-
gen mithin insgesamt der ausländischen Heimatrechtsordnung von Verleiher und Leiharbeitnehmer.
cc) Das Sozialrechtsstatut wird unabhängig von der kollisionsrechtlichen Behandlung der zivilrechtlichen
Ansprüche bestimmt. Sind die Voraussetzungen einer vorübergehenden Entsendung des Arbeitnehmers in
einen anderen Mitgliedstaat erfüllt, untersteht er gem. Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 weiterhin
der sozialrechtlichen Absicherung seiner Heimatrechtsordnung. Es besteht somit kein Schutz in der deut-
schen Unfallversicherung43
. Deutsche Unfallversicherungsträger müssen also im Falle der Schädigung ei-
nes ausländischen Leiharbeitnehmers in einem deutschen Entleiherbetrieb nicht für den Ausgleich seines
Personenschadens aufkommen. Dafür ist der ausländische Unfallversicherungsträger zuständig. Dieser
kann dann möglicherweise Regress beim deutschen Entleiher nehmen. Vor diesem Hintergrund und vor
dem Hintergrund der zivilrechtlichen Ansprüche des Leiharbeitnehmers stellt sich die Frage, ob sich der
deutsche Entleiher auf die Haftungsbeschränkung aus § 104 SGB VII berufen kann.
dd) Wie bereits ausgeführt, dient die Befreiung des Unternehmers von der Haftung der Kompensation sei-
ner alleinigen Beitragspflicht44
. Sie stellt einen Reflex des Versicherungsschutzes dar, den der Unternehmer
für sich und seine Mitarbeiter durch die Beitragszahlungen erwirbt45
. Für den ausländischen Leiharbeitneh-
mer leistet der deutsche Entleiher keine Beitragszahlungen, da dieser nicht dem deutschen Sozialversiche-
rungsrecht untersteht. Daher fehlt es an der zwingenden Verknüpfung von Zahlungspflicht und Haftungspri-
vilegierung. Da zivilrechtlicher Haftungsausschluss und öffentlich-rechtliche Leistungsansprüche aber in
3
einem untrennbaren Verhältnis zueinander stehen46
, verfehlte eine Anwendung der Vorschriften ihren Sinn
und Zweck.
Kollisionsrechtlich findet sich in Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 eine Sonderanknüpfung für die Haftungs-
befreiung. Danach sind auf eine Haftungsbefreiung die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden,
welcher Leistungen für einen Schaden gewährt, der infolge eines Ereignisses im Gebiet eines anderen Mit-
gliedstaats eingetreten ist. Dazu verweist Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 auf das Recht des
Entsendestaats des Leiharbeitnehmers. Das heißt: Kommt ein ausländischer Leiharbeitnehmer in einem
deutschen Betrieb zu Schaden, erwirbt er - neben den zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Entleiher -
Ansprüche gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger seines Heimatstaates. Parallel dazu kann sich
eine Haftungsbeschränkung gem. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 zu Gunsten des deutschen Entleihers
auch nur aus dem Recht dieses Staates ergeben47
.
Hier zeigt sich das eingangs aufgezeigte Problem: Ob und in welchem Umfang die ausländischen Sozial-
versicherungsvorschriften Haftungsbeschränkungen zu seiner Privilegierung enthalten, ist für den Entleiher
nur mit großem Aufwand in Erfahrung zu bringen. Aber auch wenn die berufene Rechtsordnung Haftungs-
beschränkungen enthält, kann daraus nicht geschlossen werden, dass diese zu Gunsten des deutschen
Entleihers zwingend eingreifen. Das folgt erst aus der Auslegung und Subsumtion des ausländischen Sach-
rechts. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 ist lediglich kollisionsrechtlicher Natur und erklärt die ausländische
Sachnorm für anwendbar48
. Über die Erfüllung ihrer Voraussetzungen, insbesondere ihres persönlichen und
sachlichen Anwendungsbereichs, sagt die Regelung nichts aus. Sollten die Vorschriften der ausländischen
Haftungsprivilegierung vergleichbar dem Sinn und Zweck der deutschen Regelungen - Kompensation der
Beitragszahlungspflicht - ausgestaltet sein, könnten sie einen „ausländischen“ (also deutschen) Entleiher
aus ihrem Anwendungsbereich ausschließen. Dann käme dem deutschen Entleiher keinerlei Haftungsprivi-
legierung zu Gute. Darüber hinaus bestimmt Art. 93 I i.V.m. Art. 93 II a.E. VO (EWG) Nr. 1408/71, dass ein
Regressanspruch des leistenden Sozialversicherungsträgers aus ausländischem Recht gegen den Schädi-
ger unabhängig eines etwaigen Haftungsausschlusses besteht.
Dies verdeutlicht die unsichere rechtliche Lage, in die sich der Entleiher im Falle des Einsatzes ausländi-
scher Leiharbeitnehmer begibt. Für ihn bedeutet die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer ein unüberschau-
bares Haftungsrisiko durch die möglicherweise unbegrenzte zivilrechtliche Entschädigungspflicht bei Perso-
nenschäden. Selbst wenn der ausländische Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher keine Ansprüche gel-
tend machen sollte sondern einen Ausgleich von seinem Unfallversicherungsträger erhält, besteht das Risi-
ko für den deutschen Entleiher fort. Einem Regressanspruch des ausländischen Unfallversicherungsträgers
ist er auch weiterhin - unabhängig von einer eingreifenden Haftungsprivilegierung - ausgesetzt.
ee) Diese Ausgestaltung des gesetzlichen Haftungssystems lässt die grenzüberschreitende Arbeitnehmer-
überlassung aus Sicht eines deutschen Entleihers als wirtschaftlich unattraktiv erscheinen. Kein Unterneh-
mer wird in einer Wirtschaftsbranche tätig und bedient sich wirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten, wenn
er das Haftungsrisiko dieser Maßnahmen nicht überschauen und einkalkulieren kann. Ob eine Inanspruch-
nahme durch den ausländischen Leiharbeitnehmer vom Deckungsumfang der Betriebshaftpflichtversiche-
rung umfasst wird, ist eine Frage der einzelvertraglichen Ausgestaltung des Versicherungsschutzes49
. Um
grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung dennoch als wirtschaftlich interessantes Mittel nutzbar zu
machen, ist es Aufgabe des einzelnen Unternehmers, präventive Maßnahmen zur Begrenzung seines Haf-
tungsrisikos zu treffen. Vorab sind somit umfangreiche Informationen über die rechtliche Ausgestaltung des
ausländischen Haftungssystems im Falle von Arbeitsunfällen einzuholen. Insbesondere spielt dabei die
Frage nach einer Haftungsbegrenzung des Unternehmers eine Rolle50
. Daneben ist an eine zusätzliche
Betriebshaftpflicht- oder Unfallversicherung zu denken, um etwaige Haftungsansprüche ausländischer Ar-
beitnehmer oder Regressforderungen abzusichern51
. Hierdurch kann das wirtschaftliche Risiko auf eine
hinnehmbare Größe reduziert werden.
b) Schädigung durch einen Arbeitskollegen
Darüber hinaus kann der ausländische Leiharbeitnehmer durch Pflichtverletzungen von Arbeitskollegen,
z.B. durch unachtsamen Umgang mit gefährlichem Arbeitsgerät, zu Schaden kommen. Hier stellt sich e-
benso die Frage nach der Haftung des schädigenden Arbeitnehmers.
aa) Die zivilrechtliche Haftung der Arbeitnehmer untereinander ist - mangels vertraglicher Beziehungen
zueinander - lediglich dem Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse, insbesondere dem Recht der
unerlaubten Handlungen, zu entnehmen. Einschlägige Kollisionsnormen sind daher Art. 40f. EGBGB. Die
Regelanknüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort nach Art. 40 I EGBGB führt bei einer Schädigung des
ausländischen Leiharbeitnehmers im deutschen Entleiherbetrieb zur Anwendung der deutschen Rechtsord-
nung. Seine Ersatzansprüche richten sich somit nach den §§ 823ff. BGB.
bb) An den Ansprüchen des geschädigten Leiharbeitnehmers gegen den zuständigen Unfallversicherungs-
träger ändert sich dagegen nichts. Sind die Voraussetzungen des Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr.
1408/71 erfüllt, bleibt es beim sozialrechtlichen Schutz seines Heimatstaates52
.
cc) Wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist, ob sich der deutsche Arbeitnehmer auf die Haftungspri-
vilegierung des § 105 I SGB VII berufen kann. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 beruft jedoch hinsichtlich
einer Haftungsbefreiung die Rechtsvorschriften desjenigen Staates, welcher Leistungen für einen Schaden
gewährt, der infolge eines Ereignisses im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eingetreten ist. Dies führte
lediglich zu etwaigen Haftungsprivilegierungen aus der einschlägigen ausländischen Rechtsordnung53
.
4
Könnten die §§ 104f. SGB VII dagegen deliktsrechtlich qualifiziert werden, wären sie vom sachlichen An-
wendungsbereich der sozialrechtlichen Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfasst. Dann fielen sie in den
Anwendungsbereich von Art. 40 EGBGB, welcher auf die deutsche Rechtsordnung verweist, und würden zu
Gunsten des schädigenden Arbeitnehmers eingreifen. Führt man sich den Normbefehl der §§ 104f. SGB VII
vor Augen, zeigt sich, dass die Vorschriften unmittelbar den zivilrechtlichen, deliktischen Anspruch aus-
schließen54
. Sie wirken also unmittelbar auf diesen einzelnen Anspruch ein. Den sozialrechtlichen Charakter
erhalten die Normen erst mittelbar, indem sie - aus arbeits- und sozialrechtlichen Motiven heraus55
- eine
innerbetriebliche Haftung verhindern. Auch der Regress des Sozialversicherungsträgers wird lediglich mit-
telbar (vgl. § 104 I 2, § 110 SGB VII) durch die Unterbindung eines übergangsfähigen Anspruchs verhindert.
Dies spricht dafür, die Regelung des Ausschlusses des Anspruches deliktsrechtlich zu qualifizieren. Aller-
dings stehen die vorrangigen Ziele der VO (EWG) Nr. 1408/71 dieser Interpretation entgegen. Die Verord-
nung regelt die kollisionsrechtliche Behandlung von Haftungsbefreiungen abschließend und europaweit
einheitlich56
. Unabhängig von einzelstaatlichen Ausgestaltungen der Haftungsbefreiungen durch verschie-
dene Regelungsmodelle und ihr nationales Verständnis, erfasst sie alle Arten der Haftungsprivilegierung in
Arbeitsverhältnissen. Somit fallen auch §§ 104f. SGB VII in ihren Anwendungsbereich und sind nicht an-
wendbar.
dd) Wie dem deutschen Entleiher kommen die §§ 104f. SGB VII damit auch dem deutschen Arbeitnehmer
nicht zu Gute. Haftungsbefreiungen können sich ebenfalls - und mit denselben Problemen - nur aus dem
einschlägigen ausländischen Sozialrecht ergeben57
. Andernfalls kann der ausländische Leiharbeitnehmer
gegen den deutschen Arbeitnehmer unbegrenzt Schadensersatzansprüche geltend machen. Die wirtschaft-
lichen und existenziellen Folgen für den deutschen Arbeitnehmer wären gravierend.
Allerdings greift in diesem Fall die arbeitsvertragliche Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis58
. Der Ar-
beitsvertrag zwischen deutschem Arbeitnehmer und deutschem Arbeitgeber unterliegt deutschem Recht.
So steht dem Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber nach allgemeiner Auffassung ein Freistellungsan-
spruch zu, wenn die Voraussetzungen der internen Haftungsbeschränkung gegeben sind59
. Indes sieht die
arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung in der Regel schon bei mittlerer Fahrlässigkeit eine anteilmäßige
und bei grober Fahrlässigkeit die volle Haftung des Arbeitnehmers vor60
. § 105 I SGB VII lässt eine Haftung
hingegen erst bei vorsätzlichem Handeln eintreten. Stellt man dem die Möglichkeit der Regressnahme des
Unfallversicherungsträgers bei grober Fahrlässigkeit gegenüber (§ 110 SGB VII), relativiert sich diese „Haf-
tungsverschärfung“. Hinzu kommt aber, dass der Arbeitnehmer nun das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers
trägt.
Im Ergebnis heißt das: der deutsche Arbeitnehmer haftet dem ausländischen Leiharbeitnehmer nach den
§§ 823ff. BGB - unter Vorbehalt des Eingreifens ausländischer Haftungsbefreiungen. Ihm steht aber regel-
mäßig ein arbeitsvertraglicher Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, den Entleiher, zu61
.
ee) Ist der schädigende Arbeitnehmer selbst Leiharbeitnehmer in dem deutschen Entleiherbetrieb, stellt sich
die Frage, gegen wen - Entleiher oder Verleiher - sich ein Freistellungsanspruch richtet. Grundlage des
arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs ist ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 670 analog
i.V.m. § 257 BGB62
. Aufwendungen sind ersatzfähig, wenn sie im Rahmen des Arbeitsverhältnisses entste-
hen und nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten werden63
. Neben Aufwendungen im engeren Sinn fallen
unter den Begriff auch unmittelbare Schäden aus der freiwilligen Übernahme des tätigkeitsspezifischen
Risikos64
. Grundvoraussetzung ist, dass ein Schaden bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit entstanden
ist. Daneben muss ein tätigkeitsspezifischer Schaden vorliegen. Der Arbeitgeber haftet nicht für Schäden
des Arbeitnehmers, die aus dem allgemeinen Lebensrisiko resultieren, vielmehr muss er dem Betätigungs-
bereich des Arbeitgebers zuzurechnen sein65
. Für die Beantwortung der Frage, gegen wen sich der Freistel-
lungsanspruch richtet, kommt es also darauf an, in wessen Risikobereich der Leiharbeitnehmer tätig wird.
Auf Grund der Eingliederung und des Tätigwerdens im Entleiherbetrieb zieht der Entleiher einen unmittelba-
ren Nutzen aus der Arbeitskraft des überlassenen Leiharbeitnehmers. Gleichzeitig trägt er unmittelbar das
Risiko von Arbeitsunfällen, die bei ihm tätige Arbeitnehmer verursachen. Daher ist regelmäßig der Entleiher
Schuldner des Freistellungsanspruchs66
. Gleiches ergibt sich, wenn man den Rechtsgedanken aus § 334
BGB heranzieht. Nach Sinn und Zweck dieser Norm können dem Dritten keine günstigeren Rechtspositio-
nen als dem Versprechensempfänger zustehen67
. Die arbeitsrechtliche Haftung des Leiharbeitnehmers
gegenüber dem Verleiher ist aber nach den allgemeinen Grundsätzen beschränkt68
.
Für die Absicherung des Leiharbeitnehmers ist daneben von Interesse, ob zugleich ein Freistellungsan-
spruch gegen seinen Vertragsarbeitsgeber, den Verleiher, besteht. Auch er zieht aus dem Einsatz des
Leiharbeitnehmers Nutzen. Bei rein inländischen Sachverhalten gilt zu Gunsten des Verleihers im Falle von
Personenschäden § 104 SGB VII69
. Schafft der Entleiher nun durch den Einsatz ausländischer Leiharbeit-
nehmer eine haftungsrechtliche Sonderkonstellation, in der eine Haftungsbefreiung ausscheidet, kann dies
nicht zu Lasten des Verleihers gehen. Dieses Risiko wird allein vom Entleiher geschaffen und gesteuert und
ist daher auch allein von ihm zu tragen. Nur er entscheidet über konkrete Beschäftigungsbedingungen,
unter denen der Leiharbeitnehmer tätig wird. Nur er hat das Risiko zu tragen, das sich im Falle des gemein-
samen Einsatzes von ausländischen und deutschen Leiharbeitnehmern realisiert. Ein Freistellungsanspruch
des deutschen Leiharbeitnehmers gegen den Verleiher kann sich daher nur in den seltenen Ausnahmefäl-
len ergeben, in denen der Verleiher selbst eine Ursache zur Risikorealisierung gesetzt hat70
.
2. Schädigung des deutschen Arbeitnehmers durch den ausländischen Leiharbeitnehmer
5
Natürlich kann sich auch die umgekehrte Situation ergeben, dass ein deutscher (Stamm-)Arbeitnehmer im
Entleiherbetrieb durch eine Unachtsamkeit des ausländischen Leiharbeitnehmers zu Schaden kommt. Auch
hier stellen sich die Fragen nach der Haftung.
Für die zivilrechtliche Situation ergeben sich keine Unterschiede. Im Verhältnis der Arbeitnehmer unterein-
ander greifen die §§ 823ff. BGB71
. Der deutsche Arbeitnehmer untersteht aber dem deutschen Sozialversi-
cherungsrecht. Hier kommt der zuständige deutsche Unfallversicherungsträger für seine Personenschäden
auf. So liegt es auf den ersten Blick nahe, dass auch die deutsche Haftungsbeschränkung des § 105 SGB
VII zu Gunsten des ausländischen Leiharbeitnehmers greift.
Für die bisherigen Fallkonstellationen bestimmte Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71, dass sich eine Haftungs-
privilegierung aus dem Recht ergibt, welchem der leistungserbringende Unfallversicherungsträger unter-
liegt. Dies führte zur Anwendung ausländischen Rechts - könnte also hier zur Anwendung des § 105 SGB
VII führen. Die Voraussetzungen der Norm erfordern jedoch eine Verschiedenheit des Staates des leis-
tungserbringenden Unfallversicherungsträgers und des Staates, auf dessen Gebiet das schädigende Ereig-
nis eingetreten ist. Das liegt hier nicht vor, hier sind der Staat des haftenden Unfallversicherungsträgers und
der Staat der Schädigung identisch. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 ist damit nicht einschlägig. So bleibt
es bei der Anwendbarkeit von Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71, wonach der ausländische Leih-
arbeitnehmer ausschließlich dem Sozialversicherungsrecht seines Heimatstaates unterliegt. Eine Haftungs-
privilegierung zu seinen Gunsten kann sich daher auch nur aus dieser Rechtsordnung ergeben72
. Darüber
hinaus würden Sinn und Zweck der §§ 104f. SGB VII verfehlt: Nach Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr.
1408/71 unterliegt der ausländische Leiharbeitnehmer nicht der deutschen Sozialversicherungspflicht. Es
besteht kein deutscher Unfallversicherungsschutz, und der deutsche Entleiher ist ebenso wenig beitrags-
pflichtig73
. Somit ändert sich an der sozialversicherungsrechtlichen Stellung des ausländischen Leiharbeit-
nehmers nichts. Für ihn greifen durchweg dieselben - ausländischen - Vorschriften unabhängig davon, ob er
zu Schaden kommt oder selbst einen Schaden verursacht.
V. Folgen für die illegale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung
Will ein Verleiher mit Sitz im Ausland einen Leiharbeitnehmer in einen deutschen Entleiherbetrieb entsen-
den, bedarf er hierzu einer deutschen Überlassungserlaubnis gem. § 1 I 1 AÜG74
. Ist er nicht Inhaber einer
solchen Erlaubnis, liegt illegale Arbeitnehmerüberlassung vor. Aus nationaler Sicht führt dies zum einen zur
Unwirksamkeit aller Verträge (§ 9 Nr. 1 AÜG). Zum anderen wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher
und Leiharbeitnehmer fingiert, § 10 I 1 AÜG. Dieser Norm kommt der Charakter einer international zwin-
genden Vorschrift i.S.d. Art. 34 EGBGB zu75
. Damit ist sie unabhängig von der berufenen Rechtsordnung
zwingend anzuwenden, es greift die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher76
.
Kommt es im Falle illegaler Arbeitnehmerüberlassung zur Schädigung des ausländischen Leiharbeitneh-
mers, ergibt sich hinsichtlich der Haftung des Unternehmers eine neue Situation:
1. Auf Grund der arbeitsrechtlichen Beziehung zwischen dem Entleiher und dem ausländischen Leiharbeit-
nehmer sind sowohl vertragliche Ansprüche als auch solche aus unerlaubter Handlung einschlägig. Die
vertraglichen Ansprüche entstammen unmittelbar dem fingierten Arbeitsverhältnis. Sie werden somit vom
Arbeitsvertragsstatut (Art. 30 II EGBGB) erfasst, welches die anzuwendende Rechtsordnung bestimmt. Art.
30 II Nr. 1 EGBGB verweist auf das Recht des Staates, in welchem der Arbeitnehmer gewöhnlich seinen
Arbeitsvertrag erfüllt. Es ist demnach auf den Ort abzustellen, an welchem er üblicherweise und im Wesent-
lichen seine Arbeitsleistung erbringt77
. Vor dem Hintergrund von § 10 I AÜG, Art. 34 EGBGB ist auf den
fingierten Arbeitsvertrag zum Entleiher abzustellen. Diesen erfüllt der Leiharbeitnehmer schwerpunktmäßig
im deutschen Entleiherbetrieb. Vertragliche Schadensersatzansprüche ergeben sich mithin aus der deut-
schen Rechtsordnung, so dass §§ 280ff. BGB zur Anwendung gelangen.
Gleiches gilt für die Bestimmung des Deliktsstatuts. Hier verweisen sowohl die Regelanknüpfung aus Art.
40 I EGBGB als auch die Sonderanknüpfung aus Art. 41 I i.V.m. Art. 41 II Nr. 1 EGBGB auf deutsches
Recht. Das Deliktsstatut läuft daher gleich mit dem Vertragsstatut, und die §§ 823ff. BGB sind einschlägig.
2. Besonderheiten ergeben sich aber bei der Bestimmung des Sozialrechtsstatuts: Die illegale Arbeitneh-
merüberlassung stellt keine Entsendung i.S.d. Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 dar78
. Aus deut-
scher Sicht ist das Arbeitsverhältnis zum ausländischen Verleiher als unwirksam zu betrachten, so dass das
Beschäftigungsverhältnis während der Dauer des Einsatzes im Inland nicht fortbesteht79
. Da keine Entsen-
dung vorliegt, ist die VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht anwendbar. Es gelangen die nationalen Kollisionsnormen
(§§ 3-6 SGB IV) zur Anwendung.
In der vorliegenden Konstellation der grenzüberschreitenden (illegalen) Arbeitnehmerüberlassung nach
Deutschland ist § 5 I SGB IV einschlägig. Weitgehend inhaltsgleich mit Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr.
1408/71 bestimmt er die anzuwendende Rechtsordnung80
. Auch § 5 SGB IV setzt aber eine vorübergehen-
de Entsendung eines Arbeitnehmers voraus. Dies ist auf Grund der Rechtsfolgen aus § 9 Nr. 1, § 10 I AÜG,
Art. 34 EGBGB ebenso zu verneinen. Es verbleibt bei der Regelanknüpfung aus § 3 Nr. 1 SGB IV. Anknüp-
fungsmoment ist der Beschäftigungsort. Dieser liegt im deutschen Entleiherbetrieb, so dass bei illegaler
Arbeitnehmerüberlassung die Vorschriften des deutschen Sozialrechts auf den ausländischen Arbeitnehmer
anwendbar sind81
.
3. Daraus folgt, dass der ausländische Leiharbeitnehmer im Falle von Personenschäden, die aus einem
Arbeitsunfall resultieren, Leistungsansprüche gegen den deutschen Unfallversicherer erwirbt. Gleichzeitig
folgt aber aus der Anwendbarkeit des SGB, dass im Unterschied zur legalen Arbeitnehmerüberlassung die
6
Haftungsbefreiungen der §§ 104f. SGB VII zu Gunsten des Arbeitgebers und der von ihm beschäftigten
(ausländischen) Arbeitnehmer nun eingreifen82
. Auf den ersten Blick scheint sich hier ein Wertungswider-
spruch zur legalen Überlassung von ausländischen Leiharbeitnehmern zu ergeben. Die Anwendung der §§
104f. SGB VII ist aber sachgerecht und folgerichtig. Das erklärt sich zum einen daraus, dass der deutsche
Entleiher bei illegaler grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung als Arbeitgeber gem. § 150 I SGB
VII selbst Beitragsschuldner der gesetzlichen Unfallversicherung wird. Im Unterschied zur illegalen Arbeit-
nehmerüberlassung bei rein inländischem Sachverhalt zahlt hier der ausländische Verleiher keine eigenen
Beiträge an einen deutschen Unfallversicherungsträger. Das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis zum
Entleiher ruht also nicht83
. Ist aber der deutsche Entleiher allein beitragspflichtig und untersteht der auslän-
dische Leiharbeitnehmer dem deutschen Unfallversicherungsschutz, greift damit auch der Sinn und Zweck
der §§ 104f. SGB VII. Zum anderen kommt es auf Grund der Verweisung aus § 3 SGB IV zu einem Gleich-
lauf des Sozialrechtsstatuts mit dem Arbeitsvertrags- und Deliktsstatut. Alle Ansprüche werden so einheit-
lich von derselben Rechtsordnung geregelt, so dass Anpassungsprobleme und Wertungswidersprüche
vermieden werden. Für zivilrechtliche Haftungstatbestände, -befreiungen sowie sozialrechtliche Ersatzan-
sprüche ist damit nur deutsches Recht maßgeblich.
VI. Schlussbetrachtungen
Arbeitsunfälle bei der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer bergen kaum vorhersehbare wirt-
schaftliche Risiken für deutsche Entleiher in sich. Dies liegt daran, dass sich zivilrechtliche Haftungsansprü-
che sowie etwaige Haftungsprivilegierungen zumeist nach ausländischem Recht richten, dessen Regelun-
gen deutschen Unternehmern unbekannt sind. Eine gewisse Absicherung gegen eine unbegrenzte Inan-
spruchnahme wegen Personenschäden können Zusatzversicherungen bieten. Bei der illegalen grenzüber-
schreitenden Arbeitnehmerüberlassung finden hingegen die deutschen Haftungsvorschriften samt -
privilegierungen Anwendung. Auffallend ist, dass nur ganz vereinzelt Entscheidungen hierzu existieren.
Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass ein Ausgleich von erlittenen Personenschäden auf unkonventi-
onellem Weg erfolgt - um einen Gang vor die Gerichte zu vermeiden. Ein anderer Erklärungsansatz mag in
der komplizierten Ausgestaltung des Zusammenspiels der verschiedenen Rechtsordnungen zu sehen sein.
*
Die Verfasser sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht, Abteilung II, Prof.
Dr. Peter Schüren, Universität Münster.
1
F.A.Z. v. 3. 3. 2006, S. 17; siehe zur aktuellen Entwicklung der Branche Arbeitsmarkt 2005, Sondernummer der Amtli-
chen Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit v. 24. 8. 2006, S. 101, Tabelle II. D. 6, S. 113.
2
Zehnter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes -
AÜG (10. Erfahrungsbericht AÜG), BT-Ds. 15/6008, S. 15.
3
63 Verleiherlaubnisse im Berichtszeitraum 2000-2004, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15.
4
34 Verleiherlaubnisse im Berichtszeitraum 2000-2004, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15.
5
10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15.
6
10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 21.
7
So werden Einsätze ausländischer Leiharbeitnehmer insbesondere der Tätigkeitskategorie der Bundesagentur für
Arbeit „Hilfsarbeiten ohne nähere Tätigkeitsangabe“ zugeordnet, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 16,
Übersicht 7 auf S. 30; siehe auch F.A.Z. v. 14. 8. 2006, S. 13.
8
Ausf. dazu Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, 3. Aufl. (im Erscheinen), Einl. Rn. 102ff., insb. 161ff.; Walker, AcP 1994,
295, 309; unklar Thüsing/Thüsing, AÜG, 2005, Einf. Rn. 35, 37f.
9
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 162.
10
Vgl. ErfK/Wank, 6. Aufl. 2006, Einl. AÜG Rn. 84: „Quasi-Arbeitsverhältnis“; allg. dazu MünchKommBGB/Gottwald, 4.
Aufl. 2003, § 328 Rn. 29f.
11
Beachte aber in diesem Zusammenhang den originären Anspruch des Unfallversicherungsträgers gegen den Schädi-
ger schon im Falle grober Fahrlässigkeit gem. § 110 SGB VII.
12
Grundlegend dazu BVerfG v. 7. 11. 1972, NJW 1973, 502; ErfK/Rolfs, § 104 SGB VII Rn. 1 m.w.N.
13
BVerfG v. 7. 11. 1972, NJW 1973, 503; Krasney, NZS 2004, 7; ausf. Faecks, Haftungsausschluss im Betrieb - ein
Beitrag zur Klärung einer Schnittstelle zwischen Arbeits- und Sozialrecht, in: Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deut-
schen Anwaltverein, FS zum 25-jährigen Bestehen, 2006, 1207, 1208ff.
14
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 722; vgl. z.B. OLG Hamm, NZA-RR 2000, 648.
15
Krasney, NZS 2004, 7, 9; Bereiter-Hahn/Mehrtens, 5. Aufl. 1997 (Stand: Mai 2006), § 104 SGB VII Rn. 8.5.
16
Dies ist zur Zeit aus den „alten“ Staaten der EU und den Staaten des EWR zulässig. Eine Überlassung aus Drittstaa-
ten ist verboten. Nach Ablauf der Übergangsfrist wird Arbeitnehmerüberlassung auch aus den „neuen“ EU-
Mitgliedstaaten, den sog. MOE-Staaten, möglich sein. Vgl. ausf. Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn.
528, 615ff.; siehe auch Temming, RdA 2005, 186.
17
Staudinger/Magnus, 13. Bearbeitung 2002, Art. 30 EGBGB Rn. 99; Schlachter, NZA 2000, 57, 59.
18
Vgl. HWK/Strick, 2. Aufl. 2006, Art. 27, 30, 34 EGBGB Rn. 17; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 55.
19
Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 632ff. m.w.N.
20
Siehe dazu die Ausführungen unter II. 1.
21
Für die Herleitung siehe unter II. 1.
22
Kropholler, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 2004, S. 113.
23
Staudinger/Magnus, Art. 30 EGBGB Rn. 33 m.w.N.
24
Siehe den Bericht zum Gesetzentwurf von Giuliano/Lagarde, BT-Ds. 10/503, S. 33, 57f.: „de-facto-
Arbeitsverhältnisse“; vgl. auch MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl. 2006, Art. 30 EGBGB Rn. 21.
25
Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 638; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 66.
26
Staudinger/v. Hoffmann, Neubearbeitung 2001, Art. 40 EGBGB Rn. 11; MünchKommBGB/Junker, Art. 41 EGBGB Rn.
21.
7
27
Vgl. allg. zum allseitigen Ausbau einseitiger Kollisionsnormen v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 8. Aufl.
2005, § 4 Rn. 10ff.; speziell zu § 5 SGB IV siehe KassKomm/Seewald (Stand: Januar 2006), § 5 SGB IV Rn. 1; Stein-
meyer, Die Einstrahlung im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1981, S. 39f.
28
Ausf. Devetzi, Die Kollisionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 155ff.
29
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. 6. 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf
Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern
(ABlEG Nr. L 149 v. 5. 7. 1971, S. 2ff.), in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983
(ABlEG Nr. L 230 v. 22. 8. 1983, S. 6ff.) geänderten und aktualisierten Fassung, zuletzt geändert durch die Verordnung
(EG) Nr. 629/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. 4. 2006 (ABlEG Nr. L 114 v. 27. 4. 2006, S.
1ff.).
30
Möglichkeiten zur Verlängerung dieser Höchstdauer ergeben sich zum einen aus Art. 14 I Nr. 1 lit. b) VO (EWG) Nr.
1408/71, zum andren durch abweichende bilaterale Vereinbarungen i.S.d. Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71, durch welche
sich Überlassungshöchstzeiten von fünf bis sechs Jahren herausgebildet haben; vgl. ausf. dazu Görres, Grenzüber-
schreitende Arbeitnehmerentsendung in der EG, 2003, S. 73f.; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 55.
31
Allg. zum sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) 1408/71 Horn, ZIAS 2002, 120, 125f.
32
Vgl. Fuchs/Steinmeyer, Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl. 2005, Art. 14 Rn. 10; Cornelissen, RdA 1996, 329, 333;
ausf. dazu Devetzi, Die Kollisionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 66ff., 68 und Joussen, Sozialrechtli-
che Probleme der Arbeitnehmerentsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen Systemwettbewerb, 2005,
257, 260ff.
33
Vgl. Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 56; Fuchs/Steinmeyer, Art. 14 Rn. 12.
34
EuGH v. 17. 12. 1970, Rs. 35/70 - „Manpower“, Slg. 1970, 1251; Cornelissen, RdA 1996, 329, 333; Devetzi, Die Kolli-
sionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 69; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 56ff.; Schü-
ren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 680; zur Parallelproblematik in § 4 SGB IV siehe Mastmann/Stark, BB
2005, 1849, 1853ff.
35
EuGH v. 10. 2. 2000, Rs. C-202/97 - „Fitzwilliam“, Slg. 2000, 883; v. 9. 11. 2000, Rs. C-404/98 - „Plum“, Slg. 2000,
9379; SG Dortmund v. 25. 2. 2005, EzAÜG SGB IV Nr. 32; Brand, ZESAR 2006, 108, 109f.; Cornelissen, RdA 1996,
329, 334.
36
EuGH v. 9. 11. 2000, Rs. C-404/98 - „Plum“, Slg. 2000, 9379, 9395; Horn, ZIAS 2002, 120, 133; Fuchs/Steinmeyer,
Art. 14 Rn. 13.
37
Vgl. Joussen, Sozialrechtliche Probleme der Arbeitnehmerentsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen
Systemwettbewerb, 2005, 257f., 269.
38
Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 4. 2004 zur Koordinierung der
Systeme der sozialen Sicherheit, ABlEG Nr. L 166 v. 30. 4. 2004, S. 1ff.
39
Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 wird durch Art. 90 I der bereits am 20. 5. 2004 in Kraft getretenen Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 mit Beginn deren Anwendbarkeit aufgehoben. Sie „gilt“ jedoch gemäß Art. 91 erst, wenn die dazu-
gehörige Durchführungsverordnung in Kraft getreten ist. Damit wird nicht vor 2009 zu rechnen sein. Aktuell findet somit
weiterhin die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Anwendung (vgl. Joussen, Sozialrechtliche Probleme der Arbeitnehmer-
entsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen Systemwettbewerb, 2005, 257, 260 m.w.N.).
40
Siehe dazu die Ausführungen unter I.
41
Siehe dazu die Ausführungen unter III. 2.
42
Siehe dazu die Ausführungen unter III. 3.
43
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 720f., 725.
44
Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.
45
Krasney, NZS 2004, 7; Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 726 m.w.N.
46
KassKomm/Ricke, § 104 SGB VII Rn. 2; vgl. auch Lauterbach/Dahm, 4. Aufl. 1997 (Stand: Januar 2006), § 104 SGB
VII Rn. 4, 6.
47
Vgl. OLG Koblenz v. 29. 8. 2002, IPRax 2003, 536 (unter Zugrundelegung von §§ 3ff. SGB IV); Eichenhofer, IPRax
2003, 525, 526f.; Fuchs/Eichenhofer, Art. 93 Rn. 2, 7; Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 727, 730.
48
Vgl. EuGH v. 2. 6. 1994, Rs. C-428/92, Slg. 1994 I, 2259; siehe auch Fuchs/Eichenhofer, Art. 93 Rn. 2, 3; Eichenho-
fer, IPRax 2003, 525, 526f.; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53f.
49
Vgl. Littbarski, AHB, 2001, § 4 Rn. 47f. m.w.N.
50
Das niederländische Recht sieht - vergleichbar den deutschen Regelungen - einen Regressanspruch des Unfallversi-
cherungsträgers vor, der aber regelmäßig (bis auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) ausgeschlossen ist, Art. 99, 100
Wet werk en inkomen naar arbeidsvermogen. Auf der zivilrechtlichen Seite existiert jedoch lediglich eine Haftungsbe-
freiung unter Arbeitnehmern, Art. 7:661, 6:170 Burgerlijk Wetboek. Unternehmer haften dagegen grundsätzlich voll, es
sei denn, der Arbeitnehmer hat vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt, Art. 7:658 Burgerlijk Wetboek (vgl. Haas,
Arbeitsrecht in den Niederlanden, 1996, Rn. 37f.).
Eine noch weitergehende Haftung sieht das englische Recht vor. Hier existieren keinerlei Haftungsprivilegierungen, so
dass Arbeitnehmer und Unternehmer voll haften, vgl. Vor, Zeitarbeit im Rechtsvergleich Deutschland - Großbritannien
sowie bei Grenzüberschreitungen, 1992, S. 211; Appelby, ZESAR 2003, 312, 315ff.
Auch nach ungarischem Recht haftet der Arbeitgeber voll für Schäden, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeits-
verhältnisses erleidet. Der Arbeitgeber wird nur von der Haftung befreit, wenn er nachweisen kann, dass der Schaden
durch einen unabwendbaren Grund oder ein unabwendbares Verhalten des Geschädigten verursacht wurde. Ebenso
haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich voll für Schäden, die er dem Arbeitgeber zufügt. Bei fahrlässigem Handeln ist die
Höhe des Anspruchs auf die Hälfte des monatlichen Brutto-Durchschnittsverdienstes begrenzt, ausf. Radnay, ZESAR
2005, 417, 420 und Pajor-Bytomski, Arbeitsrecht in Ungarn, 1998, Rn. 65f., 125.
51
Ähnlich auch Mastmann/Offer, AuA 2005, 330, 333.
52
Ausf. dazu unter III. 4. und IV. 1. a).
53
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 729, 731.
54
KassKomm/Ricke, § 104 SGB VII Rn. 5; ErfK/Rolfs, § 104 SGB VII Rn. 24.
55
Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.).
56
Siehe Art. 249 Abs. 2 EG, vgl. auch Fuchs/Fuchs, Einf. Rn. 35ff.
57
Siehe die Ausführungen in Fn. 50.
8
58
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 732.
59
Allg. dazu MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl. 2000, § 60 Rn. 15ff.
60
ErfK/Preis, § 619a BGB Rn. 13ff.
61
Der Unternehmer sollte sich auch gegen diese Inanspruchnahme durch den eigenen Arbeitnehmer absichern, vgl.
oben unter IV. 1. a) ee).
62
So schon BAG GS v. 10. 11. 1961, NJW 1962, 411; siehe auch Söllner/Waltermann, Grundriss des Arbeitsrechts, 13.
Aufl. 2003, Rn. 827.
63
Allg. Meinung, vgl. statt vieler MünchKommBGB/Müller-Glöge, 4. Aufl. 2005, § 611 Rn. 890, 907ff.
64
BAG v. 8. 5. 1980, NJW 1981, 702; MünchKommBGB/Seiler, § 670 Rn. 14 m.w.N.; krit. Palandt/Sprau, 65. Aufl. 2006,
§ 670 BGB Rn. 11.
65
BAG v. 16. 3. 1995, NZA 1995, 836; HWK/Krause, § 619a BGB Rn. 76ff.
66
Schüren/Hamann/Brors, AÜG, Einl. Rn. 462, 484ff.; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 47.
67
Allg. dazu MünchKommBGB/Gottwald, § 334 Rn. 1; speziell zur Arbeitnehmerüberlassung Urban-Crell/Schulz, Arbeit-
nehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung, 2003, Rn. 498.
68
Statt vieler ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 46.
69
Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.).
70
Ausf. und mit Beispielen Schüren/Hamann/Brors, AÜG, Einl. Rn. 452ff. (zum Aufwendungsersatzanspruch).
71
Siehe dazu die Ausführungen unter IV. 1. b) aa).
72
Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 728.
73
Siehe dazu die Ausführungen unter III. 4.
74
Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 45; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 85ff.
75
BSG v. 25. 10. 1988, BSGE 64, 145; Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 646; Ulber, AÜG, 3. Aufl.
2006, Einl. F Rn. 4.
76
Vergleichbar ist die rechtliche Behandlung der Überlassung von Arbeitnehmern aus Mischbetrieben, Thüsing/Mengel,
AÜG, § 9 Rn. 19; a.A. Ulber, AÜG, § 9 Rn. 27. Allg. zur Wirkung international zwingenden Rechts i.S.v. Art. 34 EGBGB
v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 10 Rn. 93ff.; speziell aus arbeitsrechtlicher Sicht Carsten Müller, Inter-
national zwingende Normen des deutschen Arbeitsrechts, 2005, S. 78ff.
77
Siehe die Nachweise in Fn. 17.
78
LSG Niedersachsen v. 16. 9. 1982, EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 15; siehe auch Sandmann/Marschall, AÜG (Stand:
Juli 2006), Art. 1 § 3 Rn. 71; Boemke/Lembke, AÜG, 2. Aufl. 2005, Einl. Rn. 27.
79
Vgl. Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 686; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 70.
80
Siehe dazu schon die Ausführungen unter III. 4. a).
81
BSG v. 25. 10. 1988, BSGE 64, 145; LSG Niedersachsen v. 16. 9. 1982, EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 15; Schü-
ren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG Einl. Rn. 687 m.w.N.
82
Dem steht es nicht entgegen, wenn der ausländische Leiharbeitnehmer im Besitz einer „E-101“-Bescheinigung ist.
Zwar bindet die Bescheinigung grundsätzlich die zuständigen Versicherungsträger. Es besteht aber die Einschränkung,
dass allein aus nationalem Recht ableitbare günstigere Rechtspositionen nicht entfallen dürfen, vgl. LSG Thüringen v.
10. 3. 2004, EzAÜG Sozialversicherungsrecht Nr. 44 m.w.N. Zur Bindungswirkung der Bescheinigung siehe zuletzt
EuGH v. 26. 1. 2006, Rs. C-2/05 - „Herbosch“, ZESAR 2006, 225 m. Anm. Horn.
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Vgl. dazu Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 772, 784ff.
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Jerczynski/Zimmermann, Arbeitsunfälle bei der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer – Unbekannte Risiken, NZS 2007, 243

  • 1. NZS 2007 Heft 5 243 Arbeitsunfälle bei der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer - Unbekannte Risiken Von Wiss. Mitarbeiter Marco Jerczynski und Wiss. Mitarbeiter André Zimmermann, Münster* I. Einleitung Bei der Arbeitnehmerüberlassung handelt es sich um eine der wenigen Wachstumsbranchen in Deutsch- land. Im Jahr 2005 konnten die mehr als 15000 inländischen Zeitarbeitsunternehmen Umsatzsteigerungen von bis zu 20% verbuchen1 . Gleichzeitig nimmt die Zahl der Unternehmer mit Sitz im Ausland, die Arbeit- nehmer nach Deutschland überlassen, stetig zu2 . Unter ihnen sind Verleiher aus Großbritannien3 und den Niederlanden4 stark vertreten. Auch an Unternehmen mit Sitz in den sog. MOE-Staaten wurden erste Ver- leiherlaubnisse erteilt5 . Als Kehrseite einer flexiblen und günstigen Arbeitnehmerquelle für vorübergehenden Personalbedarf bringt der Einsatz von Leiharbeitnehmern ein erhöhtes Risiko von Arbeitsunfällen mit sich6 . Gründe dafür ergeben sich zum einen daraus, dass mit jedem Arbeitsplatzwechsel eines Leiharbeitnehmers Veränderungen der Arbeitsabläufe und der Arbeitsanforderungen einhergehen. Zum anderen werden Leiharbeitnehmer immer noch vorwiegend für einfache körperliche Tätigkeiten herangezogen, die naturgemäß risikoträchtig sind7 . Speziell bei der grenzüberschreitenden Überlassung treten oftmals Verständigungsschwierigkeiten auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse hinzu. Die Haftung für Arbeitsunfälle im Zusammenhang mit der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer wirft gegenüber rein inländischen Sachverhalten besondere Schwierigkeiten auf. Neben der Frage nach dem Zusammenspiel der berührten Rechtsordnungen, denen die Haftungsansprüche unterstehen (unter III.), stellt sich das Problem, welcher Unfallversicherungsträger - der deutsche oder der ausländische - für Schäden aufzukommen hat und ob dem Schädiger etwaige Haftungsbeschränkungen zu Gute kommen (unter IV., V.). Aus Sicht eines deutschen Entleihers, der ausländische Leiharbeitnehmer in seinem Betrieb beschäftigen möchte, ist von besonderer Bedeutung, ob für ihn und seine (Stamm-)Arbeitnehmer im Falle der Schädi- gung eines ausländischen Leiharbeitnehmers die deutschen Haftungsbegrenzungen gem. §§ 104f. SGB VII eingreifen oder ausländische Haftungssysteme zur Anwendung gelangen. II. Überblick über die nationalen Regelungen 1. Im Arbeitsrecht gelten grundsätzlich die allgemeinen Haftungstatbestände. Für vertragliche Pflichtverlet- zungen gelten die §§ 611ff. i.V.m. §§ 280ff. BGB, für die außervertragliche Haftung §§ 823ff. BGB. Zwar bestehen zwischen Leiharbeitnehmer und Entleiher keine vertraglichen Beziehungen; diese bestehen aus- schließlich zwischen Verleiher und Entleiher bzw. Leiharbeitnehmer. Dennoch sind bei Pflichtverletzungen im Verhältnis Leiharbeitnehmer - Entleiher §§ 280ff. BGB einschlägig, da es sich beim Arbeitsvertrag zwi- schen Leiharbeitnehmer und Verleiher um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter i.S.d. §§ 328ff. BGB handelt8 . Dem Entleiher steht daraus ein eigener Leistungsanspruch gegen den Leiharbeitnehmer zu9 . Ver- letzungen des Leistungsanspruchs aus diesem vertragsähnlichen Verhältnis können vertragliche Sekundär- ansprüche auslösen10 . 2. Eine Besonderheit besteht im Arbeitsrecht aber insoweit, dass bei einem Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII) zu Gunsten des schädigenden Arbeitgebers bzw. Arbeitnehmers regelmäßig eine Haftungsbeschränkung für Personenschäden nach §§ 104f. SGB VII eingreift. Nach diesen Vorschriften haften Arbeitgeber und Kolle- gen dem geschädigten Arbeitnehmer u.a. nur, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben11 . An die Stelle der zivilrechtlichen Haftungsansprüche gegen den Schädiger, treten öffentlich- rechtliche Leistungsansprüche gegen den Träger der Unfallversicherung (§§ 26ff. SGB VII). Sinn und Zweck des Ausschlusses der zivilrechtlichen Ansprüche ist die Wahrung des Betriebsfriedens durch die Verhinderung von Ersatzstreitigkeiten unter Betriebsangehörigen12 . Gleichzeitig dient die Befreiung des Unternehmers von der Haftung der Kompensation seiner alleinigen Beitragspflicht (§ 150 I SGB VII) und sichert dem Geschädigten einen leistungsfähigen Ersatzpflichtigen13 . Aus der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers folgt, dass nicht nur gegenüber dem Verleiher als Arbeitgeber sondern auch im Verhältnis Entleiher - Leiharbeitnehmer die Haftungsprivile- gierung aus § 104 I SGB VII zu Gunsten des Entleihers Anwendung findet14 . Aus der Eingliederung folgt aber auch, dass es sich bei Personenschäden der Kollegen (§ 105 I SGB VII) und des Entleihers (§ 105 II SGB VII) um einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs i.S.d. § 105 SGB VII handelt, so dass die Haftungsbeschränkung ebenso den Leiharbeitnehmer erfasst15 . III. Kollisionsnormen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts bei der grenzüberschreitenden lega- len Arbeitnehmerüberlassung Bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland wird ein Arbeitnehmer von einem Verleiher mit Sitz im Ausland an einen deutschen Entleiher überlassen16 . Da hier eine Verbindung zu meh- reren Rechtsordnungen besteht, stellt sich vor der Anwendung der Sachnormen, insbesondere der §§ 104f. SGB VII, die Frage nach der einschlägigen Rechtsordnung. 1. Das Arbeitsvertragsstatut betrifft das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers zum Verleiher. Einschlägi- ge Kollisionsnormen dazu sind die Art. 27ff. EGBGB. Hiernach können die Vertragsparteien die auf den 1
  • 2. Arbeitsvertrag anzuwendende Rechtsordnung grundsätzlich frei wählen (Art. 27 EGBGB). Auf Grund der Vertrautheit mit der eigenen Rechtsordnung wird eine Rechtswahl in der Regel zur Anwendbarkeit des Heimatrechts von Verleiher und Leiharbeitnehmer führen. Soweit keine Rechtswahl getroffen wurde, ergibt sich das anzuwendende Recht aus der objektiven Anknüp- fung nach Art. 30 II EGBGB. Hiernach ist grundsätzlich die Rechtsordnung des Staates berufen, in dem der Leiharbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, selbst wenn er vorübergehend in einen anderen Staat entsandt wird (Art. 30 II Nr. 1 EGBGB). Der Ort des gewöhnlichen Arbeitseinsatzes ist die Arbeitsstätte, in welcher der Arbeitnehmer üblicherweise und im Wesentlichen seine geschuldete Arbeitsleistung erbringt17 . Wird ein Leiharbeitnehmer also über längere Zeit an Entleiher im selben Staat überlassen, führt das dazu, dass er dort gewöhnlich seine Arbeit verrichtet18 . Dann beruft die objektive Anknüpfung das Recht des Staa- tes des Einsatzortes, hier also deutsches Recht. Wird der Leiharbeitnehmer dagegen regelmäßig an ver- schiedene Entleiher in verschiedenen Staaten überlassen und verrichtet er somit seine Arbeit nicht gewöhn- lich in ein und demselben Staat, ist gem. Art. 30 II Nr. 2 EGBGB das Recht des Staates berufen, in dem sich die Niederlassung seines Arbeitgebers befindet. Dies führte dann zur Anwendung der ausländischen Heimatrechtsordnung. Soweit keine dauerhafte Überlassung in denselben Staat gegeben ist, wird daher auch die objektive Anknüpfung zur Anwendbarkeit des Heimatrechts von Verleiher und Leiharbeitnehmer führen19 . 2. Zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer besteht kein unmittelbares Vertragsverhältnis20 . Dies lässt Art. 27ff. EGBGB auf den ersten Blick unanwendbar erscheinen, sprechen sie doch von vertraglichen Bezie- hungen. Gleichwohl liegt zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer ein vertragsähnliches Verhältnis vor21 , was eine Anwendbarkeit der Art. 27ff. EGBGB nahe legt. Eine Rechtswahl wird in der Regel nicht vorliegen. Art. 30 II EGBGB erfasst nach seinem Wortlaut neben Arbeitsverträgen auch Arbeitsverhältnisse. Auf Grund seines kollisionsrechtlichen Charakters und hohen Abstraktionsgrades ist der Begriff autonom und weit auszulegen22 . Es kommt darauf an, ob die Beziehung der Beteiligten zueinander arbeitsrechtlich geprägt ist. Erfasst werden somit sämtliche Formen von Arbeitsbeziehungen23 . So fallen auch Arbeitsverhältnisse ohne vertragliche Grundlage in den Anwendungsbereich der Bestimmung24 . Der Entleiher übt gegenüber dem Leiharbeitnehmer das arbeitsrechtliche Weisungsrecht aus. Darüber hinaus bestehen gegenüber dem Leih- arbeitnehmer dieselben Neben- und Schutzpflichten wie gegenüber vertraglich gebundenen Stammarbeit- nehmern. Daher ist von einer arbeitsrechtlich geprägten Beziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitneh- mer auszugehen, welche als Arbeitsverhältnis i.S.d. Art. 30 II EGBGB zu qualifizieren ist25 . Dies führt zu einem Gleichlauf mit dem Arbeitsvertragsstatut. 3. Ansprüche aus unerlaubter Handlung unterliegen primär dem Recht des Staates, in dem der Schädiger gehandelt hat, Art. 40 I 1 EGBGB (Tatortprinzip). Bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung ins Inland wären nach dieser Vorschrift bei Arbeitsunfällen in deutschen Entleiherbetrieben somit §§ 823ff. BGB anwendbar. Eine Sonderanknüpfung ist allerdings gem. Art. 41 I, II Nr. 1 EGBGB zu beachten, wenn sich eine wesentlich engere Beziehung zur Rechtsordnung eines anderen Staates aus dem Zusammenhang mit einem Schuldverhältnis ergibt. Der Zusammenhang ist gegeben, wenn das schädigende Ereignis auf einer Pflichtverletzung aus der Sonderbeziehung beruht26 . Greift die Ausnahme, unterstellt diese akzessorische Anknüpfung das Deliktsrecht der für das Rechtsverhältnis einschlägigen Rechtsordnung. Ansprüche aus unerlaubter Handlung, die aus der Verletzung arbeitsrechtlicher Pflichten beim Einsatz des Leiharbeitneh- mers im Entleiherbetrieb resultieren, richten sich also nach der Rechtsordnung, die für das Statut des Ver- hältnisses Entleiher - Leiharbeitnehmer einschlägig ist. Alle Ansprüche aus deren Rechtsbeziehung unter- stehen demnach derselben Rechtsordnung. 4. a) Nationale Kollisionsnormen zur Bestimmung des Sozialrechtsstatuts enthalten die §§ 3-6 SGB IV. Diese Kollisionsvorschriften knüpfen grundsätzlich an den Beschäftigungsort an, § 3 Nr. 1 SGB IV. Danach sind die Normen des SGB anwendbar, wenn die Person im Geltungsbereich des Gesetzes beschäftigt ist. Nach der Grundregel des § 3 Nr. 1 SGB IV würden also beim Einsatz ausländischer Leiharbeitnehmer in einem deutschen Entleiherbetrieb die deutschen sozialrechtlichen Vorschriften zur Anwendung kommen. Eine Ausnahme bildet § 5 I SGB IV. Diese einseitige Kollisionsnorm erklärt die deutschen Sozialrechtsvor- schriften für unanwendbar, wenn ausländische Arbeitnehmer zeitlich begrenzt nach Deutschland entsandt werden. Unausgesprochen verweist § 5 I SGB IV in diesen Fällen auf das Sozialrechtsstatut der Heimat- rechtsordnung des entsandten Arbeitnehmers27 . b) Die nationalen Regelungen werden jedoch nach allgemeinen Grundsätzen durch Gemeinschaftsrecht überlagert28 . Klarstellend kommt dies in § 6 SGB IV zum Ausdruck. Innerhalb ihres Geltungsbereiches ist demnach die VO (EWG) Nr. 1408/7129 vorrangig vor §§ 3-6 SGB IV anzuwenden. Auch sie stellt in ihrem kollisionsrechtlichen Teil (Art. 13-17) grundsätzlich auf den Beschäftigungsort des Arbeitnehmers ab, Art. 13 II lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71. Parallel zum deutschen § 5 SGB IV findet sich eine Sonderregelung zu der Regelanknüpfung in Art. 14 VO (EWG) Nr. 1408/71. Nach Art. 14 I Nr. 1 lit. a) unterliegt ein Arbeitnehmer, der in einem Mitgliedstaat gewöhnlich beschäftigt wird, weiterhin den Sozialrechtsvorschriften dieses Mit- gliedstaates, wenn er von seinem Arbeitgeber in einen anderen Mitgliedstaat für grundsätzlich höchstens 12 Monate30 entsandt wird. Der ausländische Leiharbeitnehmer stünde demnach auch bei einem Einsatz in einem deutschen Entleihunternehmen weiterhin unter dem Sozialversicherungsschutz seines Heimatstaa- tes. Insbesondere Ansprüche auf Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sind vom sachli- chen Anwendungsbereich der Verordnung erfasst, Art. 4 I lit. e) VO (EWG) Nr. 1408/7131 . 2
  • 3. c) Ob die grenzüberschreitende Überlassung eines Leiharbeitnehmers die Voraussetzungen des Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 erfüllt, ist nicht unproblematisch. Erforderlich ist nach dem Wortlaut der Norm das Fortbestehen des Beschäftigungsverhältnisses mit dem Arbeitgeber im Entsendestaat während der Entsendung ins Ausland. Dies kann nur bei einer hinreichend engen arbeitsrechtlichen Bindung ange- nommen werden32 . Stellt man auf den Schwerpunkt der Erbringung der Arbeitsleistung ab, könnte auf Grund der Eingliederung des Leiharbeitnehmers in den Entleiherbetrieb zugleich dort der Schwerpunkt der Tätigkeit zu sehen sein33 . Die Eingliederung ist jedoch nur ein Abgrenzungskriterium von mehreren. Daneben sind weitere Merkmale wie etwa die Kündigungsmöglichkeit und Entlohnung des Leiharbeitneh- mers heranzuziehen, die eine Abhängigkeit zum Verleiher und damit eine hinreichende arbeitsrechtliche Bindung zu ihm auch während der Entsendezeit begründen34 . Daneben sind an die Tätigkeit des Verleihers gewisse Anforderungen zu stellen. Von einer Entsendung i.S.d. VO (EWG) Nr. 1408/71 kann nur gesprochen werden, wenn der Verleiher selbst dem Sozialversiche- rungsrecht seines Sitzstaates zugeordnet werden kann. Dies ist aber nur dann anzunehmen, wenn er im Entsendestaat selbst eine Betriebsstätte unterhält und von dort aus eine nennenswerte Geschäftstätigkeit ausübt35 . Ließe man geringere Anforderungen, z.B. eine reine Verwaltungstätigkeit, genügen, würden Miss- brauchsmöglichkeiten eröffnet36 . Ein Verleiher könnte seinen Betriebssitz in den Staat verlegen, in dem er die geringsten Sozialabgaben zu leisten hätte und von dort aus seine Tätigkeit im Zielland ausüben37 . Diese Problematik hat auch der europäische Gesetzgeber erkannt, wenn er nun in Art. 12 I der VO (EG) Nr. 883/200438 , welche in näherer Zukunft die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 ablösen wird39 , eine gewöhnliche Tätigkeit des Verleihers im Entsendestaat voraussetzt. Erfüllen Leiharbeitnehmer und Verleiher die obigen Voraussetzungen, untersteht der entsandte Leiharbeit- nehmer weiterhin den Sozialrechtsvorschriften seines Heimatstaates. IV. Folgen für die legale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung Bei den Folgen für die legale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung ist nach den verschiedenen Schädigungssachverhalten zu unterscheiden. Praktisch häufigster Fall dürfte die Schädigung des ausländi- schen Leiharbeitnehmers sein40 . Daneben kann aber auch ein deutscher (Stamm-)Arbeitnehmer des Entlei- hers durch eine Pflichtverletzung des ausländischen Leiharbeitnehmers zu Schaden kommen. 1. Schädigung des ausländischen Leiharbeitnehmers im deutschen Entleiherbetrieb Die Ursache des Personenschadens des Leiharbeitnehmers kann zum einen auf einer Pflichtverletzung des Entleihers - etwa durch mangelhafte Einführung in die Arbeitsabläufe oder durch defekte oder nicht gesi- cherte Arbeitsgeräte -, zum anderen auf der Unachtsamkeit von Arbeitskollegen beruhen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen. a) Schädigung durch den Entleiher aa) Pflichtverletzungen des Entleihers können Schadensersatzansprüche wegen Personenschäden des Leiharbeitnehmers auslösen. Daneben findet der Schadensausgleich in der Regel auf einer zweiten Ebene, durch den bestehenden gesetzlichen Unfallversicherungsschutz statt. Unklar ist jedoch, wie die Haftungs- systeme bei der grenzüberschreitenden Arbeitnehmerüberlassung zusammenspielen und ob die deutsche Haftungsprivilegierung aus § 104 SGB VII zu Gunsten des deutschen Entleihers greift. bb) Das Statut der Rechtsbeziehung zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer folgt dem Arbeitsvertragssta- tut41 . Daraus folgt, dass die deutschen vertraglichen Haftungsvorschriften in der Regel nicht zur Anwendung gelangen, da das Arbeitsvertragsstatut dem ausländischen Heimatrecht von Verleiher und Leiharbeitneh- mer untersteht. Vertragliche Ansprüche können sich daher nur aus dieser Rechtsordnung ergeben. Ebenso verhält es sich mit den Ansprüchen aus unerlaubter Handlung. Durch Art. 41 EGBGB wird die Regelan- knüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort verdrängt42 . Folglich gelangen auch §§ 823ff. BGB nicht zur Anwendung. Zivilrechtliche Ansprüche des geschädigten Leiharbeitnehmers gegen den Entleiher unterlie- gen mithin insgesamt der ausländischen Heimatrechtsordnung von Verleiher und Leiharbeitnehmer. cc) Das Sozialrechtsstatut wird unabhängig von der kollisionsrechtlichen Behandlung der zivilrechtlichen Ansprüche bestimmt. Sind die Voraussetzungen einer vorübergehenden Entsendung des Arbeitnehmers in einen anderen Mitgliedstaat erfüllt, untersteht er gem. Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 weiterhin der sozialrechtlichen Absicherung seiner Heimatrechtsordnung. Es besteht somit kein Schutz in der deut- schen Unfallversicherung43 . Deutsche Unfallversicherungsträger müssen also im Falle der Schädigung ei- nes ausländischen Leiharbeitnehmers in einem deutschen Entleiherbetrieb nicht für den Ausgleich seines Personenschadens aufkommen. Dafür ist der ausländische Unfallversicherungsträger zuständig. Dieser kann dann möglicherweise Regress beim deutschen Entleiher nehmen. Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund der zivilrechtlichen Ansprüche des Leiharbeitnehmers stellt sich die Frage, ob sich der deutsche Entleiher auf die Haftungsbeschränkung aus § 104 SGB VII berufen kann. dd) Wie bereits ausgeführt, dient die Befreiung des Unternehmers von der Haftung der Kompensation sei- ner alleinigen Beitragspflicht44 . Sie stellt einen Reflex des Versicherungsschutzes dar, den der Unternehmer für sich und seine Mitarbeiter durch die Beitragszahlungen erwirbt45 . Für den ausländischen Leiharbeitneh- mer leistet der deutsche Entleiher keine Beitragszahlungen, da dieser nicht dem deutschen Sozialversiche- rungsrecht untersteht. Daher fehlt es an der zwingenden Verknüpfung von Zahlungspflicht und Haftungspri- vilegierung. Da zivilrechtlicher Haftungsausschluss und öffentlich-rechtliche Leistungsansprüche aber in 3
  • 4. einem untrennbaren Verhältnis zueinander stehen46 , verfehlte eine Anwendung der Vorschriften ihren Sinn und Zweck. Kollisionsrechtlich findet sich in Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 eine Sonderanknüpfung für die Haftungs- befreiung. Danach sind auf eine Haftungsbefreiung die Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats anzuwenden, welcher Leistungen für einen Schaden gewährt, der infolge eines Ereignisses im Gebiet eines anderen Mit- gliedstaats eingetreten ist. Dazu verweist Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 auf das Recht des Entsendestaats des Leiharbeitnehmers. Das heißt: Kommt ein ausländischer Leiharbeitnehmer in einem deutschen Betrieb zu Schaden, erwirbt er - neben den zivilrechtlichen Ansprüchen gegen den Entleiher - Ansprüche gegen den zuständigen Unfallversicherungsträger seines Heimatstaates. Parallel dazu kann sich eine Haftungsbeschränkung gem. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 zu Gunsten des deutschen Entleihers auch nur aus dem Recht dieses Staates ergeben47 . Hier zeigt sich das eingangs aufgezeigte Problem: Ob und in welchem Umfang die ausländischen Sozial- versicherungsvorschriften Haftungsbeschränkungen zu seiner Privilegierung enthalten, ist für den Entleiher nur mit großem Aufwand in Erfahrung zu bringen. Aber auch wenn die berufene Rechtsordnung Haftungs- beschränkungen enthält, kann daraus nicht geschlossen werden, dass diese zu Gunsten des deutschen Entleihers zwingend eingreifen. Das folgt erst aus der Auslegung und Subsumtion des ausländischen Sach- rechts. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 ist lediglich kollisionsrechtlicher Natur und erklärt die ausländische Sachnorm für anwendbar48 . Über die Erfüllung ihrer Voraussetzungen, insbesondere ihres persönlichen und sachlichen Anwendungsbereichs, sagt die Regelung nichts aus. Sollten die Vorschriften der ausländischen Haftungsprivilegierung vergleichbar dem Sinn und Zweck der deutschen Regelungen - Kompensation der Beitragszahlungspflicht - ausgestaltet sein, könnten sie einen „ausländischen“ (also deutschen) Entleiher aus ihrem Anwendungsbereich ausschließen. Dann käme dem deutschen Entleiher keinerlei Haftungsprivi- legierung zu Gute. Darüber hinaus bestimmt Art. 93 I i.V.m. Art. 93 II a.E. VO (EWG) Nr. 1408/71, dass ein Regressanspruch des leistenden Sozialversicherungsträgers aus ausländischem Recht gegen den Schädi- ger unabhängig eines etwaigen Haftungsausschlusses besteht. Dies verdeutlicht die unsichere rechtliche Lage, in die sich der Entleiher im Falle des Einsatzes ausländi- scher Leiharbeitnehmer begibt. Für ihn bedeutet die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer ein unüberschau- bares Haftungsrisiko durch die möglicherweise unbegrenzte zivilrechtliche Entschädigungspflicht bei Perso- nenschäden. Selbst wenn der ausländische Leiharbeitnehmer gegen den Entleiher keine Ansprüche gel- tend machen sollte sondern einen Ausgleich von seinem Unfallversicherungsträger erhält, besteht das Risi- ko für den deutschen Entleiher fort. Einem Regressanspruch des ausländischen Unfallversicherungsträgers ist er auch weiterhin - unabhängig von einer eingreifenden Haftungsprivilegierung - ausgesetzt. ee) Diese Ausgestaltung des gesetzlichen Haftungssystems lässt die grenzüberschreitende Arbeitnehmer- überlassung aus Sicht eines deutschen Entleihers als wirtschaftlich unattraktiv erscheinen. Kein Unterneh- mer wird in einer Wirtschaftsbranche tätig und bedient sich wirtschaftlicher Gestaltungsmöglichkeiten, wenn er das Haftungsrisiko dieser Maßnahmen nicht überschauen und einkalkulieren kann. Ob eine Inanspruch- nahme durch den ausländischen Leiharbeitnehmer vom Deckungsumfang der Betriebshaftpflichtversiche- rung umfasst wird, ist eine Frage der einzelvertraglichen Ausgestaltung des Versicherungsschutzes49 . Um grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung dennoch als wirtschaftlich interessantes Mittel nutzbar zu machen, ist es Aufgabe des einzelnen Unternehmers, präventive Maßnahmen zur Begrenzung seines Haf- tungsrisikos zu treffen. Vorab sind somit umfangreiche Informationen über die rechtliche Ausgestaltung des ausländischen Haftungssystems im Falle von Arbeitsunfällen einzuholen. Insbesondere spielt dabei die Frage nach einer Haftungsbegrenzung des Unternehmers eine Rolle50 . Daneben ist an eine zusätzliche Betriebshaftpflicht- oder Unfallversicherung zu denken, um etwaige Haftungsansprüche ausländischer Ar- beitnehmer oder Regressforderungen abzusichern51 . Hierdurch kann das wirtschaftliche Risiko auf eine hinnehmbare Größe reduziert werden. b) Schädigung durch einen Arbeitskollegen Darüber hinaus kann der ausländische Leiharbeitnehmer durch Pflichtverletzungen von Arbeitskollegen, z.B. durch unachtsamen Umgang mit gefährlichem Arbeitsgerät, zu Schaden kommen. Hier stellt sich e- benso die Frage nach der Haftung des schädigenden Arbeitnehmers. aa) Die zivilrechtliche Haftung der Arbeitnehmer untereinander ist - mangels vertraglicher Beziehungen zueinander - lediglich dem Recht der außervertraglichen Schuldverhältnisse, insbesondere dem Recht der unerlaubten Handlungen, zu entnehmen. Einschlägige Kollisionsnormen sind daher Art. 40f. EGBGB. Die Regelanknüpfung an den Handlungs- bzw. Erfolgsort nach Art. 40 I EGBGB führt bei einer Schädigung des ausländischen Leiharbeitnehmers im deutschen Entleiherbetrieb zur Anwendung der deutschen Rechtsord- nung. Seine Ersatzansprüche richten sich somit nach den §§ 823ff. BGB. bb) An den Ansprüchen des geschädigten Leiharbeitnehmers gegen den zuständigen Unfallversicherungs- träger ändert sich dagegen nichts. Sind die Voraussetzungen des Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 erfüllt, bleibt es beim sozialrechtlichen Schutz seines Heimatstaates52 . cc) Wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist, ob sich der deutsche Arbeitnehmer auf die Haftungspri- vilegierung des § 105 I SGB VII berufen kann. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 beruft jedoch hinsichtlich einer Haftungsbefreiung die Rechtsvorschriften desjenigen Staates, welcher Leistungen für einen Schaden gewährt, der infolge eines Ereignisses im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eingetreten ist. Dies führte lediglich zu etwaigen Haftungsprivilegierungen aus der einschlägigen ausländischen Rechtsordnung53 . 4
  • 5. Könnten die §§ 104f. SGB VII dagegen deliktsrechtlich qualifiziert werden, wären sie vom sachlichen An- wendungsbereich der sozialrechtlichen Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 nicht erfasst. Dann fielen sie in den Anwendungsbereich von Art. 40 EGBGB, welcher auf die deutsche Rechtsordnung verweist, und würden zu Gunsten des schädigenden Arbeitnehmers eingreifen. Führt man sich den Normbefehl der §§ 104f. SGB VII vor Augen, zeigt sich, dass die Vorschriften unmittelbar den zivilrechtlichen, deliktischen Anspruch aus- schließen54 . Sie wirken also unmittelbar auf diesen einzelnen Anspruch ein. Den sozialrechtlichen Charakter erhalten die Normen erst mittelbar, indem sie - aus arbeits- und sozialrechtlichen Motiven heraus55 - eine innerbetriebliche Haftung verhindern. Auch der Regress des Sozialversicherungsträgers wird lediglich mit- telbar (vgl. § 104 I 2, § 110 SGB VII) durch die Unterbindung eines übergangsfähigen Anspruchs verhindert. Dies spricht dafür, die Regelung des Ausschlusses des Anspruches deliktsrechtlich zu qualifizieren. Aller- dings stehen die vorrangigen Ziele der VO (EWG) Nr. 1408/71 dieser Interpretation entgegen. Die Verord- nung regelt die kollisionsrechtliche Behandlung von Haftungsbefreiungen abschließend und europaweit einheitlich56 . Unabhängig von einzelstaatlichen Ausgestaltungen der Haftungsbefreiungen durch verschie- dene Regelungsmodelle und ihr nationales Verständnis, erfasst sie alle Arten der Haftungsprivilegierung in Arbeitsverhältnissen. Somit fallen auch §§ 104f. SGB VII in ihren Anwendungsbereich und sind nicht an- wendbar. dd) Wie dem deutschen Entleiher kommen die §§ 104f. SGB VII damit auch dem deutschen Arbeitnehmer nicht zu Gute. Haftungsbefreiungen können sich ebenfalls - und mit denselben Problemen - nur aus dem einschlägigen ausländischen Sozialrecht ergeben57 . Andernfalls kann der ausländische Leiharbeitnehmer gegen den deutschen Arbeitnehmer unbegrenzt Schadensersatzansprüche geltend machen. Die wirtschaft- lichen und existenziellen Folgen für den deutschen Arbeitnehmer wären gravierend. Allerdings greift in diesem Fall die arbeitsvertragliche Haftungsbeschränkung im Innenverhältnis58 . Der Ar- beitsvertrag zwischen deutschem Arbeitnehmer und deutschem Arbeitgeber unterliegt deutschem Recht. So steht dem Arbeitnehmer gegen seinen Arbeitgeber nach allgemeiner Auffassung ein Freistellungsan- spruch zu, wenn die Voraussetzungen der internen Haftungsbeschränkung gegeben sind59 . Indes sieht die arbeitsrechtliche Haftungsbeschränkung in der Regel schon bei mittlerer Fahrlässigkeit eine anteilmäßige und bei grober Fahrlässigkeit die volle Haftung des Arbeitnehmers vor60 . § 105 I SGB VII lässt eine Haftung hingegen erst bei vorsätzlichem Handeln eintreten. Stellt man dem die Möglichkeit der Regressnahme des Unfallversicherungsträgers bei grober Fahrlässigkeit gegenüber (§ 110 SGB VII), relativiert sich diese „Haf- tungsverschärfung“. Hinzu kommt aber, dass der Arbeitnehmer nun das Insolvenzrisiko des Arbeitgebers trägt. Im Ergebnis heißt das: der deutsche Arbeitnehmer haftet dem ausländischen Leiharbeitnehmer nach den §§ 823ff. BGB - unter Vorbehalt des Eingreifens ausländischer Haftungsbefreiungen. Ihm steht aber regel- mäßig ein arbeitsvertraglicher Freistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, den Entleiher, zu61 . ee) Ist der schädigende Arbeitnehmer selbst Leiharbeitnehmer in dem deutschen Entleiherbetrieb, stellt sich die Frage, gegen wen - Entleiher oder Verleiher - sich ein Freistellungsanspruch richtet. Grundlage des arbeitsrechtlichen Freistellungsanspruchs ist ein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 670 analog i.V.m. § 257 BGB62 . Aufwendungen sind ersatzfähig, wenn sie im Rahmen des Arbeitsverhältnisses entste- hen und nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten werden63 . Neben Aufwendungen im engeren Sinn fallen unter den Begriff auch unmittelbare Schäden aus der freiwilligen Übernahme des tätigkeitsspezifischen Risikos64 . Grundvoraussetzung ist, dass ein Schaden bei Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit entstanden ist. Daneben muss ein tätigkeitsspezifischer Schaden vorliegen. Der Arbeitgeber haftet nicht für Schäden des Arbeitnehmers, die aus dem allgemeinen Lebensrisiko resultieren, vielmehr muss er dem Betätigungs- bereich des Arbeitgebers zuzurechnen sein65 . Für die Beantwortung der Frage, gegen wen sich der Freistel- lungsanspruch richtet, kommt es also darauf an, in wessen Risikobereich der Leiharbeitnehmer tätig wird. Auf Grund der Eingliederung und des Tätigwerdens im Entleiherbetrieb zieht der Entleiher einen unmittelba- ren Nutzen aus der Arbeitskraft des überlassenen Leiharbeitnehmers. Gleichzeitig trägt er unmittelbar das Risiko von Arbeitsunfällen, die bei ihm tätige Arbeitnehmer verursachen. Daher ist regelmäßig der Entleiher Schuldner des Freistellungsanspruchs66 . Gleiches ergibt sich, wenn man den Rechtsgedanken aus § 334 BGB heranzieht. Nach Sinn und Zweck dieser Norm können dem Dritten keine günstigeren Rechtspositio- nen als dem Versprechensempfänger zustehen67 . Die arbeitsrechtliche Haftung des Leiharbeitnehmers gegenüber dem Verleiher ist aber nach den allgemeinen Grundsätzen beschränkt68 . Für die Absicherung des Leiharbeitnehmers ist daneben von Interesse, ob zugleich ein Freistellungsan- spruch gegen seinen Vertragsarbeitsgeber, den Verleiher, besteht. Auch er zieht aus dem Einsatz des Leiharbeitnehmers Nutzen. Bei rein inländischen Sachverhalten gilt zu Gunsten des Verleihers im Falle von Personenschäden § 104 SGB VII69 . Schafft der Entleiher nun durch den Einsatz ausländischer Leiharbeit- nehmer eine haftungsrechtliche Sonderkonstellation, in der eine Haftungsbefreiung ausscheidet, kann dies nicht zu Lasten des Verleihers gehen. Dieses Risiko wird allein vom Entleiher geschaffen und gesteuert und ist daher auch allein von ihm zu tragen. Nur er entscheidet über konkrete Beschäftigungsbedingungen, unter denen der Leiharbeitnehmer tätig wird. Nur er hat das Risiko zu tragen, das sich im Falle des gemein- samen Einsatzes von ausländischen und deutschen Leiharbeitnehmern realisiert. Ein Freistellungsanspruch des deutschen Leiharbeitnehmers gegen den Verleiher kann sich daher nur in den seltenen Ausnahmefäl- len ergeben, in denen der Verleiher selbst eine Ursache zur Risikorealisierung gesetzt hat70 . 2. Schädigung des deutschen Arbeitnehmers durch den ausländischen Leiharbeitnehmer 5
  • 6. Natürlich kann sich auch die umgekehrte Situation ergeben, dass ein deutscher (Stamm-)Arbeitnehmer im Entleiherbetrieb durch eine Unachtsamkeit des ausländischen Leiharbeitnehmers zu Schaden kommt. Auch hier stellen sich die Fragen nach der Haftung. Für die zivilrechtliche Situation ergeben sich keine Unterschiede. Im Verhältnis der Arbeitnehmer unterein- ander greifen die §§ 823ff. BGB71 . Der deutsche Arbeitnehmer untersteht aber dem deutschen Sozialversi- cherungsrecht. Hier kommt der zuständige deutsche Unfallversicherungsträger für seine Personenschäden auf. So liegt es auf den ersten Blick nahe, dass auch die deutsche Haftungsbeschränkung des § 105 SGB VII zu Gunsten des ausländischen Leiharbeitnehmers greift. Für die bisherigen Fallkonstellationen bestimmte Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71, dass sich eine Haftungs- privilegierung aus dem Recht ergibt, welchem der leistungserbringende Unfallversicherungsträger unter- liegt. Dies führte zur Anwendung ausländischen Rechts - könnte also hier zur Anwendung des § 105 SGB VII führen. Die Voraussetzungen der Norm erfordern jedoch eine Verschiedenheit des Staates des leis- tungserbringenden Unfallversicherungsträgers und des Staates, auf dessen Gebiet das schädigende Ereig- nis eingetreten ist. Das liegt hier nicht vor, hier sind der Staat des haftenden Unfallversicherungsträgers und der Staat der Schädigung identisch. Art. 93 II VO (EWG) Nr. 1408/71 ist damit nicht einschlägig. So bleibt es bei der Anwendbarkeit von Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71, wonach der ausländische Leih- arbeitnehmer ausschließlich dem Sozialversicherungsrecht seines Heimatstaates unterliegt. Eine Haftungs- privilegierung zu seinen Gunsten kann sich daher auch nur aus dieser Rechtsordnung ergeben72 . Darüber hinaus würden Sinn und Zweck der §§ 104f. SGB VII verfehlt: Nach Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 unterliegt der ausländische Leiharbeitnehmer nicht der deutschen Sozialversicherungspflicht. Es besteht kein deutscher Unfallversicherungsschutz, und der deutsche Entleiher ist ebenso wenig beitrags- pflichtig73 . Somit ändert sich an der sozialversicherungsrechtlichen Stellung des ausländischen Leiharbeit- nehmers nichts. Für ihn greifen durchweg dieselben - ausländischen - Vorschriften unabhängig davon, ob er zu Schaden kommt oder selbst einen Schaden verursacht. V. Folgen für die illegale grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung Will ein Verleiher mit Sitz im Ausland einen Leiharbeitnehmer in einen deutschen Entleiherbetrieb entsen- den, bedarf er hierzu einer deutschen Überlassungserlaubnis gem. § 1 I 1 AÜG74 . Ist er nicht Inhaber einer solchen Erlaubnis, liegt illegale Arbeitnehmerüberlassung vor. Aus nationaler Sicht führt dies zum einen zur Unwirksamkeit aller Verträge (§ 9 Nr. 1 AÜG). Zum anderen wird ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer fingiert, § 10 I 1 AÜG. Dieser Norm kommt der Charakter einer international zwin- genden Vorschrift i.S.d. Art. 34 EGBGB zu75 . Damit ist sie unabhängig von der berufenen Rechtsordnung zwingend anzuwenden, es greift die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher76 . Kommt es im Falle illegaler Arbeitnehmerüberlassung zur Schädigung des ausländischen Leiharbeitneh- mers, ergibt sich hinsichtlich der Haftung des Unternehmers eine neue Situation: 1. Auf Grund der arbeitsrechtlichen Beziehung zwischen dem Entleiher und dem ausländischen Leiharbeit- nehmer sind sowohl vertragliche Ansprüche als auch solche aus unerlaubter Handlung einschlägig. Die vertraglichen Ansprüche entstammen unmittelbar dem fingierten Arbeitsverhältnis. Sie werden somit vom Arbeitsvertragsstatut (Art. 30 II EGBGB) erfasst, welches die anzuwendende Rechtsordnung bestimmt. Art. 30 II Nr. 1 EGBGB verweist auf das Recht des Staates, in welchem der Arbeitnehmer gewöhnlich seinen Arbeitsvertrag erfüllt. Es ist demnach auf den Ort abzustellen, an welchem er üblicherweise und im Wesent- lichen seine Arbeitsleistung erbringt77 . Vor dem Hintergrund von § 10 I AÜG, Art. 34 EGBGB ist auf den fingierten Arbeitsvertrag zum Entleiher abzustellen. Diesen erfüllt der Leiharbeitnehmer schwerpunktmäßig im deutschen Entleiherbetrieb. Vertragliche Schadensersatzansprüche ergeben sich mithin aus der deut- schen Rechtsordnung, so dass §§ 280ff. BGB zur Anwendung gelangen. Gleiches gilt für die Bestimmung des Deliktsstatuts. Hier verweisen sowohl die Regelanknüpfung aus Art. 40 I EGBGB als auch die Sonderanknüpfung aus Art. 41 I i.V.m. Art. 41 II Nr. 1 EGBGB auf deutsches Recht. Das Deliktsstatut läuft daher gleich mit dem Vertragsstatut, und die §§ 823ff. BGB sind einschlägig. 2. Besonderheiten ergeben sich aber bei der Bestimmung des Sozialrechtsstatuts: Die illegale Arbeitneh- merüberlassung stellt keine Entsendung i.S.d. Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 dar78 . Aus deut- scher Sicht ist das Arbeitsverhältnis zum ausländischen Verleiher als unwirksam zu betrachten, so dass das Beschäftigungsverhältnis während der Dauer des Einsatzes im Inland nicht fortbesteht79 . Da keine Entsen- dung vorliegt, ist die VO (EWG) Nr. 1408/71 nicht anwendbar. Es gelangen die nationalen Kollisionsnormen (§§ 3-6 SGB IV) zur Anwendung. In der vorliegenden Konstellation der grenzüberschreitenden (illegalen) Arbeitnehmerüberlassung nach Deutschland ist § 5 I SGB IV einschlägig. Weitgehend inhaltsgleich mit Art. 14 I Nr. 1 lit. a) VO (EWG) Nr. 1408/71 bestimmt er die anzuwendende Rechtsordnung80 . Auch § 5 SGB IV setzt aber eine vorübergehen- de Entsendung eines Arbeitnehmers voraus. Dies ist auf Grund der Rechtsfolgen aus § 9 Nr. 1, § 10 I AÜG, Art. 34 EGBGB ebenso zu verneinen. Es verbleibt bei der Regelanknüpfung aus § 3 Nr. 1 SGB IV. Anknüp- fungsmoment ist der Beschäftigungsort. Dieser liegt im deutschen Entleiherbetrieb, so dass bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung die Vorschriften des deutschen Sozialrechts auf den ausländischen Arbeitnehmer anwendbar sind81 . 3. Daraus folgt, dass der ausländische Leiharbeitnehmer im Falle von Personenschäden, die aus einem Arbeitsunfall resultieren, Leistungsansprüche gegen den deutschen Unfallversicherer erwirbt. Gleichzeitig folgt aber aus der Anwendbarkeit des SGB, dass im Unterschied zur legalen Arbeitnehmerüberlassung die 6
  • 7. Haftungsbefreiungen der §§ 104f. SGB VII zu Gunsten des Arbeitgebers und der von ihm beschäftigten (ausländischen) Arbeitnehmer nun eingreifen82 . Auf den ersten Blick scheint sich hier ein Wertungswider- spruch zur legalen Überlassung von ausländischen Leiharbeitnehmern zu ergeben. Die Anwendung der §§ 104f. SGB VII ist aber sachgerecht und folgerichtig. Das erklärt sich zum einen daraus, dass der deutsche Entleiher bei illegaler grenzüberschreitender Arbeitnehmerüberlassung als Arbeitgeber gem. § 150 I SGB VII selbst Beitragsschuldner der gesetzlichen Unfallversicherung wird. Im Unterschied zur illegalen Arbeit- nehmerüberlassung bei rein inländischem Sachverhalt zahlt hier der ausländische Verleiher keine eigenen Beiträge an einen deutschen Unfallversicherungsträger. Das entgeltliche Beschäftigungsverhältnis zum Entleiher ruht also nicht83 . Ist aber der deutsche Entleiher allein beitragspflichtig und untersteht der auslän- dische Leiharbeitnehmer dem deutschen Unfallversicherungsschutz, greift damit auch der Sinn und Zweck der §§ 104f. SGB VII. Zum anderen kommt es auf Grund der Verweisung aus § 3 SGB IV zu einem Gleich- lauf des Sozialrechtsstatuts mit dem Arbeitsvertrags- und Deliktsstatut. Alle Ansprüche werden so einheit- lich von derselben Rechtsordnung geregelt, so dass Anpassungsprobleme und Wertungswidersprüche vermieden werden. Für zivilrechtliche Haftungstatbestände, -befreiungen sowie sozialrechtliche Ersatzan- sprüche ist damit nur deutsches Recht maßgeblich. VI. Schlussbetrachtungen Arbeitsunfälle bei der Beschäftigung ausländischer Leiharbeitnehmer bergen kaum vorhersehbare wirt- schaftliche Risiken für deutsche Entleiher in sich. Dies liegt daran, dass sich zivilrechtliche Haftungsansprü- che sowie etwaige Haftungsprivilegierungen zumeist nach ausländischem Recht richten, dessen Regelun- gen deutschen Unternehmern unbekannt sind. Eine gewisse Absicherung gegen eine unbegrenzte Inan- spruchnahme wegen Personenschäden können Zusatzversicherungen bieten. Bei der illegalen grenzüber- schreitenden Arbeitnehmerüberlassung finden hingegen die deutschen Haftungsvorschriften samt - privilegierungen Anwendung. Auffallend ist, dass nur ganz vereinzelt Entscheidungen hierzu existieren. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass ein Ausgleich von erlittenen Personenschäden auf unkonventi- onellem Weg erfolgt - um einen Gang vor die Gerichte zu vermeiden. Ein anderer Erklärungsansatz mag in der komplizierten Ausgestaltung des Zusammenspiels der verschiedenen Rechtsordnungen zu sehen sein. * Die Verfasser sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Institut für Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht, Abteilung II, Prof. Dr. Peter Schüren, Universität Münster. 1 F.A.Z. v. 3. 3. 2006, S. 17; siehe zur aktuellen Entwicklung der Branche Arbeitsmarkt 2005, Sondernummer der Amtli- chen Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit v. 24. 8. 2006, S. 101, Tabelle II. D. 6, S. 113. 2 Zehnter Bericht der Bundesregierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes - AÜG (10. Erfahrungsbericht AÜG), BT-Ds. 15/6008, S. 15. 3 63 Verleiherlaubnisse im Berichtszeitraum 2000-2004, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15. 4 34 Verleiherlaubnisse im Berichtszeitraum 2000-2004, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15. 5 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 15. 6 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 21. 7 So werden Einsätze ausländischer Leiharbeitnehmer insbesondere der Tätigkeitskategorie der Bundesagentur für Arbeit „Hilfsarbeiten ohne nähere Tätigkeitsangabe“ zugeordnet, 10. Erfahrungsbericht AÜG, BT-Ds. 15/6008, S. 16, Übersicht 7 auf S. 30; siehe auch F.A.Z. v. 14. 8. 2006, S. 13. 8 Ausf. dazu Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, 3. Aufl. (im Erscheinen), Einl. Rn. 102ff., insb. 161ff.; Walker, AcP 1994, 295, 309; unklar Thüsing/Thüsing, AÜG, 2005, Einf. Rn. 35, 37f. 9 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 162. 10 Vgl. ErfK/Wank, 6. Aufl. 2006, Einl. AÜG Rn. 84: „Quasi-Arbeitsverhältnis“; allg. dazu MünchKommBGB/Gottwald, 4. Aufl. 2003, § 328 Rn. 29f. 11 Beachte aber in diesem Zusammenhang den originären Anspruch des Unfallversicherungsträgers gegen den Schädi- ger schon im Falle grober Fahrlässigkeit gem. § 110 SGB VII. 12 Grundlegend dazu BVerfG v. 7. 11. 1972, NJW 1973, 502; ErfK/Rolfs, § 104 SGB VII Rn. 1 m.w.N. 13 BVerfG v. 7. 11. 1972, NJW 1973, 503; Krasney, NZS 2004, 7; ausf. Faecks, Haftungsausschluss im Betrieb - ein Beitrag zur Klärung einer Schnittstelle zwischen Arbeits- und Sozialrecht, in: Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deut- schen Anwaltverein, FS zum 25-jährigen Bestehen, 2006, 1207, 1208ff. 14 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 722; vgl. z.B. OLG Hamm, NZA-RR 2000, 648. 15 Krasney, NZS 2004, 7, 9; Bereiter-Hahn/Mehrtens, 5. Aufl. 1997 (Stand: Mai 2006), § 104 SGB VII Rn. 8.5. 16 Dies ist zur Zeit aus den „alten“ Staaten der EU und den Staaten des EWR zulässig. Eine Überlassung aus Drittstaa- ten ist verboten. Nach Ablauf der Übergangsfrist wird Arbeitnehmerüberlassung auch aus den „neuen“ EU- Mitgliedstaaten, den sog. MOE-Staaten, möglich sein. Vgl. ausf. Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 528, 615ff.; siehe auch Temming, RdA 2005, 186. 17 Staudinger/Magnus, 13. Bearbeitung 2002, Art. 30 EGBGB Rn. 99; Schlachter, NZA 2000, 57, 59. 18 Vgl. HWK/Strick, 2. Aufl. 2006, Art. 27, 30, 34 EGBGB Rn. 17; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 55. 19 Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 632ff. m.w.N. 20 Siehe dazu die Ausführungen unter II. 1. 21 Für die Herleitung siehe unter II. 1. 22 Kropholler, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 2004, S. 113. 23 Staudinger/Magnus, Art. 30 EGBGB Rn. 33 m.w.N. 24 Siehe den Bericht zum Gesetzentwurf von Giuliano/Lagarde, BT-Ds. 10/503, S. 33, 57f.: „de-facto- Arbeitsverhältnisse“; vgl. auch MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl. 2006, Art. 30 EGBGB Rn. 21. 25 Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 638; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 66. 26 Staudinger/v. Hoffmann, Neubearbeitung 2001, Art. 40 EGBGB Rn. 11; MünchKommBGB/Junker, Art. 41 EGBGB Rn. 21. 7
  • 8. 27 Vgl. allg. zum allseitigen Ausbau einseitiger Kollisionsnormen v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, 8. Aufl. 2005, § 4 Rn. 10ff.; speziell zu § 5 SGB IV siehe KassKomm/Seewald (Stand: Januar 2006), § 5 SGB IV Rn. 1; Stein- meyer, Die Einstrahlung im internationalen Sozialversicherungsrecht, 1981, S. 39f. 28 Ausf. Devetzi, Die Kollisionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 155ff. 29 Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. 6. 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (ABlEG Nr. L 149 v. 5. 7. 1971, S. 2ff.), in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABlEG Nr. L 230 v. 22. 8. 1983, S. 6ff.) geänderten und aktualisierten Fassung, zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 629/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. 4. 2006 (ABlEG Nr. L 114 v. 27. 4. 2006, S. 1ff.). 30 Möglichkeiten zur Verlängerung dieser Höchstdauer ergeben sich zum einen aus Art. 14 I Nr. 1 lit. b) VO (EWG) Nr. 1408/71, zum andren durch abweichende bilaterale Vereinbarungen i.S.d. Art. 17 VO (EWG) Nr. 1408/71, durch welche sich Überlassungshöchstzeiten von fünf bis sechs Jahren herausgebildet haben; vgl. ausf. dazu Görres, Grenzüber- schreitende Arbeitnehmerentsendung in der EG, 2003, S. 73f.; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 55. 31 Allg. zum sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung (EWG) 1408/71 Horn, ZIAS 2002, 120, 125f. 32 Vgl. Fuchs/Steinmeyer, Europäisches Sozialrecht, 4. Aufl. 2005, Art. 14 Rn. 10; Cornelissen, RdA 1996, 329, 333; ausf. dazu Devetzi, Die Kollisionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 66ff., 68 und Joussen, Sozialrechtli- che Probleme der Arbeitnehmerentsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen Systemwettbewerb, 2005, 257, 260ff. 33 Vgl. Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 56; Fuchs/Steinmeyer, Art. 14 Rn. 12. 34 EuGH v. 17. 12. 1970, Rs. 35/70 - „Manpower“, Slg. 1970, 1251; Cornelissen, RdA 1996, 329, 333; Devetzi, Die Kolli- sionsnormen des Europäischen Sozialrechts, 2000, S. 69; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53, 56ff.; Schü- ren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 680; zur Parallelproblematik in § 4 SGB IV siehe Mastmann/Stark, BB 2005, 1849, 1853ff. 35 EuGH v. 10. 2. 2000, Rs. C-202/97 - „Fitzwilliam“, Slg. 2000, 883; v. 9. 11. 2000, Rs. C-404/98 - „Plum“, Slg. 2000, 9379; SG Dortmund v. 25. 2. 2005, EzAÜG SGB IV Nr. 32; Brand, ZESAR 2006, 108, 109f.; Cornelissen, RdA 1996, 329, 334. 36 EuGH v. 9. 11. 2000, Rs. C-404/98 - „Plum“, Slg. 2000, 9379, 9395; Horn, ZIAS 2002, 120, 133; Fuchs/Steinmeyer, Art. 14 Rn. 13. 37 Vgl. Joussen, Sozialrechtliche Probleme der Arbeitnehmerentsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen Systemwettbewerb, 2005, 257f., 269. 38 Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 4. 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit, ABlEG Nr. L 166 v. 30. 4. 2004, S. 1ff. 39 Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 wird durch Art. 90 I der bereits am 20. 5. 2004 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 883/2004 mit Beginn deren Anwendbarkeit aufgehoben. Sie „gilt“ jedoch gemäß Art. 91 erst, wenn die dazu- gehörige Durchführungsverordnung in Kraft getreten ist. Damit wird nicht vor 2009 zu rechnen sein. Aktuell findet somit weiterhin die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 Anwendung (vgl. Joussen, Sozialrechtliche Probleme der Arbeitnehmer- entsendung, in: Steuer- und Sozialstaat im europäischen Systemwettbewerb, 2005, 257, 260 m.w.N.). 40 Siehe dazu die Ausführungen unter I. 41 Siehe dazu die Ausführungen unter III. 2. 42 Siehe dazu die Ausführungen unter III. 3. 43 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 720f., 725. 44 Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2. 45 Krasney, NZS 2004, 7; Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 726 m.w.N. 46 KassKomm/Ricke, § 104 SGB VII Rn. 2; vgl. auch Lauterbach/Dahm, 4. Aufl. 1997 (Stand: Januar 2006), § 104 SGB VII Rn. 4, 6. 47 Vgl. OLG Koblenz v. 29. 8. 2002, IPRax 2003, 536 (unter Zugrundelegung von §§ 3ff. SGB IV); Eichenhofer, IPRax 2003, 525, 526f.; Fuchs/Eichenhofer, Art. 93 Rn. 2, 7; Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 727, 730. 48 Vgl. EuGH v. 2. 6. 1994, Rs. C-428/92, Slg. 1994 I, 2259; siehe auch Fuchs/Eichenhofer, Art. 93 Rn. 2, 3; Eichenho- fer, IPRax 2003, 525, 526f.; Nowak/Reiter, ZESAR 2005, 53f. 49 Vgl. Littbarski, AHB, 2001, § 4 Rn. 47f. m.w.N. 50 Das niederländische Recht sieht - vergleichbar den deutschen Regelungen - einen Regressanspruch des Unfallversi- cherungsträgers vor, der aber regelmäßig (bis auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) ausgeschlossen ist, Art. 99, 100 Wet werk en inkomen naar arbeidsvermogen. Auf der zivilrechtlichen Seite existiert jedoch lediglich eine Haftungsbe- freiung unter Arbeitnehmern, Art. 7:661, 6:170 Burgerlijk Wetboek. Unternehmer haften dagegen grundsätzlich voll, es sei denn, der Arbeitnehmer hat vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt, Art. 7:658 Burgerlijk Wetboek (vgl. Haas, Arbeitsrecht in den Niederlanden, 1996, Rn. 37f.). Eine noch weitergehende Haftung sieht das englische Recht vor. Hier existieren keinerlei Haftungsprivilegierungen, so dass Arbeitnehmer und Unternehmer voll haften, vgl. Vor, Zeitarbeit im Rechtsvergleich Deutschland - Großbritannien sowie bei Grenzüberschreitungen, 1992, S. 211; Appelby, ZESAR 2003, 312, 315ff. Auch nach ungarischem Recht haftet der Arbeitgeber voll für Schäden, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeits- verhältnisses erleidet. Der Arbeitgeber wird nur von der Haftung befreit, wenn er nachweisen kann, dass der Schaden durch einen unabwendbaren Grund oder ein unabwendbares Verhalten des Geschädigten verursacht wurde. Ebenso haftet der Arbeitnehmer grundsätzlich voll für Schäden, die er dem Arbeitgeber zufügt. Bei fahrlässigem Handeln ist die Höhe des Anspruchs auf die Hälfte des monatlichen Brutto-Durchschnittsverdienstes begrenzt, ausf. Radnay, ZESAR 2005, 417, 420 und Pajor-Bytomski, Arbeitsrecht in Ungarn, 1998, Rn. 65f., 125. 51 Ähnlich auch Mastmann/Offer, AuA 2005, 330, 333. 52 Ausf. dazu unter III. 4. und IV. 1. a). 53 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 729, 731. 54 KassKomm/Ricke, § 104 SGB VII Rn. 5; ErfK/Rolfs, § 104 SGB VII Rn. 24. 55 Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.). 56 Siehe Art. 249 Abs. 2 EG, vgl. auch Fuchs/Fuchs, Einf. Rn. 35ff. 57 Siehe die Ausführungen in Fn. 50. 8
  • 9. 58 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 732. 59 Allg. dazu MünchArbR/Blomeyer, 2. Aufl. 2000, § 60 Rn. 15ff. 60 ErfK/Preis, § 619a BGB Rn. 13ff. 61 Der Unternehmer sollte sich auch gegen diese Inanspruchnahme durch den eigenen Arbeitnehmer absichern, vgl. oben unter IV. 1. a) ee). 62 So schon BAG GS v. 10. 11. 1961, NJW 1962, 411; siehe auch Söllner/Waltermann, Grundriss des Arbeitsrechts, 13. Aufl. 2003, Rn. 827. 63 Allg. Meinung, vgl. statt vieler MünchKommBGB/Müller-Glöge, 4. Aufl. 2005, § 611 Rn. 890, 907ff. 64 BAG v. 8. 5. 1980, NJW 1981, 702; MünchKommBGB/Seiler, § 670 Rn. 14 m.w.N.; krit. Palandt/Sprau, 65. Aufl. 2006, § 670 BGB Rn. 11. 65 BAG v. 16. 3. 1995, NZA 1995, 836; HWK/Krause, § 619a BGB Rn. 76ff. 66 Schüren/Hamann/Brors, AÜG, Einl. Rn. 462, 484ff.; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 47. 67 Allg. dazu MünchKommBGB/Gottwald, § 334 Rn. 1; speziell zur Arbeitnehmerüberlassung Urban-Crell/Schulz, Arbeit- nehmerüberlassung und Arbeitsvermittlung, 2003, Rn. 498. 68 Statt vieler ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 46. 69 Siehe dazu die Ausführungen unter II. 2.). 70 Ausf. und mit Beispielen Schüren/Hamann/Brors, AÜG, Einl. Rn. 452ff. (zum Aufwendungsersatzanspruch). 71 Siehe dazu die Ausführungen unter IV. 1. b) aa). 72 Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 728. 73 Siehe dazu die Ausführungen unter III. 4. 74 Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 45; ErfK/Wank, Einl. AÜG Rn. 85ff. 75 BSG v. 25. 10. 1988, BSGE 64, 145; Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 646; Ulber, AÜG, 3. Aufl. 2006, Einl. F Rn. 4. 76 Vergleichbar ist die rechtliche Behandlung der Überlassung von Arbeitnehmern aus Mischbetrieben, Thüsing/Mengel, AÜG, § 9 Rn. 19; a.A. Ulber, AÜG, § 9 Rn. 27. Allg. zur Wirkung international zwingenden Rechts i.S.v. Art. 34 EGBGB v. Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht, § 10 Rn. 93ff.; speziell aus arbeitsrechtlicher Sicht Carsten Müller, Inter- national zwingende Normen des deutschen Arbeitsrechts, 2005, S. 78ff. 77 Siehe die Nachweise in Fn. 17. 78 LSG Niedersachsen v. 16. 9. 1982, EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 15; siehe auch Sandmann/Marschall, AÜG (Stand: Juli 2006), Art. 1 § 3 Rn. 71; Boemke/Lembke, AÜG, 2. Aufl. 2005, Einl. Rn. 27. 79 Vgl. Schüren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG, Einl. Rn. 686; Thüsing/Thüsing, AÜG, Einf. Rn. 70. 80 Siehe dazu schon die Ausführungen unter III. 4. a). 81 BSG v. 25. 10. 1988, BSGE 64, 145; LSG Niedersachsen v. 16. 9. 1982, EzAÜG § 10 AÜG Fiktion Nr. 15; Schü- ren/Hamann/Riederer v. Paar, AÜG Einl. Rn. 687 m.w.N. 82 Dem steht es nicht entgegen, wenn der ausländische Leiharbeitnehmer im Besitz einer „E-101“-Bescheinigung ist. Zwar bindet die Bescheinigung grundsätzlich die zuständigen Versicherungsträger. Es besteht aber die Einschränkung, dass allein aus nationalem Recht ableitbare günstigere Rechtspositionen nicht entfallen dürfen, vgl. LSG Thüringen v. 10. 3. 2004, EzAÜG Sozialversicherungsrecht Nr. 44 m.w.N. Zur Bindungswirkung der Bescheinigung siehe zuletzt EuGH v. 26. 1. 2006, Rs. C-2/05 - „Herbosch“, ZESAR 2006, 225 m. Anm. Horn. 83 Vgl. dazu Schüren/Hamann/Schüren, AÜG, Einl. Rn. 772, 784ff. 9