Haftung im Bereich des Steuerrechts – dr Wojciech Sztuba
Haftung Dritter (z.B. Vorstandsmitglieder) für Steuerschulden einer Kapitalgesellschaft nach der Abgabenordnung:
• Grundsätze und Bedingungen der Haftung von Dritten,
• Festlegung der Haftungsperiode,
• Merkmale der Haftung (solidarisch, mit dem Gesamtvermögen).
Finanzstrafrechtliche Haftung nach den Vorschriften des Finanzstrafgesetzbuches – allgemeine Bemerkungen
• Grundsätze und Bedingungen der finanzstrafrechtlichen
Haftung
• Schuld als Tatbestandsmerkmal der Haftung
• Typische Fälle der finanzstrafrechtlichen Haftung
• Instrumente zur Vermeidung der Haftung/ Minderung der Bestrafung des Täters im Finanzstrafrecht (z.B. Korrektur der Steuererklärungen, Tätige Reue, Freiwillige Unterwerfung
der Haftung)
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Haftung von Geschäftsführern und Prokuristen in Kapitalgesellschaften polnischen Rechts
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Haftung von Geschäftsführern und Prokuristen
in Kapitalgesellschaften polnischen Rechts
- Steuerrecht und Steuerstrafrecht-
Dr. Wojciech Sztuba | TPA Poland
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Haftung für Steuerverbindlichkeiten (nach der
Abgabenordnung)
Strafrechtliche Verantwortung (nach dem
Steuerstrafgesetzbuch)
Einschränkung von Haftungsrisiken
Agenda
Seite 2
Beispiel zur Abgrenzung beider Haftungsbereiche:
Körperschaftsteuer wird überfällig
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Grundsatz: für Steuerschulden einer Kapitalgesellschaft haftet vor allem sie selbst
Allerdings (unter bestimmten Voraussetzungen) Haftung von Dritten, hier:
Vorstand / Geschäftsführung
Bei einer Gesellschaft in Gründung ohne Vorstand / Geschäftsführung haftet der
Bevollmächtigte der Gesellschaft. Fehlt auch der Bevollmächtigte, haften die
Gesellschafter.
Ab 01.01.2016 haften Liquidatoren wie der Vorstand lt. Art. 116b AO-PL (mit Ausnahme
von Schulden, die vor dem Jahr 2016 entstanden sind)
Polnische AO sieht keine Steuerhaftung vor in Bezug auf:
Aufsichtsratsmitglieder
Prokuristen
Art. 116 AO-PL
Seite 3
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Eigene Steuern der Gesellschaft (zB. KSt)
erhaltene Vorsteuerüberhänge, wenn sie wegen Berichtigung zugunsten des FA
zurückzuzahlen sind
durch die Gesellschaft einzubehaltende Steuern von Dritten (Lohnsteuer, Quellensteuer)
steuerliche Säumniszinsen
Vollstreckungskosten
Sozialversicherungsbeiträge
Beiträge zum Arbeitsfonds, zum Fonds für garantierte Arbeiternehmerleistungen, zum Fonds
für Überbrückungsrenten und zum Fonds für die Rehabilitation Behinderter
Seite 4
Art. 116 AO-PL, Art. 31-32 des Gesetzes über das Sozialversicherungswesen
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Haftung der (ehemaligen und gegenwärtigen) Vorstandsmitglieder / der Geschäftsführung für
nicht verjährte:
Steuerrückstände, deren Zahlungsfrist während ihrer Amtszeit verstrichen ist
Sonstige steuerliche, in Art. 52 AO-PL genannte Rückstände (unrichtigerweise
zurückerhaltenen Steuerüberzahlungen ggf. samt ihrer Verzinsung, inkorrekt ermittelte
Vergütungen für Steuereinbehaltung), die während der Amtszeit entstanden sind
Siehe Urteil v. Verwaltungsgericht Warschau vom 23.03.2018, Aktenzeichen III SA/Wa
1359/17 (Verantwortung trotz Krankenschein)
Festlegung der Haftungsperiode:
Möglichkeit zur aktiven Wahrnehmung der dem Vorstand / der Geschäftsführung
obliegenden Pflichten (d.h. seit der Bestellung bis zur Abberufung)
die Eintragung in den Handelsregister KRS hat lediglich einen deklaratorischen Charakter
Mutterschafts- oder Gesundheitsurlaub hat keine von der Haftung befreiende Wirkung
Seite 5
Art. 116 AO-PL
Abberufung am 23.IV, Eintragung im Handelsregister am 27.IV – der abberufene
Geschäftsführer wird also für die USt-Schuld für März nicht mehr haften müssen
(da die Zahlungsfrist am 25.IV abläuft).
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Sachverhalt Nr. 1: Ein Geschäftsführer nimmt seine Pflichten seit 2016 wahr. In der KSt-
Erklärung für 2016 wurde ein Verlustvortrag aus früheren Geschäftsjahren geltend gemacht.
Kann der Geschäftsführer zur Haftung gezogen werden, sollten die vorgetragenen Verluste in
diesen früheren Geschäftsjahren inkorrekt ermittelt werden?
Sachverhalt Nr. 2: Kann ein Geschäftsführer zur Haftung gezogen werden, wenn während
seiner Amtszeit die Umsatzsteuerschuld um die Vorsteuerüberhänge aus früheren Perioden
(vor seiner Amtszeit) gemindert wird, sollte es sich herausstellen, dass diese
Vorsteuerüberhänge damals zu hoch ermittelt wurden?
Seite 6
Bejahende Urteile der Finanzgerichte und Einzelerledigungen: Oberfinanzgericht NSA I FSK 1219/14 vom
17.12.2015; IBPBII/2/415-1288/09/AK vom 25.03.2010, IBPP1/443-1327/09/AZb vom 23.03.2010
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Eventl. Steuerbescheid wird
rechtskräftig
Vollstreckung aus dem
Vermögen der Gesellschaft
Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Seite 7
Keine fristgerechte Einzahlung einer vom FA festgesetzten Steuer
Zustellung eines Steuerbescheids mit der ermittelten Steuer
Einleitung der Zwangsvollstreckung bei Selbstveranlagung
erfolglos
Art. 47, 108 AO-PL
Steuerbescheid
(Zahlung innerhalb von 14
Tagen nach Zustellung)
Verfahren gegen den Vorstand /
GF kann eingeleitet werden
Aussetzung bis zur
Erlangung der Rechtskraft
Vollstreckung aus dem
Vermögen der
Vorstandsmitglieder / der
Geschäftsführung
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Merkmale der Haftung:
gesamtschuldnerisch - die Finanzbehörde wird das Verfahren gegen alle betroffenen
Mitglieder des Vorstands / der Geschäftsführung einleiten, aber die Vollstreckung kann aus
dem Vermögen jedes Einzelnen geführt werden (Gesamtschuldnerschaft im
Außenverhältnis). Werden vom Steuergläubiger nur einige GF-/Vorstandsmitglieder in
Anspruch genommen, so bleibt ihr Anspruch gegen anderen Mitgliedern auf Erstattung ihrer
Anteile nach Art. 376 ZivilGB-PL bestehen
mit dem Gesamtvermögen – sowohl mit dem Vermögen, das zum Zeitpunkt der
Vollstreckung besteht, als auch mit dem erst in Zukunft entstehenden Vermögen
Seite 8
Art. 116 AO-PL
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Die Haftung kommt dann in Betracht:
wenn sich die Vollstreckung aus dem Vermögen der Gesellschaft als erfolglos erweist
und wenn das Mitglied der GF / des Vorstands kein Vermögen der Gesellschaft offenbart,
mit dem die Steuerrückstände der Gesellschaft wesentlich getilgt werden können
und wenn von der Geschäftsführung / dem Vorstand kein Antrag auf Eröffnung der
Insolvenz (oder Einleitung des Insolvenzvergleichs) rechtzeitig gestellt wurde (dabei gilt
nach dem Insolvenzrecht die Frist von 2 Wochen nach Eintreten der
Insolvenzprämissen), es sei denn, dass der einzelne GF-/ Vorstandsmitglied die
unterlassene Antragstellung nicht verschuldet hat
Siehe Urteil Finanzgericht Warschau vom 23.03.2018 r., Akz. III SA/Wa 1136/17
(Insolvenzprämisse schon bei nur wahrscheinlicher Zahlungsunfähigkeit)
Seite 9
Art. 116 AO-PL
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Aus der Rechtsprechung:
der Insolvenzantrag muss zulässig sein (wird er aus formellen Gründen zurückgewiesen, tritt
die haftungsbefreiende Wirkung nicht ein). Dabei ist für die Haftungsbefreiung unbeachtlich,
ob das Gericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschließt (Oberfinanzgericht NSA,
Urteil vom 13.11.2002, Aktz. SA/Sz 1856/00).
Ausschluss des eigenen Verschuldens kann aber zB dann vorliegen, wenn die
Insolvenzprämissen erst nach der Amtszeit des jeweiligen GF-/Vorstandsmitglieds eingetreten
sind (Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 20.11.2003, Aktz: III SA 110/02)
Ausschluss des eigenen Verschuldens kann zB. mit einer sehr schweren Erkrankung
begründet werden (vrgl. Urteil vom Finanzgericht Warschau vom 23.03.2018, Aktenzeichen III
SA/Wa 1359/17)
Es wird in der Rechtsprechung angenommen, dass eine Kompetenzverteilung im Vorstand /
Geschäftsführung keine ausreichende Begründung für den Ausschluss darstellt
(Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 23.11.2010, Aktz.: I FSK 2082/09 und vom 14/03/2014
Aktz.: I FSK 542/13).
Seite 10
Art. 116 AO-PL
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Haftung Dritter für Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft
Verjährung der Haftung erfolgt nach 5 Jahren ab Ende des
Veranlagungszeitraumes, in dem die Steuerverbindlichkeit der Kapitalgesellschaft
entstanden ist ein Steuerbescheid darf nicht mehr ergehen
Verjährung der Steuerverbindlichkeit aus dem zu ungunsten des GF-/
Vorstandsmitglieds erlassenen Steuerbescheid über die Haftung Dritter nach 3
Jahren ab Ende des Kalenderjahres, in dem ein solcher Steuerbescheid zugestellt
wurde (bei Sozialversicherungsbeiträgen: 5 Jahre)
Seite 11
Art. 118 AO-PL, Art. 24 Abs. 5d des Gesetzes über das Sozialversicherungswesen
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Verfolgt werden Finanzstraftaten mit folgenden Merkmalen:
gesellschaftlich schädlich – eine Tat mit sehr geringfügiger Sozialschädlichkeit stellt
keine Steuerstraftat bzw. Steuerordnungswidrigkeit. Der Grad der Sozialschädlichkeit hängt
u.a. von der Schwere der steuerlichen Pflichtverletzung, der Höhe der verkürzten oder
gefährdeten Abgabe, dem Vorsatz und der Absicht des Täters, den
Tatbegehungsumständen, vom Grad der Fahrlässigkeit.
gesetzlich verboten zum Zeitpunkt der Tatbegehung, Rückwirkungsverbot
verschuldet – der Täter muss zurechnungsfähig sein (es sei denn, dass er sich selbst in
den die Zurechnung ausschließenden Zustand versetzt hat)
in der Regel nur vorsätzlich begangene Straftaten (direkter Vorsatz oder Eventualvorsatz,
„billigend in Kauf nehmend“)
Nicht vorsätzlich (sondern aus Fahrlässigkeit) begangene Taten sind nur dann strafbar,
wenn das Gesetz das ausdrücklich bestimmt – bei Steuer- und Zollhehlerei, bei
Nichtbeachtung der Aufsichtspflicht
Seite 12
Art. 1, 2, 4, 53 § 7 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Bestraft werden können nur natürliche Personen
Bei Personenzusammenschlüssen (zB bei Kapitalgesellschaften) gilt als Täter
derjenige, der sich mit den Wirtschaftangelegenheiten, insb.
Finanzangelegenheiten befasst
Es soll auch zwischen unmittelbarer und mittelbarer Täterschaft (unterschieden
werden
Seite 13
Art. 1, 2, 4, 9 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Befassung mit Finanzangelegenheiten
Keine gesetzliche Definition vorhanden
In der Literatur verstanden als „Vornahme von Entscheidungen oder Teilnahme
am Entscheidungsprozess bzw. Beeinflussung der Entscheidungen“
Vorausgesetzt wird ein bestimmter Grad der Selbständigkeit (im Gegensatz zu
rein technischen, ausführenden Tätigkeiten)
In der Praxis werden die Strafverfolgungsorgane aufgrund der Struktur der
Gesellschaft und der reellen Aktivitäten (Kontakte mit der Finanzverwaltung,
Unterschriften an den Steuererklärungen, usw.) versuchen festzustellen, wem die
Steuerangelegenheiten der Gesellschaft obliegen
Seite 14
Art. 9 § 3 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Steuerstrafrechtliche Folgen können also letztendlich gegen unterschiedliche Personen
gezogen werden:
den Vorsitzenden des Vorstandes / der Geschäftsführung, weil er das gesamte Gremium
leitet
Alle Mitglieder der GF / des Vorstandes
das für die Steuern der Gesellschaft zuständige Mitglied der GF / des Vorstandes
einen Prokuristen, wenn die Steuerangelegenheiten in seinem Kompetenzbereich liegen
einen Finanzdirektor (als leitender Angestellter), dessen Aufgabe (zB laut Arbeitsvertrag) in
der Betreuung der Steuerermittlung der Gesellschaft besteht
ein externer Dienstleister, zB ein Steuerberater
Die Gesellschaft darf die Geldbuße, die auf den Täter auferlegt wurde, nicht direkt
übernehmen – Lösung: letter of comfort
Seite 15
Art. 9 § 3 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Aus der Rechtsprechung:
Da die Geschäftführung als Organ der Gesellschaft ihre Angelegenheiten erledigt und
die Arbeit des Gremiums von dem Vorsitzenden geleitet wird, so gilt, dass eben der
Vorsitzende für die wirtschaftlichen Belange der Gesellschaft verantwortlich ist,
darunter auch für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer, wenn diese
Aufgabe weder einem anderen Geschäftsführer noch einer anderen Person gemäß
Art. 31 der Abgabenordnung anvertraut wurde.
Seite 16
Urteil des Obersten Gerichts vom 02.07.2002 (IV KK 164/2002)
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Die Übertragung der Aufgabe der Steuerermittlung selbst auf fachkundige Dritte
schließt für sich alleine die Strafbarkeit des Steuerpflichtigen nicht aus, wenn ihm
nachgewiesen werden kann, dass die potentiell inkorrekte Steuerermittlung ihm
bewusst war und er den Zustand billigend in Kauf genommen hat.
Eine derartige Information könnte bspw. aus einem Wirtschaftprüfungsbericht
resultieren
Seite 17
Beschluss des Obersten Gerichts vom 23.05.2002 (V KKN 426/00)
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: rechtswidrige Taten
Steuerstraftat und Steuerordnungswidrigkeit
Steuerordnungswidrigkeit:
Wenn die Steuerverfehlung mit einer gesetzlich betragsmäßig definierten Geldbuße geahndet
wird und der Gegenstandswert, die verkürzte oder gefährdete Abgabe, zum Zeitpunkt der
Tatbegehung das Fünffache des Mindestlohnes nicht überschreitet
(2018: 2.100 PLN * 5 = 10.500 PLN)
Sonstige Taten, wenn das SteuerStGB es ausdrücklich vorsieht – in der Regel handelt es sich
dabei um minder schwere Fälle (insbesondere, wenn die Sozialschädlichkeit gering ist, die
gefährdete Abgabe weniger als das Fünffache des Mindestlohnes beträgt und der Täter die
finanzpolitische Ordnung und die gebotene Vorsicht nicht bewusst missachtet ODER wenn der
Täter berücksichtigungswürdige Gründen hatte und der Gegenstandswert niedrig war (bis zum
Gegenwert vom 200-fachen Mindestlohn = 420.000 PLN))
Steuerstraftat:
Wenn die Steuerverfehlung mit Geldbuße in Tagessätzen oder mit Freiheitsbeschränkung bzw.
Freiheitsstrafe bestraft wird.
Abgrenzung zwischen Steuerordnungswidrigkeit und –straftat erfolgt anhand zahlreicher Kriterien
wie z.B. Höhe der Steuerschuld, Art der verfehlten Pflicht, Motivation bzw. Bewusstseinzustand
des Täters zum Zeitpunkt des Begegnens
Seite 18
Art. 53 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Strafen und
Strafmaßnahmen
Strafen für Steuerstraftaten:
Freiheitsstrafe (bis 5 Jahren; sogar 10 Jahre in besonders schweren Fällen, bei Tatmehrheit, bei
gewerbsmäßigen Begehung, bei mittelbarer Täterschaft durch Ausnutzung von hierarchischen
Strukturen, bei organisierter Kriminalität oder bei Gewaltanwendung)
Freiheitsbeschränkung – zB. unentgeltliche Ausübung einer sozial nutzbringenden Arbeit
Geldbuße, festgelegt in Tagessätzen
‒ Die Anzahl der Tagessätze beträgt zwischen 10 und 720 (bei besonders schweren Taten bis
1080)
‒ Die Höhe des Tagessatzes hängt von der Zahlkraft des Täters ab (sein Einkommen,
Vermögen, Erwerbspotential, persönliche Lage) und beträgt zwischen 1/30 bis zum 13,33-
fachem Mindestlohn
Seite 19
Art. 22, 23, 37 SteuerStGB
Bei in 2018 begangenen Taten:
Mindestgeldbuße: 2.100 PLN * 1/30 * 10 Tagessätze =700 PLN
Höchstgeldbuße (kein besonders schwerer Fall):
2.100 PLN * 13,33 * 720 TS = 20.160.000 PLN
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Strafen und
Strafmaßnahmen
Strafen für Steuerordnungswidrigkeiten
Gesetzlich betragsmäßig definierte Geldbuße – grds. zwischen 1/10 bis zum 20-fachen
Mindestlohn
Strafmandat (ohne Gerichtsverfahren) – bis zum 2-fachen Mindestlohn
Berücksichtigt wird auch das Vermögen, Einkommen, Erwerbspotential und persönliche
Verhältnisse des Täters
Kann die Geldbuße nicht vollstreckt werden, kann das Gericht stattdessen eine unentgeltliche,
sozial nutzbringende Arbeit anordnen. Wird sie nicht angetreten, kann ersatzweise auch die
Freiheitsstrafe verhängt werden
Seite 20
Art. 22, 48, 185-186 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Strafen und
Strafmaßnahmen
Strafmaßnahmen – können bei Steuerstraftaten für den Zeitraum zwischen 1 bis 5 Jahren
verhängt werden, u.a.:
Verbot einer bestimmten gewerblichen Betätigung
Berufsausübungsverbot
Verbot, eine bestimmte Funktion oder Posten innezuhaben (zB Geschäftsführungsverbot)
Seite 21
Art. 22, 48, 185-186 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Strafen und
Strafmaßnahmen
Die Strafzumessung und die Anwendung von Strafmaßnahmen werden vom Gericht
folgendermaßen verhängt:
nach seinem Ermessen
innerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Strafrahmen
bei Beachtung der Verhältnismäßigkeit zur getragenen Schuld
bei Berücksichtigung der Sozialschädlichkeit
bei Berücksichtigung von präventiven und erziehenden Zwecken
Seite 22
Art. 12 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Konsequenzen für die
Kapitalgesellschaft
Wenn ein GF / Vorstandsmitglied verurteilt wurde:
Subsidiäre Verantwortung der Gesellschaft, wenn der Täter die verhängte Geldbuße nicht
entrichten kann und die Gesellschaft aus der Straftat einen Vermögensvorteil erlangt hat
oder erlangen konnte (dabei wird die Höhe der Tagessätze neudefiniert und an die
Vermögenslage der Gesellschaft angepasst)
Ausschluss der Gesellschaft aus öffentlichen Ausschreibungen, wenn ein amtierender GF /
Vorstandsmitglied rechtsmäßig für Steuerstraftaten verurteilt wurde (auch während
Funktionsausübung in einem anderen Unternehmen)
Strafen aufgrund des Gesetzes über die Haftung von Personenzusammenschlüssen
für Straftaten (u.a. für Steuer-, Zoll- und Devisenstraftaten)
‒ Geldstrafe zwischen 1 und 5.000 Tsd. PLN (nicht mehr als 3% der Jahresumsätze)
‒ zusätzliche Verbote: Werbungs- und Promotionsverbot, Verbot der Inanspruchnahme von
Subventionen
Seite 23
Art. 24 SteuerStGB, Art. 24 Abs. 1 Nr. 8 des Gesetzes über das öffentliche Vergaberecht
24. www.tpa-group.com www.tpa-group.com
Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen steuerliche Pflichten
Steuerhinterziehung (keine Einreichung von Steuererklärungen, keine Offenlegung des
Besteuerungsgegenstandes oder der Bemessungsgrundlage)
Strohmanngeschäfte
Steuerbetrug, Steuerverkürzung (wenn der Finanzbehörde Angaben über erhebliche
Tatsachen nicht oder unrichtig gemacht werden)
Missachtung der Steuerzahlungsfristen Tatbestand der Beharrlichkeit (lang andauernder
Zustand oder Wiederholbarkeit)
Seite 24
Art. 54-111 SteuerStGB
Praxistipp: Es ist vorteilhafter, eine Steuererklärung
fristgerecht abzugeben und sie später ggf. zu
berichtigen, als sie zu spät einzureichen.
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen steuerliche Pflichten
Fehlende Buchführung oder Verletzung der Pflicht zur Aufbewahrung der Bücher im
Allgemeinen oder an der angemeldeten Stelle
Mangelhafte (nicht gesetzeskonforme) oder unrichtige (der Realität nicht entsprechende)
Buchführung
Verletzung der Verbrauchsteuerpflichten (Inverkehrbringen von verbrauchsteuerpflichtigen
Waren ohne Steuerzeichen, Steuerzeichenfälschung, unerlaubter Handel mit
Steuerzeichen, Verwendungsänderung des Mineralöls, mangelhafte Aufzeichnungen, usw.)
Seite 25
Art. 54-111 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen steuerliche Pflichten
Nichtausstellung von Rechnungen, mangelhafte oder unrichtige Rechnungsstellung
Umsätze an nichtgewerbliche Personen ohne Verwendung der Registrierkasse
Nichtabgabe der Information über ausschließlich gewerbliche Verwendung von Pkws (bei
Beanspruchung von 100% Vorsteuer)
Erschleichung einer Steuererstattung
Nicht-Einbehaltung oder Nicht-Abführung (bzw. Fristverletzung bei der Abführung) von
Abzugssteuern
Nicht-Einreichung von Steuermeldungen, Einreichen von nicht wahrheitsgetreuen
Meldungen oder Wahrheitsverschleierung
Versäumnisse bei den steuerlichen Registrierungs- und Anmeldungspflichten
Vereitelung von Steuerprüfungen, Außenprüfungen, Kreuzkontrollen und sonstigen
Kontrollen als auch der Steuerfahndung
Mangelhafte Aufsicht
Seite 26
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung
Aus der Rechtsprechung:
Fehlerhafte Steuerermittlung (Anm. des Verfassers: in Polen herrscht grds. das Prinzip der
Selbstveranlagung) soll nicht automatisch mit Steuerhinterziehung gleichgesetzt werden,
welche strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht. Eine Bestrafung für Steuerhinterziehung
erfordert einer Schuldfeststellung, dazu muss die Schuld aus dem vorsätzlichen Verhalten
resultieren. Eine derartige Schuldfeststellung muss gerichtlich erfolgen, das Gericht beurteilt
dabei die Umstände der konkreten Steuerverkürzung und die Tatsache, ob dem
Steuerpflichtigen bewusst war, dass es zur einer Steuerverkürzung gekommen ist.
Seite 27
Mitteilung des Verfassungsgerichtshofs nach dem Urteil vom 12.09.2005, Aktz. SK 13/05
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen die Vorschriften über Zuschüsse und Subventionen
Unrechtmäßige Vereinnahmung oder Verausgabung einer Subvention / eines Zuschusses
Gegen Zollpflichten und die Regelungen des Außenhandels
Erschleichen einer Zollgenehmigung
Zollschmuggel
Zollbetrug (Falschinformation)
Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung
Verletzung von Bedingungen der Zollbefreiung
Vereitelung einer Prüfung
Missstände bei der Dokumentation
Seite 28
Art. 54-111 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen Devisenverkehr
Erschleichen einer Devisengenehmigung
Ausfuhr von Devisen in einen Drittstaat ohne Genehmigung
Erwerb von Wertpapieren durch eine nichtansässige Person ohne Genehmigung
Erwerb von Wertpapieren oder Anteilen durch eine in Polen ansässige Person in
Drittstaaten (ohne Genehmigung)
Erwerb von Devisen und Forderungen durch eine in Polen ansässige Person von einer
Person aus einem Drittstaat (ohne Genehmigung)
Eröffnung einer Bankverbindung in einem Drittstatt ohne Genehmigung
Geldtransfer ins Ausland ohne Vermittlung eines dazu berechtigten Finanzinstituts
Gewerbliche Währungswechselgeschäfte ohne Genehmigung
Seite 29
Art. 54-111 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: ausgewählte Straftaten
Gegen die Vorschriften über Wetten und Spiele
Veranstaltung von illegalen Spielen, Wetten und Lotterien
Veranstaltung von Spielen ohne amtliche Sicherungsvorrichtungen
Teilnahme an illegalen Spielen
Unerlaubter Handel mit Lotterielosen
Seite 30
Art. 54-111 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: tätige Reue
(Selbstanzeige)
Anzeige durch den Täter über die Begehung einer Straftat / Ordnungswidrigkeit, bei Angabe
der Tatumstände und der beteiligten Personen
Verbunden mit der Entrichtung der fälligen öffentlichen Finanzabgabe (der Steuer) und ggf.
mit der Übergabe der Gegenstände, welche dem Verfall zugunsten der Staatskasse
unterliegen
Ist unwirksam, wenn die Finanzbehörde bereits vorher nachweisbar über die Tat informiert
war oder nach Ergreifung von Dienstmaßnahmen, die der Aufdeckung der Straftat oder der
Ordnungswidrigkeit dienen (es sei denn, dass die Ergebnisse der Maßnahme die Einleitung
eines Strafverfahrens nicht begründen können)
Seite 31
Art. 16 SteuerStGB
Wenn allerdings eine Außenprüfung bzgl. der Umsatzsteuer z.B. für
das Jahr 2017 dauert, ist die Selbstanzeige bezüglich einer anderen
Steuerart oder eines anderen Steuerjahres nicht ausgeschlossen
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: tätige Reue
(Selbstanzeige)
Nicht zulässig bei einem Täter, der die gemeinsame Tatbegehung leitet, die Straftat
in Auftrag gibt oder zu ihr anstiftet, oder auch eine Personengruppe zwecks
Tatbegehung organisiert
Eine wirksame Selbstanzeige befreit von der strafrechtlichen Verantwortung
(von der Bestrafung)
Seite 32
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung: Berichtigung der
Erklärung
Rechtlich wirksames Einreichen einer berichtigten Steuererklärung samt Angabe der
Berichtigungsgründe
Verbunden mit der Entrichtung der verkürzten oder gefährdeten Finanzabgabe (Steuer)
befreit ebenfalls von der strafrechtlichen Verantwortung (der Strafe)
Seite 33
Art. 16a SteuerStGB
Die Vorschrift entfaltet ihre Wirkung bei Erklärungsberichtigungen,
nicht aber bei verspäteter Erklärungsabgabe.
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung:
freiwillige Unterwerfung unter die Strafe
Eine rechtskräftige richterliche Genehmigung für den Täter, sich der Strafe freiwillig zu
unterwerfen, wird keinen Eingang ins Führungszeugnis finden
Das Gericht darf dem vor der Klageerhebung gestellten Antrag des Täters auf seine freiwillige
Unterwerfung unter die Strafe zustimmen, wenn:
die Schuld des Täters und die Tatumstände keine Zweifel aufkommen lassen
die verkürzte Steuer vollständig entrichtet wurde
der Täter darüber hinaus einen Geldbetrag geleistet hat, der mindestens der niedrigsten
gesetzlich festgelegten Geldbuße entspricht (in 2018 bei Steuerstraftaten 700 PLN, bei
Ordnungswidrigkeiten 210 PLN), erhöht um die pauschalierten Kosten des Verfahrens
der Täter mit dem Verfall der Gegenstände einverstanden ist (zumindest in dem Umfang, in
dem das Gesetz den Verfall verlangt)
Seite 34
Art. 17-18 SteuerStGB
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Steuerstrafrechtliche Verantwortung:
freiwillige Unterwerfung unter die Strafe
Die freiwillige Unterwerfung unter die Strafe ist ausgeschlossen, wenn:
die Straftat mit einer Freiheitsstrafe oder Freiheitsbeschränkung zu bestrafen ist
die Straftat zwar nur mit einer Geldbuße zu bestrafen ist, aber die Voraussetzungen für
eine außerordentliche Strafverschärfung erfüllt sind
ein Dritter (der weder Verdächtigte noch Angeklagte ist) interveniert gegen den Verfall
Beispielhafte Straftaten, bei denen freiwillige Unterwerfung unter die Strafe zulässig ist:
Steuerhinterziehung, Strohmanngeschäfte, Nicht-Abführung von Abzugsteuern – bei
geringer Höhe der verkürzten Steuer
mangelnde oder fehlerhafte Buchführung, Verletzung der Pflichten zur Aufbewahrung der
Handelsbücher, Nichtausstellung von Rechnungen, Vereitelung von Steuerprüfungen
Seite 35
Art. 17-18 SteuerStGB
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Einschränkung der Risiken
Einzelerledigungen (Einzelauskünfte) – hält sich der Steuerpflichtige an die Einzelauskunft,
selbst wenn sie nachträglich geändert wird, wird kein steuerstrafrechtliches Verfahren
eingeleitet
interne und externe Tax Audits
Innerbetriebliche Verfahrensanweisungen – Einschränkung der Fahrlässigkeit-Risiken und
präzise Kompetenzaufteilung
Sorgfaltige Verfahrensbetreeung (Litigation) inkl. Vertretung, Beweismatierial,
Kommunikation und Schriftverkehr
In-house Steuerabteilung
Externe Steuerberater
Letters of comfort, unterschrieben durch die Gesellschaft oder ihre Gesellschafter
GF-Versicherungspolise
Seite 36
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Tel.: +48 604 966 422
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Vielen dank für ihre Aufmerksamkeit
Dr. Wojciech Sztuba
Managing Partner | StB
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HU
SI
HR
RO
RS
BG
AL
CZ
PL
Seite 37
Wie sieht die Haftung zeitlich aus?
Urteil betrifft einer GFin / bedrohten Schwangerschaft
Kann der ehm. GF auch zur Haftung gezogen werden? Fazit: mit Schwierigkeiten, denn beim Ausweisen von zu hohen Verlust / Vorsteuerüberhang kommt noch nicht zur Steuerschuld
Üblicherweise: paralel zu Steuerverfahren fängt Straf-V gegen GF an
Urteil: in diesem Fall hat der GF Insolvenz 4 Monate nach Zustellung der Steuerbescheid gemeldet und argumentierte, dass damals die Gesellschaft noch zahlungsfähihg war
Zur Höhe der Abgabe – Begriffe von Klein-, Groß- und Riesenwert sind auf der Folie 18
Hier spielt die Aufgabenteilung eine Rolle!
Kleinwert = 200 x ML = 420.000, Grosswert = 500 x ML = 1.050.000, Riesenwert = 1000 x ML = 2.100.000
Im Art. 23 KKS findet man den Faktor 13,33 nicht, sondern 400 (400 x 1/30 = 13,33)
Tipp: in vielen Situationen Berichtigung möglich auch während der Außenprüfung (nach Art. 200 Mitteilung, vor Steuerbescheid)
Geringe Höhe ist keine „scharf“ definierte Prämisse. Es wird aber oft angenommen, dass die Steuerschuld den „Kleinwert” (heute 420.000) nicht übersteigen darf