Was der Bundespräsident leider nicht gesagt hat...
Streik der Lokführer
1. KOMMENTAR AUS BERLIN
3/2011
Zum Streik der Lokführer
Die derzeitigen Vorgänge beim GDL-Streik sind besonders empörend, sucht hier doch eine
Gewerkschaft brachial ihr Tarifmonopol gegen Wettbewerber durchzusetzen. Eigentlich ein
Fall für das GWB!
Aber nicht nur dieser aktuelle Streik, sondern der Streik überhaupt gehört zu den Dingen, die
in einer freien Vertragsgesellschaft nichts zu suchen haben. Was bedeutet denn „Streik“
heutzutage? Gewerkschaftsführer organisieren einen kollektiven Vertragsbruch, um so einige
Lohnprozente oder etwas mehr Freizeit für die bei ihnen organisierte Minorität oder – wie ak-
tuell – einfach nur ein Tarifmonopol durchzusetzen. Das nennen sie die „Ultima Ratio“, als ob
ihre Mitglieder existentiell am Abgrund stünden. Als Geisel hierbei werden nicht nur Unter-
nehmen, sondern auch die unorganisierte Masse der Kunden dieser Unternehmen genom-
men. Beide erleiden bei Streiks einen enormen Schaden: Bahnen fahren nicht, Flugzeuge
bleiben am Boden, die U-Bahn steht still, Kindergärten bleiben geschlossen, Ärzte operieren
nicht, Tote werden nicht begraben, Müll bleibt auf der Straße, dazu: persönliche Reisepla-
nungen werden zuschanden, Kostenkalküle gehen nicht auf, Geschäfte platzen. Im Extremfall
steht das öffentliche Leben fast still. Wie heißt es doch im Strafgesetzbuch: „Wer einen ande-
ren rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer
Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten
oder eines Anderen Nachteil zufügt, um sich oder einen Dritten zu Unrecht zu bereichern,
wird mit Freiheitsstrafe bis fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ Und: „Der Versuch ist
strafbar“, ähnlich im Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 823/826). Die Gewerkschaften sind für die
Folgen ihres Vorgehens – entgegen dem Familienunternehmerprinzip - nicht schadenersatz-
pflichtig und oft wird nachträglich ein „Maßregelungsverbot“, eine Indemnität für Straftaten,
vereinbart. - Manche meinen, diese Barbarei sei Ausfluss der Tarifautonomie. Aber die Koali-
tionsfreiheit ist kein „Recht auf Erpressung“. Das Bundesverfassungsgericht hat sich leider
nicht eindeutig geäußert (1979 / 1991). Die Väter des Grundgesetzes haben sich 1948/1949
nicht auf die Aufnahme eines Streikrechts verständigt. Das Grundgesetz hat also diese Frage
offen gelassen. Aus Wortlaut und aus der Entstehungsgeschichte des Artikels 9, Abs. 3 kann
daher eine Verfassungsgarantie des Streikrechts nicht abgeleitet werden, zumal es eindeutig
in Artikel 9, Abs. 2 GG heißt: „Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafge-
setzen zuwiderlaufen … sind verboten“. Es handelt sich hier eben um archaische Relikte des
„Faustrechts“. Wer ist eigentlich der Souverän? Das Gesetz oder eine Interessentenclique?
Warum schweigt die Politik?
Außerhalb des Arbeitsmarktes gibt es hunderttausende von Verhandlungen, in denen sich
stärkere oder schwächere Partner auf ein Ergebnis einigen müssen. Die Kosten eines Streiks
können bei Milliarden liegen. Der kurzfristige Nutzen liegt allenfalls bei der Erpressergruppe.
Den Nachteil zahlen die durch überhöhte Lohnabschlüsse arbeitslos Gewordenen, zahlen wir
alle mit Inflation, Konkurs, gestörter Lebensplanung, „Nerven“.
Schlussfolgerung: Der Streik ist als Erpressung / Vermögensvernichtung, Missbrauch von
Zeit, Geduld und Mitteln Unschuldiger zu delegitimieren. Streik und Nötigung als Mittel zur
Interessendurchsetzung müssen gebrandmarkt werden. Stattdessen sollten, wo sich Tarif-
partner nicht einigen können, verbindliche Schlichtungsmechanismen greifen (Beispiel: Frie-
densabkommen der Schweiz <1937>). Zur Not müssen Schlichtungsverfahren gesetzlich
verbindlich gemacht werden. Streik verträgt sich nicht mit den Existenzvoraussetzungen einer
arbeitsteiligen Tauschgesellschaft. Er gehört in das historische Museum wie die bronzene Axt
oder das Spinnrad. (Im Anschluß an den Kommentar vom 11. März 2008)
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