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KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
JAN HEYE BUSS
MAT-NR.: 108 099 221 905
RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 5
2 Grundlegende Informationen 7
2.1 Das System aus Sonne & Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2 Wahre und Mittlere Ortszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.3 Das tropisches Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
3 Sonnenuhren und Ziffernblätter 10
3.1 Äquatorial-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.2 Horizontal-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr . . . . . . . 11
3.3 Vertikale Ost-West-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr . . . 15
4 Bestimmung der Zeitgleichung 19
4.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch) . . . . . . . . . . . . . . 19
4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten . . . . . 19
4.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch) . . . . . . . . . . . . . 23
4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation . 23
4.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins eklipti-
kale heliozentrische System . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen Sy-
stem ins äquatoriale, heliozentrische System . . . . . . . . 25
4.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen Sy-
stem ins äquatoriale, geozentrische System . . . . . . . . 27
4.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne . . . . . . 28
4.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems . . . 29
5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum 31
5.1 Horizontales Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
5.2 Vertikales Ost-West Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
6 Anhang 36
6.1 A: “Koordinatensyteme” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System . . . . . . . . 36
6.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise . . . 36
6.1.3 Das Äquatorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
6.1.4 Das Horizontsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
6.1.5 Das nautische Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
6.2 B: “Physikalische Grundlagen” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
6.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 38
6.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel . . . . . . . . . . . . 40
6.2.3 Herleitung der Keplergleichung . . . . . . . . . . . . . . 42
3
6.3 Anhang C: “Maplesheet” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
6.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und
Berechnung der Zeitgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 43
6.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres
2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
6.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der
Stundenwinkel t am 20. Mai 2006 . . . . . . . . . . . . 48
6.4 Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Literaturverzeichnis 50
1. EINLEITUNG 5
1 Einleitung
Gnomonik nennt sich die Lehre der Sonnenuhren, benannt nach dem Kernstück
jeder Sonnenuhr, dem Gnomon - der Schattenstab -, dem griechischen Wort für
“Erkenner der Zeit”. Bereits 2.500 v Chr. besaßen die Chinesen Sonnenuhren,
bevor diese in etwa um 650 v. Chr. über die
Babylonier zu den Griechen gelangten. Schon
die Griechen führten erste Berechnungen durch.
So bestimmten sie zum Beispiel die Schiefe
der Ekliptik aus dem längsten Mittagsschatten
[5]. Ein Großteil dieser Uhren besaß nur eine
bedingte Genauigkeit, die allerdings zur täglichen
Nachmittagsverabredung im Thermalbad reichte.
Ein größeres Problem stellte sich daher in der
stark ortsgebundenen Zeitdefinition, welches im
Zeitalter der Industrialisierung gelöst werden
mußte. So war eine gemeinsame Zeitdefinition
Abbildung 1.1: Vertikale Sonnen-
uhr
beim Erstellen der damals noch im Frühstadium befindlichen Eisenbahn unab-
dingbar.
Auch heute läßt sich die genaue Zeit1
mit Hilfe einer Sonnenuhr bestimmen.
Hierzu sollen in dieser Arbeit die theoretischen Überlegungen zur Konstruktion
von Sonnenuhren angestellt werden. Es werden zunächst einige zum Verständnis
von Sonnenuhren grundlegende Informationen gegeben, um im anschließenden
Kapitel die einfacheren Sonnenuhrtypen, die äquatorialen und horizontalen Son-
nenuhren, verstehen zu können. Es sollte im Anschluß jedermann möglich sein,
die Schattenkurven einer horizontalen oder einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr
zu berechnen.
Mittels des Computer-Algebra-Systems Maple wird das Zwei-Teilchen-System
aus Sonne und Erde numerisch gelöst und über die angegebenen Koordinaten-
transformationen exakte Positionen von Sonne und Erde bestimmt. Aus diesen
kann anschließend die Zeitgleichung bestimmt werden.
Den Abschluß bildet die Berechnung eines Ziffernblattes für den Standort
Bochum, Ruhr-Universität. Es werden ein horizontales und ein vertikales Ziffern-
blatt für den 20. Mai 2006 erstellt. Die tägliche Berechnung des Ziffernblattes
erhöht die Genauigkeit der Uhr, da so die täglichen Schwankungen (Deklination
der Sonne, Exzentrizität der Erdumlaufbahn) aufgefangen werden können.
Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Seminars auf Grundlage des Buchs
“Kugelgeometrie” von Hans-Günther Bigalke. Der Vortrag “Konstruktion von
Sonnenuhren” beschäftigte sich generell mit Grundkonstruktionen von Sonnen-
uhren. Die Ausweitung des Vortrages auf diese Arbeit bestand vornehmlich in der
exakten Berechnung der Zeitgleichung und der Bestimmung der genauen Position
der Schattenspitze. Die Verknüpfung beider liefert, zumindest theoretisch, eine
1
z.B. die mitteleuropäische Zeit (MEZ)
6 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
präzise Sonnenuhr, die mitteleuropäische Zeit anzeigt.
Die letzten Ungenauigkeiten einer Sonnenuhr zu beseitigen, liegt allerdings allein
im Geschick ihres Konstrukteurs.
2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 7
2 Grundlegende Informationen
In diesem Kapitel werden einige für das Verständnis von Sonnenuhren unabding-
bare grundlegende Informationen gegeben. Es stellen sich folgende Fragen:
- In welchem System sollen die Sonnenuhren realisiert werden?
- Wie soll die Zeit definiert werden?
- Wie lange dauert ein Jahr?
2.1 Das System aus Sonne & Erde
“Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne
steht”- Erstes Kepler’sches Gesetz (Johannes Kepler (1571-1630)).
Abbildung 2.1: Sonne-Erd-System im Lauf der Jahreszeiten
Die Ellipse, in der die Erde die Sonne im Laufe eines Jahres umläuft, liegt in einer
Ebene, der sogenannten Ekliptik (gr. Halbachse a = 149, 5·106
km, kl. Halbachse
b = 147, 4 · 106
km). Die Erde selbst besitzt eine Eigendrehung, die um die Nord-
Süd-Achse der Pole erfolgt.
Als Schiefe der Ekliptik bezeichnet man den Winkel ε, unter dem die Ebene des
Äquators der Erde die Ekliptik schneidet. Diese Schräglage der Erde bestimmt
vornehmlich die Jahreszeiten. Denkt man sich eine Gerade durch Sonnen- und
Erdmittelpunkt und betrachtet den Winkel γ zwischen dieser und der Polachse,
so beträgt γ in den Äquinoktien (Frühlings- resp. Herbstanfang) 90◦
. Zu diesen
8 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Zeitpunkten “steht” die Sonne in der Äquatorebene. Entsprechend definiert man
den nördlichen Winteranfang zu γ = 90◦
+ ε und den nördlichen Sommeranfang
zu γ = 90◦
− ε.
Als Frühlingspunkt oder Widderpunkt wird der Punkt am Himmel bezeich-
net, vor dem die Sonne am Frühlingsanfang erscheint. Seine Verbindungslinie zur
Sonne bildet mit der großen Halbachse einen Winkel ω, den man als Perihelab-
stand bezeichnet. Er beträgt zur Zeit (2006) ω = 102.0938294◦
.
2.2 Wahre und Mittlere Ortszeit
Die wahre Ortszeit WOZ wird über zwei obere Kulminationen der Sonne definiert,
d.h. ein Sonnentag wird als der Zeitraum zweier aufeinander folgender Höchst-
stände der Sonne erklärt. Dadurch ist die WOZ, wie der Name schon andeutet,
ortsgebunden, hängt also vom jeweiligen Standort ab. Da der neue Tag nicht zur
Mittagszeit, sondern in der Nacht beginnen sollte, bestimmt man ihn zum Zeit-
punkt der unteren Kulmination der Sonne und schreibt:
WOZ = t + 12h
mit 15◦
= 1h
,
wobei t den Ortsstundenwinkel der Sonne im Äquatorsystem (s. Anhang A)
darstellt. Bei t = 0◦
steht die Sonne genau über dem Beobachtungsort auf der
Erde, also in höchster Kulmination und nach obiger Definition ist es 12 Uhr.
Es kann die übliche Zeiteinteilung in kleinere Zeitskalen vorgenommen werden:
1 Tag = 24 Stunden = 1440 Minuten = 86400 Sekunden
Aufgrund der Schiefe der Ekliptik und der ellipsenförmigen Umlaufbahn der Erde
um die Sonne ist die wahre Ortszeit nicht konstant. Diese beiden Effekte sorgen
für erhebliche Schwankungen in der Tageslänge. Daher hat schon Johannes Kep-
ler eine mittlere Sonnenzeit definiert. Hierbei bewegt sich eine gedachte Sonne
gleichmäßig bei konstanter Geschwindigkeit auf dem Himmelsäquator, so daß sie
für einen kompletten Umlauf genau dieselbe Zeit benötigt wie die wirkliche Son-
ne, - ein (tropisches) Jahr. Diese fiktive Sonne definiert die mittlere Ortszeit MOZ.
Beide Sonnen durchlaufen zur selben Zeit das Perihel und Aphel. Die Differenz
der beiden Zeiten wird als Zeitgleichung bezeichnet:
WOZ − MOZ = Zeitgleichung
2.3 Das tropisches Jahr
Als tropisches Jahr bezeichnet man die Zeitspanne zweier aufeinander folgender
Durchgänge der mittleren Sonne durch den Frühlingspunkt. Es beträgt 365, 2422
mittlere Sonnentage. Da der gregorianische Kalender aus “nur” 365 Tagen be-
steht, ist es notwenig, alle vier Jahre einen Tag hinzu zunehmen, die Schaltjahre.
Dies wäre auf Dauer aber zuviel, daher werden alle Jahre mit voller Hunderter
2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 9
Jahreszahl ausgelassen und alle Jahre mit durch vier teilbarem Hunderter wieder
hinzugenommen. So verbleibt ein Fehler von einem Tag in 3300 Jahren.[1]
10 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
3 Sonnenuhren und Ziffernblätter
”Mors certa, hora incerta“
Das an für sich simple Prinzip einer Sonnenuhr besteht meist aus einem
Stab, dessen durch die Sonne hervorgerufener, auf die Ziffernblattebene proji-
zierter Schatten als Zeiger fungiert. Die Ausrichtung des Stabes sollte aufgrund
der unterschiedlichen Deklination der Sonne im Laufe eines Jahres für alle Arten
von Sonnenuhren gleich sein. Er sollte daher immer parallel zur Himmelsachse
ausgerichtet werden, sonst weist er an verschiedenen Tagen zur selben Zeit in
unterschiedliche Richtungen.
Es bleiben also noch zwei räumliche Freiheitsgrade, die durch die Wahl einer
Ziffernblattebene in die der Schatten projiziert wird, festgelegt werden. Nach der
Lage ihrer Ziffernblattebenen werden die folgenden Sonnenuhren benannt.
3.1 Äquatorial-Sonnenuhr
Die äquatoriale Sonnenuhr ist die einfachste Version einer Sonnenuhr. Die Zif-
fernblattebene (s. Abb. 3.1, E) liegt parallel zur Äquatorebene, weshalb sich der
Schatten im Laufe eines Tages gleichmäßig um die Achse des Stabes dreht. Am
Mittag WOZ steht die Sonne in höchster Kulmination, der Stundenwinkel beträgt
t = 0◦
, - es ist 12 Uhr (WOZ). Wandert die Sonne im Laufe des Tages weiter,
so liegt der Schatten in der Ebene MSM und schließt mit der Nord-Süd-Achse
des wahren Mittags MR den Winkel t ein. Dieser entspricht bei der äquatorialen
Sonnenuhr aber gerade dem Stundenwinkel t (s. Abb. 3.1). Also gilt:
t = t
Die äquatoriale Sonnenuhr funktioniert allerdings nur für δ > 0◦
oder bei durch-
sichtiger Ziffernblattebene mit durchstoßendem Stab, ähnlich dem Stab M M in
der Abbildung 3.1.
3.2 Horizontal-Sonnenuhr
Als horizontale Sonnenuhr bezeichnet man eine Sonnenuhr mit horizontaler Zif-
fernblattebene (s. Abb. 3.1, E ). Zur Zeit der höchsten Kulmination der Sonne
befindet sich der Schatten des Stabes in der Ebene M RM . Zu einem späteren
Zeitpunkt möge er in der Ebene M SM liegen. Der zu diesem Zeitpunkt mit der
Nord-Süd-Achse gebildete Winkel t ist über die nachfolgenden Relationen mit
dem Stundenwinkel t verknüpft. Aus Abbildung 3.1 lassen sich die folgenden
Beziehungen herleiten:
tan t =
|RS|
|RM |
und |RS| = |RM| tan t
3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 11
Abbildung 3.1: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Horizontal-Sonnenuhr (E )
Der Winkel ϕ entspricht der geographischen Breite und mit |RM| = |RM | sin ϕ
folgt:
tan t = sin ϕ tan t
Durch diesen Zusammenhang kann also t aus dem Stundenwinkel der Sonne t
bestimmt werden. Diese Uhr funktioniert prinzipiell nur für ϕ = 0◦
und ist in der
Nähe des Äquators daher praktisch nicht einsetzbar.
3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr
Für die Konstruktion einer Sonnenuhr ist es interessant, den Verlauf des Schat-
12 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
tens im Laufe eines Tages
vorherzubestimmen. Daher
soll nun die Schattenkurve
einer Horizontal-Sonnenuhr
bei bekannter geographischer
Breite ϕ in Abhängigkeit des
Stundenwinkels der Sonne
t und ihrer Deklination δ
bestimmt werden.
Zunächst wird der Abstand
des von der Stabspitze auf
die Horizontalebene gefäll-
ten Lots als Längeneinheit
definiert. Der Fußpunkt des
Lots sei mit O bezeichnet
und bilde den Ursprung eines
Koordinatensystems mit
der x-Achse gen Nord und
y
x
O
Abbildung 3.2: “Lot-Fußpunkt-System” einer horizontalen
Sonnenuhr
entsprechender y-Achse in
westlicher Richtung (s. Abb. 3.2). Die Sonne sei allgemein beschrieben durch ihr
Azimut a und Höhe h bzw. der Zenitdistanz z = 90◦
−h. Wie man der Zeichnung
entnimmt, ergibt sich dann der Abstand der Schattenkurve zum Ursprung O zu
tan z, somit folgen Abzsisse und Ordinate:
(3.1) x = tan z cos a und y = − tan z sin a
Um die Größen Azimut a und Höhe h durch Deklinations δ und Stundenwin-
kel t auszudrücken, wird das nautische Dreieck (NZS) (s. Anhang A u. Abb
3.3), bestehend aus Nordpol N, Zenit Z und Sonne S zur Hilfe genommen. Das
Komplement der geographischen Breite NZ = 90◦
− ϕ =: b und der Polabstand
NS = 90◦
− δ =: p sind konstant und hängen nur von den gegebenen Grö-
ßen ϕ und δ ab. Das Supplement des Azimuts (NZ, ZS) = 180◦
− a =: γ,
die Zenitdistanz ZS = z, der parallaktische Winkel Θ und der Stundenwinkel
(NZ, NS) = t sind hingegen veränderlich.
Im folgenden sollen die in (3.1) gegebenen Gleichungen der Koordinaten x und y
durch t , ϕ und δ ausgedrückt werden. Aus dem nautischen Dreieck ergibt sich
der Reihe nach mit dem Sinussatz, Kosinussatz und dem Kotangenssatz:
sin a sin z = sin p sin t(3.2)
cos z = cos p cos b + sin p sin b cos t(3.3)
− cos b cos a = sin b cot z − sin a cot t(3.4)
3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 13
Abbildung 3.3: Nautisches Dreieck und “Lot-Fußpunkt-System”
Mit (3.2) geteilt durch (3.3) folgt mit (b = 90◦
− ϕ)
y = − sin a tan z = −
tan p sin t
sin ϕ + cos ϕ tan p cos t
(p=90◦−δ)
= −
cot δ sin t
sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t
= y(ϕ, δ, t )(3.5)
und multipliziert man (3.4) mit − tan z ergibt sich noch
x =
1
sin ϕ
tan p sin t
sin ϕ + cos ϕ tan p cos t
cos t
sin t
− cot ϕ
(p=90◦−δ)
= − y(ϕ, δ, t )
cot t
sin ϕ
− cot ϕ = x(ϕ, δ, t ).(3.6)
Die Schattenkurve Sh
(x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) kann jetzt im “Lot-Fußpunkt-
System” aufgetragen werden. In der nachfolgenden Abbildung sind die horizon-
talen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, bei für den jeweiligen Tag
konstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.
14 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Süden Norden
Westen
Osten
Abbildung 3.4: Horizontale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦
,
Herbstanfang δ = 0◦
, Winteranfang δ = −23, 4385◦
und Frühlingsanfang δ = 0◦
3.3 Vertikale Ost-West-Sonnenuhr
Bei einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr steht die Ziffernblattebene senkrecht auf
der Horizontalebene (s. Abb. 3.5, E ). Die Bezeichnung “Ost-West-Sonnenuhr”
kommt von der ost-westlichen Ausrichtung der Ebene. Auch hier läßt sich ein
Zusammenhang zwischen dem Stundenwinkel der Sonne t und dem Äquivalent
t der vertikalen Ost-West-Sonnenuhr (t = (M R, M S)) finden. Zunächst
kann man aus der Abb. 3.5 die Beziehung
tan t =
|RS|
|RM |
ablesen. Gesucht sind also |RS| und |RM |. Aus
tan t =
|RS|
|RM|
⇒ |RS| = |RM| tan t
und tan ϕ =
|RM |
|RM |
⇒ |RM | = |RM | tan ϕ
sowie sin ϕ =
|RM|
|RM |
⇒ |RM | =
|RM|
sin ϕ
ergibt sich endlich die gesuchte Beziehung zu
tan t =
|RS|
|RM |
=
|RM| tan t
|RM | tan ϕ
=
tan t
tan ϕ
sin ϕ = tan t cos ϕ.
3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 15
E’’
Abbildung 3.5: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Vertikal-Sonnenuhr (E )
Es steht hier sofort vor Augen, dass die Uhr für ϕ = 90◦
und in entsprechender
Umgebung am Pol nicht funktionieren kann, da dann der Stab in der Ziffernblat-
tebene liegen würde.
3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr
Die Berechnung der Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr verläuft
weitestgehend analog zur Berechnung der horizontalen. Im Folgenden seien die
gleichen Bezeichnungen gewählt. Es ist zu beachten, dass der Fußpunkt des Lots
O auf der vertikalen Ebene liegt und seine Länge erneut als Einheitslänge definiert
wird, also p := 1.
16 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
90°−ϕ
Op=1
S
Horizontalebene
Vertikalebene
Ost
Süd
W
est
Nord
x
y
Azimutz
h
h
z
a a
r
s
t
d
Höheh
Abbildung 3.6: “Lot-Fußpunkt-System” einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr
Die x-Achse des “Lot-Fußpunkt-Systems” zeige senkrecht nach unten und die
y-Achse nach Osten, so dass ein Rechtssystem entsteht. Somit ergibt sich die x-
Koordinate der Schattenkurve zu
x := t = d · cos z =
r
sin z
cos z =
cos z
cos a sin z
=
cot z
cos a
(s. Abb. 3.6)
und für die y-Komponente folgt entsprechend
y := s =
s
r
r
1
=
sin a
cos a
= tan a (s. Abb. 3.6).
Auch hier wird das nautische Dreieck (NZS) zur Hilfe genommen, um die Grö-
ßen Zenitdistanz z und Azimut a durch ϕ, δ und t zu ersetzen. Zunächst für die
x-Komponente. Mit dem Seiten-Kosinussatz erhält man wie zuvor
(3.7) cos z = cos b cos p + sin b sin p cos t
3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 17
und mit dem Sinus-Kosinus-Satz erhält man
(3.8) − cos a sin z = cos γ sin z = cos p sin b − sin p cos b cos t .
Hieraus ergibt sich direkt
x(b, p, t ) =
cos z
cos a sin z
= −
cos b cos p + sin b sin p cos t
cos p sin b − sin p cos b cos t
= −
1 + tan p tan b cos t
tan b − tan p cos t
= −
tan δ tan ϕ + cos t
tan δ − tan ϕ cos t
= x(ϕ, δ, t ).(3.9)
Zur Bestimmung der y-Koordinate werden zunächst der Sinussatz und der Winkel-
Kosinussatz auf das nautische Dreieck (NZS) angewendet
sin(180◦
− a) =
sin Θ sin p
sin b
(3.10)
cos(180◦
− a) = − cos t cos Θ + sin t sin Θ cos p.(3.11)
Nun ergibt sich
y = tan a =
sin a
cos a
=
sin(180◦
− a)
− cos(180◦ − a)
=
sin Θ sin p
sin b(cos t cos Θ − sin t sin Θ cos p)
=
sin p
sin b
1
cos t cot Θ − sin t cos p
.(3.12)
Mit dem Kotangenssatz ergibt sich cot Θ zu
(3.13) cot Θ =
sin p cot b − cos p cos t
sin t
.
Dies in (3.12) eingesetzt führt auf
y(b, p, t ) = tan a =
sin p
sin b
1
cos t (sin p cot b−cos p cos t
sin t
) − sin t cos p
=
sin p sin t
cos t sin p cos b − cos p sin b
(p=90◦−δ)
=
(b=90◦−ϕ)
cos δ sin t
cos t cos δ sin ϕ − sin δ cos ϕ
=
sin t
sin ϕ cos t − cos ϕ tan δ
= y(ϕ, δ, t ).(3.14)
Nun kann die Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr
Sv
(x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) im “Lot-Fußpunkt-System” dargestellt werden.
Diese wird im Abschnitt “Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum”
explizit anhand der numerischen Lösung erstellt werden. In der nachfolgenden
Abbildung sind die vertikalen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, bei
für den jeweiligen Tag konstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.
18 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Norden Süden
Osten
Westen
Abbildung 3.7: Vertikale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦
,
Herbstanfang δ = 0◦
, Winteranfang δ = −23, 4385◦
und Frühlingsanfang δ = 0◦
Es ist noch zu beachten, dass die auf diese Art und Weise bestimmte Schattenkur-
ve für eine vertikale Sonnenuhr berechnet wurde, deren Schattenspitze die Hori-
zontalebene “touchiert”. Es wäre aber nicht zielführend eine vertikale Sonnenuhr
mit Stabspitze im Boden zu betreiben, denn ihr Schatten könnte nur innerhalb des
Erdbodens auf einer vertikalen Ebene abgelesen werden. Die Uhr sollte also einen
gewissen Abstand zur Horizontalebene, dem Boden, wahren. Da der Abstand zwi-
schen Sonne und Erde aber sehr viel größer ist als der zwischen Sonnenuhr und
Horizont, bleibt der daraus resultierende Fehler in der Schattenlänge klein und
kann deshalb getrost vernachlässigt werden. [1][2]
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 19
4 Bestimmung der Zeitgleichung
In diesem Kapitel soll das Problem der Bestimmung der Zeitgleichung auf zwei
unterschiedliche Weisen erfolgen. Zunächst soll der “klassische Weg” aufgezeigt
werden, in dem die Keplergleichung durch ein Iterationsverfahren gelöst wird.
Um diese Iteration zu vermeiden, wird in einem zweiten “numerischen Weg” die
Bewegungsgleichung des Kepler Problems direkt berechnet.
4.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch)
Um die Zeitgleichung zu bestimmen, müssen bei der klassischen Herangehens-
weise Hilfsgrößen eingeführt werden. In Abb. 4.1 wird die Sachlage verdeutlicht.
O ist der Mittelpunkt der Bahnellipse der “wahren Erde” P sowie der Kreisbahn
der “mittleren Erde” PM . Der
Radius der mittleren Sonne/
Erde ist allerdings unerheblich.
Da sie sich mit konstanter Ge-
schwindigkeit bewegt, kommt
es nur auf den Winkel an. In
einem Brennpunkt der Ellipse
befindet sich die Sonne S. Q be-
zeichnet das Perihel, a und b die
große und die kleine Halbachse.
Der Abstand OS = e ist die
lineare Exzentrizität und ι = ea
die Exzentrizität der Bahnel-
lipse. T sei die Umlaufzeit der
Erde und t die Zeit, die seit dem
letzten Periheldurchgang bei Q Abbildung 4.1: Wahre und mittlere Erdbahn
verstrichen ist. Es werden nun noch die drei wesentlichen Anomalien erklärt:
φ bezeichnet den Winkel im Polarkoordinatensystem mit Ursprung Sonne, er
wird als wahre Anomalie bezeichnet. M nennt man die mittlere Anomalie.
Sie entspricht dem Winkel, den der Brennstrahl des Planeten in der Zeit t
beschreiben würde, wenn er sich gleichmäßig um die Sonne bewegte. Es gilt
also: M = 2π/T · t. Als exzentrische Anomalie E bezeichnet man den Winkel
(OQ, OP0), dieser wird später als vermittelnde Hilfsgröße zwischen M und φ
benötigt.
4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten
Die Bestimmung der Zeitgleichung, also der Differenz zwischen wahrer und mitt-
lerer Ortszeit (respektive der Reaktaszensionen2
α0
und α der mittleren und wah-
2
s. Anhang A
20 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
ren Sonne3
) c = WOZ − MOZ = α0
− α, erfolgt in sieben Schritten:
1. Zunächst muss die Rektaszension α0
zu einem gegebenen Zeit-
punkt aus der täglichen Zunahme der mittleren Sonne von
360◦
/365, 2422d
= 0, 98565
◦/d
= 3m
56, 55536s
und ihrem Wert zu
einem festen Zeitpunkt4
bestimmt werden.
BEISPIEL: Es soll die Zeitgleichung für den 20. Mai 2006 um 12 Uhr (MGZ) bestimmt
werden. Per Definition beträgt die Rektaszension der mittleren Sonne am 01. Januar eines
Jahres um 0:00 Uhr (MGZ) α0
= 280◦
. Es vergehen (31 + 28 + 31 + 30 + 20, 5 = 140, 5)
Tage bis zum 20. Mai um 12:00 Uhr. Die Rektaszension nimmt jeden Tag um 0, 98565◦
zu. Somit ergibt sie sich am 20. Mai zu α0
= 58.48345◦
.
2. Aus α0
kann die mittlere Anomalie M nach α0
= M + Ξ berechnet
werden, wobei Ξ die Länge der wahren Sonne im Perigäum bezeichnet
(Ξ = ω + 180◦
, mit ω als Perihelabstand).
BEISPIEL: Mittels Ξ = ω + 180◦
= 102, 09383◦
+ 180◦
= 282, 09383◦
ergibt
sich die mittlere Anomalie zu
M = α0
− Ξ = 58.48345◦
− 282, 09383◦
= 136.38962◦
.
3. Da es nicht möglich ist, die wahre Anomalie φ direkt aus der mittleren An-
omalie M zu berechnen, wird nun die exzentrische Anomalie E als Hilfs-
größe benötigt. Es ist möglich E iterativ über die implizite Keplergleichung5
(4.1) f(E) = E − ι sin(E) = M
bei gegebenen M zu bestimmen. Dies ist lösbar, da f(E) injektiv ist (die
Funktion wächst streng monoton) und 0 ≤ ι ≤ 1. Die Größen in der Kepler-
gleichung müssen im Bogenmaß gegeben sein. Es sei also M und ι bekannt.
Als ersten Näherungswert wähle man
(4.2) E1 = M + ι sin M
Die sich ergebene Abweichung vom wahren Wert E ergibt sich zu
(4.3) E − E1 = ι(sin E − sin M)
und da
(4.4) | sin E − sin M| < |E − M| = |ι sin E| < ι
3
Es ist zu beachten, dass an dieser Stelle die Rollen von Erde und Sonne vertauscht werden,
das heißt, es findet ein Wechsel vom heliozentrischen ins geozentrische, äquatoriale System statt.
Die mittlere Sonne entspricht nun der mittleren Erde!
4
280◦
am 1. Januar eines Jahres, um 0 Uhr MGZ, per Definition
5
(Herleitung s. Anhang B)
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 21
ist, folgt
(4.5) |E − E1| < ι2
.
Wählt man nun als zweiten Näherungswert
(4.6) E2 = M + ι sin E1
so ergibt sich die Abweichung von E zu
(4.7) E − E2 = ι(sin E − sin E1)
und da wiederum
(4.8) | sin E − sin E1| < |E − E1|
gilt, folgt direkt
(4.9) |E − E2| < ι3
.
Für den nächsten Näherungswert ergibt sich eine Abweichung von E im
Betrag von < ι4
usw...
Für den nten
Näherungswert ergibt sich also eine absolute Abweichung
von weniger als der (n + 1)ten
Potenz der Exzentrizität ι, d. h. , die
Iteration konvergiert um so schneller, je kleiner ι ist. Bei der Erdbahn ist die
Exzentrizität mit ι = 0, 0167 sehr klein, wodurch eine schnelle Konvergenz
folgt. (In der zweiten Näherung schon auf die Sekunde genau.)
BEISPIEL: M = 136.38962◦
= 2, 38045rad
und ι = 0, 0167. Der erste Iterati-
onsschritt liefert
E1 = M + ι sin M = 2, 38045rad
+ 0, 0167 sin(2, 38045rad
) = 2, 39197rad
.
Der zweite Iterationsschritt ergibt
E2 = M + ι sin E1 = 2, 38045rad
+ 0, 0167 sin(2, 39197rad
) = 2, 39183rad
und der dritte liefert das Ergebnis
E3 = M + ι sin E2 = 2, 38045rad
+ 0, 0167 sin(2, 39183rad
) = 2, 39183rad
.
4. Da nun E hinreichend genau bestimmt ist, kann die wahre Anomalie aus
der Gaußschen Formel6
(4.10) tan
φ
2
=
1 + ι
1 − ι
tan
E
2
berechnet werden.
BEISPIEL:
tan
φ
2
=
1 + 0, 0167
1 − 0, 0167
tan
2, 39183rad
2
= 2.58416
⇒ φ = 2, 40314rad
= 137, 68981◦
6
(Herleitung s. Anhang B)
22 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
5. Es fehlt noch die Bestimmung der wahren Länge λ der Sonne, diese ergibt
sich aus λ = Ξ + φ
BEISPIEL: λ = 282, 09383◦
+ 137, 68981◦
= 59, 78364◦
6. Aus der Neperschen Regeltan α = cos ε tan λ kann jetzt die Rektaszension
der wahren Sonne α berechnet werden, wobei ε die Ekliptikschiefe darstellt.
BEISPIEL:
tan α = cos(23, 4385◦
) tan(59, 78364◦
) = 1, 57537
⇒ α = 57, 59372◦
7. Abschließend muss nur noch die Differenz α0
− α = c gebildet werden,
um die Zeitgleichung c zu erhalten.[2]
BEISPIEL: c = α0
− α = 58.48345◦
− 57, 59372◦
= 0, 88973 ≈ 0, 9 = 3m
36s
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 23
4.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch)
Nach der klassischen Bestimmung soll nun dasselbe Problem, dieses Mal unter
Einsatz des Computer Algebra Systems Maple, numerisch gelöst werden. Auch
hier soll die Bestimmung der Zeitgleichung mittels der Differenz aus der Rektas-
zension der mittleren und der wahren Sonne
c = WOZ − MOZ = α0
− α
erfolgen. Die Koordinaten der mittleren Sonne lassen sich per Definition sehr ein-
fach berechnen; die Koordinaten der wahren Sonne respektive der wahren Erde
können allerdings nur numerisch bestimmt werden. Hierzu ist es zunächst einmal
notwendig, die Bewegungsgleichungen des “Sonne-Erde”-Systems aufzustellen.
4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation
Die Bewegungsbahnen von Sonne und Erde können ausgehend vom allgemeinen
Zwei-Teilchen-System bestimmt werden7
.
Im speziellen Fall des Sonne-Erd-Systems ergibt sich mit dem Gravitationsgesetz
(Gravitationskonstante G = 6, 672591 · 10−11
m3
kg−1
s−2
, Erdenmasse: mE =
5, 9736 · 1024
kg und Sonnenmasse: mS = 1, 9891 · 1030
kg):
mE¨r1 = −G
mEmS
r2
r1 − r2
r
= −G
mEmS
r2
r
r
(4.11) mS¨r2 = −G
mEmS
r2
r2 − r1
r
= G
mEmS
r2
r
r
Woraus die Bewegungsgleichungen in Relativ- und Schwerpunktskoordinaten fol-
gen:
(4.12) − G
m1m2
r3
r = µr und ¨rS = 0
Wie im Anhang B beschrieben, genügt es, eine zweidimensionale Lösung des
Problems zu betrachten. Die Kurve r der Relativkoordinate wird deshalb zu
(4.13) r(t) =
x(t)
y(t)
gewählt. Wobei immer im Hinterkopf zu behalten ist, dass es sich nach wie vor
um ein aus drei Raumdimensionen bestehendes System handelt, weil man die z-
Komponente zu allen Zeiten t gleich Null gewählt hat (z(t) = 0, ∀t). Die Lösung
der Gleichung (4.12) soll numerisch mittels Maple erfolgen. Dazu sind noch An-
fangsbedingungen zum Lösen der Differentialgleichung (4.12) notwendig. Aus
7
(s. Anhang B)
24 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
der Literatur kann man die Werte,
x(t0) = 147, 104 · 109
m und y(t0) = 0m
sowie
∂x(t0)
∂t
= 0
m
s
und
∂y(t0)
∂t
= 30, 2876 · 103 m
s
zur Zeit t0 des Periheldurchgangs, erhalten. Ein kommentiertes Maplesheet befin-
det sich im Anhang C.
4.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins ekliptikale heliozen-
trische System
Die “quasi”-dreidimensionale Lösungskurve r aus der numerischen Berechnung
ist im Schwerpunktsystem beschrieben. Im ekliptikalen, heliozentrischen System
steht aber die Sonne und nicht der Schwerpunkt im Ursprung. Um nun die Kurve
r in ein heliozentrisches System zu transformieren, ist nach (6.13) eine einfache
Translation um den Abstand Sonne-Schwerpunkt ζ = mE
mE+mS
x(0) nötig. Es ergibt
sich also
(4.14) r =


x(t)
y(t)
z(t) = 0

 +


ζ
0
0

 =


x(t) + ζ
y(t)
0

 !
=


xζ(t)
y(t)
0

 ,
wobei von nun an der Index heliozentrische Koordinaten bezeichnet.
Das ekliptikale, heliozentrische System zeichnet sich durch die x-Achse durch
Sonne und Frühlingspunkt
aus, d. h. , dass es gegenüber
dem reduzierten System um
den Perihelabstand ω gedreht
ist. Um den Vektor r im
ekliptikalen, heliozentrischen
System darzustellen, ist also
eine Drehung um die z-Achse,
um den Winkel ω notwendig.
Hierbei wird allerdings nicht der
Ortsvektor r selbst gedreht,
sondern das ihn beschreibende
Koordinatensystem (s. Abb. Abbildung 4.2: Erste Transformation
4.2).
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 25
Es gilt:
r ,ekl =


cos(ω) − sin(ω) 0
sin(ω) cos(ω) 0
0 0 1




xζ(t)
y(t)
0


=


xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω)
xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)
0


=:


r cos b cos l
r cos b sin l
r sin b

(4.15)
Die letzte Darstellung geht von Kugelkoordinaten mit der ekliptischen Breite b
und Länge l aus, r gibt den Abstand zum betrachteten Objekt an, in diesem Fall
den Abstand Sonne-Erde; |rSE| = r. Das numerische System kann jetzt im ek-
liptikalen, heliozentrischen System durch die Koordinaten b, l und r beschrieben
werden.
4.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen System ins
äquatoriale, heliozentrische System
Zur Berechnung der Zeitgleichung wird die Rektaszension α der wahren Sonne
benötigt. Hierzu muss eine weitere Transformation des ekliptikalen, heliozentri-
schen Systems ins äquatoriale, heliozentrische System vorgenommen werden. Zu
Zeiten des Frühlings- bzw. des
Herbstanfangs “steht” die Sonne
exakt über dem Äquator. Die
Bahn, auf der sich die Erde um
die Sonne dreht, ist gegenüber
dem Äquator um die Schiefe der
Ekliptik ε = 23, 4385◦
(2006)
verdreht. Um das ekliptikale,
heliozentrische System in das
zunächst noch heliozentrische,
äquatoriale System zu überfüh- Abbildung 4.3: Zweite Transformation
ren, muss erneut gedreht werden und zwar um die x -Achse, um den Winkel
ε. Auch hier findet keine Drehung des Ortsvektors r ,ekl statt, sondern die des
Koordinatensystems (s. Abb. 4.3), beschrieben durch:
26 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
r ,¨aq =


1 0 0
0 cos(ε) − sin(ε)
0 sin(ε) cos(ε)




xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω)
xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)
0


=


xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω)
cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]
sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]


=:


r cos δ cos α
r cos δ sin α
r sin δ

(4.16)
Das neue System beschreibt also die Kurve r aus der Numerik in den Größen
Rektaszension α, Deklination δ und erneut dem Abstand des beobachteten
Objekts r.
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 27
4.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen System ins
äquatoriale, geozentrische System
Bei dem Übergang ins geozentrische System ändert sich nur der Blickwinkel.
Solange ein “externer” Himmelskörper, d. h. , nicht die
Sonne oder Erde beobachtet werden soll, kann die Trans-
formation durch eine einfache Vektoraddition dargestellt
werden (s. Abb. 4.4). rSE ist der Abstandsvektor zwischen
Sonne und Erde, r der Abstand des Objekts zur Sonne
und r• der Abstand vom Objekt zur Erde. Dann stellen
sich die Wechsel vom helio- ins geozentrische System und
umgekehrt folgendermaßen dar:
Abbildung 4.4: Dritte
Transformation
(4.17) r• = r + rSE und r = rSE − r•
Im speziellen Fall des für Sonnenuhren relevanten Systems, welches “nur”
aus Sonne und Erde besteht, ist die Transfor-
mation noch einfacher (s. Abb. 4.5). Die im
weiteren Verlauf interessanten Größen sind die
Rektaszension α• und die Deklination δ• im
geozentrischen System. Bei einem Wechsel
vom helio- ins geozentrische System, ergibt
sich:
Abbildung 4.5: Rektaszensions-
transformation
(4.18) α• = α + 180◦
und δ• = −δ
Ist also nun der Vektor r aus der numerischen Lösung bekannt, kann die Rektas-
zenion α• im geozentrischen, äquatorial System explizit angegeben werden, zu
α•
(4.16)
= arctan
r cos δ sin α
r cos δ cos α
+ 180◦
(4.16)
= arctan
cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]
xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω)
+ 180◦
(4.19)
und entsprechend findet sich die Deklinaton δ• zu
δ•
(4.16)
= − arcsin
z ,¨aq
r
, wobei r = |r ,¨aq| = x2
,¨aq + y2
,¨aq + z2
,¨aq
(4.16)
= − arcsin
sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]
r
(4.20)
mit r = (xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω))2
+ (cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2
+ (sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2
1
2
28 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
ANMERKUNG: Da der tan α• nur auf dem Intervall [−π
2
, π
2
] und entsprechend
verschobenen Intervallen definiert ist, muss, dem Datum entsprechend, eine Win-
kelkorrektur vorgenommen werden, um die richtige Rektaszension α• zu erhalten.
Es gilt:
(4.21)
α• = arctan
cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]
xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω)
+180◦
+
0◦
Sommer- bis Winteranfang
180◦
Winter- bis Sommeranfang
4.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne
Da nun die Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmt werden kann, fehlt zur
Berechnung der Zeitgleichung noch die Rektaszension α0
• der mittleren Sonne.
Analog zu der klassischen Überlegung wird das System gemäß Abbildung 4.6
betrachtet.
Die mittlere Erde und die wahre
Erde durchlaufen zur selben Zeit das
Perihel. Beide Planeten benötigen
für einen vollständigen Umlauf die
Zeitperiode T von 365, 2422 mittleren
Tagen. Da sich die mittlere Erde auf
einer kreisförmigen Bahn um den
Mittelpunkt der Ellipse dreht, ist ihre
Geschwindigkeit v vom Betrag her
konstant. Beschreibt man nun die
Koordinaten der mittleren Erde in
Polarkoordinaten
Abbildung 4.6: Mittlere Erde bzw. Sonne
rξ(t) =
xξ(t)
yξ(t)
=
rξcos(M · t)
rξ sin(M · t)
,
wobei M die mittlere Anomalie (t gemessen in Sekunden)
M =
360◦
T
t =
360◦
365, 2422 · 86400
t
darstellt und |rξ(t)| = rξ = a die große Halbachse der Bahnellipse ist, kann
entsprechend der Abbildung 4.6, über das Skalarprodukt
(4.22) cos κ =
rSE · ˆex
|rSE| · |ˆex|
=
(rξ − e · ˆex) · ˆex
|(rξ − e · ˆex)| · |ˆex|
,
auf die, analog benannte, wahre Anomalie κ geschlossen werden. Es ergibt sich
die Rektaszension der mittleren Sonne zu:
(4.23) α0
•
(4.18)
= α + 180◦
= κ + ω + 180◦
, wobei ω der Perihelabstand ist.
4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 29
ANMERKUNG: Das Skalarprodukt liefert den richtigen Winkel für κ vom Perihel-
bis zum Apheldurchgang. Ab dem Durchgang durch den Aphel ist auch hier eine
Winkelkorrektur vonnöten. Es gilt also für α0
• entsprechend:
(4.24) α0
• = ω + 180◦
+



κ Perihel- bis Apheldurchgang
360◦
− κ Apheldurchgang bis Frühlingspunkt
−κ Frühlingspunkt bis Periheldurchgang
4.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems
Zu guter Letzt sollte es noch möglich sein, einen Standort auf der Erde im Laufe
der Zeit mitzuverfolgen. Es muss also das geographische Erdkoordinatensystem,
gegeben in geographischer Breite ϕ und Länge λ, mit dem System der mittle-
ren Erde verknüpft werden. Dazu bietet es sich natürlicherweise an, den Abstand
αGr(t) zwischen dem Frühlingspunkt und dem Nullmeridian durch Greenwich,
zu gegebenen Zeitpunkt t0 zu bestimmen. Aufgrund der Eigenrotation der Erde
ergibt sich dann zu einem späteren Zeitpunkt t
(4.25) αGr(t) = αGr(t0) +
360◦
86400s
· t − φ,
wobei φ der wahren Anomalie der wahren Erde entspricht.
Im Nautischen Jahrbuch läßt sich z.B. für den 1. Januar 2006, um 0:00 Uhr
(MGZ), αGr = 100, 507◦
finden. 12 Stunden später hat sich die wahre Erde um
den Winkel φ auf der ellipsenförmigen Erdbahn fortbewegt und sich dabei um
360◦
86400s
· 12 · 3600s
= 180◦
um sich selbst gedreht. φ ergibt sich direkt aus der numerischen Lösung über das
Skalarprodukt
(4.26) cos φ =
r(t) · ˆex
|r(t)| · |ˆex|
=
x(t)
x(t)2 + y(t)2
.
Der Periheldurchgang erfolgte im Jahr 2006 am 3. Januar, um 15:30 (MGZ). Um
0:00 Uhr am 1. Januar 2006 betrug φ(t0) = 357, 303353◦
. 12 Stunden später
erhielt man ein φ(t0 + 12h
) von 357, 8129465◦
. Die Differenz der beiden liefert
den wahren Winkel ∆φ = 0, 509◦
, um den sich die Erde fortbewegt hat. Es ergibt
sich insgesamt, für t = 12h
= 43200s
, die Rektaszension αGr von Greenwich zu
αGr(t) = 100, 507◦
+ 180◦
− φ = 280, 507◦
− 0.509◦
= 279, 998◦
≈ 280◦
.
Aus Maple erhält man für die Rektaszension α• der wahren und α0
• der mittleren
Sonne zum Zeitpunkt t = 43200s
:
α•(t) = 280, 7777484◦
und α0
•(t) = 279, 978795◦
≈ αGr(t)
30 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Es soll im folgenden in guter Näherung davon ausgegangen werden, dass die Rek-
taszension der mittleren Sonne α0
• und die Rektaszension Greenwich(s) αGr, um
12 Uhr (MGZ), zusammenfallen. Für die Zeitgleichung gewinnt man für den 1.
Januar 2006 den Wert
ZGL = WOZ−MOZ = α0
•−α• = 279, 978795◦
−280, 7777484◦
= −0, 7989534◦
.
Dies entspricht einer Zeitdifferenz von
86400s
360◦
· (−0, 7989534◦
) = −191, 75s
= −3m
11s
,
die die wahre Sonne der mittleren vorauseilt. Mittels des im Anhang C gegebenen
Maplesheets wurde die Zeitgleichung für das Jahr 2006 berechnet. In Abbildung
4.7 ist ihr Verlauf wiedergegeben.
Abbildung 4.7: Zeitgleichung des Jahres 2006
5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 31
5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum
In diesem Kapitel sollen die zuvor angestellten Überlegungen praktisch umgesetzt
werden. Es werden jeweils das Ziffernblatt einer horizontalen sowie einer verti-
kalen Ost-West-Sonnenuhr an der Ruhr-Universität in Bochum berechnet. Dazu
benötigt man zunächst die geographische Breite ϕ und Länge λ des Standortes
der Uhr. Für die Ruhr-Universität findet sich (ϕ = 51◦
27 N) nördlicher Breite
und (λ = 7◦
05 O) östlicher Länge. Die Ziffernblätter sollen für den 20. Mai
20068
berechnet werden.
Zur exakten Bestimmung fehlen also nur die geographische Breite ϕ, die
Deklination δ und der Stundenwinkel t . Die Breite ist durch den Standort der
Uhr festgelegt. Aus der numerischen Lösung können die Deklination und der
Stundenwinkel bestimmt werden.
Die Sonne kulminiert immer zur wahren Ortszeit am entsprechenden Ort um
12 Uhr. Daher kann aus der Zeitgleichung die mittlere Ortszeit der höchsten
Kulmination bestimmt werden. Aus der numerischen Lösung erhält man zunächst
die Zeitgleichung. Für den 20. Mai 20069
ergibt sich
ZGL = WOZ−MOZ = α0
•−α• = 57, 9488867◦
−57, 0485088◦
≈ 0, 9◦
≈ 03m
36s
,
d. h. aber doch, dass die obere Kulmination um
MOZ = WOZ − ZGL = 12h
− 03m
36s
= 11h
56m
24s
stattfindet. Für den Standort Bochum in MESZ heißt dies (1◦
= 4m
)
MEZ = MOZ − λ + 1h
= 11h
56m
24s
− 28m
20s
+ 1h
= 12h
28m
04s
⇒ MESZ = MEZ + 1h
= 13h
28m
04s
Die Sonne kulminiert also am 20. Mai 2006 in Bochum an der Ruhr Universität
um 13:28:04 Uhr.
Aus Maple kann die zugehörige Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmt
werden, indem man die Simulation bis zum Zeitpunkt t = 11h
56m
24s
laufen
läßt10
. Hieraus ergibt sich
α•(11h
56m
24s
) = 57, 0460100◦
ˆ= t13h28m04s !
= 0◦
.
8
Sommerzeit.
9
Der Periheldurchgang fand am 03. Januar, um 15:30 Uhr MGZ statt, daher wurde die Laufzeit
der numerischen Rechnung ∆t (12:00 Uhr MGZ) bestimmt zu: ∆t = [(8, 5+12)h
∗3600+(28+
28 + 30 + 31 + 20)d
∗ 86400]s
= 11908800s
.
10
In der Simulation muss nach wie vor mit Winterzeit gerechnet werden. Die entsprechende
Umrechnung auf die Sommerzeit erfolgt immer im Anschluß.
32 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Dieser Wert wird als Stundenwinkel t13h28m04s
= 0◦
gewählt. Die zeitliche Dif-
ferenz zur nächsten vollen Stunde, um 14 Uhr (MESZ), beträgt 31m
56s
. Somit
ergibt sich im numerischen System, zur Zeit
t = 11h
56m
24s
+ 31m
56s
= 12h
28m
20s11
,
die Rektaszension der wahren Sonne zu
α•(12h
28m
20s
) = 57, 0681756◦
.
Da sich die Erde in der selben Zeit (31m
56s
) in die gleiche Richtung um 7, 98◦12
gedreht hat, ergibt sich somit der Stundenwinkel zu:
t14h
= 7, 98◦
− [α•(12h
28m
20s
) − α•(11h
56m
24s
)]
= 7, 98◦
− [57, 0681756◦
− 57, 0460100◦
] = 7, 9578344◦
(5.1)
Die entsprechenden Werte für die Deklination folgen direkt aus der numerischen
Lösung mittels (4.18) und (4.20).
In der nachfolgenden Tabelle sind die Werte für den 20. Mai 2006 in halbstündi-
gen Abständen zwischen dem Sonnenaufgang um 5:41 Uhr und Sonnenuntergang
um 21:16 Uhr bestimmt. Die Zeiten des Sonnenaufgangs bzw. Sonnenuntergangs
können nach der folgenden Formel berechnet werden13
:
cos ta,u = − tan ϕ tan δ mit der geographischen Breite ϕ und Deklination δ.
Die so berechneten Zeiten14
ta,u beziehen sich auf die WOZ und müssen wie oben
auf MESZ15
umgerechnet werden.
11
t = 12h
28m
20s
ˆ=11910500s
12
1h
ˆ=15◦
13
vgl. [1], Kapitel 6.6, hier wurde eine über den Tag konstante Deklination verwendet. Dies
führten zu leichten Abweichungen im Minutenbereich von den exakten Auf- und Untergangszei-
ten.
14
Maplesheet s. Anhang C
15
Es muss die Zeitumstellung von Sommer- und Winterzeit berücksichtigt werden.
5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 33
MESZ t /[◦
] δ/[◦
]
5h
30m
00s
-119,1882965 19,92989911
6h
00m
00s
-111,7091046 19,92552681
6h
30m
00s
-104,2299135 19,92989911
7h
00m
00s
-96,7507234 19,93426896
7h
30m
00s
-89,2715343 19,93863635
8h
00m
00s
-81,7923463 19,94300129
8h
30m
00s
-74,3131591 19,94736376
9h
00m
00s
-66,8339730 19,95172376
9h
30m
00s
-59,3547878 19,95608132
10h
00m
00s
-51,8756037 19,96043641
10h
30m
00s
-44,3964205 19,96478903
11h
00m
00s
-36,9172383 19,96913921
11h
30m
00s
-29,4380570 19,97348690
12h
00m
00s
-21,9588768 19,97783214
12h
30m
00s
-14,4796975 19,98217491
13h
00m
00s
-7,0005192 19,98651523
13h
28m
04s
0 19,99057360
13h
30m
00s
0,4786581 19,99085307
14h
00m
00s
7,9578344 19,99518845
14h
30m
00s
15,4370098 19,99952137
15h
00m
00s
22,9161841 20,00385182
15h
30m
00s
30,3953576 20,00817979
16h
00m
00s
37,8745299 20,01250530
16h
30m
00s
45,3537014 20,01682833
17h
00m
00s
52,8328718 20,02114890
17h
30m
00s
60,3120413 20,02546700
18h
00m
00s
67,7912098 20,02978263
18h
30m
00s
75,2703774 20,03409578
19h
00m
00s
82,7495439 20,03840647
19h
30m
00s
90,2287095 20,04702040
20h
00m
00s
97,7078741 20,05132367
20h
30m
00s
105,1870377 20,05562447
21h
00m
00s
112,6662003 20,05992277
Tabelle 1: Stundenwinkel t und Deklination δ
34 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
5.1 Horizontales Ziffernblatt
Wie bereits in 3.2.1 gezeigt wurde, ist die Schattenkurve einer horizontalen Son-
nenuhr Sh
(x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )), gegeben durch
x(ϕ, δ, t ) = −y(ϕ, δ, t )
cot t
sin ϕ
− cot ϕ
y(ϕ, δ, t ) = −
cot δ sin t
sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t
.
Trägt man nun die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstellung ein, so
erhält man das Ziffernblatt einer horizontalen Sonnenuhr für den 20. Mai 2006.
Westen
Süden Norden
Osten
Abbildung 5.1: Horizontales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006
5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 35
5.2 Vertikales Ost-West Ziffernblatt
Die Schattenkurve einer vertikalen Sonnenuhr wird nach 3.3.1 durch die Funktion
Sv
(x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) gegeben, wobei die x− und y−Komponenten gegeben
sind durch
x(ϕ, δ, t ) = −
tan δ tan ϕ + cos t
tan δ − tan ϕ cos t
y(ϕ, δ, t ) =
sin t
sin ϕ cos t − cos ϕ tan δ
.
Trägt man nun auch hier die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstel-
lung ein, so erhält man das Ziffernblatt einer vertikalen Sonnenuhr für den 20.
Mai 2006.
Norden Süden
Westen
Osten
Abbildung 5.2: Vertikales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006
36 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
6 Anhang
6.1 A: “Koordinatensyteme”
Zur Beschreibung des Sonnensystems sind Koordinatensysteme unerlässlich. In
den folgenden Abschnitten werden das ekliptikale und äquatoriale System erläu-
tert, sowie auf die helio- und geozentrische Blickweise eingegangen. Zur Vollstän-
digkeit werden das Äquator- und Horizontsystem vorgestellt und das für wechsel-
seitige Transformationen unabdingbare nautische Dreieck eingeführt.
6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System
Das ekliptikale System liegt, wie der Name schon sagt, in der Ekliptik. Die x-
Achse wird durch die Verbindungslinie Sonne-Frühlingspunkt charakterisiert. y−
und z-Achse liegen entsprechend. In Kugelkoordinaten schreibt sich das eklipti-
kale System:
(6.1) rekl =


x
y
z

 =


r cos b cos l
r cos b sin l
r sin b


Man bezeichnet b als die ekliptikale Breite und l als die ekliptikale Länge. r gibt
die Distanz zwischen Sonne und Erde an.
Das äquatoriale System liegt in der den Äquator der Erde schneidenden Ebene.
Die x -Achse des Systems soll mit der x-Achse des ekliptikalen Systems zusam-
menfallen. Somit ist das äquatoriale System, gegenüber dem ekliptikalen System,
um die Schiefe der Ekliptik ε, in der x -Achse respektive x-Achse, verkippt (s.
auch Abb. 4.3). In Kugelkoordinaten schreibt sich:
(6.2) r¨aq =


x
y
z

 =


r cos δ cos α
r cos δ sin α
r sin δ


α wird Rektaszension genannt und ab dem Frühlingspunkt in 0◦
− 360◦
-Schritten
(oder 0h
−24h
) gegen Ost gezählt. Die Deklination δ wird vom Äquator aus für den
nördlichen Teil der Himmelskugel positiv gezählt. Die Entfernung Sonne-Erde r
ist dieselbe wie in den eklitptikalen Koordinaten.
6.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise
In beiden Systemen kann man sowohl die Sonne als auch die Erde in den Ursprung
legen. Je nachdem bezeichnet man dann das System als heliozentrisch oder geo-
zentrisch. Dies sei durch die Indizes bzw. • an den Vektoren angegeben.
6. ANHANG 37
6.1.3 Das Äquatorsystem
Das Äquatorsystem ist eine Projektion des geographischen Erdsystems auf die
Himmelskugel. Dementsprechend wird es durch den Himmelsäquator und die
Himmelspole bestimmt. Der Nullpunkt des Systems wird durch den Schnittpunkt
des Ortsmeridians des Beobachters mit dem Himmelsäquator definiert. Die Par-
allelkreise zum Äquator werden als Deklinationskreise und die Großkreise durch
die Pole als Stundenkreise bezeichnet.
Ausgehend vom Nullpunkt kann der Stundenwinkel t über Westen in 0◦
bis 360◦
oder 0h
bis 24h
gemessen werden. Die Deklination δ wird entsprechend der geo-
graphischen Breite in positiver Zählweise gen Nordpol gezählt.[1]
6.1.4 Das Horizontsystem
Die Pole des Horizontsystems werden als Zenit Z und Nadir ¯Z bezeichnet. Der
Zenit ist der Punkt auf der Himmelskugel direkt senkrecht über dem Beobach-
tungsort. Der Nadir ist der entsprechend komplementäre Pol. Die Großkreise
durch Zenit und Nadir bezeichnet man als Scheitelkreise. Die Parallelkreise zum
Horizont nennt man Höhenparallelen. Der Deklination entspricht nun die Höhe h
und dem Stundenwinkel das Azimut A. Der Nullpunkt des Horizontsystems wird
durch den Südpunkt definiert. Das Azimut wird analog zum Stundenwinkel über
West gemessen. Die Höhe h analog der Deklination positiv gen Nord.[1]
6.1.5 Das nautische Dreieck
Das nautische Dreieck gibt die Möglichkeit, die Koordinaten eines Gestirns
G vom Äquator- ins Horizontsystem und
umgekehrt zu berechnen. Es wird durch
die Lage des Gestirns G, dem Zenit Z
und einem Pol P des Äquatorsystems
gebildet (s. Abb. 6.1). Durch die Sätze
der sphärischen Trigonometrie, Sinussatz,
Seiten-Kosinussatz, Sinus-Kosinussatz, Win-
kelkosinussatz und den Neperschen Regeln
ist es möglich alle Größen zu ermitteln.
Sind z.B. durch eine Messung Höhe h
und Azimut a bekannt, so erhält man die
Deklination zu:
Abbildung 6.1: Nautisches Dreieck
GZP
sin δ = cos z sin ϕ − sin z cos ϕ cos a,
wobei z = 90◦
− h die Zenitdistanz bezeichnet.
Den Stundenwinkel t erhält man aus
cot t = sin ϕ cot a +
cos ϕ cot z
sin a
.
38 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
6.2 B: “Physikalische Grundlagen”
6.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem
Es sei der Fall zweier Punktteilchen in ihren Koordinaten r1 und r2 und Massen
m1, m2 betrachtet. Die gegenseitige Wechselwirkung sei durch die Kräfte F21 und
F12 dargestellt. Die Summe ihrer Kräfte ist im potentialfreien System zu allen
Zeiten gleich Null.
m1¨r1 = F21; m2¨r2 = F12 = −F21
(6.3) ⇒ F21 + F12 = m1¨r1 + m2¨r2 = 0.
Das System kann durch die Einführung von neuen Koordinaten in den Schwer-
punkt überführt werden. Für die Schwerpunktskoordinaten schreibt man
(6.4) rS = i miri
i mi
=
1
m1 + m2
(m1r1 + m2r2).
Es gilt also ¨rS = 0 nach (6.3) und (6.4). Der Schwerpunkt bewegt sich somit
geradlinig und gleichförmig. Der interessierende Anteil der Bewegung besteht
also in der Relativbewegung der beiden Teilchen. Es wird nun noch eine relative
Koordinate r eingeführt:
(6.5) r := r1 − r2.
Mit (6.4) und (6.5) folgt:
(6.6) r1 = rS +
m2
m1 + m2
r resp. r2 = rS +
m1
m1 + m2
r.
Setzt man (6.6) in das Kraftgesetz (6.3) ein und definiert noch die reduzierte Mas-
se µ, schreibt sich das Zwei-Teilchen-Problem im Schwerpunktssystem als Bewe-
gung eines Teilchens mit der Masse µ:
(6.7) F21 = µ¨r ; wobei µ =
m1m2
m1 + m2
“reduzierte Masse”
Die durch das Gravitationspotential gegebene Zentralkraft ist zum Ursprung aus-
gerichtet. Für allgemeine Zentralkräfte ist der Drehimpuls erhalten, denn es gilt
= µr × ˙r
d
dt
= µ˙r × ˙r + µr × ¨r = 0 , da ˙r||˙r und r||¨r;
daher verläuft die Bewegung der Erde um die Sonne in einer Ebene senkrecht zu
. In dieser liegen natürlich r und ˙r. Zur weiteren Beschreibung der Bewegung
bieten sich deshalb Polarkoordinaten an,
x(t) = r(t) cos φ(t) und y(t) = r(t) sin φ(t).
6. ANHANG 39
Für den Drehimpuls folgt entsprechend x = y = 0 und z = µr2 ˙φ
!
= = const.
Nimmt man die Energieerhaltung hinzu
E =
1
2
µ˙r2
+ U(r) =
µ
2
( ˙r2
+ r2 ˙φ2
) + U(r) = const
(6.8)
d
dt
E =
d
dt
1
2
µ˙r2
+ U(r) = 0,
1
2
µ˙r2
+ U(r) = const
und stellt die rechte Seite der Gleichung (6.8) unter Berücksichtigung von ˙φ =
/µr2
nach ˙r um, folgt:
˙r =
2(E − U(r))
µ
−
2
µ2r2
=
µ
2µ(E − U(r))
2
−
1
r2
⇔
1
r2
dr
dt
=
2
r2µ
2µ(E − U(r))
2
−
1
r2
⇔
1
r2
dr
dφ
=
2µ(E − U(r))
2
−
1
r2
, wobei dr/dφ = (dr/dt)/(dφ/dt).
Setzt man U(r) = −A/r als Zentralpotential an und führt noch die Substitution
σ(φ) := 1/r(φ) durch, wobei dσ/dφ = −1/r2
(dr/dφ), ergibt sich:
(6.9) −
dσ
dφ
=
2µ(E − U(r))
2
− σ2 ⇒
dσ
dφ
2
=
2µ(E − U(r))
2
− σ2
.
Definiert man noch die folgenden Konstanten
p :=
2
Aµ
und ι := 1 +
2E 2
µA2
,
so ergibt sich aus (6.9) die Differentialgleichung
(6.10)
dσ
dφ
2
+ σ −
1
p
2
=
ι2
p2
,
welche durch den Ansatz σ − 1/p = (ι/p) cos(φ − φ0) gelöst wird. Man erhält
schließlich nach Rücksubstitution von σ = 1/r(φ) die “Kegelschnittgleichung”,
welche das erste Kepler’sche Gesetz (Die Umlaufbahn eines Planeten ist eine
Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.) beschreibt [4] :
(6.11) r(φ) =
p
1 + ι cos(φ − φ0)
“Kegelschnittgleichung”.
Das System (6.11) kann in kartesische Koordinaten zurücküberführt werden,
(6.12) x = r(φ) cos(φ) + ζ und y = r(φ) sin(φ).
40 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Hierbei muß die Konstante ζ so gewählt werden, dass sie den Abstand des
Brennpunktes der Ellipse, in dem sich der Ursprung des Polarkoordinatensystems
im Schwerpunktsystem befindet, zum Koordinatenursprungs des kartesischen
Systems16
, darstellt. Es gilt die folgende Relation:
ζ =
m1
m1 + m2
r(φ = 0) =
m1
m1 + m2
p
1 + ι
.
Da das System bisher in Relativkoordinaten beschrieben ist, müssen diese wieder
in die natürlichen Koordinaten (6.6) übersetzt werden,
x(φ) =
m2
m1 + m2
p
1 + ι cos φ
cos φ +
m1
m1 + m2
p
1 + ι
y(φ) =
m2
m1 + m2
p
1 + ι cos φ
sin φ.(6.13)
6.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel
Die Bahnellipse wird nach (6.11) (Kegelschnittsgleichung) in den Konstanten p
(Halbparameter) und ι (numerische Exzentrizität) beschrieben. Der Winkel φ ent-
spricht der wahren Anomalie. Aus der Geometrie einer Ellipse ergeben sich die
folgenden Zusammenhänge zwischen p, ι und der großen und kleinen Halbachse
a und b der Ellipse:
a =
p
1 − ι2
, b =
p
√
1 − ι2
,
p =
b2
a
, ι = 1 −
b2
a2
.(6.14)
Anstelle der Exzentrizität ι kann man auch den Exzentrizitätswinkel ϑ benutzen,
dann gilt
(6.15) ι = sin ϑ und
√
1 − ι2 = cos ϑ.
Die Gleichungen (6.14) schreiben sich somit
(6.16) p = a cos2
ϑ und b = a cos ϑ.
Während der Ort zu einem Zeitpunkt t durch das erste Keplersche Gesetz be-
schrieben wird, kann die Geschwindigkeit eines Planeten in den verschiedenen
Phasen seines Umlaufs durch den Flächensatz (zweites Keplersches Gesetz) be-
schrieben werden,
(6.17) r2 dφ
dt
= c = const.
Führt man wieder kartesische Koordinaten ein
(6.18) x = r cos φ, y = r sin φ, mit r = x2 + y2 und tan φ =
y
x
,
16
Der Koordinatenursprung soll hier in der Sonne liegen.
6. ANHANG 41
und differenziert den letzten Ausdruck nach der Zeit t
(6.19)
d
dt
tan φ =
˙φ
cos2 φ
=
x ˙y − y ˙x
x2
,
erhält man mit cos φ = x/r und (6.17) den Flächensatz in kartesischen Koordina-
ten
(6.20) x ˙y − y ˙x = c = const.
Die Konstante c bezeichnet man als Flächengeschwindigkeitskonstante. Stellt man
sich die Ellipse in N flächengleiche Stücke zerteilt vor und ist T die Umlaufzeit
der Erde, so ergibt sich
(6.21) ∆t =
T
N
.
Der Flächeninhalt des in der Zeit ∆t vom Radiusvektor überstrichenen Sektors ist
(6.22) ∆A =
abπ
N
=
1
2
c∆t =
1
2
c
T
N
,
und somit folgt
(6.23) c =
2π
T
ab = nab , wobei n = 2π/T.
Mit den in (6.14) angegebenen Relationen läßt sich (6.23) auch schreiben als
(6.24) c = n pa3 = na2
√
1 − ι2 =
nap
√
1 − ι2
.
Wird im Flächensatz nun r durch die Kegelschnittgleichung (6.11) ausgedrückt,
erhält man die folgende Differentialgleichung für die wahre Anomalie φ
(6.25)
dφ
(1 + ι cos φ)2
=
c
p2
dt = n
a
p
3
2
dt,
und ihre Integration liefert
(6.26)
1
n
a
p
3
2 φ
0
dφ
(1 + ι cos φ)2
= t − t0.
Zur Zeit t0 befindet sich die Erde im Perihel der Bahnellipse. Daher wird t0 auch
als Periheldurchgangszeit bezeichnet. Das Integral (6.26) läßt sich leicht lösen,
wenn statt der wahren Anomalie φ auf die exzentrische Anomalie E zurückge-
griffen wird. Während der elliptischen Bewegung der Erde schwankt der Radius-
vektor r zwischen dem Minimum bei a(1 − ι) im Perihel und dem Maximum bei
a(1 + ι) im Aphel periodisch. Da die Erdbewegung symmetrisch zu den Apsiden
42 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
erfolgt, kann der folgende Zusammenhang zwischen dem Radius der Bahnellipse
und der exzentrischen Anomalie hergestellt werden,
(6.27) r = a(1 − ι cos E).
Mit der Kegelschnittgleichung (6.11) folgt nun
rι cos φ = p − r = a(1 − ι2
) − a(1 − ι cos E)
⇔ r cos φ = a(cos E − ι),(6.28)
desweiteren ergibt sich direkt
(r sin φ)2
= r2
− (r cos φ)2
= a2
(1 − ι2
) sin2
E
r sin φ = a
√
1 − ι2 sin E.(6.29)
Durch Subtraktion und Addition erhält man aus (6.27) und (6.28)
r(1 − cos φ) = a(1 + ι)(1 − ι cos E)(6.30)
r(1 + cos φ) = a(1 − ι)(1 + ι cos E)(6.31)
und durch anschließende Division von (6.30) durch (6.31) unter Anwendung der
Identität
1 − cos α
1 + cos α
= tan2 α
2
,
folgt schließlich die Gauss’sche Formel zu
(6.32) tan
φ
2
=
1 + ι
1 − ι
tan
E
2
. [3]
6.2.3 Herleitung der Keplergleichung
Differenziert man die Kegelschnittgleichung (6.11) und r = a(1 − ι cos E) be-
züglich der wahren bzw. der exzentrischen Anomalie, so erhält man
dr = aι sin EdE(6.33)
dr =
pι sin φ
(1 + ι cos φ)2
dv = r2 ι
p
sin φdφ
(6.17),(6.24)
=
naι
√
1 − ι2
sin φdt.(6.34)
Das Gleichsetzen beider Gleichungen ergibt
(6.35)
√
1 − ι2
sin E
sin φ
dE = ndt,
und mit (6.27) und (6.29)
(6.36)
r
a
dE = (1 − ι cos E)dE = ndt.
Integriert man nun Gleichung (6.36) und berücksichtigt noch das die mittlere An-
omalie M = n(t − t0) ist, so ergibt sich die Keplergleichung zu
(6.37) E − ι sin E = n(t − t0) = M. [3]
6. ANHANG 43
6.3 Anhang C: “Maplesheet”
6.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und Berechnung
der Zeitgleichung
> restart:
> with(LinearAlgebra):with(student):with(plots):
Warning, the name changecoords has been redefined
Darstellung der Relativkoordinate in der Abhängigkeit von der Zeit t
> r := t -> Vector([x(t),y(t)]):
Definiere den Betrag:
> Abs:=v->sqrt(DotProduct(v,v)):
Bestimmung weiterer Parameter, wie Erdenmasse mE, Sonnenmasse mS, Gravitationskonstante
G und Zeitpunkt TO.
> mS:=1.9891E30:mE:=5.9736E24:G:=6.672591E-11:TU:=0:TO:=86400*365.2422:
Aufstellung der Differentialgleichung (xyz a):
> dgl:=mE*mS/(mE+mS)*(map(diff,r(t),t,t))=-G*mE*mS/(Abs(r(t))^3)*(r(t)):
Separation der einzelnen Komponenten:
> dgl_x1:= lhs(dgl)[1]=rhs(dgl)[1]:
> dgl_x2:= lhs(dgl)[2]=rhs(dgl)[2]:
Zusammenfassen zu einem DGL-System:
> dglsys:=dgl_x1,dgl_x2:
Zusammenstellung der Funktionen:
> functions:= x(t),y(t):
Anfangsbedingungen:
> init:=x(0)=147.104E9,y(0)=0,D(x)(0)=0,D(y)(0)=30.286999999E3:
Lösung des Systems und Bestimmung der komponentenweisen Lösung:
> sol:=dsolve({dglsys,init},{functions},numeric,method=rkf45):
> solx:=s->subs(sol(s),x(t)):
> soly:=s->subs(sol(s),y(t)):
Graphen der Lösungskurve:
> setoptions(view=[-155E9..155E9,-155E9..155E9],scaling=constrained,axes=
normal):
> plotR:=plot([’solx(t)’,’soly(t)’,t=TU..TO],color=blue):
> pointR:=plot([[solx(TO),soly(TO)]],style=point,symbol=diamond
,symbolsize=10,color=green):
> display([plotR,pointR]):
Koordinaten im Schwerpunktsystem:
> xx:=t->solx(t):yy:=t->soly(t):
Koordinaten im heliozentrischen System, x-Achse durch Sonne und Perihel, y-Achse entspre-
chend:
> xxh:=t->mE/(mS+mE)*xx(0)+xx(t):yyh:=t->yy(t):
Angabe der Schiefe der Ekliptik ε und des Perihelabstands ω:
> eps:=3.141592654/180*23.4385:w:=3.141592654/180*102.0938294:
44 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
Berechnung der Deklination:
> deklination:=-(180/3.141592654)*arcsin(((sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos
/sqrt((xxh(TO)*cos(w)-yyh(TO)*sin(w))^2
+(cos(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2
+(sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2))):
Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:
> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))
/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):
all:=t->180+alpha(t)+180:
Einrichtung des Systems der mittleren Sonne mit kreisförmiger Umlaufbahn:
> a:=(xxh(0)-xxh(86400*365.2422/2))/2:
> xk:=t->a*cos(3.141592654*2/365.2422/86400*t):
> yk:=t->a*sin(2*3.141592654/365.2422/86400*t):
Berechnung der Rektaszension α0
• der mittleren Sonne:
> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)
/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):
Bestimmung der Zeitgleichung:
> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):
> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
6. ANHANG 45
6.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres 2006
Berechnung für die Tage (1-169) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006).
Also vom Periheldurchgang bis Sommeranfang.
Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:
> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))
/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):
all:=t->180+alpha(t)+180:
Berechnung der Rektaszension α0
• der mittleren Sonne:
> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)
/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):
Bestimmung der Zeitgleichung:
> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):
> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [1,2,3,4,5,6,7,8,9,10
,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20
,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30
,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40
,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50
,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60
,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70
,71,72,73,74,75,76,77,78,79,80
,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90
,91,92,93,94,95,96,97,98,99,100
,101,102,103,104,105,106,107,108,109,110
,111,112,113,114,115,116,117,118,119,120
,121,122,123,124,125,126,127,128,129,130
,131,132,133,134,135,136,137,138,139,140
,141,142,143,144,145,146,147,148,149,150
,151,152,153,154,155,156,157,158,159,160
,161,162,163,164,165,166,167,168,169]):
Berechnung für die Tage (170-182) seit dem Periheldurchgang (3. Januar
2006). Ab Sommeranfang bis Apheldurchgang.
Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:
> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))
/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):
all:=t->180+alpha(t)+360:
Berechnung der Rektaszension α0
• der mittleren Sonne:
> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)
/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
46 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
> allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t):
Bestimmung der Zeitgleichung:
> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):
> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
>map(proc(x) delta(86400*x) end proc,[170,171,172,173,174,175,176
,177,178,179,180,181,182]):
Berechnung für die Tage (183-353) seit dem Periheldurchgang (3. Januar
2006). Ab Apheldurchgang bis Winteranfang.
Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:
> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))
/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):
all:=t->180+alpha(t):
Berechnung der Rektaszension α0
• der mittleren Sonne:
> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)
/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
> allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t):
Bestimmung der Zeitgleichung:
> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):
> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [183,184,185,186,187,188,189,190
,191,192,193,194,195,196,197,198,199,200
,201,202,203,204,205,206,207,208,209,210
,211,212,213,214,215,216,217,218,219,220
,221,222,223,224,225,226,227,228,229,230
,231,232,233,234,235,236,237,238,239,240
,241,242,243,244,245,246,247,248,249,250
,251,252,253,254,255,256,257,258,259,260
,261,262,263,264,265,266,267,268,269,270
,271,272,273,274,275,276,277,278,279,280
,281,282,283,284,285,286,287,288,289,290
,291,292,293,294,295,296,297,298,299,300
,301,302,303,304,305,306,307,308,309,310
,311,312,313,314,315,316,317,318,319,320
,321,322,323,324,325,326,327,328,329,330
,331,331,333,334,335,336,337,338,339,340
,341,342,343,344,345,346,347,348,349,350,351,352,353]):
6. ANHANG 47
Berechnung für die Tage (354-365) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006).
Ab Winteranfang bis Periheldurchgang.
Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne:
> alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps))
/(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))):
all:=t->180+alpha(t)+180:
Berechnung der Rektaszension α0
• der mittleren Sonne:
> alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a)
/sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
> allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t):
Bestimmung der Zeitgleichung:
> deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)):
> delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
> map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [354,355,356,357,358,359
,360,361,362,363,364,365]):
48 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN
6.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der Stunden-
winkel t am 20. Mai 2006
Berechnung für den 20. Mai 2006. Der Zeitpunkt t = 11910500s
entspricht 13
Uhr MESZ.
Berechnung der Deklinationen δ• der wahren Sonne in Halbstunden-Schritten ausgehend
von 14 Uhr MESZ:
dd:=x->deklination(11910500+1800*x):
map(proc(x) dd(x) end proc, [-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6,-5,-4
,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14]):
Berechnung der Stundenwinkel t der wahren Sonne nach (5.1) in Halbstunden-Schritten
ausgehend von 13 Uhr MESZ:
tt:=x->(7.98+7.5*x)-(all(11910500 +1800*x)-360-57.04601):
map(proc(x) tt(x) end proc, [-16,-15,-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6
,-5,-4,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16]):
6. ANHANG 49
6.4 Daten
Masse der Sonne mS: 1, 989 · 1030
kg
Masse der Erde mE: 5, 974 · 1024
kg
Radius der Erde RE (am Äquator): 6, 378140 · 106
m
Große Halbachse der Bahnellipse a: 149, 5 · 109
m
Keine Halbachse der Bahnellipse b: 147, 4 · 109
m
Schiefe der Ekliptik ε: 23, 4385◦
Perihelabstand ω: 102, 0938294◦
Tropisches Jahr: 365, 2422 Tage
Erdgeschwindigkeit im Perihel vp: ≈ 30, 29 · 103 m
s
Gravitationskonstanteγ: 6, 672591 · 10−11 m3
kg·s
Exzentrizität der Bahnellipse ι: 0, 0167
50 LITERATUR
Literatur
[1] Hans-Günther Bigalke: Kugelgeometrie, 1. Auflage. Otto Salle Verlag,
1984
[2] Hermann Dörrie: Triumph der Mathematik, 2. Auflage. Ferdinand Hirt in
Breslau, 1940
[3] Karl Stumpff: Himmelsmechanik Band 1, 1. Auflage. VEB Deutscher Ver-
lag der Wissenschaften, 1959
[4] Florian Scheck: Theoretische Physik 1 Mechanik, 7. Auflage. Springer Ver-
lag, 2003
[5] Christine Mildeberger: Sonnenuhren im Wandel der Zeit. Helios Astrono-
mische Uhren, 2005

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Konstruktion von Sonnenuhren

  • 1. KONSTRUKTION VON SONNENUHREN JAN HEYE BUSS MAT-NR.: 108 099 221 905 RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM
  • 2. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 5 2 Grundlegende Informationen 7 2.1 Das System aus Sonne & Erde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Wahre und Mittlere Ortszeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.3 Das tropisches Jahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 3 Sonnenuhren und Ziffernblätter 10 3.1 Äquatorial-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.2 Horizontal-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr . . . . . . . 11 3.3 Vertikale Ost-West-Sonnenuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr . . . 15 4 Bestimmung der Zeitgleichung 19 4.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch) . . . . . . . . . . . . . . 19 4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten . . . . . 19 4.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch) . . . . . . . . . . . . . 23 4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation . 23 4.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins eklipti- kale heliozentrische System . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen Sy- stem ins äquatoriale, heliozentrische System . . . . . . . . 25 4.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen Sy- stem ins äquatoriale, geozentrische System . . . . . . . . 27 4.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne . . . . . . 28 4.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems . . . 29 5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum 31 5.1 Horizontales Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5.2 Vertikales Ost-West Ziffernblatt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 6 Anhang 36 6.1 A: “Koordinatensyteme” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System . . . . . . . . 36 6.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise . . . 36 6.1.3 Das Äquatorsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.1.4 Das Horizontsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.1.5 Das nautische Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 6.2 B: “Physikalische Grundlagen” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem . . . . . . . . . . . . . . . . 38 6.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel . . . . . . . . . . . . 40 6.2.3 Herleitung der Keplergleichung . . . . . . . . . . . . . . 42
  • 3. 3 6.3 Anhang C: “Maplesheet” . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 6.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und Berechnung der Zeitgleichung . . . . . . . . . . . . . . . 43 6.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres 2006 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 6.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der Stundenwinkel t am 20. Mai 2006 . . . . . . . . . . . . 48 6.4 Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Literaturverzeichnis 50
  • 4.
  • 5. 1. EINLEITUNG 5 1 Einleitung Gnomonik nennt sich die Lehre der Sonnenuhren, benannt nach dem Kernstück jeder Sonnenuhr, dem Gnomon - der Schattenstab -, dem griechischen Wort für “Erkenner der Zeit”. Bereits 2.500 v Chr. besaßen die Chinesen Sonnenuhren, bevor diese in etwa um 650 v. Chr. über die Babylonier zu den Griechen gelangten. Schon die Griechen führten erste Berechnungen durch. So bestimmten sie zum Beispiel die Schiefe der Ekliptik aus dem längsten Mittagsschatten [5]. Ein Großteil dieser Uhren besaß nur eine bedingte Genauigkeit, die allerdings zur täglichen Nachmittagsverabredung im Thermalbad reichte. Ein größeres Problem stellte sich daher in der stark ortsgebundenen Zeitdefinition, welches im Zeitalter der Industrialisierung gelöst werden mußte. So war eine gemeinsame Zeitdefinition Abbildung 1.1: Vertikale Sonnen- uhr beim Erstellen der damals noch im Frühstadium befindlichen Eisenbahn unab- dingbar. Auch heute läßt sich die genaue Zeit1 mit Hilfe einer Sonnenuhr bestimmen. Hierzu sollen in dieser Arbeit die theoretischen Überlegungen zur Konstruktion von Sonnenuhren angestellt werden. Es werden zunächst einige zum Verständnis von Sonnenuhren grundlegende Informationen gegeben, um im anschließenden Kapitel die einfacheren Sonnenuhrtypen, die äquatorialen und horizontalen Son- nenuhren, verstehen zu können. Es sollte im Anschluß jedermann möglich sein, die Schattenkurven einer horizontalen oder einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr zu berechnen. Mittels des Computer-Algebra-Systems Maple wird das Zwei-Teilchen-System aus Sonne und Erde numerisch gelöst und über die angegebenen Koordinaten- transformationen exakte Positionen von Sonne und Erde bestimmt. Aus diesen kann anschließend die Zeitgleichung bestimmt werden. Den Abschluß bildet die Berechnung eines Ziffernblattes für den Standort Bochum, Ruhr-Universität. Es werden ein horizontales und ein vertikales Ziffern- blatt für den 20. Mai 2006 erstellt. Die tägliche Berechnung des Ziffernblattes erhöht die Genauigkeit der Uhr, da so die täglichen Schwankungen (Deklination der Sonne, Exzentrizität der Erdumlaufbahn) aufgefangen werden können. Diese Arbeit entstand im Rahmen eines Seminars auf Grundlage des Buchs “Kugelgeometrie” von Hans-Günther Bigalke. Der Vortrag “Konstruktion von Sonnenuhren” beschäftigte sich generell mit Grundkonstruktionen von Sonnen- uhren. Die Ausweitung des Vortrages auf diese Arbeit bestand vornehmlich in der exakten Berechnung der Zeitgleichung und der Bestimmung der genauen Position der Schattenspitze. Die Verknüpfung beider liefert, zumindest theoretisch, eine 1 z.B. die mitteleuropäische Zeit (MEZ)
  • 6. 6 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN präzise Sonnenuhr, die mitteleuropäische Zeit anzeigt. Die letzten Ungenauigkeiten einer Sonnenuhr zu beseitigen, liegt allerdings allein im Geschick ihres Konstrukteurs.
  • 7. 2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 7 2 Grundlegende Informationen In diesem Kapitel werden einige für das Verständnis von Sonnenuhren unabding- bare grundlegende Informationen gegeben. Es stellen sich folgende Fragen: - In welchem System sollen die Sonnenuhren realisiert werden? - Wie soll die Zeit definiert werden? - Wie lange dauert ein Jahr? 2.1 Das System aus Sonne & Erde “Die Bahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht”- Erstes Kepler’sches Gesetz (Johannes Kepler (1571-1630)). Abbildung 2.1: Sonne-Erd-System im Lauf der Jahreszeiten Die Ellipse, in der die Erde die Sonne im Laufe eines Jahres umläuft, liegt in einer Ebene, der sogenannten Ekliptik (gr. Halbachse a = 149, 5·106 km, kl. Halbachse b = 147, 4 · 106 km). Die Erde selbst besitzt eine Eigendrehung, die um die Nord- Süd-Achse der Pole erfolgt. Als Schiefe der Ekliptik bezeichnet man den Winkel ε, unter dem die Ebene des Äquators der Erde die Ekliptik schneidet. Diese Schräglage der Erde bestimmt vornehmlich die Jahreszeiten. Denkt man sich eine Gerade durch Sonnen- und Erdmittelpunkt und betrachtet den Winkel γ zwischen dieser und der Polachse, so beträgt γ in den Äquinoktien (Frühlings- resp. Herbstanfang) 90◦ . Zu diesen
  • 8. 8 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Zeitpunkten “steht” die Sonne in der Äquatorebene. Entsprechend definiert man den nördlichen Winteranfang zu γ = 90◦ + ε und den nördlichen Sommeranfang zu γ = 90◦ − ε. Als Frühlingspunkt oder Widderpunkt wird der Punkt am Himmel bezeich- net, vor dem die Sonne am Frühlingsanfang erscheint. Seine Verbindungslinie zur Sonne bildet mit der großen Halbachse einen Winkel ω, den man als Perihelab- stand bezeichnet. Er beträgt zur Zeit (2006) ω = 102.0938294◦ . 2.2 Wahre und Mittlere Ortszeit Die wahre Ortszeit WOZ wird über zwei obere Kulminationen der Sonne definiert, d.h. ein Sonnentag wird als der Zeitraum zweier aufeinander folgender Höchst- stände der Sonne erklärt. Dadurch ist die WOZ, wie der Name schon andeutet, ortsgebunden, hängt also vom jeweiligen Standort ab. Da der neue Tag nicht zur Mittagszeit, sondern in der Nacht beginnen sollte, bestimmt man ihn zum Zeit- punkt der unteren Kulmination der Sonne und schreibt: WOZ = t + 12h mit 15◦ = 1h , wobei t den Ortsstundenwinkel der Sonne im Äquatorsystem (s. Anhang A) darstellt. Bei t = 0◦ steht die Sonne genau über dem Beobachtungsort auf der Erde, also in höchster Kulmination und nach obiger Definition ist es 12 Uhr. Es kann die übliche Zeiteinteilung in kleinere Zeitskalen vorgenommen werden: 1 Tag = 24 Stunden = 1440 Minuten = 86400 Sekunden Aufgrund der Schiefe der Ekliptik und der ellipsenförmigen Umlaufbahn der Erde um die Sonne ist die wahre Ortszeit nicht konstant. Diese beiden Effekte sorgen für erhebliche Schwankungen in der Tageslänge. Daher hat schon Johannes Kep- ler eine mittlere Sonnenzeit definiert. Hierbei bewegt sich eine gedachte Sonne gleichmäßig bei konstanter Geschwindigkeit auf dem Himmelsäquator, so daß sie für einen kompletten Umlauf genau dieselbe Zeit benötigt wie die wirkliche Son- ne, - ein (tropisches) Jahr. Diese fiktive Sonne definiert die mittlere Ortszeit MOZ. Beide Sonnen durchlaufen zur selben Zeit das Perihel und Aphel. Die Differenz der beiden Zeiten wird als Zeitgleichung bezeichnet: WOZ − MOZ = Zeitgleichung 2.3 Das tropisches Jahr Als tropisches Jahr bezeichnet man die Zeitspanne zweier aufeinander folgender Durchgänge der mittleren Sonne durch den Frühlingspunkt. Es beträgt 365, 2422 mittlere Sonnentage. Da der gregorianische Kalender aus “nur” 365 Tagen be- steht, ist es notwenig, alle vier Jahre einen Tag hinzu zunehmen, die Schaltjahre. Dies wäre auf Dauer aber zuviel, daher werden alle Jahre mit voller Hunderter
  • 9. 2. GRUNDLEGENDE INFORMATIONEN 9 Jahreszahl ausgelassen und alle Jahre mit durch vier teilbarem Hunderter wieder hinzugenommen. So verbleibt ein Fehler von einem Tag in 3300 Jahren.[1]
  • 10. 10 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 3 Sonnenuhren und Ziffernblätter ”Mors certa, hora incerta“ Das an für sich simple Prinzip einer Sonnenuhr besteht meist aus einem Stab, dessen durch die Sonne hervorgerufener, auf die Ziffernblattebene proji- zierter Schatten als Zeiger fungiert. Die Ausrichtung des Stabes sollte aufgrund der unterschiedlichen Deklination der Sonne im Laufe eines Jahres für alle Arten von Sonnenuhren gleich sein. Er sollte daher immer parallel zur Himmelsachse ausgerichtet werden, sonst weist er an verschiedenen Tagen zur selben Zeit in unterschiedliche Richtungen. Es bleiben also noch zwei räumliche Freiheitsgrade, die durch die Wahl einer Ziffernblattebene in die der Schatten projiziert wird, festgelegt werden. Nach der Lage ihrer Ziffernblattebenen werden die folgenden Sonnenuhren benannt. 3.1 Äquatorial-Sonnenuhr Die äquatoriale Sonnenuhr ist die einfachste Version einer Sonnenuhr. Die Zif- fernblattebene (s. Abb. 3.1, E) liegt parallel zur Äquatorebene, weshalb sich der Schatten im Laufe eines Tages gleichmäßig um die Achse des Stabes dreht. Am Mittag WOZ steht die Sonne in höchster Kulmination, der Stundenwinkel beträgt t = 0◦ , - es ist 12 Uhr (WOZ). Wandert die Sonne im Laufe des Tages weiter, so liegt der Schatten in der Ebene MSM und schließt mit der Nord-Süd-Achse des wahren Mittags MR den Winkel t ein. Dieser entspricht bei der äquatorialen Sonnenuhr aber gerade dem Stundenwinkel t (s. Abb. 3.1). Also gilt: t = t Die äquatoriale Sonnenuhr funktioniert allerdings nur für δ > 0◦ oder bei durch- sichtiger Ziffernblattebene mit durchstoßendem Stab, ähnlich dem Stab M M in der Abbildung 3.1. 3.2 Horizontal-Sonnenuhr Als horizontale Sonnenuhr bezeichnet man eine Sonnenuhr mit horizontaler Zif- fernblattebene (s. Abb. 3.1, E ). Zur Zeit der höchsten Kulmination der Sonne befindet sich der Schatten des Stabes in der Ebene M RM . Zu einem späteren Zeitpunkt möge er in der Ebene M SM liegen. Der zu diesem Zeitpunkt mit der Nord-Süd-Achse gebildete Winkel t ist über die nachfolgenden Relationen mit dem Stundenwinkel t verknüpft. Aus Abbildung 3.1 lassen sich die folgenden Beziehungen herleiten: tan t = |RS| |RM | und |RS| = |RM| tan t
  • 11. 3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 11 Abbildung 3.1: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Horizontal-Sonnenuhr (E ) Der Winkel ϕ entspricht der geographischen Breite und mit |RM| = |RM | sin ϕ folgt: tan t = sin ϕ tan t Durch diesen Zusammenhang kann also t aus dem Stundenwinkel der Sonne t bestimmt werden. Diese Uhr funktioniert prinzipiell nur für ϕ = 0◦ und ist in der Nähe des Äquators daher praktisch nicht einsetzbar. 3.2.1 Schattenkurve einer Horizontalen-Sonnenuhr Für die Konstruktion einer Sonnenuhr ist es interessant, den Verlauf des Schat-
  • 12. 12 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN tens im Laufe eines Tages vorherzubestimmen. Daher soll nun die Schattenkurve einer Horizontal-Sonnenuhr bei bekannter geographischer Breite ϕ in Abhängigkeit des Stundenwinkels der Sonne t und ihrer Deklination δ bestimmt werden. Zunächst wird der Abstand des von der Stabspitze auf die Horizontalebene gefäll- ten Lots als Längeneinheit definiert. Der Fußpunkt des Lots sei mit O bezeichnet und bilde den Ursprung eines Koordinatensystems mit der x-Achse gen Nord und y x O Abbildung 3.2: “Lot-Fußpunkt-System” einer horizontalen Sonnenuhr entsprechender y-Achse in westlicher Richtung (s. Abb. 3.2). Die Sonne sei allgemein beschrieben durch ihr Azimut a und Höhe h bzw. der Zenitdistanz z = 90◦ −h. Wie man der Zeichnung entnimmt, ergibt sich dann der Abstand der Schattenkurve zum Ursprung O zu tan z, somit folgen Abzsisse und Ordinate: (3.1) x = tan z cos a und y = − tan z sin a Um die Größen Azimut a und Höhe h durch Deklinations δ und Stundenwin- kel t auszudrücken, wird das nautische Dreieck (NZS) (s. Anhang A u. Abb 3.3), bestehend aus Nordpol N, Zenit Z und Sonne S zur Hilfe genommen. Das Komplement der geographischen Breite NZ = 90◦ − ϕ =: b und der Polabstand NS = 90◦ − δ =: p sind konstant und hängen nur von den gegebenen Grö- ßen ϕ und δ ab. Das Supplement des Azimuts (NZ, ZS) = 180◦ − a =: γ, die Zenitdistanz ZS = z, der parallaktische Winkel Θ und der Stundenwinkel (NZ, NS) = t sind hingegen veränderlich. Im folgenden sollen die in (3.1) gegebenen Gleichungen der Koordinaten x und y durch t , ϕ und δ ausgedrückt werden. Aus dem nautischen Dreieck ergibt sich der Reihe nach mit dem Sinussatz, Kosinussatz und dem Kotangenssatz: sin a sin z = sin p sin t(3.2) cos z = cos p cos b + sin p sin b cos t(3.3) − cos b cos a = sin b cot z − sin a cot t(3.4)
  • 13. 3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 13 Abbildung 3.3: Nautisches Dreieck und “Lot-Fußpunkt-System” Mit (3.2) geteilt durch (3.3) folgt mit (b = 90◦ − ϕ) y = − sin a tan z = − tan p sin t sin ϕ + cos ϕ tan p cos t (p=90◦−δ) = − cot δ sin t sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t = y(ϕ, δ, t )(3.5) und multipliziert man (3.4) mit − tan z ergibt sich noch x = 1 sin ϕ tan p sin t sin ϕ + cos ϕ tan p cos t cos t sin t − cot ϕ (p=90◦−δ) = − y(ϕ, δ, t ) cot t sin ϕ − cot ϕ = x(ϕ, δ, t ).(3.6) Die Schattenkurve Sh (x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) kann jetzt im “Lot-Fußpunkt- System” aufgetragen werden. In der nachfolgenden Abbildung sind die horizon- talen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, bei für den jeweiligen Tag konstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.
  • 14. 14 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Süden Norden Westen Osten Abbildung 3.4: Horizontale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦ , Herbstanfang δ = 0◦ , Winteranfang δ = −23, 4385◦ und Frühlingsanfang δ = 0◦ 3.3 Vertikale Ost-West-Sonnenuhr Bei einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr steht die Ziffernblattebene senkrecht auf der Horizontalebene (s. Abb. 3.5, E ). Die Bezeichnung “Ost-West-Sonnenuhr” kommt von der ost-westlichen Ausrichtung der Ebene. Auch hier läßt sich ein Zusammenhang zwischen dem Stundenwinkel der Sonne t und dem Äquivalent t der vertikalen Ost-West-Sonnenuhr (t = (M R, M S)) finden. Zunächst kann man aus der Abb. 3.5 die Beziehung tan t = |RS| |RM | ablesen. Gesucht sind also |RS| und |RM |. Aus tan t = |RS| |RM| ⇒ |RS| = |RM| tan t und tan ϕ = |RM | |RM | ⇒ |RM | = |RM | tan ϕ sowie sin ϕ = |RM| |RM | ⇒ |RM | = |RM| sin ϕ ergibt sich endlich die gesuchte Beziehung zu tan t = |RS| |RM | = |RM| tan t |RM | tan ϕ = tan t tan ϕ sin ϕ = tan t cos ϕ.
  • 15. 3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 15 E’’ Abbildung 3.5: Äquatorial-Sonnenuhr (E); Vertikal-Sonnenuhr (E ) Es steht hier sofort vor Augen, dass die Uhr für ϕ = 90◦ und in entsprechender Umgebung am Pol nicht funktionieren kann, da dann der Stab in der Ziffernblat- tebene liegen würde. 3.3.1 Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr Die Berechnung der Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr verläuft weitestgehend analog zur Berechnung der horizontalen. Im Folgenden seien die gleichen Bezeichnungen gewählt. Es ist zu beachten, dass der Fußpunkt des Lots O auf der vertikalen Ebene liegt und seine Länge erneut als Einheitslänge definiert wird, also p := 1.
  • 16. 16 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 90°−ϕ Op=1 S Horizontalebene Vertikalebene Ost Süd W est Nord x y Azimutz h h z a a r s t d Höheh Abbildung 3.6: “Lot-Fußpunkt-System” einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr Die x-Achse des “Lot-Fußpunkt-Systems” zeige senkrecht nach unten und die y-Achse nach Osten, so dass ein Rechtssystem entsteht. Somit ergibt sich die x- Koordinate der Schattenkurve zu x := t = d · cos z = r sin z cos z = cos z cos a sin z = cot z cos a (s. Abb. 3.6) und für die y-Komponente folgt entsprechend y := s = s r r 1 = sin a cos a = tan a (s. Abb. 3.6). Auch hier wird das nautische Dreieck (NZS) zur Hilfe genommen, um die Grö- ßen Zenitdistanz z und Azimut a durch ϕ, δ und t zu ersetzen. Zunächst für die x-Komponente. Mit dem Seiten-Kosinussatz erhält man wie zuvor (3.7) cos z = cos b cos p + sin b sin p cos t
  • 17. 3. SONNENUHREN UND ZIFFERNBLÄTTER 17 und mit dem Sinus-Kosinus-Satz erhält man (3.8) − cos a sin z = cos γ sin z = cos p sin b − sin p cos b cos t . Hieraus ergibt sich direkt x(b, p, t ) = cos z cos a sin z = − cos b cos p + sin b sin p cos t cos p sin b − sin p cos b cos t = − 1 + tan p tan b cos t tan b − tan p cos t = − tan δ tan ϕ + cos t tan δ − tan ϕ cos t = x(ϕ, δ, t ).(3.9) Zur Bestimmung der y-Koordinate werden zunächst der Sinussatz und der Winkel- Kosinussatz auf das nautische Dreieck (NZS) angewendet sin(180◦ − a) = sin Θ sin p sin b (3.10) cos(180◦ − a) = − cos t cos Θ + sin t sin Θ cos p.(3.11) Nun ergibt sich y = tan a = sin a cos a = sin(180◦ − a) − cos(180◦ − a) = sin Θ sin p sin b(cos t cos Θ − sin t sin Θ cos p) = sin p sin b 1 cos t cot Θ − sin t cos p .(3.12) Mit dem Kotangenssatz ergibt sich cot Θ zu (3.13) cot Θ = sin p cot b − cos p cos t sin t . Dies in (3.12) eingesetzt führt auf y(b, p, t ) = tan a = sin p sin b 1 cos t (sin p cot b−cos p cos t sin t ) − sin t cos p = sin p sin t cos t sin p cos b − cos p sin b (p=90◦−δ) = (b=90◦−ϕ) cos δ sin t cos t cos δ sin ϕ − sin δ cos ϕ = sin t sin ϕ cos t − cos ϕ tan δ = y(ϕ, δ, t ).(3.14) Nun kann die Schattenkurve einer vertikalen Ost-West-Sonnenuhr Sv (x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) im “Lot-Fußpunkt-System” dargestellt werden. Diese wird im Abschnitt “Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum” explizit anhand der numerischen Lösung erstellt werden. In der nachfolgenden Abbildung sind die vertikalen Schattenkurven zu den vier Jahreszeitanfängen, bei für den jeweiligen Tag konstant gehaltener Deklination δ, aufgetragen.
  • 18. 18 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Norden Süden Osten Westen Abbildung 3.7: Vertikale Schattenkurven: Bei Sommeranfang δ = 23, 4385◦ , Herbstanfang δ = 0◦ , Winteranfang δ = −23, 4385◦ und Frühlingsanfang δ = 0◦ Es ist noch zu beachten, dass die auf diese Art und Weise bestimmte Schattenkur- ve für eine vertikale Sonnenuhr berechnet wurde, deren Schattenspitze die Hori- zontalebene “touchiert”. Es wäre aber nicht zielführend eine vertikale Sonnenuhr mit Stabspitze im Boden zu betreiben, denn ihr Schatten könnte nur innerhalb des Erdbodens auf einer vertikalen Ebene abgelesen werden. Die Uhr sollte also einen gewissen Abstand zur Horizontalebene, dem Boden, wahren. Da der Abstand zwi- schen Sonne und Erde aber sehr viel größer ist als der zwischen Sonnenuhr und Horizont, bleibt der daraus resultierende Fehler in der Schattenlänge klein und kann deshalb getrost vernachlässigt werden. [1][2]
  • 19. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 19 4 Bestimmung der Zeitgleichung In diesem Kapitel soll das Problem der Bestimmung der Zeitgleichung auf zwei unterschiedliche Weisen erfolgen. Zunächst soll der “klassische Weg” aufgezeigt werden, in dem die Keplergleichung durch ein Iterationsverfahren gelöst wird. Um diese Iteration zu vermeiden, wird in einem zweiten “numerischen Weg” die Bewegungsgleichung des Kepler Problems direkt berechnet. 4.1 Ermittlung der Zeitgleichung (klassisch) Um die Zeitgleichung zu bestimmen, müssen bei der klassischen Herangehens- weise Hilfsgrößen eingeführt werden. In Abb. 4.1 wird die Sachlage verdeutlicht. O ist der Mittelpunkt der Bahnellipse der “wahren Erde” P sowie der Kreisbahn der “mittleren Erde” PM . Der Radius der mittleren Sonne/ Erde ist allerdings unerheblich. Da sie sich mit konstanter Ge- schwindigkeit bewegt, kommt es nur auf den Winkel an. In einem Brennpunkt der Ellipse befindet sich die Sonne S. Q be- zeichnet das Perihel, a und b die große und die kleine Halbachse. Der Abstand OS = e ist die lineare Exzentrizität und ι = ea die Exzentrizität der Bahnel- lipse. T sei die Umlaufzeit der Erde und t die Zeit, die seit dem letzten Periheldurchgang bei Q Abbildung 4.1: Wahre und mittlere Erdbahn verstrichen ist. Es werden nun noch die drei wesentlichen Anomalien erklärt: φ bezeichnet den Winkel im Polarkoordinatensystem mit Ursprung Sonne, er wird als wahre Anomalie bezeichnet. M nennt man die mittlere Anomalie. Sie entspricht dem Winkel, den der Brennstrahl des Planeten in der Zeit t beschreiben würde, wenn er sich gleichmäßig um die Sonne bewegte. Es gilt also: M = 2π/T · t. Als exzentrische Anomalie E bezeichnet man den Winkel (OQ, OP0), dieser wird später als vermittelnde Hilfsgröße zwischen M und φ benötigt. 4.1.1 Berechnung der Zeitgleichung in sieben Schritten Die Bestimmung der Zeitgleichung, also der Differenz zwischen wahrer und mitt- lerer Ortszeit (respektive der Reaktaszensionen2 α0 und α der mittleren und wah- 2 s. Anhang A
  • 20. 20 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN ren Sonne3 ) c = WOZ − MOZ = α0 − α, erfolgt in sieben Schritten: 1. Zunächst muss die Rektaszension α0 zu einem gegebenen Zeit- punkt aus der täglichen Zunahme der mittleren Sonne von 360◦ /365, 2422d = 0, 98565 ◦/d = 3m 56, 55536s und ihrem Wert zu einem festen Zeitpunkt4 bestimmt werden. BEISPIEL: Es soll die Zeitgleichung für den 20. Mai 2006 um 12 Uhr (MGZ) bestimmt werden. Per Definition beträgt die Rektaszension der mittleren Sonne am 01. Januar eines Jahres um 0:00 Uhr (MGZ) α0 = 280◦ . Es vergehen (31 + 28 + 31 + 30 + 20, 5 = 140, 5) Tage bis zum 20. Mai um 12:00 Uhr. Die Rektaszension nimmt jeden Tag um 0, 98565◦ zu. Somit ergibt sie sich am 20. Mai zu α0 = 58.48345◦ . 2. Aus α0 kann die mittlere Anomalie M nach α0 = M + Ξ berechnet werden, wobei Ξ die Länge der wahren Sonne im Perigäum bezeichnet (Ξ = ω + 180◦ , mit ω als Perihelabstand). BEISPIEL: Mittels Ξ = ω + 180◦ = 102, 09383◦ + 180◦ = 282, 09383◦ ergibt sich die mittlere Anomalie zu M = α0 − Ξ = 58.48345◦ − 282, 09383◦ = 136.38962◦ . 3. Da es nicht möglich ist, die wahre Anomalie φ direkt aus der mittleren An- omalie M zu berechnen, wird nun die exzentrische Anomalie E als Hilfs- größe benötigt. Es ist möglich E iterativ über die implizite Keplergleichung5 (4.1) f(E) = E − ι sin(E) = M bei gegebenen M zu bestimmen. Dies ist lösbar, da f(E) injektiv ist (die Funktion wächst streng monoton) und 0 ≤ ι ≤ 1. Die Größen in der Kepler- gleichung müssen im Bogenmaß gegeben sein. Es sei also M und ι bekannt. Als ersten Näherungswert wähle man (4.2) E1 = M + ι sin M Die sich ergebene Abweichung vom wahren Wert E ergibt sich zu (4.3) E − E1 = ι(sin E − sin M) und da (4.4) | sin E − sin M| < |E − M| = |ι sin E| < ι 3 Es ist zu beachten, dass an dieser Stelle die Rollen von Erde und Sonne vertauscht werden, das heißt, es findet ein Wechsel vom heliozentrischen ins geozentrische, äquatoriale System statt. Die mittlere Sonne entspricht nun der mittleren Erde! 4 280◦ am 1. Januar eines Jahres, um 0 Uhr MGZ, per Definition 5 (Herleitung s. Anhang B)
  • 21. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 21 ist, folgt (4.5) |E − E1| < ι2 . Wählt man nun als zweiten Näherungswert (4.6) E2 = M + ι sin E1 so ergibt sich die Abweichung von E zu (4.7) E − E2 = ι(sin E − sin E1) und da wiederum (4.8) | sin E − sin E1| < |E − E1| gilt, folgt direkt (4.9) |E − E2| < ι3 . Für den nächsten Näherungswert ergibt sich eine Abweichung von E im Betrag von < ι4 usw... Für den nten Näherungswert ergibt sich also eine absolute Abweichung von weniger als der (n + 1)ten Potenz der Exzentrizität ι, d. h. , die Iteration konvergiert um so schneller, je kleiner ι ist. Bei der Erdbahn ist die Exzentrizität mit ι = 0, 0167 sehr klein, wodurch eine schnelle Konvergenz folgt. (In der zweiten Näherung schon auf die Sekunde genau.) BEISPIEL: M = 136.38962◦ = 2, 38045rad und ι = 0, 0167. Der erste Iterati- onsschritt liefert E1 = M + ι sin M = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 38045rad ) = 2, 39197rad . Der zweite Iterationsschritt ergibt E2 = M + ι sin E1 = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 39197rad ) = 2, 39183rad und der dritte liefert das Ergebnis E3 = M + ι sin E2 = 2, 38045rad + 0, 0167 sin(2, 39183rad ) = 2, 39183rad . 4. Da nun E hinreichend genau bestimmt ist, kann die wahre Anomalie aus der Gaußschen Formel6 (4.10) tan φ 2 = 1 + ι 1 − ι tan E 2 berechnet werden. BEISPIEL: tan φ 2 = 1 + 0, 0167 1 − 0, 0167 tan 2, 39183rad 2 = 2.58416 ⇒ φ = 2, 40314rad = 137, 68981◦ 6 (Herleitung s. Anhang B)
  • 22. 22 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 5. Es fehlt noch die Bestimmung der wahren Länge λ der Sonne, diese ergibt sich aus λ = Ξ + φ BEISPIEL: λ = 282, 09383◦ + 137, 68981◦ = 59, 78364◦ 6. Aus der Neperschen Regeltan α = cos ε tan λ kann jetzt die Rektaszension der wahren Sonne α berechnet werden, wobei ε die Ekliptikschiefe darstellt. BEISPIEL: tan α = cos(23, 4385◦ ) tan(59, 78364◦ ) = 1, 57537 ⇒ α = 57, 59372◦ 7. Abschließend muss nur noch die Differenz α0 − α = c gebildet werden, um die Zeitgleichung c zu erhalten.[2] BEISPIEL: c = α0 − α = 58.48345◦ − 57, 59372◦ = 0, 88973 ≈ 0, 9 = 3m 36s
  • 23. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 23 4.2 Ermittlung der Zeitgleichung (numerisch) Nach der klassischen Bestimmung soll nun dasselbe Problem, dieses Mal unter Einsatz des Computer Algebra Systems Maple, numerisch gelöst werden. Auch hier soll die Bestimmung der Zeitgleichung mittels der Differenz aus der Rektas- zension der mittleren und der wahren Sonne c = WOZ − MOZ = α0 − α erfolgen. Die Koordinaten der mittleren Sonne lassen sich per Definition sehr ein- fach berechnen; die Koordinaten der wahren Sonne respektive der wahren Erde können allerdings nur numerisch bestimmt werden. Hierzu ist es zunächst einmal notwendig, die Bewegungsgleichungen des “Sonne-Erde”-Systems aufzustellen. 4.2.1 Bewegung von “Sonne & Erde” aufgrund der Gravitation Die Bewegungsbahnen von Sonne und Erde können ausgehend vom allgemeinen Zwei-Teilchen-System bestimmt werden7 . Im speziellen Fall des Sonne-Erd-Systems ergibt sich mit dem Gravitationsgesetz (Gravitationskonstante G = 6, 672591 · 10−11 m3 kg−1 s−2 , Erdenmasse: mE = 5, 9736 · 1024 kg und Sonnenmasse: mS = 1, 9891 · 1030 kg): mE¨r1 = −G mEmS r2 r1 − r2 r = −G mEmS r2 r r (4.11) mS¨r2 = −G mEmS r2 r2 − r1 r = G mEmS r2 r r Woraus die Bewegungsgleichungen in Relativ- und Schwerpunktskoordinaten fol- gen: (4.12) − G m1m2 r3 r = µr und ¨rS = 0 Wie im Anhang B beschrieben, genügt es, eine zweidimensionale Lösung des Problems zu betrachten. Die Kurve r der Relativkoordinate wird deshalb zu (4.13) r(t) = x(t) y(t) gewählt. Wobei immer im Hinterkopf zu behalten ist, dass es sich nach wie vor um ein aus drei Raumdimensionen bestehendes System handelt, weil man die z- Komponente zu allen Zeiten t gleich Null gewählt hat (z(t) = 0, ∀t). Die Lösung der Gleichung (4.12) soll numerisch mittels Maple erfolgen. Dazu sind noch An- fangsbedingungen zum Lösen der Differentialgleichung (4.12) notwendig. Aus 7 (s. Anhang B)
  • 24. 24 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN der Literatur kann man die Werte, x(t0) = 147, 104 · 109 m und y(t0) = 0m sowie ∂x(t0) ∂t = 0 m s und ∂y(t0) ∂t = 30, 2876 · 103 m s zur Zeit t0 des Periheldurchgangs, erhalten. Ein kommentiertes Maplesheet befin- det sich im Anhang C. 4.2.2 Transformation aus dem Schwerpunktsystem ins ekliptikale heliozen- trische System Die “quasi”-dreidimensionale Lösungskurve r aus der numerischen Berechnung ist im Schwerpunktsystem beschrieben. Im ekliptikalen, heliozentrischen System steht aber die Sonne und nicht der Schwerpunkt im Ursprung. Um nun die Kurve r in ein heliozentrisches System zu transformieren, ist nach (6.13) eine einfache Translation um den Abstand Sonne-Schwerpunkt ζ = mE mE+mS x(0) nötig. Es ergibt sich also (4.14) r =   x(t) y(t) z(t) = 0   +   ζ 0 0   =   x(t) + ζ y(t) 0   ! =   xζ(t) y(t) 0   , wobei von nun an der Index heliozentrische Koordinaten bezeichnet. Das ekliptikale, heliozentrische System zeichnet sich durch die x-Achse durch Sonne und Frühlingspunkt aus, d. h. , dass es gegenüber dem reduzierten System um den Perihelabstand ω gedreht ist. Um den Vektor r im ekliptikalen, heliozentrischen System darzustellen, ist also eine Drehung um die z-Achse, um den Winkel ω notwendig. Hierbei wird allerdings nicht der Ortsvektor r selbst gedreht, sondern das ihn beschreibende Koordinatensystem (s. Abb. Abbildung 4.2: Erste Transformation 4.2).
  • 25. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 25 Es gilt: r ,ekl =   cos(ω) − sin(ω) 0 sin(ω) cos(ω) 0 0 0 1     xζ(t) y(t) 0   =   xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω) xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω) 0   =:   r cos b cos l r cos b sin l r sin b  (4.15) Die letzte Darstellung geht von Kugelkoordinaten mit der ekliptischen Breite b und Länge l aus, r gibt den Abstand zum betrachteten Objekt an, in diesem Fall den Abstand Sonne-Erde; |rSE| = r. Das numerische System kann jetzt im ek- liptikalen, heliozentrischen System durch die Koordinaten b, l und r beschrieben werden. 4.2.3 Transformation aus dem ekliptikalen, heliozentrischen System ins äquatoriale, heliozentrische System Zur Berechnung der Zeitgleichung wird die Rektaszension α der wahren Sonne benötigt. Hierzu muss eine weitere Transformation des ekliptikalen, heliozentri- schen Systems ins äquatoriale, heliozentrische System vorgenommen werden. Zu Zeiten des Frühlings- bzw. des Herbstanfangs “steht” die Sonne exakt über dem Äquator. Die Bahn, auf der sich die Erde um die Sonne dreht, ist gegenüber dem Äquator um die Schiefe der Ekliptik ε = 23, 4385◦ (2006) verdreht. Um das ekliptikale, heliozentrische System in das zunächst noch heliozentrische, äquatoriale System zu überfüh- Abbildung 4.3: Zweite Transformation ren, muss erneut gedreht werden und zwar um die x -Achse, um den Winkel ε. Auch hier findet keine Drehung des Ortsvektors r ,ekl statt, sondern die des Koordinatensystems (s. Abb. 4.3), beschrieben durch:
  • 26. 26 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN r ,¨aq =   1 0 0 0 cos(ε) − sin(ε) 0 sin(ε) cos(ε)     xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω) xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω) 0   =   xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω) cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)] sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)]   =:   r cos δ cos α r cos δ sin α r sin δ  (4.16) Das neue System beschreibt also die Kurve r aus der Numerik in den Größen Rektaszension α, Deklination δ und erneut dem Abstand des beobachteten Objekts r.
  • 27. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 27 4.2.4 Transformation aus dem äquatorialen, heliozentrischen System ins äquatoriale, geozentrische System Bei dem Übergang ins geozentrische System ändert sich nur der Blickwinkel. Solange ein “externer” Himmelskörper, d. h. , nicht die Sonne oder Erde beobachtet werden soll, kann die Trans- formation durch eine einfache Vektoraddition dargestellt werden (s. Abb. 4.4). rSE ist der Abstandsvektor zwischen Sonne und Erde, r der Abstand des Objekts zur Sonne und r• der Abstand vom Objekt zur Erde. Dann stellen sich die Wechsel vom helio- ins geozentrische System und umgekehrt folgendermaßen dar: Abbildung 4.4: Dritte Transformation (4.17) r• = r + rSE und r = rSE − r• Im speziellen Fall des für Sonnenuhren relevanten Systems, welches “nur” aus Sonne und Erde besteht, ist die Transfor- mation noch einfacher (s. Abb. 4.5). Die im weiteren Verlauf interessanten Größen sind die Rektaszension α• und die Deklination δ• im geozentrischen System. Bei einem Wechsel vom helio- ins geozentrische System, ergibt sich: Abbildung 4.5: Rektaszensions- transformation (4.18) α• = α + 180◦ und δ• = −δ Ist also nun der Vektor r aus der numerischen Lösung bekannt, kann die Rektas- zenion α• im geozentrischen, äquatorial System explizit angegeben werden, zu α• (4.16) = arctan r cos δ sin α r cos δ cos α + 180◦ (4.16) = arctan cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)] xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω) + 180◦ (4.19) und entsprechend findet sich die Deklinaton δ• zu δ• (4.16) = − arcsin z ,¨aq r , wobei r = |r ,¨aq| = x2 ,¨aq + y2 ,¨aq + z2 ,¨aq (4.16) = − arcsin sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)] r (4.20) mit r = (xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω))2 + (cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2 + (sin(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)])2 1 2
  • 28. 28 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN ANMERKUNG: Da der tan α• nur auf dem Intervall [−π 2 , π 2 ] und entsprechend verschobenen Intervallen definiert ist, muss, dem Datum entsprechend, eine Win- kelkorrektur vorgenommen werden, um die richtige Rektaszension α• zu erhalten. Es gilt: (4.21) α• = arctan cos(ε)[xζ(t) sin(ω) + y(t) cos(ω)] xζ(t) cos(ω) − y(t) sin(ω) +180◦ + 0◦ Sommer- bis Winteranfang 180◦ Winter- bis Sommeranfang 4.2.5 Konstruktion des Systems der mittleren Sonne Da nun die Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmt werden kann, fehlt zur Berechnung der Zeitgleichung noch die Rektaszension α0 • der mittleren Sonne. Analog zu der klassischen Überlegung wird das System gemäß Abbildung 4.6 betrachtet. Die mittlere Erde und die wahre Erde durchlaufen zur selben Zeit das Perihel. Beide Planeten benötigen für einen vollständigen Umlauf die Zeitperiode T von 365, 2422 mittleren Tagen. Da sich die mittlere Erde auf einer kreisförmigen Bahn um den Mittelpunkt der Ellipse dreht, ist ihre Geschwindigkeit v vom Betrag her konstant. Beschreibt man nun die Koordinaten der mittleren Erde in Polarkoordinaten Abbildung 4.6: Mittlere Erde bzw. Sonne rξ(t) = xξ(t) yξ(t) = rξcos(M · t) rξ sin(M · t) , wobei M die mittlere Anomalie (t gemessen in Sekunden) M = 360◦ T t = 360◦ 365, 2422 · 86400 t darstellt und |rξ(t)| = rξ = a die große Halbachse der Bahnellipse ist, kann entsprechend der Abbildung 4.6, über das Skalarprodukt (4.22) cos κ = rSE · ˆex |rSE| · |ˆex| = (rξ − e · ˆex) · ˆex |(rξ − e · ˆex)| · |ˆex| , auf die, analog benannte, wahre Anomalie κ geschlossen werden. Es ergibt sich die Rektaszension der mittleren Sonne zu: (4.23) α0 • (4.18) = α + 180◦ = κ + ω + 180◦ , wobei ω der Perihelabstand ist.
  • 29. 4. BESTIMMUNG DER ZEITGLEICHUNG 29 ANMERKUNG: Das Skalarprodukt liefert den richtigen Winkel für κ vom Perihel- bis zum Apheldurchgang. Ab dem Durchgang durch den Aphel ist auch hier eine Winkelkorrektur vonnöten. Es gilt also für α0 • entsprechend: (4.24) α0 • = ω + 180◦ +    κ Perihel- bis Apheldurchgang 360◦ − κ Apheldurchgang bis Frühlingspunkt −κ Frühlingspunkt bis Periheldurchgang 4.2.6 Anbindung des geographischen Koordinatensystems Zu guter Letzt sollte es noch möglich sein, einen Standort auf der Erde im Laufe der Zeit mitzuverfolgen. Es muss also das geographische Erdkoordinatensystem, gegeben in geographischer Breite ϕ und Länge λ, mit dem System der mittle- ren Erde verknüpft werden. Dazu bietet es sich natürlicherweise an, den Abstand αGr(t) zwischen dem Frühlingspunkt und dem Nullmeridian durch Greenwich, zu gegebenen Zeitpunkt t0 zu bestimmen. Aufgrund der Eigenrotation der Erde ergibt sich dann zu einem späteren Zeitpunkt t (4.25) αGr(t) = αGr(t0) + 360◦ 86400s · t − φ, wobei φ der wahren Anomalie der wahren Erde entspricht. Im Nautischen Jahrbuch läßt sich z.B. für den 1. Januar 2006, um 0:00 Uhr (MGZ), αGr = 100, 507◦ finden. 12 Stunden später hat sich die wahre Erde um den Winkel φ auf der ellipsenförmigen Erdbahn fortbewegt und sich dabei um 360◦ 86400s · 12 · 3600s = 180◦ um sich selbst gedreht. φ ergibt sich direkt aus der numerischen Lösung über das Skalarprodukt (4.26) cos φ = r(t) · ˆex |r(t)| · |ˆex| = x(t) x(t)2 + y(t)2 . Der Periheldurchgang erfolgte im Jahr 2006 am 3. Januar, um 15:30 (MGZ). Um 0:00 Uhr am 1. Januar 2006 betrug φ(t0) = 357, 303353◦ . 12 Stunden später erhielt man ein φ(t0 + 12h ) von 357, 8129465◦ . Die Differenz der beiden liefert den wahren Winkel ∆φ = 0, 509◦ , um den sich die Erde fortbewegt hat. Es ergibt sich insgesamt, für t = 12h = 43200s , die Rektaszension αGr von Greenwich zu αGr(t) = 100, 507◦ + 180◦ − φ = 280, 507◦ − 0.509◦ = 279, 998◦ ≈ 280◦ . Aus Maple erhält man für die Rektaszension α• der wahren und α0 • der mittleren Sonne zum Zeitpunkt t = 43200s : α•(t) = 280, 7777484◦ und α0 •(t) = 279, 978795◦ ≈ αGr(t)
  • 30. 30 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Es soll im folgenden in guter Näherung davon ausgegangen werden, dass die Rek- taszension der mittleren Sonne α0 • und die Rektaszension Greenwich(s) αGr, um 12 Uhr (MGZ), zusammenfallen. Für die Zeitgleichung gewinnt man für den 1. Januar 2006 den Wert ZGL = WOZ−MOZ = α0 •−α• = 279, 978795◦ −280, 7777484◦ = −0, 7989534◦ . Dies entspricht einer Zeitdifferenz von 86400s 360◦ · (−0, 7989534◦ ) = −191, 75s = −3m 11s , die die wahre Sonne der mittleren vorauseilt. Mittels des im Anhang C gegebenen Maplesheets wurde die Zeitgleichung für das Jahr 2006 berechnet. In Abbildung 4.7 ist ihr Verlauf wiedergegeben. Abbildung 4.7: Zeitgleichung des Jahres 2006
  • 31. 5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 31 5 Ziffernblätter an der Ruhr-Universität-Bochum In diesem Kapitel sollen die zuvor angestellten Überlegungen praktisch umgesetzt werden. Es werden jeweils das Ziffernblatt einer horizontalen sowie einer verti- kalen Ost-West-Sonnenuhr an der Ruhr-Universität in Bochum berechnet. Dazu benötigt man zunächst die geographische Breite ϕ und Länge λ des Standortes der Uhr. Für die Ruhr-Universität findet sich (ϕ = 51◦ 27 N) nördlicher Breite und (λ = 7◦ 05 O) östlicher Länge. Die Ziffernblätter sollen für den 20. Mai 20068 berechnet werden. Zur exakten Bestimmung fehlen also nur die geographische Breite ϕ, die Deklination δ und der Stundenwinkel t . Die Breite ist durch den Standort der Uhr festgelegt. Aus der numerischen Lösung können die Deklination und der Stundenwinkel bestimmt werden. Die Sonne kulminiert immer zur wahren Ortszeit am entsprechenden Ort um 12 Uhr. Daher kann aus der Zeitgleichung die mittlere Ortszeit der höchsten Kulmination bestimmt werden. Aus der numerischen Lösung erhält man zunächst die Zeitgleichung. Für den 20. Mai 20069 ergibt sich ZGL = WOZ−MOZ = α0 •−α• = 57, 9488867◦ −57, 0485088◦ ≈ 0, 9◦ ≈ 03m 36s , d. h. aber doch, dass die obere Kulmination um MOZ = WOZ − ZGL = 12h − 03m 36s = 11h 56m 24s stattfindet. Für den Standort Bochum in MESZ heißt dies (1◦ = 4m ) MEZ = MOZ − λ + 1h = 11h 56m 24s − 28m 20s + 1h = 12h 28m 04s ⇒ MESZ = MEZ + 1h = 13h 28m 04s Die Sonne kulminiert also am 20. Mai 2006 in Bochum an der Ruhr Universität um 13:28:04 Uhr. Aus Maple kann die zugehörige Rektaszension α• der wahren Sonne bestimmt werden, indem man die Simulation bis zum Zeitpunkt t = 11h 56m 24s laufen läßt10 . Hieraus ergibt sich α•(11h 56m 24s ) = 57, 0460100◦ ˆ= t13h28m04s ! = 0◦ . 8 Sommerzeit. 9 Der Periheldurchgang fand am 03. Januar, um 15:30 Uhr MGZ statt, daher wurde die Laufzeit der numerischen Rechnung ∆t (12:00 Uhr MGZ) bestimmt zu: ∆t = [(8, 5+12)h ∗3600+(28+ 28 + 30 + 31 + 20)d ∗ 86400]s = 11908800s . 10 In der Simulation muss nach wie vor mit Winterzeit gerechnet werden. Die entsprechende Umrechnung auf die Sommerzeit erfolgt immer im Anschluß.
  • 32. 32 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Dieser Wert wird als Stundenwinkel t13h28m04s = 0◦ gewählt. Die zeitliche Dif- ferenz zur nächsten vollen Stunde, um 14 Uhr (MESZ), beträgt 31m 56s . Somit ergibt sich im numerischen System, zur Zeit t = 11h 56m 24s + 31m 56s = 12h 28m 20s11 , die Rektaszension der wahren Sonne zu α•(12h 28m 20s ) = 57, 0681756◦ . Da sich die Erde in der selben Zeit (31m 56s ) in die gleiche Richtung um 7, 98◦12 gedreht hat, ergibt sich somit der Stundenwinkel zu: t14h = 7, 98◦ − [α•(12h 28m 20s ) − α•(11h 56m 24s )] = 7, 98◦ − [57, 0681756◦ − 57, 0460100◦ ] = 7, 9578344◦ (5.1) Die entsprechenden Werte für die Deklination folgen direkt aus der numerischen Lösung mittels (4.18) und (4.20). In der nachfolgenden Tabelle sind die Werte für den 20. Mai 2006 in halbstündi- gen Abständen zwischen dem Sonnenaufgang um 5:41 Uhr und Sonnenuntergang um 21:16 Uhr bestimmt. Die Zeiten des Sonnenaufgangs bzw. Sonnenuntergangs können nach der folgenden Formel berechnet werden13 : cos ta,u = − tan ϕ tan δ mit der geographischen Breite ϕ und Deklination δ. Die so berechneten Zeiten14 ta,u beziehen sich auf die WOZ und müssen wie oben auf MESZ15 umgerechnet werden. 11 t = 12h 28m 20s ˆ=11910500s 12 1h ˆ=15◦ 13 vgl. [1], Kapitel 6.6, hier wurde eine über den Tag konstante Deklination verwendet. Dies führten zu leichten Abweichungen im Minutenbereich von den exakten Auf- und Untergangszei- ten. 14 Maplesheet s. Anhang C 15 Es muss die Zeitumstellung von Sommer- und Winterzeit berücksichtigt werden.
  • 33. 5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 33 MESZ t /[◦ ] δ/[◦ ] 5h 30m 00s -119,1882965 19,92989911 6h 00m 00s -111,7091046 19,92552681 6h 30m 00s -104,2299135 19,92989911 7h 00m 00s -96,7507234 19,93426896 7h 30m 00s -89,2715343 19,93863635 8h 00m 00s -81,7923463 19,94300129 8h 30m 00s -74,3131591 19,94736376 9h 00m 00s -66,8339730 19,95172376 9h 30m 00s -59,3547878 19,95608132 10h 00m 00s -51,8756037 19,96043641 10h 30m 00s -44,3964205 19,96478903 11h 00m 00s -36,9172383 19,96913921 11h 30m 00s -29,4380570 19,97348690 12h 00m 00s -21,9588768 19,97783214 12h 30m 00s -14,4796975 19,98217491 13h 00m 00s -7,0005192 19,98651523 13h 28m 04s 0 19,99057360 13h 30m 00s 0,4786581 19,99085307 14h 00m 00s 7,9578344 19,99518845 14h 30m 00s 15,4370098 19,99952137 15h 00m 00s 22,9161841 20,00385182 15h 30m 00s 30,3953576 20,00817979 16h 00m 00s 37,8745299 20,01250530 16h 30m 00s 45,3537014 20,01682833 17h 00m 00s 52,8328718 20,02114890 17h 30m 00s 60,3120413 20,02546700 18h 00m 00s 67,7912098 20,02978263 18h 30m 00s 75,2703774 20,03409578 19h 00m 00s 82,7495439 20,03840647 19h 30m 00s 90,2287095 20,04702040 20h 00m 00s 97,7078741 20,05132367 20h 30m 00s 105,1870377 20,05562447 21h 00m 00s 112,6662003 20,05992277 Tabelle 1: Stundenwinkel t und Deklination δ
  • 34. 34 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 5.1 Horizontales Ziffernblatt Wie bereits in 3.2.1 gezeigt wurde, ist die Schattenkurve einer horizontalen Son- nenuhr Sh (x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )), gegeben durch x(ϕ, δ, t ) = −y(ϕ, δ, t ) cot t sin ϕ − cot ϕ y(ϕ, δ, t ) = − cot δ sin t sin ϕ + cos ϕ cot δ cos t . Trägt man nun die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstellung ein, so erhält man das Ziffernblatt einer horizontalen Sonnenuhr für den 20. Mai 2006. Westen Süden Norden Osten Abbildung 5.1: Horizontales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006
  • 35. 5. ZIFFERNBLÄTTER AN DER RUHR-UNIVERSITÄT-BOCHUM 35 5.2 Vertikales Ost-West Ziffernblatt Die Schattenkurve einer vertikalen Sonnenuhr wird nach 3.3.1 durch die Funktion Sv (x(ϕ, δ, t ), y(ϕ, δ, t )) gegeben, wobei die x− und y−Komponenten gegeben sind durch x(ϕ, δ, t ) = − tan δ tan ϕ + cos t tan δ − tan ϕ cos t y(ϕ, δ, t ) = sin t sin ϕ cos t − cos ϕ tan δ . Trägt man nun auch hier die in der Tabelle 1 gegebenen Werte in obige Darstel- lung ein, so erhält man das Ziffernblatt einer vertikalen Sonnenuhr für den 20. Mai 2006. Norden Süden Westen Osten Abbildung 5.2: Vertikales Ziffernblatt für den 20. Mai 2006
  • 36. 36 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 6 Anhang 6.1 A: “Koordinatensyteme” Zur Beschreibung des Sonnensystems sind Koordinatensysteme unerlässlich. In den folgenden Abschnitten werden das ekliptikale und äquatoriale System erläu- tert, sowie auf die helio- und geozentrische Blickweise eingegangen. Zur Vollstän- digkeit werden das Äquator- und Horizontsystem vorgestellt und das für wechsel- seitige Transformationen unabdingbare nautische Dreieck eingeführt. 6.1.1 Das ekliptikale und das äquatoriale System Das ekliptikale System liegt, wie der Name schon sagt, in der Ekliptik. Die x- Achse wird durch die Verbindungslinie Sonne-Frühlingspunkt charakterisiert. y− und z-Achse liegen entsprechend. In Kugelkoordinaten schreibt sich das eklipti- kale System: (6.1) rekl =   x y z   =   r cos b cos l r cos b sin l r sin b   Man bezeichnet b als die ekliptikale Breite und l als die ekliptikale Länge. r gibt die Distanz zwischen Sonne und Erde an. Das äquatoriale System liegt in der den Äquator der Erde schneidenden Ebene. Die x -Achse des Systems soll mit der x-Achse des ekliptikalen Systems zusam- menfallen. Somit ist das äquatoriale System, gegenüber dem ekliptikalen System, um die Schiefe der Ekliptik ε, in der x -Achse respektive x-Achse, verkippt (s. auch Abb. 4.3). In Kugelkoordinaten schreibt sich: (6.2) r¨aq =   x y z   =   r cos δ cos α r cos δ sin α r sin δ   α wird Rektaszension genannt und ab dem Frühlingspunkt in 0◦ − 360◦ -Schritten (oder 0h −24h ) gegen Ost gezählt. Die Deklination δ wird vom Äquator aus für den nördlichen Teil der Himmelskugel positiv gezählt. Die Entfernung Sonne-Erde r ist dieselbe wie in den eklitptikalen Koordinaten. 6.1.2 Die heliozentrische und die geozentrische Blickweise In beiden Systemen kann man sowohl die Sonne als auch die Erde in den Ursprung legen. Je nachdem bezeichnet man dann das System als heliozentrisch oder geo- zentrisch. Dies sei durch die Indizes bzw. • an den Vektoren angegeben.
  • 37. 6. ANHANG 37 6.1.3 Das Äquatorsystem Das Äquatorsystem ist eine Projektion des geographischen Erdsystems auf die Himmelskugel. Dementsprechend wird es durch den Himmelsäquator und die Himmelspole bestimmt. Der Nullpunkt des Systems wird durch den Schnittpunkt des Ortsmeridians des Beobachters mit dem Himmelsäquator definiert. Die Par- allelkreise zum Äquator werden als Deklinationskreise und die Großkreise durch die Pole als Stundenkreise bezeichnet. Ausgehend vom Nullpunkt kann der Stundenwinkel t über Westen in 0◦ bis 360◦ oder 0h bis 24h gemessen werden. Die Deklination δ wird entsprechend der geo- graphischen Breite in positiver Zählweise gen Nordpol gezählt.[1] 6.1.4 Das Horizontsystem Die Pole des Horizontsystems werden als Zenit Z und Nadir ¯Z bezeichnet. Der Zenit ist der Punkt auf der Himmelskugel direkt senkrecht über dem Beobach- tungsort. Der Nadir ist der entsprechend komplementäre Pol. Die Großkreise durch Zenit und Nadir bezeichnet man als Scheitelkreise. Die Parallelkreise zum Horizont nennt man Höhenparallelen. Der Deklination entspricht nun die Höhe h und dem Stundenwinkel das Azimut A. Der Nullpunkt des Horizontsystems wird durch den Südpunkt definiert. Das Azimut wird analog zum Stundenwinkel über West gemessen. Die Höhe h analog der Deklination positiv gen Nord.[1] 6.1.5 Das nautische Dreieck Das nautische Dreieck gibt die Möglichkeit, die Koordinaten eines Gestirns G vom Äquator- ins Horizontsystem und umgekehrt zu berechnen. Es wird durch die Lage des Gestirns G, dem Zenit Z und einem Pol P des Äquatorsystems gebildet (s. Abb. 6.1). Durch die Sätze der sphärischen Trigonometrie, Sinussatz, Seiten-Kosinussatz, Sinus-Kosinussatz, Win- kelkosinussatz und den Neperschen Regeln ist es möglich alle Größen zu ermitteln. Sind z.B. durch eine Messung Höhe h und Azimut a bekannt, so erhält man die Deklination zu: Abbildung 6.1: Nautisches Dreieck GZP sin δ = cos z sin ϕ − sin z cos ϕ cos a, wobei z = 90◦ − h die Zenitdistanz bezeichnet. Den Stundenwinkel t erhält man aus cot t = sin ϕ cot a + cos ϕ cot z sin a .
  • 38. 38 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 6.2 B: “Physikalische Grundlagen” 6.2.1 Das Zwei-Teilchen-Problem Es sei der Fall zweier Punktteilchen in ihren Koordinaten r1 und r2 und Massen m1, m2 betrachtet. Die gegenseitige Wechselwirkung sei durch die Kräfte F21 und F12 dargestellt. Die Summe ihrer Kräfte ist im potentialfreien System zu allen Zeiten gleich Null. m1¨r1 = F21; m2¨r2 = F12 = −F21 (6.3) ⇒ F21 + F12 = m1¨r1 + m2¨r2 = 0. Das System kann durch die Einführung von neuen Koordinaten in den Schwer- punkt überführt werden. Für die Schwerpunktskoordinaten schreibt man (6.4) rS = i miri i mi = 1 m1 + m2 (m1r1 + m2r2). Es gilt also ¨rS = 0 nach (6.3) und (6.4). Der Schwerpunkt bewegt sich somit geradlinig und gleichförmig. Der interessierende Anteil der Bewegung besteht also in der Relativbewegung der beiden Teilchen. Es wird nun noch eine relative Koordinate r eingeführt: (6.5) r := r1 − r2. Mit (6.4) und (6.5) folgt: (6.6) r1 = rS + m2 m1 + m2 r resp. r2 = rS + m1 m1 + m2 r. Setzt man (6.6) in das Kraftgesetz (6.3) ein und definiert noch die reduzierte Mas- se µ, schreibt sich das Zwei-Teilchen-Problem im Schwerpunktssystem als Bewe- gung eines Teilchens mit der Masse µ: (6.7) F21 = µ¨r ; wobei µ = m1m2 m1 + m2 “reduzierte Masse” Die durch das Gravitationspotential gegebene Zentralkraft ist zum Ursprung aus- gerichtet. Für allgemeine Zentralkräfte ist der Drehimpuls erhalten, denn es gilt = µr × ˙r d dt = µ˙r × ˙r + µr × ¨r = 0 , da ˙r||˙r und r||¨r; daher verläuft die Bewegung der Erde um die Sonne in einer Ebene senkrecht zu . In dieser liegen natürlich r und ˙r. Zur weiteren Beschreibung der Bewegung bieten sich deshalb Polarkoordinaten an, x(t) = r(t) cos φ(t) und y(t) = r(t) sin φ(t).
  • 39. 6. ANHANG 39 Für den Drehimpuls folgt entsprechend x = y = 0 und z = µr2 ˙φ ! = = const. Nimmt man die Energieerhaltung hinzu E = 1 2 µ˙r2 + U(r) = µ 2 ( ˙r2 + r2 ˙φ2 ) + U(r) = const (6.8) d dt E = d dt 1 2 µ˙r2 + U(r) = 0, 1 2 µ˙r2 + U(r) = const und stellt die rechte Seite der Gleichung (6.8) unter Berücksichtigung von ˙φ = /µr2 nach ˙r um, folgt: ˙r = 2(E − U(r)) µ − 2 µ2r2 = µ 2µ(E − U(r)) 2 − 1 r2 ⇔ 1 r2 dr dt = 2 r2µ 2µ(E − U(r)) 2 − 1 r2 ⇔ 1 r2 dr dφ = 2µ(E − U(r)) 2 − 1 r2 , wobei dr/dφ = (dr/dt)/(dφ/dt). Setzt man U(r) = −A/r als Zentralpotential an und führt noch die Substitution σ(φ) := 1/r(φ) durch, wobei dσ/dφ = −1/r2 (dr/dφ), ergibt sich: (6.9) − dσ dφ = 2µ(E − U(r)) 2 − σ2 ⇒ dσ dφ 2 = 2µ(E − U(r)) 2 − σ2 . Definiert man noch die folgenden Konstanten p := 2 Aµ und ι := 1 + 2E 2 µA2 , so ergibt sich aus (6.9) die Differentialgleichung (6.10) dσ dφ 2 + σ − 1 p 2 = ι2 p2 , welche durch den Ansatz σ − 1/p = (ι/p) cos(φ − φ0) gelöst wird. Man erhält schließlich nach Rücksubstitution von σ = 1/r(φ) die “Kegelschnittgleichung”, welche das erste Kepler’sche Gesetz (Die Umlaufbahn eines Planeten ist eine Ellipse, in deren einem Brennpunkt die Sonne steht.) beschreibt [4] : (6.11) r(φ) = p 1 + ι cos(φ − φ0) “Kegelschnittgleichung”. Das System (6.11) kann in kartesische Koordinaten zurücküberführt werden, (6.12) x = r(φ) cos(φ) + ζ und y = r(φ) sin(φ).
  • 40. 40 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Hierbei muß die Konstante ζ so gewählt werden, dass sie den Abstand des Brennpunktes der Ellipse, in dem sich der Ursprung des Polarkoordinatensystems im Schwerpunktsystem befindet, zum Koordinatenursprungs des kartesischen Systems16 , darstellt. Es gilt die folgende Relation: ζ = m1 m1 + m2 r(φ = 0) = m1 m1 + m2 p 1 + ι . Da das System bisher in Relativkoordinaten beschrieben ist, müssen diese wieder in die natürlichen Koordinaten (6.6) übersetzt werden, x(φ) = m2 m1 + m2 p 1 + ι cos φ cos φ + m1 m1 + m2 p 1 + ι y(φ) = m2 m1 + m2 p 1 + ι cos φ sin φ.(6.13) 6.2.2 Herleitung der Gauss’schen Formel Die Bahnellipse wird nach (6.11) (Kegelschnittsgleichung) in den Konstanten p (Halbparameter) und ι (numerische Exzentrizität) beschrieben. Der Winkel φ ent- spricht der wahren Anomalie. Aus der Geometrie einer Ellipse ergeben sich die folgenden Zusammenhänge zwischen p, ι und der großen und kleinen Halbachse a und b der Ellipse: a = p 1 − ι2 , b = p √ 1 − ι2 , p = b2 a , ι = 1 − b2 a2 .(6.14) Anstelle der Exzentrizität ι kann man auch den Exzentrizitätswinkel ϑ benutzen, dann gilt (6.15) ι = sin ϑ und √ 1 − ι2 = cos ϑ. Die Gleichungen (6.14) schreiben sich somit (6.16) p = a cos2 ϑ und b = a cos ϑ. Während der Ort zu einem Zeitpunkt t durch das erste Keplersche Gesetz be- schrieben wird, kann die Geschwindigkeit eines Planeten in den verschiedenen Phasen seines Umlaufs durch den Flächensatz (zweites Keplersches Gesetz) be- schrieben werden, (6.17) r2 dφ dt = c = const. Führt man wieder kartesische Koordinaten ein (6.18) x = r cos φ, y = r sin φ, mit r = x2 + y2 und tan φ = y x , 16 Der Koordinatenursprung soll hier in der Sonne liegen.
  • 41. 6. ANHANG 41 und differenziert den letzten Ausdruck nach der Zeit t (6.19) d dt tan φ = ˙φ cos2 φ = x ˙y − y ˙x x2 , erhält man mit cos φ = x/r und (6.17) den Flächensatz in kartesischen Koordina- ten (6.20) x ˙y − y ˙x = c = const. Die Konstante c bezeichnet man als Flächengeschwindigkeitskonstante. Stellt man sich die Ellipse in N flächengleiche Stücke zerteilt vor und ist T die Umlaufzeit der Erde, so ergibt sich (6.21) ∆t = T N . Der Flächeninhalt des in der Zeit ∆t vom Radiusvektor überstrichenen Sektors ist (6.22) ∆A = abπ N = 1 2 c∆t = 1 2 c T N , und somit folgt (6.23) c = 2π T ab = nab , wobei n = 2π/T. Mit den in (6.14) angegebenen Relationen läßt sich (6.23) auch schreiben als (6.24) c = n pa3 = na2 √ 1 − ι2 = nap √ 1 − ι2 . Wird im Flächensatz nun r durch die Kegelschnittgleichung (6.11) ausgedrückt, erhält man die folgende Differentialgleichung für die wahre Anomalie φ (6.25) dφ (1 + ι cos φ)2 = c p2 dt = n a p 3 2 dt, und ihre Integration liefert (6.26) 1 n a p 3 2 φ 0 dφ (1 + ι cos φ)2 = t − t0. Zur Zeit t0 befindet sich die Erde im Perihel der Bahnellipse. Daher wird t0 auch als Periheldurchgangszeit bezeichnet. Das Integral (6.26) läßt sich leicht lösen, wenn statt der wahren Anomalie φ auf die exzentrische Anomalie E zurückge- griffen wird. Während der elliptischen Bewegung der Erde schwankt der Radius- vektor r zwischen dem Minimum bei a(1 − ι) im Perihel und dem Maximum bei a(1 + ι) im Aphel periodisch. Da die Erdbewegung symmetrisch zu den Apsiden
  • 42. 42 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN erfolgt, kann der folgende Zusammenhang zwischen dem Radius der Bahnellipse und der exzentrischen Anomalie hergestellt werden, (6.27) r = a(1 − ι cos E). Mit der Kegelschnittgleichung (6.11) folgt nun rι cos φ = p − r = a(1 − ι2 ) − a(1 − ι cos E) ⇔ r cos φ = a(cos E − ι),(6.28) desweiteren ergibt sich direkt (r sin φ)2 = r2 − (r cos φ)2 = a2 (1 − ι2 ) sin2 E r sin φ = a √ 1 − ι2 sin E.(6.29) Durch Subtraktion und Addition erhält man aus (6.27) und (6.28) r(1 − cos φ) = a(1 + ι)(1 − ι cos E)(6.30) r(1 + cos φ) = a(1 − ι)(1 + ι cos E)(6.31) und durch anschließende Division von (6.30) durch (6.31) unter Anwendung der Identität 1 − cos α 1 + cos α = tan2 α 2 , folgt schließlich die Gauss’sche Formel zu (6.32) tan φ 2 = 1 + ι 1 − ι tan E 2 . [3] 6.2.3 Herleitung der Keplergleichung Differenziert man die Kegelschnittgleichung (6.11) und r = a(1 − ι cos E) be- züglich der wahren bzw. der exzentrischen Anomalie, so erhält man dr = aι sin EdE(6.33) dr = pι sin φ (1 + ι cos φ)2 dv = r2 ι p sin φdφ (6.17),(6.24) = naι √ 1 − ι2 sin φdt.(6.34) Das Gleichsetzen beider Gleichungen ergibt (6.35) √ 1 − ι2 sin E sin φ dE = ndt, und mit (6.27) und (6.29) (6.36) r a dE = (1 − ι cos E)dE = ndt. Integriert man nun Gleichung (6.36) und berücksichtigt noch das die mittlere An- omalie M = n(t − t0) ist, so ergibt sich die Keplergleichung zu (6.37) E − ι sin E = n(t − t0) = M. [3]
  • 43. 6. ANHANG 43 6.3 Anhang C: “Maplesheet” 6.3.1 Maplesheet zur Lösung des Zwei-Teilchen-Problems und Berechnung der Zeitgleichung > restart: > with(LinearAlgebra):with(student):with(plots): Warning, the name changecoords has been redefined Darstellung der Relativkoordinate in der Abhängigkeit von der Zeit t > r := t -> Vector([x(t),y(t)]): Definiere den Betrag: > Abs:=v->sqrt(DotProduct(v,v)): Bestimmung weiterer Parameter, wie Erdenmasse mE, Sonnenmasse mS, Gravitationskonstante G und Zeitpunkt TO. > mS:=1.9891E30:mE:=5.9736E24:G:=6.672591E-11:TU:=0:TO:=86400*365.2422: Aufstellung der Differentialgleichung (xyz a): > dgl:=mE*mS/(mE+mS)*(map(diff,r(t),t,t))=-G*mE*mS/(Abs(r(t))^3)*(r(t)): Separation der einzelnen Komponenten: > dgl_x1:= lhs(dgl)[1]=rhs(dgl)[1]: > dgl_x2:= lhs(dgl)[2]=rhs(dgl)[2]: Zusammenfassen zu einem DGL-System: > dglsys:=dgl_x1,dgl_x2: Zusammenstellung der Funktionen: > functions:= x(t),y(t): Anfangsbedingungen: > init:=x(0)=147.104E9,y(0)=0,D(x)(0)=0,D(y)(0)=30.286999999E3: Lösung des Systems und Bestimmung der komponentenweisen Lösung: > sol:=dsolve({dglsys,init},{functions},numeric,method=rkf45): > solx:=s->subs(sol(s),x(t)): > soly:=s->subs(sol(s),y(t)): Graphen der Lösungskurve: > setoptions(view=[-155E9..155E9,-155E9..155E9],scaling=constrained,axes= normal): > plotR:=plot([’solx(t)’,’soly(t)’,t=TU..TO],color=blue): > pointR:=plot([[solx(TO),soly(TO)]],style=point,symbol=diamond ,symbolsize=10,color=green): > display([plotR,pointR]): Koordinaten im Schwerpunktsystem: > xx:=t->solx(t):yy:=t->soly(t): Koordinaten im heliozentrischen System, x-Achse durch Sonne und Perihel, y-Achse entspre- chend: > xxh:=t->mE/(mS+mE)*xx(0)+xx(t):yyh:=t->yy(t): Angabe der Schiefe der Ekliptik ε und des Perihelabstands ω: > eps:=3.141592654/180*23.4385:w:=3.141592654/180*102.0938294:
  • 44. 44 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN Berechnung der Deklination: > deklination:=-(180/3.141592654)*arcsin(((sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos /sqrt((xxh(TO)*cos(w)-yyh(TO)*sin(w))^2 +(cos(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2 +(sin(eps)*(xxh(TO)*sin(w)+yyh(TO)*cos(w)))^2))): Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne: > alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps)) /(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))): all:=t->180+alpha(t)+180: Einrichtung des Systems der mittleren Sonne mit kreisförmiger Umlaufbahn: > a:=(xxh(0)-xxh(86400*365.2422/2))/2: > xk:=t->a*cos(3.141592654*2/365.2422/86400*t): > yk:=t->a*sin(2*3.141592654/365.2422/86400*t): Berechnung der Rektaszension α0 • der mittleren Sonne: > alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a) /sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))): > allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t): Bestimmung der Zeitgleichung: > deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)): > delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60:
  • 45. 6. ANHANG 45 6.3.2 Maplesheet zur Berechnung der Zeitgleichung des Jahres 2006 Berechnung für die Tage (1-169) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006). Also vom Periheldurchgang bis Sommeranfang. Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne: > alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps)) /(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))): all:=t->180+alpha(t)+180: Berechnung der Rektaszension α0 • der mittleren Sonne: > alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a) /sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))): > allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t): Bestimmung der Zeitgleichung: > deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)): > delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60: > map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [1,2,3,4,5,6,7,8,9,10 ,11,12,13,14,15,16,17,18,19,20 ,21,22,23,24,25,26,27,28,29,30 ,31,32,33,34,35,36,37,38,39,40 ,41,42,43,44,45,46,47,48,49,50 ,51,52,53,54,55,56,57,58,59,60 ,61,62,63,64,65,66,67,68,69,70 ,71,72,73,74,75,76,77,78,79,80 ,81,82,83,84,85,86,87,88,89,90 ,91,92,93,94,95,96,97,98,99,100 ,101,102,103,104,105,106,107,108,109,110 ,111,112,113,114,115,116,117,118,119,120 ,121,122,123,124,125,126,127,128,129,130 ,131,132,133,134,135,136,137,138,139,140 ,141,142,143,144,145,146,147,148,149,150 ,151,152,153,154,155,156,157,158,159,160 ,161,162,163,164,165,166,167,168,169]): Berechnung für die Tage (170-182) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006). Ab Sommeranfang bis Apheldurchgang. Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne: > alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps)) /(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))): all:=t->180+alpha(t)+360: Berechnung der Rektaszension α0 • der mittleren Sonne: > alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a) /sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))):
  • 46. 46 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN > allNull:=t->102.0938294+180+alphaNull(t): Bestimmung der Zeitgleichung: > deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)): > delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60: >map(proc(x) delta(86400*x) end proc,[170,171,172,173,174,175,176 ,177,178,179,180,181,182]): Berechnung für die Tage (183-353) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006). Ab Apheldurchgang bis Winteranfang. Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne: > alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps)) /(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))): all:=t->180+alpha(t): Berechnung der Rektaszension α0 • der mittleren Sonne: > alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a) /sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))): > allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t): Bestimmung der Zeitgleichung: > deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)): > delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60: > map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [183,184,185,186,187,188,189,190 ,191,192,193,194,195,196,197,198,199,200 ,201,202,203,204,205,206,207,208,209,210 ,211,212,213,214,215,216,217,218,219,220 ,221,222,223,224,225,226,227,228,229,230 ,231,232,233,234,235,236,237,238,239,240 ,241,242,243,244,245,246,247,248,249,250 ,251,252,253,254,255,256,257,258,259,260 ,261,262,263,264,265,266,267,268,269,270 ,271,272,273,274,275,276,277,278,279,280 ,281,282,283,284,285,286,287,288,289,290 ,291,292,293,294,295,296,297,298,299,300 ,301,302,303,304,305,306,307,308,309,310 ,311,312,313,314,315,316,317,318,319,320 ,321,322,323,324,325,326,327,328,329,330 ,331,331,333,334,335,336,337,338,339,340 ,341,342,343,344,345,346,347,348,349,350,351,352,353]):
  • 47. 6. ANHANG 47 Berechnung für die Tage (354-365) seit dem Periheldurchgang (3. Januar 2006). Ab Winteranfang bis Periheldurchgang. Berechnung der Rektaszension α• der wahren Sonne: > alpha:=t->(180/3.141592654)*arctan(((xxh(t)*sin(w)+yyh(t)*cos(w))*cos(eps)) /(xxh(t)*cos(w)-yyh(t)*sin(w))): all:=t->180+alpha(t)+180: Berechnung der Rektaszension α0 • der mittleren Sonne: > alphaNull:=t->((180/3.141592654)*arccos((xk(t)-0.0167/a) /sqrt((xk(t)-0.0167/a)^2+yk(t)^2))): > allNull:=t->102.0938294+180-alphaNull(t): Bestimmung der Zeitgleichung: > deltaT:=t->(allNull(t)-all(t)): > delta:=t->deltaT(t)/360*86400/60: > map(proc(x) delta(86400*x) end proc, [354,355,356,357,358,359 ,360,361,362,363,364,365]):
  • 48. 48 KONSTRUKTION VON SONNENUHREN 6.3.3 Maplesheet zur Berechnung der Deklinationen δ und der Stunden- winkel t am 20. Mai 2006 Berechnung für den 20. Mai 2006. Der Zeitpunkt t = 11910500s entspricht 13 Uhr MESZ. Berechnung der Deklinationen δ• der wahren Sonne in Halbstunden-Schritten ausgehend von 14 Uhr MESZ: dd:=x->deklination(11910500+1800*x): map(proc(x) dd(x) end proc, [-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6,-5,-4 ,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14]): Berechnung der Stundenwinkel t der wahren Sonne nach (5.1) in Halbstunden-Schritten ausgehend von 13 Uhr MESZ: tt:=x->(7.98+7.5*x)-(all(11910500 +1800*x)-360-57.04601): map(proc(x) tt(x) end proc, [-16,-15,-14,-13,-12,-11,-10,-9,-8,-7,-6 ,-5,-4,-3,-2,-1,0,1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15,16]):
  • 49. 6. ANHANG 49 6.4 Daten Masse der Sonne mS: 1, 989 · 1030 kg Masse der Erde mE: 5, 974 · 1024 kg Radius der Erde RE (am Äquator): 6, 378140 · 106 m Große Halbachse der Bahnellipse a: 149, 5 · 109 m Keine Halbachse der Bahnellipse b: 147, 4 · 109 m Schiefe der Ekliptik ε: 23, 4385◦ Perihelabstand ω: 102, 0938294◦ Tropisches Jahr: 365, 2422 Tage Erdgeschwindigkeit im Perihel vp: ≈ 30, 29 · 103 m s Gravitationskonstanteγ: 6, 672591 · 10−11 m3 kg·s Exzentrizität der Bahnellipse ι: 0, 0167
  • 50. 50 LITERATUR Literatur [1] Hans-Günther Bigalke: Kugelgeometrie, 1. Auflage. Otto Salle Verlag, 1984 [2] Hermann Dörrie: Triumph der Mathematik, 2. Auflage. Ferdinand Hirt in Breslau, 1940 [3] Karl Stumpff: Himmelsmechanik Band 1, 1. Auflage. VEB Deutscher Ver- lag der Wissenschaften, 1959 [4] Florian Scheck: Theoretische Physik 1 Mechanik, 7. Auflage. Springer Ver- lag, 2003 [5] Christine Mildeberger: Sonnenuhren im Wandel der Zeit. Helios Astrono- mische Uhren, 2005