„Nutzungsmöglichkeiten und Planungsgrundlagen oberflächennaher Erdwärmesysteme - Erdwärme PLUS
1. 2. Energiemesse element-e 2015
Vortrag
„Nutzungsmöglichkeiten und Planungsgrundlagen
oberflächennaher Erdwärmesysteme “
Frank v. Brandis, Dipl.-Geologe, Erdwärme plus
2. Themen
Grundlagen Geothermie
Was ist Geothermie ?
Woher kommt die Erdwärme ?
Thermisches Regime im Untergrund
Gewinnung von Erdwärme: Rechtliche Grundlagen
Möglichkeiten d. Erdwärmenutzung
Oberflächennahe Geothermie
Grundwasser-Wärmepumpe
Erdwärmesonde
Erdwärme-Kollektor
3. Grundlagen Geothermie
Definition:
Geothermische Energie ist die in Form von Wärme gespeicherte Energie
unterhalb der Oberfläche der festen Erde (Syn.: Erdwärme). VDI 4640
Was ist Geothermie ?
Bei der Nutzung der Geothermie unterscheidet man zwischen Direkter
Nutzung, also der Nutzung der Wärme selbst, und Indirekter Nutzung, der
Nutzung nach Umwandlung in Strom in einem Geothermiekraftwerk.
zählt wie Sonnen- und Windenergie, Wasserkraft und Biomasse zu den
regenerativen Energieformen, hat jedoch den besonderen Vorteil, dass sie
jahres- und tageszeitenunabhängig konstant zur Verfügung steht und somit
grundlastfähig ist.
Der begriffliche Übergang von der Oberflächennahen Geothermie auf
die Tiefe Geothermie wurde auf eine Tiefe von etwa 400 m festgelegt.
FvB2
5. Grundlagen Geothermie
Erdwärme stammt zu ~1/3
aus der Bildungszeit der
Erde
Woher stammt Erdwärme ?
99% der Erde wärmer als 1000°C
Die Erde gibt ständig eine thermische Leistung von ~35 TW ab.
bezogen auf die Gesamtfläche Wärmestromdichte von ~ 0,07 W/m2
~ 2/3 entstehen durch
natürlichen radioaktiven
Zerfall in der Unterkruste
FvB1
7. Grundlagen Geothermie
Thermisches Regime des Untergrunds
Die mittlere Temperatur der Erdoberfläche ist ungefähr
13°C und ergibt sich aus dem Gleichgewicht von:
einfallender Solarstrahlung (20 bis max. 900 W/m² in Mitteleuropa)
Niederschlag ca. 0,6 W/m²
geothermischer Wärmefluss (0.05 - 0.12 W/m²)
emittierter Wärmestrahlung
Unter der neutralen Zone (<10 – 20 m) ist die Temperatur
zeitlich konstant,
sie nimmt mit der Tiefe zu (0,03 K/m = 3 K/100m)
Der Energietransport im Untergrund geschieht durch
Wärmeleitung (λ ~ 1 - 5 W/mK)
Konvektion (d.h. Fluidtransport – Grundwasser/Gas/Dampf)
11. Oberflächennahe Geothermie
Technik
Umwelt- und Erdwärme aus dem Untergrund wird über horizontale
bzw. vertikale Wärmeübertrager oder durch Abpumpen von
Grundwasser gewonnen und (meist über Wärmepumpen) zum Heizen
eingesetzt (VDI 4640)
Merkmale
nutzt Erdwärme, die in Tiefen bis 400 m gespeichert ist
geeignet für viele Anwendungen im Niedrigtemperaturbereich
Heizen, Kühlen und thermische Energiespeicherung möglich
praktisch überall einsetzbar
im privaten und gewerblichen Bereich mit Heizleistungen > 100kW nutzbar
unabhängig von Witterung sowie Tages- und Jahreszeiten immer nutzbar
i.d.R. Regel Anhebung des Temperaturniveaus mittels Wärmepumpe
(Primärenergiebedarf zum Betrieb der Wärmepumpe ca. 25%)
Wärmepumpe
12. Grundlagen Geothermie Rechtliche Grundlagen => Bergrecht
Erdwärme gilt in Deutschland als bergfreier Bodenschatz. In § 3, Abs. 3, letzter Satz BBergG:
…Als bergfreie Bodenschätze gelten: …
2.b) Erdwärme und die im Zusammenhang mit ihrer Gewinnung auftretenden anderen Energien (Erdwärme).
Erdwärme befindet sich nicht im Eigentum des Grundbesitzers, sondern gehört der
Allgemeinheit (dem Staat) und unterliegt folglich dem Bergrecht.
…aber § 4, Abs. 2 BBergG :
Gewinnen (Gewinnung) ist das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen …;
ausgenommen ist das Lösen oder Freisetzen von Bodenschätzen
1. in einem Grundstück aus Anlass oder im Zusammenhang mit dessen baulicher
oder sonstiger städtebaulicher Nutzung…
Die "100 m Grenze„: Nach § 127 BBergG müssen alle Bohrungen, also nicht nur Bohrungen auf
bergfreie Bodenschätze, die "mehr als hundert Meter in den Boden eindringen sollen", der
zuständigen Bergbehörde angezeigt werden.
Bohrungen < 100 m unterliegen nicht dem Bergrecht
Praxis: Bohrungen > 100 m oder Anlagen mit thermischen Leistungen > 0,2 MW müssen zwar
bergrechtlich angezeigt und geprüft werden, unterliegen i.d.R. aber nur bei besonderen
bergrechtlich relevanten Verhältnissen der Betriebsplanpflicht.
?
13. Grundlagen Geothermie Rechtliche Grundlagen => Wasserrecht
Bohrungen unter 100 m unterliegen der wasserrechtlichen Anzeigepflicht nach § 49 Abs. 1 Satz
1 WHG, da die Arbeiten in der Regel so tief in den Boden eindringen, dass sie sich unmittelbar
oder mittelbar auf die Bewegung, die Höhe oder die Beschaffenheit des Grundwassers
auswirken können.
Der Betrieb von Erdwärme- oder Erdkälteanlagen ist gemäß den §§ 8, 9 und 10 Wasser-
haushaltsgesetz (WHG) als Gewässerbenutzung fast immer erlaubnispflichtig.
Was ist erlaubnispflichtig?
das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer,
das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von Grundwasser.
Benutzungen, die geeignet sind…
… dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der
Wasserbeschaffenheit herbeizuführen…
14. Grundlagen Geothermie Rechtliche Grundlagen => Wasserrecht
In Bayern sind für Bau und Betrieb von Anlagen, die oberflächennahe Geothermie
nutzen, die Bestimmungen des
Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in Verbindung mit dem
Bayerischen Wassergesetz (BayWG) und der hierzu ergangenen
Verwaltungsvorschrift (VwVBayWG) maßgebend.
ergänzend
Leitfaden für Erdwärmesonden in Bayern (aktuell: Stand Juni 2012) m. Merkblatt 3.7.2,
ergänzt durch Ministeriumsschreiben v. 17.12.2012
VDI Richtlinie 4640 Blatt 1 und 2 Thermische Nutzung des Untergrundes
DIN 8901:2002-12 Kälteanlagen und Wärmepumpen - Schutz von Erdreich, Grund- und
Oberflächenwasser - Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen und Prüfung
SIA-Norm 384/6 Erdwärmesonden (Schweizerischer Ingenieur- und Architekten-Verein
VAwS Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen
…
.Erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen dürfen keinesfalls das Grundwasser schädlich
verunreinigen oder seine Beschaffenheit nachteilig verändern – weder während die Anlage
gebaut noch während sie betrieben wird.
15. Grundlagen Geothermie Rechtliche Grundlagen => Wasserrecht
Aufschlussarbeiten oberhalb des Grundwassers:
Anzeigepflicht nach § 49 WHG in Verbindung mit Art. 30 BayWG => Prüfung durch Fachbehörde
Aufschlussarbeiten, die in das Grundwasser reichen:
Im Regelfall immer wasserrechtlich erlaubnispflichtig
Genehmigungsbehörde: Untere Wasserbehörde (Landratsamt oder kreisfreie Stadt)
ggf. weitere Behörden (Wasserwirtschaftsamt, Bergamt)
17. Bohrungen 5 – 150 m
Kollektoren bis 5 m
Brunnen
Einflussfaktoren bei der Planung und Auslegung einer Erdwärmeerschließung
Prinzip:
Kälteleistung
Wärmepumpe Genehmigungsrecht
Wasserrecht
Bergrecht
örtliche Verhältnisse
Grenzabstände
(Hydro-)geologische Verhältnisse
Bohrverfahren
Wärmeleitfähigkeit des
Untergrundes
Kosten
Effizienz
23. Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
Grundwasser-Wärmepumpe
Prinzip: Förder- und Schluckbrunnen
Wärmeträger: Wasser
hydrogeolog. Verhältnisse besonders zu beachten:
Fließrichtung, Herkunft des Wassers, Wasserqualität
Plus
+ geringer Flächenbedarf
+ hohe Arbeitszahl, geringe Energiekosten
+ unkompliziert in der Auslegung
+ hohe Zuverlässigkeit
+ Heizen und Kühlen möglich
- aufwändig im Bau
- Anschaffungskosten
- je nach hydrogeol. Verhältnissen nur
eingeschränkt einsetzbar
Anwendung:
Heizen, Warmwasserbereitung, Kühlen
24. Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
Grundwasser-Wärmepumpe
Prinzip: Förder- und Schluckbrunnen
Wärmeträger: Wasser
hydrogeolog. Verhältnisse besonders zu beachten:
Fließrichtung, Herkunft des Wassers, Wasserqualität
Genehmigung in Bayern:
Grundwasserwärmepumpen bis 50 KJ/s:
Wasserrechtliche Erlaubnis in der Regel nach Art. 15 BayWG in Verbindung mit Art. 70 BayWG
Bohranzeige erfolgt durch ausführende Brunnenbaufirma
Gutachten und Abnahme eines Sachverständigen erforderlich (vom Bauherrn zu beauftragen!)
Beschreibung des Vorhabens mit Bestimmung von Absenktrichter und Aufstaukegel
Erstellung der Brunnen ist von Fachbetrieben auszuführen (DVGW 120 o. vergleichbar)
Außer Abkühlung und Erwärmung darf Grundwasser in seiner Beschaffenheit nicht weiter
verändert werden und muss vollständig in denselben Grundwasserleiter eingeleitet werden
aus dem es entnommen wurde
Keine anderweitige Einleitung in den Schluckbrunnen (z.B. Regenwasser)
27. Bei eisenhaltigem Grundwasser kann
ausfallender Eisenocker in den
Wärmepumpen Anlagen zu großen
Problemen führen.
Im Sauerstofffreien Wasser können große
Mengen zweiwertiger Eisen Ionen gelöst
sein. Kommt dieses Wasser mit
Sauerstoff in Kontakt, fällt dunkelbrauner
Eisenocker aus. Ebenso können auch im
Wasser gelöste Mangan Ionen als
schwarzes Manganoxid ausfallen.
Betroffen sind alle Anlagenteile wie
Brunnen, Pumpen, Rohrleitungen,
Verdampfer.
Der ausfallende Ocker (Verockerung) ist
sehr weich und kann alles verstopfen.
Verockerung
Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
28. Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
Erdwärmesonde
Prinzip: Bohrungen 70 – 150 m
Doppel-U-Sondenrohre aus HDPE, Durchmesser 32 mm
Wärmeträger Wasser mit Frostschutzmittel
Plus
+ geringer Flächenbedarf, überbaubar
+ hohe Arbeitszahl, geringe Betriebskosten
+ sehr hohe Zuverlässigkeit und Lebensdauer
+ Heizen, Kühlen und Speichern möglich
- aufwändiger in Auslegung und Einbau
- Anschaffungskosten
- je nach hydrogeologischen Verhältnissen
nur eingeschränkt einsetzbar
Genehmigung:
Anzeigepflicht nach § 49 WHG in Verbindung mit Art. 30 BayWG
i.d.R. wasserrechtliche Erlaubnis nach Art. 15 BayWG in Verbindung mit Art. 70 BayWG erforderlich
Gutachten und Abnahme eines Sachverständigen erforderlich (vom Bauherrn zu beauftragen!)
Bei Bohrungen > 100 m bergrechtliche Anzeige nach § 127 BBergG
Anwendung:
Heizen, Warmwasserbereitung, Kühlen, Speichern
31. Anforderungen an den Bohrplatz
Genehmigung vorhanden
Bei jeder Witterung befahrbares Terrain
Neigung max. 5% (oder nach Absprache)
Keine Leitungen im Bohrgrund
Platzbedarf für Bohrgerät und
Hilfsgerätschaften (Mulde bzw. Container für
Bohrschlammentsorgung)
Wasser notwendig (bevorzugt ab Hydrant)
Strom notwendig, je nach Bohrunternehmen
Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
34. Möglichkeiten der Erdwärmenutzung mittels Wärmepumpe
Erdreich- und Grabenkollektoren (bis max. 5m)
Prinzip: Kunststoff-Rohrregister in ca. 1.2 - 1.5 m Tiefe)
geothermischer Wärmefluss vernachlässigbar
es wird direkte und indirekte Sonnenenergie von der
darüberliegenden Bodenschicht aufgenommen
Plus
+ geringer Aufwand Planung u. Einbau
+ relativ geringe Kosten
+ fast überall einsetzbar
- großer Flächenbedarf
- Überbauung o. Versiegelung nicht möglich
- unterliegt jahreszeitl. Temperatureinflüssen
Genehmigung:
Anzeigepflicht nach § 49 WHG in Verbindung mit Art. 30 BayWG => Prüfung durch Fachbehörde
Bei Eingriff in Grundwasser oder Wasserschutzgebieten (Weitere Schutzzone):
Wasserrechtliche Erlaubnis in der Regel nach Art. 15 BayWG in Verbindung mit Art. 70 BayWG
Anwendung:
Heizen, Warmwasserbereitung; seltener auch Kühlen und Energiespeicherung
48. Oberflächennahe Geothermie
Zusammenfassung:
Geothermie ist aufgrund ihrer
hohen Effizienz und damit einhergehenden CO2 - Einsparpotentials
Grundlastfähigkeit
Hohen Lebensdauer der Systemkomponenten (mehrere Generationen)
vielseitigen Anwendungsmöglichkeiten (Heizen, Kühlen, Speichern)
Umweltfreundlichkeit (erneuerbar, nicht sichtbar, hörbar oder riechbar)
Unabhängigkeit von Import und Zulieferung
ein wichtiger und unverzichtbarer Baustein der Energiewende,
Ein wirtschaftlich und ökologisch sinnvoller Einsatz bedingt jedoch eine
frühzeitige Planung und eine standortbezogene Wahl des passenden
Erschließungs- und Nutzungssystems auf Basis
der genehmigungsrechtlichen Vorgaben (Boden- und Grundwasserschutz)
Untergrundverhältnisse (Geologie/Hydrogeologie)
Standort- und Platzverhältnisse
der Gebäudeanforderung