Am 21.11.2020 habe ich einen virtuellen Vortrag zu aktuellen praktischen Herausforderungen des Zugangs zu Daten von Unternehmen gegenüber Unternehmen gehalten. Er fand statt auf dem Frankfurter IT-Rechtstag, der aufgrund der aktuellen hochriskanten Infektionslage leider virtuell stattfinden musste. Ich freue mich aber, dass wir uns trotzdem auf diesem Weg über dieses spannende Thema austauschen konnten.
3. Ausgestaltung des Datenzugangs
Das „Wie“
FRAND Standardisierung
Mitwirkungs-
obliegenheiten
Preisgestaltung
Das „Ob“
Sektorspezifische
Regulierung
Datenzugangsverhältnis
Kartellrechtliche
Zwangslizenz
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 3
5. Anspruchsgrundlage?
Keine eigenständigen Zugangsregeln in §§ 18 GWB ff. bzw. § 1 GWB
Lediglich Verbotsgesetze
Kein Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassung zu verlangen (vgl. § 194 Abs. 1 BGB)
„sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ (§ 18 Abs. 3a Nr. 4 GWB) ist lediglich ergänzendes und
deskriptives Kriterium für Marktmachtbestimmung
Leistung oder Unterlassen?
Keine Naturalrestitution Wettbewerb möglich, sondern allein wirtschaftliche Nachteile über KartSchE
Sondern: Unterlassen/Beseitigen des Verstoßes gegen Verbotsgesetz (oder Verfügung)
§ 33 Abs. 1 GWB i.V.m. Verbotsnorm/Verfügung
Daneben selbstbindende Zugangsansprüche durch Vertrag möglich
als Verpflichtungszusage
als Compliance-Maßnahme zur Verhinderung Verstoß gegen § 1 GWB
RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 521.11.2020
6. § 33Abs. 1GWB alsAnspruchsgrundlage
„Unterlasse den Verstoß“
Insbes. Missbrauch durch Verweigerung des Zugangs zu Daten (Geschäftsverweigerung)
Unterlassungsanspruch hinsichtlich einer missbräuchlichen Geschäftsverweigerung
„Unterlasse die Verweigerung“
Doppelte Verneinung zur Zweckerreichung des Zugangs
Also: kein Leistungsanspruch, sondern dogmatisch weiterhin Unterlassungsanspruch
Möglich als Zwangslizenzanspruch oder Zwangslizenzeinwand
RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 621.11.2020
7. NeueAGL mit der 10.GWB-Novelle?
Ergänzung „sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ in § 18 Abs. 3 Nr. 3 GWB-RefE
ergänzendes und deskriptives Kriterium für Marktmachtbestimmung
nicht anspruchsbegründend
Erweiterung des Regelbeispiels in § 19 Abs. 2 Nr. 4 GWB-RefE um „Zugang zu Daten, zu Netzen oder anderen
Infrastrukturen“
Nicht anspruchsbegründend
Lediglich deskriptiv, nicht abschließend (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 und § 19 Abs. 1 GWB gelten weiterhin)
Einführung eines kartellrechtlichen Ex-ante-Verfahrens in § 19a GWB-RefE
„sein Zugang zu wettbewerbsrelevanten Daten“ in § 19a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GWB-RefE auch lediglich deskriptiv zur Bestimmung der
„überragenden marktübergreifenden Bedeutung eines Unternehmens für den Wettbewerb“
Besondere Untersagungsbefugnisse des BKartA in § 19a Abs. 2 GWB-RefE enthalten keine ausdrückliche Regelung über Datenzugang
Klarstellung in § 20 Abs. 1a GWB-RefE, dass relative Marktmacht auch aus Angewiesenheit auf Zugang zu Daten
resultieren kann und Missbräuchlichkeit auch bei noch nicht eröffnetem Geschäftsverkehr möglich ist
►Keine neuen Anspruchsgrundlagen
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 7
8. Essential facilities doctrine -Voraussetzungen
PotenziellesAngebotneuerProdukteoder Leistungen
Einrichtungist fürAngebotunentbehrlich
Keine sachlicheRechtfertigungfür Geschäftsverweigerung
GeschäftsverweigerungschränktEntwicklungdes Wettbewerbsein
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 8
9. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 9
Um welche Daten geht es?
PersonenbezogeneDaten
Sachbezogene Daten
(Herstellerdaten,M2M-Daten,
maschinengenerierteDaten)
Datenpools
(Big Data, BulkData, Dark Data,
Rohdaten)
• Herstellerdaten,M2M-Daten, maschinengenerierte Daten
• BGH, 6.10.2015-KZR 87/13,Porsche-Tuning
• Relative/unternehmens-oder plattformbedingte Marktmacht
SachbezogeneDaten
• Marktgängigkeit?
• Datenschutz, objektive Rechtfertigung undPortabilität?
• Aggregation und Anonymisierung
• Selbsterzeugung möglich, aberbevorzugter Zugang möglich
• Abnehmender Grenznutzen
• Eher Zugang zur Plattform
PersonenbezogeneDaten
• Big Data, Bulk Data, Dark Data,Rohdaten
• Indirekte Netzwerkeffekte
• Spiraleffekte
• Rückkoppelungseffekte
• Innovationsvorbehalt
• Standarddurchsetzung
Datenpool
10. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 10
MöglicheGründe für kartellrechtlicheZwangslizenz
Essential-
Facilities-
Doktrin
Lock-in-Effekt
Preismiss-brauchDiskriminierungs-missbrauch
Kollusion
11. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 11
Rechtliches Monopol an Daten?
Datenbankwerk
Datenbankleistungs-schutzrecht
Nachahmungs-schutz
BuGG-SchutzGezielte Behinderung
Mittelbarer
Abwehrschutz
„Eigentum“an
Daten
12. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 12
Marktmacht und Datenmacht?
Personenbezogene
Daten
Nicht-
personenbezogene
Daten
Big-Data-Pools
Relative/überlegene
Marktmacht
13. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 13
Besonderheit unternehmensbedingteAbhängigkeit
§20 Abs.1 S. 1GWB(relative Marktmacht)
Nachfragerist sostarkaufdieNutzungeinerbestimmten Plattformausgerichtet,dassein Wechsel zuanderenAnbieternzu
erheblichen Wettbewerbsnachteilenführenwürde
BGH, 23.02.1988-KZR20/86,Opel-Blitz
BGH, 21.02.1995-KZR33/93,Kfz-Vertragshändler
BGH, 28.06.2005-KZR26/04,Qualitative Selektion
BGH, 30.03.2011-KZR6/09,MAN-Vertragswerkstatt
BGH, 06.10.2015-KZR87/13,Porsche-Tuning
ErweiterbaraufplattformbedingteAbhängigkeit
Anwendungdesallgemeinen Missbrauchs-undBehinderungsverbots
14. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 14
Unterlassungsanspruch (§ 33 Abs. 1 S. 1 GWB)
Bestimmtheitsgebot
Treu undGlauben
Rechtsmissbrauch
FRAND-Bedingungen (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory)
Angebot eines „redlichen Lizenzsuchers“ (EuGH, 16.7.2015 - C-170/13, HuaweiTechnologies)
Schnittstelle OLG FFM, 23.2.2017 – 6 U 37/16
Preis?
Praxisfragen
20. 21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 20
Übersicht
Regelmäßig unmittelbare Leistungsansprüche
Häufig Marktregulierung, aber auch andere Zwecke verfolgt
Z.B. Vermeidung unnötiger Tierversuche bei Art. 27 REACH-VO
Z.B. Durchbrechung des staatlichen Informationsmonopols
Z.B. Sicherheit
Wettbewerbsrechtliche Auslegung
Sinn und Zweck
Schranken und Zugangsbedingungen
21. LexApple Pay - § 58aZAG
Leistungsanspruch: „[…]ist auf Anfrage […] verpflichtet, diese […] zur Verfügung zu stellen“
Ausdrücklicher Verpflichteter „Systemunternehmen“
Betreiberunternehmen
Technische Infrastrukturleistungen
Ausschließlich zum Erbringen von Zahlungsdiensten oder Betreiben des E-Geld-Geschäfts
„Beitragen“ – wettbewerbliche Zurechnung, ähnlich Voraussetzungen der Essential Facilities Doctrine
Aber: De-minimis-Schwelle
Vorleistungspflicht
„diese technischen Infrastrukturleistungen“ – z.B. API oder andere Schnittstelleninformationen
Unverzüglich auf Anfrage
Nur ausnahmsweise Verweigerungsrecht – kein Wettbewerbseinwand
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 21
22. LexApple Pay - § 58aZAG
Inhaltlicher Umfang des Zugangsanspruchs nicht definiert
Aber sektorspezifisches Behinderungsverbot und Angemessenheitskontrolle
Übertragbarkeit kartellrechtlicher Grundsätze
Stärkere Angreiferrolle
Private Rechtsdurchsetzung
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 22
23. Zugang zuZahlungskonten
Information kommt vom Nutzer – Legitimation
Kontoinformationsdienstleister
Zahlungsauslösedienstleister
§ 52 ZAG: eng begrenztes Verweigerungsrecht
also im Übrigen Zugangsanspruch (arg e cont § 52 Abs. 3 ZAG)
Aber: keine inhaltlichen Bedingungen vorgegeben
Auslegung des Zugangsanspruchs nach Sinn und Zweck
iE deshalb auch Anwendung des Behinderungsverbots
Weitgehende Kooperationsverpflichtungen des kontoführenden Zahlungsdienstleisters
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 23
24. Art. 61VO 2018/858
(EU-Typgenehmigungsverfahren-VO
Hersteller:Verantwortlicherfüralle Aspekte der Typgenehmigung des Fahrzeugs,Systems, Bauteilsoder einer selbstständigen
technischenEinheit
UnabhängigeWirtschaftsakteurealsBegünstigte
Fahrzeug-On-Board-Diagnosesystem-Informationen(Feststellung von Fehlfunktionen möglich)
VollständigeReferenzinformationen
Fahrzeugreparatur-und -wartungsinformationen
Uneingeschränkt,standardisiertund diskriminierungsfrei
Wergehörtzum Kreisder Berechtigten?
Was ist der Standard?
Leichtzugänglich als maschinenlesbareund elektronischverarbeitbareDatensätze
Zugang zu denselbenFerndiagnosediensten
21.11.2020 RA DR. SEBASTIAN LOUVEN 24