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                          Eugen Bamberger.
                              1857-1932
                              (19. v. 33.)

      Am 10. Dezember 1033 wurde Professor Dr. Eugen Bamberger
 im Alter von 75 Jahren von fast dreissigjjhrigem Leiden durch
 den Tod erlost. Seine hohen Verdienste urn die chemische Wissen-
 schaft in der Schweiz und insbesondere urn die chemische Abteilung
 der Eidgenossischen Technischen Hochschule rechtfertigen es, dass
 sein Lebenswerk an dieser Stelle eine kurze Wurdigung erfahrt.
      Eugen Bamberger wurde am 19. Juli 1857 in Berlin geboren.
 Er begann seine Studien daselbst 1875 a n der medizinischen Fakultat,
 ging aber schon im nachsten Sommer i n Heidelberg zu den ihm
 besser zusagenden Naturwissenschaften iiber und setzte dann das
 Studium der Chemie von 1876-1880 i n Berlin fort. Nachdem er
 an der Universitat Berlin unter Hofmann promoviert hatte, wurde
 er zunachst Assistent von Rammelsberg an der Technischen Hoch-
 schule in Charlottenburg. 1883 siedelte er nach Miinchen iiber,
 wo er aIs Assistent v. Baeyer’s zuerst im analytischen Laboratorium
ftir Anfanger, dann im organischen Laboratorium und den Labora-
torien fur Vorgerucktere tatig war. E habilitierte sich zwei Jahre
                                        r
spater und erhielt 1891 den Titel eines ausserordentlichen Professors.
Er erwarb sich sehr bald, als Forscher wie als Lehrer, einen solchen
Ruf, dass dem Schweizerischen Schulrat die Wahl nicht schwer
wurde, als er 1893 die Professur fur allgemeine Chemie am Poly-
technikum neu zu besetzen hstte. Bamberger hat die damals i n ihn
gesetzten Hoffnungen glanzend erfullt und in Zurich eine ausserst
fruchtbare Forscher- untl Lehrtatigkeit entfaltet, bis ein wahrhaft
tragisches Geschick den erst 47-jahrigen, schaffensfreudigen Mann
von seiner geliebten wissenschaftlichen Arbeit wegriss. Ein tuckisches
Nervenleiden, das er auf einen Unfall zuriickfiihrte und das durch
wiederholte Operationen und mannigfache Kuren nicht ganz geheilt
werden konnte, zwang ihn 1905, im Vollbesitz seiner geistigen Krafte
von seinem Lehrstuhl zuruckzutreten. Seine Forschungsarbeit hat
er trotz allen Schwierigkeiten nicht ganz aufgegeben. Obschon
sein Leiden ihn im Gebrauch des rechten Armes stark behinderte,
so dass er kaum mehr selbst experimentieren konnte, und obschon
ihm auch die Verfolgung der Fachliteratur durch unertriigliche Kopf-
schmerzen bei jedem anhaltenden Lesen aufs ausserste erschwert
m r d e , hat er noch wahrend vieler Jahre i n einem kleinen, ihm von
der Eidg. Technischen Hochschule zur Verfiigung gestellten Labora-
torium mit Hilfe eines Privatassistenten seine wissenschaftlichen
-    645   -
Untersuchungen weitergefuhrt, bis Siussere VerhSiltnisse ihn zwangen,
auch darauf zu verzichten. Von da an lebte er einsam, meist im
Tessin, langere Zeit in Cademario, die letzten Jahre in Ponte Tresa.
Auch hier hat er den Zusammenhang mit der Chemie nicht ganz
gelost. E hat bis in die letzten Ja,hre kinein noch eine Reihe fruher
         r
unveroffentlicht gebliebener Arbeiten publiziert, zum Teil in dieser
Zeitschrift. Seine einzige Freude neben dieser BeschBftigung waren
die gelegentlichen Besuche von Freunden und Fachgenossen oder
von alten Schulern, die er als seine Familie zu bezeichnen pflegte
und an deren Schicksalen er auch wie ein E’amilienvater Interesse
nahm. Sie hingen ihrerseits in dankbarer Verehrung an ihm und
schatzten, nach den Worten eines von ihnen, Dr. Otto Xchrnidt,
nicht nur den hervorregenden Forscher und Lehrer, der der chemi-
schen Wissenschaft neue Wege gewiesen und den jungen Studenten
fur die Ideale wissenschaftlicher Arbeit zu begeistern verstand,
sie ehrten und verehrten in ihm vor allem den edlen Menschen,
der, von reinem Streben erfiillt, grosser war als das Schicksal.

      Wenn man die rund 430 wissenschaftlichen Publikationen
Bamberger’s durchgeht, fallt einem auf, wie ausschliesslich dieser
Forscher rein wissenschaftlicher Chemiker war. Weder bei der
Wahl seiner Arbeitsgebiete noch seiner Arbeitsmethoden hat er
auf eventuelle industrielle Verwertbarkeit seiner Forschungsresultate
irgend welche Riicksicht genommen. Kein Patent lautet auf seinen
Namen, und es hat wohl auch keine seiner Entdeckungen u n m i t t e l -
b a r zu einer technischen Ausbeutung gefuhrt (wenn man von den
Isodiazotaten absieht, die gleichzeitig und unabhtingig von ihm
auch in der Badischen Anilin- und Sodafabrik aufgefunden wurden).
Wohl aber haben seine Forschungen vielfach die Grundlagen gebildet,
auf denen sich spater technisehe Verfahren entwickeln konnten :
man denke z. B. an die hydrierten Derivate des Naphtalins. Ausser-
dern sind seine Arbeiten eine Bundgrube exakter, oft f r a e r e felsche
Angaben berichtigender und auch fur die chemische Technik wert-
voller Beschreibungen von zahlreichen Substanzen, die er nur als
Ausgangsmaterialien oder als Vergleichsprgparate benotigte. Barn-
berger’s Interesse galt auch nicht vorwiegend der Aufkltirung der
Konstitution von Naturprodukten; die heute eine so grosse Rolle
spielende physikalische Chemie war ihm vor allem Mittel zum Zweck.
Was ihn in erster Linie interessierte, war, neben feineren Struktur-
problemen, der chemische Vorgang an und fur sich, der Reaktions-
mechanismus komplizierter, zunachst schwer erklarlicher Um-
setzungen und ihre Zerlegung in einzelne Phasen, von denen sich
eine jede schon bekannten Reaktionen an die Seite stellen und
dadurch dem Verstandnis naher bringen liess. Im Abfangen hochst
-    646   -
unbestiindiger Reaktionszwischenstufen, in der Isolierung winziger
Mengen von Nebenprodukten, die zur Aufklarung des Reaktions-
verlaufs beitragen konnten, war Bamberger virtuos. Er verdankte
seine Erfolge darin wohl zum Teil der Gewohnheit und Geschicklich-
keit, in kleinstem MaBstabe zu arbeiten; sicherlich ist ihrn mancher
Versuch, der andern Experimentatoren misslang, nur deshalb ge-
gluckt, weil er ihn mit minimalen Substanzmengen durchfuhrte
und darum so schnell beendigen konnte, dass die unter andern
Umstanden eintretende Zersetzung vermieden wurde. Nicht durch
rdfinierte Apparaturen, sondern durch rsschestes Arbeiten und
genauestes Beobachten erzielte Bamberger seine oft erstaunlichen
Resultate. Sein Hauptwerkzeug war das Reagenzglas in Ministur-
format (diejenigen ublicher Grosse pflegte er als ,,Kubel" zu be-
zeichnen). Daneben waren direkt aufs Reagenzglas passende Kuhler-
chen, Becherglaser in Fingerhutgrosse, Trichterchen von entspre-
chenden Dimensionen, wenige cm3 fassende Erlenmeyer- und Frak-
tionierkolbchen die von ihm meist gebrauchten Gerate. Ware er
Analytiker gewesen, so ware er sicherlich der Erfinder der Mikro-
anslyse geworden.
     Sehr zustatten kam Bamberger such ein aussergewohnlich
feiner Geruchssinn und ein fabelhaftes Geruchsgedachtnis, das ihm
erlaubte, jede typisch riechende Substanz, die er einmal i n HQnden
gehabt hatte, sofort am Geruch wiederzuerkennen. Er legte auch
seinen Schiilern immer wieder ans Herz, moglichst vie1 zu riechen
und sich Geruche zu merken. Ubrigens hatte er nicht nur fur Geriiche
ein susserordentliches Gedachtnis. Auch was er einmal gelesen
hatte, blieb ihm, selbst wenn es seinem eigenen Arbeitsgebiet ganz
ferne lag, in Erinnerung - vielfach nicht nur nach Inhalt, sondern
auch nach Zeitschrift, Jahrgang und Seitenzahl - und ermoglichte
ihm oft, unerwartete Analogien mit ganz andern als den von ihrn
untersuchten Korperklassen zu erkennen und zur theoretischen
Ausdeutung seiner Versuehsresultate heranzuziehen.
     Bamberger vereinigte eine lebhafte chemische Phantssie und
,,Lust zum Formulieren" (wie er sich selbst ausdriickte) mit einer
peinlichen Gewissenhaftigkeit in der experimentellen Nachpriifung
und Begriindung jeder aufgestellten Hypothese. Neben seinem
aussergewohnlichen experimentellen Geschick hat wohl diese Ver-
bindung yon reger Phantasie und strengem Wirklichkeitssinn in
hohem Masse zu seinen wissenschaftlichen Erfolgen beigetragen.


     Dem Forscher ebenbiirtig war der Lehrer. Schon diejenigen
Studierenden, die nur Bamberger's Vorlesung horten, hatten davon
reichen Gewinn. Seinem formvollendeten, dabei ausserst klaren
-     647    -
und lebendigen, von wohlgelungenen Experimentenl) begleiteten
Vortrag zu lauschen, war an sich ein Genuss. Wie in seinen wissen-
schaftlichen Publikationen, verstand es Bamberger auch in der Vor-
lesung hervorragend, Wesentliches hervorzuheben, Zusammenhange
klarzulegen, Neues an Bekanntes derart anzuknupfen, dass es sich
fast von selbst zu ergeben schien und die blosse Gedachtnisarbeit
auf ein Minimum eingeschriinkt wurde.
     I n vollem Masse kam Bamberger’s Lehrtatigkeit naturlich
denjenigen zugute, die auch im Laboratorium unter seiner Leitung
experimentell arbeiten konnten. Es waren dies allerdings beim
damaligen Lehrplan des Polytechnikums - abgesehen von den
wenigen Studierenden der Bachlehrerabteilung - im wesentlichen
nur seine Doktoranden und Assistenten, dazu noch eine Ahzahl
Nitarbeiter, die sich nach anderwarts beendetem Studium bei ihm
noch weiter ausbilden wollten. Bamberger begnugte sich nicht damit,
dem Doktoranden oder sonstigen Mitarbeiter ein Thema zu geben
und zu erklaren und ihm hei etwa auftretenden Schwierigkeiten zu
raten und zu helfen. Zu jedem bei ihm praktisch Arbeitenden kam
er jeden Tag, im h f a n g mehrmals tiiglich. Dabei wurde jede gestellte
Aufgabe, jeder einzelne Versuch genau erortert, sowohl bezuglich
seines Zweckes als auch der Art seiner Ausfihrung. Alle Operationen,
wie z. B. die Bestimqmng des Schmelzpunktes und die Kontrolle
seiner Konstanz, das Suchen eines geeigneten Krystalliaationsmittels,
Reaktionen zur Identifizierung eines Reaktionsprodukts oder zur
Kontrolle seiner Reinheit usw., pflegte Bamberger anfangs selbst
vorzumachen, dann in seiner Gegenwart vom Praktikanten aus-
fiihren zu lassen. Erst allmiihlich liess er ihm grossere Freiheit
und erzog ihn so systematisch zum selbstandigen und zuverlBssigen
Arbeiten. Bamberger gab seine Erklarungen nie am Schreibtisch ;
immer nur am Arbeitsplatz im Laboratorium wurden die Resultate
eines Versuchs festgestellt, theoretische Folgerungen daraus gezogen,
neue Experimente zur Bestatigung dieser Folgerungen besprochen
oder gleich ausgefuhrt. Bei diesen tiiglichen Besprechungen lernte
der Schuler nicht nur Reaktionen kemen, er lernte vor allem chemisch
denken, selbst Schlusse ziehen und neue Fragen stellen. Dabei
verstand es Bamberger wie wenige, in seinen Mitarbeitern Freude
und Interesse an der Arbeit zu wecken und seine eigene Begeistemng
iiber einen gelungenen Versuch oder eine besonders schone Krystalfi-
sation auch auf seine Schuler zu ubertragen.
     Oberstes Gebot war in Bamberger’s Laboratorium absolute
Zuverliissigkeit und Gewissenhaftigkeit. Wer es damn fehlen liess
oder gar versuchte, etwa ein Resultat zu ,,korrigieren“, hatte es mit
      l) Diese wurden w5hrend eines grossen Teils von Bamberger’s Ziircher Dozenten-
thtigkeit von seinem langjilhrigen Vorlesungsassistenten Dr. HlZZ susgezeichnet vor-
bereitet.
-    648   -
ihm auf immer verdorhen. Die Gewohnung an sauberes und genaues
Arbeiten ergab sich fast von selbst aus dem Zwang, grossenteils
mit ganz kleinen Substanzmengen zu experimentieren. Dazu kam,
dass ein Versuch nicht etwa mit der Isolierung und Identifizierung
des Hauptprodukts erledigt war. Jedes Nebenprodukt musste
untersucht und auch der Menge nach bestimmt werden. Keine
Mutterlauge durfte weggeschuttet werden, bevor man sich uberzeugt
hatte, dass sie kein Reaktionsprodukt mehr enthielt. Aus Ton-
scherben, die zum Verstreichen olhaltiger Krystalle gedient hatten,
musste das verschluckte 0 1 wieder extrahiert und weiter untersucht
werden. Losungsmittel, selbst Ather, durften nur unter Verwendung
elner Rektifikationskolonne abdestilliert werden, um das Mitreissen
fluehtiger Stoffe moglichst zu verhindern. Harze, aus denen auf keine
Weise mehr etwas Krystallisierbares herauszuholen war, mussten
wenigstens gewogen werden, und es musste schliesslich das gesamte
in Arbeit genommene Material in irgendeher Form wieder gefunden
werden. Diese Gewohnung an q u a n t i t a t i v e s Arbeiten war nament-
lich fiir den spiiter in die chemische Industrie iibertretenden Chemiker
von grosstem Wert.
     Und noch eine wertvolle Eigenschaft lernte der kunftige tech-
nische Chemiker vom ganz untechnisch eingestellten Lehrer, niimlieh
 Sparsamkeit. Bamberger war nichts weniger 81s geizig, erganzte
er doch z. B. den Laboratoriumskredit aus der eigenen Tasche,
um einen zweiten Privatassistenten anstellen zu konnen. Mit den
Mitteln des Laboratoriums aber ging er auf’s haushalterischste um,
und nutzlose Verschwendung, selbst in kleinen Dingen, konnte er
nicht leiden. Er ging z. B. nie an einem tropfenden Wasserhahn
vorbei, ohne ihn zuzudrehen. Ein tuchtiger Schneefall machte ihm
die grosste Freude, nicht nur aus wintersportliehem Interesse -
er war ein eifriger Rodler - sondern weil das Laboratorium dann
fur einige Zeit kein Eis zu kaufen brauchte. Der Schnee musste
sauber zusammengeschaufelt und an einer schattigen Stelle zu
einem grossen Haufen aufgestapelt werden, der dann oft bis i den    n
Fruhling hinein vorhielt. Auch Zeitverschwendung war ihrn zuwider.
Er gonnte sich und seinen Mitarbeitern wohl eine Erholung am
Abend; aber wiihrend der Laboratoriumsstunden musste mit Eifer
und ohne Zeitverlust gearbeitet werden, wobei er selbst mit gutem
Beispiel voranging. Es ist selbstverstandlich, dass auch alle Vor-
sichtsmassregeln getroffen werden musste, urn Material- und Zeit-
verluste durch Bruch von GefBssen u. dgl. nach Moglichkeit zu
verhuten. Das Erhitzen von Glsskolbea uber freier Flamme hatte
stets im Babo’schen Trichter zu erfolgen; zudem musste die ganze
Apparatur in einem Steinzeuguntersatz stehen, der bei eventuellem
Bruch wenigstens den Hauptteil der Substanz zu retten gestattete.
Auch sonst durften dunnwandige GlasgefBsse mit flussigem Inhalt
-   649 -
nicht direkt auf den Tisch, sondern nur in passende Schalen gestellt
werden. Bertige Priiparate waren sofort ,,indie Scheunen zu sammeln“
usw. Auch diese Angewohnung ist manchem Bambergerschuler
spater zu gute gekommen.

     Bamberger’s ausserordentliche wissenschaftliche Fruchtbarkeit
mscht es unmoglich, seine Borschungsresultate hier auch nur einiger-
massen erschopfend darzustellen. Es sollen nur seine zusammen-
hiingenden Hauptarbeitsgebiete und auch diese nur in ihren Haupt-
linien im Folgenden besprochen werden. Wer sich niiher dafur
interessiert, findet am Schluss dieser Ausfuhrungen ein vollstandiges
Verzeichnis von Bamberger’s wissenschaftlichen Publikationen, nach
Forschungsgebieten geordnet.
                           Guanidinderivate.
     Im Anschluss an seine Doktorarbeit beschiiftigte sick Bamberger
in seiner Berliner Zeit vorwiegend mit Derivaten des Guanidins
und seiner Verwandten, und er hat diese Studien auch in Miinchen
fortgesetzt. Entsprechend seiner Neigung fur subtile Struktur-
probleme interessierte ihn insbesondere die Konstitution des Dicyan-
diamids. An Stelle der cyclischen Baumann’schen Formel (Ia)
(die spiiter von KZasonl)und von A . W . 2). Hofmann2)in das Symbol Ib
modifiziert wurde) hatte er fur diese Verbindung schon in seiner
Dissertation die Formel eines Cyan-guanidins (11)        vorgeschlagen,
die alle bereits bekannten und die von ihm in der Folge aufgefundenen
Umsetzungen dieses Korpers auf die bekannten Reaktionen der
CN- und der NH,-Gruppe zuruckzufuhren erlaubt.
              NH                            N                 NH-Cpu’
   HN=C/    C=NH                     H~N-C<~G-NH,      HN=C/
I&     NH/                     Ib                   I1     NH,
Die tatsachliche Existenz ekes Guanidin- und eines Cyanrestes im
Dicyan-diamid konnte Bamberger schliesslich nachweisen einerseits
durch die reduktive Spaltung dieser Verbindung in Guanidin und
Xethylamin, andererseits durch ihre Umsetzung mit Hydroxylamin-
chlorhydrat und hachheriges Ansauern, wobei Blaustiure frei wird.
       Schon vorher war es ihm gelungen, die Formel I b dadurch
auszuschliessen, dass er Dicyan-diamid mit Piperidin umsetzte,
wobei Piperyl-biguanid entstebt, eine Reaktion, die nach I b nicht
zwanglos zu erkliiren wiire. Dieses Piperyl-biguanid gibt mit Chloro-
form und Kali oder auch beim Erhitzen mit Ameisenstiure P i p e r y l -
f o r m o g u a n a m i n (111). Biguanid selbst liefert bei der gleichen
Behandlung F o r m o - g u a n a m i n (IV), bei Ersatz der Ameisensiiure
    l)   J. pr. [2] 33, 126 (1886).
    2,   B. 19, 2086 (1886).
- 650     -
durch ihre Homologen die entsprechenden G u a n a m i n e . Es ist
daher anzunehmen, dass Biguanid - das (analog der Biuretreaktion)
beim Erhitzen von Guanidin-chlorhydrat entsteht - das Zwischen-
produkt bei der gewohnlichen Synthese der Guanamine aus fettsauren
Guanidinsalzen bildet.
                         NH,                                 NH,
                         I                                    I
                         c                                   C
                     /                                   NqN
                    X        N
                     I       1                           I          t
                   HC    C-NCSH,,                       HC          C-X   .Z
                                                                           H
                      /                                   '   /
           111')         N                         IV           N

                    Polycyclische Kohlenwasserstoffe.
     I) R e t e n C,,Hls.
                                     -     /CH,
                             CH,/ Y C H - 6 - O
                             C H

      I n die arg verworrene Chemie des Retens brachte Bamberger
zunachst Ordnung durch die Erkenntnis, dass samliche bis dahin
ausgefuhrte Analysen von Retenderivaten - auch seine eigenen -
wegen der Busserst schweren Verbrennlichkeit dieser Produkte
falsch waren. Sobald durch Verbrennung mit Bleichromat im Sauer-
stoff strom bei moglichst hoher Temperatur richtige Analysenzahlen
erhalten wurden, war der Zusammenhang dieser Derivate unter sich
und mit dem Reten unschwer aufzuklaren. Das bis dahin als ,,Dioxy-
retisten", C,,H,,O,,      formulierte Oxydationsprodukt des Retens
erschien jetzt, seiner wirklichen Zusztmmensetzung CI8Hl6O2 ent-
sprechend als R e t e n - c h i n o n . Da es alle fur o-Diketone typischen
Reaktionen zeigt - Bamberger fand bei diesem Anlass die nach
ihm benamte F a r b r e a k t i o n d e r o - D i k e t o n e - muss es ein
o-Chinon sein wie dss Phenanthren-chinon, mit dem es in allen seinen
Umsetzungen eine auffallende Ahnlichkeit aufweist. Wie man
Phenanthren-chinon nacheinander in Diphenylen-glykolsaure, E'luo-
renon, Fluoren-alkohol und Fluoren iiberfiihren k a m , erhalt man aus
Reten-chinon bei gleicher Behandlung genau entsprechende Pro-
dukte, die sich von den Phenanthrenabkommlingen durchwegs
durch den Xehrgehalt von C,H, unterscheiden und sich in jeder
Beziehung wie ihre Homologen verhalten. Durch AufklBrung der
Konstitution zweier durch Oxydation des Reten-chinons erhdtlicher
Ssuren als Oxy-isopropyl-fluorenon-carbonsBure bzw. Fluorenon-
dicarbonsaure gelang es Bamberger, den Nachweis zu erbringen,
      l) VQn Bambergez mit einfachen Bindungen formuliert, um den aromatischen Cha-
rakter anzudeuten.
-    651    -
dass im Reten-chinon eine Isopropyl- und eine Methylgruppe die
Seitenketten bilden. Reten ist demnach I s o p r o p y l - m e t h y l -
p h e n a n t h r e n . Die Stellung der beiden Seitenketten ist von
Bamberger nicht bestimmt, sondern erst vie1 spater festgestellt
wordenl).
      2) F i c h t e l i t C18H3z.
      Diesem in Torfmooren meist neben Reten vorkommenden,
chemisch Busserst schwer angreifbaren Kohlenwasserstoff konnte
Bamberger durch Dehydrierung mit Jod 2 Wasserstoffatome ent-
ziehen. Das so entstehende 0 stimmt in seinen Eigenschaften
                                    1
uberein mit dem von Liebermam und SpiegeP) kurz vorher durch
Hydrierung von Reten dargestellten Dodekahydro-reten. Obschon
ein strenger Beweis der Identitat beider Produkte wegen ihrer wenig
charakteristischen Eigenschaften nicht erbracht ist, erscheint es
sehr wahrscheinlich, dass Fichtelit als P e r h y d r o - r e t e n aufzu-
fassen ist. I n obereinstimmung mit dieser Annahme ist sp&ter
Ruzicka, BaZas und Schinz3) die Dehydrierung des Fichtelits zu
Reten gelungen.
      3) Chrysen C,,H,, und



     4) P i c e n C2zH,4


geben beide durch Oxydation die entsprechenden Chinone, die, wie
Reten-chinon, in ihrem ganzen Verhalten dem Phenanthren-chinon
vollig analog sind. Der Mehrgehalt von C4Hz bzw. C8H4 deutet
auf die Angliederung eines bzw. zweier weiterer Benzolringe. I n der
Tat konnte Bamberger Chrysen-chinon zu #?-Phenyl-naphtalin,
Picen-chinon zu /?,         /l’-Dinaphtyl abbauen. Damit ist die Konsti-
tution des Chrysens als B e n z o - p h e n a n t h r e n , des Picens als
D i b e n z o - p h e n a n t h r e n bewiesen. Dass die CH=CH-Briicke in die
a-Stellung des bzw. der Naphtalinkerne eingreift, ist von Bamberger
als wahrscheinlich angenommen, spater fur das Chrysen von Graebe4):
fur das Picen von H i m 5 ) bewiesen worden.
      5) P y r e n C,,H,,,.



    1)   Bucker, Am. SOC. 32, 374 (1910).
    2,   B. 22, 780 (1889).         4, B. 29, 826 (1896).
    3,   Helv. 6, 692 (1923).       5, B. 32, 3341 (1899).
- 652 -
     Auch dieser Kohlenwasserstoff gibt bei der Oxydation mit
Chromsiiure ein Chinon, das jedock nicht die Eigenschaften eines
o-Diketons zeigt. Durch weitere Oxydation entsteht unter Einbusse
eines C-Atoms eine Monoketondicarbonsiiure, die sich nach Ab-
spaltung der Carboxylgruppen zu Naphtalsiiure, direkt zu N a p h -
t alin- t e t r a c a r b o n s a u r e oxydieren lasst. Durch die Synthese
der Naphtalsiiure aus 1,8-Nitronaphtoesaure bewies Bamberger die
1,8-Stellung der beiden Carboxyle. Von ibm ruhrt auch die Er-
kenntnis von den besonderen Eigenschaften dieser Stellung und ihre
Benennung als ,,Peristellung" her. Die erwahnte Naphtalin-
tetracarbonsiiure gibt, ganz analog der Naphtalsaure, ein Di-anhydrid
und ein iiusserst bestandiges Di-imid, muss also siimtliche 4 Carboxyl-
gruppen in den Peristellungen enthalten. Aus all diesen Eigenschaften
ergibt sich fur das Pyren die Formel eines Naphtalins, dem in 1,8-
und 4,5-Stellung je ein weiterer Benzolkern aufgepfropft ist.
         Hydrierung mehrkerniger arornatischer Verbindungen.
      Fur eine beabsichtigte, dann aber nicht ausgefuhrte Unter-
suchung brauchte Bamberger die beiden Aldehyde des Naphtalins.
Er stellte sie dar aus den beiden Naphtonitrilen nach der Reaktions-
f olge :
                 h'H, SH                  Zn-Staub                  HNO,
      C,,H,.CN   +
                 -         C,,H,.CSNH,   --          C,OH;*CH,NH,
                      C,,H;. CH,OH   -CrO
                                      p       C,,H, .CHO
Beim Versuch, die als zweites Zwischenprodukt dieser Reihe auf-
tretende Aminobase durch direkte Reduktion der Naphtonitrile mit
Natrium und Alkohol zu erhalten, zeigte sich, dass bei dieser Be-
handlung wohl die CN-Gruppe zu CH,NH, hydriert wird (wie in der
Benzolreihe), dass aber gleichzeitig (abweichend von der Benzol-
reihe) 4 weitere Wasserstoffatome in den Naphtalinkern eintreten.
Diese Beobachtung war der Ausgangspunkt einer umfangreichen
Reihe von Untersuchungen iiber die Hydrierung von Derivaten des
Naphtalins und anderer mehrkerniger aromatischer Verbindungen,
die - gewissermassen als Ergiinzung und Erweiterung der zum
Teil gleichzeitigen Arbeiten v. Baeyer's iiber die hydrierten Terephtal-
ssuren - zu grundlegenden Schlussen iiber die Natur der aroma-
tischen Bindung und besonders iiber die Struktur der polycyclischen
Verbindungen fuhrten. Die wesentlichen Resultate dieser Unter-
suchungen sind folgende :
     Amino- und Oxyderivate des Naphtalins nehmen ganz all-
gemein bei der Behandlung mit metallischem Natrium in siedendem
Amylalkohol 4 - und nur 4 - Atome Wasserstoff auf, und zwar
stets alle 4 im gleichen Kern. Dabei erfolgt die Hydrierung bei den
a-Derivaten ausschliesslich im nicht substituierten Kern, wghrend
- 653      -
bei den p-Derivaten Gemische von je zwei Hydrierungsprodukten
entstehen, in denen in der Regel (die Dialkyl-p-naphtylamine bilden
die Ausnahme) das im substituierten Kern hydrierte weitaus uber-
wiegt.
     Die tetrahydrierten Naphtalinderivate zeigen nun - was bei
ihrer Entdeckung sehr uberraschend war - ganzlich verschiedene
Eigenschaften, je nachdem die Wasserstoffaddition im substituierten
oder im nicht substituierten Ring erfolgt ist. I m erstern Fa11 ist
eine Substanz von gesattigt aliphatischem Charakter trotz cyclischem
Bau entstanden, wofiir Bamberger den Namen ,,alicyclisch"
(abgekurzt ,,ac.") einfiihrte. Ac-Tetrahydro-naphtylamin ist dem-
nach eine starke Base, die Lackmus blaut, Kohlendioxyd aus der
Luf t anzieht und mit Mineralsiiuren neutral reagierende Snlze
gibt. Durch salpetrige SBure wird sie nicht diszotiert; sie liefert
vielmehr ein bestandiges Nitrit, das sich ohne Zersetzung aus kochen-
dem Wasser umkrystslllisieren lasst. Mit Diazoverbindungen ent-
stehen keine Azofarbstoff e, sondern Diazoaminoverbindungen. Ganz
analog besitzen die ac-Tetrahydro-naphtole keinerlei Naphtol-
eigenschaften mehr : sie verhalten sich vollkommen als sekundare
aliphatische Alkohole.
     I m Gegensatz hiezu bleibt bei Hydrierung im nicht substi-
tuierten Kern der aromatische Charakter erhalten: , , a r o m a t i s c h e "
(ar.) Hydrierung. So lassen sich die ar-Tetrahydro-naphtylamine
diszotieren und andererseits zu Azofarbstoffen kuppeln; ebenso
behalten die ar-Tetrahydro-naphtole ihren phenolischen Charakter bei.
     Besonders anschaulich ist das Verhalten der in beiden Kernen
substituierten Naphtalinderivate, deren Hydrierungsprodukte gleich-
zeitig aliphatischen und aromatischen Charakter besitzen. So lasst
sich im Tetrahydro-1,5-naphtylendiamindie eine Aminogruppe
diazotieren, worauf der Diazorest in iiblicher Weise gegen OH,
Halogen, CN, NRNH2, H usw. ersetzt werden k a m , wiihrend die
andere Aminogruppe all diese Umsetzungen unverandert iibersteht.
Durch die zuletzt angedeutete Reaktion gelangte Bambeqer zu
dem direkt nicht erhaltlichen ac-Tetrahydro-a-naphtylamin.        Neben-
bei sei erwahnt, dass ihm auch die Aufspaltung des Tetrahydro-
1,5-naphtylendiamins in seine optisch aktiven Komponenten ge-
lungen ist.
     Wenn auch bei der ar-Hydrierung der aromatische Charakter
gewahrt bleibt, zeigen die hydrierten Verbindungen bei genauereh
Vergleich doch gewisse Unterschiede gegeniiber ihren Stammkorpern ;
bei denjenigen Reaktionen, die in der Naphtalinreihe anders als in
der Benzolreihe verlaufen, schliessen sich die ar-Tetrahydroderivate
den Benzol- und nicht den Naphtalinderivaten an. ar-Tetrahydro-
naphtalinderivate sind also keine Naphtalin-, sondern Benzol-
abkommlinge mit aliphatischer Seitenkette. Damit steht auch in
- 654        -
Einklang, dass die Hydrierung nach Aufnahme von 4 Wasserstoff-
atomen zum Stillstand kommt : der jetzt gebildete Benzolkern ist
durch Natrium und Amylalkohol nicht hydrierbar.
     Dementsprechend nehmen Anthracenderivste unter den Be-
dingungen, unter denen Naphtalinabkommlinge tetrahydriert werden,
nur 2 Wasserstoffatome auf, und zwar im mittleren Kern. Dadurch
werden die beiden Bussern Kerne erst zu echten Benzolkernen :
Dihydro-anthrol und Dihydro-anthramin verhalten sich ganz wie
Phenol und Anilin, wahrend Anthrol und Anthramin selbst stark
abweichende Eigenschaften besitzen.
     Die in der Naphtalinreihe gemachten Erfahrungen wiederholen
sich in vollem Umfang, zum Teil noch mit grosserer Deutlichkeit,
bei Chinolin-, Isochinolin- und Naphtochinolinderivaten. Auch hier
wird jeder Kern, der 4 Wasserstoffatome aufnimmt, in seinen Eigen-
schaften zu einer aliphatischen Seitenkette, wahrend der nicht
hydrierte Rest den Charakter des entsprechenden aromatischen
Systems annimmt. So reagiert im Pyridinkern tetrahydriertes
Chinolin wie ein monoalkyliertes und in o-Stellung substituiertes
Anilin. Da der hydrierte Kern Seitenkettencharakter hat, ist die
Zahl seiner CH,- Glieder fur die Eigenschaften der Verbindungen
von untergeordneter Bedeutung: Py-Tetrahydro-chinolin ist dem
Dihydro-methyl-ketol chemisch Siusserst ahnlich ( ,,a l i c y clis c h e
Homologie").
      M'iihrend die Substitutionsprodukte des Naphtalins meist direkt tetrahydriert
werden, ist es beim Naphtalin selbst leicht, die Dihydrostufe festzuhalten. Als Anrtlogon
des h h y l e n s addiert das Dihydro-naphtalin Halogene und unterchlorige Silure zu Di-
halogen-, bzw. Chloroxy-tetrahydro-naphtalin.Aus dern Chlorhydrin lassen sich die
dem khylenoxyd und dem hhylenglykol analogen Verbindungen und aus diesen weiter
durch A1 kalien, je nach den Versuchsbedingungen, ein isomeres Glykol, Dihydro-
p-naphtol oder B-Keto-tetrahydro-naphtalin, durch Amine Aminoalkohole erhelten.
     Die von Bamberger in seinen Hydrierungsarbeiten festgestellten
Tatsachen schienen ihm durch keine der bis dahin vorgeschlagenen
Naphtalinformeln befriedigend erklart zu werden. Die Kekuld'sche,
die zwei Benzolkerne zusammenschweisst, gibt keine Erklarung
fur die Versehiedenheiten zwischen Benzol- und Naphtalinderivaten
und fur das Verschwinden dieser Unterschiede bei der Hydrierung
des einen Kerns. Andere, wie die von Claus, die nur dem einen
Kern Benzolstruktur zuerteilen, im andern andere Bindungsver-
KMtnisse annehmen, stehen im Widerspruch zur Symmetrie der
Naphtalinmolekel und zur Gleichwertigkeit ihrer beiden Kerne,
die Bamberger durch Atherifizierung von 2,?'-Dioxynaphtalin mit
alkoholischer Schwefelsaure bewies, wobei beide Hydroxyle gleich-
artig - und zwar nach Art von Naphtolhydroxylen - und gleich-
zeitig reagieren. Den besten Ausdruck fur die von ihm ermittelten
Gesetzmgssigkeiten erblickte Bamberger in der Ubertragung der
-    655      -
kurz vorher von Armstrong und von D. Bueyer fur das Benzol vor-
geschlagenen ,,centrischen" Formel auf das Naphtalh und die andern
polycyclischen, aromatischen (auch heterocyclischen) Systeme gemhss
den Schemata:
       pol
       QQ
                           AAA
                           I> <> <> <I
                           VVV                       C$>
                                                     A h
                                                      /  /
                                                     / ' 
                                                        ,

       Naphtalin            Anthracen
       Chinolin
                             Acridin                       <I>
                                             Phenanthren, Xaphtochinolin
      In diesen Formeln erscheht nun tatsschlich kein fertig gebil-
deter Benzolkern; dieser entsteht vielmehr erst, wenn durch Hy-
drierung des oder der andern Kerne die centrischen Bindungen der
letzteren frei werden oder, wie sich Bamberger ausdruckt, von poten-
tiellen zu aktuellen Valenzen werden. Andererseits kommt auch die
Gleichwertigkeit der beiden Kerne des Naphtalins zum Ausdruck.
Fur diese Formulierung hat sich Bamberger lebhaft eingesetzt und
im Zusammenhang damit auch fur die centrisehe Formel des Benzols
(die ,,Kartoffelformel" pflegte er sie zu nennen, weil im Modell,
das er in der Vorlesung benutzte, die centrischen Valenzen durch
eine Kartoffel zusarnrnengehalten wurden). Er hat in der Folge
auch fur die fiinfgliedrigen Ringsysteme mit aromstischem Charskter
(Pyrrol, Thiophen, Furm, Imidazol, Pyrazol etc.), ebenso fur mehr-
kernige Syst'eme wie Indol, Benzimidazol etc. analoge Formeln
vorgeschlagen, in denen zwei centrisehe Valenzen an e i n Hetero-
atom (N, 0, S , Se usw.) gebunden sind, dss dadurch in den 5- bzw.
4-wertigen Zustand ubergeht. Diese Auffassung stutzte sich vor
allem auf die auffallenden Eigenschaften der NH-Gruppe in Pyrrol-,
Indol- und Imidazolderivaten (sehr geringe Basizitiit, fehlendes
Additionsvermogen fur Halogenalkyle, fehlende oder mangelhaf te
Nitrosierbsrkeit und Acylierbarkeit), die bei partieller oder g&nz-
licher Hydrierung des Heterorings sprungartig verschwinden. (Vgl.
auch nhchsten Abschnitt.)
      Bei allen Diskussionen iiber diese Formulierungsfragen betont
Bumberger immer wieder, dass man eine Formel nicht ,,beweisen"
konne und dass man nicht von ihrer ,,Richtigkeit", sondern nur
von ihrer ZweckmHssigkeit sprechen sollte, da sie immer nur ein
mehr oder weniger genaues und vollst&ndiges,aber nie vollkommenes
Abbild der Eigenschaften der betreffenden Substanz geben konne.
Er kam sphter immer mehr zur Ansicht, dass auch die centrischen
Formeln nicht allen Anforderungen entsprechen und dass uberhaupt
nach dem damatligen Stande der Kenntnisse keine allseitig befrie-
digende Benzolformel aufgestellt werden konne. In der Vorlesung
behandelte er dementsprechend die veracbiedenen Benzolformeln a h
- 656 -
gleichberechtigt. Als dann Thiele seine Partialvalenzformel in
Vorschlag braehte, hat sie Bamberger als E'ortschritt begrusst und
vielfach beniitzt, ohne jedoeh auch sie sls einzig bereehtigt anzu-
sehen.
                                   Benzimidazole.
       Zur Stiitze der von ihm vogeschlagenen ,,centrischen" Formeln fur heterocyclische
fiinfgliedrige Ringsysteme fiihrte Bamberger eine Reihe von Untersnchungen iiber
Benzimidazole durch, die im wesentlichen folgendes ergaben :
       Die Benzimidazole sind starke, aber nur einsaurige Basen; ebenso addicren sie
nur ein $101. Alkylhaloid. Also hat nur das eine N-Atom basische Eigenschaften, wahrend
die Imidgruppe schwach sauren Charakter hat. Sie lasst sich auch nicht nitrosieren
und nur sehr schlecht acylieren. Dagegen wird der Imidwasserstoff leicht durch Chlor
ersetzt. Dieses Chlor ist wie in andern Chlorimiden sehr beweglich; es kann als solches
wieder abgespalten werden, oder es wandert in den Benzolkern. Die Hydrierung der
Benzimidazole ist nicht gelungen. Eine a-stiindige Methylgruppe im Benzimidazol zeigt
gegeniiber Benzaldehyd und Phtalsaure-anhydrid, nicht nber gegen Chloral, die gleiche
Reaktionsfahigkeit wie irn Chinolinring.

                               Isochinolins ynthesen.
      Die beim Dihydro-naphtalin leicht gelingende Addit,ion yon unterchloriger Slure
suchte Bamberger auch beim B-Naphtochinon durchzufuhren. Die Reaktion verlauft
bier jedoch ganz anders, indem je nach den Bedingungen entweder Isonaphtusrin
(= Dioxy-naphtochinon) oder Oxy-dihydro-isocumarincarbonsaure(V) entsteht, die
leicht unter Verlust von Wasser in Isocumarincarbonsilure (VI) iibergeht. Letztere,
sowie das durch Kohlendioxydabspaltung daraus erhaltliche Isocumnrin (VII), rensicren
auffallend leicht mit Ammoniak schon in der Kalte unter Bildung von Isocarbostyril-
carbonsiiure (VIII), bzw. Isocarbostyril (IX), dessen Konstitution durch seine Redu-
zierbarkeit zu Isochinolin ( X ) bewiesen wird. Durch heisse, konz. Natronlauge wird
Isocumarincarbonsaure zu o-Toluylslure und Oxelsaure gespaltcn.




      A                        H                                                I
V    H    OH            VI                         VII                  IS     y




     Isochinolin entsteht auch, s t a t t des envarteten Chinolins, durch Behandlung von
Zimtaldoxim mit Phosphorpentoxyd, wobei offenbar dem Ringschluss eine Becknznnn-
sche Umlagerung vorausgeht.

                  Gemischte Axoverbindungen.
    Die Beobachtung, dass Dihydro-naphtol mit Diazoverbindungen
zu reagieren vermag, veranlasste Bamberger, die Umsetzung von
-    657 -
Diszok6rpern mit aliphatischen Ketonen und andern kupplungs-
f Bhigen Verbindungen der Fettreihe, die er friiher schon gelegentlich
hearbeitet hatte, eingehend zu studieren. Es war damals durch
Arbeiten von V . Meyer') und Mitarbeitern schon bekannt, dass
Substanzen mit der Atomgruppierung CO-CH,-CO           sich mit
Diazoverbindungen in Bquimolekularem Verhaltnis zu gelben Pro-
dukten vereinigen konnen, die von ihrem Entdecker 81s Azokorper,
von Bumberger als Hydrazone aufgefasst wurden;
    Z.    B. : CH,-CO-CH,-COOCPH,     + CGHSXZOH == CH,-CO-CH-COOC,HS + HTO
                                                                  I
                                                                 N=K-C,H,
                                                                 4.f
                                                      CH3-CO-C-COOCiH5
                                                                 N-PU'H-C,jH,
Bumberger fand zunachst, dass einerseits aueh sliphatische Moiio -
ketone mit Diazoverbindungen reagieren konnen, sofern sie die
Gruppierung CO-CH, (bzw. COH =CH) enthalten, und dass anderer-
seits die bereits bekannten Einwirkungsprodukte von' Diszover-
hindungen auf 1,3-Diketone einer weiteren Umsetzung mit Diazo-
verbindungen fahig sind, wobei vielfach aus ganz verschiedensrtigen
Ausgangsmaterialien identische Endprodukte entstehen. Die an
einer grossen Zahl von Beispielen durchgefiihrte Untersuchung
deckte im wesentlichen folgende Gesetzmiissigkeiten auf :
     Aldehyde und Ketone, in denen die CO-Gruppe direkt mit
einer unsubstituierten nifethylgruppe verbunden ist und die die
Gruppierung C - HC
               OC , O        nicht enthalten, reagieren sofort mit
2 $101. Diazoverbindung, die beide in die gleiche, dem CO benach-
barte CH,-Gruppe eingreifen:
                                                               K= PI'CeH,
    Z. B. :   1) CH3-CO-CH,     + 2 C,H,&OH     = CH,-CO-C/                     + 2 H,O
                                                              K-NH-C,H,
                    Aceton        Diazobenzol            Formazyl-methyl-keton

     Fiir den bei all diesen Umsetzungen auftretenden Rest



fiihrte Bumberger den Namen ,,Formazyl" ein; das BUS Aceton
entstehende Produkt ist demnach ,,For ma z y l - me t h yl - k e t o n "
     Die so gebildete Verbindung kann unter geeigneten Bedingungen
noch mit einer dritten Molekel Diazobenzol reagieren unter Ab-
spaltung des mit der Formazylgruppe verbundenen Restes in Form
der entsprechenclen Siiure :
     l)   B. 10, 2075 (1877).
                                                                                          52
N=R’C,H,                                             ,N   =NC6H5
   2) RCO-C/                 + CeHSNzOH = RCOOH + C,HJ=N-C
               %--NHc,H,                                              %-XHC~H~
                                                             Phenyl-azo-formazyl
Das Endprodukt ist also P h e n y l - a z o - f o r m a ’ z y l , gleichgultip -on
welchem Keton man ausgegangen ist.
     1st die dem Carbonyl benachbarte, reaktionsftihige Gruppe
nicht CH,, sondern CH,, so reagiert zunfichst, wie zum Beispiel
beim Acetessig-ester, nur eine Molekel Diazoverbindung nnter Bilitung
eines Hydrazonderivates :
                                                  RI-CO-C-R
            3) R,-CO-CHZ-R    + C6H,?;ZOH    ==          ‘I         + HsO
                                                         S-NHCaH,
I n essigsaurer Losung hort die Einwirkung damit auf, in alkzllischer
Fliissigkeit aber geht die Umsetzung weiter. Es tritt, sofern R,
aliphatischer Natur ist, eine zweite Molekel Diazoverbindung ein
unter Verdrangung des Restes R,CO in Form der entsprechentlen
Carbonsfiure R,COOH ;



und das Produkt ist wiederum eine Formazylverbindung, z. B.
wenn man von Acetessigester (R = COOC,H,) ausgegangen ist,
ein Formazyl-carbonstiure-ester. 1st R ein aliphatischer Siiurerest
(R,CO-), so kann sich in Htzalkalischer Losung noch die clurch
Gleichung 2) dargestellte Reaktion anschliessen, wobei das End-
produkt auch hier Phenyl-azo-formazyl ist. 1st R, ein Benzolkern,
dann bleibt Reaktion 4) aus. Wean aber gleichzeitig R ein ali-
phatischer Sfiurerest ist (R,CO-), kann dieser durch eine zweite
Xolekel Diazoverbindung verdrhngt werden :
    5) Aryl-CO-GCOR,                         Aryl-CO-C-N=P;-C,,H5
                 I1         + C6H,N;OH   =              I/            + R&OOH
                K-NHC6H5                                N-NHCGH,
Es bilden sich dann Formazyl-aryl-ketone, die dem Formazyl-
methyl-keton durchaus analog sind.
      1st R eine freie Carboxylgruppe, so wird diese schon bei der
Einwirkung der ersten Nolekel Diazoverbindung als Kohlendioxytl
nbgespalten. So erhalt man z. B. aus freier Acetessigsgure und Diazo-
benzol in essigsaurer Losung Brenztraubenaldehyd-phenylhydrazon,
i n sodaalkalischer Losung, wobei 2 Mol. Diazoverbindung zur Ein-
wirkung gelangen, Formazyl-methyl-keton. I n Btzalkalischer Losung
kann letzteres sodann durch weitere Einwirkung von Diazobenzol
noch in Phenyl-azo-formazyl iibergehen.
     Enthalt die reaktionsfahige Gruppe nur 1 H-Atom, wie bei den
Alkyl-acetessigestern, so kann schon die erste MolekelDiazoverbindung
-      6.59     -
nur unter Abspaltung eines Siiurerestes aufgenommen werden ;
es entstehen bei dem gensnnten Beispiel Hydrazon-brenztrauben-
sLure-ester neben EssigsLure. Das Verhalten der ,B-Ketosauren und
ihrer Derivate gegen Diazoverbindungen entspricht also vollig den
als Keton- und Siiurespaltung bekannten Reaktionen dieser Korper-
klasse.                        t


     W e die Ketonverbindungen mit der Gruppe CO-CH,          oder
CO-CH,-CO        bei erschopfender Behandlung mit alkalischem
Diazobenzol schliesslich Phenyl-azo-formazyl liefern, ist das End-
glied der Einwirkung bei Korpern mit dem Komplex
                                   co-c€r,-cH,-co
(wie z. B. L%vulinsaure, Hydrochelidonsiiure etc.) das Diformazyl
                             C,H,N= N
                                    ,          ,N= ?JC,H5
                            c6H,xH-#%-;VHC,Hj
      Ahnlich wie die 1,3-Diketone zeichnen sich auch die Nitro-
psraffine oder richtiger die Isonitropara,ffine (von Bamberger als
Xi t r o n s a u r e n bezeichnet) durch grosse Reaktionsfiihigkeit gegen-
iiber Diazoverbindungen &us1). WSihrend aber Nitroiithan nur von
besonders energisch kuppelnden Diazoverbindungen 2 Mol. zu
Disazoderivaten aufzunehmen vermag, sonst sber selbst slkalisch
mit nur einem 8101. Diazoverbindung zu Nitro-acetaldehyd-aryl-
hydrazonen reagiert, erhSilt man aus Isonitro-methan nur d a m a18
Hauptprodukt das Nitro-formaldehyd-phenylhydrazon,               wenn man
in mineralsaurer Losung arbeitet. I n essigsaurem oder alkalischem
Medium reagiert ausserordentlich leicht eine zweite Molekel Diazo-
verbindung unter Bildung von Ni t r o - f o r m a z y 12), das die typischen
Eigenschaften der Formazylverbindungen zeigt und das seinerseits
noch eine dritte Molekel Diazokorper aufnehmen und in Phenyl-
azo-formazyl iibergehen kann :
                                                                  N=X-C,H,
HOON=CH,       -+       O,?;CH=N-KH-C,H,            __f   02N-C<                  -+
                                                                N-NH-C,H,
Isonit,romethan          Nitrof ormaldehpd-                   Sitro-formazyl
                          phenylhydrazon



                                   Phenyl-azo-formazyl
     Xeben diesen Hauptprodukten entstehen in untergeordneter Nenge eine ganze
Rcihe andcrer Substanzen, d s die Diazoverbindung in diesem Falle nebenbei W t e r
Abspaltung von Stickstoff phenylierend wirkt und auch diese Realrtion sich mehrmals
wiederhoIen kann.
     I)  V . illeyer und G. Ambiihl, B. 8, 551 (1875).
        Dieser Korper ist schon von Friese (B. 8 1078 (1855))
                                                ,            erhalten, aber fiilschlicher-
weise als ~itrornet.hyl-azo-pheny1aufgefasst worden.
-    660     -
    Das aus Phenyl-nitromethan und Diazobenzol erhiiltliche Fiitro-
hydrazon lass t sich auch durch Einwirkung von nitrosen Gasen
auf in Eisessig gelostes Benzaldehyd-phenylhydrazon herstellen
(Beweis fiir die Hydrazonstruktur).
    Das aus Diazobenzol und Nitromethan in mineralsaurer Losung entstehende Nitro-
formaldehyd-phenylhydrazon tritt in zwei als cis-trans-Isomere aufzufassenden Formen
auf. Es ist, wie Nitromethan selbst, eine Pseudosaure, als freier Nitrokorper wohl als
Hydrazon, in Form seiner Salze als Azokorper zu formulieren. Sein Natriumsalz wird
von Illcthyljodid am Stickstoff methyliert, wiihrend der freie Nitrokorper mit Diazo-
methan einen sehr unbestandigen O-Ester gibt.
      Die durch ihre intensive Rotfarbung und ihre gute Iirystalli-
 sationsfahigkeit ausgezeichneten, mannigfacher Umsetzungen fahigen
 und durch ihre Neigung zum Ubergang in heterocyclische Ring-
 systeme interessanten Formazylverbindungen, die gleichzeitig und
 unabhangig auch von v. Pechmann auf anderem Wege erhalten
 wurden, sind mit des letzteren Einverstandnis von Bamberger ein-
 gehend studiert worden, ebenso die durch Reduktion daraus ent-
 stehenden, den Amidoximen analogen A m i d r a z o n e und im Zu-
 sammenhang damit auch A r y l - a z o - a l d o x i m e . Auf diese Unter-
 suchungen hier niiher einzugehen, verbietet der zur Verfiigung
 stehende Raum.
                          Diaroverbindungen.
      Bei den Untersuchungen iiber gemischte Azoverbindungen
hat sich herausgestellt, dass die Einwirkung alkalischen Diazobenzols
auf aliphatische Aldehyde und Ketone zu Hydrszonen fuhrt, wenn
die Moglichkeit d a m besteht. Dieses Verhalten legte die Vermutung
nahe, dass Diazobenzol dabei i n Form des Nitrosamins C,H,NHNO,
nicht ah C,H,N(NOH) reagiert. Bur Priifung dieser Annahme
begann Bamberge.er seine ausgedehnten Studien iiber die Konstitution
der Diazoverbindungen.
      Zunachst untersuchte er das Verhalten von Diazobenzol gegen
Oxydationsmittel in alkalischer Losung. Er erhielt dabei, neben
geringen Mengen von Nitrosobenzol (das bei diesem Anlass zum
ersten Male in Substanz isoliert wurde), Nitrobenzol, Azobenzol,
Diphenyl und noch andern Verbindungen, als Hauptprodukt einen
Stoff saurer Natur, den er als , , D i a z o b e n z o l s & u r e " bezeichnete.
Die gleiche Substanz entsteht durch Einwirkung von Stickstoff-
pentoxyd oder von Nitrylchlorid auf Anilin oder bequemer durch
Anhydrisierung von Anilinnitrat nlit telst Essigsaure-anhydrid ; gegen
Alkalien sehr bestiindig, wird sie durch Sauren leicht zu o- uncl
p-Nitranilin umgelagert j mit Chlorkalk gibt sie ein Chlorimid,
das sich sehr leicht xu 2-Chlor-4-nitranilin und 4-Chlor-2-nitranilin
isomerisiert. Nach diesem ganzen Verhalten ist die neue Same
als das noch unbekannte N-Nitranilin oder P h e n y l - n i t r a m i n
C,H,NH-NO, anzusprechen. Bei der Methylierung entsteht je
- 661 -
nach den Bedingungen entweder ein der Stammsubsta,nz durchaus
analoges, als N-Methylderivat aufzufassendes Produkt otler aber
ein sehr zersetzlicher, ganz abweichende Eigenschaften aufweisender
Ester, der nur ein O-Ester sein kann und der sich von einer tauto-
meren Form
                                             0
                                    C,H,N=NA
                                           OH
sbleiten muss. Nach Untersuchungen von Hc~ntzsch liegt diese
tautomere Form auch den Salzen der DiazobenzolsBure zu Grunde.
Ganz analoge Verbindungen entstehen im allgemeinen durch Oxy-
dation anderer Diazoverbindungen.
      Bei der Ubertragung dieser Reaktion auf die diazotierten
Xaphtylamine zeigte sich jedoch, dass neben den Naphtyl-nitraminen
ein urn die Elemente des Wassers airmeres Oxydationsprodukt ent-
stand, das als 1,2-, bzw. 2,l-Naphtalen-diazoxyd oder nach neuerer
                                                 ,
Formulierung als , - N a p h t o c h i n o n - C( - bzw. B - d i a z i d identi-
                    8
fiziert werden konnte. Neben diesen Oxydationsprodukten fand sich
noch eine dritte Substanz vor, die ohne Mitbeteiligung des Oxy-
tlationsmittels durch die blosse Wirkung des Alkalis aus den Diazo-
verbindungen entstanden sein musste. Ihre Alkalisalze zeigten die
gleiche Zusammensetzung C,,H,N,OMe wie die gewohnlichen Di-
azotate, unterschieden sich aber von ihnen durch ihre ausserordent-
liche Bestandigkeit und durch ihre Unfahigkeit, mit alkalischen
Naphtollosungen sofort zu kuppeln. Beim Behandeln mit SBuren
verwandeln sie sich in die ursprunglichen Diazoverbindungen zuriick
und zeigen d a m wieder die iiblichen Kupplungsreaktionen. Mit
tlieser Beobachtung hatte Bnmberger die I s o d i a z o t a t e entdeckt,
die gleichzeitig und unabhangig von ihm beim p-Nitro-diazobenzol
von Schraube und Schmidtl) und von 2). Pechmann und Probenius2)
aufgefnnden wurden. Von allen drei Entdeckern wurden die neuen
Isomeren der Diazoverbindungen als die lange vermuteten primiiren
Sitrosamine R-NH-NO           aufgefasst, wobei jedoch wegen der
Rildung von zwei verschiedenen Nethylestern, ahnlich wie bei der
DiazobenzolsSure, die Reaktionsfahigkeit in einer tautomeren Form
wie R-N=NOH in Erwiigung gezogen wurde. I n diesem Punkte
griff Hantxsch ein, der die Unterschiede zwischen normalen und
Isodiazotaten in Analogie zu den VerhLltnissen bei den Oximen
auf Stereoisomerie zuruckfiihrte : die reaktionsfahigeren n-Diazo-
verbindungen sollten die Syn-, die stabileren Isodiazotate die Anti-
konfiguration darstellen. Gegen diese Auffassung wandte sich
Bamberger mit grosser Entschiedenheit. Ohne die M o g l i c h k e i t
einer Stereoisomerie zu bestreiten, hielt er die Hantxsch’sche Theorie
     l)   B.-27, 514 (1894);Ch. Z . 1894, 289.
     ?)   B. 27, 672 (1894).
-    662    -
fur unbewiesen und fiir unwahrscheinlich, weil die chemischen
Unterschiede zwischen n- und Isodiazoverbindungen vie1 grosser
seien, als man sie von Stereoisomeren erwarten konne und weil
bei keiner Reaktion die beiden Isomeren gleichzeitig entstehen,
sofern die gewiihlten Versuchsbedingungen die Umlagerung der
einen in die andere Form ausschliessen. Es gelang ihm zuniichst
zu zeigen, dass die Struktur der Diazosalze von derjenigen der
Isodiazotate auf jeden Fall verschieden sein musse. Er stellte nam-
lich fest, dass die Salze der Diazoverbindungen mit starken Mineral-
siiuren - entgegen einer Angabe von Griess - in wassriger Losung
neutral reagieren, dass sie sich also von einer s t a r k e n Base ab-
leiten miissen. Stickstoffbasen erfiillen diese Forderung nach aller
Erfahrung aber nur dann, wenn der als Triiger der basisehen Eigen-
schaften funktionierende Stickstoff funfwertig ist. Dieser Bedingung
entspricht die schon lange vorher von Blomstrund, dann auch von
Strecker und von Erlenmeyer vorgeschlagene, aber wieder vollig
in Vergessenheit geratene Formel
                                   R-NEK
                                      I
                                      S
(I),worin R einen axomatischen Rest und X ein Siiureradikal bedeutet.
Diese Formel wurde fur die nunmehr als ,,Diazoniumsalze" bezeich-
neten Verbindungen bald allgemein anerkannt Es brauchte langere Zeit
und eine Unmenge von Experimenten, bis man sich auch beziiglich
der Struktur der Isodiazoverbindungen dahin einigte, dass die freien
Isodiazohydrate 81s Nitrosamine primiirer Basen, R-EH-NO        (11),
die Isodiazotate aber als Salze einer tautomeren Form R--N=NOH
(111) aufzufassen seien. Umstritten blieb die Konstitution der
n-Diazotate, die Huntzsch als Stereoisomere von 1 1 Bccmberger
                                                      1,
aber analog der Diazoniumformel I als
                                  R-XrN
                                      I
                                     ONe
formulierte, indem er den Einwand, dass eine s t a r k e Base nicht
gleichzeitig durch das gleiche Hydroxyl auch ausgesprochen same
Eigenschaften zeigen konne, durch Hinweis auf Untersuchungen
von Zawidxkil) zu entkrgften suchte.
     I m Busammenhang mit dieser Kontroverse stehen eine lange
Reihe von zum Teil iiusserst subtilen und nicht ungef tihrlichen
Experimenten iiber die Einwirkung der verschiedensten Reagentien
auf zahlreiche Diazoverbindungen. Davon seien nur erwahnt die
Einwirkung von Sulfiten auf Diazoverbindungen, die zu einer be-
quemen Darstellungsmethode fur das p - N i t r o - p h e n y 1h y d r a z i n
fiihrte, einem zur Identifizierung und Isolierung von Aldehyden
       B. 36, 3336 (1903): uber den amphoteren Charakter der Kakodylsaure.
- 663 -
und Ketonen ausserordentlich wertvollen Reagens, und die Uber-
fiihrung o-methylierter Diazoverbindungen in I n d e z o le, dereii
im Pyrazolkern aminierte Derivate interessante Diazoverbindungen
liefern; diese lassen sich namlich i n Form von Anhydriden isolieren,
die dem Diezomethan analog sls
                                    N
                                         oder
                       vx/
zu formuljeren sind.
Aryl-hydroxylamine, Aryl-ccdde, Chinole, Aminoxyde, Xitroso-ctwyle.
      Bei der Oxydation von Diazobenzol in alkalischer Losung
konnte Bamberger zum ersten Male das bis dahin nur in Losung
 bekannte N i t r o s o b e n z o l in Substanz isolieren und naher unter-
suchen. Bei der Behandlung dieses Nitrosobenzols mit konz. Salz-
 saure, sowie bei seiner Reduktion mit Zinkstaub und Schwefelsiiure
erhielt er in winziger Menge eine Substanz, die ihren Reaktionen
nach das schon lange gesuchte p - P h e n y l - h y d r o x y l a m i n sein
konnte. Nachdem er auf diese Substanz aufmerksam geworden war,
konnte er sie auch bei der Redukt'ion von Nitrobenzol mit Zinkstaub
und Schwefelsiiure oder mit Eisen und SalzsBure nachweisen. I n
fassbarer Menge erhielt er den neuen Korper durch Reduktion
von Nitrobenzol mit Zinkstaub und Wasser ohne Same. Die Analyse
bestatigte die Vermutung, dass Phenyl-hydroxylamin vorliege. Die
Reaktion ist eine ganz allgemeine; man erhalt auf gleiche Weise
aus Nitromethan das - schon bekannte -' Methyl-hydrosylamin,
aus salpetriger oder Salpetersaure Hydroxylamin selbst.
     Das Phenyl-hydroxylamin war annahernd gleichzeitig mit
Bamberger und unabhangig von ihm auf dem gleichen Wege auch von
A. Wohl aufgefunden worden, der sich die eventuelle teehnisehe
Ausbeutung durch eine Patentanmeldungl) sicherte, die wissen-
schaftliche Untersuchung aber Bamberger uberliess. Wohl hatte das
Verfahren auch schon verbessert durch Zusatz von Alkoholen und
von Salzen wie Calciumchlorid, Magnesiumchlorid oder Zinkchlorid
zur Reduktionsflussigkeit. Bamberger erhielt noch bessere Resultate
durch Verwendung einer wassrig-alkoholischen Ammoniumchlorid-
losung. I n manchen Fallen verlauft die Reduktion glatter und
sicherer mit Zinkamalgam und Aluminiumsulfat oder mit amal-
gamiertem Aluminium.
     Die Aryl-hydroxylamine, die gleichzeitig basische und schwach
saure Eigenschaften haben, sind ausserst reaktionsfahige Korper.
     l)   D.R.P. 84138 v. 13. 5 . 93.
- 664          -
I n trockener Form und auch in wiissriger Losung bei Luftabschlush
ziemlieh bestiindig, werclen sie bei Luftzutritt in Gegenwsrt von
Wusser bald oxydiert unter gleichzeitiger Bildung von Wasserstoff -
peroxyd, sie wirken daher sauerstoffaktivierend. Die entstehende
Xitrosoverbindung reagiert in den meisten E'iillen sofort rnit noch
unverandertem Hydroxylamin zum entsprechenden Azoxykorper.
Alkalien beschleunigen die Oxydation ausserordentlich ;in ihrer Gegen-
wart geht die zuerst gebildete Nitroso- in Nitroverbindung iiber,
mahrend Wasserstoffperoxyd nicht gefunden wird. Durch Alkali-
laugen sllein unter Ausschluss von Luft wird Phenyl-hydroxylamin
zu Anilin und Azoxybenzol disproportioniert ; alkoholisches Hali
fiihrt zur Bildung von Azobenzol. Die eben bescliriebenen Vorgange
treten bei sehr vielen Umsetzungen der Aryl-hydroxylamine als
Nebenreektionen auf und werden im folgenden nicht mehr speziell
ersviihnt werden. Die grosse Reduktionskraft der Aryl-hydroxyl-
atmine, z. B. gegenuber kalter Pehling'scher Losung, ksnn zu ihrem
Nachweis dienen j durch die verschiedensten Oxydstionsmittel
vexden sie zu den entsprechenden Nitrosoverbindungen oxydiert,
(lie auf diese Weise leicht zuganglich sind.
      Salpetrige SBure gibt rnit Aryl-hydroxylaminen N-Nitroso-
derivate, die stark saure Eigenschaften hsben. In freiem Zustand
zersetzt sich N i t 1: o s o - ph e n y 1- h y d r o x y 1a m i n leicht unter Ab-
spaltung von salpetriger SBure zu Nitrosobenzol und Diazobenzol-
nitrat nebst andern Produkten. Seine Salze dagegen sind bestiindig ;
Eisen(II1)- und Kupfer(I1)-Salze, tief gefiirbt und in Wasser un-
loslich, in organischen Solventien loslich, eignen sich zum Nachweis
und zur Abscheidung der genannten Metallel).
         Mit Schwefeldioxyd gibt Phenyl-hydroxylamin ein Gemiscli von Anilin-o-sulfo-
&ure und von P h e n y l - s u l f a m i n s a u r e . Letztere wird durch Sauren in der Kilte
zu ilnilin-o-sulfosaure umgelagert, die sich in der Hitze weiter zu Sulfonilsaure isomerisiert.
        Aldehyde liefern im allgemeinen niit Aryl-hydroxylaminen die N-Arylather der
Oxime ( I s o a l d o a i m a t h e r , nach Bngeli's neuerer Formulierung ,,Nitrone"); Forni-
aldehyd jedoch reagiert mit zwei 3lolekeln Phenyl-hydroxylamin zu Methylen-dioxy-
 dianilid.
        Mit Diazoverbindungen geben die Aryl-hydroxylamine A r y l - a z o -h y d r a z o - a n i -
l i d e (N-hydroxylierte Diazoaminoverbindungen), die, schwer loslich und gut krystalli-
sierbar, mit Kupfer(I1)salzen charakteristisch gefarbte Xiederschlage und mit Eisen-
(1II)chlorid intensive Farbungen erzeugen, so dass sie sieh zum Xachweis und zur Ab-
scheidung sowohl der Hydroxylamine als auch der Diazoverbindungen eignen. Sie ent-
stehen auch &us Nitroso-arylen und Aryl-hydrazinen.
        Aryl-hydroxylnmine kondensieren sich im allgemeinen sehr leicht mit Xitroso-arylen
zu A z o x y v e r b i n d u n g e n . Sind die beiden k y l e verschieden, so entstehen in der
Regel nicht gemischte Azoxykorper, sondern Gemische der beiden symmetrisehen Azoxy-
derivate:

      l)   Das Nitroso-phenyl-hydroxylamin-ammoniumist von                 Butnbwger's Schhler
0. Brrudiseh unter dem Namen C u p f e r r o n in die Analyse eingefiihrt worden. Ch. Z .
33, 1298 (1909).
-       665 -
               2 R-XO  +  2 R’-NHOH = R-N,O-R + R’-X,U-R’
Das Aryl-hydroxylamin reduziert also die Kitrosoverbindung zu ihrem Azoxyderivat,
indem es selbst zu seinem Azoxykorper oxydiert wird.
     Mit Anilin tritt Phenyl-hydroxylamin zu 0- und p-Amino-diphenylsmin und zu
Benzidin zusammen, mit Phenol analog zu Oxy-diphenylemin und p-Oxy-p’-amho-
diphenyl.
      Die interessantesten Umwandlungen erfahren die Aryl-hydroxyl-
amine unter dem Einfluss von Siiuren; diese Reaktionen erkliiren
dss vorher schwer verstiindliche Auftreten von Aminophenolen und
von halogenierten Aminen, das bei der Reduktion von aromatischen
Nitroverbindungen i n saurer Losung unter ’gewissen Umstanden
beobachtet wird. WZissrige Schwefelsiiure verwandelt Phenyl-
hydroxylamin und seine Derivate mit freier p-Stellung i n p - A m i n o -
p h e n o l e , unter UmstBnden neben p-Amino-phenol-sulfostiuren.
Manchmal entstehen daneben such o-Aminophenole, die zum Haupt-
produkt werden, wenn die p-Stellung durch Halogen besetzt ist.
Methyl- und Bthylalkoholische SchwefelsZiure liefern zur Hauptsache
p - A n i s i d i n e , bzw. - P h e n e t i d i n e , eventuell neben den o-Ver-
bindungen. Diese Umsetzungen sind meistens von der oben er-
wiihnten Disproportionierung zu Azoxyverbindung und Amin be-
gleitet, und aus letzterem entstehen als Nebenprodukte Amino-
diphenylamin; und Benzidinderivate. Halogenwasserstoffsiiuren
liefern, meist neben den vorstehend aufgeziihlten Reaktionspro-
dukten, zur Hauptsache p - h s l o g e n i e r t e A m i n e , begleitet von
geringeren Mengen der o-Verbindung. Bei besetzter p-Stellung wird
letztere zum Hauptprodukt. I n beiden Biillen konnen ausserdem
in untergeordneter Menge auch m-Halogenaniline entstehen und bei
Verwendung sehr konzentrierter Siiuren etwas dihalogenierte neben
halogenfreien Basen. Alkoholische Halogenwasserstoffsiiuren er-
geben (bei freier p-Stellung) ein Gemisch der genalmten Halogen-
aniline mit p- und o-Aminophenol-alkykthern.
       Wiihrend bei allen vorstehend erw8hnten Umsetzungen irgend-
welche Zwischenprodukte nieht gefasst werden konnen, laisst sich,
wenn man von p-methylierten Aryl-hydroxylaminen ausgeht, durch
Isolierung von Zwischens tufen ein gewisser Einblick in den
Jlechanismus der Reaktion gewinnen. Bei Verwendung wiissriger
Schwefelsiiure entstehen in diesem Fall uber die unbestgndigen
I m i n o c h i n o l e die ebenfalls sehr reaktionsfiihigen, aber in isoliertem
Zustand haltbaren C h i n o l e , die beiweiterer Einwirkung der Schwefel-
s5Sure - unter Versehiebung des p-stiindigen Methyls in eine Nachbar-
stellung - Homologe des H y d r o c h i n o n s liefern. Bei Benutzung
slkoholischer Schwefelsiiure bilden sich nacheinander I m i n o c h i n o 1-
15 t h e r und Chin o 1 S t h e r , als Endprodukt schliesslich Homologe
                                     .
der R e s o r c i n - d i s l k y1 B t h e r
-    666    --

                                                                      -0    + KH3 -+
CH,(ZI)NHOH        / 7                                          Chino1

                 A‘                                               -->
                                                     CH3> / -~ =O+NH,-f
                                                     RO =
                                 Iminochinolather              Chinolather               OR
       Die Chinole’), die von Bamberger such durch Oxydation von
 p-methylierten Phenolen mit Sulfomonopersaure und in einigen
 Fallen durch Einwirkung von Methylmagnesiumjodid auf Chinone
 erhalten worden sind, sind durch vielseitige Additionsfahigkeit,
 sowohl an der Carbonylgruppe als such an der doppelten Bindung,
 und durch eine starke Neigung zur Riickbildung des echten Benzol-
 typus ausgezeichnet. Sie sind sehr leicht zu p-methylierten Phenolen
 reduzierbar. Phenylhydrazin gibt in saurer Losung Phenylhydrazone
 (XI),die sich jedoch spontan zu Azoverbindungen ( X I I )anhydrisieren.
 I n alkalischer Losung dagegen wird Phenylhydrazin an der doppelten
 Bindung addiert zu einem alicyclischen Hydrazin (XIII), das sich
 sehr leicht zur entsprechenden Azoverbindung (XIV) oxydiert und
 gleichzeitig z u einem m-Oxyazofarbstoff (XV) anhydrisiert. I n
 neutraler Losung endlich reagieren zwei 3101. Phenylhydrazin zum
                                CH, OH                     CH,
                                X
                           XI
                                i /I
                                v
                                Ii
                                              -4
                                 S-R’H-C,H~XII PJ=N-c,H,
                                                           I




                H’V
                      11                                                                  I
       XI11           0                     XIV        0                           XI-   OH
                                CH, OH                                       CH,
                                                                             I




                XVI
                           H’     if
                                 ~NHC,H,               XVII       N=N-C,H,
                                                                             I




      l)   Halogenierte Chinole waren schon friiher von Zirscke und Auwers durch Oxy-
 dation von Phenolen und Phenolbromiden erhaken und ihre Konstitution wahrschein-
 fich gemacht worden. Diese meist persubstituierten Derivate weichen jedoch in ihrem
 Verhalten vielfach von den einfachen Chinolen ab und zeigen eine Reihe von typischen
 Chinolreaktionen nicht oder nur unvollkommen.
- 667      -
Phenylhydrazon des vorgensnnten Hydrszinderivsts, d s s intlessen
nicht sls solches gefasst werden kann, sondern sich spontan Zuni
Dihydrazon (XVI) oxydiert. Letzteres wird durch Wasserstoffionen
zu einem Azohydrazon anhydrisiert, das leicht zum entsprechenden
m-Disszokorper (XVII) oxydiert wird. I n ahnlicher Weise gibt
Hydroxylamin Hydroxylsmino-oxime, die zu Dioximen oxydierbar
unit zu m-Diaminen reduzierbar sind.
     Besonderes Interesse beanspruchen auch hier die Umlagerungen
durch Sauren. Wassrige Schwefelsiiure - und auch Natronlauge -
isonierisiert die Chinole unter Verschiebung der Methylgruppe in
eine benachbarte Stellung zu Hydrochinonen. Alkoholische Schwefel-
saure ergibt ein Gemisch von Monoslkyliithern dieser Hydrochinone
uncl von Dialkylathern der entsprechenden Resorcinhomologen ;
es tauscht also teilweise die Methyl-, teilweise die Hydroxylgruppe
ihren Platz, letztere unter gleichzeitiger Alkylierung. Chinolather
erleiden eine iihnliche Umwandlung zu Dialkyliithern (neben wenig
Monoalkylather) von Homologen des Resorcins und des Hydro-
chinons.
     Bur Erklarung dieser merkwiirdigen Umlagerungen nimmt
Bumberger an, dass die Chinole und Chinolather i n wassriger oder
alkoholischer Losung in Form ihrer Hydrate (XVIII) (dss 2,4-
Dimethyl-chino1 krystallisiert aus Wasser tatsiichlich mit 1Mol. H,O)
bzw. Halbacetale ( X I X ) existieren und dass sie weiterhin a n einer
Doppelbindung die Elemente dea WasserS, bzw. des Alkohols an-
lagern. I m erstern Fall entsteht ein Korper mit der Atomgruppierung
-CH(0H)-C(CH3)(OB)-           (2. B. XX), in welcher CH,- und OH-
Gruppe am benachbarten C-Atom den Plstz miteinander vertauschen,
wie dies bei der Umlagerung der Pinakone in Pinakoline geschieht
(XXI), worauf das entstandene alicyclische Gebilde unter Ab-
spsltung von 2 Mol. Wasser den echten Benzolring zuriickbildet
(XXII). 1st an die Doppelbindurlg Alkohol angelagert worden,
so erfolgt kein Platzwechsel, sondern direkt Riickbildung des echten
Benzoltypus durch Abspaltung von Wasser oder Alkohol (2. B.
X X I I I und XXIT7).

            CH, OH                            OH OH              OH
             /


  /
  A
 OH OH
             Q
            OH OAlk.
                          "'X
                            OH OH
                                                             C H 3 0


                                                                v 1
                                                                 OH
  XVIII       XIS             XS                XXI             XXII
CH, OH                                          S        OBlk.
                                                                v


 SSITI
          v
         ")(
    CH30/


         H'
              OH OCH,
                        -   SSIV
                                   v
                                   i
                                   OCH,    XSV
                                                 11
                                                 NH      SSVI
                                                                /


                                                                  il
                                                                  NH

     Nach diesen Feststellungen erscheint es hochst wahrscheinlich,
[lass bei der Einwirkung yon wkssriger oder alkoholischer Schwefel-
siiure auf Aryl-hydroxylamine unter allen UmstBnden Iminochinole
(XXV) bzw. IminochinolSther (XXVI) entstehen. 1st in diesen
Formeln X = H, so wandert es slsbald an den Stickstoff ,und zwar
so schnell, dass das Iminochinol nicht gefasst werden kann und dass
es hochstens in ganz untergeordneter Menge Zeit findet, sich zum
sekundiiren Chinol zu verseifen, das seinerseits unbestgndig ist und
in Hydrochinon iibergeht. Diese Nebenreaktion erklart die tat-
siichlich etwa beobachtete Bildnng geringer Mengen von Hydro-
chinonen neben p-Aminophenolen. 1st aber X = CH3, so ist seine
Wanderung i n die p-Stellung unmoglich ; das Iminochinol wird
zum Chinol verseift, das durch die fortgesetzte Einwirkung der
SBure schliesslich i n ein Homologes des Hydrochinons iibergeht.
Analog entsteht in alkoholischer Losung sus sekundiirem Imino-
ehinoliither Aminophenol-alkyliither, aus tertiiirern Iminochinol-
Bther aber ChinolQther und tlaraus schliesslich ein Homologes des
Resorcin-dialkylathers.
     Die Entstehung rles Iminochinoliithers wird leiehter verstlind-
lich, wenn man die intermedigre Bildung eines unges&ttigten Restes
Ar-N < als allererste Reaktionsphase annimmt, die clann durch
Anlagerung von Wasser i n Iminochinol, von Alkohol in Iminochinol-
ather iibergeht. Diese Hypothese, die yon Bctmberger schon zu
einer Zeit aufgestellt wurde, da die ExistenzfEhigkeit freier Radikale
noch unbekannt war, erhielt eine starke Stutze durch den von ihm
gefiihrten Nachweis, dass die A r y l - a z i d e bei der Einwirkung
wassriger und alkoholischer SBuren, aber auch hei vielen andern
'C'msetzungen genau die gleichen Produkte liefern wie die entsprechen-
den Aryl-hydrosylamine, mit dem einzigen Unterschied, dass die
bei den Ietztern fast immer nebenbei entstehenden Azoxyverbin-
dungen hier fehlen, was darauf schliessen lBsst, dass die Aryl-hydroxyl-
amine bei diesen Umsetzungen nicht als Zwischenprodukte auf-
treten.
     Es war von vornherein zu erwarten, dass die Aryl-hydroxyl-
amine nicht nur bei der Reduktion von Nitroverbindungen zu
Aminen, sontlern auch bei der Oxydation der letztern als Zwischen-
produkte auftreten, die durch ihre Umlagerung zu p-Aminophenolen
-       669    -
die Bildung von Chinonen, durch ihre Vereinigung mit unverandertem
Amin zu p-Amino-diaryl-aminen die Entstehung von Azophenin
u. dgl. vermitteln. Tatsachlich konnte Bamberger bei der Oxydation
von Anilin mit freier unterchloriger Saure die Bildung von p-Amino-
phenol, Chinon-chlorimid und p-Amino-diphenylamin, bei Anwendung
von Permanganat in Gegenwart von Formaldehyd die Entstehung
von Azoxybenzol neben Nitroso- und Nitrobenzol nachweisen.
Die eminent oxydablen Hydroxylamine selbst zu isolieren, ist natiir-
lich sehr schwierig. Aber auch dies ist Bamberger gelungen, als er
Anilin mit Sulfornonoperskire unter starker Kiihlung und in Gegen-
wart von Ather oxydierte. Nach kurzer Einwirkung lSsst sich in der
Atherschicht Phenyl-hydroxylamin nachweisen und mit Diazo-
benzol als Phenyl-azo-hydroxy-anilid fallen.
     Die Vermutung, dass dabei das primare Reaktionsprodukt
ein Aminoxyd
                                     ,o

sei, veranlasste Versuche zur Oxydation tertiarer Amine. I n der
Tat geben Dimethyl- und Diathylanilin und viele ihrer Homologen
und Derivate (z. B. auch Tetramethyl-diamino-diphenyl- uncl
-triphenylmethan und Hexamethyl-triamino-triphenylmethan) mit
Wssserstoffperoxyd, besser noch rnit Sulfomonopersaure glatt die
entsprechenden A m i n o x y d e , z. B.
                                  .O
                            CHNf
                               '
                               '(CH,),
Diese sind schwache, aber immerhin in wassriger Lijsung alkalisch
resgierende Basen, die ihren Sauerstoff sehr leicht abgeben und auch
zu intramolekularen Umlagerungen neigen. So liefert Dimethyl-
anilinoxyd mit Schwefeldioxyd Dimethyl-anilin-o- und -p-sulfosiiure,
mit salpetriger Saure 0- und p-Nitranilin. Sekundare Amine sind
nicht zu Aminoxyden oxydierbar. Sie spalten bei der Oxydation
das Alkyl ab, Monomethyl-anilin z. B. in Form von Formaldehyd,
Benzyl-anilin als Benzoesaure, und liefern clann die Osydations-
produkte des primairen Amins.
     Aliphatische Amine verhalten sich bei der Oxydation ver-
schieden, je nachdem die Aminogruppe mit einem primHren, sekun-
daren oder tertiaren C-Atom verbunden ist. I m letzten Fall gibt
Sulfomonopersaure die gleichen Produkte wie bei aromatischen
Aminen : Rydroxylamino-, Nitroso- und Nitroverbindung. Bei den
beiden andern Gruppen entstehen zunachst Aldoxime bzw. Keto-
xime, von denen die erstern zu Hydroxamsauren und zu Nitro-
pmaffinen, die letztern nur zu Nitroparaffinen weiter oxydiert
werden.
-       670   -
      Xach der Entdeckung der Aryl-hyilroxylamine konnten aueh
die bis dahin sehr schwer zugBnglichen N i t r o s o k o h 1e n w a s s e r -
s t of f e leicht in grosseren Mengen dargestellt und eingehend unter-
sucht werden. Eine weitere Bildungsweise dieser Verbindungen
entdeckte Barnberger i n der Einwirkung von Stickstoffdioxyd oder
 Stickstoffsesquioxyd auf Quecksilberphenyl und seine Homologen.
Die bequemste Darstellungsmethode der Nitrosoverbindungen ist
die von Caro aufgef undene Oxydation der primiiren aromatisehen
Amine mit dem nach ihm benannten Reagens, der Sulfomonoper-
sgure. Nach diesem Verfahren sind auch sonst schwer zuginpliche
Yitrosoverbindungen leicht erhEltlich, wie z. B. die drei isomeren
Xitroso-nitrobenzole.
       Die Nitroso-aryle sind schon durch ihre physikalisehen Eigen-
schaften interessant. I n festem Zustand in der Regel farblos infolge
Assoziation, schmelzen sie zu griinen Flussigkeiten und losen sich
such i n organischen Losungsmitteln mit gruner Fsrbe. I n einzelnen
Fiillen (beim S,6-Dimethyl- und 2,4,6-Trimethyl-nitrosobenzol)           sind
diese Losungen in der KBlte nur schwaeh gefgrbt und grossenteils
bimolekular ; beim ErwLrmen vertieft sich die FBrbung unter ent-
sprechender Abnahme des Molekulargewichts. Beim Nitroso-psendo-
cumol wurde auch im festen Zustand neben der farblosen eine griine,
labile Form beobachtet.
      Als intermedigre Oxydationsstufen neigen die Nitroso-aryle
wie die Aryl-hydroxylamine zur Disproportionierung. Nit Halogen-
wasserstoffsiluren geben sie je nach den Versuchsbedingungen als
Hauptprodukte halogenierte Azoxyverbindungen oder dihalogenierte
Amine. Durch Stickoxyd oder salpetrige SSiure werden sie in Diazo-
verbindungen iibergefuhrt. Mit primairen aromatischen Aniinea
entstehen in der Regel Azoverbindungen, wodurch die sonst schwer
zughglichen u n s y m m e t r i s ch e n Azo k o r p e r erhEltlich werden.
      I n msnchen ihrer Reaktionen erinnern die Nitroso-aryle an
Aldehyde, namentlich in ihrer Neigung zu aldolartigen Konrlen-
sationen. So werden Nitrosobenzol und seine Derivate mit freier
p-Stellung durch konz. Schwefelsaure schon in cler KLlte momentan
in p - N i t r o s o - d i a r y 1- h y d r o x y 1a m i n e
                                        OH
                               Ar-N(
                                        Ar--SO
iibergefuhrt, die saure Eigenschaften besitzen, acylierbar und zu
p-Amino-diarylaminen reduzierbar sind und die die Eigenschaften
von Hydroxylaminen und von Nitrosoverbindungen in sich ver-
einigen. So geben sie mit Schwefeldioxyd (analog Hydroxylaminen)
p-Amino-diarylamin-sulfosiiuren, mit Stickoxyd (analog Nitroso-
benzol) Diazoniumnitrate der p-Amino-diarylemine. Bei p-suhsti-
-    671   -
tuierten Nitrosobenzolen tritt neben oder statt ilieser Reaktion
o-Kondensation ein unter Bildung von P h e n a z i n - o x y d e n .
      Anliisslich seiner Hydroxylaminarbeiten machte Bamberger
anhand eines umfangreichen experimentellen Materials eine Reihe
interessanter Beobachtungen iiber die sogenannte s t e r i s c h e H i n -
d e r u n g . WHhrend Phenyl-hydroxylamin susserordentlich leicht
mi t Nitrosobenzol zu Azoxybenzol und mit Diazoverbindungen zu
Aryl-azo-hydroxy-aniliden zusammentritt, werden diese Reaktionen
(lurch 0-,aber auch, wenn schon in etwas geringerem ilIasse, durch
p-standiges Methyl stark verzogert, noch mehr durch ein zweites
Xethyl in 0- oder p-Stellung. Mesityl-hydroxylamin reagiert unter
den ublichen Bedingungen uberhaupt nicht mehr. m-stgndiges
Methyl ist fur sich allein ohne Wirkung; es kann sogar den Einfluss
einer p-st8ndigen Methylgruppe zum Teil aufheben. Auch von
Alkalilaugen werden die o,o-dimethylierten Hydroxylamine lang-
samer angegriffen als die andern, von S8uren dagegen vie1 schneller.
      Auch die Oxydation von Dialkylanilinen zu Dialkyl-anilin-
oxyden wird durch ein o-stgndiges Methyl gehemmt, bei Besetzung
beider o-Stellungen bleibt sie ganz Bus. Ebenso sind die in beiden
o-Stellungen zur Csrbonylgruppe methylierten Chinole unfahig zur
Konilensation mit Aryl-hydrazinen.
                              Anthranil.
     Das Anthranil wurde von PriedEunder und Henriques’) ent-
deckt, die es durch Reduktion von o-Nitro-benzaldehyd erhielten
und wegen seiner leichten uberfuhrbarkeit in AnthranilsBure durch
Laugen und in Acetyl-anthranilsaure durch Essigsiiure-anhydrid als
Anhydrid der AnthranilsBure (XXVII oder XXVIII) formulierten.
Xach dem Erscheinen der ersten Veroffentlichungen Bnmberger’s
uber Aryl-hydroxylamine brachten Friedlander und 8chreiber3)
Formel X X I X eines Benz-isoxszols in Vorschlag, die das Anthranil
seiner Entstehung entsprechend als inneres Anhydrid des o-Hydroxy I-
amino-beqzaldehyds erscheinen 18sst.
     Bnmberger kam von seinen Indazolarbeiten her zum Anthranil-
problem. Durch Reduktion von 2-Nitro-3,5-dimethyl-phenylnitro-
methan (l’, 2-Dinitro-mesitylen) ( X X X ) erhielt er ststt des gesuchten
Dimethyl-indiazens ( X X X I ) ein 2-Amino-3,5-dimethyl-benzaldoxim




XSVII          XXVIII           XXIX    XXX GH,         XXXI     C,
                                                                  H
     l)   3. 15; 2105 (1882).
     2,   B. 28, 1382 (1895).
CH-NOH    H3CK,=NOH

                              YX
      I                   I

    CH,                  CH3
   XXXII                 XXXIII              XXXIV         XXXV
(XXXII), das mit salpetriger Saure iiber ein sehr zersetzliches Diazon-
iumsalz ein Oxim des Dimethyl-indiazons ( X X X I I I ) liefert. Dieses
Oxim erfahrt durch die Einwirkung kalter Natronlsuge oder such
schon durch heisses Wasser eine Umlagerung zu 3,B-Dimethyl-S-
azido-benzaldehyd (XXXIV). I n analoger Weise lassen sich
o-Amino-benzaldoxime ganz allgemein i n Indiazon-oxime und in
o-Azido-benzaldehyde iiberfiihren. Die o-Azido-benzaldehyde, die
auch durch Einwirkung von Stickstoffwasserstoffs5ure auf diazotierte
o-Amino-benzaldehyde erhalten werden konnen, werden durch
Erkitzen mit Wasser unter Druck, zum Teil schon durch trockenes
Erhitzen, unter Stickstoffabspaltung in die entsprechenden Anthra-
nile iibergefuhrt. Analog liefert o-Azido-benzaldoxim heim Koehen
seiner Natronlosung unter Entwicklung von Stickstoff eine zu Indazol
reduzierbare Saure, die ihrem ganzen Verhalten nach N-Oxy-indazol
(XXXV) sein muss. Dieses erscheint nach dieser Bildungsweise
als Oxim des Anthranils, was mit der Formel XXIX, nicht aber mit
XXVII in Einklang steht. Der dadurch nahegelegte Versuch, durch
Einwirkung von Hydroxylamin auf Anthrzlnil N-Oxy-indazol zu
gewinnen, ist allerdings gescheitert. Vielmehr entsteht bei dieser
Reaktion, wenn man freies Hydroxylamin anwendet, o-HydrosyI-
amino-benzaldoxim, das die typischen Reaktionen der Aryl-hydroxyl-
amine zeigt uncl auch durch Reduktion von o-Nitro-benzaldoxim
erhdtlich ist. Es liefert unter dem Einfluss von SBuren ausser-
ordentlich leicht Anthranil wieder zuriick, so schnell, dass die sonst
zu erwartende Umlagerung i n ein p-Aminophenolderivat nicht ein-
treten kann. Der so leichte nbergang des Anthranils in ein Derivat
des o-Hydroxylamino-benzsldehydsund seine ebenso leichte Riick-
bildung aus demselben iiberzeugten Bnmberger von der Richtigkeit
der Auffassung, dass Anthranil das Anhydrid des o-Hydroxylamino-
benzaldehyds und nicht der Anthranils&ure sei und dsss ihm somit
Formel X X I X zukomme. Diese Uberzeugung hat Bamberger in
einer grossen Zahl von Abhandlungen verteidigt und dazu ein umfang-
reiches experimentelles Material beigebracht. Er zeigte, dass Anthra-
161, melches in keiner Weise aus Anthranilsaure dargestellt werden
kann, in allen Fallen entsteht, wo die Bildung von o-Hydroxylamino-
benzaldehyd zu erwarten ist. So lasst es sich nicht nur durch Reduk-
tion von o-Witrobenzaldehyd, sondern auch durch Oxydation von
o-Aminobenzaldehyd gewinnen. Anthrsnil entsteht ferner nicht
nur bei der sclion erwiLhnten Verseifung rles o-Hydroxylamino-
-   673    -
 benzaldoxims, sondern auch bei derjenigen der o-Hydroxylamino-
benzaldehyd- acetale und des N- Acetyl-o -hydroxylamino - benz -
aldehycls.
     Endlich gelang es Bamberger nach vielen vergeblichen Versuchen,
den o-Hydroxylamino-benzaldehyd selbst durch Reduktion von
o-Ntrobenzaldehyd mit amalgamiertem Aluminium in atheriseher
Losung nach Widicenus wenigstens i n Losung zu erhalten, seine
Hydroxylaminnatur durch die fur diese Korperklasse charakteri-
stischen Reaktionen nachzuweisen und seinen ausserordentlich
leichten ubergang in Anthranil zu zeigen.
     Wie bei der Entstehung des Anthranils, ist'auch bei den meisten
seiner Umsetzungen die intermediare Bildung von o-Hydroxyl-
amino-benzaldehyd oder des Radikals
                                   CHO
                              c6H4<N<

anzunehmen. Die Darstellung des o-Hydroxylamino-benzaldoxims
ist weiter oben schon besprochen. Eine Ringoffnung im gleichen
 Sinn erfolgt auch bei der Einwirkung von salpetriger Saure auf
Anthranil, die zum N-Nitrosoderivat des o-Hydroxylamino-benz-
aldehyds fuhrt. Da dieser Korper, wie alle N-Nitroso-aryl-hydroxyl-
amine durch salpetrige SBure leicht zum entsprechenden Diazonium-
salz reduziert wird, entsteht immer auch letzteres 21s Nebenprodukt.
Anthranil ist daher, wie auch seine Derivate, diazotierbar. Neben der
Nitrosoverbindung entsteht i n geringer Menge, offenbar durch
Anlagerung der salpetrigen Sgure i n anderm Sinne an das Imin-
radikal, o-Aldehydo-phenylnitramin. Anthranil lasst sich durch
Permanganat unter geeigneten Bedingungen zum - sehr verander-
lichen - o-Nitroso-benzaldehyd und weiter zu o-Witrobenzaldehyd
ouy dieren.
     Auch durch Dimethylsulfat wird der Anthranilring unter Frei-
legung der Aldehydgruppe gesprengt. Es entsteht ein Gemisch
von Xono- und Dimethyl-o-aminobenzaldehyd mit sehr wenig
o-Aminobenzaldehyd. Der offenbar zuerst gebildete Methylather
des o-Hydroxylamino-benzaldehyds wird, analog der Bildung von
Methylanilin aus Phenyl-hydroxylamin und Methyljodid, zu Mono-
methyl-amino-benzaldehyd reduziert, der dann zum Teil weiter
methyliert wird. Ein Methylanthranil entsteht bei dieser Reaktion
nicht.
     Eine weitere Stutze fur die Benz-isoxazolformel des Anthranils
ergab der Nachweis, dass die unbestritten als Benz-isoxazol-carbon-
saure zu formulierende Anthroxansaure genau analog dem Anthranil
sowohl durch Oxydation von Isatosaure mit Sulfomonopersaure
als auch durch Reduktion von o-Nitrophenyl-glyoxalsaure dargestellt
                                                                43
-     674       -
werden kann und dass bei ihrer Zersetzung durch Wasser unter Druck
Anthranil (wenn auch in geringer Menge) entsteht.
      Fiir die Benz-isoxazolformel spricht weiter die Xhnlichkeit des
Anthranils einerseits mit seinem S-Analogon, dem Benz-isothiazol
von GabrieZ und Posner, und seinem Isomeren, dem Benz-oxazol,
andererseits mit den einkernigen Isoxazolen.
      Nach einer von Bamberger veranlassten Untersuchung von
Briihll) stehen auch die optischen Eigenschaften des Anthranils
im Einklang mit dessen Formulierung als Benz-isoxazol, nicht aber
als Anhydrid der AnthranilsQure.
      Das entscheiden'dste Argument zugunsten der Benz-isoxrtzol-
formel lieferte aber Bamberger durch den Nachweis, dass ein sehon
von Camps2) dargestelltes, aber falsch gedeutetes Reduktions-
                                                   -
produkt des o-Nitro-acetophenons nichts anderes als M e t h y l -
a n t h r a n i l ist. Diese Base, deren Formel nicht zweifelhaft sein
kann, erweist sich nach ihrer Bildungsweise durch Reduktion von
o-Nitro-acetophenon und durch Oxydation von o-&nino-aceto-
phenon, durch ihre physikalischen, einschliesslich der optischen
Eigenschaften und durch ihr chemisches Verhalten als wrthres
Homologes des Anthranils. Sie besitzt einen dem Anthranil tauschend
Bhnlichen Geruch, sie zeigt die gleiche schwache Basizitiit, die gleiche
Neigung, mit Schwermetallsalzen, insbesondere mit Sublimat, Addi-
tionsprodukte zu liefern. Mit Chlor oder mit einem ebenso wirkenden
Gemisch von Nitrit und rauchender Salzsaure gibt sie, wie Anthmnil,
ein N-Dichlorid, dss sich leicht in Monochlor-methyl-anthranil, bzw.
Monochlor-anthranil umlagert. Salpetrige Siiure liefert in verdiinnt
saurer Losung als Hauptproclukt je nach den Versuchsbedingungen
entweder das N-Nitrosoderivat des o-Hydroxylamino-acetophenons
und daraus die Diazoverbindung des o-Amino-acetophenons oder
aber o-Aceto-phenyl-nitramin. Die analogen Produkte entstehen
ebenfalls aus Anthranil, wenn auch zum Teil in anderm Mengen-
verhiil tnis.
      Das Methyl-anthranil verdient besonderes Interesse als Zwischen-
phase bei der Bltesten Indigosynthese von Emmerling und EngZer3)
durch Erhitzen von o-Nitro-acetophenon mit Zinkstaub und Natron-
kalk. Durch den Zinkstaub wird das Nitro-acetophenon zu Methyl-
anthranil reduziert, und dieses lagert sich bei der hohen Temperatur
zu Indoxyl um, das sich dann zu Indigo oxydiert.
     I n analoger Weise wie Methyl-anthranil entsteht auch P h e n y l - a n t h r a n i l durch
Reduktion von o-Witro-benzophenon sowohl als auch durch Oxydation von o-Amino-
benzophenon mit Sulfomonopersaure. Phenyl-anthranil Iiefert wie die andern Anthra-
nile mit saIpetriger SLure eine Diazoverbindung, jedoeh nur in geringer Menge. Das
      l)   B. 36, 3637 (1903).
      ?)   B. 32, 3232 (1899); Arch. Pharm. 240, 423 (1902).
      3,   B. 3, 855 (1870); h'ngler B. 28, 309 (1895).
-    675       -
Hmptprodukt ist in diesem Fall Acridon, offenbar entstanden aqs intermediir gebil-
detem Nitroso-o-hydroxylnmino-benzophmon.
     Den auffallenden Umstand, dass der Anthranilring durch
manche Reagentien so leicht geoffnet wird, obschon das Anthranil
selbst sehr bestandig ist, erkliirt Bamberger durch die Annahme,
dass im Anthranil ein Gleichgewicht der drei Formen


            ().cko
                ‘’
                N           I      (:
                                   y            c
                A                     B                     C

bestehe, wobei B und C nur in so geringer Nenge vorhanden sind,
dass sie sich dem direkten Nachweis entziehen. Verschwindet aber
diese geringe Menge, z. B. dadurch dass die CHO-Gruppe oximiert
oder die NHOH-Gruppe nitrosiert wird, so bilden sie sich auf Kosten
von A immer wieder neu, bis die ganze Substanz reagiert hat.
                               Photochemisches.
      I m Zusammenhang mit den Anthranilarbeiten stehen eine
Anzahl photochemische Untersuchungen iiber Benzaldehydderivate.
Die von Ciamician und Silber aufgefundene Umsetzung von o-Nitro-
benzaldehyd mit Alkoholen im Sonnenlicht zu o-Nitroso-benzoe-
saure-estern erfolgt in zwei einzeln realisierbaren Phasen : I. Acetali-
sierung, die ausser durch Licht nuch durch Siiuren bewirkt werden
kann und die bei den isomeren Nitro-benzaldehyden ebenfalls ein-
tritt. 11. Umlagerung des festen oder in Alkoholen gelosten Acetals,
die nur in der o-Reihe erfolgt und auch hier nur so weit keine sterische
Hinderung vorliegt. Diese Umlagerung fiihrt wahrscheinlich uber
                        ‘

den Di-ester der Orthoeiiure
                                      /eH
                                   -C-OAlk
                                       OAlk.
Die Hoffnung, diese Zwischenstufe bei Verwendung des cyclischen
Athylen-acetals des o-Nitro-benzaldehyds fassen zu konnen, hat
sich nicht erfiillt. Das Produkt ist auch hier offenbar der Glykol-
monoester der o-Nitroso-benzoesaure.
     Wie o-Nitro-benzaldehyd zu o-Nitroso-benzoesaure, so wird
o-Nitroso-benzylalkohol durch das Sonnenlicht zu o-Nitroso-benz-
aldehyd isomerisiert. Letzterer ist jedoch nur in winziger 31enge als
solcher isolierbar. Zur Hauptsache wird er weiter veriindert, teil-
weise zu o,o’-Azoxy-benzaldehyd, der seinerseits lichtempfindlich
ist. Er wird durch Licht zu Indazolyl-benzoesaure (XXXVI) um-
gelagert und grosstenteils zu deren Lacton (XXXVII) anhydrisiert.
Die gleichc Saure entsteht aus o,o’-Azoxy-benzaldehyd auch durch
- 676 -




heisse Natronlauge ; sie lasst sieh zu o,o’-Azo-benzoesiiure oxydieren
und bildet die Zwisehenstufe bei der auffallenden Urnwandlung des
o,o’-Azoxy-benzaldehyds zu o,o’-Azo-benzoSsiiure durch Oxydations-
mittel.
                                                    Louis Blanye y .



   VERZEICHXIS DER WISSENSCHAFTLICHEN VERoFFENTLICHUNGEK
                    EUCI’EN BAMHE RGl3R‘S I.
                                           )

                                     Cuanidinderivate.
1880. Guanylsulfoharnstoff und einige Guanylguanidine, B. 13, 1580.
1881. Einwirkung von kohlensaurem Guanidin auf Phenylsenfol bei Gegenwart von
      Wasser (Zur Lehre von der Katalyse), B. 14, 2638. - Verbindungen aus Phenyl-
      senfa1 und Skureamiden, B. 14, 2651.
1882. Bildung von Phenylxanthogenamid (Wenylsulfurcthan); Nachtrag, B. 15, 2164.
1883. Dicyandiamid (I), B. 16, 1074. - Dicyandiamid (TI), B. 16, 1459. - Melanuren-
      silure, B. 16, 1703.
1887. Neue Synthesen des Guanylharnstoffs, B. 20, 68.
1890. Synthesen des Ammelins und der Cyanursaure, B. 23, 1856.
1891. Pipsrylbiguanid, B. 24, 605. - (mit L. Seeberger) Dieyandiamid, B. 24, 899.
1892. (mit L. Seeberger) Ringsynthesen, B. 25, 525. - (mit W . D i e c k m n w ) Neue Syn-
      thesen der Guanamine und Mechanismus ihrer Bildungsweise, B. 25, 534. -
      (mit W. Dieckmnlzn) Biguanid, B. 25, 543.
1893. (mit L. Seeberger) Konstitution des Dicyandiamids, B. 26, 1583.
                            Polycyelische liohlenwnsserstoffe.
1884. Reten (I), B. 17, 453.
1885. Reten (TI), B. 18, 81. - Farbreaktion von o-Diketonen, B. 18, 865. - (mit
      S. C. Hooker) Reten (111), B. 18, 1024. - (mit S. C. Hooker) Reten (IV), B. 18,
      1030. - (mit S. C. Hooker) Reten (V) (Konstitu ion), B. 18, 17:50. - (rnit .I. Kruie:-
      feld) Chrysen, 13. 18, 1931. - (mit S. C. Ilooker) Reten, A. 229, 102.
1886. (rnit &I. Philip)Pyren, B. 19, 1427. - (mit &I. Philip) Pyren, B. IS, 1995. -
      (mit N . Philip) Pyren, B. 19, 3036.
1887. (mit M . Philip) Konstitution des Acenaphtens und der Naphtalsiiure, B. 20,
      237. - (mit M. Philip) Pyren (Konstitution), B. 20, 365. - (mit M . Philip)
      Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe (2. Abh.), A. 240, 147.
1889. Fichtelit, B. 22, 635. - (mit L. Strusser) Fichtelit, B. 22, 3361.

     l) Die zu Bamberger’s Gesamtwerk gehorenden Veroffentliehungen seiner Schiiler
uber Arbeiten, die unter seiner Leitung ausgefiihrt wurden, sind hier mit aufgenommen,
soweit sie dem Verfasser bekannt geworden sind.
-      677     -
1890. (mit C. Burgdorf) Aminochrysen, B. 23, 1006. - (mit C. Burgdorf) Chrysen,
      B. 23, 2433.
1893. (mit F. Chattaway) Abbau des Chrysens, B. 26, 1745. - (mit 3. Chattaway)
                                                                       '
      Picen, B. 26, 1751.
1894. (mit F. D. C ~ u ~ t a ~Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe (3. Abh.), A. 284, 52.
                              uy)

                    H d i r a mehrlcerniyer aromatischer Verbindungen.
                     yreug
                                      Centrische Formeln.
1887. (mit 0. Boelcmann) p-Naphtalinaldehyd, B. 20, 1115. - dromatische Nitrile,
      B. 20, 1702. - (mit T.V. Lodter) Einwirkung von Natrium und Alkohol auf
      a-Xaphtonitril, Benzonitril und Tolunitd, B. 20, 1703. - (mit 0. Boekmamn)
      Einwirkung von Natrium auf alkoholisches j3-Naphtonitri1, B. 20, 1711. -
      Hydroderivate aromatischer Basen, B. 20, 2915. - (mit W . Lodter) Hydrierung
      aromatischer Kohlenwasserstoffe, B. 20, 3073.
1888. (mit W. Lodter) Reduktion aromatischer Siiurethiamide, R. 21, 51. - (mit
      Mi. Lodter) a-Naphtalinaldehyd, B. 21, 256. - (mit W . Lodter) Zur Charakteri-
      stik partiell hydrierter arometischer Substanzen, B. 21, 836. - (mit R. Muller)
      ,&Tetrahydronaphtylamin, R. 2 I , 847. - (mit R. Miiller) j3-Tetrahydronaphtyl-
      amin, B. 21, 1112. - Zur Formulierung der Kampferbasen, B. 21, 1125. -
      (mit M . Althausse) a-Tetrahydronaphtylamin, R. 21, 1786. - (mit Af. Alf-
      hnusse) a-Tetrahydronaphtylamin, 21, 1892.
                                          B.
1889. Reduktion yon Chinolinderivaten, B. 22, 353. - (mit F. Bordt) a-Tetrahydro-
      naphtylamin, B. 22, 625. Beziehungen zwischen chemischen Eigenschaften und
      Konstitution hydrierter Basen, B. 22, 767. - (mit FV. Filehne) Beziehungen
      zwischen physiologischen Eigenschaften und Konstitution hydrierter Basen,
      B. 22, 777. - (mit .I. I ~ o s k ~ ~ b s - i l b r a k n l l5-ac. Tetrahydronaphtylendiamin,
                                                             1, )
      B. 22, 943. - (mit .I. Uommunn) ac. 1,5-Tetrohydronaphtylendiaminund ac.
                                   B.
      Tetrahydro-a-naphtylamin, 22, 951. - (mit R. Miller) Hydrierung alkylierter
      /?-Naphtylamine, B. 22, 1295. - (mit 11. Ifelwig) Hydrierung sekundarer und
      tertiiirer Alkylderivate des a-Naphtylaniins, B. 22, 1311. - (mit W.Jny Schief-
      fezin) Hydrierung von 0 - und p-Naphtylendiarnin und uber 2,7-Naphtylendiamin,
      B. 22, 1374. - (mit S. Willinmson) /?-Diiithylnaphtylamin und seine Hydrie-
      rungsprodukte, B. 22, 1760. - (mit li. Ifelwig) Hydrierte Naphtobenzylamine,
      B. 22, 1912.
1890. (mit W . Lodter) ac. /?-Tetrahydronaphthol und sekundiire Ringalkohole, B. 23,
      197. - (mit P. Bordt) ar. a-Tetrahydronaphtol, B. 23, 215.-                     Spaltung des
      ac. Tetrahydronaphtylendiamins in seine optisch aktiven Komponenten, B. 23,
      291. - (mit $1. Iiitsrhelt) ac. und ar. Tetrahydro-/?-naphtylamin, 23, 876. -  B.
      (mit $ . K'itschelt) w./?-Tetrahydronaphtol, B. 23, 885. - (mit F. Lengfeld)
              1
      Zur Charakteristik des Hydrierungsprozesses, B. 23, 1124. - (mit F. Lenyfeld)
      Neue Reduktionsprodukte des Chinolins, B. 23, 1138. - (mit M. Kitschelt) Ver-
      halten von Naphtalin und Anthracen bei der Reduktion, B. 23, 1561. - Zur
      Theorie sechsgliedriger Ringsysteme, A. 257, 1. - Konstitution des Naphtalins,
      J. pr. [2] 42, 188.
1891. I,2,4-Trimethyl-p-phenylendiamin, 24, 1645. - Konstitution fiinfgliedriger
                                             B.
      Ringsysteme, B. 24, 1758. - (mit W . Lodter) Ringformiges Analogon des Athy-
      lens, B. 24, 1887. - ,,Alicyclische Homologie", B. 24, 1897. - (mit p. Wulz)
      Vierfach hydriertes o-Aminochinaldin, B. 24, 2049. - (mit P. Wulz)Homologe
      des Tetrahydrochinolins, B. 24, 2055. - (mit P. Wulz)                Methyl-p-toluidh, B. 24,
      2077. - Wirkung der Wasserstoffaddition auf tricyclische Systeme, B. 24, 2463.
      - (mit C. Goldschmidt) Athyi-a-naphtylamin, B. 24, 2469. - (mit L. Stetten-
      himer) Tetrahydro-a-naphtochinolin, 24, 2472. - (mit L. Stettelzlzeimer)
                                                     B.
                                        B.
      ar. Octohydro-a-naphtochinolin, 24, 2451. - (mit R. Miiller) Tetrahydrure
- 678 -
        des 8-Naphtochinolins und /?-Xaphtochinaldins, B. 24, 2641. - (mit B. Aliiller)
        0ct.ohydriire des 8-Naphtochinolins, B. 24, 2618. - (mit L. Strasser) Octohydrure
        des 8-Naphtochinaldins, B. 24, 2662. - (mit B. Berlk) Verhalten des Carvacrols
        gegen Reduktionsmittel, B. 24, 3208.
1892.   Konstitution fiinfgliedriger Ringsysteme, A. 273, 373.
1893.   (mit W . Dieekmann) Tetrahydrur des Isochinolins, B. 26, 1205. - (mit E. A.
        Zztmbro) Dihydromethylketol (alicyclische Homologie), B. 26, 1285. - (mit
        If. Sternitzki) Dihydromethylketol, B. 26, 1291. - (mit W . Lodter) Dihydro-
        napht,alin und einige seiner Derivate, B. 26,1833. - (mit F. Hoffmann) Dihydro-
        anthrol und Dihydroanthramin, B. 26, 3068.
1894.   (mit S. Willinmson) Dekahydrochinolin, R. 27, 1458. - H. Tietse; Hexshydro-
        chinolin, B. 27, 1478. - (mit A. V o s s ) Ketotetrahydronaphtalin, B. 27, 1547.
        - (mit 111. Iiitschelt) Synthese des Chinolins (und Skatols), B. 27, 3421.
1895.   (mit 1V. Lodter) Alicyclische Naphtalinderivate; (mit N. Deicke) alicyclische
        Alkine und Alkeine, A. 288, 74.
1913.   Konstitution des Naphtalins, B. 46, 1899.

                                    Renzimidnzole.
1892. Imidazole, A. 273, 267. - (mit Jul. Loremen) Konstitution, Bildungsmodus und
      Imidgruppe der Benzimidazole, A 273, 269. - (mit R. Iler18) Die a-stiindige
      Methylgruppe der Benzimidazole und das Verhalten der letzteren bei der Oxy-
      dation, A. 273, 303. - (mit 11. Berle') Aufspaltung des Imidazolrings, A. 273,
      342. - (mit U. BerlC) Addition von Chloral a n Chinolinbasen und Benzimidazole,
      A. 273, 364. - (mit -1. Lorenzen) Benzimidazole, B. 25, 269. - (mit I(. Uerlk)
      Benzimidazole, B. 25, 274.   - (mit 13. BerZC) Spaltung des Imidazolrings, B. 25,
      278. - (mit B . Berli) Dibenzoyldiaminoathylen, B. 25, 3653.
1893. Volenz des Pyrrolstickstoffatoms, B. 26, 1946.

                                Isochinolins ynthesen.
1892. (mit X . Kitschelt) Einwirkung dcr unterchlorigen Siiure nuf B-Naphtochirion,
      B. 25, 133. - B. 25, 888. - (mit &I. Kitschelt) 'liberfiihrung von Naphtalin in
      Isochinolin, B. 25, 1138.
1894. (mit W . Frew) Synthcse des Isocumarins und einiger Abkommlinge des Isochino-
      lins, B. 27, 198. - (mit C. Uoldschmidt) Eigentiirnlicho Synthese des Isochinolins,
      B. 27, 1954.
1895. Isocumarincarboris~ure, A. 288, 134.

                               Chmiselde Azoverbindwngen,
                     Forrnasyldcrivate, Amidmzolze, Arylnzortldoxii,i,e.
1884.   Gemischte Azoverbindungen (I), B. 17, 2415.
1885.   (mit A. Calman) Gemischte Azoverbindungen (11), B. 18, 2563.
1891.   (mit P. Wulz) Zur Kenntnis des Acetons, B. 24, 2793. - Symm. Bisphenyl-
        hydrazon des Mesoxalaldehyds, B. 24, 3260.
1892.   (mit E. Wheelwright) Einwirkung von Diazobensol auf Acetessiglther, B. 25,
        3201. - (mit .I. Lorenzen) Formazylmethylketon, B. 25,3539. - Einwirkung von
        Diazobenzol auf B-Ketonsauren, B. 25, 3547.
1893.   (mit P. de Gruyter) Konstitution der Cyanphenylhydrazine und der daraus dar-
        stellbaren Triazolkorper, B. 26, 2385. - (mit P. de Gruyter) Formazylmethyl-
        keton, B. 26, 2783. - (mit H . Witter) Formazylphenylketon, B. 26, 2786. -
        (mit F. K,uklemonui) Diformazyl und seine Beziehungen zum Diamidrazon,
        B. 26, 2958.
Eugen Bamberger
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Eugen Bamberger

  • 1. - 644 - Eugen Bamberger. 1857-1932 (19. v. 33.) Am 10. Dezember 1033 wurde Professor Dr. Eugen Bamberger im Alter von 75 Jahren von fast dreissigjjhrigem Leiden durch den Tod erlost. Seine hohen Verdienste urn die chemische Wissen- schaft in der Schweiz und insbesondere urn die chemische Abteilung der Eidgenossischen Technischen Hochschule rechtfertigen es, dass sein Lebenswerk an dieser Stelle eine kurze Wurdigung erfahrt. Eugen Bamberger wurde am 19. Juli 1857 in Berlin geboren. Er begann seine Studien daselbst 1875 a n der medizinischen Fakultat, ging aber schon im nachsten Sommer i n Heidelberg zu den ihm besser zusagenden Naturwissenschaften iiber und setzte dann das Studium der Chemie von 1876-1880 i n Berlin fort. Nachdem er an der Universitat Berlin unter Hofmann promoviert hatte, wurde er zunachst Assistent von Rammelsberg an der Technischen Hoch- schule in Charlottenburg. 1883 siedelte er nach Miinchen iiber, wo er aIs Assistent v. Baeyer’s zuerst im analytischen Laboratorium ftir Anfanger, dann im organischen Laboratorium und den Labora- torien fur Vorgerucktere tatig war. E habilitierte sich zwei Jahre r spater und erhielt 1891 den Titel eines ausserordentlichen Professors. Er erwarb sich sehr bald, als Forscher wie als Lehrer, einen solchen Ruf, dass dem Schweizerischen Schulrat die Wahl nicht schwer wurde, als er 1893 die Professur fur allgemeine Chemie am Poly- technikum neu zu besetzen hstte. Bamberger hat die damals i n ihn gesetzten Hoffnungen glanzend erfullt und in Zurich eine ausserst fruchtbare Forscher- untl Lehrtatigkeit entfaltet, bis ein wahrhaft tragisches Geschick den erst 47-jahrigen, schaffensfreudigen Mann von seiner geliebten wissenschaftlichen Arbeit wegriss. Ein tuckisches Nervenleiden, das er auf einen Unfall zuriickfiihrte und das durch wiederholte Operationen und mannigfache Kuren nicht ganz geheilt werden konnte, zwang ihn 1905, im Vollbesitz seiner geistigen Krafte von seinem Lehrstuhl zuruckzutreten. Seine Forschungsarbeit hat er trotz allen Schwierigkeiten nicht ganz aufgegeben. Obschon sein Leiden ihn im Gebrauch des rechten Armes stark behinderte, so dass er kaum mehr selbst experimentieren konnte, und obschon ihm auch die Verfolgung der Fachliteratur durch unertriigliche Kopf- schmerzen bei jedem anhaltenden Lesen aufs ausserste erschwert m r d e , hat er noch wahrend vieler Jahre i n einem kleinen, ihm von der Eidg. Technischen Hochschule zur Verfiigung gestellten Labora- torium mit Hilfe eines Privatassistenten seine wissenschaftlichen
  • 2. - 645 - Untersuchungen weitergefuhrt, bis Siussere VerhSiltnisse ihn zwangen, auch darauf zu verzichten. Von da an lebte er einsam, meist im Tessin, langere Zeit in Cademario, die letzten Jahre in Ponte Tresa. Auch hier hat er den Zusammenhang mit der Chemie nicht ganz gelost. E hat bis in die letzten Ja,hre kinein noch eine Reihe fruher r unveroffentlicht gebliebener Arbeiten publiziert, zum Teil in dieser Zeitschrift. Seine einzige Freude neben dieser BeschBftigung waren die gelegentlichen Besuche von Freunden und Fachgenossen oder von alten Schulern, die er als seine Familie zu bezeichnen pflegte und an deren Schicksalen er auch wie ein E’amilienvater Interesse nahm. Sie hingen ihrerseits in dankbarer Verehrung an ihm und schatzten, nach den Worten eines von ihnen, Dr. Otto Xchrnidt, nicht nur den hervorregenden Forscher und Lehrer, der der chemi- schen Wissenschaft neue Wege gewiesen und den jungen Studenten fur die Ideale wissenschaftlicher Arbeit zu begeistern verstand, sie ehrten und verehrten in ihm vor allem den edlen Menschen, der, von reinem Streben erfiillt, grosser war als das Schicksal. Wenn man die rund 430 wissenschaftlichen Publikationen Bamberger’s durchgeht, fallt einem auf, wie ausschliesslich dieser Forscher rein wissenschaftlicher Chemiker war. Weder bei der Wahl seiner Arbeitsgebiete noch seiner Arbeitsmethoden hat er auf eventuelle industrielle Verwertbarkeit seiner Forschungsresultate irgend welche Riicksicht genommen. Kein Patent lautet auf seinen Namen, und es hat wohl auch keine seiner Entdeckungen u n m i t t e l - b a r zu einer technischen Ausbeutung gefuhrt (wenn man von den Isodiazotaten absieht, die gleichzeitig und unabhtingig von ihm auch in der Badischen Anilin- und Sodafabrik aufgefunden wurden). Wohl aber haben seine Forschungen vielfach die Grundlagen gebildet, auf denen sich spater technisehe Verfahren entwickeln konnten : man denke z. B. an die hydrierten Derivate des Naphtalins. Ausser- dern sind seine Arbeiten eine Bundgrube exakter, oft f r a e r e felsche Angaben berichtigender und auch fur die chemische Technik wert- voller Beschreibungen von zahlreichen Substanzen, die er nur als Ausgangsmaterialien oder als Vergleichsprgparate benotigte. Barn- berger’s Interesse galt auch nicht vorwiegend der Aufkltirung der Konstitution von Naturprodukten; die heute eine so grosse Rolle spielende physikalische Chemie war ihm vor allem Mittel zum Zweck. Was ihn in erster Linie interessierte, war, neben feineren Struktur- problemen, der chemische Vorgang an und fur sich, der Reaktions- mechanismus komplizierter, zunachst schwer erklarlicher Um- setzungen und ihre Zerlegung in einzelne Phasen, von denen sich eine jede schon bekannten Reaktionen an die Seite stellen und dadurch dem Verstandnis naher bringen liess. Im Abfangen hochst
  • 3. - 646 - unbestiindiger Reaktionszwischenstufen, in der Isolierung winziger Mengen von Nebenprodukten, die zur Aufklarung des Reaktions- verlaufs beitragen konnten, war Bamberger virtuos. Er verdankte seine Erfolge darin wohl zum Teil der Gewohnheit und Geschicklich- keit, in kleinstem MaBstabe zu arbeiten; sicherlich ist ihrn mancher Versuch, der andern Experimentatoren misslang, nur deshalb ge- gluckt, weil er ihn mit minimalen Substanzmengen durchfuhrte und darum so schnell beendigen konnte, dass die unter andern Umstanden eintretende Zersetzung vermieden wurde. Nicht durch rdfinierte Apparaturen, sondern durch rsschestes Arbeiten und genauestes Beobachten erzielte Bamberger seine oft erstaunlichen Resultate. Sein Hauptwerkzeug war das Reagenzglas in Ministur- format (diejenigen ublicher Grosse pflegte er als ,,Kubel" zu be- zeichnen). Daneben waren direkt aufs Reagenzglas passende Kuhler- chen, Becherglaser in Fingerhutgrosse, Trichterchen von entspre- chenden Dimensionen, wenige cm3 fassende Erlenmeyer- und Frak- tionierkolbchen die von ihm meist gebrauchten Gerate. Ware er Analytiker gewesen, so ware er sicherlich der Erfinder der Mikro- anslyse geworden. Sehr zustatten kam Bamberger such ein aussergewohnlich feiner Geruchssinn und ein fabelhaftes Geruchsgedachtnis, das ihm erlaubte, jede typisch riechende Substanz, die er einmal i n HQnden gehabt hatte, sofort am Geruch wiederzuerkennen. Er legte auch seinen Schiilern immer wieder ans Herz, moglichst vie1 zu riechen und sich Geruche zu merken. Ubrigens hatte er nicht nur fur Geriiche ein susserordentliches Gedachtnis. Auch was er einmal gelesen hatte, blieb ihm, selbst wenn es seinem eigenen Arbeitsgebiet ganz ferne lag, in Erinnerung - vielfach nicht nur nach Inhalt, sondern auch nach Zeitschrift, Jahrgang und Seitenzahl - und ermoglichte ihm oft, unerwartete Analogien mit ganz andern als den von ihrn untersuchten Korperklassen zu erkennen und zur theoretischen Ausdeutung seiner Versuehsresultate heranzuziehen. Bamberger vereinigte eine lebhafte chemische Phantssie und ,,Lust zum Formulieren" (wie er sich selbst ausdriickte) mit einer peinlichen Gewissenhaftigkeit in der experimentellen Nachpriifung und Begriindung jeder aufgestellten Hypothese. Neben seinem aussergewohnlichen experimentellen Geschick hat wohl diese Ver- bindung yon reger Phantasie und strengem Wirklichkeitssinn in hohem Masse zu seinen wissenschaftlichen Erfolgen beigetragen. Dem Forscher ebenbiirtig war der Lehrer. Schon diejenigen Studierenden, die nur Bamberger's Vorlesung horten, hatten davon reichen Gewinn. Seinem formvollendeten, dabei ausserst klaren
  • 4. - 647 - und lebendigen, von wohlgelungenen Experimentenl) begleiteten Vortrag zu lauschen, war an sich ein Genuss. Wie in seinen wissen- schaftlichen Publikationen, verstand es Bamberger auch in der Vor- lesung hervorragend, Wesentliches hervorzuheben, Zusammenhange klarzulegen, Neues an Bekanntes derart anzuknupfen, dass es sich fast von selbst zu ergeben schien und die blosse Gedachtnisarbeit auf ein Minimum eingeschriinkt wurde. I n vollem Masse kam Bamberger’s Lehrtatigkeit naturlich denjenigen zugute, die auch im Laboratorium unter seiner Leitung experimentell arbeiten konnten. Es waren dies allerdings beim damaligen Lehrplan des Polytechnikums - abgesehen von den wenigen Studierenden der Bachlehrerabteilung - im wesentlichen nur seine Doktoranden und Assistenten, dazu noch eine Ahzahl Nitarbeiter, die sich nach anderwarts beendetem Studium bei ihm noch weiter ausbilden wollten. Bamberger begnugte sich nicht damit, dem Doktoranden oder sonstigen Mitarbeiter ein Thema zu geben und zu erklaren und ihm hei etwa auftretenden Schwierigkeiten zu raten und zu helfen. Zu jedem bei ihm praktisch Arbeitenden kam er jeden Tag, im h f a n g mehrmals tiiglich. Dabei wurde jede gestellte Aufgabe, jeder einzelne Versuch genau erortert, sowohl bezuglich seines Zweckes als auch der Art seiner Ausfihrung. Alle Operationen, wie z. B. die Bestimqmng des Schmelzpunktes und die Kontrolle seiner Konstanz, das Suchen eines geeigneten Krystalliaationsmittels, Reaktionen zur Identifizierung eines Reaktionsprodukts oder zur Kontrolle seiner Reinheit usw., pflegte Bamberger anfangs selbst vorzumachen, dann in seiner Gegenwart vom Praktikanten aus- fiihren zu lassen. Erst allmiihlich liess er ihm grossere Freiheit und erzog ihn so systematisch zum selbstandigen und zuverlBssigen Arbeiten. Bamberger gab seine Erklarungen nie am Schreibtisch ; immer nur am Arbeitsplatz im Laboratorium wurden die Resultate eines Versuchs festgestellt, theoretische Folgerungen daraus gezogen, neue Experimente zur Bestatigung dieser Folgerungen besprochen oder gleich ausgefuhrt. Bei diesen tiiglichen Besprechungen lernte der Schuler nicht nur Reaktionen kemen, er lernte vor allem chemisch denken, selbst Schlusse ziehen und neue Fragen stellen. Dabei verstand es Bamberger wie wenige, in seinen Mitarbeitern Freude und Interesse an der Arbeit zu wecken und seine eigene Begeistemng iiber einen gelungenen Versuch oder eine besonders schone Krystalfi- sation auch auf seine Schuler zu ubertragen. Oberstes Gebot war in Bamberger’s Laboratorium absolute Zuverliissigkeit und Gewissenhaftigkeit. Wer es damn fehlen liess oder gar versuchte, etwa ein Resultat zu ,,korrigieren“, hatte es mit l) Diese wurden w5hrend eines grossen Teils von Bamberger’s Ziircher Dozenten- thtigkeit von seinem langjilhrigen Vorlesungsassistenten Dr. HlZZ susgezeichnet vor- bereitet.
  • 5. - 648 - ihm auf immer verdorhen. Die Gewohnung an sauberes und genaues Arbeiten ergab sich fast von selbst aus dem Zwang, grossenteils mit ganz kleinen Substanzmengen zu experimentieren. Dazu kam, dass ein Versuch nicht etwa mit der Isolierung und Identifizierung des Hauptprodukts erledigt war. Jedes Nebenprodukt musste untersucht und auch der Menge nach bestimmt werden. Keine Mutterlauge durfte weggeschuttet werden, bevor man sich uberzeugt hatte, dass sie kein Reaktionsprodukt mehr enthielt. Aus Ton- scherben, die zum Verstreichen olhaltiger Krystalle gedient hatten, musste das verschluckte 0 1 wieder extrahiert und weiter untersucht werden. Losungsmittel, selbst Ather, durften nur unter Verwendung elner Rektifikationskolonne abdestilliert werden, um das Mitreissen fluehtiger Stoffe moglichst zu verhindern. Harze, aus denen auf keine Weise mehr etwas Krystallisierbares herauszuholen war, mussten wenigstens gewogen werden, und es musste schliesslich das gesamte in Arbeit genommene Material in irgendeher Form wieder gefunden werden. Diese Gewohnung an q u a n t i t a t i v e s Arbeiten war nament- lich fiir den spiiter in die chemische Industrie iibertretenden Chemiker von grosstem Wert. Und noch eine wertvolle Eigenschaft lernte der kunftige tech- nische Chemiker vom ganz untechnisch eingestellten Lehrer, niimlieh Sparsamkeit. Bamberger war nichts weniger 81s geizig, erganzte er doch z. B. den Laboratoriumskredit aus der eigenen Tasche, um einen zweiten Privatassistenten anstellen zu konnen. Mit den Mitteln des Laboratoriums aber ging er auf’s haushalterischste um, und nutzlose Verschwendung, selbst in kleinen Dingen, konnte er nicht leiden. Er ging z. B. nie an einem tropfenden Wasserhahn vorbei, ohne ihn zuzudrehen. Ein tuchtiger Schneefall machte ihm die grosste Freude, nicht nur aus wintersportliehem Interesse - er war ein eifriger Rodler - sondern weil das Laboratorium dann fur einige Zeit kein Eis zu kaufen brauchte. Der Schnee musste sauber zusammengeschaufelt und an einer schattigen Stelle zu einem grossen Haufen aufgestapelt werden, der dann oft bis i den n Fruhling hinein vorhielt. Auch Zeitverschwendung war ihrn zuwider. Er gonnte sich und seinen Mitarbeitern wohl eine Erholung am Abend; aber wiihrend der Laboratoriumsstunden musste mit Eifer und ohne Zeitverlust gearbeitet werden, wobei er selbst mit gutem Beispiel voranging. Es ist selbstverstandlich, dass auch alle Vor- sichtsmassregeln getroffen werden musste, urn Material- und Zeit- verluste durch Bruch von GefBssen u. dgl. nach Moglichkeit zu verhuten. Das Erhitzen von Glsskolbea uber freier Flamme hatte stets im Babo’schen Trichter zu erfolgen; zudem musste die ganze Apparatur in einem Steinzeuguntersatz stehen, der bei eventuellem Bruch wenigstens den Hauptteil der Substanz zu retten gestattete. Auch sonst durften dunnwandige GlasgefBsse mit flussigem Inhalt
  • 6.
  • 7. - 649 - nicht direkt auf den Tisch, sondern nur in passende Schalen gestellt werden. Bertige Priiparate waren sofort ,,indie Scheunen zu sammeln“ usw. Auch diese Angewohnung ist manchem Bambergerschuler spater zu gute gekommen. Bamberger’s ausserordentliche wissenschaftliche Fruchtbarkeit mscht es unmoglich, seine Borschungsresultate hier auch nur einiger- massen erschopfend darzustellen. Es sollen nur seine zusammen- hiingenden Hauptarbeitsgebiete und auch diese nur in ihren Haupt- linien im Folgenden besprochen werden. Wer sich niiher dafur interessiert, findet am Schluss dieser Ausfuhrungen ein vollstandiges Verzeichnis von Bamberger’s wissenschaftlichen Publikationen, nach Forschungsgebieten geordnet. Guanidinderivate. Im Anschluss an seine Doktorarbeit beschiiftigte sick Bamberger in seiner Berliner Zeit vorwiegend mit Derivaten des Guanidins und seiner Verwandten, und er hat diese Studien auch in Miinchen fortgesetzt. Entsprechend seiner Neigung fur subtile Struktur- probleme interessierte ihn insbesondere die Konstitution des Dicyan- diamids. An Stelle der cyclischen Baumann’schen Formel (Ia) (die spiiter von KZasonl)und von A . W . 2). Hofmann2)in das Symbol Ib modifiziert wurde) hatte er fur diese Verbindung schon in seiner Dissertation die Formel eines Cyan-guanidins (11) vorgeschlagen, die alle bereits bekannten und die von ihm in der Folge aufgefundenen Umsetzungen dieses Korpers auf die bekannten Reaktionen der CN- und der NH,-Gruppe zuruckzufuhren erlaubt. NH N NH-Cpu’ HN=C/ C=NH H~N-C<~G-NH, HN=C/ I& NH/ Ib I1 NH, Die tatsachliche Existenz ekes Guanidin- und eines Cyanrestes im Dicyan-diamid konnte Bamberger schliesslich nachweisen einerseits durch die reduktive Spaltung dieser Verbindung in Guanidin und Xethylamin, andererseits durch ihre Umsetzung mit Hydroxylamin- chlorhydrat und hachheriges Ansauern, wobei Blaustiure frei wird. Schon vorher war es ihm gelungen, die Formel I b dadurch auszuschliessen, dass er Dicyan-diamid mit Piperidin umsetzte, wobei Piperyl-biguanid entstebt, eine Reaktion, die nach I b nicht zwanglos zu erkliiren wiire. Dieses Piperyl-biguanid gibt mit Chloro- form und Kali oder auch beim Erhitzen mit Ameisenstiure P i p e r y l - f o r m o g u a n a m i n (111). Biguanid selbst liefert bei der gleichen Behandlung F o r m o - g u a n a m i n (IV), bei Ersatz der Ameisensiiure l) J. pr. [2] 33, 126 (1886). 2, B. 19, 2086 (1886).
  • 8. - 650 - durch ihre Homologen die entsprechenden G u a n a m i n e . Es ist daher anzunehmen, dass Biguanid - das (analog der Biuretreaktion) beim Erhitzen von Guanidin-chlorhydrat entsteht - das Zwischen- produkt bei der gewohnlichen Synthese der Guanamine aus fettsauren Guanidinsalzen bildet. NH, NH, I I c C / NqN X N I 1 I t HC C-NCSH,, HC C-X .Z H / ' / 111') N IV N Polycyclische Kohlenwasserstoffe. I) R e t e n C,,Hls. - /CH, CH,/ Y C H - 6 - O C H I n die arg verworrene Chemie des Retens brachte Bamberger zunachst Ordnung durch die Erkenntnis, dass samliche bis dahin ausgefuhrte Analysen von Retenderivaten - auch seine eigenen - wegen der Busserst schweren Verbrennlichkeit dieser Produkte falsch waren. Sobald durch Verbrennung mit Bleichromat im Sauer- stoff strom bei moglichst hoher Temperatur richtige Analysenzahlen erhalten wurden, war der Zusammenhang dieser Derivate unter sich und mit dem Reten unschwer aufzuklaren. Das bis dahin als ,,Dioxy- retisten", C,,H,,O,, formulierte Oxydationsprodukt des Retens erschien jetzt, seiner wirklichen Zusztmmensetzung CI8Hl6O2 ent- sprechend als R e t e n - c h i n o n . Da es alle fur o-Diketone typischen Reaktionen zeigt - Bamberger fand bei diesem Anlass die nach ihm benamte F a r b r e a k t i o n d e r o - D i k e t o n e - muss es ein o-Chinon sein wie dss Phenanthren-chinon, mit dem es in allen seinen Umsetzungen eine auffallende Ahnlichkeit aufweist. Wie man Phenanthren-chinon nacheinander in Diphenylen-glykolsaure, E'luo- renon, Fluoren-alkohol und Fluoren iiberfiihren k a m , erhalt man aus Reten-chinon bei gleicher Behandlung genau entsprechende Pro- dukte, die sich von den Phenanthrenabkommlingen durchwegs durch den Xehrgehalt von C,H, unterscheiden und sich in jeder Beziehung wie ihre Homologen verhalten. Durch AufklBrung der Konstitution zweier durch Oxydation des Reten-chinons erhdtlicher Ssuren als Oxy-isopropyl-fluorenon-carbonsBure bzw. Fluorenon- dicarbonsaure gelang es Bamberger, den Nachweis zu erbringen, l) VQn Bambergez mit einfachen Bindungen formuliert, um den aromatischen Cha- rakter anzudeuten.
  • 9. - 651 - dass im Reten-chinon eine Isopropyl- und eine Methylgruppe die Seitenketten bilden. Reten ist demnach I s o p r o p y l - m e t h y l - p h e n a n t h r e n . Die Stellung der beiden Seitenketten ist von Bamberger nicht bestimmt, sondern erst vie1 spater festgestellt wordenl). 2) F i c h t e l i t C18H3z. Diesem in Torfmooren meist neben Reten vorkommenden, chemisch Busserst schwer angreifbaren Kohlenwasserstoff konnte Bamberger durch Dehydrierung mit Jod 2 Wasserstoffatome ent- ziehen. Das so entstehende 0 stimmt in seinen Eigenschaften 1 uberein mit dem von Liebermam und SpiegeP) kurz vorher durch Hydrierung von Reten dargestellten Dodekahydro-reten. Obschon ein strenger Beweis der Identitat beider Produkte wegen ihrer wenig charakteristischen Eigenschaften nicht erbracht ist, erscheint es sehr wahrscheinlich, dass Fichtelit als P e r h y d r o - r e t e n aufzu- fassen ist. I n obereinstimmung mit dieser Annahme ist sp&ter Ruzicka, BaZas und Schinz3) die Dehydrierung des Fichtelits zu Reten gelungen. 3) Chrysen C,,H,, und 4) P i c e n C2zH,4 geben beide durch Oxydation die entsprechenden Chinone, die, wie Reten-chinon, in ihrem ganzen Verhalten dem Phenanthren-chinon vollig analog sind. Der Mehrgehalt von C4Hz bzw. C8H4 deutet auf die Angliederung eines bzw. zweier weiterer Benzolringe. I n der Tat konnte Bamberger Chrysen-chinon zu #?-Phenyl-naphtalin, Picen-chinon zu /?, /l’-Dinaphtyl abbauen. Damit ist die Konsti- tution des Chrysens als B e n z o - p h e n a n t h r e n , des Picens als D i b e n z o - p h e n a n t h r e n bewiesen. Dass die CH=CH-Briicke in die a-Stellung des bzw. der Naphtalinkerne eingreift, ist von Bamberger als wahrscheinlich angenommen, spater fur das Chrysen von Graebe4): fur das Picen von H i m 5 ) bewiesen worden. 5) P y r e n C,,H,,,. 1) Bucker, Am. SOC. 32, 374 (1910). 2, B. 22, 780 (1889). 4, B. 29, 826 (1896). 3, Helv. 6, 692 (1923). 5, B. 32, 3341 (1899).
  • 10. - 652 - Auch dieser Kohlenwasserstoff gibt bei der Oxydation mit Chromsiiure ein Chinon, das jedock nicht die Eigenschaften eines o-Diketons zeigt. Durch weitere Oxydation entsteht unter Einbusse eines C-Atoms eine Monoketondicarbonsiiure, die sich nach Ab- spaltung der Carboxylgruppen zu Naphtalsiiure, direkt zu N a p h - t alin- t e t r a c a r b o n s a u r e oxydieren lasst. Durch die Synthese der Naphtalsiiure aus 1,8-Nitronaphtoesaure bewies Bamberger die 1,8-Stellung der beiden Carboxyle. Von ibm ruhrt auch die Er- kenntnis von den besonderen Eigenschaften dieser Stellung und ihre Benennung als ,,Peristellung" her. Die erwahnte Naphtalin- tetracarbonsiiure gibt, ganz analog der Naphtalsaure, ein Di-anhydrid und ein iiusserst bestandiges Di-imid, muss also siimtliche 4 Carboxyl- gruppen in den Peristellungen enthalten. Aus all diesen Eigenschaften ergibt sich fur das Pyren die Formel eines Naphtalins, dem in 1,8- und 4,5-Stellung je ein weiterer Benzolkern aufgepfropft ist. Hydrierung mehrkerniger arornatischer Verbindungen. Fur eine beabsichtigte, dann aber nicht ausgefuhrte Unter- suchung brauchte Bamberger die beiden Aldehyde des Naphtalins. Er stellte sie dar aus den beiden Naphtonitrilen nach der Reaktions- f olge : h'H, SH Zn-Staub HNO, C,,H,.CN + - C,,H,.CSNH, -- C,OH;*CH,NH, C,,H;. CH,OH -CrO p C,,H, .CHO Beim Versuch, die als zweites Zwischenprodukt dieser Reihe auf- tretende Aminobase durch direkte Reduktion der Naphtonitrile mit Natrium und Alkohol zu erhalten, zeigte sich, dass bei dieser Be- handlung wohl die CN-Gruppe zu CH,NH, hydriert wird (wie in der Benzolreihe), dass aber gleichzeitig (abweichend von der Benzol- reihe) 4 weitere Wasserstoffatome in den Naphtalinkern eintreten. Diese Beobachtung war der Ausgangspunkt einer umfangreichen Reihe von Untersuchungen iiber die Hydrierung von Derivaten des Naphtalins und anderer mehrkerniger aromatischer Verbindungen, die - gewissermassen als Ergiinzung und Erweiterung der zum Teil gleichzeitigen Arbeiten v. Baeyer's iiber die hydrierten Terephtal- ssuren - zu grundlegenden Schlussen iiber die Natur der aroma- tischen Bindung und besonders iiber die Struktur der polycyclischen Verbindungen fuhrten. Die wesentlichen Resultate dieser Unter- suchungen sind folgende : Amino- und Oxyderivate des Naphtalins nehmen ganz all- gemein bei der Behandlung mit metallischem Natrium in siedendem Amylalkohol 4 - und nur 4 - Atome Wasserstoff auf, und zwar stets alle 4 im gleichen Kern. Dabei erfolgt die Hydrierung bei den a-Derivaten ausschliesslich im nicht substituierten Kern, wghrend
  • 11. - 653 - bei den p-Derivaten Gemische von je zwei Hydrierungsprodukten entstehen, in denen in der Regel (die Dialkyl-p-naphtylamine bilden die Ausnahme) das im substituierten Kern hydrierte weitaus uber- wiegt. Die tetrahydrierten Naphtalinderivate zeigen nun - was bei ihrer Entdeckung sehr uberraschend war - ganzlich verschiedene Eigenschaften, je nachdem die Wasserstoffaddition im substituierten oder im nicht substituierten Ring erfolgt ist. I m erstern Fa11 ist eine Substanz von gesattigt aliphatischem Charakter trotz cyclischem Bau entstanden, wofiir Bamberger den Namen ,,alicyclisch" (abgekurzt ,,ac.") einfiihrte. Ac-Tetrahydro-naphtylamin ist dem- nach eine starke Base, die Lackmus blaut, Kohlendioxyd aus der Luf t anzieht und mit Mineralsiiuren neutral reagierende Snlze gibt. Durch salpetrige SBure wird sie nicht diszotiert; sie liefert vielmehr ein bestandiges Nitrit, das sich ohne Zersetzung aus kochen- dem Wasser umkrystslllisieren lasst. Mit Diazoverbindungen ent- stehen keine Azofarbstoff e, sondern Diazoaminoverbindungen. Ganz analog besitzen die ac-Tetrahydro-naphtole keinerlei Naphtol- eigenschaften mehr : sie verhalten sich vollkommen als sekundare aliphatische Alkohole. I m Gegensatz hiezu bleibt bei Hydrierung im nicht substi- tuierten Kern der aromatische Charakter erhalten: , , a r o m a t i s c h e " (ar.) Hydrierung. So lassen sich die ar-Tetrahydro-naphtylamine diszotieren und andererseits zu Azofarbstoffen kuppeln; ebenso behalten die ar-Tetrahydro-naphtole ihren phenolischen Charakter bei. Besonders anschaulich ist das Verhalten der in beiden Kernen substituierten Naphtalinderivate, deren Hydrierungsprodukte gleich- zeitig aliphatischen und aromatischen Charakter besitzen. So lasst sich im Tetrahydro-1,5-naphtylendiamindie eine Aminogruppe diazotieren, worauf der Diazorest in iiblicher Weise gegen OH, Halogen, CN, NRNH2, H usw. ersetzt werden k a m , wiihrend die andere Aminogruppe all diese Umsetzungen unverandert iibersteht. Durch die zuletzt angedeutete Reaktion gelangte Bambeqer zu dem direkt nicht erhaltlichen ac-Tetrahydro-a-naphtylamin. Neben- bei sei erwahnt, dass ihm auch die Aufspaltung des Tetrahydro- 1,5-naphtylendiamins in seine optisch aktiven Komponenten ge- lungen ist. Wenn auch bei der ar-Hydrierung der aromatische Charakter gewahrt bleibt, zeigen die hydrierten Verbindungen bei genauereh Vergleich doch gewisse Unterschiede gegeniiber ihren Stammkorpern ; bei denjenigen Reaktionen, die in der Naphtalinreihe anders als in der Benzolreihe verlaufen, schliessen sich die ar-Tetrahydroderivate den Benzol- und nicht den Naphtalinderivaten an. ar-Tetrahydro- naphtalinderivate sind also keine Naphtalin-, sondern Benzol- abkommlinge mit aliphatischer Seitenkette. Damit steht auch in
  • 12. - 654 - Einklang, dass die Hydrierung nach Aufnahme von 4 Wasserstoff- atomen zum Stillstand kommt : der jetzt gebildete Benzolkern ist durch Natrium und Amylalkohol nicht hydrierbar. Dementsprechend nehmen Anthracenderivste unter den Be- dingungen, unter denen Naphtalinabkommlinge tetrahydriert werden, nur 2 Wasserstoffatome auf, und zwar im mittleren Kern. Dadurch werden die beiden Bussern Kerne erst zu echten Benzolkernen : Dihydro-anthrol und Dihydro-anthramin verhalten sich ganz wie Phenol und Anilin, wahrend Anthrol und Anthramin selbst stark abweichende Eigenschaften besitzen. Die in der Naphtalinreihe gemachten Erfahrungen wiederholen sich in vollem Umfang, zum Teil noch mit grosserer Deutlichkeit, bei Chinolin-, Isochinolin- und Naphtochinolinderivaten. Auch hier wird jeder Kern, der 4 Wasserstoffatome aufnimmt, in seinen Eigen- schaften zu einer aliphatischen Seitenkette, wahrend der nicht hydrierte Rest den Charakter des entsprechenden aromatischen Systems annimmt. So reagiert im Pyridinkern tetrahydriertes Chinolin wie ein monoalkyliertes und in o-Stellung substituiertes Anilin. Da der hydrierte Kern Seitenkettencharakter hat, ist die Zahl seiner CH,- Glieder fur die Eigenschaften der Verbindungen von untergeordneter Bedeutung: Py-Tetrahydro-chinolin ist dem Dihydro-methyl-ketol chemisch Siusserst ahnlich ( ,,a l i c y clis c h e Homologie"). M'iihrend die Substitutionsprodukte des Naphtalins meist direkt tetrahydriert werden, ist es beim Naphtalin selbst leicht, die Dihydrostufe festzuhalten. Als Anrtlogon des h h y l e n s addiert das Dihydro-naphtalin Halogene und unterchlorige Silure zu Di- halogen-, bzw. Chloroxy-tetrahydro-naphtalin.Aus dern Chlorhydrin lassen sich die dem khylenoxyd und dem hhylenglykol analogen Verbindungen und aus diesen weiter durch A1 kalien, je nach den Versuchsbedingungen, ein isomeres Glykol, Dihydro- p-naphtol oder B-Keto-tetrahydro-naphtalin, durch Amine Aminoalkohole erhelten. Die von Bamberger in seinen Hydrierungsarbeiten festgestellten Tatsachen schienen ihm durch keine der bis dahin vorgeschlagenen Naphtalinformeln befriedigend erklart zu werden. Die Kekuld'sche, die zwei Benzolkerne zusammenschweisst, gibt keine Erklarung fur die Versehiedenheiten zwischen Benzol- und Naphtalinderivaten und fur das Verschwinden dieser Unterschiede bei der Hydrierung des einen Kerns. Andere, wie die von Claus, die nur dem einen Kern Benzolstruktur zuerteilen, im andern andere Bindungsver- KMtnisse annehmen, stehen im Widerspruch zur Symmetrie der Naphtalinmolekel und zur Gleichwertigkeit ihrer beiden Kerne, die Bamberger durch Atherifizierung von 2,?'-Dioxynaphtalin mit alkoholischer Schwefelsaure bewies, wobei beide Hydroxyle gleich- artig - und zwar nach Art von Naphtolhydroxylen - und gleich- zeitig reagieren. Den besten Ausdruck fur die von ihm ermittelten Gesetzmgssigkeiten erblickte Bamberger in der Ubertragung der
  • 13. - 655 - kurz vorher von Armstrong und von D. Bueyer fur das Benzol vor- geschlagenen ,,centrischen" Formel auf das Naphtalh und die andern polycyclischen, aromatischen (auch heterocyclischen) Systeme gemhss den Schemata: pol QQ AAA I> <> <> <I VVV C$> A h / / / ' , Naphtalin Anthracen Chinolin Acridin <I> Phenanthren, Xaphtochinolin In diesen Formeln erscheht nun tatsschlich kein fertig gebil- deter Benzolkern; dieser entsteht vielmehr erst, wenn durch Hy- drierung des oder der andern Kerne die centrischen Bindungen der letzteren frei werden oder, wie sich Bamberger ausdruckt, von poten- tiellen zu aktuellen Valenzen werden. Andererseits kommt auch die Gleichwertigkeit der beiden Kerne des Naphtalins zum Ausdruck. Fur diese Formulierung hat sich Bamberger lebhaft eingesetzt und im Zusammenhang damit auch fur die centrisehe Formel des Benzols (die ,,Kartoffelformel" pflegte er sie zu nennen, weil im Modell, das er in der Vorlesung benutzte, die centrischen Valenzen durch eine Kartoffel zusarnrnengehalten wurden). Er hat in der Folge auch fur die fiinfgliedrigen Ringsysteme mit aromstischem Charskter (Pyrrol, Thiophen, Furm, Imidazol, Pyrazol etc.), ebenso fur mehr- kernige Syst'eme wie Indol, Benzimidazol etc. analoge Formeln vorgeschlagen, in denen zwei centrisehe Valenzen an e i n Hetero- atom (N, 0, S , Se usw.) gebunden sind, dss dadurch in den 5- bzw. 4-wertigen Zustand ubergeht. Diese Auffassung stutzte sich vor allem auf die auffallenden Eigenschaften der NH-Gruppe in Pyrrol-, Indol- und Imidazolderivaten (sehr geringe Basizitiit, fehlendes Additionsvermogen fur Halogenalkyle, fehlende oder mangelhaf te Nitrosierbsrkeit und Acylierbarkeit), die bei partieller oder g&nz- licher Hydrierung des Heterorings sprungartig verschwinden. (Vgl. auch nhchsten Abschnitt.) Bei allen Diskussionen iiber diese Formulierungsfragen betont Bumberger immer wieder, dass man eine Formel nicht ,,beweisen" konne und dass man nicht von ihrer ,,Richtigkeit", sondern nur von ihrer ZweckmHssigkeit sprechen sollte, da sie immer nur ein mehr oder weniger genaues und vollst&ndiges,aber nie vollkommenes Abbild der Eigenschaften der betreffenden Substanz geben konne. Er kam sphter immer mehr zur Ansicht, dass auch die centrischen Formeln nicht allen Anforderungen entsprechen und dass uberhaupt nach dem damatligen Stande der Kenntnisse keine allseitig befrie- digende Benzolformel aufgestellt werden konne. In der Vorlesung behandelte er dementsprechend die veracbiedenen Benzolformeln a h
  • 14. - 656 - gleichberechtigt. Als dann Thiele seine Partialvalenzformel in Vorschlag braehte, hat sie Bamberger als E'ortschritt begrusst und vielfach beniitzt, ohne jedoeh auch sie sls einzig bereehtigt anzu- sehen. Benzimidazole. Zur Stiitze der von ihm vogeschlagenen ,,centrischen" Formeln fur heterocyclische fiinfgliedrige Ringsysteme fiihrte Bamberger eine Reihe von Untersnchungen iiber Benzimidazole durch, die im wesentlichen folgendes ergaben : Die Benzimidazole sind starke, aber nur einsaurige Basen; ebenso addicren sie nur ein $101. Alkylhaloid. Also hat nur das eine N-Atom basische Eigenschaften, wahrend die Imidgruppe schwach sauren Charakter hat. Sie lasst sich auch nicht nitrosieren und nur sehr schlecht acylieren. Dagegen wird der Imidwasserstoff leicht durch Chlor ersetzt. Dieses Chlor ist wie in andern Chlorimiden sehr beweglich; es kann als solches wieder abgespalten werden, oder es wandert in den Benzolkern. Die Hydrierung der Benzimidazole ist nicht gelungen. Eine a-stiindige Methylgruppe im Benzimidazol zeigt gegeniiber Benzaldehyd und Phtalsaure-anhydrid, nicht nber gegen Chloral, die gleiche Reaktionsfahigkeit wie irn Chinolinring. Isochinolins ynthesen. Die beim Dihydro-naphtalin leicht gelingende Addit,ion yon unterchloriger Slure suchte Bamberger auch beim B-Naphtochinon durchzufuhren. Die Reaktion verlauft bier jedoch ganz anders, indem je nach den Bedingungen entweder Isonaphtusrin (= Dioxy-naphtochinon) oder Oxy-dihydro-isocumarincarbonsaure(V) entsteht, die leicht unter Verlust von Wasser in Isocumarincarbonsilure (VI) iibergeht. Letztere, sowie das durch Kohlendioxydabspaltung daraus erhaltliche Isocumnrin (VII), rensicren auffallend leicht mit Ammoniak schon in der Kalte unter Bildung von Isocarbostyril- carbonsiiure (VIII), bzw. Isocarbostyril (IX), dessen Konstitution durch seine Redu- zierbarkeit zu Isochinolin ( X ) bewiesen wird. Durch heisse, konz. Natronlauge wird Isocumarincarbonsaure zu o-Toluylslure und Oxelsaure gespaltcn. A H I V H OH VI VII IS y Isochinolin entsteht auch, s t a t t des envarteten Chinolins, durch Behandlung von Zimtaldoxim mit Phosphorpentoxyd, wobei offenbar dem Ringschluss eine Becknznnn- sche Umlagerung vorausgeht. Gemischte Axoverbindungen. Die Beobachtung, dass Dihydro-naphtol mit Diazoverbindungen zu reagieren vermag, veranlasste Bamberger, die Umsetzung von
  • 15. - 657 - Diszok6rpern mit aliphatischen Ketonen und andern kupplungs- f Bhigen Verbindungen der Fettreihe, die er friiher schon gelegentlich hearbeitet hatte, eingehend zu studieren. Es war damals durch Arbeiten von V . Meyer') und Mitarbeitern schon bekannt, dass Substanzen mit der Atomgruppierung CO-CH,-CO sich mit Diazoverbindungen in Bquimolekularem Verhaltnis zu gelben Pro- dukten vereinigen konnen, die von ihrem Entdecker 81s Azokorper, von Bumberger als Hydrazone aufgefasst wurden; Z. B. : CH,-CO-CH,-COOCPH, + CGHSXZOH == CH,-CO-CH-COOC,HS + HTO I N=K-C,H, 4.f CH3-CO-C-COOCiH5 N-PU'H-C,jH, Bumberger fand zunachst, dass einerseits aueh sliphatische Moiio - ketone mit Diazoverbindungen reagieren konnen, sofern sie die Gruppierung CO-CH, (bzw. COH =CH) enthalten, und dass anderer- seits die bereits bekannten Einwirkungsprodukte von' Diszover- hindungen auf 1,3-Diketone einer weiteren Umsetzung mit Diazo- verbindungen fahig sind, wobei vielfach aus ganz verschiedensrtigen Ausgangsmaterialien identische Endprodukte entstehen. Die an einer grossen Zahl von Beispielen durchgefiihrte Untersuchung deckte im wesentlichen folgende Gesetzmiissigkeiten auf : Aldehyde und Ketone, in denen die CO-Gruppe direkt mit einer unsubstituierten nifethylgruppe verbunden ist und die die Gruppierung C - HC OC , O nicht enthalten, reagieren sofort mit 2 $101. Diazoverbindung, die beide in die gleiche, dem CO benach- barte CH,-Gruppe eingreifen: K= PI'CeH, Z. B. : 1) CH3-CO-CH, + 2 C,H,&OH = CH,-CO-C/ + 2 H,O K-NH-C,H, Aceton Diazobenzol Formazyl-methyl-keton Fiir den bei all diesen Umsetzungen auftretenden Rest fiihrte Bumberger den Namen ,,Formazyl" ein; das BUS Aceton entstehende Produkt ist demnach ,,For ma z y l - me t h yl - k e t o n " Die so gebildete Verbindung kann unter geeigneten Bedingungen noch mit einer dritten Molekel Diazobenzol reagieren unter Ab- spaltung des mit der Formazylgruppe verbundenen Restes in Form der entsprechenclen Siiure : l) B. 10, 2075 (1877). 52
  • 16. N=R’C,H, ,N =NC6H5 2) RCO-C/ + CeHSNzOH = RCOOH + C,HJ=N-C %--NHc,H, %-XHC~H~ Phenyl-azo-formazyl Das Endprodukt ist also P h e n y l - a z o - f o r m a ’ z y l , gleichgultip -on welchem Keton man ausgegangen ist. 1st die dem Carbonyl benachbarte, reaktionsftihige Gruppe nicht CH,, sondern CH,, so reagiert zunfichst, wie zum Beispiel beim Acetessig-ester, nur eine Molekel Diazoverbindung nnter Bilitung eines Hydrazonderivates : RI-CO-C-R 3) R,-CO-CHZ-R + C6H,?;ZOH == ‘I + HsO S-NHCaH, I n essigsaurer Losung hort die Einwirkung damit auf, in alkzllischer Fliissigkeit aber geht die Umsetzung weiter. Es tritt, sofern R, aliphatischer Natur ist, eine zweite Molekel Diazoverbindung ein unter Verdrangung des Restes R,CO in Form der entsprechentlen Carbonsfiure R,COOH ; und das Produkt ist wiederum eine Formazylverbindung, z. B. wenn man von Acetessigester (R = COOC,H,) ausgegangen ist, ein Formazyl-carbonstiure-ester. 1st R ein aliphatischer Siiurerest (R,CO-), so kann sich in Htzalkalischer Losung noch die clurch Gleichung 2) dargestellte Reaktion anschliessen, wobei das End- produkt auch hier Phenyl-azo-formazyl ist. 1st R, ein Benzolkern, dann bleibt Reaktion 4) aus. Wean aber gleichzeitig R ein ali- phatischer Sfiurerest ist (R,CO-), kann dieser durch eine zweite Xolekel Diazoverbindung verdrhngt werden : 5) Aryl-CO-GCOR, Aryl-CO-C-N=P;-C,,H5 I1 + C6H,N;OH = I/ + R&OOH K-NHC6H5 N-NHCGH, Es bilden sich dann Formazyl-aryl-ketone, die dem Formazyl- methyl-keton durchaus analog sind. 1st R eine freie Carboxylgruppe, so wird diese schon bei der Einwirkung der ersten Nolekel Diazoverbindung als Kohlendioxytl nbgespalten. So erhalt man z. B. aus freier Acetessigsgure und Diazo- benzol in essigsaurer Losung Brenztraubenaldehyd-phenylhydrazon, i n sodaalkalischer Losung, wobei 2 Mol. Diazoverbindung zur Ein- wirkung gelangen, Formazyl-methyl-keton. I n Btzalkalischer Losung kann letzteres sodann durch weitere Einwirkung von Diazobenzol noch in Phenyl-azo-formazyl iibergehen. Enthalt die reaktionsfahige Gruppe nur 1 H-Atom, wie bei den Alkyl-acetessigestern, so kann schon die erste MolekelDiazoverbindung
  • 17. - 6.59 - nur unter Abspaltung eines Siiurerestes aufgenommen werden ; es entstehen bei dem gensnnten Beispiel Hydrazon-brenztrauben- sLure-ester neben EssigsLure. Das Verhalten der ,B-Ketosauren und ihrer Derivate gegen Diazoverbindungen entspricht also vollig den als Keton- und Siiurespaltung bekannten Reaktionen dieser Korper- klasse. t W e die Ketonverbindungen mit der Gruppe CO-CH, oder CO-CH,-CO bei erschopfender Behandlung mit alkalischem Diazobenzol schliesslich Phenyl-azo-formazyl liefern, ist das End- glied der Einwirkung bei Korpern mit dem Komplex co-c€r,-cH,-co (wie z. B. L%vulinsaure, Hydrochelidonsiiure etc.) das Diformazyl C,H,N= N , ,N= ?JC,H5 c6H,xH-#%-;VHC,Hj Ahnlich wie die 1,3-Diketone zeichnen sich auch die Nitro- psraffine oder richtiger die Isonitropara,ffine (von Bamberger als Xi t r o n s a u r e n bezeichnet) durch grosse Reaktionsfiihigkeit gegen- iiber Diazoverbindungen &us1). WSihrend aber Nitroiithan nur von besonders energisch kuppelnden Diazoverbindungen 2 Mol. zu Disazoderivaten aufzunehmen vermag, sonst sber selbst slkalisch mit nur einem 8101. Diazoverbindung zu Nitro-acetaldehyd-aryl- hydrazonen reagiert, erhSilt man aus Isonitro-methan nur d a m a18 Hauptprodukt das Nitro-formaldehyd-phenylhydrazon, wenn man in mineralsaurer Losung arbeitet. I n essigsaurem oder alkalischem Medium reagiert ausserordentlich leicht eine zweite Molekel Diazo- verbindung unter Bildung von Ni t r o - f o r m a z y 12), das die typischen Eigenschaften der Formazylverbindungen zeigt und das seinerseits noch eine dritte Molekel Diazokorper aufnehmen und in Phenyl- azo-formazyl iibergehen kann : N=X-C,H, HOON=CH, -+ O,?;CH=N-KH-C,H, __f 02N-C< -+ N-NH-C,H, Isonit,romethan Nitrof ormaldehpd- Sitro-formazyl phenylhydrazon Phenyl-azo-formazyl Xeben diesen Hauptprodukten entstehen in untergeordneter Nenge eine ganze Rcihe andcrer Substanzen, d s die Diazoverbindung in diesem Falle nebenbei W t e r Abspaltung von Stickstoff phenylierend wirkt und auch diese Realrtion sich mehrmals wiederhoIen kann. I) V . illeyer und G. Ambiihl, B. 8, 551 (1875). Dieser Korper ist schon von Friese (B. 8 1078 (1855)) , erhalten, aber fiilschlicher- weise als ~itrornet.hyl-azo-pheny1aufgefasst worden.
  • 18. - 660 - Das aus Phenyl-nitromethan und Diazobenzol erhiiltliche Fiitro- hydrazon lass t sich auch durch Einwirkung von nitrosen Gasen auf in Eisessig gelostes Benzaldehyd-phenylhydrazon herstellen (Beweis fiir die Hydrazonstruktur). Das aus Diazobenzol und Nitromethan in mineralsaurer Losung entstehende Nitro- formaldehyd-phenylhydrazon tritt in zwei als cis-trans-Isomere aufzufassenden Formen auf. Es ist, wie Nitromethan selbst, eine Pseudosaure, als freier Nitrokorper wohl als Hydrazon, in Form seiner Salze als Azokorper zu formulieren. Sein Natriumsalz wird von Illcthyljodid am Stickstoff methyliert, wiihrend der freie Nitrokorper mit Diazo- methan einen sehr unbestandigen O-Ester gibt. Die durch ihre intensive Rotfarbung und ihre gute Iirystalli- sationsfahigkeit ausgezeichneten, mannigfacher Umsetzungen fahigen und durch ihre Neigung zum Ubergang in heterocyclische Ring- systeme interessanten Formazylverbindungen, die gleichzeitig und unabhangig auch von v. Pechmann auf anderem Wege erhalten wurden, sind mit des letzteren Einverstandnis von Bamberger ein- gehend studiert worden, ebenso die durch Reduktion daraus ent- stehenden, den Amidoximen analogen A m i d r a z o n e und im Zu- sammenhang damit auch A r y l - a z o - a l d o x i m e . Auf diese Unter- suchungen hier niiher einzugehen, verbietet der zur Verfiigung stehende Raum. Diaroverbindungen. Bei den Untersuchungen iiber gemischte Azoverbindungen hat sich herausgestellt, dass die Einwirkung alkalischen Diazobenzols auf aliphatische Aldehyde und Ketone zu Hydrszonen fuhrt, wenn die Moglichkeit d a m besteht. Dieses Verhalten legte die Vermutung nahe, dass Diazobenzol dabei i n Form des Nitrosamins C,H,NHNO, nicht ah C,H,N(NOH) reagiert. Bur Priifung dieser Annahme begann Bamberge.er seine ausgedehnten Studien iiber die Konstitution der Diazoverbindungen. Zunachst untersuchte er das Verhalten von Diazobenzol gegen Oxydationsmittel in alkalischer Losung. Er erhielt dabei, neben geringen Mengen von Nitrosobenzol (das bei diesem Anlass zum ersten Male in Substanz isoliert wurde), Nitrobenzol, Azobenzol, Diphenyl und noch andern Verbindungen, als Hauptprodukt einen Stoff saurer Natur, den er als , , D i a z o b e n z o l s & u r e " bezeichnete. Die gleiche Substanz entsteht durch Einwirkung von Stickstoff- pentoxyd oder von Nitrylchlorid auf Anilin oder bequemer durch Anhydrisierung von Anilinnitrat nlit telst Essigsaure-anhydrid ; gegen Alkalien sehr bestiindig, wird sie durch Sauren leicht zu o- uncl p-Nitranilin umgelagert j mit Chlorkalk gibt sie ein Chlorimid, das sich sehr leicht xu 2-Chlor-4-nitranilin und 4-Chlor-2-nitranilin isomerisiert. Nach diesem ganzen Verhalten ist die neue Same als das noch unbekannte N-Nitranilin oder P h e n y l - n i t r a m i n C,H,NH-NO, anzusprechen. Bei der Methylierung entsteht je
  • 19. - 661 - nach den Bedingungen entweder ein der Stammsubsta,nz durchaus analoges, als N-Methylderivat aufzufassendes Produkt otler aber ein sehr zersetzlicher, ganz abweichende Eigenschaften aufweisender Ester, der nur ein O-Ester sein kann und der sich von einer tauto- meren Form 0 C,H,N=NA OH sbleiten muss. Nach Untersuchungen von Hc~ntzsch liegt diese tautomere Form auch den Salzen der DiazobenzolsBure zu Grunde. Ganz analoge Verbindungen entstehen im allgemeinen durch Oxy- dation anderer Diazoverbindungen. Bei der Ubertragung dieser Reaktion auf die diazotierten Xaphtylamine zeigte sich jedoch, dass neben den Naphtyl-nitraminen ein urn die Elemente des Wassers airmeres Oxydationsprodukt ent- stand, das als 1,2-, bzw. 2,l-Naphtalen-diazoxyd oder nach neuerer , Formulierung als , - N a p h t o c h i n o n - C( - bzw. B - d i a z i d identi- 8 fiziert werden konnte. Neben diesen Oxydationsprodukten fand sich noch eine dritte Substanz vor, die ohne Mitbeteiligung des Oxy- tlationsmittels durch die blosse Wirkung des Alkalis aus den Diazo- verbindungen entstanden sein musste. Ihre Alkalisalze zeigten die gleiche Zusammensetzung C,,H,N,OMe wie die gewohnlichen Di- azotate, unterschieden sich aber von ihnen durch ihre ausserordent- liche Bestandigkeit und durch ihre Unfahigkeit, mit alkalischen Naphtollosungen sofort zu kuppeln. Beim Behandeln mit SBuren verwandeln sie sich in die ursprunglichen Diazoverbindungen zuriick und zeigen d a m wieder die iiblichen Kupplungsreaktionen. Mit tlieser Beobachtung hatte Bnmberger die I s o d i a z o t a t e entdeckt, die gleichzeitig und unabhangig von ihm beim p-Nitro-diazobenzol von Schraube und Schmidtl) und von 2). Pechmann und Probenius2) aufgefnnden wurden. Von allen drei Entdeckern wurden die neuen Isomeren der Diazoverbindungen als die lange vermuteten primiiren Sitrosamine R-NH-NO aufgefasst, wobei jedoch wegen der Rildung von zwei verschiedenen Nethylestern, ahnlich wie bei der DiazobenzolsSure, die Reaktionsfahigkeit in einer tautomeren Form wie R-N=NOH in Erwiigung gezogen wurde. I n diesem Punkte griff Hantxsch ein, der die Unterschiede zwischen normalen und Isodiazotaten in Analogie zu den VerhLltnissen bei den Oximen auf Stereoisomerie zuruckfiihrte : die reaktionsfahigeren n-Diazo- verbindungen sollten die Syn-, die stabileren Isodiazotate die Anti- konfiguration darstellen. Gegen diese Auffassung wandte sich Bamberger mit grosser Entschiedenheit. Ohne die M o g l i c h k e i t einer Stereoisomerie zu bestreiten, hielt er die Hantxsch’sche Theorie l) B.-27, 514 (1894);Ch. Z . 1894, 289. ?) B. 27, 672 (1894).
  • 20. - 662 - fur unbewiesen und fiir unwahrscheinlich, weil die chemischen Unterschiede zwischen n- und Isodiazoverbindungen vie1 grosser seien, als man sie von Stereoisomeren erwarten konne und weil bei keiner Reaktion die beiden Isomeren gleichzeitig entstehen, sofern die gewiihlten Versuchsbedingungen die Umlagerung der einen in die andere Form ausschliessen. Es gelang ihm zuniichst zu zeigen, dass die Struktur der Diazosalze von derjenigen der Isodiazotate auf jeden Fall verschieden sein musse. Er stellte nam- lich fest, dass die Salze der Diazoverbindungen mit starken Mineral- siiuren - entgegen einer Angabe von Griess - in wassriger Losung neutral reagieren, dass sie sich also von einer s t a r k e n Base ab- leiten miissen. Stickstoffbasen erfiillen diese Forderung nach aller Erfahrung aber nur dann, wenn der als Triiger der basisehen Eigen- schaften funktionierende Stickstoff funfwertig ist. Dieser Bedingung entspricht die schon lange vorher von Blomstrund, dann auch von Strecker und von Erlenmeyer vorgeschlagene, aber wieder vollig in Vergessenheit geratene Formel R-NEK I S (I),worin R einen axomatischen Rest und X ein Siiureradikal bedeutet. Diese Formel wurde fur die nunmehr als ,,Diazoniumsalze" bezeich- neten Verbindungen bald allgemein anerkannt Es brauchte langere Zeit und eine Unmenge von Experimenten, bis man sich auch beziiglich der Struktur der Isodiazoverbindungen dahin einigte, dass die freien Isodiazohydrate 81s Nitrosamine primiirer Basen, R-EH-NO (11), die Isodiazotate aber als Salze einer tautomeren Form R--N=NOH (111) aufzufassen seien. Umstritten blieb die Konstitution der n-Diazotate, die Huntzsch als Stereoisomere von 1 1 Bccmberger 1, aber analog der Diazoniumformel I als R-XrN I ONe formulierte, indem er den Einwand, dass eine s t a r k e Base nicht gleichzeitig durch das gleiche Hydroxyl auch ausgesprochen same Eigenschaften zeigen konne, durch Hinweis auf Untersuchungen von Zawidxkil) zu entkrgften suchte. I m Busammenhang mit dieser Kontroverse stehen eine lange Reihe von zum Teil iiusserst subtilen und nicht ungef tihrlichen Experimenten iiber die Einwirkung der verschiedensten Reagentien auf zahlreiche Diazoverbindungen. Davon seien nur erwahnt die Einwirkung von Sulfiten auf Diazoverbindungen, die zu einer be- quemen Darstellungsmethode fur das p - N i t r o - p h e n y 1h y d r a z i n fiihrte, einem zur Identifizierung und Isolierung von Aldehyden B. 36, 3336 (1903): uber den amphoteren Charakter der Kakodylsaure.
  • 21. - 663 - und Ketonen ausserordentlich wertvollen Reagens, und die Uber- fiihrung o-methylierter Diazoverbindungen in I n d e z o le, dereii im Pyrazolkern aminierte Derivate interessante Diazoverbindungen liefern; diese lassen sich namlich i n Form von Anhydriden isolieren, die dem Diezomethan analog sls N oder vx/ zu formuljeren sind. Aryl-hydroxylamine, Aryl-ccdde, Chinole, Aminoxyde, Xitroso-ctwyle. Bei der Oxydation von Diazobenzol in alkalischer Losung konnte Bamberger zum ersten Male das bis dahin nur in Losung bekannte N i t r o s o b e n z o l in Substanz isolieren und naher unter- suchen. Bei der Behandlung dieses Nitrosobenzols mit konz. Salz- saure, sowie bei seiner Reduktion mit Zinkstaub und Schwefelsiiure erhielt er in winziger Menge eine Substanz, die ihren Reaktionen nach das schon lange gesuchte p - P h e n y l - h y d r o x y l a m i n sein konnte. Nachdem er auf diese Substanz aufmerksam geworden war, konnte er sie auch bei der Redukt'ion von Nitrobenzol mit Zinkstaub und Schwefelsiiure oder mit Eisen und SalzsBure nachweisen. I n fassbarer Menge erhielt er den neuen Korper durch Reduktion von Nitrobenzol mit Zinkstaub und Wasser ohne Same. Die Analyse bestatigte die Vermutung, dass Phenyl-hydroxylamin vorliege. Die Reaktion ist eine ganz allgemeine; man erhalt auf gleiche Weise aus Nitromethan das - schon bekannte -' Methyl-hydrosylamin, aus salpetriger oder Salpetersaure Hydroxylamin selbst. Das Phenyl-hydroxylamin war annahernd gleichzeitig mit Bamberger und unabhangig von ihm auf dem gleichen Wege auch von A. Wohl aufgefunden worden, der sich die eventuelle teehnisehe Ausbeutung durch eine Patentanmeldungl) sicherte, die wissen- schaftliche Untersuchung aber Bamberger uberliess. Wohl hatte das Verfahren auch schon verbessert durch Zusatz von Alkoholen und von Salzen wie Calciumchlorid, Magnesiumchlorid oder Zinkchlorid zur Reduktionsflussigkeit. Bamberger erhielt noch bessere Resultate durch Verwendung einer wassrig-alkoholischen Ammoniumchlorid- losung. I n manchen Fallen verlauft die Reduktion glatter und sicherer mit Zinkamalgam und Aluminiumsulfat oder mit amal- gamiertem Aluminium. Die Aryl-hydroxylamine, die gleichzeitig basische und schwach saure Eigenschaften haben, sind ausserst reaktionsfahige Korper. l) D.R.P. 84138 v. 13. 5 . 93.
  • 22. - 664 - I n trockener Form und auch in wiissriger Losung bei Luftabschlush ziemlieh bestiindig, werclen sie bei Luftzutritt in Gegenwsrt von Wusser bald oxydiert unter gleichzeitiger Bildung von Wasserstoff - peroxyd, sie wirken daher sauerstoffaktivierend. Die entstehende Xitrosoverbindung reagiert in den meisten E'iillen sofort rnit noch unverandertem Hydroxylamin zum entsprechenden Azoxykorper. Alkalien beschleunigen die Oxydation ausserordentlich ;in ihrer Gegen- wart geht die zuerst gebildete Nitroso- in Nitroverbindung iiber, mahrend Wasserstoffperoxyd nicht gefunden wird. Durch Alkali- laugen sllein unter Ausschluss von Luft wird Phenyl-hydroxylamin zu Anilin und Azoxybenzol disproportioniert ; alkoholisches Hali fiihrt zur Bildung von Azobenzol. Die eben bescliriebenen Vorgange treten bei sehr vielen Umsetzungen der Aryl-hydroxylamine als Nebenreektionen auf und werden im folgenden nicht mehr speziell ersviihnt werden. Die grosse Reduktionskraft der Aryl-hydroxyl- atmine, z. B. gegenuber kalter Pehling'scher Losung, ksnn zu ihrem Nachweis dienen j durch die verschiedensten Oxydstionsmittel vexden sie zu den entsprechenden Nitrosoverbindungen oxydiert, (lie auf diese Weise leicht zuganglich sind. Salpetrige SBure gibt rnit Aryl-hydroxylaminen N-Nitroso- derivate, die stark saure Eigenschaften hsben. In freiem Zustand zersetzt sich N i t 1: o s o - ph e n y 1- h y d r o x y 1a m i n leicht unter Ab- spaltung von salpetriger SBure zu Nitrosobenzol und Diazobenzol- nitrat nebst andern Produkten. Seine Salze dagegen sind bestiindig ; Eisen(II1)- und Kupfer(I1)-Salze, tief gefiirbt und in Wasser un- loslich, in organischen Solventien loslich, eignen sich zum Nachweis und zur Abscheidung der genannten Metallel). Mit Schwefeldioxyd gibt Phenyl-hydroxylamin ein Gemiscli von Anilin-o-sulfo- &ure und von P h e n y l - s u l f a m i n s a u r e . Letztere wird durch Sauren in der Kilte zu ilnilin-o-sulfosaure umgelagert, die sich in der Hitze weiter zu Sulfonilsaure isomerisiert. Aldehyde liefern im allgemeinen niit Aryl-hydroxylaminen die N-Arylather der Oxime ( I s o a l d o a i m a t h e r , nach Bngeli's neuerer Formulierung ,,Nitrone"); Forni- aldehyd jedoch reagiert mit zwei 3lolekeln Phenyl-hydroxylamin zu Methylen-dioxy- dianilid. Mit Diazoverbindungen geben die Aryl-hydroxylamine A r y l - a z o -h y d r a z o - a n i - l i d e (N-hydroxylierte Diazoaminoverbindungen), die, schwer loslich und gut krystalli- sierbar, mit Kupfer(I1)salzen charakteristisch gefarbte Xiederschlage und mit Eisen- (1II)chlorid intensive Farbungen erzeugen, so dass sie sieh zum Xachweis und zur Ab- scheidung sowohl der Hydroxylamine als auch der Diazoverbindungen eignen. Sie ent- stehen auch &us Nitroso-arylen und Aryl-hydrazinen. Aryl-hydroxylnmine kondensieren sich im allgemeinen sehr leicht mit Xitroso-arylen zu A z o x y v e r b i n d u n g e n . Sind die beiden k y l e verschieden, so entstehen in der Regel nicht gemischte Azoxykorper, sondern Gemische der beiden symmetrisehen Azoxy- derivate: l) Das Nitroso-phenyl-hydroxylamin-ammoniumist von Butnbwger's Schhler 0. Brrudiseh unter dem Namen C u p f e r r o n in die Analyse eingefiihrt worden. Ch. Z . 33, 1298 (1909).
  • 23. - 665 - 2 R-XO + 2 R’-NHOH = R-N,O-R + R’-X,U-R’ Das Aryl-hydroxylamin reduziert also die Kitrosoverbindung zu ihrem Azoxyderivat, indem es selbst zu seinem Azoxykorper oxydiert wird. Mit Anilin tritt Phenyl-hydroxylamin zu 0- und p-Amino-diphenylsmin und zu Benzidin zusammen, mit Phenol analog zu Oxy-diphenylemin und p-Oxy-p’-amho- diphenyl. Die interessantesten Umwandlungen erfahren die Aryl-hydroxyl- amine unter dem Einfluss von Siiuren; diese Reaktionen erkliiren dss vorher schwer verstiindliche Auftreten von Aminophenolen und von halogenierten Aminen, das bei der Reduktion von aromatischen Nitroverbindungen i n saurer Losung unter ’gewissen Umstanden beobachtet wird. WZissrige Schwefelsiiure verwandelt Phenyl- hydroxylamin und seine Derivate mit freier p-Stellung i n p - A m i n o - p h e n o l e , unter UmstBnden neben p-Amino-phenol-sulfostiuren. Manchmal entstehen daneben such o-Aminophenole, die zum Haupt- produkt werden, wenn die p-Stellung durch Halogen besetzt ist. Methyl- und Bthylalkoholische SchwefelsZiure liefern zur Hauptsache p - A n i s i d i n e , bzw. - P h e n e t i d i n e , eventuell neben den o-Ver- bindungen. Diese Umsetzungen sind meistens von der oben er- wiihnten Disproportionierung zu Azoxyverbindung und Amin be- gleitet, und aus letzterem entstehen als Nebenprodukte Amino- diphenylamin; und Benzidinderivate. Halogenwasserstoffsiiuren liefern, meist neben den vorstehend aufgeziihlten Reaktionspro- dukten, zur Hauptsache p - h s l o g e n i e r t e A m i n e , begleitet von geringeren Mengen der o-Verbindung. Bei besetzter p-Stellung wird letztere zum Hauptprodukt. I n beiden Biillen konnen ausserdem in untergeordneter Menge auch m-Halogenaniline entstehen und bei Verwendung sehr konzentrierter Siiuren etwas dihalogenierte neben halogenfreien Basen. Alkoholische Halogenwasserstoffsiiuren er- geben (bei freier p-Stellung) ein Gemisch der genalmten Halogen- aniline mit p- und o-Aminophenol-alkykthern. Wiihrend bei allen vorstehend erw8hnten Umsetzungen irgend- welche Zwischenprodukte nieht gefasst werden konnen, laisst sich, wenn man von p-methylierten Aryl-hydroxylaminen ausgeht, durch Isolierung von Zwischens tufen ein gewisser Einblick in den Jlechanismus der Reaktion gewinnen. Bei Verwendung wiissriger Schwefelsiiure entstehen in diesem Fall uber die unbestgndigen I m i n o c h i n o l e die ebenfalls sehr reaktionsfiihigen, aber in isoliertem Zustand haltbaren C h i n o l e , die beiweiterer Einwirkung der Schwefel- s5Sure - unter Versehiebung des p-stiindigen Methyls in eine Nachbar- stellung - Homologe des H y d r o c h i n o n s liefern. Bei Benutzung slkoholischer Schwefelsiiure bilden sich nacheinander I m i n o c h i n o 1- 15 t h e r und Chin o 1 S t h e r , als Endprodukt schliesslich Homologe . der R e s o r c i n - d i s l k y1 B t h e r
  • 24. - 666 -- -0 + KH3 -+ CH,(ZI)NHOH / 7 Chino1 A‘ --> CH3> / -~ =O+NH,-f RO = Iminochinolather Chinolather OR Die Chinole’), die von Bamberger such durch Oxydation von p-methylierten Phenolen mit Sulfomonopersaure und in einigen Fallen durch Einwirkung von Methylmagnesiumjodid auf Chinone erhalten worden sind, sind durch vielseitige Additionsfahigkeit, sowohl an der Carbonylgruppe als such an der doppelten Bindung, und durch eine starke Neigung zur Riickbildung des echten Benzol- typus ausgezeichnet. Sie sind sehr leicht zu p-methylierten Phenolen reduzierbar. Phenylhydrazin gibt in saurer Losung Phenylhydrazone (XI),die sich jedoch spontan zu Azoverbindungen ( X I I )anhydrisieren. I n alkalischer Losung dagegen wird Phenylhydrazin an der doppelten Bindung addiert zu einem alicyclischen Hydrazin (XIII), das sich sehr leicht zur entsprechenden Azoverbindung (XIV) oxydiert und gleichzeitig z u einem m-Oxyazofarbstoff (XV) anhydrisiert. I n neutraler Losung endlich reagieren zwei 3101. Phenylhydrazin zum CH, OH CH, X XI i /I v Ii -4 S-R’H-C,H~XII PJ=N-c,H, I H’V 11 I XI11 0 XIV 0 XI- OH CH, OH CH, I XVI H’ if ~NHC,H, XVII N=N-C,H, I l) Halogenierte Chinole waren schon friiher von Zirscke und Auwers durch Oxy- dation von Phenolen und Phenolbromiden erhaken und ihre Konstitution wahrschein- fich gemacht worden. Diese meist persubstituierten Derivate weichen jedoch in ihrem Verhalten vielfach von den einfachen Chinolen ab und zeigen eine Reihe von typischen Chinolreaktionen nicht oder nur unvollkommen.
  • 25. - 667 - Phenylhydrazon des vorgensnnten Hydrszinderivsts, d s s intlessen nicht sls solches gefasst werden kann, sondern sich spontan Zuni Dihydrazon (XVI) oxydiert. Letzteres wird durch Wasserstoffionen zu einem Azohydrazon anhydrisiert, das leicht zum entsprechenden m-Disszokorper (XVII) oxydiert wird. I n ahnlicher Weise gibt Hydroxylamin Hydroxylsmino-oxime, die zu Dioximen oxydierbar unit zu m-Diaminen reduzierbar sind. Besonderes Interesse beanspruchen auch hier die Umlagerungen durch Sauren. Wassrige Schwefelsiiure - und auch Natronlauge - isonierisiert die Chinole unter Verschiebung der Methylgruppe in eine benachbarte Stellung zu Hydrochinonen. Alkoholische Schwefel- saure ergibt ein Gemisch von Monoslkyliithern dieser Hydrochinone uncl von Dialkylathern der entsprechenden Resorcinhomologen ; es tauscht also teilweise die Methyl-, teilweise die Hydroxylgruppe ihren Platz, letztere unter gleichzeitiger Alkylierung. Chinolather erleiden eine iihnliche Umwandlung zu Dialkyliithern (neben wenig Monoalkylather) von Homologen des Resorcins und des Hydro- chinons. Bur Erklarung dieser merkwiirdigen Umlagerungen nimmt Bumberger an, dass die Chinole und Chinolather i n wassriger oder alkoholischer Losung in Form ihrer Hydrate (XVIII) (dss 2,4- Dimethyl-chino1 krystallisiert aus Wasser tatsiichlich mit 1Mol. H,O) bzw. Halbacetale ( X I X ) existieren und dass sie weiterhin a n einer Doppelbindung die Elemente dea WasserS, bzw. des Alkohols an- lagern. I m erstern Fall entsteht ein Korper mit der Atomgruppierung -CH(0H)-C(CH3)(OB)- (2. B. XX), in welcher CH,- und OH- Gruppe am benachbarten C-Atom den Plstz miteinander vertauschen, wie dies bei der Umlagerung der Pinakone in Pinakoline geschieht (XXI), worauf das entstandene alicyclische Gebilde unter Ab- spsltung von 2 Mol. Wasser den echten Benzolring zuriickbildet (XXII). 1st an die Doppelbindurlg Alkohol angelagert worden, so erfolgt kein Platzwechsel, sondern direkt Riickbildung des echten Benzoltypus durch Abspaltung von Wasser oder Alkohol (2. B. X X I I I und XXIT7). CH, OH OH OH OH / / A OH OH Q OH OAlk. "'X OH OH C H 3 0 v 1 OH XVIII XIS XS XXI XXII
  • 26. CH, OH S OBlk. v SSITI v ")( CH30/ H' OH OCH, - SSIV v i OCH, XSV 11 NH SSVI / il NH Nach diesen Feststellungen erscheint es hochst wahrscheinlich, [lass bei der Einwirkung yon wkssriger oder alkoholischer Schwefel- siiure auf Aryl-hydroxylamine unter allen UmstBnden Iminochinole (XXV) bzw. IminochinolSther (XXVI) entstehen. 1st in diesen Formeln X = H, so wandert es slsbald an den Stickstoff ,und zwar so schnell, dass das Iminochinol nicht gefasst werden kann und dass es hochstens in ganz untergeordneter Menge Zeit findet, sich zum sekundiiren Chinol zu verseifen, das seinerseits unbestgndig ist und in Hydrochinon iibergeht. Diese Nebenreaktion erklart die tat- siichlich etwa beobachtete Bildnng geringer Mengen von Hydro- chinonen neben p-Aminophenolen. 1st aber X = CH3, so ist seine Wanderung i n die p-Stellung unmoglich ; das Iminochinol wird zum Chinol verseift, das durch die fortgesetzte Einwirkung der SBure schliesslich i n ein Homologes des Hydrochinons iibergeht. Analog entsteht in alkoholischer Losung sus sekundiirem Imino- ehinoliither Aminophenol-alkyliither, aus tertiiirern Iminochinol- Bther aber ChinolQther und tlaraus schliesslich ein Homologes des Resorcin-dialkylathers. Die Entstehung rles Iminochinoliithers wird leiehter verstlind- lich, wenn man die intermedigre Bildung eines unges&ttigten Restes Ar-N < als allererste Reaktionsphase annimmt, die clann durch Anlagerung von Wasser i n Iminochinol, von Alkohol in Iminochinol- ather iibergeht. Diese Hypothese, die yon Bctmberger schon zu einer Zeit aufgestellt wurde, da die ExistenzfEhigkeit freier Radikale noch unbekannt war, erhielt eine starke Stutze durch den von ihm gefiihrten Nachweis, dass die A r y l - a z i d e bei der Einwirkung wassriger und alkoholischer SBuren, aber auch hei vielen andern 'C'msetzungen genau die gleichen Produkte liefern wie die entsprechen- den Aryl-hydrosylamine, mit dem einzigen Unterschied, dass die bei den Ietztern fast immer nebenbei entstehenden Azoxyverbin- dungen hier fehlen, was darauf schliessen lBsst, dass die Aryl-hydroxyl- amine bei diesen Umsetzungen nicht als Zwischenprodukte auf- treten. Es war von vornherein zu erwarten, dass die Aryl-hydroxyl- amine nicht nur bei der Reduktion von Nitroverbindungen zu Aminen, sontlern auch bei der Oxydation der letztern als Zwischen- produkte auftreten, die durch ihre Umlagerung zu p-Aminophenolen
  • 27. - 669 - die Bildung von Chinonen, durch ihre Vereinigung mit unverandertem Amin zu p-Amino-diaryl-aminen die Entstehung von Azophenin u. dgl. vermitteln. Tatsachlich konnte Bamberger bei der Oxydation von Anilin mit freier unterchloriger Saure die Bildung von p-Amino- phenol, Chinon-chlorimid und p-Amino-diphenylamin, bei Anwendung von Permanganat in Gegenwart von Formaldehyd die Entstehung von Azoxybenzol neben Nitroso- und Nitrobenzol nachweisen. Die eminent oxydablen Hydroxylamine selbst zu isolieren, ist natiir- lich sehr schwierig. Aber auch dies ist Bamberger gelungen, als er Anilin mit Sulfornonoperskire unter starker Kiihlung und in Gegen- wart von Ather oxydierte. Nach kurzer Einwirkung lSsst sich in der Atherschicht Phenyl-hydroxylamin nachweisen und mit Diazo- benzol als Phenyl-azo-hydroxy-anilid fallen. Die Vermutung, dass dabei das primare Reaktionsprodukt ein Aminoxyd ,o sei, veranlasste Versuche zur Oxydation tertiarer Amine. I n der Tat geben Dimethyl- und Diathylanilin und viele ihrer Homologen und Derivate (z. B. auch Tetramethyl-diamino-diphenyl- uncl -triphenylmethan und Hexamethyl-triamino-triphenylmethan) mit Wssserstoffperoxyd, besser noch rnit Sulfomonopersaure glatt die entsprechenden A m i n o x y d e , z. B. .O CHNf ' '(CH,), Diese sind schwache, aber immerhin in wassriger Lijsung alkalisch resgierende Basen, die ihren Sauerstoff sehr leicht abgeben und auch zu intramolekularen Umlagerungen neigen. So liefert Dimethyl- anilinoxyd mit Schwefeldioxyd Dimethyl-anilin-o- und -p-sulfosiiure, mit salpetriger Saure 0- und p-Nitranilin. Sekundare Amine sind nicht zu Aminoxyden oxydierbar. Sie spalten bei der Oxydation das Alkyl ab, Monomethyl-anilin z. B. in Form von Formaldehyd, Benzyl-anilin als Benzoesaure, und liefern clann die Osydations- produkte des primairen Amins. Aliphatische Amine verhalten sich bei der Oxydation ver- schieden, je nachdem die Aminogruppe mit einem primHren, sekun- daren oder tertiaren C-Atom verbunden ist. I m letzten Fall gibt Sulfomonopersaure die gleichen Produkte wie bei aromatischen Aminen : Rydroxylamino-, Nitroso- und Nitroverbindung. Bei den beiden andern Gruppen entstehen zunachst Aldoxime bzw. Keto- xime, von denen die erstern zu Hydroxamsauren und zu Nitro- pmaffinen, die letztern nur zu Nitroparaffinen weiter oxydiert werden.
  • 28. - 670 - Xach der Entdeckung der Aryl-hyilroxylamine konnten aueh die bis dahin sehr schwer zugBnglichen N i t r o s o k o h 1e n w a s s e r - s t of f e leicht in grosseren Mengen dargestellt und eingehend unter- sucht werden. Eine weitere Bildungsweise dieser Verbindungen entdeckte Barnberger i n der Einwirkung von Stickstoffdioxyd oder Stickstoffsesquioxyd auf Quecksilberphenyl und seine Homologen. Die bequemste Darstellungsmethode der Nitrosoverbindungen ist die von Caro aufgef undene Oxydation der primiiren aromatisehen Amine mit dem nach ihm benannten Reagens, der Sulfomonoper- sgure. Nach diesem Verfahren sind auch sonst schwer zuginpliche Yitrosoverbindungen leicht erhEltlich, wie z. B. die drei isomeren Xitroso-nitrobenzole. Die Nitroso-aryle sind schon durch ihre physikalisehen Eigen- schaften interessant. I n festem Zustand in der Regel farblos infolge Assoziation, schmelzen sie zu griinen Flussigkeiten und losen sich such i n organischen Losungsmitteln mit gruner Fsrbe. I n einzelnen Fiillen (beim S,6-Dimethyl- und 2,4,6-Trimethyl-nitrosobenzol) sind diese Losungen in der KBlte nur schwaeh gefgrbt und grossenteils bimolekular ; beim ErwLrmen vertieft sich die FBrbung unter ent- sprechender Abnahme des Molekulargewichts. Beim Nitroso-psendo- cumol wurde auch im festen Zustand neben der farblosen eine griine, labile Form beobachtet. Als intermedigre Oxydationsstufen neigen die Nitroso-aryle wie die Aryl-hydroxylamine zur Disproportionierung. Nit Halogen- wasserstoffsiluren geben sie je nach den Versuchsbedingungen als Hauptprodukte halogenierte Azoxyverbindungen oder dihalogenierte Amine. Durch Stickoxyd oder salpetrige SSiure werden sie in Diazo- verbindungen iibergefuhrt. Mit primairen aromatischen Aniinea entstehen in der Regel Azoverbindungen, wodurch die sonst schwer zughglichen u n s y m m e t r i s ch e n Azo k o r p e r erhEltlich werden. I n msnchen ihrer Reaktionen erinnern die Nitroso-aryle an Aldehyde, namentlich in ihrer Neigung zu aldolartigen Konrlen- sationen. So werden Nitrosobenzol und seine Derivate mit freier p-Stellung durch konz. Schwefelsaure schon in cler KLlte momentan in p - N i t r o s o - d i a r y 1- h y d r o x y 1a m i n e OH Ar-N( Ar--SO iibergefuhrt, die saure Eigenschaften besitzen, acylierbar und zu p-Amino-diarylaminen reduzierbar sind und die die Eigenschaften von Hydroxylaminen und von Nitrosoverbindungen in sich ver- einigen. So geben sie mit Schwefeldioxyd (analog Hydroxylaminen) p-Amino-diarylamin-sulfosiiuren, mit Stickoxyd (analog Nitroso- benzol) Diazoniumnitrate der p-Amino-diarylemine. Bei p-suhsti-
  • 29. - 671 - tuierten Nitrosobenzolen tritt neben oder statt ilieser Reaktion o-Kondensation ein unter Bildung von P h e n a z i n - o x y d e n . Anliisslich seiner Hydroxylaminarbeiten machte Bamberger anhand eines umfangreichen experimentellen Materials eine Reihe interessanter Beobachtungen iiber die sogenannte s t e r i s c h e H i n - d e r u n g . WHhrend Phenyl-hydroxylamin susserordentlich leicht mi t Nitrosobenzol zu Azoxybenzol und mit Diazoverbindungen zu Aryl-azo-hydroxy-aniliden zusammentritt, werden diese Reaktionen (lurch 0-,aber auch, wenn schon in etwas geringerem ilIasse, durch p-standiges Methyl stark verzogert, noch mehr durch ein zweites Xethyl in 0- oder p-Stellung. Mesityl-hydroxylamin reagiert unter den ublichen Bedingungen uberhaupt nicht mehr. m-stgndiges Methyl ist fur sich allein ohne Wirkung; es kann sogar den Einfluss einer p-st8ndigen Methylgruppe zum Teil aufheben. Auch von Alkalilaugen werden die o,o-dimethylierten Hydroxylamine lang- samer angegriffen als die andern, von S8uren dagegen vie1 schneller. Auch die Oxydation von Dialkylanilinen zu Dialkyl-anilin- oxyden wird durch ein o-stgndiges Methyl gehemmt, bei Besetzung beider o-Stellungen bleibt sie ganz Bus. Ebenso sind die in beiden o-Stellungen zur Csrbonylgruppe methylierten Chinole unfahig zur Konilensation mit Aryl-hydrazinen. Anthranil. Das Anthranil wurde von PriedEunder und Henriques’) ent- deckt, die es durch Reduktion von o-Nitro-benzaldehyd erhielten und wegen seiner leichten uberfuhrbarkeit in AnthranilsBure durch Laugen und in Acetyl-anthranilsaure durch Essigsiiure-anhydrid als Anhydrid der AnthranilsBure (XXVII oder XXVIII) formulierten. Xach dem Erscheinen der ersten Veroffentlichungen Bnmberger’s uber Aryl-hydroxylamine brachten Friedlander und 8chreiber3) Formel X X I X eines Benz-isoxszols in Vorschlag, die das Anthranil seiner Entstehung entsprechend als inneres Anhydrid des o-Hydroxy I- amino-beqzaldehyds erscheinen 18sst. Bnmberger kam von seinen Indazolarbeiten her zum Anthranil- problem. Durch Reduktion von 2-Nitro-3,5-dimethyl-phenylnitro- methan (l’, 2-Dinitro-mesitylen) ( X X X ) erhielt er ststt des gesuchten Dimethyl-indiazens ( X X X I ) ein 2-Amino-3,5-dimethyl-benzaldoxim XSVII XXVIII XXIX XXX GH, XXXI C, H l) 3. 15; 2105 (1882). 2, B. 28, 1382 (1895).
  • 30. CH-NOH H3CK,=NOH YX I I CH, CH3 XXXII XXXIII XXXIV XXXV (XXXII), das mit salpetriger Saure iiber ein sehr zersetzliches Diazon- iumsalz ein Oxim des Dimethyl-indiazons ( X X X I I I ) liefert. Dieses Oxim erfahrt durch die Einwirkung kalter Natronlsuge oder such schon durch heisses Wasser eine Umlagerung zu 3,B-Dimethyl-S- azido-benzaldehyd (XXXIV). I n analoger Weise lassen sich o-Amino-benzaldoxime ganz allgemein i n Indiazon-oxime und in o-Azido-benzaldehyde iiberfiihren. Die o-Azido-benzaldehyde, die auch durch Einwirkung von Stickstoffwasserstoffs5ure auf diazotierte o-Amino-benzaldehyde erhalten werden konnen, werden durch Erkitzen mit Wasser unter Druck, zum Teil schon durch trockenes Erhitzen, unter Stickstoffabspaltung in die entsprechenden Anthra- nile iibergefuhrt. Analog liefert o-Azido-benzaldoxim heim Koehen seiner Natronlosung unter Entwicklung von Stickstoff eine zu Indazol reduzierbare Saure, die ihrem ganzen Verhalten nach N-Oxy-indazol (XXXV) sein muss. Dieses erscheint nach dieser Bildungsweise als Oxim des Anthranils, was mit der Formel XXIX, nicht aber mit XXVII in Einklang steht. Der dadurch nahegelegte Versuch, durch Einwirkung von Hydroxylamin auf Anthrzlnil N-Oxy-indazol zu gewinnen, ist allerdings gescheitert. Vielmehr entsteht bei dieser Reaktion, wenn man freies Hydroxylamin anwendet, o-HydrosyI- amino-benzaldoxim, das die typischen Reaktionen der Aryl-hydroxyl- amine zeigt uncl auch durch Reduktion von o-Nitro-benzaldoxim erhdtlich ist. Es liefert unter dem Einfluss von SBuren ausser- ordentlich leicht Anthranil wieder zuriick, so schnell, dass die sonst zu erwartende Umlagerung i n ein p-Aminophenolderivat nicht ein- treten kann. Der so leichte nbergang des Anthranils in ein Derivat des o-Hydroxylamino-benzsldehydsund seine ebenso leichte Riick- bildung aus demselben iiberzeugten Bnmberger von der Richtigkeit der Auffassung, dass Anthranil das Anhydrid des o-Hydroxylamino- benzaldehyds und nicht der Anthranils&ure sei und dsss ihm somit Formel X X I X zukomme. Diese Uberzeugung hat Bamberger in einer grossen Zahl von Abhandlungen verteidigt und dazu ein umfang- reiches experimentelles Material beigebracht. Er zeigte, dass Anthra- 161, melches in keiner Weise aus Anthranilsaure dargestellt werden kann, in allen Fallen entsteht, wo die Bildung von o-Hydroxylamino- benzaldehyd zu erwarten ist. So lasst es sich nicht nur durch Reduk- tion von o-Witrobenzaldehyd, sondern auch durch Oxydation von o-Aminobenzaldehyd gewinnen. Anthrsnil entsteht ferner nicht nur bei der sclion erwiLhnten Verseifung rles o-Hydroxylamino-
  • 31. - 673 - benzaldoxims, sondern auch bei derjenigen der o-Hydroxylamino- benzaldehyd- acetale und des N- Acetyl-o -hydroxylamino - benz - aldehycls. Endlich gelang es Bamberger nach vielen vergeblichen Versuchen, den o-Hydroxylamino-benzaldehyd selbst durch Reduktion von o-Ntrobenzaldehyd mit amalgamiertem Aluminium in atheriseher Losung nach Widicenus wenigstens i n Losung zu erhalten, seine Hydroxylaminnatur durch die fur diese Korperklasse charakteri- stischen Reaktionen nachzuweisen und seinen ausserordentlich leichten ubergang in Anthranil zu zeigen. Wie bei der Entstehung des Anthranils, ist'auch bei den meisten seiner Umsetzungen die intermediare Bildung von o-Hydroxyl- amino-benzaldehyd oder des Radikals CHO c6H4<N< anzunehmen. Die Darstellung des o-Hydroxylamino-benzaldoxims ist weiter oben schon besprochen. Eine Ringoffnung im gleichen Sinn erfolgt auch bei der Einwirkung von salpetriger Saure auf Anthranil, die zum N-Nitrosoderivat des o-Hydroxylamino-benz- aldehyds fuhrt. Da dieser Korper, wie alle N-Nitroso-aryl-hydroxyl- amine durch salpetrige SBure leicht zum entsprechenden Diazonium- salz reduziert wird, entsteht immer auch letzteres 21s Nebenprodukt. Anthranil ist daher, wie auch seine Derivate, diazotierbar. Neben der Nitrosoverbindung entsteht i n geringer Menge, offenbar durch Anlagerung der salpetrigen Sgure i n anderm Sinne an das Imin- radikal, o-Aldehydo-phenylnitramin. Anthranil lasst sich durch Permanganat unter geeigneten Bedingungen zum - sehr verander- lichen - o-Nitroso-benzaldehyd und weiter zu o-Witrobenzaldehyd ouy dieren. Auch durch Dimethylsulfat wird der Anthranilring unter Frei- legung der Aldehydgruppe gesprengt. Es entsteht ein Gemisch von Xono- und Dimethyl-o-aminobenzaldehyd mit sehr wenig o-Aminobenzaldehyd. Der offenbar zuerst gebildete Methylather des o-Hydroxylamino-benzaldehyds wird, analog der Bildung von Methylanilin aus Phenyl-hydroxylamin und Methyljodid, zu Mono- methyl-amino-benzaldehyd reduziert, der dann zum Teil weiter methyliert wird. Ein Methylanthranil entsteht bei dieser Reaktion nicht. Eine weitere Stutze fur die Benz-isoxazolformel des Anthranils ergab der Nachweis, dass die unbestritten als Benz-isoxazol-carbon- saure zu formulierende Anthroxansaure genau analog dem Anthranil sowohl durch Oxydation von Isatosaure mit Sulfomonopersaure als auch durch Reduktion von o-Nitrophenyl-glyoxalsaure dargestellt 43
  • 32. - 674 - werden kann und dass bei ihrer Zersetzung durch Wasser unter Druck Anthranil (wenn auch in geringer Menge) entsteht. Fiir die Benz-isoxazolformel spricht weiter die Xhnlichkeit des Anthranils einerseits mit seinem S-Analogon, dem Benz-isothiazol von GabrieZ und Posner, und seinem Isomeren, dem Benz-oxazol, andererseits mit den einkernigen Isoxazolen. Nach einer von Bamberger veranlassten Untersuchung von Briihll) stehen auch die optischen Eigenschaften des Anthranils im Einklang mit dessen Formulierung als Benz-isoxazol, nicht aber als Anhydrid der AnthranilsQure. Das entscheiden'dste Argument zugunsten der Benz-isoxrtzol- formel lieferte aber Bamberger durch den Nachweis, dass ein sehon von Camps2) dargestelltes, aber falsch gedeutetes Reduktions- - produkt des o-Nitro-acetophenons nichts anderes als M e t h y l - a n t h r a n i l ist. Diese Base, deren Formel nicht zweifelhaft sein kann, erweist sich nach ihrer Bildungsweise durch Reduktion von o-Nitro-acetophenon und durch Oxydation von o-&nino-aceto- phenon, durch ihre physikalischen, einschliesslich der optischen Eigenschaften und durch ihr chemisches Verhalten als wrthres Homologes des Anthranils. Sie besitzt einen dem Anthranil tauschend Bhnlichen Geruch, sie zeigt die gleiche schwache Basizitiit, die gleiche Neigung, mit Schwermetallsalzen, insbesondere mit Sublimat, Addi- tionsprodukte zu liefern. Mit Chlor oder mit einem ebenso wirkenden Gemisch von Nitrit und rauchender Salzsaure gibt sie, wie Anthmnil, ein N-Dichlorid, dss sich leicht in Monochlor-methyl-anthranil, bzw. Monochlor-anthranil umlagert. Salpetrige Siiure liefert in verdiinnt saurer Losung als Hauptproclukt je nach den Versuchsbedingungen entweder das N-Nitrosoderivat des o-Hydroxylamino-acetophenons und daraus die Diazoverbindung des o-Amino-acetophenons oder aber o-Aceto-phenyl-nitramin. Die analogen Produkte entstehen ebenfalls aus Anthranil, wenn auch zum Teil in anderm Mengen- verhiil tnis. Das Methyl-anthranil verdient besonderes Interesse als Zwischen- phase bei der Bltesten Indigosynthese von Emmerling und EngZer3) durch Erhitzen von o-Nitro-acetophenon mit Zinkstaub und Natron- kalk. Durch den Zinkstaub wird das Nitro-acetophenon zu Methyl- anthranil reduziert, und dieses lagert sich bei der hohen Temperatur zu Indoxyl um, das sich dann zu Indigo oxydiert. I n analoger Weise wie Methyl-anthranil entsteht auch P h e n y l - a n t h r a n i l durch Reduktion von o-Witro-benzophenon sowohl als auch durch Oxydation von o-Amino- benzophenon mit Sulfomonopersaure. Phenyl-anthranil Iiefert wie die andern Anthra- nile mit saIpetriger SLure eine Diazoverbindung, jedoeh nur in geringer Menge. Das l) B. 36, 3637 (1903). ?) B. 32, 3232 (1899); Arch. Pharm. 240, 423 (1902). 3, B. 3, 855 (1870); h'ngler B. 28, 309 (1895).
  • 33. - 675 - Hmptprodukt ist in diesem Fall Acridon, offenbar entstanden aqs intermediir gebil- detem Nitroso-o-hydroxylnmino-benzophmon. Den auffallenden Umstand, dass der Anthranilring durch manche Reagentien so leicht geoffnet wird, obschon das Anthranil selbst sehr bestandig ist, erkliirt Bamberger durch die Annahme, dass im Anthranil ein Gleichgewicht der drei Formen ().cko ‘’ N I (: y c A B C bestehe, wobei B und C nur in so geringer Nenge vorhanden sind, dass sie sich dem direkten Nachweis entziehen. Verschwindet aber diese geringe Menge, z. B. dadurch dass die CHO-Gruppe oximiert oder die NHOH-Gruppe nitrosiert wird, so bilden sie sich auf Kosten von A immer wieder neu, bis die ganze Substanz reagiert hat. Photochemisches. I m Zusammenhang mit den Anthranilarbeiten stehen eine Anzahl photochemische Untersuchungen iiber Benzaldehydderivate. Die von Ciamician und Silber aufgefundene Umsetzung von o-Nitro- benzaldehyd mit Alkoholen im Sonnenlicht zu o-Nitroso-benzoe- saure-estern erfolgt in zwei einzeln realisierbaren Phasen : I. Acetali- sierung, die ausser durch Licht nuch durch Siiuren bewirkt werden kann und die bei den isomeren Nitro-benzaldehyden ebenfalls ein- tritt. 11. Umlagerung des festen oder in Alkoholen gelosten Acetals, die nur in der o-Reihe erfolgt und auch hier nur so weit keine sterische Hinderung vorliegt. Diese Umlagerung fiihrt wahrscheinlich uber ‘ den Di-ester der Orthoeiiure /eH -C-OAlk OAlk. Die Hoffnung, diese Zwischenstufe bei Verwendung des cyclischen Athylen-acetals des o-Nitro-benzaldehyds fassen zu konnen, hat sich nicht erfiillt. Das Produkt ist auch hier offenbar der Glykol- monoester der o-Nitroso-benzoesaure. Wie o-Nitro-benzaldehyd zu o-Nitroso-benzoesaure, so wird o-Nitroso-benzylalkohol durch das Sonnenlicht zu o-Nitroso-benz- aldehyd isomerisiert. Letzterer ist jedoch nur in winziger 31enge als solcher isolierbar. Zur Hauptsache wird er weiter veriindert, teil- weise zu o,o’-Azoxy-benzaldehyd, der seinerseits lichtempfindlich ist. Er wird durch Licht zu Indazolyl-benzoesaure (XXXVI) um- gelagert und grosstenteils zu deren Lacton (XXXVII) anhydrisiert. Die gleichc Saure entsteht aus o,o’-Azoxy-benzaldehyd auch durch
  • 34. - 676 - heisse Natronlauge ; sie lasst sieh zu o,o’-Azo-benzoesiiure oxydieren und bildet die Zwisehenstufe bei der auffallenden Urnwandlung des o,o’-Azoxy-benzaldehyds zu o,o’-Azo-benzoSsiiure durch Oxydations- mittel. Louis Blanye y . VERZEICHXIS DER WISSENSCHAFTLICHEN VERoFFENTLICHUNGEK EUCI’EN BAMHE RGl3R‘S I. ) Cuanidinderivate. 1880. Guanylsulfoharnstoff und einige Guanylguanidine, B. 13, 1580. 1881. Einwirkung von kohlensaurem Guanidin auf Phenylsenfol bei Gegenwart von Wasser (Zur Lehre von der Katalyse), B. 14, 2638. - Verbindungen aus Phenyl- senfa1 und Skureamiden, B. 14, 2651. 1882. Bildung von Phenylxanthogenamid (Wenylsulfurcthan); Nachtrag, B. 15, 2164. 1883. Dicyandiamid (I), B. 16, 1074. - Dicyandiamid (TI), B. 16, 1459. - Melanuren- silure, B. 16, 1703. 1887. Neue Synthesen des Guanylharnstoffs, B. 20, 68. 1890. Synthesen des Ammelins und der Cyanursaure, B. 23, 1856. 1891. Pipsrylbiguanid, B. 24, 605. - (mit L. Seeberger) Dieyandiamid, B. 24, 899. 1892. (mit L. Seeberger) Ringsynthesen, B. 25, 525. - (mit W . D i e c k m n w ) Neue Syn- thesen der Guanamine und Mechanismus ihrer Bildungsweise, B. 25, 534. - (mit W. Dieckmnlzn) Biguanid, B. 25, 543. 1893. (mit L. Seeberger) Konstitution des Dicyandiamids, B. 26, 1583. Polycyelische liohlenwnsserstoffe. 1884. Reten (I), B. 17, 453. 1885. Reten (TI), B. 18, 81. - Farbreaktion von o-Diketonen, B. 18, 865. - (mit S. C. Hooker) Reten (111), B. 18, 1024. - (mit S. C. Hooker) Reten (IV), B. 18, 1030. - (mit S. C. Hooker) Reten (V) (Konstitu ion), B. 18, 17:50. - (rnit .I. Kruie:- feld) Chrysen, 13. 18, 1931. - (mit S. C. Ilooker) Reten, A. 229, 102. 1886. (rnit &I. Philip)Pyren, B. 19, 1427. - (mit &I. Philip) Pyren, B. IS, 1995. - (mit N . Philip) Pyren, B. 19, 3036. 1887. (mit M . Philip) Konstitution des Acenaphtens und der Naphtalsiiure, B. 20, 237. - (mit M. Philip) Pyren (Konstitution), B. 20, 365. - (mit M . Philip) Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe (2. Abh.), A. 240, 147. 1889. Fichtelit, B. 22, 635. - (mit L. Strusser) Fichtelit, B. 22, 3361. l) Die zu Bamberger’s Gesamtwerk gehorenden Veroffentliehungen seiner Schiiler uber Arbeiten, die unter seiner Leitung ausgefiihrt wurden, sind hier mit aufgenommen, soweit sie dem Verfasser bekannt geworden sind.
  • 35. - 677 - 1890. (mit C. Burgdorf) Aminochrysen, B. 23, 1006. - (mit C. Burgdorf) Chrysen, B. 23, 2433. 1893. (mit F. Chattaway) Abbau des Chrysens, B. 26, 1745. - (mit 3. Chattaway) ' Picen, B. 26, 1751. 1894. (mit F. D. C ~ u ~ t a ~Hochmolekulare Kohlenwasserstoffe (3. Abh.), A. 284, 52. uy) H d i r a mehrlcerniyer aromatischer Verbindungen. yreug Centrische Formeln. 1887. (mit 0. Boelcmann) p-Naphtalinaldehyd, B. 20, 1115. - dromatische Nitrile, B. 20, 1702. - (mit T.V. Lodter) Einwirkung von Natrium und Alkohol auf a-Xaphtonitril, Benzonitril und Tolunitd, B. 20, 1703. - (mit 0. Boekmamn) Einwirkung von Natrium auf alkoholisches j3-Naphtonitri1, B. 20, 1711. - Hydroderivate aromatischer Basen, B. 20, 2915. - (mit W . Lodter) Hydrierung aromatischer Kohlenwasserstoffe, B. 20, 3073. 1888. (mit W. Lodter) Reduktion aromatischer Siiurethiamide, R. 21, 51. - (mit Mi. Lodter) a-Naphtalinaldehyd, B. 21, 256. - (mit W . Lodter) Zur Charakteri- stik partiell hydrierter arometischer Substanzen, B. 21, 836. - (mit R. Muller) ,&Tetrahydronaphtylamin, R. 2 I , 847. - (mit R. Miiller) j3-Tetrahydronaphtyl- amin, B. 21, 1112. - Zur Formulierung der Kampferbasen, B. 21, 1125. - (mit M . Althausse) a-Tetrahydronaphtylamin, R. 21, 1786. - (mit Af. Alf- hnusse) a-Tetrahydronaphtylamin, 21, 1892. B. 1889. Reduktion yon Chinolinderivaten, B. 22, 353. - (mit F. Bordt) a-Tetrahydro- naphtylamin, B. 22, 625. Beziehungen zwischen chemischen Eigenschaften und Konstitution hydrierter Basen, B. 22, 767. - (mit FV. Filehne) Beziehungen zwischen physiologischen Eigenschaften und Konstitution hydrierter Basen, B. 22, 777. - (mit .I. I ~ o s k ~ ~ b s - i l b r a k n l l5-ac. Tetrahydronaphtylendiamin, 1, ) B. 22, 943. - (mit .I. Uommunn) ac. 1,5-Tetrohydronaphtylendiaminund ac. B. Tetrahydro-a-naphtylamin, 22, 951. - (mit R. Miller) Hydrierung alkylierter /?-Naphtylamine, B. 22, 1295. - (mit 11. Ifelwig) Hydrierung sekundarer und tertiiirer Alkylderivate des a-Naphtylaniins, B. 22, 1311. - (mit W.Jny Schief- fezin) Hydrierung von 0 - und p-Naphtylendiarnin und uber 2,7-Naphtylendiamin, B. 22, 1374. - (mit S. Willinmson) /?-Diiithylnaphtylamin und seine Hydrie- rungsprodukte, B. 22, 1760. - (mit li. Ifelwig) Hydrierte Naphtobenzylamine, B. 22, 1912. 1890. (mit W . Lodter) ac. /?-Tetrahydronaphthol und sekundiire Ringalkohole, B. 23, 197. - (mit P. Bordt) ar. a-Tetrahydronaphtol, B. 23, 215.- Spaltung des ac. Tetrahydronaphtylendiamins in seine optisch aktiven Komponenten, B. 23, 291. - (mit $1. Iiitsrhelt) ac. und ar. Tetrahydro-/?-naphtylamin, 23, 876. - B. (mit $ . K'itschelt) w./?-Tetrahydronaphtol, B. 23, 885. - (mit F. Lengfeld) 1 Zur Charakteristik des Hydrierungsprozesses, B. 23, 1124. - (mit F. Lenyfeld) Neue Reduktionsprodukte des Chinolins, B. 23, 1138. - (mit M. Kitschelt) Ver- halten von Naphtalin und Anthracen bei der Reduktion, B. 23, 1561. - Zur Theorie sechsgliedriger Ringsysteme, A. 257, 1. - Konstitution des Naphtalins, J. pr. [2] 42, 188. 1891. I,2,4-Trimethyl-p-phenylendiamin, 24, 1645. - Konstitution fiinfgliedriger B. Ringsysteme, B. 24, 1758. - (mit W . Lodter) Ringformiges Analogon des Athy- lens, B. 24, 1887. - ,,Alicyclische Homologie", B. 24, 1897. - (mit p. Wulz) Vierfach hydriertes o-Aminochinaldin, B. 24, 2049. - (mit P. Wulz)Homologe des Tetrahydrochinolins, B. 24, 2055. - (mit P. Wulz) Methyl-p-toluidh, B. 24, 2077. - Wirkung der Wasserstoffaddition auf tricyclische Systeme, B. 24, 2463. - (mit C. Goldschmidt) Athyi-a-naphtylamin, B. 24, 2469. - (mit L. Stetten- himer) Tetrahydro-a-naphtochinolin, 24, 2472. - (mit L. Stettelzlzeimer) B. B. ar. Octohydro-a-naphtochinolin, 24, 2451. - (mit R. Miiller) Tetrahydrure
  • 36. - 678 - des 8-Naphtochinolins und /?-Xaphtochinaldins, B. 24, 2641. - (mit B. Aliiller) 0ct.ohydriire des 8-Naphtochinolins, B. 24, 2618. - (mit L. Strasser) Octohydrure des 8-Naphtochinaldins, B. 24, 2662. - (mit B. Berlk) Verhalten des Carvacrols gegen Reduktionsmittel, B. 24, 3208. 1892. Konstitution fiinfgliedriger Ringsysteme, A. 273, 373. 1893. (mit W . Dieekmann) Tetrahydrur des Isochinolins, B. 26, 1205. - (mit E. A. Zztmbro) Dihydromethylketol (alicyclische Homologie), B. 26, 1285. - (mit If. Sternitzki) Dihydromethylketol, B. 26, 1291. - (mit W . Lodter) Dihydro- napht,alin und einige seiner Derivate, B. 26,1833. - (mit F. Hoffmann) Dihydro- anthrol und Dihydroanthramin, B. 26, 3068. 1894. (mit S. Willinmson) Dekahydrochinolin, R. 27, 1458. - H. Tietse; Hexshydro- chinolin, B. 27, 1478. - (mit A. V o s s ) Ketotetrahydronaphtalin, B. 27, 1547. - (mit 111. Iiitschelt) Synthese des Chinolins (und Skatols), B. 27, 3421. 1895. (mit 1V. Lodter) Alicyclische Naphtalinderivate; (mit N. Deicke) alicyclische Alkine und Alkeine, A. 288, 74. 1913. Konstitution des Naphtalins, B. 46, 1899. Renzimidnzole. 1892. Imidazole, A. 273, 267. - (mit Jul. Loremen) Konstitution, Bildungsmodus und Imidgruppe der Benzimidazole, A 273, 269. - (mit R. Iler18) Die a-stiindige Methylgruppe der Benzimidazole und das Verhalten der letzteren bei der Oxy- dation, A. 273, 303. - (mit 11. Berle') Aufspaltung des Imidazolrings, A. 273, 342. - (mit U. BerlC) Addition von Chloral a n Chinolinbasen und Benzimidazole, A. 273, 364. - (mit -1. Lorenzen) Benzimidazole, B. 25, 269. - (mit I(. Uerlk) Benzimidazole, B. 25, 274. - (mit 13. BerZC) Spaltung des Imidazolrings, B. 25, 278. - (mit B . Berli) Dibenzoyldiaminoathylen, B. 25, 3653. 1893. Volenz des Pyrrolstickstoffatoms, B. 26, 1946. Isochinolins ynthesen. 1892. (mit X . Kitschelt) Einwirkung dcr unterchlorigen Siiure nuf B-Naphtochirion, B. 25, 133. - B. 25, 888. - (mit &I. Kitschelt) 'liberfiihrung von Naphtalin in Isochinolin, B. 25, 1138. 1894. (mit W . Frew) Synthcse des Isocumarins und einiger Abkommlinge des Isochino- lins, B. 27, 198. - (mit C. Uoldschmidt) Eigentiirnlicho Synthese des Isochinolins, B. 27, 1954. 1895. Isocumarincarboris~ure, A. 288, 134. Chmiselde Azoverbindwngen, Forrnasyldcrivate, Amidmzolze, Arylnzortldoxii,i,e. 1884. Gemischte Azoverbindungen (I), B. 17, 2415. 1885. (mit A. Calman) Gemischte Azoverbindungen (11), B. 18, 2563. 1891. (mit P. Wulz) Zur Kenntnis des Acetons, B. 24, 2793. - Symm. Bisphenyl- hydrazon des Mesoxalaldehyds, B. 24, 3260. 1892. (mit E. Wheelwright) Einwirkung von Diazobensol auf Acetessiglther, B. 25, 3201. - (mit .I. Lorenzen) Formazylmethylketon, B. 25,3539. - Einwirkung von Diazobenzol auf B-Ketonsauren, B. 25, 3547. 1893. (mit P. de Gruyter) Konstitution der Cyanphenylhydrazine und der daraus dar- stellbaren Triazolkorper, B. 26, 2385. - (mit P. de Gruyter) Formazylmethyl- keton, B. 26, 2783. - (mit H . Witter) Formazylphenylketon, B. 26, 2786. - (mit F. K,uklemonui) Diformazyl und seine Beziehungen zum Diamidrazon, B. 26, 2958.