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HIV und Aids 2012
       Karlshochschule
              22.11.12




                Dr. Franz A. Mosthaf

           Facharzt für Innere Medizin,
           Hämatologie und Onkologie,
          Infektiologie, Palliativmedizin

              Gemeinschaftspraxis für
               Hämatologie, Onkologie
                     und Infektiologie
      Zentrum für ambulante Onkologie

                     Kriegsstrasse 236
                      76135 Karlsruhe
Inhalt des Vortrags

 Historie
 Epidemiologie
 Grundlagen
 Vermehrung und therapeutische Ansatzpunkte
 Therapieprinzipien; Resistenz
 HIV-Infektion als chronische Erkrankung



                      2
Seit wann gibt es AIDS?

 Die älteste gesicherte HIV-Infektion stammt aus
 1959 bei einem Mann aus Kinshasa, Kongo

 Genetische Analysen von klinischem Material eines
 norwegischen Fischers von 1971-76 zeigten, dass
 er das gleiche Virus wie bei dem ersten
 diagnostizierten AIDS-Fall in sich trug

 1981 Berichte über eine Häufung, seltener und
 tödlich verlaufender Lungeninfektionen (PcP) bei
 zuvor gesunden homosexuellen jungen Männern.
 Ursache: Immunschwäche
 “gay related immune deficiency” (GRID)


                                     3
Seit wann…?
 Anfang 1982 erscheint in der
 Schwulenzeitschrift Sentinel eine Artikelserie,
 in der u.a. Bobbi Campbell über seine
 Situation und Erfahrungen als Kranker
 berichtete.



 1983 isoliert Luc Montagnier ein Virus (LAV,
 lympadenopathy virus), das für die
 Immunschwäche verantwortlich gemacht
 wird.




                                       4
…gibt es AIDS?
 1984 isoliert Robert Gallo ein Retrovirus aus
 den Lymphknoten eines an AIDS gestorbenen
 Patienten, er nennt es “human T cell
 lymphotropes virus III”, HTLV-III.

 1985 wird klar, dass LAV und HTLV-III identisch
 sind, man einigt sich auf den Namen HIV
 (human immunodeficiency virus).

 Von der Immunschwäche sind vorwiegend
 homosexuelle Männer, Drogensüchtige und
 Empfänger von Bluttransfusionen betroffen




                                     5
Woher kommt`s ?




                      BNN 11.01.01

                  6
Rotkopf-Mangaben und Weißnasenaffen
-> Schimpansen -> Mensch




                                  Gürtler in: Retrovirus Bulletin 4/2011
                      7
Prävalenz weltweit




                     8
HIV- und
Aids-Inzidenz in D 2011




                      9
Epidemiologie Deutschland




 Karlsruhe




                  10
Aktuelle Daten




                 11
Eckdaten
2011




           12
Altersverteilung




                   13
Wer? hat HIV/Aids

  Mann, 41 Jahre, Feinmechaniker, feste Beziehung, MSM?
  Frau, 58 Jahre, Verwaltungsangestellte, feste Beziehung, infiziert
  durch früheren Ehemann
  Frau, 84 Jahre, Drogistin, geschieden, vielfache Afrika-Aufenthalte,
  GV?
  Mann, 47 Jahre, Redakteur, verheiratet, ein Sohn, früher i.v.
  Drogen?
  Mann 43 Jahre, Ingenieur, verheiratet, zwei Kinder, MSM?
  Frau, 46 Jahre, aus Kenia, Hotelfachfrau, drei Kinder, feste
  Beziehung, Hochprävalenzland
  Mann, 74 Jahre, Türke, Arbeiter, Ehefrau lebt in Türkei, MSM?
  Mann, 33 Jahre, Lehramts-Referendar, MSM
  …
15
HIV wird übertragen durch:




   Ungeschützten GV
   Blut oder Blutderivate
   Transplantation infizierter Organe
   Schwangerschaft, Geburt und Stillen
   Gemeinsamen Gebrauch kontaminierter Nadeln
   und Spritzen
   Nadelstichverletzungen, offene Hautwunden u.
   Schleimhautkontakte



                       16
HIV wird nicht übertragen durch:



  Toilettensitze, etc.
  Berühren und Umarmen von Infizierten
  Geschirr, Bettwäsche oder sonstige von infizierten
  benutzte Gegenstände
  Nahrungsmitteln, die von HIV-Infizierten zubereitet
  wurden
  Mücken oder andere Insekten




                          17
Testverfahren in der HIV-Diagnostik


 Verdacht auf/Ausschluß von HIV-Infektion:

    HIV-Suchtest als Basistest (Immunoassay; die neuesten Teste erfassen
    sowohl HIV-Antikörper als auch HIV-p24-Antigen)
    Westernblot als Bestätigungstest bei wiederholt reaktivem Suchtest (bei
    negativem Westernblot ggf. auch p24-Antigentest oder HIV-PCR)
    Bei positivem Bestätigungstest zusätzliche Untersuchung einer zweiten
    Probe zum Ausschluß einer Probenverwechslung wenn HIV-Infektion
    vorher unbekannt

 HIV-Antikörper bleiben lebenslang nachweisbar; Antikörperverlaufskontrollen
    sind ohne klinische Relevanz

 Verdacht auf eine sehr frische HIV-Infektion:
    Bei negativem Antikörpertest zusätzlich HIV-PCR



                                    18
Zeitlicher Verlauf der HIV-Serokonversion

„Kleine diagnostische Lücke“: ab 15 Tage nach erfolgtem Risikokontakt möglich



                                            p24-
         Infektion       HIV-RNA           Antigen   Serokonversion




                           ca. -12          ca. -5          0     Tage

                              3-6 Wochen

                     Früheste denkbare Testreaktionen


                                      19
20
Das Virus, Subtypen

                           Subtyp           Ausbreitung


                           HIV-1
                           (GruppeM)
                           A
                                            Zentral- und Ost-Afrika,
                                            selten Nordamerika, Europa
                           B                Zentral-Afrika, Nordamerika, Südamerika, hauptsächlich Europa,
                                            Indien, Indochina
                           C
                                            Zentral- und Süd-Afrika, Europa, Indien,
                                            Indochina
                           D                Zentral-Afrika, Europa


                           E
                                            Zentral-, Ost- und Süd-Afrika, Europa,
                                            Indien, Indochina
                           F                Zentral-Afrika, Südamerika, Europa


                           G                Zentral- und West-Afrika, Europa


                           H                Zentral-Afrika, Europa


                           I                Nahost



                           HIV-1 (Gruppe
                           O)
                           O
                                            West-Afrika (Kamerun)
                                            vereinzelt Europa, USA


                           HIV-2


                           A                Weltweit


                           B                West-Afrika, Europa, Indien


                           C, D, E          West-Afrika



                                   HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion
                      21
Zielzellen von HIV




                          HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion


                     22
Adsorption




             23
HIV Entry




                 Primary receptor: CD4, Co-receptor: CXCR4 or CCR5


            24
HIV Attachment
          CD4                Co-receptor                Virus-Cell
         Binding              Binding                    Fusion

                                                                                  Fusion
  CD4                                    CCR5
                                                                                 inhibitors
 binding           gp41                antagonists
inhibitors
                    gp120
                   V3 loop
             CD4


                                                                         Adapted from Moore JP, et al.
                                                     Proc Natl Acad Sci U S A. 2003;100:10598-10602.
 Cell
 Membrane                    CCR5/CXCR4
                               (R5/X4)
                                  25
Laborverlauf ohne Therapie




                          HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion


                     26
Helferzellzahl und Viruslast




                         27
Klinischer Verlauf ohne Therapie




                                   HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion


                      28
Viruslast und Prognose



       HIV-RNA Kopien/ml                Mediane
                                Zeit bis AIDS oder Tod
                                         (Jahre)
             < 500                               > 10
          500 - 3.000                            > 10
         3.000 - 10. 000                          8,3
        10.000 - 30. 000                          5,5
            > 30.000                              2,8
                                 Nach Mellors et al. XI. Int. Conf. on Aids, 1996.




                           29
30
CDC-Klassifikation 1993



Die Laborkategorien 1 bis 3:

1:   ≥ 500/µl CD4-Lymphozyten
2:   200 - 499/µl CD4-Lymphozyten
3:   < 200/µl CD4-Lymphozyten




                                    31
CDC-Klassifikation 1993


Die klinischen Kategorien A bis C

Kategorie A
Asymptomatische HIV-Infektion
persistierende generalisierte Lymphadenopathie (LAS)
akute, symptomatische (primäre) HIV-Infektion
       (auch in der Anamnese)

Kategorie B: (Krankheitssymptome oder Erkrankungen, die nicht in die AIDS-definierende Kategorie
     C fallen, dennoch aber der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen sind oder auf eine Störung der
     zellulären Immunabwehr hinweisen)

Bazilläre Angiomatose
Oropharyngeale Candida-Infektion
Vulvovaginale Candida-Infektionen, die entweder chronisch (länger als ein Monat) oder nur schlecht
       therapierbar sind
Zervikale Dysplasien oder Carcinoma in situ
Konstitutionelle Symptome wie Fieber über 38,5ø C oder länger als vier Wochen bestehende Diarrhöe
Orale Haarleukoplakie
Herpes Zoster bei Befall mehrerer Dermatome oder nach Rezidiven in einem Dermatom
Idiopathische Thrombozytopenische Purpura
Listeriose
Entzündungen des kleinen Beckens, besonders bei Komplikationen eines Tuben- oder Ovarialabszesses
Periphere Neuropathie




                                                               32
Laborkategorie        Klinische Kategorie:

CDC-Klassifikation 1993                                                              (CD4-
                                                                                 Lymphozyten)         A         B         C

                                                                                1: (>= 500/µl)      Stadium   Stadium   Stadium
                                                                                                    I         I         III
                                                                                2: (200 - 499/µl)   Stadium   Stadium   Stadium
                                                                                                    I         II        III
                                                                                3: (< 200/µl)       Stadium   Stadium   Stadium
                                                                                                    II        II        III
Kategorie C (AIDS-definierende Erkrankungen)

 Pneumocystis carinii-Pneumonie
 Toxoplasma-Enzephalitis
 Ösophageale Candida-Infektion oder Befall von Bronchien, Trachea oder Lunge
 Chronische Herpes simplex-Ulcera oder Herpes-Bronchitis,
    -Pneumonie oder -Ösophagitis
 CMV-Retinitis
 generalisierte CMV-Infektion (nicht von Leber oder Milz)
 Rezidivierende Salmonellen-Septikämien
 Rezidivierende Pneumonien innerhalb eines Jahres
 Extrapulmonale Kryptokokken-Infektionen
 Chronische intestinale Kryptosporidien-Infektion
 Chronische intestinale Infektion mit Isospora belli
 Disseminierte oder extrapulmonale Histoplasmose
 Tuberkulose
 Infektionen mit Mykobakterium avium complex oder M. kansasii, disseminiert oder extrapulmonal
 Kaposi-Sarkom
 Maligne Lymphome (Burkitt´s, immunoblastisches oder primär zerebrales Lymphom)
 Invasives Zervix-Karzinom
 HIV-Enzephalopathie
 Progressiv multifokale Leukenzephalopathie
 Wasting-Syndrom


                                                                 33
Therapiebeginn


  Eine antiretrovirale Therapie ist empfohlen

     bei jeder symptomatischen HIV-Infektion

     bei jeder asymptomatischen HIV-Infektion unter 350/µl Helferzellen (kontrolliert)

     bei Patienten mit 350-500/µl Helferzellen und
          Koinfektion mit Hepatitis C
          behandlungsbedürftiger Hepatitis B
          HIV-assoziierter Nephropathie
          anderer spezifischer Organerkrankung




                                         34
Therapiebeginn 2



Eine antiretrovirale Therapie sollte erwogen werden

   bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen von 350- 500/µl und einer Viruslast
   über 100 000 Viruskopien/ml

   bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen von 350- 500/µl und
        einer schnellen Helferzellzahlabnahme von 50-100/µl/Jahr
        Alter > 50 Jahre
        Schwangerschaft
        hohem kardivaskulärem Risiko
        HIV-assoziierten Malignomen




                                        35
Vor der Therapie...


  ... muss in einem Gespräch zwischen Arzt und Patienten besprochen
  werden:

  dass die Therapie

         komplex ist

         über einen sehr langen Zeitraum dauerhaft durchgeführt
         werden muss

         Nebenwirkungen haben kann



                                 36
Ansatzpunkte der antiretroviralen
  Substanzklassen

                                Fusions-Inhibitoren/
                                CCR5-Antagonisten




                                                       Reverse-
                                                       Transkriptase-
                                                       Inhibitoren
                  Integrase-                           (NRTI, NNRTI)
                  Inhibitoren

                                                                        Protease-
                                                                        Inhibitoren




Courtesy gilead
                                          37
Antiretrovirale Substanzen




                   38
Medikation beim
therapienaiven Patienten




                           39
Unerwünschte Wirkungen der Therapie

                  • Diarrhoe (Lopinavir, Ritonavir)

                  • Hyperlipidämie (Lopinavir,
                    andere Proteasehemmer)

                  • Hepatotox. (Nevirapin, Efavirenz,
                        Proteasehemmer)

                      •Nephrotox. (Tenofovir)




                 40
Lipodystrophie




                 41
Lipatrophie




              42
Lipodystrophie - buffalo hump




                        43
44
Allgemeine Therapieprinzipien


    Eine Verminderung der Morbidität und Mortalität lässt sich
    bereits durch eine Senkung der Viruslast um ca. 1 - 2 log10
    erzielen.

    Eine solche – unvollständige - Senkung der Viruslast unter
    Therapie führt zur Selektion resistenter Virusmutanten und
    damit zum Therapieversagen mit Rückkehr zum vorherigen
    Risiko der Progression.

    Eine langanhaltende Risikoreduktion lässt sich nur durch eine
    möglichst komplette Hemmung der Virusreplikation erreichen.



                                 45
Gründe für Therapieversagen


    Ein Teil der Patienten bricht die Therapie wegen Nebenwirkungen?
    ab

    bei ca. 8% ist eine mangelnde Adhärenz feststellbar

    Ein Teil der Patienten erscheint nach einer gewissen Zeit nicht mehr
    bei den behandelnden Ärzten (sog. "lost-to-follow up")

    rein virologisches Versagen: lediglich 1% bis 8%




                                 46
Resistenz



  Genotypische Resistenz:
    genetische Änderungen im Erbgut des HIV (Mutationen in den
    Nukleotid- bzw. Aminosäure-Sequenzen), die zu einer
    verminderten Empfindlichkeit des Virus auf eine Substanz
    führen.


  Phänotypische Resistenz:
    die durch Mutationen bedingte verminderte Empfindlichkeit des
    HIV auf bestimmte Substanzen. Angabe meist in x-facher
    Erhöhung der IC50

                                47
NRTI-Resistenzen




                   48
NNRTI-
Resistenzen




              49
PI-Resistenzen




                 50
Beispielergebnis für genotypische
Resistenzbestimmung




                      51
52
Herausforderungen 2012

                  Der ältere Patient

                  Der schneller alternde
                  Patient?

                  Nephropathie

                  KHK

                  Malignome

                 53
HIV und Krebs




                54
55
Unser Anliegen:

 Verhinderung neuer Infektionen

 Normaler Umgang mit den Betroffenen




                       56
„Behandlung ist
Prävention“




                  57
Relativ niedrige
Inzidenz in D ?




                   58
59
60
Danke!




     Fächer, Karlsruhe


61
62
Asien




        63/45
Afrika




         64/45
Osteuropa, Russland




                 65/45
AIDS-Fallregister
Berichtete AIDS- bzw. HIV-Todesfallberichte
Praxis Mosthaf, Procaccianti, Zutavern-Bechtold



                    12

                    10

                     8
                                                  Diagnoszierte
            Fälle




                                                  davon verstorben
                     6
                                                  Sterbejahr
                                                  Berichtsjahr
                     4

                     2

                     0
                      90
                      92
                      94
                      96
                      98
                      00
                      02
                      04
                      06
                      08
                      10
                    19
                    19
                    19
                    19
                    19
                    20
                    20
                    20
                    20
                    20
                    20          Jahr


                                                         Quelle: RKI 03/11
Historie




           67
68
69
Wirkverlust antiretroviraler Medikamente


    Die wichtigste Ursache für eine fehlende Replikationshemmung
    ist eine Resistenz des HIV gegen die entsprechenden
    Substanzen

    Punktmutationen in den Genabschnitten, die für die reverse
    Transkriptase oder die virale Protease kodieren, vermitteln eine
    solche Resistenz




                                  70
Resistenz 2


  IC 50: Notwendige Konzentration einer Substanz, um 50%ige
     Hemmung der Virusreplikation zu erzielen. Maß für die
     Empfindlichkeit des Virus gegenüber einer Substanz

  Wirkverlust: das in der Praxis offensichtliche Auftreten eines
    Wirkverlustes antiretroviraler Medikamente, verursacht durch
    genotypische bzw. phänotypische Resistenz (z.B. Anstieg der
    Viruslast über einen längeren Zeitraum).

  Kreuzresistenz: Mutation, die sich auf die phänotypische Resistenz
    gegenüber mehreren Medikamenten gleichzeitig auswirkt.


                                71
72
„Sexualhygiene“




                  73

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Dr. Franz A. Mosthaf: HIV und AIDS 2012

  • 1. HIV und Aids 2012 Karlshochschule 22.11.12 Dr. Franz A. Mosthaf Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie, Infektiologie, Palliativmedizin Gemeinschaftspraxis für Hämatologie, Onkologie und Infektiologie Zentrum für ambulante Onkologie Kriegsstrasse 236 76135 Karlsruhe
  • 2. Inhalt des Vortrags Historie Epidemiologie Grundlagen Vermehrung und therapeutische Ansatzpunkte Therapieprinzipien; Resistenz HIV-Infektion als chronische Erkrankung 2
  • 3. Seit wann gibt es AIDS? Die älteste gesicherte HIV-Infektion stammt aus 1959 bei einem Mann aus Kinshasa, Kongo Genetische Analysen von klinischem Material eines norwegischen Fischers von 1971-76 zeigten, dass er das gleiche Virus wie bei dem ersten diagnostizierten AIDS-Fall in sich trug 1981 Berichte über eine Häufung, seltener und tödlich verlaufender Lungeninfektionen (PcP) bei zuvor gesunden homosexuellen jungen Männern. Ursache: Immunschwäche “gay related immune deficiency” (GRID) 3
  • 4. Seit wann…? Anfang 1982 erscheint in der Schwulenzeitschrift Sentinel eine Artikelserie, in der u.a. Bobbi Campbell über seine Situation und Erfahrungen als Kranker berichtete. 1983 isoliert Luc Montagnier ein Virus (LAV, lympadenopathy virus), das für die Immunschwäche verantwortlich gemacht wird. 4
  • 5. …gibt es AIDS? 1984 isoliert Robert Gallo ein Retrovirus aus den Lymphknoten eines an AIDS gestorbenen Patienten, er nennt es “human T cell lymphotropes virus III”, HTLV-III. 1985 wird klar, dass LAV und HTLV-III identisch sind, man einigt sich auf den Namen HIV (human immunodeficiency virus). Von der Immunschwäche sind vorwiegend homosexuelle Männer, Drogensüchtige und Empfänger von Bluttransfusionen betroffen 5
  • 6. Woher kommt`s ? BNN 11.01.01 6
  • 7. Rotkopf-Mangaben und Weißnasenaffen -> Schimpansen -> Mensch Gürtler in: Retrovirus Bulletin 4/2011 7
  • 14. Wer? hat HIV/Aids Mann, 41 Jahre, Feinmechaniker, feste Beziehung, MSM? Frau, 58 Jahre, Verwaltungsangestellte, feste Beziehung, infiziert durch früheren Ehemann Frau, 84 Jahre, Drogistin, geschieden, vielfache Afrika-Aufenthalte, GV? Mann, 47 Jahre, Redakteur, verheiratet, ein Sohn, früher i.v. Drogen? Mann 43 Jahre, Ingenieur, verheiratet, zwei Kinder, MSM? Frau, 46 Jahre, aus Kenia, Hotelfachfrau, drei Kinder, feste Beziehung, Hochprävalenzland Mann, 74 Jahre, Türke, Arbeiter, Ehefrau lebt in Türkei, MSM? Mann, 33 Jahre, Lehramts-Referendar, MSM …
  • 15. 15
  • 16. HIV wird übertragen durch: Ungeschützten GV Blut oder Blutderivate Transplantation infizierter Organe Schwangerschaft, Geburt und Stillen Gemeinsamen Gebrauch kontaminierter Nadeln und Spritzen Nadelstichverletzungen, offene Hautwunden u. Schleimhautkontakte 16
  • 17. HIV wird nicht übertragen durch: Toilettensitze, etc. Berühren und Umarmen von Infizierten Geschirr, Bettwäsche oder sonstige von infizierten benutzte Gegenstände Nahrungsmitteln, die von HIV-Infizierten zubereitet wurden Mücken oder andere Insekten 17
  • 18. Testverfahren in der HIV-Diagnostik Verdacht auf/Ausschluß von HIV-Infektion: HIV-Suchtest als Basistest (Immunoassay; die neuesten Teste erfassen sowohl HIV-Antikörper als auch HIV-p24-Antigen) Westernblot als Bestätigungstest bei wiederholt reaktivem Suchtest (bei negativem Westernblot ggf. auch p24-Antigentest oder HIV-PCR) Bei positivem Bestätigungstest zusätzliche Untersuchung einer zweiten Probe zum Ausschluß einer Probenverwechslung wenn HIV-Infektion vorher unbekannt HIV-Antikörper bleiben lebenslang nachweisbar; Antikörperverlaufskontrollen sind ohne klinische Relevanz Verdacht auf eine sehr frische HIV-Infektion: Bei negativem Antikörpertest zusätzlich HIV-PCR 18
  • 19. Zeitlicher Verlauf der HIV-Serokonversion „Kleine diagnostische Lücke“: ab 15 Tage nach erfolgtem Risikokontakt möglich p24- Infektion HIV-RNA Antigen Serokonversion ca. -12 ca. -5 0 Tage 3-6 Wochen Früheste denkbare Testreaktionen 19
  • 20. 20
  • 21. Das Virus, Subtypen Subtyp Ausbreitung HIV-1 (GruppeM) A Zentral- und Ost-Afrika, selten Nordamerika, Europa B Zentral-Afrika, Nordamerika, Südamerika, hauptsächlich Europa, Indien, Indochina C Zentral- und Süd-Afrika, Europa, Indien, Indochina D Zentral-Afrika, Europa E Zentral-, Ost- und Süd-Afrika, Europa, Indien, Indochina F Zentral-Afrika, Südamerika, Europa G Zentral- und West-Afrika, Europa H Zentral-Afrika, Europa I Nahost HIV-1 (Gruppe O) O West-Afrika (Kamerun) vereinzelt Europa, USA HIV-2 A Weltweit B West-Afrika, Europa, Indien C, D, E West-Afrika HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion 21
  • 22. Zielzellen von HIV HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion 22
  • 24. HIV Entry Primary receptor: CD4, Co-receptor: CXCR4 or CCR5 24
  • 25. HIV Attachment CD4 Co-receptor Virus-Cell Binding Binding Fusion Fusion CD4 CCR5 inhibitors binding gp41 antagonists inhibitors gp120 V3 loop CD4 Adapted from Moore JP, et al. Proc Natl Acad Sci U S A. 2003;100:10598-10602. Cell Membrane CCR5/CXCR4 (R5/X4) 25
  • 26. Laborverlauf ohne Therapie HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion 26
  • 28. Klinischer Verlauf ohne Therapie HIV und AIDS – Ein Leitfaden, Internetversion 28
  • 29. Viruslast und Prognose HIV-RNA Kopien/ml Mediane Zeit bis AIDS oder Tod (Jahre) < 500 > 10 500 - 3.000 > 10 3.000 - 10. 000 8,3 10.000 - 30. 000 5,5 > 30.000 2,8 Nach Mellors et al. XI. Int. Conf. on Aids, 1996. 29
  • 30. 30
  • 31. CDC-Klassifikation 1993 Die Laborkategorien 1 bis 3: 1: ≥ 500/µl CD4-Lymphozyten 2: 200 - 499/µl CD4-Lymphozyten 3: < 200/µl CD4-Lymphozyten 31
  • 32. CDC-Klassifikation 1993 Die klinischen Kategorien A bis C Kategorie A Asymptomatische HIV-Infektion persistierende generalisierte Lymphadenopathie (LAS) akute, symptomatische (primäre) HIV-Infektion (auch in der Anamnese) Kategorie B: (Krankheitssymptome oder Erkrankungen, die nicht in die AIDS-definierende Kategorie C fallen, dennoch aber der HIV-Infektion ursächlich zuzuordnen sind oder auf eine Störung der zellulären Immunabwehr hinweisen) Bazilläre Angiomatose Oropharyngeale Candida-Infektion Vulvovaginale Candida-Infektionen, die entweder chronisch (länger als ein Monat) oder nur schlecht therapierbar sind Zervikale Dysplasien oder Carcinoma in situ Konstitutionelle Symptome wie Fieber über 38,5ø C oder länger als vier Wochen bestehende Diarrhöe Orale Haarleukoplakie Herpes Zoster bei Befall mehrerer Dermatome oder nach Rezidiven in einem Dermatom Idiopathische Thrombozytopenische Purpura Listeriose Entzündungen des kleinen Beckens, besonders bei Komplikationen eines Tuben- oder Ovarialabszesses Periphere Neuropathie 32
  • 33. Laborkategorie Klinische Kategorie: CDC-Klassifikation 1993 (CD4- Lymphozyten) A B C 1: (>= 500/µl) Stadium Stadium Stadium I I III 2: (200 - 499/µl) Stadium Stadium Stadium I II III 3: (< 200/µl) Stadium Stadium Stadium II II III Kategorie C (AIDS-definierende Erkrankungen) Pneumocystis carinii-Pneumonie Toxoplasma-Enzephalitis Ösophageale Candida-Infektion oder Befall von Bronchien, Trachea oder Lunge Chronische Herpes simplex-Ulcera oder Herpes-Bronchitis, -Pneumonie oder -Ösophagitis CMV-Retinitis generalisierte CMV-Infektion (nicht von Leber oder Milz) Rezidivierende Salmonellen-Septikämien Rezidivierende Pneumonien innerhalb eines Jahres Extrapulmonale Kryptokokken-Infektionen Chronische intestinale Kryptosporidien-Infektion Chronische intestinale Infektion mit Isospora belli Disseminierte oder extrapulmonale Histoplasmose Tuberkulose Infektionen mit Mykobakterium avium complex oder M. kansasii, disseminiert oder extrapulmonal Kaposi-Sarkom Maligne Lymphome (Burkitt´s, immunoblastisches oder primär zerebrales Lymphom) Invasives Zervix-Karzinom HIV-Enzephalopathie Progressiv multifokale Leukenzephalopathie Wasting-Syndrom 33
  • 34. Therapiebeginn Eine antiretrovirale Therapie ist empfohlen bei jeder symptomatischen HIV-Infektion bei jeder asymptomatischen HIV-Infektion unter 350/µl Helferzellen (kontrolliert) bei Patienten mit 350-500/µl Helferzellen und Koinfektion mit Hepatitis C behandlungsbedürftiger Hepatitis B HIV-assoziierter Nephropathie anderer spezifischer Organerkrankung 34
  • 35. Therapiebeginn 2 Eine antiretrovirale Therapie sollte erwogen werden bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen von 350- 500/µl und einer Viruslast über 100 000 Viruskopien/ml bei asymptomatischen Patienten mit Helferzellen von 350- 500/µl und einer schnellen Helferzellzahlabnahme von 50-100/µl/Jahr Alter > 50 Jahre Schwangerschaft hohem kardivaskulärem Risiko HIV-assoziierten Malignomen 35
  • 36. Vor der Therapie... ... muss in einem Gespräch zwischen Arzt und Patienten besprochen werden: dass die Therapie komplex ist über einen sehr langen Zeitraum dauerhaft durchgeführt werden muss Nebenwirkungen haben kann 36
  • 37. Ansatzpunkte der antiretroviralen Substanzklassen Fusions-Inhibitoren/ CCR5-Antagonisten Reverse- Transkriptase- Inhibitoren Integrase- (NRTI, NNRTI) Inhibitoren Protease- Inhibitoren Courtesy gilead 37
  • 40. Unerwünschte Wirkungen der Therapie • Diarrhoe (Lopinavir, Ritonavir) • Hyperlipidämie (Lopinavir, andere Proteasehemmer) • Hepatotox. (Nevirapin, Efavirenz, Proteasehemmer) •Nephrotox. (Tenofovir) 40
  • 44. 44
  • 45. Allgemeine Therapieprinzipien Eine Verminderung der Morbidität und Mortalität lässt sich bereits durch eine Senkung der Viruslast um ca. 1 - 2 log10 erzielen. Eine solche – unvollständige - Senkung der Viruslast unter Therapie führt zur Selektion resistenter Virusmutanten und damit zum Therapieversagen mit Rückkehr zum vorherigen Risiko der Progression. Eine langanhaltende Risikoreduktion lässt sich nur durch eine möglichst komplette Hemmung der Virusreplikation erreichen. 45
  • 46. Gründe für Therapieversagen Ein Teil der Patienten bricht die Therapie wegen Nebenwirkungen? ab bei ca. 8% ist eine mangelnde Adhärenz feststellbar Ein Teil der Patienten erscheint nach einer gewissen Zeit nicht mehr bei den behandelnden Ärzten (sog. "lost-to-follow up") rein virologisches Versagen: lediglich 1% bis 8% 46
  • 47. Resistenz Genotypische Resistenz: genetische Änderungen im Erbgut des HIV (Mutationen in den Nukleotid- bzw. Aminosäure-Sequenzen), die zu einer verminderten Empfindlichkeit des Virus auf eine Substanz führen. Phänotypische Resistenz: die durch Mutationen bedingte verminderte Empfindlichkeit des HIV auf bestimmte Substanzen. Angabe meist in x-facher Erhöhung der IC50 47
  • 52. 52
  • 53. Herausforderungen 2012 Der ältere Patient Der schneller alternde Patient? Nephropathie KHK Malignome 53
  • 55. 55
  • 56. Unser Anliegen: Verhinderung neuer Infektionen Normaler Umgang mit den Betroffenen 56
  • 59. 59
  • 60. 60
  • 61. Danke! Fächer, Karlsruhe 61
  • 62. 62
  • 63. Asien 63/45
  • 64. Afrika 64/45
  • 66. AIDS-Fallregister Berichtete AIDS- bzw. HIV-Todesfallberichte Praxis Mosthaf, Procaccianti, Zutavern-Bechtold 12 10 8 Diagnoszierte Fälle davon verstorben 6 Sterbejahr Berichtsjahr 4 2 0 90 92 94 96 98 00 02 04 06 08 10 19 19 19 19 19 20 20 20 20 20 20 Jahr Quelle: RKI 03/11
  • 67. Historie 67
  • 68. 68
  • 69. 69
  • 70. Wirkverlust antiretroviraler Medikamente Die wichtigste Ursache für eine fehlende Replikationshemmung ist eine Resistenz des HIV gegen die entsprechenden Substanzen Punktmutationen in den Genabschnitten, die für die reverse Transkriptase oder die virale Protease kodieren, vermitteln eine solche Resistenz 70
  • 71. Resistenz 2 IC 50: Notwendige Konzentration einer Substanz, um 50%ige Hemmung der Virusreplikation zu erzielen. Maß für die Empfindlichkeit des Virus gegenüber einer Substanz Wirkverlust: das in der Praxis offensichtliche Auftreten eines Wirkverlustes antiretroviraler Medikamente, verursacht durch genotypische bzw. phänotypische Resistenz (z.B. Anstieg der Viruslast über einen längeren Zeitraum). Kreuzresistenz: Mutation, die sich auf die phänotypische Resistenz gegenüber mehreren Medikamenten gleichzeitig auswirkt. 71
  • 72. 72