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Top im Gesundheitsjob
German Quernheim
Arbeitgeber
Patient
Kundenorientierung
in Gesundheitsberufen
Top im Gesundheitsjob
German Quernheim
Arbeitgeber Patient –
Kundenorientierung
in Gesundheitsberufen
2., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage
Mit 11 Abbildungen
1 3
German Quernheim
Personalentwicklung Coaching Training
In der Kesselwiese 15, D-56410 Montabaur
www.german-quernheim.de
ISBN 978-3-662-57732-5 978-3-662-57733-2 (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2
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Springer
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Cartoons: Claudia Styrsky, MĂĽnchen
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Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin,
Germany
V
Vorwort
Ich freue mich, dass der Band „Arbeitgeber Patient“ in
den letzten Jahren so wissbegierig und interessiert vom
Markt des Gesundheitswesens aufgenommen wurde.
Zwischenzeitlich haben viele Seminare mit den Berufs-
gruppen Pflege, Medizin und weiteren Dienstleitungs-
berufen der Kliniken und Praxen stattgefunden, deren
Ergebnisse in die zweiteAuflage integriert wurden.
Die Inhalte wurden überarbeitet und vollständig aktua-
lisiert. Neu hinzugekommen sind die Themen: Employ-
er Branding, GefĂĽhls- bzw. Emotionsarbeit, Caring und
Comforting, Emotional Contagion sowie zahlreiche
neue Ideen und AspektefĂĽr ein erfolgreiches Beschwer-
demanagement.
Ich danke Frau Busch, Frau Nieselund Frau Nitschmann
vom Springer Verlag fĂĽr die angenehme Zusammen-
arbeit. Insbesondere danke ich meiner Mitarbeiterin
MartinaSchaar. Sie hat auch dieses Manuskript amEnde
noch ausdrucksfreundlicher gestaltet. Und natĂĽrlich
danke ich Ihnen, als Leserin und Leser fĂĽr den Erwerb
dieses kleinen BĂĽchleins. Ich wĂĽnsche Ihnen hilfreiche
Anregungen und freue mich auf Ihre Reaktionen und
Feedback.
German Quernheim
Montabaur, imFrĂĽhjahr 2018
VI Vorwort
j
Hinweise
Mit der Berufsbezeichnung„Pflegefachfrau bzw. -mann“
werden die Mitglieder der verschiedenen Pflegefach-
berufe gemeint: Altenpflegerinnen und Altenpfleger,
Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesund-
heits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinder-
krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkran-
kenpfleger, Fachkräfte im Pflegedienst mit Hochschul-
qualifikation in einempflegebezogenen Studiengang.
Zur sprachlichen Vereinfachung und damit zur verbes-
serten Lesbarkeit wird im Text lediglich eine Ge-
schlechtsform verwendet. Das jeweils andereGeschlecht
ist ausdrĂĽcklich angesprochen. Ganz bewusst wird dar-
um hin und wieder der Begriff „Mitarbeitende“ statt
Mitarbeiter gewählt.
VII
Ăśber den Autor
Dr. rer. medic. German Quernheim
ist Dipl.-Pflegepädagoge, Krankenpfleger und
NLP-MasterCoach im Bereich FĂĽhrung und
Change-Management. Er sammelte Erfahrun-
gen in der Personalentwi cklung und in Lei-
tungsposi tionen verschi edenster Einrichtun-
gen. Er begleitet Mitarbeiter der Gesundheits-
berufe als Praxisanleiter und Personalcoach
und arbeitet an Bildungseinri chtungen und
Hochschulen in Ă–sterrei ch, Deutschl and und
der Schweiz.
Inhaltsverzeichnis
1 Kenn en Sie das auch? ...................................................................1
2 Ein Einstieg .......................................................................................3
2.1 Kundenorientierung im Gesundheitsw esen ...........................3
2.2 Das erwartet Sie................................................. 10
Literatur............................................................ 13
3 Patienten-Kunden............................................. 15
3.1 Status Quo........................................................ 15
3.2 Kundenorientierung............................................ 19
3.3 Patientenorientierung ist Kundenorientierung ....................19
3.3.1 Kundenorientierung i st ni chts Neues ...........................................21
3.4 Ist jeder Patient ein Kunde? .......................................................23
3.4.1 Kunde in der frei en Wirtschaft .......................................................26
3.5 „Echte“ Patienten............................................... 29
3.5.1 Patientenbegriff................................................... 29
3.5.2 Pati entenrechte ĂĽbersteigen K undenrechte ...............................30
3.6 Kundenbegriffe im Gesundheitsw esen ..................................34
3.6.1 Wie wi rd Kunde defi niert, wi e Klient? ...........................................34
3.6.2 Was bedeutet Ori entierung? ..........................................................35
3.6.3 Was macht einen Verbraucher aus? ...............................................36
3.7 Wettbewerb der Zukunft....................................... 37
3.7.1 Interne und externe Kunden.................................... 39
3.8 Empfehlungen sind existenziell................................................40
3.9 Sie sind Dienstleister ....................................................................42
3.9.1 Was ist eine Dienstlei stung ..............................................................43
3.10 Patienten sind Kunden.................................................................46
3.11 Patienten sind Partner .................................................................48
3.11.1 Kundenorientierung stärkt die Rolle
des schwachen Pati enten ..............................................................49
3.11.2 Kundenorientierung al s Teamaufgabe ........................................51
3.12 Auswirkung en gelebter Kundenorientierung .......................54
3.12.1 Auswi rkungen fehl ender Kundenorientierung ............................55
Literatur............................................................ 56
Inhaltsverzeichnis IX
4 Ander s den ken ...............................................................................59
4.1 Professionalität im Denken ........................................................59
4.2 Mentale Inseln.................................................... 62
4.3 Nichtanders fĂĽhlen............................................. 64
4.3.1 Gef ĂĽhlsarbeit ...................................................... 66
4.4 Patienten sind Arbeitgeber .........................................................69
4.5 Bedeutung des Geldes.................................................................72
4.5.1 Geben undNehmen.............................................. 73
4.5.2 Reziprozität ........................................................ 74
4.6 Stellenw ert der Privatpatienten .................................................74
4.6.1 Wer profiti ert von P ri vatpati enten? ...............................................77
4.6.2 Pri vatpati enten sind exi stenziell ....................................................78
4.7 Kundenfeindlichkeit............................................ 78
4.7.1 Ursachen patientenfeindli chen Denkens ....................................80
4.8 „Kundenfreundlichkeit“ ist Kundenorientierung ................87
4.9 Kundenorientierung steigert Qualität .....................................91
4.9.1 Kaizen............................................................... 93
Literatur............................................................ 95
5 Er w artun g en erfĂĽllen un d ĂĽbertr eff en ...............................97
5.1 Kennen Sie die Erw artungen? ...................................................97
5.1.1 Unzuf riedeneKunden.......................................... 100
5.1.2 Zufriedene Kunden............................................. 100
5.1.3 Begei sterte K unden.......................................................................101
5.1.4 Erwartung der Patienten -K unden ...............................................105
5.1.5 Exklusiv informationen.......................................... 106
5.1.6 Small-Talk........................................................ 106
5.1.7 Ausl ändi sche P ati enten-Kunden ................................................107
5.2 Aktuelle Trends..............................................................................108
Literatur.......................................................... 112
6 BedĂĽrfnis-ABC von P atienten-Kun den ...............................113
6.1 Selbstverständlichkeiten.................................... 113
Literatur.......................................................... 133
X Inhaltsverzeichnis
7 Expertise und Ăśberzeugun gskraft.....................................135
7.1 Vertrauen aufbauen.....................................................................135
7.1.1 Vermischung von Expertenlei stung und Service.....................137
7.2 Professionelles Auftreten im interdisziplinär en Team 137
7.2.1 Fachexperti se von Pflegenden....................................................138
7.3 Kommunikative Expertise durch Bezugskontakt................141
7.3.1 Guten Kontakt herstellen...............................................................141
7.3.2 Bezugskontakt als Zeichen der Professionalität........................146
7.4 Das sollten Sie sich gefallen lassen..........................................147
Literatur..........................................................150
8 So schĂĽtzen Sie sich vor AnmaĂźungen.............................151
8.1 Selbstschutz anstelle von Kundenorientierung..................151
8.2 Das verbitte ich mir.....................................................................151
8.2.1 Sanktionen bei GrenzĂĽberschreitungen.....................................153
8.3 Persönliche Schutzmaßnahmen...............................................153
8.3.1 Problem in Bezug zum groĂźen Ziel setzen................................153
8.3.2 Zwiebelmodell...................................................156
8.3.3 Vorteil der Resilienz.......................................................................157
8.3.4 GefĂĽhle beeinflussen .....................................................................158
8.3.5 Positive Absicht...............................................................................159
8.4 SchĂĽtzen Sie sich vor Eskalation..............................................160
8.4.1 So gelingt Ihnen die Kontaktaufnahm e zum aggressi ven
Patienten-Kunden..............................................160
8.4.2 Weiterer Umgang mit aggressi ven Patienten-Kunden............161
8.5 Pflegen Sie sich selbst..................................................................162
Literatur..........................................................163
9 Freuen Sie sich ĂĽber Beschw er den.....................................165
9.1 Beschwerde oder Reklamation.................................................165
9.1.1 Wie reagieren Patienten-Kunden bei Unzufriedenheit? . 167
9.1.2 Fordern Sie Beschwerden ..............................................................169
9.1.3 Nehmen Sie Beschwerden gerne an..........................................170
9.1.4 Beschwerden professionell bearbeiten.......................................174
9.1.5 Beschwerden von Angehörigen ...................................................176
9.2 Engpasssituationen.....................................................................176
9.2.1 Management.....................................................177
9.2.2 Keine Lösung in Sicht....................................................................181
Inhaltsverzeichnis XI
9.2.3 EVA-3-Checkliste............................................... 181
9.3 Erfolgreiches Argum entieren ..................................................184
9.3.1 Argumentationsablauf.......................................... 185
Literatur.......................................................... 187
10 Hinw eise an die FĂĽhrun g .........................................................189
10.1 Servicevorleben............................................... 189
10.2 FĂĽhrungstipps................................................. 190
10.2.1 Kontrollfragen vor wi chti gen Entscheidungen ..........................190
10.2.2 Identif ikationmit dem Unternehmen......................... 190
10.3 Ethische Leitlinien.......................................................................191
10.3.1 Budget f ĂĽr Personal............................................. 192
10.3.2 Budget fĂĽr S ervi celei stungen .......................................................193
10.4 Vorau ssetzung: Sie leben kund enorientiert........................193
Literatur.......................................................... 196
11 In aller KĂĽrze .................................................................................197
Serviceteil ...................................................... 199
Sachverzeichnis................................................. 200
AbkĂĽrzungen
AVR Arbeitsvertragsrechtlinien (Tarifvertrag in
konfessionellen Einrichtungen)
EFQM European Foundation for Quality Management
MFA Medizinische Fachangestellte
MTA Medizinisch-technische Assistentin
NP Nurse Practitioner
PDL Pflegedienstleitung
QM Qualitätsmanagem ent
SWG Selbstw ertgefĂĽhl
ZVG Zielvereinbarungsgespräch
1
1
Kundenorientierung, auch das noch
In diesem Buch geleiten Sie „Pflegefachfrau Sandra“ und
weitere Beispielkollegen durch die einzelnen Kapitel. Derzeit
erlebt Sandra groĂźe Belastungen in ihrer Arbeit und sagt:
„Kundenorientierung, auch das noch? Als wenn wir nicht schon
genug zu tun hätten!“. Sie ist genervt, als sie die Einladung
zur Fortbildung in der Stationspost findet. Schon viele Jahre
arbeitet sie als Stationsleitung in der Klinik fĂĽr Innere Medizin.
Dort ist sie verantwortlich, dass „der Laden läuft“ und erlebt,
dass ihre Tätigkeit in den letzten Jahren nicht einfacher, son-
dern schwieriger geworden ist: deutlich mehr Patienten sind
bei geringerer Verweildauer und mit weniger Personal zu
versorgen. Zudem werden diese Patienten auch immer krän-
ker und pflegebedürftiger. „Und“, so denkt Sandra, „unsere
Patienten entwickeln mehr SonderwĂĽnsche und zeigen sich an-
spruchsvoller. DiesbezĂĽglich verhalten sich etliche wirklich wie
Kunden.“. Aber Sandra sieht keine Notwendigkeit, sich jetzt
auch noch explizit „Kundenorientierung“ auf ihre Fahnen zu
schreiben. Damals in ihrer Pflegeausbildung im letzten Jahr-
hundert sprach man eher von „Patientenorientierung“. Zumin-
dest wurde dieser Anspruch in der Krankenpflegeschule ver-
mittelt. Und Sandra war damals patientenorientiert! Wenn sie
das Foto ihres Examenskurses betrachtet, ging es ihr einst
nicht alleine so. In der Gemeinschaft der MitschĂĽlerinnen und
Kennen Sie das auch?
© Springer-Verlag GmbH Deutschland,
ein Teil von Springer Nature 2019
G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien-
tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_1
2 Kapitel 1 · Kennen Sie das auch?
MitschĂĽler war man sich einig und lehnte sich gegen so
manche „Stationsdrachen“ auf.
Fehlende Patientenorientierung – schade!
Die Medizinische Fachangestellte (MFA) Meike ist angesichts
eines ĂĽbervollen Wartezimmers und mit dem Eintreten eines
weiteren Patienten ohne Termin in die Sprechstunde, der
„heute noch“ dringend den Zahnarzt sehen möchte, genervt.
Der emotional ausgelaugte Altenpfleger Holger begleitet eine
blinde Bewohnerin zu einem anderen Heimbereich, ohne auch
nur ein Wort während des Wegs mit ihr zu wechseln. Zudem
führt er sie so ungeschickt, dass sie häufig an Türen und
Gegenständen anstößt. Auf ihre stillen, verbalen und non-
verbalen Reaktionen geht er in keiner Weise ein.
Physiotherapeutin Elli arbeitet nach ihrem festen Schema mit
einem Patienten. Sie erfragt weder seine besonderen BedĂĽrf -
nisse, noch gleicht sie ihre Zielsetzung bezĂĽglich der Mobili-
sation mit seiner ab.
1
3
2.1 Kundenorientierung im Gesund-
heitswesen
Vielleicht haben Sie dieses Buch aufgeschlagen, um sich
intensiver mit den Gedanken der Kundenorientierung im
Gesundheitsw esen zu befassen? Dieses kann auf verschied e-
nen Ebenen geschehen. Das vorliegende Buch soll Ihnen
eine erste Einführung in das (vielleicht noch) ungewöhnli-
che kundenorientierte Denken im Sektor des Gesundheits-
wesens geben. Viele Pflegende diskutieren derzeit, ob die
Leistungsnutzer denn nun Patienten oder Kunden sind.
Mit hingebungsvollen und idealistischen Zielen starten
zahlreiche Kollegen ihren Beruf. Schon während ihrer
ersten Praxiseinsätze setzen sie sich in Studium und Aus-
bildung besonders engagiert fĂĽr die Belange der Patienten
ein. Sie versetzen sich empathisch in die Lage der Patienten
und sind bereit, für diese Ziele zu kämpfen. Ihre „Gegner“
sind Stationsleitungen und „eingefahrene“ Krankenpfleger
alter Schule, denen es vorrangig um eine straffe FĂĽhrung
der Abteilung geht. Diese demonstrieren Patienten gegen-
ĂĽber oftmals ihre Macht. Viele Auszubildende und Studie-
rende empfinden ein solches Verhalten ungerecht und
unethisch.
Ein Einstieg
© Springer-Verlag GmbH Deutschland,
ein Teil von Springer Nature 2019
G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien-
tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_2
4 Kapitel 2 · Ein Einstieg
Seiner Zeit nahm sich Sandra ganz optimistisch vor,
nach absolvierter Ausbildung niemals so zu werden wie ihre
damaligen „Gegner“. Und heute?
Die vielen Veränderungen im Pflegealltag veränderten
auch Sandra. Immer öfter ertappt sie sich, wenn sie unbe-
herrscht und ungehalten gegenĂĽber Patienten reagiert. Auch
erlebt sie bei sich zunehmend regelrechte MachtgelĂĽste, ge-
rade solchen Patienten gegenüber, die für Sandra „unver­
schämte Forderungen” äußern.
Hätten Sie etwas Salz für mich?!
So erinnert Sandra sich: „Neulich gab es zum Abendessen
Tomaten und einer von diesen “Pseudokunden“ klingelte und
verlangte, Salz zu bekommen. Das muss man sich mal vorstellen,
wir sind doch kein Hotel! Was sollen wir denn noch alles machen?“.
Die Notwendigkeit, zu einer anderen, weniger belastenden
und zugleich professionelleren Sichtweise zu kommen, sieht
Sandra nicht.
Dieses Buch kann Ihnen helfen, eine distanziertere und pro-
fessionellere Sichtweise zu erlangen. Damit es dabei nicht bei
puren Wissensinhalten bleibt, sollen die nachfolgenden Bei-
spielevon Sandra, Meike, Elli und Holger Sie behutsam mit
den Instrumenten der Kundenorientierung vertraut machen.
So wie unsere Beispielmitarbeitenden erleben viele Kollegen ,
dass ihre idealistischen AnsprĂĽchean eine starkePatienten-
orientierung verblassen, manchmal sogar ganz vergessen
werden. Viele haben sich zu Ausbildungszeiten vorgenom-
men, später nicht so zu werden. Und doch fallen diese Vor-
sätzein zahlreichen Kliniken, Heimen und Arztpraxen häu-
fig in sich zusammen und zurĂĽck bleibt Frustration.
j
Was ist geschehen?
Meike absolvierte als 16-Jährige ihr erstes Praktikum bei ei-
nem Zahnarzt und hatteeinst kein Verständnis, als Patienten
2
2.1 · Kunde norie ntierun g 5
mit Zahnschmerzen weggeschickt wurden. Holger erfuhr in
seiner Pflegeausbildung eine Menge Ăśbungen zur Eigen-
wahrnehmung. Eine MitschĂĽlerin fĂĽhrte ihn z. B. mit ver-
bundenen Augen durch den Schultrakt und er erlebte haut-
nah, wieabhängig er von der Hilfe anderer war. Die Physio-
therapeutin Elli startete mit dem Ziel ihre Berufskarriere,
später ganz viel für ihre Patienten bewirken zu wollen. Alle
drei begannen wie Sandra mit guten Vorsätzen, starkem
Idealismus und der Einstellung: „Später, wenn ich ausgebil d et
bin, mache ich es anders als viele meiner betriebsblinden Kol-
legen!“.
Möglicherweise hatten sie zu jener Zeit unrealistische
Vorstellungen vom Idealbild ihres Arbeitsbereichs im Ge-
sundheitswesen. Selbstverständlich wollte jeder einzelne
sich intensiv dem kranken Patienten widmen und erwartete
dafür möglicherweise Dankbarkeit. Vielleicht ist es aber
auch ganz normal, dass im Laufe der Zeit Routine einkehrt,
die anfängliche Motivation „strauchelt“ und man sich nicht
mehr so gut in den Patienten hineinversetzen kann? Oder
prägten einen das Umfeld der Arbeitskollegen, Ärzte und
Vorgesetzten, die teilweise respektlose Ansichten ĂĽber die
Patienten äußerten? In vielen Einrichtungen existieren zwar
Leitbilder und Vorgaben, die alle Mitarbeitenden dazu auf-
fordern, Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Aber wer
hält sich daran? Viele Betriebe erarbeiten ein Leitbild und
lassen es anschließend bei der durch Qualitätsmanagement-
systeme geforderten Erarbeitung bewenden: Es wird nicht
gelebt, ein regelmäßiges „Update“, eine kritische Auseinan-
dersetzungmit eventuell notwendiger Aktualisierung unter-
bleibt. Möglicherweise mangelt es auch nur an Selbstdiszi-
plin? Ist dies auch ein Grund, dass die Ideale von damals
heute unter den Tisch fallen?
Eine patientenorientierte Einstellung, es besser machen
zu wollen als die routinierten Kollegen, erleben die meisten
Berufsstarter in der Ausbildung. Aber nicht nur dort:Gehört
6 Kapitel 2 · Ein Einstieg
es nicht auch zum Zauber eines jeden Neustarts? Nehmen
sich nicht alle Liebespaare vor, später mal eine bessere Bezie-
hung zu fĂĽhren, die eigenen Kinder anders zu erziehen, als
FĂĽhrungskraft andere Prinzipien umzusetzen, als die be-
kannten (Willemsen 2010)?! Und doch verblassen im Laufe
der Zeit bei vielen Kollegen diese Vorsätze. Roger Willemsen
schreibt dazu:
Ĺ® Die ErfĂĽllung im Beruf zu suchen ist wie Heiraten, um die
Liebe zu finden. Und so werden Ehepaare daraus: Erst be-
deckt sie der Mehltau der Gewohnheit, dann die Taubheit
der Routine, dann der Panzer der Enttäuschung, schließ-
lich verkappen sie sich in der RĂĽstung der Bitterkeit.
j
Richten Sie Ihre Kompassnadel neu aus
Welche Wege gibt es, nach Jahren Berufserfahrung den Fo-
kus der beruflichen Tätigkeit wieder auf Patienten zu richten
und zum Idealismus des Beginns in realistischer Weise zu-
rĂĽckzukehren? Eine solche Haltung wirkt enorm positiv auf
die Arbeitszufriedenheit (Braun u. MĂĽller 2005). Wenn es
Mitarbeitenden gelingt, sich wieder empathisch, also ein-
fĂĽhlsam in den Patienten oder Bewohner hineinzuversetzen,
reduzieren sich bei ihnen die erlebten Stressoren (Stressaus-
löser) und die Mitarbeiterzufriedenheit steigt (7 Top im Job:
Nicht ärgern, ändern).
Wie schaffen Siees, in diese Richtungzu steuern?Woran
können Sie und Ihre Kollegen sich orientieren?
Nur wenige Patienten erwarten einen ĂĽbertriebenen
„First­Class­Service“, der Großteilder Patienten jedoch eine
gute Behandlung und Pflege und die Sicherstellung von ge-
sellschaftlich akzeptierten BedĂĽrfnissen wieFreundlichkeit,
einen gewissen Respekt sowiezuvorkommendeAngestellte.
„Schließlich hat man ja diese Leistungen über seinen Monats -
beitrag an die Krankenkasse auch bezahlt.“, denken sich viele
Patienten. Und doch wurden und werden diese Selbstver-
2
2.1 · Kunde norie ntierun g 7
ständlichkeiten des menschlichen Miteinanders nicht im-
mer erfüllt und die Orientierung an den Patienten gerät
aus dem Blick. Auch Sandra erinnert sich konkret an eine
demotivierende Situation in ihrer Ausbildung.
Es wird gemacht, was ICH sage
Die Stationsleitung einer HNO-Station mit dem Spitznamen:
„Die Hexe“ delegierte eine ärztliche Medikamentenanordnung
an sie. Weil sich der Patient ĂĽber eine zu starke Sekretproduk-
tion bei liegendem Tracheostoma beklagte, sollte Sandra ihm
das Medikament ACC bringen. Der Patient weigerte sich ihr ge-
genĂĽber, es zu nehmen. Er entgegnete, er brauche nichts zum
Lösen, sondern zum Reduzieren der Sekretion. Sandra gab die-
se Info direkt ihrer Stationsleitung weiter. Im harschen Tonfall
befahl diese der Lernenden, das Medikament trotzdem sofort
dem Patienten zu bringen, und wenn dieser es nicht einneh-
men würde, käme sie persönlich vorbei! Sandra machte ihrer
Vorgesetzten den freundlichen Vorschlag, doch den Arzt darauf-
hin anzusprechen. Dieses lehnte die Vorgesetzte ab. Auf dem
Stationsflur begegnete Sandra damals zufällig dem Stationsarzt
und erklärte ihm, was passiert war. Dieser sprach mit dem Pa-
tienten und änderte seine Anordnung entsprechend den Patien-
tenwĂĽnschen ab. In Sandras restlichem Ausbildungseinsatz
sprach die Stationsleitung kein Wort mehr mit ihr.
Sandra war als Lernende empört, weil das Verhalten ihrer
Vorgesetzten klar gegen die Grundsätze der Patientenorien-
tierung verstoĂźen hatte. Und doch erlebt sie heute, dass fra-
gende Patienten bei Betätigung des Servicerufs manchmal
von Pflegenden unfreundlich „abgefertigt“ werden oder
während eines Gesprächs kaum Blickkontakt stattfindet –
kurzum, die in vielen Klinikprospekten propagierte Aussa-
ge: „Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt!“ wird von eini­
gen Mitarbeitenden aus Kliniken, Heimen und Praxen ein-
deutig missachtet.
8 Kapitel 2 · Ein Einstieg
Nicht nur Praxisanleitende, sondern alle Pflegenden
spüren die Unmöglichkeit, hohe Qualitätsansprüche man-
gels Zeit umsetzen zu können (Kersting 2017).
Unbestritten ist, dass dieArbeitsverdichtung bei gleich-
zeitigem Personalabbau zugenommen hat. Dieser Tatbestand
reduziert nachweislich eine patientenorientierte Einstellung
(www.next.uni-wuppertal.de). Aber beiallen in diesemBuch
beschriebenen realen Beispielen aus dem Berufsalltag be-
stand eineausreichendePersonalbesetzung, dies ist also nicht
alleinige Ursacheder unprofessionellen „Ausrutscher“!
> Neben Fallzahlen, Auslastung und Case-Mix sollte
Ihre Geschäftsführung als oberstes Ziel eine umge-
setzte Kundenorientierung anvisieren.
Nachfolgend wird diese Empfehlung ausfĂĽhrlich begrĂĽndet.
Zahlen sind zwar fĂĽr die Buchhaltung wichtig. Aber sie
eignen sich nicht ausschlieĂźlich, die wahren Defizite oder
Ressourcen bzw. Potenziale eines Betriebs zu erfassen (LĂĽthy
u. Buchmann 2009). Zahlen bilden keine aktuellen Prozesse
ab, sondern stellen die Ergebnisse der Leistungen aus der
Vergangenheit dar. Gerade die scheinbar diffusen nachfol-
genden Kriterien sind wichtiger als Zahlen:
4 der Nutzen durch zufriedene Patienten,
4 die Leistungsressourcen von motivierten Mitarbeiten-
den sowie
4 die positiveAuĂźenwirkung eines engagierten Teams.
Denn wenn in Betrieben nur noch mit Zahlen und Sollgrö-
Ăźen argumentiert wird, besteht die Gefahr, den entscheiden-
den Motivator zu verlieren. Möglicherweise werden dann
gesellschaftlich geforderte Selbstverständlichkeiten und
Höflichkeiten unterlassen. Dann hat man keine Zeit anzu-
klopfen und das „Herein“ abzuwarten.
Viele Mitarbeitendebemerken dies selbst und leiden un-
ter der festgestellten Abweichung. ImVerlauf der Jahre baut
2
2.1 · Kunde norie ntierun g 9
sich bei einigen ein regelrechtes „Feindbild“ zu Patienten
bzw. Bewohnern und Angehörigen auf. Womöglich benöti-
gen diese Mitarbeitenden keine Schulungsinhalte zu Höf-
lichkeit und Freundlichkeit, denn vieles spricht dafĂĽr, dass
ihre Fähigkeiten nach wievor vorhanden sind:
Es geht auch anders
Pflegerin Sandra verhält sich interessanterweise ganz anders,
wenn ihre eigenen Freunde/Familienangehörige oder der
Geschäftsführer des Hauses als Patienten aufgenommen wer-
den. Da bietet sie z. B. aktiv (auf den Patienten zukommend)
mögliche Wahlalternativen an und verwendet „Bitte, Danke,
Gerne!“ und achtet darauf, die Bedürfnisse der ihr persönlich
bekannten Patienten zu befriedigen.
Somit scheint ein Wissen um höfliche Handlungsweisen
vorhanden zu sein, aber nur unzureichend bei „Standard­
patienten“ angewendet zu werden. Martin Pohlmann be-
schreibt dazu in seiner Dissertation (Pohlmann 2005), dass
tendenziell eher „sympathische“ Patienten von Pflegenden
eine persönliche Zuwendung, quasi als „optionale Zusatz­
leistung“ erhalten. Mit den „unsympathischen“ Kranken
wird entweder nur das Nötigste oder gar nicht gesprochen.
So engagieren sich manche Mitarbeitende vorwiegend fĂĽr
die Patienten, die nach ihrer Einschätzung wirklich gesund
werden möchten. Und sie verlieren ihr Engagement, wenn
es dem Patienten selbst einerlei ist. Nicht jeder findet den
anderen sympathisch. Im Privatleben ist das kein Problem
– wohlaber im Berufsleben. Denn der sympathischeund der
unsympathischePatient zahlen beide das Gleiche. Aus wel-
chem Grund kommt es zu dieser Ungleichbehandlung?
Es scheinen verschiedene Moralebenen zu existieren.
Niemals wĂĽrde man nahen Menschen (Familie, Freunden,
aber auch Vorgesetzten) eine schlechte Leistung anbieten
oder den Service verzögern. Die Moralgegenüber Fremden
10 Kapitel 2 · Ein Einstieg
ist weitaus dehnbarer. Ohne große Gewissensbisse verhält
man sich unbekannten Personen gegenĂĽber reduziert und
verweigert den Rund-um-Service häufig mit Ausreden, wie
z. B.
4 „Dafür haben wir keine Zeit.“,
4 „Das istzu teuer!“,
4 „Das haben wir immer schon so gemacht!“.
2.2 Das erwartet Sie
Dieses Buch versucht Ihnen neue Sichtweisen und eine an-
dere Perspektiveim Umgang mit Patienten bzw. mit „Kun­
den“ aufzuzeigen. Zunächst lernen Sandra, Meike, Holger
und Elli, was Kundenorientierung ĂĽberhaupt bedeutet und
warum ihre persönliche Ursprungsmotivation, Patienten zu
helfen, schwächer geworden oder gar verloren gegangen ist.
Der Leser erfährt, für wen er selbst Kunde ist und wer seine
Kunden sind und in welchen Situationen der Kundenbegriff
fĂĽr kranke Patienten falsch ist.
> Ihnen könnte beim Lesen klar werden, dass es stimmt,
Patienten als Ihre echten Arbeitgeber zu bezeichnen.
DarĂĽber hinaus erhalten Sie neue Perspektiven (. Abb. 2.1),
um Ihremöglicherweise vorhandenen Vorurteile gegenüber
Privatpatienten zu verändern. In den weiteren Kapiteln er-
halten Sie das notwendige Handwerkszeug, um sich profes-
sioneller kundenorientiert zu verhalten. Sie erhalten Ant-
worten auf die Fragen:
1. Woran erkennen Sie kundenorientiertes Verhalten in
Praxis, Pflege, Service, Kommunikation?
2. Wie erkennen, erfĂĽllen und ĂĽbertreffen Sie Patien-
tenerwartungen?
3. Wie nutzen Sie im Umgang mit fremden Patienten
strategisch den Sympathiefaktor?
2.2 · Das erwartet Sie
. Abb. 2.1 Persp ektivw echsel
4. Wie schĂĽtzen Sie sich vor ĂĽberzogenen Patienten-
erwartungen und wie grenzen Sie sich ab?
5. Wie erspĂĽren und bearbeiten Sie professionell Be-
schwerden, d. h. ohne selbst dabei ärgerlich zu werden?
6. Wie meistern Sie Engpasssituationen?
7. Wie arbeiten Sie mit Ja-StraĂźen, um Patienten in einen
besseren Zustand zu begleiten?
8. Wie erlangen Sie eine Widerstandsfähigkeit gegenüber
aggressiven internen und externen Kunden?
9. Was gehört im Kontext des Gesundheitswesens konkret
zu Freundlichkeit, Höflichkeit, Gefälligkeit, Ehrlich-
keit?
10. Was sollteunter einem professionellen Erscheinungs-
bild (Kleidung, Frisur, Make-up, Namensschild,
Ansprache) verstanden werden?
11. Welche positiven Auswirkungen hat ein hohes Exper-
tenwissen auf IhreArbeit?
12. Welche wissenschaftlichen Grundlagen zumGefĂĽhls-
management unterstĂĽtzen das Konzept?
13. Wie bauen Sie durch die Instrumente des Bezugskon-
takts systematisch Vertrauen zu fremden Menschen auf?
11
12 Kapitel 2 · Ein Einstieg
Betrachten Sie die dargestellten Perspektiven und Sichtwei-
sen. Praktizieren Sie ungewohntes Denken, um neue Sicht-
weisen zu kultivieren. Selbstverständlich ist der Mensch ein
„Gewohnheitstier“ und man trennt sich nicht so gerne von
liebgewonnenen Einsichten, auch wenn diese kontrapro-
duktiv sind. Darum hier ein Tipp fĂĽr den Umgang mit die-
sem Buch:
Immer, wenn es Aussagen zu möglichen Zukunftstrends
und Visionen gibt, die demnächst einmal Wirklichkeit
werden könnten, sind diese mit der Überschrift „Ausblick“
gekennzeichnet.
Fazit
4 Ziel des ersten Kapitels ist es, in den Themenbereich der
Kundenorientierung allgemein einzufĂĽhren.
4 Ihnen könnte unter Umständen bewusst werden, dass
Sie eine Veränderung bezüglich Ihrer Patientenorientie-
rung damals und heute feststellen.
4 Obwohl einige Mitarbeitende genau wissen, was zu den
guten Umgangsform en gehört, wenden diese sie nicht
bei allen Patienten an.
Vielleicht gelingt es Ihnen, beim Lesen folgende Einstel-
lung zu diesem Buch zu entwickeln: Sie betreten ein
Delikatessengeschäft. Es wäre unrealistisch alles mit-
nehmen und erw erben zu wollen. Sie entscheiden
selbst, ob und was Sie kaufen. Markieren Sie einfach die
Stellen im Buch, die es bei Ihrer ersten Durchsicht „wert“
sind, später noch einmal durchdacht zu werden. Wenn
Sie es bis zur letzten Seite durchgearbeitet haben,
verfĂĽgen Sie ĂĽber ein ganzes Arsenal an hilfreichen
Anregungen. Also, nur zu!
Praxistip
Literatur
Literatur
Braun B, MĂĽller R (2005) Arbeitsbelastung und Berufsausstieg
bei Krankenschw estern. Pflege Gesellschaft 3: 131–141
Kersting K (2017) Ein unauflöslicher Widerspruch: Das Dilemma
der Pflegeausbildung. Dr. med. Mabuse 228: 24–26.
LĂĽthy A, Buchmann U (2009) Marketing als Strategie im Kranken-
haus. Kohlham m er, Stuttgart
Pohlman n M (2005) Beziehung pflegen. Huber, Bern
Willemsen R (2010) Der Knacks. Fischer, Frankfurt
www.next.uni-wuppertal.de
13
3.1 Status Quo
Bei allen Themen, die sich mit persönlicher Haltung und
Einstellung beschäftigen, empfiehlt es sich zunächst für den
Leser, den eigenen „Status Quo“ festzuhalten. UmIhre An-
sichten fĂĽr Sie nachvollziehbar zu betrachten, sollten Sie die
nachfolgenden Fragen beantworten. Der Einfachheit halber
darf vorausgesetzt werden, dass im Fragebogen der Begriff
des „Patienten-Kunden“ mit dem Begriff „Bewohner-Kun-
den“ gleichgesetzt werden darf. Ob überhaupt der Bewohner
eines Seniorenheimes oder der Patient einer Arztpraxis oder
Klinik ein Kunde ist, wird direkt nach dem Fragebogen ge-
klärt. Wichtig ist festzuhalten, was Sie jetzt, also vor der wei -
teren LektĂĽredarĂĽber denken!
Mit der Beantwortung dokumentieren Sie Ihre heutige
Meinung. Wenn Sie den Rest des Buches gelesen haben,
kann es sein, dass sich IhreEinstellung verändert hat. Solche
Veränderungen, die sich der Leser bewusst macht, gelten als
Indikatoren fĂĽr erfolgreiches Lernen und festigen neues
Wissen. Aus diesem Grunde beantworten Sie bittedie nach-
folgenden Fragen ganz wahrheitsgemäß nur für sich alleine
(. Tab. 3.1)!
15
Patienten-Kunden
© Springer-Verlag GmbH Deutschland,
ein Teil von Springer Nature 2019
G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien-
tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob)
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_3
16 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
. Tab. 3.1 Meine Kundenorientierung
Lehne
ich voll-
ständig
ab
Lehne
ich teil-
weise
ab
Stimme
ich teil-
weise zu
Hier
stimme
ich voll-
ständig
zu
Patienten-Kun-
den sind Könige!
Patienten-
Kunden haben
immer Recht!
Ich arbeite gerne
mit Patienten-
Kunden.
Schwierige Pa-
tienten -Kun den
nerve n mich.
Mir ist egal, was
der Patienten-
Kunde ĂĽber mich
denkt.
Selbstcheck: Kundenorientierung
Das Ausprä gung sraste r wurde ganz bewusst ohne eine
neutrale Antwortm öglichkeit gewählt. Dadurch lassen sich
Tendenzen besser darstellen. Sollten Sie bei manch en
Fragen zur Mitte hin tendieren, so achten Sie auf Ihr Bauch-
gefühl oder betrachte n Sie Ihre „innere Mimik“: „Welche
Aussagen bewirken ein inneres Lächeln?“. Oft gelangt man so
zu einer „Bauch entscheidun g“. Mit den unterschiedlich en
Antworten vor und nach der LektĂĽre stellt sich Ihre Einstel-
lungsve ränd erun g grafisch dar, dazu könnten Sie unter-
schiedlich e Farbstifte zum Eintrag en Ihrer Antwo rte n be-
nutzen.
3.1 · Status Quo
. Tab. 3.1 (Fortsetzung)
Lehne
ich voll-
ständig
ab
Lehne
ich teil-
weise
ab
Stimme
ich teil-
weise zu
Hier
stimme
ich voll-
ständig
zu
Patienten-Kun-
den und Mitar-
beitendesind
gleichberechtigte
Partner.
Manch mal fĂĽhle
ich mich Patien-
ten-Kunden
gegenĂĽ ber ĂĽber-
legen.
Manch mal fĂĽhle
ich mich Patien-
ten-Kunden
gegenĂĽ ber unter-
legen.
Ich habe das
Recht Patienten-
Kunden in Ihre
Grenzen zu
verweisen.
Es ist mir unange-
nehm, wenn sich
Patienten-Kun-
den ĂĽber mich
beschweren.
17
18 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
. Tab. 3.1 (Fortsetzung)
Lehne
ich voll-
ständig
ab
Lehne
ich teil-
weise
ab
Stimme
ich teil-
weise zu
Hier
stimme
ich voll-
ständig
zu
Wenn sich Patien-
ten-Kund en nicht
an Regeln halten,
schaue ich darĂĽ-
ber weg.
Ich durchschaue
die HintergrĂĽn de,
warum sich
meine Motivation
verringert hat.
Grundsätzlich bin
ich höflichund
freundlichund
gehe aktiv auf
Patienten-Kun-
den zu.
Eine kunde nori-
entierte Sprache,
zum Beispiel:
„Gerne, wie zufrie-
den waren Sie?“,
fällt mir leicht.
Patienten-Kun-
den gegenĂĽbe r
fĂĽhle ichmichbei
meinen Dienst-
leistung en ĂĽber-
wiegend kompe-
tent und sicher.
3
3.3 · Patientenorientieru ng 19
3.2 Kundenorientierung
Der Begriff Kundenorientierung ist derzeit in aller Munde.
Je weniger ausgeprägt eine Kundenorientierung, desto ge-
ringer ist die Zufriedenheit der Patienten oder Bewohner. In
Folge dessen reduzieren sich langfristig die Umsätze der
Einrichtung und damit die Chancen, sich am Markt zu be-
haupten.
Daher sollte das gesamte Unternehmen ĂĽberprĂĽfen,
welche Möglichkeiten es aktuell und zukünftig hat, um
WĂĽnsche und BedĂĽrfnisse der Kunden zu erfĂĽllen. Die Mit-
arbeitenden im Marketing versuchen, sich in den Kopf des
potenziellen Kunden hinein zu denken und entwickeln so
zukunftsfähige Dienstleistungen und Produkte. Durch Kun-
denorientierung wird auch den Unternehmen im Gesund-
heitssektor klar, wer zu ihren Kunden zählt, was diese moti-
viert, aber auch was evtl. eine erneuten Kontakt verhindert.
3.3 Patientenorientierung
ist Kundenorientierung
Der Begriff Patientenorientierung wurde erstmals im Ge-
sundheitsstrukturreformgesetz 2000 festgeschrieben, fand
aber bereits Jahrzehnte vorher Anwendung. Nach eindeu-
tiger Festlegung seitens des Gesetzgebers sind alle Leistun-
gen, Interaktionen, Prozesse und Strukturen demnach auf
Patientenorientierung hin zu ĂĽberprĂĽfen und auszurichten.
Viele aktuelleStudien belegen die Notwendigkeit einer prak-
Kundenorientierung
20 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
tizierten Patientenorientierung (Grossmann et al. 2018; Mc-
Cormack u. McCance 2017). Bei einer solchen Ausrichtung
nehmen die Mitarbeitenden den Patienten als Individuum
wahr, gehen auf seine BedĂĽrfnisse, WĂĽnsche, Ziele und Er-
wartungen ein und pflegen bzw. behandeln ihn entspre-
chend. Patientenorientierung ist eine konkrete Forderung
im Qualitätsmanagement und der Erfüllungsgrad dient als
Qualitätsmerkmal in der Leistungserbringung. Das, was in
den letzten Jahrzehnten häufig als Patientenorientierung
postuliert wurde, hat eine groĂźe Schnittmenge zur Kunden-
orientierung. Letztere geht sogar noch etwas weiter, da sie
dem Patienten mehr Eigenständigkeit, Freiheit und Selbst-
bestimmung, kurzum die bekannte Kundenautonomie (be)
lässt. Ähnlich denkt der Ethiker Prof. Martin W. Schnell,
wenn er schreibt (Schnell 2017):
Ĺ® Patienten sind nicht nur Kunden, aber wenn sie korrekt
als Kunden behandelt werden, dann kann sich dadurch
ihre Behandlung als Mensch verbessern.
Frömming-Ohmke (2000) berichtete zur Jahrtausendwende,
dass ein Teilder Pflegenden mit Unverständnis und Zurück-
haltung reagiert, wenn fĂĽr Bewohner und Patienten der Be-
griff Kundeverwendet wird:
Ĺ® Die FĂĽhrungs- und Verwaltungsebene hingegen fordert
diese Sichtweise und entsprechendes Verhalten ihrer
Mitarbeiterinnen, da der Patient durch seine Anwesen -
heit die wirtschaftliche Basis einer Einrichtung schafft.
Da die Pflegenden jedoch meist keine entsprechend e n
Schulungen bekommen, wird Kundenorientierung wei-
terhin nicht verw irklicht.
Im Gegensatz zur „Patientenorientierung“ bezeichnet die
personenzentrierte Gesundheitsversorgung, ein theore-
tisch fundiertes Wertesystem, das weltweit zunehmend Be-
achtung findet. Nach Auffassung von Grossmann et al.
3
3.3 · Patientenorientieru ng 21
(2018) greift der Terminus „Patientenorientierung“ zu kurz,
um die BedĂĽrfnisse der mit Gesundheit und Krankheit be-
fassten Personen zu beschreiben. Patientenorientierung re-
duziert einen kranken Menschen auf eine einzige Rolle,
nämlich die des Patienten. Darum ist alternativ in zahlrei-
chen Publikationen von Personenzentrierung die Rede. Die
Autoren begründen es auch damit, weil sich die Persönlich-
keit der Betroffenen nicht allein durch die Krankheit defi-
niere. Zudem sind nicht nur Patienten sondern auch die
Angehörigen und die Mitarbeitenden von der Krankheit
oder PflegebedĂĽrftigkeit betroffen (Grossmann et al. 2018).
3.3.1 Kundenorientierung ist nichts Neues
Eine erfolgreiche und langfristige Kundenorientierung, wie
diese in Wirtschaft und Verkauf schon immer besteht,
schafft nicht nur Vertrauen und Markentreue, sondern stellt
die BedĂĽrfnisse des Kunden in das Zentrum.
Verlässlichkeit zählt
Kunden von Panasonic, Mercedes-Benz oder Amazon.de
geben Verlässlichkeit als Kaufbegründung an.
Gesamte Entwicklungsabteilungen der Industrie ĂĽberlegen,
wie sie die Anliegen ihrer Kunden noch besser befriedigen
können. Mit diesem Ansatz hat Sony den ersten Walkman
erfunden und Appledas iPhoneweiterentwickelt und so ver-
änderten sich in den vergangenen Jahren auch viele Opera-
tionsmöglichkeiten von Kliniken. Noch in den 1990ern war
es völlig abwegig, dass Chefärzte gemeinsam mit Pflegend en
und Physiotherapeuten regelmäßige Informationsveranstal-
tungen fĂĽr Patienten organisieren, um neue Kunden zu
akquirieren (gewinnen). Damals herrschte in vielen Einrich-
tungen ein so starkes Machtgefälle mit Statushierarchien,
22 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
dass es regelrecht undenkbar war, dass Ă„rztegemeinsam mit
anderen Berufsgruppen solche Veranstaltungen durchfĂĽhr-
ten. Heute gibt es kaum noch ein Haus, das entsprechende
Informations- besser aber „Werbeveranstaltungen“ nicht
anbietet. Dadurch soll der „Markt“ der z. B. bisher noch
nicht operierten potenziellen (möglichen) Patienten er-
schlossen werden. Der Erfolg dieser Veranstaltungen hat
starken Einfluss auf dieOP-Auslastungder jeweiligen Abtei-
lung. Glaubte man frĂĽher noch, die Patienten kommen so-
wieso in Klinik und Praxis, so haben viele Unternehmen
erfahren müssen, dass die Konkurrenz nicht schläft und
teilweise attraktivere Angebote bereithält. Erstaunt wird
dann festgestellt, dass bereits einige der jahrzehntelangen
treuen „Stammpatienten bzw. -kunden“ abgewandert sind.
… ich bin dann mal weg …
Beispielaussage eines Patienten: „Ich bin zwar hier in dem Kran-
kenhaus geboren und lag auch wegen meinem Unfall und der
Galle vor Jahren hier – aber wegen der neuen Herzklappe bin ich
ins Nachbarhaus gegangen. Der Kardiologe soll gut sein und die
Pflegenden dort wären personell viel besser besetzt und freund-
licher als hier. Hier sind die nur am Hetzen. Und einen KĂĽhl-
schrank auf jedem Zimmer, mit kostenlosem Mineralwasser und
Fruchtsaft haben auch nur die Anderen!“
Gerade im Sektor der operativen Fächer erkannten die Fach-
leute, dass der Patient nicht mehr als schwacher und hilfloser
Empfänger von Normleistungen, sondern als selbstbestim-
mender und zahlender „Verbraucher“ bzw. Kunde angese-
hen werden muss. Um diese Kunden sollte geworben wer-
den, denn werden die notwendigen Fallzahlen unterschrit-
ten, darf das Krankenhaus diese Operationen in Zukunft
nicht mehr anbieten. Damit brechen einer Einrichtung be-
achtliche Einnahmen ersatzlos weg.
3
3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 23
3.4 Ist jeder Patient ein Kunde?
Lassen Sie uns aber auch ĂĽberprĂĽfen, ob wir pauschal alle
Patienten als „Kunden“ betrachten können. Inwieweit also ist
dieser Begriff auf „die Patienten”von Krankenhäusern, Hei-
men, Pflegediensten und Praxen ĂĽbertragbar? Der Kundeei-
nes Geschäfts bzw. der Gasteines Hotels kann sich das Unter-
nehmen selbst aussuchen (z. B. eines von vielen ReisebĂĽros ).
Er kann Anfangund Ende(z. B. dieFerientermine der Kinder
berücksichtigen), die Qualität der Leistung (z. B. Ein- oder
FĂĽnf-Sterne-Hotel) oder sogar die Nichtinanspruchnahme
einer Dienstleistungselbst bestimmen (z. B. Stornobedingun-
gen wählen). Schließlich kennt er den Preis und bezahlt die
Ware mit seinem eigenen Geld. Seine WĂĽnsche sind konkret
auf die Leistung ausgerichtet. Der Reisegast kann seine Be-
dürfnissevor Ort immer wieder äußern (z. B. im Hotelan der
Rezeption ein anderes Zimmer einfordern) und ist dabeinicht
unbedingt auf die Hilfe und das Können anderer angewiesen.
Er kann die Qualität seiner gekauften Ware bzw. der gebuch-
ten Dienstleistung direkt ĂĽberprĂĽfen und hat in der Regel
beim Einkaufen oder bei der Inanspruchnahme der Dienst-
leistung eine positiveEmpfindung.
Durch den Zustand und die Auswirkung seiner Krank-
heit verhält sich ein Patient nicht immer so, wie er sich als
Kunde in einem Geschäft verhalten würde, zumal seine
Krankheit im Gegensatz zur Urlaubsreise nicht planbar ist.
Eine 100%ige Ăśbertragung, wie in Handel und Gastrono-
mie, wo jede Person als Kunde oder Gast das Haus betritt,
lässt sich im Gesundheitssektor nur teilweise vornehmen.
Ein Patient ist Bedürfnisträger mit der Einschränkung, dass
er im Krankheitsfall nicht die Wiedererlangung der Gesund-
heit durch konkrete Festlegung der pflegerischen Behand-
lung bestimmen kann (Haubrock u. Schär 2000).
Als Kunde eines Anbieters schlieĂźe ich einen Vertrag,
kann z. B. ein funktionierendes neues Gerät bestellen und
24 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
die ErfĂĽllung des Kaufvertrags notfalls gerichtlich einklagen .
Auf die Heilung eines Hirntumors habe ich keinen juristi-
schen Anspruch, wohlaber auf die Behandlung.
Ebenso entscheideich als Hotelgast, ob ich das Wellness-
angebot A, B oder C dazu buchen möchte. Als Leistungsver-
anlasser ist ein Patient eingeschränkt, denn in der Regel
entscheidet der Arzt, welcheLeistungen der Kranke benötigt
und erhält. Die Krankenkasse entscheidet, ob die anfallen-
den Kosten ĂĽbernommen werden. FĂĽr den Patienten ist die
Autonomie dadurch deutlich eingeschränkt, nichts desto
trotz ist der Patient der eigentliche Kunde.
Stellen Sie sich ein akutes Unfallgeschehen vor: Der Pa-
tient hat häufig keinen Planungsspielraum, in welche Klinik
oder Praxis er möchte. Zudem entscheiden manche Ange-
hörigen über die Pflegebedürftigen hinweg. Auch ein suizi-
daler Patient sieht oft keine Indikation fĂĽr eine Behandlung.
Bei unzureichenden finanziellen Zuzahlungsressourcen
kann sich ein Patient diePflege in einer bestimmten Einrich-
tung nicht erlauben. Es wird manchmal suggeriert, Men-
schen hätten beim Thema Gesundheit die Wahl – genauso
wie bei neuen Kleidungsstücken und sie hätten daher auch
die Kontrolle in Situationen, wo sie diese doch in Wirklich-
keit am wenigsten haben (Haubrock u. Schär 2000).
Der Verkäufer eines Anzugs betrachtet mich als Kunden
als konkreten Menschen zwar gleichgĂĽltig, aber er kund-
schaftet meine persönlichen Bedürfnisse, Schwächen und
Hoffnungen möglichst geschickt aus, um dieses Wissen für
seinen Verkaufserfolg einzusetzen. Zu diesem Zweck sollten
sich die „Bedienenden“ einfühlen und durch ihr Verhalten
mit den Worten von Karl Marx „einen liebenswürdigen
Schein entwerfen“ (Nerdinger 2003).
Im Unterschied zur Beziehung zwischen Verkäufer und
Kunde ist die Beziehung in der Pflege mehrdimensional. Es
kommt nicht nur auf Freundlichkeit, sondern auf fachspezi-
fisches Wissen und eine gute Ausbildung an. Gerade im
3
3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 25
Heimsektor oder bei chronisch kranken Patienten geht es
nicht um einen kleinen Anteilam Leben der Patienten, son-
dern es bestehen Abhängigkeiten. Der Patient kann nicht auf
Pflege verzichten und sich kurzfristigumorientieren. Er be-
nötigt die Pflege existenziell. Trotzdemkann er sich mittel-
fristig fĂĽr einen alternativen, vielleicht sogar besseren Pfle-
geanbieter entscheiden.
Aufgrund ihres Laienwissens können „Durchschnitts-
patienten“ nur bedingt Qualität und Richtigkeit der Leistun-
gen beurteilen. Zwar bieten immer mehr Online-Portale
Hilfestellungen in medizinisch-pflegerischen Fragen. Auch
Rankings ĂĽber die besten Arztpraxen, Heime und Kliniken
stehen der Bevölkerung z. T. kostenlos zur Verfügung. Aber
ohneEinbindung von Experten ist nur schwer eine Entschei-
dung ĂĽber Behandlungsformen und Wege zu treffen. Patien-
ten können die Qualität der Leistung nur bewerten, nach-
dem die direkte Pflege oder Behandlung begonnen wurde
(. Abb. 3.1).
Wie bereits erwähnt kann sich der Patient das Kranken-
haus nur bedingt aussuchen. Aufgrund des plötzlichen Ge-
schehens oder seines Krankheitszustands werden Kranken-
hausaufnahme und Anteile der Therapie als negativ (z. B.
schmerzhaft) empfunden. Die WĂĽnsche des Patienten sind
primär auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit ausge-
richtet. Zudem ist er nicht immer in der Lage, seine WĂĽn-
sche zu äußern und ist dabei unmittelbar auf die professio-
nelle Hilfe anderer angewiesen (z. B. ein dementer Heimbe-
wohner), oder kann er seine Bedürfnisse gar nicht äußern
(z. B. ein Komapatient). Die entsprechende Leistung wird
von Fachkräften verordnet und festgelegt. Dazu kommt
auch, dass viele Patienten Verhaltensweisen zeigen, die ih-
rem Krankheitszustand nicht zuträglich sind; Patienten
mĂĽssen entgegen ihrem Willen auf vormals liebgewonnene
und gewohnte MaĂźnahmen verzichten (z. B. Abnehmen,
Sport treiben, Rauchen abgewöhnen). Die Qualität der
26 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
. Abb. 3.1 Falsche Massage? Patient zur Physiotherapeutin
Elli: „Aber warum massieren Sie denn mein Bein, ich bin doch am
Ellenbogen operiert worden?“
medizinischen und pflegerischen MaĂźnahmen kann der Pa-
tient aus seiner Position heraus nicht direkt ĂĽberprĂĽfen, son-
dern er verlässt sich zumeist auf seine persönlichen Empfin-
dungen. Trotzdem oder vielleicht umso eingehender macht
er sich sein persönliches Bild über jene Faktoren, die er si-
cher beurteilen kann: die Freundlichkeit der Mitarbeitenden
sowie ĂĽber Service und Ausstattung des Hauses bzw. der
Praxis.
3.4.1 Kunde in der freien Wirtschaft
All diese Faktoren differenzieren „unsere Gesundheitssys-
temkunden“ von denen der „freien Wirtschaft“. Es ist ein
Unterschied, ob wir mit einer Fluggesellschaft von Frankfurt
3
3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 27
nach San Francisco reisen möchten oder ob wir unseren
BauchspeicheldrĂĽsenkrebs behandeln lassen. Im Gesund-
heitswesen geht es oft umexistenzielle Fragestellungen und
Situationen, die nur wenig mit unbequemen Sitzen in ver-
späteten Anschlussflügen oder einer falsch gelieferten Vor-
speiseim Nobelrestaurant zu tun haben. Es geht um:
4 Vertrauliche Informationen, die noch nicht einmal die
nächsten Angehörigen erfahren sollen,
4 Diagnosen, die die Lebensqualität stark beeinträchti-
gen könnten,
4 Dienstleistungen, die hohe Folgekosten einleiten bzw.
reduzieren können, z. B. Zuschüssebei Pflegebedürf-
tigkeit,
4 UnterstĂĽtzungbei Entscheidungen, die groĂźen Einfluss
auf die Lebensqualität haben, weil es z. B. um lebens-
lange Phasen von PflegebedĂĽrftigkeit geht,
4 den Nutzen aktuellen Fachwissens aus Pflegewissen-
schaft, Medizin, Physiotherapie, PsychologiefĂĽr den
Patienten-Kunden.
Auch sind PatientenwĂĽnsche fĂĽr die Gesundheit nicht im-
mer heilsam und hilfreich. Gerade kranke Menschen, die
manchmal nur vermindert selbst oder alleine entscheiden
können, sind nicht in allen Lebensbereichen autarke (selb-
ständig) entscheidende Kunden.
Und doch gibt es Gemeinsamkeiten mit den bekannten
Dienstleistungsberufen, die Service bieten: Patienten erwar-
ten in vielen Situationen eine ähnliche Freundlichkeit, Res-
pekt und Höflichkeit, wie es die Kollegen im Fluggastgew er -
be, Hotelgastronomie oder im Verkauf bieten. Hier können
wir sicher professioneller werden!
Hinzu kommen weitere „krankheitsspezifische“ Fak-
toren:
4 Bei manchen Erkrankungen beeinflussen psychische
Einschränkungen das Krankheitsbild. Der schizoide
28 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Heimbewohner verhält sich nicht wie ein orientierter
älterer Mensch.
4 Patienten sind weniger souverän und mündig als
Kunden z. B. im Einzelhandel. Demnach mĂĽssen sieals
„Kunden im Gesundheitswesen“ deutlich höhere „Hür-
den“ bewältigen (Kranich 2016). Sie müssen sich aktiv
fĂĽr oder gegen etwas entscheiden und sollen dabei Ver-
antwortung fĂĽr sich ĂĽbernehmen. (Kranke) Menschen
sind hier schnell ĂĽberfordert.
4 Ebenso unterscheidet sich die Art der Beziehung:
Wenn ich zum Kundenberater der Bank gehe, erwarte
ich nicht, dass er mich tröstet und in den Arm nimmt,
wenn ich den erwarteten Anlagegewinn nicht erreicht
habe. Von Pflegenden wird es unter Umständen erwar-
tet (Quernheim 2013).
4 Patienten, deren „Kaufkraft“ nicht ausreicht,
drohen dabei hin- und hergeschoben zu werden.
Denn kostspielige Patienten werden schnell von
Klinik zu Klinik weiter gereicht. Sie werden bekann-
termaĂźen auch frĂĽhzeitiger als andere in die ambu-
lante Versorgung entlassen oder schneller wieder ein-
gewiesen.
4 Patienten werden aufgrund ihres Status von den
Verpflichtungen gegenĂĽber ihrem Arbeitgeber oder
Familie entbunden. Wer den „gelben Schein“ (AU) hat,
muss nicht zur Arbeit gehen. Damit haben Patienten
Anspruch auf moralische und finanzielle UnterstĂĽt-
zung. Eine solche Statusveränderung geht deutlich über
die Kundenrolle hinaus.
4 Im Gegensatz zum Kunden, der die Hinweise einer Be-
dienungsanleitung missachtet hat und damit jeglichen
Garantieanspruch verliert, darf der Kranke (derzeit
noch) nicht fĂĽr seinen Zustand und sein Handeln juris-
tisch verantwortlich gemacht werden. Auch wenn er
sich noch so gesundheitsschädlich verhält und alle
3
3.5 · „Echte“ Patienten 29
Ernährungs-, Bewegungs- oder Behandlungsvor-
schriften ignoriert.
4 Patienten haben offiziell die Pflicht, ihre Gesundung
voranzutreiben und sollen sich an die Ratschläge und
Anordnungen der Gesundheitsberufe halten. Jemand
mit einer ansteckenden Krankheit kann juristisch ge-
zwungen werden, sich einer Therapiezu unterziehen.
4 Und noch eines unterscheidet sich: Das „Bezahlen“
erledigt der Patient ja auch nicht selbst, oder?
Welche weiteren Argumentekennen Sie, die einen Patienten
oder Bewohner nicht als Kunde erscheinen lassen? Schrei-
ben Sie mir bitte!
3.5 „Echte“ Patienten
Bevor wir uns später mit den „Gemeinsamkeiten“ von Pa-
tienten und Kunden beschäftigen, sollten wir vorab weitere
Begriffe betrachten.
3.5.1 Patientenbegriff
Der Patientenbegriff kommt aus dem Lateinischen (patiens
= erdulden, passio = das Leiden) und umschreibt die zuge-
schriebenen Eigenschaften eines widerstandslos Leidenden
oder Erduldenden. Doch hat sich das Rollenverständnis des
angepassten devoten Patienten, der sich um 5.50 Uhr zum
täglichen Fiebermessen wie in einer Kaserne zur Verfügung
stellt, in den vergangenen 30 Jahren massiv gewandelt. Da-
mit veränderte sich auch die Bedeutung des Begriffs. Eine
freie Arzt- und Klinikwahl gab es schon immer. Patienten
dĂĽrfen, manchmal mĂĽssen sie sich auch entscheiden. So
kann der Patient sich grundsätzlich für Leistungen ent-
30 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
scheiden und diese je nach Wunsch stationär oder ambulant
in Anspruch nehmen oder ablehnen. Patienten werden im-
mer fordernder, kritischer und selbstbewusster. Durch
bessere Aufklärung aufgrund Patientenedukation und ex-
pandierender Beratungsstellen und Beratungsangebote im
Internet formulieren sie gezieltere Fragestellungen und er-
heben Anforderungen an Pflege und Therapie. Unsere Ziel-
gruppe beginnt sich ihrer Macht bewusst zu werden und
„verbündet“ sich im Internet oder auch im realen Leben zu
Patientenorganisationen. Aber wĂĽrden wir das nicht auch
machen, wenn wir auf der anderen Seite und noch dazu
krank wären?
Dadurch hat sich die Selbstwahrnehmung des Patienten
verändert. Mit diesem Wissenshintergrund greifen sie zu-
nehmend aktiv in den Behandlungsprozess ein. Patienten
erwarten im Krankenhaus und Heim eine gewisse Analogie
zu anderen Dienstleistungsbereichen, wie z. B. in einem Re-
staurant. Hierdurch kommt es zum Wechsel von der Rolle
des passiven Teilnehmers der Versorgungskette (Braun von
Reinersdorf 2002), vom „Erduldenden“ zum „Kundigen“
und potenziellen „Käufer von zusätzlichen Dienstleistun-
gen“ in Klinik, Heim und Praxis. Dennoch gilt der nörgelnde
Patient oder der mit vermeintlichen „Extrawünschen“ noch
immer als Störenfried (Frömming-Ohmke 2002).
3.5.2 Patientenrechte ĂĽbersteigen
Kundenrechte
Würden Patienten einseitig als Kunden angesehen, verlören
sie ihre vom Gesetzgeber zugebilligten Patientenrechte
(BMG 2017).
> Die Patientenrechte ĂĽbersteigen deutlich die
bestehenden Verbraucherschutzgesetze.
3
3.5 · „Echte“ Patienten 31
Verbraucherschutzverbände würden jubeln, wenn der nor-
male Kundeeine Füllean solchen Rechten besäße. Demnach
haben Patienten das verbriefte Recht auf wĂĽrdevolle Be-
handlung. Das Selbstbestimmungsrecht gehört dazu. Das
Prinzip der Einwilligung bedeutet das Verbot von Behand-
lungen gegen bzw. ohne Zustimmung des Patienten. Auch
wenn eine „Erfolgsgarantie“ nicht geboten wird, sollten Pa-
tienten sorgfältig und gemäß dem aktuellen Stand der Wis-
senschaft behandelt und gepflegt werden. Sie haben, sofern
ihre Kassedas finanziert, das Recht auf freie Arztwahlund
verständliche Aufklärung, auf eine verstehbare Erklärung
und wahrheitsgemäße Beschreibung der Krankheit und
ihrer wahrscheinlichen Folgen der Therapie sowie der Be-
handlungsalternativen, Risiken, Nebenwirkungen und der
Erfolgsaussichten. Patienten haben das Recht zur Einsicht in
die Patientenakteund können die Einhaltung der ärztlichen
Schweigepflicht von allen Angestellten im Gesundheits-
wesen verlangen. Das liest sich gut, wird aber nicht immer
eingehalten.
Im Gesundheitsbereich sind Leistungsergebnisse von
beiden Seiten abhängig. Wenn ein Patient keineBereitschaft
zur Mitwirkungzeigt, ist fast jede Therapiezwecklos. Ă„hn-
liches gilt z. B. in der Sport- und Wellnessbranche. Neben
der z. B. therapeutisch-pflegerischen Intervention des Leis-
tungserbringers ist auch der Patient immer am Leistungs-
erfolg der Dienstleistung beteiligt. Verweigert ein Patient
seineMitwirkung, so kann kein (Pflege)ziel erreicht werden.
4 Menschen geben gerne etwas mehr aus, wenn sie dafĂĽr
auch bevorzugt behandelt werden und sich Sonder-
rechte „erkaufen“ können.
4 Es ist bekannt, dass Privatpatienten deutlich schneller
Termine in Praxen bekommen und mehr Wahlmög-
lichkeiten haben als Kassenpatienten (Wagner 2015).
4 Kunden, die z. B. in Geschäften und Hotels mehr Geld
zahlen, erhalten teurere Produkteund besseren Ser-
32 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
vice. Das erinnert an die bezahlte Chefarztvisiteeiner
Klinik. Zu den Kassenpatienten kommen diese zumeist
einmal die Woche, bei Privatpatienten mindestens ein-
mal am Tag.
Obwohl alle Patienten in der Regel behandelt werden mĂĽs-
sen, können diese bei Fehlverhalten aus der Praxis, dem
Heim oder der Klinik verwiesen und der Behandlungsver-
trag gekĂĽndigt werden. Sowohl das Personal im Verkauf als
auch im Gesundheitswesen muss sich also längst nicht alles
gefallen lassen. Wer hier Grenzen ĂĽberschreitet, hat mit den
Konsequenzen zu rechnen (7 Kap. 8).
Hey, Süße …
Ein junger, erwachsener, stationärer Patient mit einer Sport -
verletzung, der wiederholt im alkoholisierten Zustand Mitar-
beiterinnen belästigt, wird des Hauses verwiesen. Zudem er-
hält seine Krankenkasse einen Hinweis, dass der Behandlungs-
vertrag aufgrund von Fehlverhalten des Patienten einseitig
gekĂĽndigt ist.
Hinzu kommen weitere Unterschiede zwischen Patienten
und Kunden:
4 Patienten können als Laien die medizinisch-pflege-
rischen Leistungen nur eingeschränkt fachlich beur-
teilen, aber sie können sich sehr wohleine eigene Mei-
nung über die „Umgangsformen“ machen: „Bin ich hier
höflich, freundlich, respektvoll, zuverlässig, pünktlich
behandelt bzw. gepflegt worden?“.
4 AuĂźerdem zahlen auch Patienten fĂĽr die Leistungen im
Gesundheitswesen. Sie genieĂźen den Versicherungs-
schutz ihrer Krankenkasse: „Die kümmern sich dann
schon die Abrechnung!“, für den sie ca. 15% des Lohns
bezahlen.
3
3.5 · „Echte“ Patienten 33
Gesetzliche Krankenversicherung
Eine Angestellte im Gesundheitswesen mit langjähriger
Berufserfahrung und Zusatzqualifikationen verdient brutto
ca. 2.400 €/Monat. Davon zahlt sie monatlich ca. 200 € an ihre
Krankenkasse und ihr Arbeitgeber auch.
Aus diesem Grund entstand beim BĂĽrger eine regelrechte
Vollkaskomentalität. Die meisten erheben den Anspruch:
„Ich zahleja schließlich auch und erwarte einen „All-Inklu-
sive-Service!“. Oft ist dies aber ein Trugschluss, denn es wird
vergessen, dass der Arbeitgeber die andere Hälftedes Kran-
kenversicherungsbeitrags zahlt! Ebenso wird vergessen, dass
dieseKosten kaumden realen Bedarf decken, weil Familien-
angehörige solidarisch mitversichert sind.
Private Krankenversicherung
Ein Privatpatient hingegen zahlt monatlich – je nach Eintritts-
alter in die Versicherung, Vorerkrankungen, Beruf, gesundheit -
lichen Risiken und Hobbys (z. B. sind Tauchen, Skitouren oder
Motorradfahren zuschlagspflichtig) – zwischen 300 und weit
über 1.000 € an seine Krankenversicherung. Dieser erhält im
Krankheitsfall eine Rechnung von Praxis und Klinik und be-
gleicht diese zumeist durch Vorkasse selbst. In diesem Beitrag
sind die Familienmitglieder nicht mitversichert, sondern mĂĽs-
sen extra bezahlt werden.
Mittlerweile können auch Mitglieder gesetzlicher Kranken-
kassen Zuzahlungen „aus eigener Tasche“ beim Praxisbe-
such, bei physiotherapeutische Therapien, für stationäre
Pflege, Medikamente, Rehabilitation, Kuren usw. leisten. Die
aufgeführten Argumente bestärken die Sichtweise, dass Pa-
tienten und Bewohner heute also nicht mehr als passiv-lei-
dende sondern immer öfter als selbstbestimmte Bürger an-
gesehen werden können. Welche Begrifflichkeiten nutzen
wir dafĂĽr?
34 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
3.6 Kundenbegriffe im Gesundheits-
wesen
Im Gegensatz zum Begriff Patientenorientierung ist nach
Strobel (2001) der Begriff Kundenorientierung ein Aus-
druck dafür, dass der Patient stärker als mündiger Bürger
und Partner gesehen wird. Dabei hat er das Recht, seine
Erwartungen gegenĂĽber einer Einrichtung im Gesundheits-
wesen und deren Mitarbeitenden, zu artikulieren:
Ĺ® Der Patient ist nicht mehr dazu verdammt, die Leistun-
gen des Krankenhauses unkritisch ĂĽber sich ergehen zu
lassen, sondern es ist sein Recht, nicht nur bestmögli-
che Behandlung, Pflege und Heilung zu erwarten, son-
dern auch ĂĽber alle Schritte des Diagnose- und Thera-
pieplans informiert und in die Planung mit einbezogen
zu w erden.
3.6.1 Wie wird Kunde definiert, wie Klient?
k
Kunde
Althochdeutsch „kundo“ = Kundiger, Eingeweihter (Wahrig
2002). Der faktischeNachfrager nach den angebotenen Leis-
tungen eines Unternehmens. Er ist unabhängig und kauft
entsprechend seinen BedĂĽrfnissen und AnsprĂĽchen auf dem
Markt ein.
k
Klient
Lateinisch „cliens“ = Höriger, Schutzbefohlener (Wahrig
2002). Der Begriff wird fĂĽr den Kunden eines Steuerberaters
oder Therapeuten bzw. von anderen Beratungsberufen ver-
wendet. Klienten erwarten eine gewisse FĂĽrsorge vom Leis-
tungserbringer.
3.6 · Kunde nbeg riffe
3.6.2 Was bedeutet Orientierung?
Orientieren:„Jemanden über etwas unterrichten, in Kenntnis
setzen“; Orientierung, das Orientieren, zu Ihrer Orientie-
rung, „damit Sie Bescheid wissen“ (Wahrig 2002).
Im Interaktionsverhältnis bezieht sich die Mitarbeiterin
eines Unternehmens im Gesundheitswesen auf einen er-
krankten oder pflegebedürftigen Menschen. Dieser „Kunde“
hat AnsprĂĽchebzw. individuelle BedĂĽrfnisse gegenĂĽber der
Einrichtung. Damit löst der Kunde den Bedarf an Orientie-
rung aus. Der Angestellte des Unternehmens der Gesund-
heitsbranche wird somit zumDienstleister.
Kundenorientierung spiegelt sich im Zusammenhang
mit Pflege in Strukturen, Prozessen und Ergebnissen wider.
Der Patient möchte nicht nur als Objekt, sondern als Indivi-
duum gesehen und in Planungen und Entscheidungen, die
Auswirkungen auf seineGesundheit haben, gleichberechtigt
mit einbezogen werden (Frömming-Ohmke 2000). Das Eti-
kett „Kunde“ macht in einer Klinik unmissverständlich klar,
wofĂĽr ein Unternehmen und seine Mitarbeitenden da sind.
Dieses ist, sowohlin der Kliniklandschaft als auch unter den
Pflegenden, nicht selbstverständlich (Gärtner 1997). Das
bekannte empathische: „Gehen in den Schuhen des Anderen“
bzw. das „Gehen in den klinik- oder heimtypischen Schlapp en
des Patienten“, kurzum die Übernahme der „Kundenper-
spektive“ ist hilfreich und förderlich.
> Der Patient muss nicht dankbar fĂĽr empfangene Leis-
tungen sein – sondern er hat einen vertraglich festge-
legten Anspruch auf angemessene und professione lle
pflegerische Leistungen.
35
36 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
3.6.3 Was macht einen Verbraucher aus?
Verbraucher oder Konsumenten nutzen zur privaten Be-
dĂĽrfnisbefriedigung die Dienstleistungen oder Produkte
eines Anbieters. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Unterle-
genheit ist der Verbraucher besonders schĂĽtzenswert.
> Vor zehn Jahren veränderten sich aufgrund des Wohn-
und Betreuungsvertragsgesetz in Seniorenheim en die
Wohn- und Betreuungsverträge. Seither gibt es darin
nicht mehr den Begriff des Bewohners, sondern der
Kunde eines Altenheims wechselt demnach in die Ver-
braucherrolle. Seine Rechte wurden deutlich gestärkt.
So hat er z. B. das Recht, ohne Angabe von GrĂĽnden inner-
halb von zwei Wochen jeden Heimvertrag zu kĂĽndigen.
Christoph Kranich, Experte fĂĽr Patientenrechte der Ver-
braucherzentrale Hamburg, gibt zu bedenken, dass Patien-
ten in immer höherem Maße für ihre eigene Gesundheits-
versorgung verantwortlich gemacht werden. Im Gegensatz
zu frĂĽher sollen sie heute immer mehr und auch immer
frühzeitiger gesundheitsbewusste „mündige Bürger“ wer-
den, die Krankheiten und PflegebedĂĽrftigkeit aktiv entge-
gentreten (Kranich 2016).
Aber wie soll denn der Patient kundiger Kunde oder
Verbraucher sein, wenn ihm niemand eine Hilfe dazu gibt?
Die Ă„rztehaben keine Zeit dafĂĽr, die Pflegenden sind durch
ausgedünnte Dienstpläne zeitlich überfordert, die Reini-
gungskraft ist fachlich dazu nicht in der Lage. Wie soll er die
konkurrierenden Angebote unterscheiden (Strobel 2001)?
Die Kernleistungen im Gesundheitswesen sind keine
Waren, sondern vertrauliche Dienstleistungen. Diese Ver-
traulichkeit ist in Klinik, Heim und Praxis deutlich wichtiger
als z. B. im Fluggastgewerbe, Hotelgastronomie und Ver-
kauf. Und gerade diese Branchen bieten nun schon viele
Jahre SchulungsmaĂźnahmen zur Kundenorientierung im
3
3.7 · Wettb ew erb der Zukunft 37
Gesundheitswesen an. Es ist ein immenser Unterschied, ob
ich kranke Patienten und pflegebedĂĽrftige Mens c h e n
ĂĽber Wochen, Monate und Jahre pflege und Sorge fĂĽr sie
trage – oder ob ich meine Aufmerksamkeit gesunden Ur-
laubern im Hotel fĂĽr einige Tage oder beim Langstrecken-
flug fĂĽr wenige Stunden widme.
Dennoch sollten wir Angestellte im Gesundheitswesen
damit leben, dass durch den Einzug von immer mehr markt-
wirtschaftlichen Elementen sich der Gesundheitsmarkt
grundlegend verändert. Stehen dabei wirklich die Service-
qualitäten, wie z. B. die drei „H“, also
4 hilfsbereit,
4 höflich,
4 hĂĽbsch
im Vordergrund, oder sind Patienten an einer fachgerechten
Behandlung und Pflege interessiert, bei der natĂĽrlich auch
Sauberkeit, Zugänglichkeit, Essensqualität und das Preis-
Leistungs-Verhältnis eine Rolle spielen?
> Es kann als sicher gelten, dass Faktoren wie freund-
liche Behandlung und professionelle Beratung das
ZĂĽnglein an der Waage werden, ob sich der Patient fĂĽr
Haus A oder Praxis B oder Mitbewerber C entscheidet.
3.7 Wettbewerb der Zukunft
FrĂĽher gab es keine Zuzahlungen und kaum Konkurrenz-
situationen, denn ĂĽberall wurden die gleichen Gesundheits-
leistungen fĂĽr Kassenpatienten kostenlos angeboten. Wie
wird sich das Gesundheitswesen in Zukunft verändern?
Es ist absehbar, dass langfristig die Sozialversicheru ng en
nur noch eine Minimalversorgung finanzieren können und
werden. DieBürger sollten sich vomAnspruch auf „Vollkas-
38 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
koversicherung“ verabschieden und sich entweder mit we-
niger Leistung zufrieden geben, oder private Zuzahlungen
leisten bzw. sich gegen dieses Risiko privat versichern.
Ausblick
Der Patient mit einer Indikation zur Operation hat innerhalb
der Klinik unterschiedliche Wahlmöglichkeiten: Die Standard-
behandlung, welche von den gesetzlichen Krankenkassen
komplett finanziert wird und nur eine Zuzahlung von 10 €/Tag
beinhaltet, garantiert eine ausreichende Mindestversorgung
im Mehrbettzimmer mit maximal 5 Betten mit schnellstmög-
licher Entlassung.
Oder der Patient wählt eine gehobenere Behandlung und Ser-
vice zum Angebotspreis von 190,00 €/Tag. Darin ist enthalten:
4 Die akademisierte Privatpflegerin in den ersten post-
operativen Tagen,
4 ein Wellnesspaket mit Massagen, Entspannungstraining
usw. zur schnelleren Regeneration,
4 Einzelzimmer,
4 Wunschkost,
4 Computer mit Internetzugang/WiFi und Telefonflatrate auf
dem Zimmer,
4 sowie dem Nachsorgepaket „Service XXL“.
Solche Angebote werden sich von Klinik zu Klinik bzw. von
Pflegeheim zu Pflegeheim oder Praxis zu Praxis unterschei-
den. Und damit entsteht ein Wettbewerb, der von der Politik
ganz bewusst gewollt ist. Vergessen wir nicht, dass es politi-
scher Wille ist, in den nächsten Jahren ein Drittel der deut-
schen Kliniken zu schlieĂźen.
3
3.7 · Wettb ew erb der Zukunft 39
3.7.1 Interne und externe Kunden
Wie unterscheiden sich Kunden untereinander? Wer sind
Ihre Kunden?
k
Interne Kunden
Der interne Kunde arbeitet in einer Abteilung im Betrieb.
Jede Ihrer ausgefĂĽllten Untersuchungsanforderungen fĂĽr
andere Nachbarabteilungen, jede Dokumentation, jeder Ab-
rechnungsschein, jedes ZurĂĽcklassen Ihres Arbeitsplatzes
hat fĂĽr Ihre hausinternen Kollegen Bedeutung. Diese inter-
nen Kunden sind also die Mitarbeitenden, Vorgesetzten und
Auszubildenden Ihres Unternehmens.
k
Externe Kunden
In erster Linie zählen zu den externen Kunden natürlich die
Patienten mit ihren Angehörigen. Des Weiteren zählen zur
Zielgruppe auch Ein- und Zuweiser und alle Unternehmen
auĂźerhalb der Einrichtung, mit denen Sie zu tun haben. Dies
wären im Einzelnen:
4 andere Pflegeeinrichtungen,
4 Praxen,
4 Kliniken,
4 Lieferanten,
4 Behörden und Gesundheitsämter,
4 Industrie- und Handelskammern, kassenärztliche
Vereinigungen, politischeParteien,
4 Ausbildungsbetriebe,
4 Berufsverbände,
4 die Bevölkerung Ihrer Region bzw. Ihres Stadtteils.
Ihnen bieten Sie Ihre Produkte mit der Ihnen typischen
Ergebnisqualität an. Angefangen vom Behandlungs- oder
Pflegeergebnis ĂĽber die gut lesbar ausgefĂĽllten Formulare,
Verlegungsberichte, Arztbriefe, die pĂĽnktlich und ohne Er-
innerung dem externen Kunden präsentiert werden.
40 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
3.8 Empfehlungen sind existenziell
Im Alltag der genannten Einrichtungen der externen Kun-
den wird tagtäglich gefragt: „An wen kann ich mich mit der
Erkrankung X oder bei einer speziellen Pflegesituation Y am
besten wenden?“. Gerade bei Entscheidungen der existen-
ziellen Art verlassen sich Menschen mehr auf die mĂĽndli-
chen Empfehlungen aus dem sozialen Umfeld, diese werden
als „wichtiger“ empfunden, als die Spitzenplätze beim Ran-
king der „besten Klinik oder Praxis“ in Zeitung oder Inter-
net. Es wird übrigens in der Bevölkerung mehr und mehr
zum offenen Geheimnis, dass solche Listenplätze vielfach
gekauft sind und nur wenig über die wirkliche Qualität aus-
sagen.
Und jetzt versetzen Sie sich bittein eine Hausarztpraxis
mit 1000 Stammpatienten. Tagtäglich werden in dieser Pra-
xis, egal ob an den Arzt oder seine Mitarbeiterinnen Fragen
nach Empfehlungen zur medizinischen Behandlung und
Pflege gestellt. Stellen wir uns vor, Doktor Z befĂĽrwortet
meist die legendäre „Hinterwald-Klinik“. Nach der Entlas-
sung eines „seiner Patienten“ erfährt Doktor Z während der
Kontrolluntersuchung, dass in dieser Klinik unmögliche
Zuständeherrschen: Patienten müssten stundenlang auf die
angemeldeten Betten warten, lägen tagelang auf dem Flur,
wĂĽrden von patzigen Ă„rzten, Pflegerinnen und MTA ange-
raunzt und auch die Zimmer und das Essen seien unterstes
Niveau. Ist es da nicht nachvollziehbar, dass Doktor Z und
sein Team zukĂĽnftig genau ĂĽberlegen, ob dieses Haus, was
seinem Namen alle Ehre macht, weiter empfohlen werden
kann? Die Hausarztpraxis läuft Gefahr, dass ihre Patienten
abwandern, weil sie der Empfehlung vertrauten und dann
maßlos enttäuscht wurden. Zitat einer imaginären verärger-
ten Patienten-Kundin:„Zu der Praxis gehe ich nie mehr hin.
Wie konnten die mir die „Hinterwald-Klinik“ nur empfehl en ?
Das war dortunglaublich schlecht!“.
3.8 · Empfehlu ngen sind existe nziell
. Abb. 3.2 Empfehlungs- und Kritikverhalten
Genauso von Bedeutung ist es, wie Sie Ihren externen
Kunden gegenĂĽber treten. Dazu ein Beispielaus demPflege-
heim von Pfleger Holger:
Sind Sie zu blöd …
Vor kurzem wies Holger am Telefon die in seinen Augen un-
fähige Pflegehelferin der Klinik lautstark und beleidigend zu-
recht, weil er es unmöglich fand, dass diese „Kollegin“ ihn
nicht informierte, dass zu wenig Nachtwäsche für einen seiner
Bewohner für die Dauer des stationären Aufenthalts vorhan-
den sei.
41
42 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Doch auch diese Pflegehelferin wird häufig gefragt, welche
Senioreneinrichtung empfehlenswert ist. Schnell stĂĽrzt die
vormals hohe Empfehlungsposition von Holgers Pflegeheim
ab – „nur“ weil der unfreundliche Pfleger so ungehalten am
Telefon brĂĽllte.
3.9 Sie sind Dienstleister
Es gibt die Redensart: „Der Kunde ist König“. Angeblich
wurdedieser Lehrsatz frĂĽher in der Ausbildung zukĂĽnftigen
Verkäufern vermittelt (Haubrock u. Öhlschlegel-Haubrock
2014). Damit soll ausgesagt werden, dass ausschlieĂźlich die
Bedürfnisse des Kunden zählen und diese bestmöglich zu
befriedigen sind. Eine Seminarteilnehmerin aus der Gastro-
nomie meinte einmal: „Wenn sich der Gast über eine versal -
zene Suppe beschwerte, wurde gar nicht darĂĽber diskutiert,
sondern er bekam eine neue und alles ging besser. FrĂĽher hab
ich mich darüber aufgeregt, heute zählt das zu unseren Stan-
dards: Der Kunde hat Recht!“ . Was soll man da diskutieren ,
ob die Suppeversalzen ist?Wenn das Geschmacksempfin-
den des Kunden das so wahrnimmt, dann ist es so, denn ĂĽber
Geschmack lässt sich „nicht streiten“.
Das geflügelte Wort des König-Kunden hat aber auch
seine Schattenseiten. Denn wenn irgendwo ein König
herrscht, benötigt dieser eine Schar an Dienern. Und da ist
das Problem: Wer ist schon gerne freiwillig Diener und ord-
net sich einem anderen unter, von dem er sich auch noch
demĂĽtigend oder ungerecht behandelt fĂĽhlt? Es ist eher an-
zunehmen, dass Patienten gar keine Könige sein wollen.
Nach einer Untersuchung bezeichnen sich stattdessen na-
hezu 100% der Patienten selbst als Kunden (Frömming-
Ohmke 2000). Kunden erwarten kein devotes Personal. Und
sie wollen nicht angelogen werden, sondern ehrlich erfah-
ren, was machbar ist und was nicht.
3
3.9 · Sie sind Dienstleister 43
Dienen Die Geschichte der Pflege hat im letzten Jahrhun-
dert mit den größten Anstrengungen versucht, sich von den
Begriffen: Dienst und Dienen zu verabschieden. In der Ge-
sellschaft wird „Dienen“ negativ, als Abhängigkeitsverhäl tn is
mit beruflicher Unselbständigkeit bzw. Unterwerfung ange-
sehen. Auf der anderen Seite werden gute Dienstleistungen
von allen Seiten aber auch gewĂĽnscht und erwartet. Aktuel-
le Schlagworte wie „Dienstleistungsgesellschaft“ verdeut-
lichen dies. Die berufspolitisch verschmähte Dimension des
Dienens kehrt mit der Kundenorientierung fĂĽr alle Berufs-
gruppen der Gesundheitsberufe, inklusive der Ă„rzte, zu-
rĂĽck. Dienen bedeutet in Deutschland traditionell eine nied-
rige, unselbständige Tätigkeit, obwohlvielmehr dazu gehört.
Ein dienender Mitarbeiter erfüllt in abhängiger Stellung
seine Pflicht und erhält dafür seinen Lohn und im besten
Fall ein würdevolle Behandlung. Egal, ob es der ärztliche
Direktor oder die PflegeschĂĽlerin ist.
3.9.1 Was ist eine Dienstleistung
Deutschland hat im Vergleich zu anderen Industrienationen
den Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft erst spät voll-
zogen. Im Jahre 1970 waren erst 45% aller erwerbstätigen
Menschen in diesemSektor beschäftigt. ImJahre2017 waren
es bereits über 75% (Destatis 2017). Selbst in den Tarifvert rä -
gen der konfessionellen Trägerverbände(z. B. AVR) ist heute
noch vomsog. Dienstnehmer und Dienstgeber die Rede.
Dienstleistung
44 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Viele Menschen klagen tagtäglich im Gesundheitswesen, in
Einzelhandel und GastronomieĂĽber unfreundliche Behand-
lungen und Bedienungen. Woher kommt diese Unzufrie-
denheit? Ist die Erwartungshaltung zu hoch oder fehlt den
Kollegen die richtige „Einstellung“ im Umgang mit anderen
Menschen?
Merkmal aller Dienste ist, materiell nicht greifbar zu
sein. Die pharmazeutischeAssistentin stellt in der Apotheke
die Menge X eines Medikaments her. Somit kann sie abends
ihre Produktivität addieren. Eine Kauffrau im Gesundheits-
wesen ohne Kundenkontakt summiert am Feierabend die
Anzahl der Abrechnungen mit den Krankenkassen. Aber
Dienstleistungen, die mit Empathie(Einfühlungsvermögen)
und Beratung zu tun haben, sind vor allem in ihrer Qualität
nicht immer nachvollziehbar dokumentationsfähig.
ZumDienen gehört manchmal auch Demut. Dieser Be-
griff bezeichnet den Willen zum Hinnehmen der Gegeben-
heiten und sorgt positiv ausgedrĂĽckt fĂĽr einegewisseBoden-
ständigkeit. Auch gute Führungskräfte dienen im Grunde
genommen ihren Mitarbeitenden, indem sie fĂĽr Umfeldbe-
dingungen sorgen, in denen „ihre“ Angestellten die best-
mögliche Leistung für das Unternehmen erbringen können.
Begriffe, die längst aus der Modegekommen sind, erhal-
ten einen neuen Stellenwert im Management der Zukunft:
Dankbarkeit, Demut und Dienen sind alle drei sog. „Ener-
giequellen“ (Tewes 2015). Denn Dankbarkeit entspricht der
Praxistip
Fragen Sie sich: Wie zufrieden sind Sie selbst mit den
Dienstleistungen von anderen?
Also mit Ihrem Briefträger, der Reinigungsfachkraft,
Ihrem Steuerberater, Rechtsanwalt, Pfarrer oder Haus-
arzt? Was wäre in Ihren Augen zu verbessern?
3
3.9 · Sie sind Dienstleister 45
intuitiven Erkenntnis, dass alles mit allem zusammenhängt.
Demut ist ein Zeichen von Intelligenz und dienende FĂĽh-
rung („servant leadership“) ist durchaus erfolgversprechend
(Tewes 2015). Somit hat sich der etwas antiquierte Begriff
des Dienen und der Demut bis in die aktuelle FĂĽhrungslite-
ratur der Jetztzeit erhalten.
> Die Vorgesetzen, die glauben, ihr Haus und ihre Kolle-
gen und sogar die Kunden hätten ihnen selbst zu
dienen, haben nicht nur die Bodenhaftung verloren,
sondern auch den Bezug zur Realität.
Menschen wollen, viele sogar „müssen“ Recht haben und
sind darauf angewiesen, dass sie ihren Standpunkt bestätigt
bekommen. Nun gelangen aber mit den Anforderungen der
Kundenorientierung Lehrsätzewie „Dienen kommtvor dem
Verdienen!“ oder „Der Kunde ist Ihr Arbeitgeber, denn wenn
keine Kunden mehr in ihre Einrichtung kommen, verlieren Sie
Ihren Arbeitsplatz.“ in den Gesundheitsmarkt (Baldus 1997;
Frömming-Ohmke 2000). Aus dem Krankenhaus mit pos-
tulierter „karitativer Liebestätigkeit“ sind freigemeinnützige
Dienstleistungsunternehmen geworden und diese benöti-
gen Kunden, um am Markt bestehen zu können. Zudem
sollten Dienstleistungsunternehmen Gewinne machen.
Bleiben dieseaus, ist dieInsolvenz bzw. der Konkursvorpro-
grammiert.
ObwohlKliniken zur Daseinsvorsorge gehören wie auch
die Feuerwehr oder die MĂĽllabfuhr, mĂĽssen sich Kranken-
häuser marktwirtschaftlich tragen! Daliegt schon der Fehler
im System. Beispielsweise dauert es etwa 30 Minuten einem
Erwachsenen die Blase zu röntgen. Bei einem Kind sind zwei
Stunden zu veranschlagen, weil einem Zweijährigen eben
nicht schnell erklären werden kann, warumes zu röntgen ist.
Darumhaben privateKliniken so gut wiekeine Kinderabtei-
lungen – denn es rechnet sich ökonomisch kaum (Rahms-
dorf 2018).
46 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Guten Service bieten und das tagtäglich mit immer wie-
der neuen Patienten ist eine spannende Herausforderung.
Gute Pflege, gute Behandlung und Therapie sind zudem
mehr als z. B. Service in der Reisebranche oder im Verkauf.
Diese beinhalten Anteilnahme und tiefgreifenden Aus-
tausch, und das macht unsere Arbeitsplätze anspruchsvoll,
komplex und spannend.
3.10 Patienten sind Kunden
Eine HerausforderungfĂĽr alle Beteiligten ist der kurzfristige
Wechsel vom Patienten zumKunden und umgekehrt.
Kunde oder Patient oder Beides
Herr Schlau betritt die Zahnarztpraxis. Meike, die medizinische
Fachangestellte erledigt zunächst alle Formalitäten. Nach ei-
ner Wartezeit von sechs Minuten bittet Meike Herrn Schlau in
den Behandlungsraum. Sie kĂĽndigt den Zahnarzt an, der alles
w eitere mit Herrn Schlau besprechenwird.
4 Herr Schlau erfährt von seinem Zahnarzt, dass aufgrund
seiner Zahnfehlstellung und durch Veränderung an der
Wurzelspitze (Gangrän im Zahn), die Weisheitszähne drin-
gend zu entfernen seien und bei anderen Zähnen eine
WurzelfĂĽllung und danach eine Wurzelspitzenresektion
anstehen. (Dem Patient wird die Diagnose eröffnet).
4 Später, zuhause informiert sich Herr Schlau zusätzlich im
Internet und lernt die grundsätzlichen Vor- und Nachteile
einer Weisheitszahnextraktion bzw. WurzelfĂĽllung auf-
grund dieser Indikation kennen (Kunde).
4 Aufgrund seiner Angstzustände beimZahnarzt kommt
fĂĽr ihn die Zahnentfernung nur mit einer zuzahlungs-
pflichtigen Vollnarkose in Frage (Kunde). Seine Kranken-
kasse erstattet keine Zusatzkosten fĂĽr eine Narkose
(Patient).
3.10 · Patienten sind Kunde n
4 FĂĽr die anstehende Extraktion unter Vollnarkose ver-
gleicht er die Angebote von 3 Oralchirurgen (Kunde).
4 Er lässt sich diese schriftlich vorlegen und bespricht die in-
dividuellen Auswirkungen mit seinem Zahnarzt (Patient).
4 Er entscheidet sich fĂĽr das zweite Angebot, nimmt eine
Zuzahlung in Kauf und gibt außerdem die „Weißung“ der
Zahnfrontseite in Auftrag(Kunde).
4 Sein Zahnarzt gibt zu bedenken, dass die Zahnaufhellung
auf Grund des doch massiven kieferchirurgischen Eingriffs
nicht unbedingt angebracht sei. Eine mögliche Blutung
und die Anwendung von hochkonzentrierten Säuren für
das Bleichen vertragen sich nicht besonders gut. Trotzdem
entscheidet sich Herr Schlau dafĂĽr (Kunde).
4 AmTag des Eingriffs betritt er pĂĽnktlich und nĂĽchtern die
Praxis (Kunde).
4 Er unterschreibt alle Formalitäten und Einverständnis -
erklärungen (Kunde).
4 Er wird gefragt, ob er eine bestimmte Wunschmusik bei
der Narkoseeinleitung hören möchte und wählt einen
Michael-Jackson-Song fĂĽr die Phase der Behandlung
(Kunde).
4 Er erhält das Narkosemittel Propofol (Patient).
4 Seine Weisheitszähne werden entfernt (Patient).
4 Die Frontseite der Zähne wird geweißt (Kunde).
4 Er wird nach dem Eingriff von der MFA beaufsichtigt
(Patient).
4 Er verlässt die Praxis und begleicht die Rechnung (Kunde).
Hier wird deutlich, dass die Rolle mit Auswirkungen fĂĽr alle
Beteiligten innerhalb einer Behandlung mehrfach und je-
derzeit ändern kann.
47
48 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
3.11 Patienten sind Partner
Nachdem Herr Schlau in unserem Beispiel eine Entschei-
dung fĂĽr eine bestimmte Behandlungsart getroffen hat, ver-
folgen alle Beteiligten das gleiche Ziel: Die bestmögliche
Entfernung der Weisheitszähne und die Wurzelbehandlung
inklusive ErfĂĽllung der ZusatzwĂĽnsche. Wenn gemeinsam
ein Ziel verfolgt wird, spricht man auch von Partnern. So
gesehen kann man also das Verhältnis von Patienten und
Mitarbeitenden auch als Partnerschaft bezeichnen.
> Der Begriff Partnerschaft bezeichnet eine dauerhafte
Interaktion zwischen dem Dienstleistungsnehmer
und -geber. Sie orientieren sich an gemeinsamen
Zielen und Aufgaben. Eine davon ist die BedĂĽrfnis-
befriedigung des Kunden.
Wie oben ausgefĂĽhrt geht es imGegensatz zumVerkauf oder
Kurzzeiturlaub im Gesundheitswesen oft um langfristige
und vertrauensvolle Partnerschaften. Es verbieten sich
kurzfristige Manipulationen und ĂśberredungskĂĽnste wie
z. B. bei den bekannten DrĂĽckerbanden, die einem ein
Abonnement „aufschwätzen“ wollen.
Möglicherweise wählen Patienten gerade bei pflegein-
tensiven Krankenhausindikationen bewusst die Klinik, die
fĂĽr die kundenorientierte Einstellung und Haltung der Mit-
arbeitenden bekannt ist und diese „Besonderheit“ durch
Werbung und Marketingstrategien breit in die Ă–ffentlichkeit
streut. Somit haben u. U. Krankenhäuser mit kundenorien-
tierten Mitarbeitern einen Wettbewerbsvorteil gegenĂĽber
Konkurrenten ohnein dieser Richtung geschultes Personals.
3
3.11 · Patienten sind Partner 49
3.11.1 Kundenorientierung stärkt die Rolle
des schwachen Patienten
Im Gegensatz zu Einrichtungen, die keine Kundenorientie-
rung „leben“ oder anstreben, sind die Rolle und das Ansehen
des Patienten in kundenorientierten Einrichtungen deutlich
gestärkt. Dort wird eine geforderte Patientenorientierung
gelebt, das gesamte Unternehmen richtet sich danach aus.
Patientenorientierung und die Patientenrechte werden per-
manent umgesetzt – für eine Einrichtung im Gesundheits-
wesen zukĂĽnftig die Basis fĂĽr eine erfolgreiche Existenz. Nur
wer weiß, was seine Patienten jetzt und in Zukunft möchten,
welche Art von Vertrauen, Pflege, Behandlung und Service
ankommen, was die Mitbewerber in der Nachbarschaft an-
bieten, welche Sektoren ausgebaut und welche verändert
werden – nur der hat eine Chance, erfolgreich am Markt zu
bleiben. Unternehmen, die sich an den Mitarbeitenden
orientieren, orientieren sich damit auch am Patienten.
Ausblick
Der prognostizierte Mangel an Fachpersonal wird die Kunden-
orientierung verstärken. Denn Mitarbeitende verlassen lang-
fristig Einrichtungen, in denen unzumutbare Zustände für
Patienten und Angestellte herrschen. Sie wechseln in Unter-
nehmen des Gesundheitswesens, in denen Kundenorientie -
rung gelebt w ird.
j
Employer Branding
Hat das Haus oder die Praxis diesbezüglich einen „guten
Ruf “, werden sich deutlich mehr geeignete Stellensucher be-
werben als in Einrichtungen, wo schon der AuĂźenstehende
weiß: „Da werden die Patientenbedürfnisse mit Füßen getre-
ten!“. In diesem Zusammenhang spricht man vom Emplo y e r
Branding, das bedeutet: welche Reputation hat dieser Ar-
beitgeber im Vergleich mit anderen Arbeitgebern in den
Köpfen der Bewerber?
50 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Wenn ein Bewerber sogar den höheren Verdienst bei
einem Wettbewerbsunternehmen ausschlägt, weil er auf-
grund der besseren Arbeitsbedingungen (z. B. durch die fĂĽr
ihn bessere Sicherheitslage in der Notaufnahme) unbedingt
wechseln möchte, zeigt es erfolgreiches Employer Branding
(Arbeitgebermarkenbildung). Hier versprechen sich die Be-
werber selbst die Gewissheit, jeden Tag mit VergnĂĽgen zur
Arbeit zu gehen. Dieses wirkt insbesondere dann nachhaltig,
wenn die exzellenten Mitarbeitenden allen Abwerbeversu-
chen von Headhuntern widerstehen, weil ihre gefühlsmäßi-
ge Bindung an das Haus wirksamer ist als das vermeintlich
attraktive Angebot des Mitbewerbers (Quernheim 2018).
Gelebtes Leitbild – Fehlanzeige
Vor einiger Zeit fragte ich auf der Fahrt zu einem Seminar den
Taxifahrer, was man sich so in der Bevölkerung über die Klinik
erzählt. Die Antwort am frühen Morgen lautete: „Na, von
Freundlichkeit und Service haben die da kaum was gehört. Die
Pflegenden machen zu acht Raucherpausen und obwohl meine
Mutter klingelte, kam niemand. So etwas wäre in jedem anderen
Betrieb nicht möglich!“; später fand ich im Leitbild dieser Klinik
Sätze von Patientenorientierung.
Fazit
Kundenorientierung setzt an der Patientenorientierung an
und stärkt die Rolle und Macht des Patienten. Durch eine sol-
che Orientierung entwickelt sich das Dienstleistungssegm ent
der Einrichtung weiter. Aus diesem Grunde wird in den nach-
folgenden Kapiteln vorrangig der Begriff des Patienten-Kun-
den verwendet. Somit können Sie je nach Situation selbst ent -
scheiden, ob dieser Mensch in der Situation nun eher Ihr Kun-
de oder Ihr Patient ist. Egal, wie Sie sich entscheiden: Sie reprä-
sentieren die Einrichtung und sind in diesem Moment der
vertrauenswĂĽrdige Ansprechpartner.
3
3.11 · Patienten sind Partner 51
3.11.2 Kundenorientierung als Teamaufgabe
Kundenorientierung lässt sich nur schwer von einer einzi-
gen Berufsgruppein einer Einrichtung umsetzen. Wenn sich
nur eine Profession darum kĂĽmmert, die BedĂĽrfnisse der
Patienten-Kunden zu stillen und sich die anderen Abteilun-
gen, z. B. Verwaltung, Funktionsbereiche oder Ă„rzte, nicht
darum bemĂĽhen, sind folgende Auswirkungen zu erwarten:
4 Kunden- bzw. Patientenorientierung wird zwar in
HochglanzbroschĂĽren mit Leitbildern eingefordert,
aber zu wenig gelebt. Patienten-Kunden, ihre Angehö-
rigen und auch die Mitarbeitenden wissen dieses und
wenden sich u. U. ab.
4 Eine Berufsgruppe, z. B. die Pflegenden, ĂĽberfordert
sich und droht am Burnout zu erkranken, da sie die
mangelnde Kundenorientierung der anderen Bereiche
kompensiert.
4 Das Arbeitsklima leidet. Die Arbeitnehmer orientieren
sich um!
Sie können sich nicht vorstellen, …
Die Patientin, Rentnerin Frau Kurz, kommt aus der Röntgen-
abteilung zurĂĽck auf die Station. Sie wirkt aufgebracht und
verärgert. Sandra, die nun schon einige Seiten in diesem Buch
gelesen hat, fragt nach ihrem Befinden und erfährt, dass eine
MTA-Mitarbeiterin der Radiologie die Patientin lautstark im
Befehlston angefahren habe: „Stellen Sie sich nicht so an und
halten Sie die vorgeschriebene Lagerung genau ein!“. Frau Kurz
beginnt beim Erzählen zu weinen und vertraut Sandra an,
dass sie aufgrund ihrer Schmerzen diese Lagerungsposition
nicht einnehmen konnte. Außerdem findet sie es unmöglich,
sich von so einer jungen Frau kommandieren zu lassen.
Sandra beruhigt die Patienten-Kundin in einem längeren
Gespräch und muntert sie wieder auf. Dieses Gespräch dauert
sieben Minuten und geht in diesem Falle zu Lasten von
52 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
Sandras anderen pflegerischen Tätigkeiten, die das Fehl-
verhalten von Nachbarabteilungen ausgleicht.
Bedenken Sie bitteauch:
4 Was nĂĽtzen beste Ergebnisse von Pflege und Medizin,
wenn sich Patienten-Kunden bei der Entlassung ĂĽber
einen unfreundlichen Mitarbeiter in der Verwaltung
ärgern?
4 Was nĂĽtzt die Freundlichkeitskampagne eines Alten-
heimes, wenn die Aushilfeam Telefonempfang kaum
zu verstehen ist und Anrufern mangels Sprachkompe-
tenz fehlerhafte Informationen gibt?
ZumImage einer Praxis, eines Heimes und einer Klinik ge-
hört auch das Corporate Design , also das einheitliche opti-
sche Erscheinungsbild, wie Logo, Hausfarben, Hausschrift.
Ebenso eine Corporate Comm unication , der Einsatz von
geplanter widerspruchsfreier Kommunikation nach innen
und nach auĂźen, sowie das Corporate Behaviour, das Ver-
halten der Mitarbeitenden untereinander und im Kontakt
mit Kunden (7 Kap. 5).
Ů Ziel ist, insbesondere die eigene Integrität im Unterneh-
men zu leben und nach auĂźen zu tragen (LĂĽthy u. Buch-
mann, 2009).
Die erfolgreiche Implementierung dieses Ansatzes ist vom
einheitlichen kundenorientierten Auftreten aller Berufs-
gruppen einer Einrichtung mit entsprechender mitarbeiter-
orientierter Unternehmenskultur abhängig. Dieser Umstand
muss jedem Teammitglied eines Hauses klar werden. Lind-
ner (1997) bringt es auf den Punkt:
Ĺ® Der Kunde ist der einzige, der Geld in Ihre Einrichtung
hinein bringt; alle anderen, von der Servicekraft bis zum
Chef, geben dieses Geld wieder aus.
3
3.11 · Patienten sind Partner 53
Dabei sollten die PDLund der Chefarzt mit gutem Beispiel
vorangehen: Wenn der Chefarzt einen Patienten-Kunden im
Bereich seiner Abteilung selbstverständlich grüßt, werden es
die Auszubildenden und Praktikanten ebenfalls tun (Baldus
1997).
> Kundenorientierung heiĂźt, die BedĂĽrfnisse des
Patienten zu erfĂĽllen und ihm in einer zugewandten
Weise das zu geben, was er wĂĽnscht und braucht.
Aus diesemGrundesollten sich dieAnbieter von Dienstleis-
tungen im Gesundheitswesen von der Soll-Betrachtung lö-
sen und als „Maß aller Dinge“ die Erwartungen des Patien-
ten-Kunden, sofern sie realistisch sind, betrachten (Stobel
2001).
> Guter Service kann nicht von oben verordnet oder
rezeptiert werden, sondern ist abhängig von der
wertschätzenden Haltung der agierenden Personen.
Alle Mitarbeitenden, von der Pflegerin ĂĽber die MFA
bis zum Arzt sollten davon nicht nur ĂĽberzeugt sein,
sondern diese auch leben.
Viele Angehörige der Gesundheitsberufe lernten in ihrer
Ausbildung nicht, was Kundenorientierung ist und wie man
sich verhält. Ihnen fehlt daher das entsprechende Hand-
werkszeug. In den nachfolgenden Kapiteln, v. a. auch im
„ABC der Kundenorientierung“, gleichen Sie die Grund-
lagen ab und ĂĽberprĂĽfen, ob Sie auf dem neuesten Stand
sind. Anschließend gehen Sie möglicherweise weniger ab-
wehrend mit den steigenden AnsprĂĽchen von Patienten-
Kunden um und erreichen dadurch selber eine höhere Be-
rufszufriedenheit.
54 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
3.12 Auswirkungen gelebter
Kundenorientierung
Welche langfristigen Auswirkungen hätteeine erfolgreiche
UmsetzungfĂĽr Ihren Betrieb und Sie?
1. Patienten, Kollegen, Vorgesetzte bringen Ihnen
Anerkennung entgegen.
2. Sie verbessern die Aussicht auf die Erreichung Ihrer
persönlichen Ziele um ein Vielfaches.
3. Sie vermeiden durch weniger Fehler nervige Korrek-
turen.
4. Sie brauchen sich weniger von anderen kontrollieren
zu lassen.
5. Sie steigern die Möglichkeiten Ihres Aufstiegs und die
Aussicht auf Ăśbertragung von herausfordernden,
interessanten Aufgaben.
6. Damit wachsen Ihre Selbstachtung und Ihr Selbstwert-
gefĂĽhl und Sie arbeiten mit mehr Freude und SpaĂź.
7. Es bringt Ihnen mehr Zufriedenheit im Umgang mit
Patienten-Kunden.
8. Sie erlangen in Beschwerdesituationen mehr Gelassen-
heit.
9. Sie erhalten mehr Schutz durch den Einsatz von
Distanzierungstechniken.
10. Ihnen gelingt ein mehr an Souveränität, weil Sie bei
Beschwerden nicht „ausrasten“, sondern sich sicher
und selbstbewusst an zur VerfĂĽgung stehenden
Beschwerdestandards orientieren (z. B. EVA-3-Check-
liste).
11. Sie erleben weniger Stress.
12. Ihre Gesundheit steigert sich und Körpersymptome
(Kopfschmerzen, RĂĽcken-, Verdauungs- und Kreislauf-
beschwerden usw.) reduzieren sich.
13. Ein positiveres Feedback der Patienten erleichtert Ihre
berufliche Tätigkeit.
3.12 · Auswirku ngen
14. Langfristig erzielt Ihre Einrichtung dadurch Umsatz-
steigerungen, die wiederum fĂĽr Investitionen oder
Gehaltserhöhungen genutzt werden können.
15. Sie setzen sich positiv von Mitbewerbern ab und stei-
gern damit Ihre Zukunftsaussichten, erfolgreich am
Markt zu bleiben.
3.12.1 Auswirkungen fehlender
Kundenorientierung
Halten Sie sich vor Augen, welche Konsequenzen bei aus-
bleibender Kundenorientierung zu erwarten sind (. Abb.
3.3):
4 Eine Expansion des Unternehmens, seine Ausdehnung
in neue Geschäftsfelder ist kaum möglich.
4 Patienten wechseln zur Konkurrenz, dies fĂĽhrt zu
sinkenden Umsatzzahlen.
4 Es erfolgt die Ăśbernahme der Einrichtung durch einen
Mitbewerber, der diese möglicherweise schließt.
4 Die langfristige Jobsicherheit sinkt dramatisch,
Gehaltserhöhungen sind so gut wieausgeschlossen.
4 Fehlende Mitarbeiter- und Kundenorientierung fĂĽhrt
zu negativen GefĂĽhlen bei den Angestellten. Jeder ist
sich bewusst, dass den Patienten schlechter Service ge-
boten wird. Dies hat zur Folge, dass v. a. die hochkom-
petenten und vorausblickenden Mitarbeitenden die
Einrichtung verlassen und nach Arbeitgebern mit bes-
serem Employer Branding und Reputation (Vertrauen
und Glaubwürdigkeit) suchen bzw. sich selbständig
machen.
4 Wegen dem RĂĽckgang der Umsatzzahlen muss Ihre
Einrichtung deutlich mehr Zeit und Geld in Werbung
und Neukundenakquise (Anwerben) investieren. Die-
ses Geld fehlt dann an anderer Stelle.
55
56 Kapitel 3 · Patienten-Kunden
. Abb. 3.3 Auswirkungen fehlender Kundenorientierung
Fazit
4 Ausgehend vom Begriff der Patientenorientierung wer-
den die Aspekte von Kundenorientierung, Dienstleis-
tung und Partnerschaft erklärt und definiert.
4 Es werden die Ăśbereinstimmungen und Unterschiede
zwischen Patienten und Kunden erläutert.
4 Das Empfehlungsverhalten der Patienten-Kunden be-
stimmt den Wettbewerb der Zukunft im Gesundheits -
w esen.
4 Die Auswirkungen von gelebter Kundenorientierung
sind positiv und fĂĽr Patienten, Mitarbeitende und das
Unternehmen.
Literatur
Baldus V (1997) Wer dient, verdient: Die Service-Strategie fĂĽr
kunde norientierte Unternehm e n. Gabler, Wiesbad en
BMG (2017 ) Patienten rechte unter https://w w w .bund esges u n d -
heitsministeriu m.d e/the m en/prae ve ntion/patie ntenre chte.
html (Letzter Zugriff 13.03.201 8)
Braun von Reinersdorf A (2002) Strategische KrankenhausfĂĽhru n g:
Vom Leanm anage me nt zum Balanced Hospital Manage m e n t.
Huber, Bern
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  • 1. Top im Gesundheitsjob German Quernheim Arbeitgeber Patient Kundenorientierung in Gesundheitsberufen
  • 3. German Quernheim Arbeitgeber Patient – Kundenorientierung in Gesundheitsberufen 2., vollständig ĂĽberarbeitete und erweiterte Auflage Mit 11 Abbildungen 1 3
  • 4. German Quernheim Personalentwicklung Coaching Training In der Kesselwiese 15, D-56410 Montabaur www.german-quernheim.de ISBN 978-3-662-57732-5 978-3-662-57733-2 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2 Die Deutsche National bi bliothek verzei chnet diese Publikati on in der Deutschen Nationalbibli ografi e; detaillierte bibliografi sche Daten sind im Internet ĂĽber http://dnb.d -nb.de abrufbar. Springer © Springer-Verl ag GmbH Deutschl and, ein Teil von Springer Natur e 2010, 2019 Das Werk einschlieĂźli ch aller seiner Teile ist urheberrec htli ch ge - schĂĽtzt. Jede Verwertung, die nicht ausdrĂĽc kli c h vom Urheberrec h t s - gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimm ung des Verl ags. Das gilt insbesondere fĂĽr Vervielfälti gungen, Bearbei tungen, Ăśbers et - zungen, Mikroverfil m ungen und die Einspei c herung und Verarb ei - tung in elektroni sc hen System en. Die Wiedergabe von Gebrauchs nam en, Handel s nam en, Warenbe - zeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzei chnung nicht zu der Annahm e, dass solche Namen im Sinne der Warenzei c hen - und Markens chutz -G esetz gebung als frei zu be- trachten wären und daher von jederm ann benutzt werden dĂĽrften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Inform ati onen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentli chung vollständi g und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Heraus geber ĂĽbernehm en, ausdrĂĽc kli c h oder implizit, Gewähr fĂĽr den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Ă„uĂźe- rungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografi s che Zuordnungen und Gebiets bezei chnungen in veröffentli chten Karten und Institu - tionsadressen neutral. Cartoons: Claudia Styrsky, MĂĽnchen Umschl aggestal tung: deblik Berlin Fotonachwei s Umschlag: © KOUNADE AS IOANNHS/www.shutterstoc k.com Springer ist ein Imprint der eingetragenen Gesell schaft Springer- Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
  • 5. V Vorwort Ich freue mich, dass der Band „Arbeitgeber Patient“ in den letzten Jahren so wissbegierig und interessiert vom Markt des Gesundheitswesens aufgenommen wurde. Zwischenzeitlich haben viele Seminare mit den Berufs- gruppen Pflege, Medizin und weiteren Dienstleitungs- berufen der Kliniken und Praxen stattgefunden, deren Ergebnisse in die zweiteAuflage integriert wurden. Die Inhalte wurden ĂĽberarbeitet und vollständig aktua- lisiert. Neu hinzugekommen sind die Themen: Employ- er Branding, GefĂĽhls- bzw. Emotionsarbeit, Caring und Comforting, Emotional Contagion sowie zahlreiche neue Ideen und AspektefĂĽr ein erfolgreiches Beschwer- demanagement. Ich danke Frau Busch, Frau Nieselund Frau Nitschmann vom Springer Verlag fĂĽr die angenehme Zusammen- arbeit. Insbesondere danke ich meiner Mitarbeiterin MartinaSchaar. Sie hat auch dieses Manuskript amEnde noch ausdrucksfreundlicher gestaltet. Und natĂĽrlich danke ich Ihnen, als Leserin und Leser fĂĽr den Erwerb dieses kleinen BĂĽchleins. Ich wĂĽnsche Ihnen hilfreiche Anregungen und freue mich auf Ihre Reaktionen und Feedback. German Quernheim Montabaur, imFrĂĽhjahr 2018
  • 6. VI Vorwort j Hinweise Mit der Berufsbezeichnung„Pflegefachfrau bzw. -mann“ werden die Mitglieder der verschiedenen Pflegefach- berufe gemeint: Altenpflegerinnen und Altenpfleger, Gesundheits- und Krankenpflegerinnen und Gesund- heits- und Krankenpfleger, Gesundheits- und Kinder- krankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkran- kenpfleger, Fachkräfte im Pflegedienst mit Hochschul- qualifikation in einempflegebezogenen Studiengang. Zur sprachlichen Vereinfachung und damit zur verbes- serten Lesbarkeit wird im Text lediglich eine Ge- schlechtsform verwendet. Das jeweils andereGeschlecht ist ausdrĂĽcklich angesprochen. Ganz bewusst wird dar- um hin und wieder der Begriff „Mitarbeitende“ statt Mitarbeiter gewählt.
  • 7. VII Ăśber den Autor Dr. rer. medic. German Quernheim ist Dipl.-Pflegepädagoge, Krankenpfleger und NLP-MasterCoach im Bereich FĂĽhrung und Change-Management. Er sammelte Erfahrun- gen in der Personalentwi cklung und in Lei- tungsposi tionen verschi edenster Einrichtun- gen. Er begleitet Mitarbeiter der Gesundheits- berufe als Praxisanleiter und Personalcoach und arbeitet an Bildungseinri chtungen und Hochschulen in Ă–sterrei ch, Deutschl and und der Schweiz.
  • 8. Inhaltsverzeichnis 1 Kenn en Sie das auch? ...................................................................1 2 Ein Einstieg .......................................................................................3 2.1 Kundenorientierung im Gesundheitsw esen ...........................3 2.2 Das erwartet Sie................................................. 10 Literatur............................................................ 13 3 Patienten-Kunden............................................. 15 3.1 Status Quo........................................................ 15 3.2 Kundenorientierung............................................ 19 3.3 Patientenorientierung ist Kundenorientierung ....................19 3.3.1 Kundenorientierung i st ni chts Neues ...........................................21 3.4 Ist jeder Patient ein Kunde? .......................................................23 3.4.1 Kunde in der frei en Wirtschaft .......................................................26 3.5 „Echte“ Patienten............................................... 29 3.5.1 Patientenbegriff................................................... 29 3.5.2 Pati entenrechte ĂĽbersteigen K undenrechte ...............................30 3.6 Kundenbegriffe im Gesundheitsw esen ..................................34 3.6.1 Wie wi rd Kunde defi niert, wi e Klient? ...........................................34 3.6.2 Was bedeutet Ori entierung? ..........................................................35 3.6.3 Was macht einen Verbraucher aus? ...............................................36 3.7 Wettbewerb der Zukunft....................................... 37 3.7.1 Interne und externe Kunden.................................... 39 3.8 Empfehlungen sind existenziell................................................40 3.9 Sie sind Dienstleister ....................................................................42 3.9.1 Was ist eine Dienstlei stung ..............................................................43 3.10 Patienten sind Kunden.................................................................46 3.11 Patienten sind Partner .................................................................48 3.11.1 Kundenorientierung stärkt die Rolle des schwachen Pati enten ..............................................................49 3.11.2 Kundenorientierung al s Teamaufgabe ........................................51 3.12 Auswirkung en gelebter Kundenorientierung .......................54 3.12.1 Auswi rkungen fehl ender Kundenorientierung ............................55 Literatur............................................................ 56
  • 9. Inhaltsverzeichnis IX 4 Ander s den ken ...............................................................................59 4.1 Professionalität im Denken ........................................................59 4.2 Mentale Inseln.................................................... 62 4.3 Nichtanders fĂĽhlen............................................. 64 4.3.1 Gef ĂĽhlsarbeit ...................................................... 66 4.4 Patienten sind Arbeitgeber .........................................................69 4.5 Bedeutung des Geldes.................................................................72 4.5.1 Geben undNehmen.............................................. 73 4.5.2 Reziprozität ........................................................ 74 4.6 Stellenw ert der Privatpatienten .................................................74 4.6.1 Wer profiti ert von P ri vatpati enten? ...............................................77 4.6.2 Pri vatpati enten sind exi stenziell ....................................................78 4.7 Kundenfeindlichkeit............................................ 78 4.7.1 Ursachen patientenfeindli chen Denkens ....................................80 4.8 „Kundenfreundlichkeit“ ist Kundenorientierung ................87 4.9 Kundenorientierung steigert Qualität .....................................91 4.9.1 Kaizen............................................................... 93 Literatur............................................................ 95 5 Er w artun g en erfĂĽllen un d ĂĽbertr eff en ...............................97 5.1 Kennen Sie die Erw artungen? ...................................................97 5.1.1 Unzuf riedeneKunden.......................................... 100 5.1.2 Zufriedene Kunden............................................. 100 5.1.3 Begei sterte K unden.......................................................................101 5.1.4 Erwartung der Patienten -K unden ...............................................105 5.1.5 Exklusiv informationen.......................................... 106 5.1.6 Small-Talk........................................................ 106 5.1.7 Ausl ändi sche P ati enten-Kunden ................................................107 5.2 Aktuelle Trends..............................................................................108 Literatur.......................................................... 112 6 BedĂĽrfnis-ABC von P atienten-Kun den ...............................113 6.1 Selbstverständlichkeiten.................................... 113 Literatur.......................................................... 133
  • 10. X Inhaltsverzeichnis 7 Expertise und Ăśberzeugun gskraft.....................................135 7.1 Vertrauen aufbauen.....................................................................135 7.1.1 Vermischung von Expertenlei stung und Service.....................137 7.2 Professionelles Auftreten im interdisziplinär en Team 137 7.2.1 Fachexperti se von Pflegenden....................................................138 7.3 Kommunikative Expertise durch Bezugskontakt................141 7.3.1 Guten Kontakt herstellen...............................................................141 7.3.2 Bezugskontakt als Zeichen der Professionalität........................146 7.4 Das sollten Sie sich gefallen lassen..........................................147 Literatur..........................................................150 8 So schĂĽtzen Sie sich vor AnmaĂźungen.............................151 8.1 Selbstschutz anstelle von Kundenorientierung..................151 8.2 Das verbitte ich mir.....................................................................151 8.2.1 Sanktionen bei GrenzĂĽberschreitungen.....................................153 8.3 Persönliche SchutzmaĂźnahmen...............................................153 8.3.1 Problem in Bezug zum groĂźen Ziel setzen................................153 8.3.2 Zwiebelmodell...................................................156 8.3.3 Vorteil der Resilienz.......................................................................157 8.3.4 GefĂĽhle beeinflussen .....................................................................158 8.3.5 Positive Absicht...............................................................................159 8.4 SchĂĽtzen Sie sich vor Eskalation..............................................160 8.4.1 So gelingt Ihnen die Kontaktaufnahm e zum aggressi ven Patienten-Kunden..............................................160 8.4.2 Weiterer Umgang mit aggressi ven Patienten-Kunden............161 8.5 Pflegen Sie sich selbst..................................................................162 Literatur..........................................................163 9 Freuen Sie sich ĂĽber Beschw er den.....................................165 9.1 Beschwerde oder Reklamation.................................................165 9.1.1 Wie reagieren Patienten-Kunden bei Unzufriedenheit? . 167 9.1.2 Fordern Sie Beschwerden ..............................................................169 9.1.3 Nehmen Sie Beschwerden gerne an..........................................170 9.1.4 Beschwerden professionell bearbeiten.......................................174 9.1.5 Beschwerden von Angehörigen ...................................................176 9.2 Engpasssituationen.....................................................................176 9.2.1 Management.....................................................177 9.2.2 Keine Lösung in Sicht....................................................................181
  • 11. Inhaltsverzeichnis XI 9.2.3 EVA-3-Checkliste............................................... 181 9.3 Erfolgreiches Argum entieren ..................................................184 9.3.1 Argumentationsablauf.......................................... 185 Literatur.......................................................... 187 10 Hinw eise an die FĂĽhrun g .........................................................189 10.1 Servicevorleben............................................... 189 10.2 FĂĽhrungstipps................................................. 190 10.2.1 Kontrollfragen vor wi chti gen Entscheidungen ..........................190 10.2.2 Identif ikationmit dem Unternehmen......................... 190 10.3 Ethische Leitlinien.......................................................................191 10.3.1 Budget f ĂĽr Personal............................................. 192 10.3.2 Budget fĂĽr S ervi celei stungen .......................................................193 10.4 Vorau ssetzung: Sie leben kund enorientiert........................193 Literatur.......................................................... 196 11 In aller KĂĽrze .................................................................................197 Serviceteil ...................................................... 199 Sachverzeichnis................................................. 200
  • 12. AbkĂĽrzungen AVR Arbeitsvertragsrechtlinien (Tarifvertrag in konfessionellen Einrichtungen) EFQM European Foundation for Quality Management MFA Medizinische Fachangestellte MTA Medizinisch-technische Assistentin NP Nurse Practitioner PDL Pflegedienstleitung QM Qualitätsmanagem ent SWG Selbstw ertgefĂĽhl ZVG Zielvereinbarungsgespräch
  • 13. 1 1 Kundenorientierung, auch das noch In diesem Buch geleiten Sie „Pflegefachfrau Sandra“ und weitere Beispielkollegen durch die einzelnen Kapitel. Derzeit erlebt Sandra groĂźe Belastungen in ihrer Arbeit und sagt: „Kundenorientierung, auch das noch? Als wenn wir nicht schon genug zu tun hätten!“. Sie ist genervt, als sie die Einladung zur Fortbildung in der Stationspost findet. Schon viele Jahre arbeitet sie als Stationsleitung in der Klinik fĂĽr Innere Medizin. Dort ist sie verantwortlich, dass „der Laden läuft“ und erlebt, dass ihre Tätigkeit in den letzten Jahren nicht einfacher, son- dern schwieriger geworden ist: deutlich mehr Patienten sind bei geringerer Verweildauer und mit weniger Personal zu versorgen. Zudem werden diese Patienten auch immer krän- ker und pflegebedĂĽrftiger. „Und“, so denkt Sandra, „unsere Patienten entwickeln mehr SonderwĂĽnsche und zeigen sich an- spruchsvoller. DiesbezĂĽglich verhalten sich etliche wirklich wie Kunden.“. Aber Sandra sieht keine Notwendigkeit, sich jetzt auch noch explizit „Kundenorientierung“ auf ihre Fahnen zu schreiben. Damals in ihrer Pflegeausbildung im letzten Jahr- hundert sprach man eher von „Patientenorientierung“. Zumin- dest wurde dieser Anspruch in der Krankenpflegeschule ver- mittelt. Und Sandra war damals patientenorientiert! Wenn sie das Foto ihres Examenskurses betrachtet, ging es ihr einst nicht alleine so. In der Gemeinschaft der MitschĂĽlerinnen und Kennen Sie das auch? © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien- tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob) https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_1
  • 14. 2 Kapitel 1 · Kennen Sie das auch? MitschĂĽler war man sich einig und lehnte sich gegen so manche „Stationsdrachen“ auf. Fehlende Patientenorientierung – schade! Die Medizinische Fachangestellte (MFA) Meike ist angesichts eines ĂĽbervollen Wartezimmers und mit dem Eintreten eines weiteren Patienten ohne Termin in die Sprechstunde, der „heute noch“ dringend den Zahnarzt sehen möchte, genervt. Der emotional ausgelaugte Altenpfleger Holger begleitet eine blinde Bewohnerin zu einem anderen Heimbereich, ohne auch nur ein Wort während des Wegs mit ihr zu wechseln. Zudem fĂĽhrt er sie so ungeschickt, dass sie häufig an TĂĽren und Gegenständen anstößt. Auf ihre stillen, verbalen und non- verbalen Reaktionen geht er in keiner Weise ein. Physiotherapeutin Elli arbeitet nach ihrem festen Schema mit einem Patienten. Sie erfragt weder seine besonderen BedĂĽrf - nisse, noch gleicht sie ihre Zielsetzung bezĂĽglich der Mobili- sation mit seiner ab.
  • 15. 1 3 2.1 Kundenorientierung im Gesund- heitswesen Vielleicht haben Sie dieses Buch aufgeschlagen, um sich intensiver mit den Gedanken der Kundenorientierung im Gesundheitsw esen zu befassen? Dieses kann auf verschied e- nen Ebenen geschehen. Das vorliegende Buch soll Ihnen eine erste EinfĂĽhrung in das (vielleicht noch) ungewöhnli- che kundenorientierte Denken im Sektor des Gesundheits- wesens geben. Viele Pflegende diskutieren derzeit, ob die Leistungsnutzer denn nun Patienten oder Kunden sind. Mit hingebungsvollen und idealistischen Zielen starten zahlreiche Kollegen ihren Beruf. Schon während ihrer ersten Praxiseinsätze setzen sie sich in Studium und Aus- bildung besonders engagiert fĂĽr die Belange der Patienten ein. Sie versetzen sich empathisch in die Lage der Patienten und sind bereit, fĂĽr diese Ziele zu kämpfen. Ihre „Gegner“ sind Stationsleitungen und „eingefahrene“ Krankenpfleger alter Schule, denen es vorrangig um eine straffe FĂĽhrung der Abteilung geht. Diese demonstrieren Patienten gegen- ĂĽber oftmals ihre Macht. Viele Auszubildende und Studie- rende empfinden ein solches Verhalten ungerecht und unethisch. Ein Einstieg © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien- tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob) https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_2
  • 16. 4 Kapitel 2 · Ein Einstieg Seiner Zeit nahm sich Sandra ganz optimistisch vor, nach absolvierter Ausbildung niemals so zu werden wie ihre damaligen „Gegner“. Und heute? Die vielen Veränderungen im Pflegealltag veränderten auch Sandra. Immer öfter ertappt sie sich, wenn sie unbe- herrscht und ungehalten gegenĂĽber Patienten reagiert. Auch erlebt sie bei sich zunehmend regelrechte MachtgelĂĽste, ge- rade solchen Patienten gegenĂĽber, die fĂĽr Sandra „unver­ schämte Forderungen” äuĂźern. Hätten Sie etwas Salz fĂĽr mich?! So erinnert Sandra sich: „Neulich gab es zum Abendessen Tomaten und einer von diesen “Pseudokunden“ klingelte und verlangte, Salz zu bekommen. Das muss man sich mal vorstellen, wir sind doch kein Hotel! Was sollen wir denn noch alles machen?“. Die Notwendigkeit, zu einer anderen, weniger belastenden und zugleich professionelleren Sichtweise zu kommen, sieht Sandra nicht. Dieses Buch kann Ihnen helfen, eine distanziertere und pro- fessionellere Sichtweise zu erlangen. Damit es dabei nicht bei puren Wissensinhalten bleibt, sollen die nachfolgenden Bei- spielevon Sandra, Meike, Elli und Holger Sie behutsam mit den Instrumenten der Kundenorientierung vertraut machen. So wie unsere Beispielmitarbeitenden erleben viele Kollegen , dass ihre idealistischen AnsprĂĽchean eine starkePatienten- orientierung verblassen, manchmal sogar ganz vergessen werden. Viele haben sich zu Ausbildungszeiten vorgenom- men, später nicht so zu werden. Und doch fallen diese Vor- sätzein zahlreichen Kliniken, Heimen und Arztpraxen häu- fig in sich zusammen und zurĂĽck bleibt Frustration. j Was ist geschehen? Meike absolvierte als 16-Jährige ihr erstes Praktikum bei ei- nem Zahnarzt und hatteeinst kein Verständnis, als Patienten
  • 17. 2 2.1 · Kunde norie ntierun g 5 mit Zahnschmerzen weggeschickt wurden. Holger erfuhr in seiner Pflegeausbildung eine Menge Ăśbungen zur Eigen- wahrnehmung. Eine MitschĂĽlerin fĂĽhrte ihn z. B. mit ver- bundenen Augen durch den Schultrakt und er erlebte haut- nah, wieabhängig er von der Hilfe anderer war. Die Physio- therapeutin Elli startete mit dem Ziel ihre Berufskarriere, später ganz viel fĂĽr ihre Patienten bewirken zu wollen. Alle drei begannen wie Sandra mit guten Vorsätzen, starkem Idealismus und der Einstellung: „Später, wenn ich ausgebil d et bin, mache ich es anders als viele meiner betriebsblinden Kol- legen!“. Möglicherweise hatten sie zu jener Zeit unrealistische Vorstellungen vom Idealbild ihres Arbeitsbereichs im Ge- sundheitswesen. Selbstverständlich wollte jeder einzelne sich intensiv dem kranken Patienten widmen und erwartete dafĂĽr möglicherweise Dankbarkeit. Vielleicht ist es aber auch ganz normal, dass im Laufe der Zeit Routine einkehrt, die anfängliche Motivation „strauchelt“ und man sich nicht mehr so gut in den Patienten hineinversetzen kann? Oder prägten einen das Umfeld der Arbeitskollegen, Ă„rzte und Vorgesetzten, die teilweise respektlose Ansichten ĂĽber die Patienten äuĂźerten? In vielen Einrichtungen existieren zwar Leitbilder und Vorgaben, die alle Mitarbeitenden dazu auf- fordern, Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Aber wer hält sich daran? Viele Betriebe erarbeiten ein Leitbild und lassen es anschlieĂźend bei der durch Qualitätsmanagement- systeme geforderten Erarbeitung bewenden: Es wird nicht gelebt, ein regelmäßiges „Update“, eine kritische Auseinan- dersetzungmit eventuell notwendiger Aktualisierung unter- bleibt. Möglicherweise mangelt es auch nur an Selbstdiszi- plin? Ist dies auch ein Grund, dass die Ideale von damals heute unter den Tisch fallen? Eine patientenorientierte Einstellung, es besser machen zu wollen als die routinierten Kollegen, erleben die meisten Berufsstarter in der Ausbildung. Aber nicht nur dort:Gehört
  • 18. 6 Kapitel 2 · Ein Einstieg es nicht auch zum Zauber eines jeden Neustarts? Nehmen sich nicht alle Liebespaare vor, später mal eine bessere Bezie- hung zu fĂĽhren, die eigenen Kinder anders zu erziehen, als FĂĽhrungskraft andere Prinzipien umzusetzen, als die be- kannten (Willemsen 2010)?! Und doch verblassen im Laufe der Zeit bei vielen Kollegen diese Vorsätze. Roger Willemsen schreibt dazu: Ĺ® Die ErfĂĽllung im Beruf zu suchen ist wie Heiraten, um die Liebe zu finden. Und so werden Ehepaare daraus: Erst be- deckt sie der Mehltau der Gewohnheit, dann die Taubheit der Routine, dann der Panzer der Enttäuschung, schlieĂź- lich verkappen sie sich in der RĂĽstung der Bitterkeit. j Richten Sie Ihre Kompassnadel neu aus Welche Wege gibt es, nach Jahren Berufserfahrung den Fo- kus der beruflichen Tätigkeit wieder auf Patienten zu richten und zum Idealismus des Beginns in realistischer Weise zu- rĂĽckzukehren? Eine solche Haltung wirkt enorm positiv auf die Arbeitszufriedenheit (Braun u. MĂĽller 2005). Wenn es Mitarbeitenden gelingt, sich wieder empathisch, also ein- fĂĽhlsam in den Patienten oder Bewohner hineinzuversetzen, reduzieren sich bei ihnen die erlebten Stressoren (Stressaus- löser) und die Mitarbeiterzufriedenheit steigt (7 Top im Job: Nicht ärgern, ändern). Wie schaffen Siees, in diese Richtungzu steuern?Woran können Sie und Ihre Kollegen sich orientieren? Nur wenige Patienten erwarten einen ĂĽbertriebenen „First­Class­Service“, der GroĂźteilder Patienten jedoch eine gute Behandlung und Pflege und die Sicherstellung von ge- sellschaftlich akzeptierten BedĂĽrfnissen wieFreundlichkeit, einen gewissen Respekt sowiezuvorkommendeAngestellte. „SchlieĂźlich hat man ja diese Leistungen ĂĽber seinen Monats - beitrag an die Krankenkasse auch bezahlt.“, denken sich viele Patienten. Und doch wurden und werden diese Selbstver-
  • 19. 2 2.1 · Kunde norie ntierun g 7 ständlichkeiten des menschlichen Miteinanders nicht im- mer erfĂĽllt und die Orientierung an den Patienten gerät aus dem Blick. Auch Sandra erinnert sich konkret an eine demotivierende Situation in ihrer Ausbildung. Es wird gemacht, was ICH sage Die Stationsleitung einer HNO-Station mit dem Spitznamen: „Die Hexe“ delegierte eine ärztliche Medikamentenanordnung an sie. Weil sich der Patient ĂĽber eine zu starke Sekretproduk- tion bei liegendem Tracheostoma beklagte, sollte Sandra ihm das Medikament ACC bringen. Der Patient weigerte sich ihr ge- genĂĽber, es zu nehmen. Er entgegnete, er brauche nichts zum Lösen, sondern zum Reduzieren der Sekretion. Sandra gab die- se Info direkt ihrer Stationsleitung weiter. Im harschen Tonfall befahl diese der Lernenden, das Medikament trotzdem sofort dem Patienten zu bringen, und wenn dieser es nicht einneh- men wĂĽrde, käme sie persönlich vorbei! Sandra machte ihrer Vorgesetzten den freundlichen Vorschlag, doch den Arzt darauf- hin anzusprechen. Dieses lehnte die Vorgesetzte ab. Auf dem Stationsflur begegnete Sandra damals zufällig dem Stationsarzt und erklärte ihm, was passiert war. Dieser sprach mit dem Pa- tienten und änderte seine Anordnung entsprechend den Patien- tenwĂĽnschen ab. In Sandras restlichem Ausbildungseinsatz sprach die Stationsleitung kein Wort mehr mit ihr. Sandra war als Lernende empört, weil das Verhalten ihrer Vorgesetzten klar gegen die Grundsätze der Patientenorien- tierung verstoĂźen hatte. Und doch erlebt sie heute, dass fra- gende Patienten bei Betätigung des Servicerufs manchmal von Pflegenden unfreundlich „abgefertigt“ werden oder während eines Gesprächs kaum Blickkontakt stattfindet – kurzum, die in vielen Klinikprospekten propagierte Aussa- ge: „Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt!“ wird von eini­ gen Mitarbeitenden aus Kliniken, Heimen und Praxen ein- deutig missachtet.
  • 20. 8 Kapitel 2 · Ein Einstieg Nicht nur Praxisanleitende, sondern alle Pflegenden spĂĽren die Unmöglichkeit, hohe QualitätsansprĂĽche man- gels Zeit umsetzen zu können (Kersting 2017). Unbestritten ist, dass dieArbeitsverdichtung bei gleich- zeitigem Personalabbau zugenommen hat. Dieser Tatbestand reduziert nachweislich eine patientenorientierte Einstellung (www.next.uni-wuppertal.de). Aber beiallen in diesemBuch beschriebenen realen Beispielen aus dem Berufsalltag be- stand eineausreichendePersonalbesetzung, dies ist also nicht alleinige Ursacheder unprofessionellen „Ausrutscher“! > Neben Fallzahlen, Auslastung und Case-Mix sollte Ihre GeschäftsfĂĽhrung als oberstes Ziel eine umge- setzte Kundenorientierung anvisieren. Nachfolgend wird diese Empfehlung ausfĂĽhrlich begrĂĽndet. Zahlen sind zwar fĂĽr die Buchhaltung wichtig. Aber sie eignen sich nicht ausschlieĂźlich, die wahren Defizite oder Ressourcen bzw. Potenziale eines Betriebs zu erfassen (LĂĽthy u. Buchmann 2009). Zahlen bilden keine aktuellen Prozesse ab, sondern stellen die Ergebnisse der Leistungen aus der Vergangenheit dar. Gerade die scheinbar diffusen nachfol- genden Kriterien sind wichtiger als Zahlen: 4 der Nutzen durch zufriedene Patienten, 4 die Leistungsressourcen von motivierten Mitarbeiten- den sowie 4 die positiveAuĂźenwirkung eines engagierten Teams. Denn wenn in Betrieben nur noch mit Zahlen und Sollgrö- Ăźen argumentiert wird, besteht die Gefahr, den entscheiden- den Motivator zu verlieren. Möglicherweise werden dann gesellschaftlich geforderte Selbstverständlichkeiten und Höflichkeiten unterlassen. Dann hat man keine Zeit anzu- klopfen und das „Herein“ abzuwarten. Viele Mitarbeitendebemerken dies selbst und leiden un- ter der festgestellten Abweichung. ImVerlauf der Jahre baut
  • 21. 2 2.1 · Kunde norie ntierun g 9 sich bei einigen ein regelrechtes „Feindbild“ zu Patienten bzw. Bewohnern und Angehörigen auf. Womöglich benöti- gen diese Mitarbeitenden keine Schulungsinhalte zu Höf- lichkeit und Freundlichkeit, denn vieles spricht dafĂĽr, dass ihre Fähigkeiten nach wievor vorhanden sind: Es geht auch anders Pflegerin Sandra verhält sich interessanterweise ganz anders, wenn ihre eigenen Freunde/Familienangehörige oder der GeschäftsfĂĽhrer des Hauses als Patienten aufgenommen wer- den. Da bietet sie z. B. aktiv (auf den Patienten zukommend) mögliche Wahlalternativen an und verwendet „Bitte, Danke, Gerne!“ und achtet darauf, die BedĂĽrfnisse der ihr persönlich bekannten Patienten zu befriedigen. Somit scheint ein Wissen um höfliche Handlungsweisen vorhanden zu sein, aber nur unzureichend bei „Standard­ patienten“ angewendet zu werden. Martin Pohlmann be- schreibt dazu in seiner Dissertation (Pohlmann 2005), dass tendenziell eher „sympathische“ Patienten von Pflegenden eine persönliche Zuwendung, quasi als „optionale Zusatz­ leistung“ erhalten. Mit den „unsympathischen“ Kranken wird entweder nur das Nötigste oder gar nicht gesprochen. So engagieren sich manche Mitarbeitende vorwiegend fĂĽr die Patienten, die nach ihrer Einschätzung wirklich gesund werden möchten. Und sie verlieren ihr Engagement, wenn es dem Patienten selbst einerlei ist. Nicht jeder findet den anderen sympathisch. Im Privatleben ist das kein Problem – wohlaber im Berufsleben. Denn der sympathischeund der unsympathischePatient zahlen beide das Gleiche. Aus wel- chem Grund kommt es zu dieser Ungleichbehandlung? Es scheinen verschiedene Moralebenen zu existieren. Niemals wĂĽrde man nahen Menschen (Familie, Freunden, aber auch Vorgesetzten) eine schlechte Leistung anbieten oder den Service verzögern. Die MoralgegenĂĽber Fremden
  • 22. 10 Kapitel 2 · Ein Einstieg ist weitaus dehnbarer. Ohne groĂźe Gewissensbisse verhält man sich unbekannten Personen gegenĂĽber reduziert und verweigert den Rund-um-Service häufig mit Ausreden, wie z. B. 4 „DafĂĽr haben wir keine Zeit.“, 4 „Das istzu teuer!“, 4 „Das haben wir immer schon so gemacht!“. 2.2 Das erwartet Sie Dieses Buch versucht Ihnen neue Sichtweisen und eine an- dere Perspektiveim Umgang mit Patienten bzw. mit „Kun­ den“ aufzuzeigen. Zunächst lernen Sandra, Meike, Holger und Elli, was Kundenorientierung ĂĽberhaupt bedeutet und warum ihre persönliche Ursprungsmotivation, Patienten zu helfen, schwächer geworden oder gar verloren gegangen ist. Der Leser erfährt, fĂĽr wen er selbst Kunde ist und wer seine Kunden sind und in welchen Situationen der Kundenbegriff fĂĽr kranke Patienten falsch ist. > Ihnen könnte beim Lesen klar werden, dass es stimmt, Patienten als Ihre echten Arbeitgeber zu bezeichnen. DarĂĽber hinaus erhalten Sie neue Perspektiven (. Abb. 2.1), um Ihremöglicherweise vorhandenen Vorurteile gegenĂĽber Privatpatienten zu verändern. In den weiteren Kapiteln er- halten Sie das notwendige Handwerkszeug, um sich profes- sioneller kundenorientiert zu verhalten. Sie erhalten Ant- worten auf die Fragen: 1. Woran erkennen Sie kundenorientiertes Verhalten in Praxis, Pflege, Service, Kommunikation? 2. Wie erkennen, erfĂĽllen und ĂĽbertreffen Sie Patien- tenerwartungen? 3. Wie nutzen Sie im Umgang mit fremden Patienten strategisch den Sympathiefaktor?
  • 23. 2.2 · Das erwartet Sie . Abb. 2.1 Persp ektivw echsel 4. Wie schĂĽtzen Sie sich vor ĂĽberzogenen Patienten- erwartungen und wie grenzen Sie sich ab? 5. Wie erspĂĽren und bearbeiten Sie professionell Be- schwerden, d. h. ohne selbst dabei ärgerlich zu werden? 6. Wie meistern Sie Engpasssituationen? 7. Wie arbeiten Sie mit Ja-StraĂźen, um Patienten in einen besseren Zustand zu begleiten? 8. Wie erlangen Sie eine Widerstandsfähigkeit gegenĂĽber aggressiven internen und externen Kunden? 9. Was gehört im Kontext des Gesundheitswesens konkret zu Freundlichkeit, Höflichkeit, Gefälligkeit, Ehrlich- keit? 10. Was sollteunter einem professionellen Erscheinungs- bild (Kleidung, Frisur, Make-up, Namensschild, Ansprache) verstanden werden? 11. Welche positiven Auswirkungen hat ein hohes Exper- tenwissen auf IhreArbeit? 12. Welche wissenschaftlichen Grundlagen zumGefĂĽhls- management unterstĂĽtzen das Konzept? 13. Wie bauen Sie durch die Instrumente des Bezugskon- takts systematisch Vertrauen zu fremden Menschen auf? 11
  • 24. 12 Kapitel 2 · Ein Einstieg Betrachten Sie die dargestellten Perspektiven und Sichtwei- sen. Praktizieren Sie ungewohntes Denken, um neue Sicht- weisen zu kultivieren. Selbstverständlich ist der Mensch ein „Gewohnheitstier“ und man trennt sich nicht so gerne von liebgewonnenen Einsichten, auch wenn diese kontrapro- duktiv sind. Darum hier ein Tipp fĂĽr den Umgang mit die- sem Buch: Immer, wenn es Aussagen zu möglichen Zukunftstrends und Visionen gibt, die demnächst einmal Wirklichkeit werden könnten, sind diese mit der Ăśberschrift „Ausblick“ gekennzeichnet. Fazit 4 Ziel des ersten Kapitels ist es, in den Themenbereich der Kundenorientierung allgemein einzufĂĽhren. 4 Ihnen könnte unter Umständen bewusst werden, dass Sie eine Veränderung bezĂĽglich Ihrer Patientenorientie- rung damals und heute feststellen. 4 Obwohl einige Mitarbeitende genau wissen, was zu den guten Umgangsform en gehört, wenden diese sie nicht bei allen Patienten an. Vielleicht gelingt es Ihnen, beim Lesen folgende Einstel- lung zu diesem Buch zu entwickeln: Sie betreten ein Delikatessengeschäft. Es wäre unrealistisch alles mit- nehmen und erw erben zu wollen. Sie entscheiden selbst, ob und was Sie kaufen. Markieren Sie einfach die Stellen im Buch, die es bei Ihrer ersten Durchsicht „wert“ sind, später noch einmal durchdacht zu werden. Wenn Sie es bis zur letzten Seite durchgearbeitet haben, verfĂĽgen Sie ĂĽber ein ganzes Arsenal an hilfreichen Anregungen. Also, nur zu! Praxistip
  • 25. Literatur Literatur Braun B, MĂĽller R (2005) Arbeitsbelastung und Berufsausstieg bei Krankenschw estern. Pflege Gesellschaft 3: 131–141 Kersting K (2017) Ein unauflöslicher Widerspruch: Das Dilemma der Pflegeausbildung. Dr. med. Mabuse 228: 24–26. LĂĽthy A, Buchmann U (2009) Marketing als Strategie im Kranken- haus. Kohlham m er, Stuttgart Pohlman n M (2005) Beziehung pflegen. Huber, Bern Willemsen R (2010) Der Knacks. Fischer, Frankfurt www.next.uni-wuppertal.de 13
  • 26. 3.1 Status Quo Bei allen Themen, die sich mit persönlicher Haltung und Einstellung beschäftigen, empfiehlt es sich zunächst fĂĽr den Leser, den eigenen „Status Quo“ festzuhalten. UmIhre An- sichten fĂĽr Sie nachvollziehbar zu betrachten, sollten Sie die nachfolgenden Fragen beantworten. Der Einfachheit halber darf vorausgesetzt werden, dass im Fragebogen der Begriff des „Patienten-Kunden“ mit dem Begriff „Bewohner-Kun- den“ gleichgesetzt werden darf. Ob ĂĽberhaupt der Bewohner eines Seniorenheimes oder der Patient einer Arztpraxis oder Klinik ein Kunde ist, wird direkt nach dem Fragebogen ge- klärt. Wichtig ist festzuhalten, was Sie jetzt, also vor der wei - teren LektĂĽredarĂĽber denken! Mit der Beantwortung dokumentieren Sie Ihre heutige Meinung. Wenn Sie den Rest des Buches gelesen haben, kann es sein, dass sich IhreEinstellung verändert hat. Solche Veränderungen, die sich der Leser bewusst macht, gelten als Indikatoren fĂĽr erfolgreiches Lernen und festigen neues Wissen. Aus diesem Grunde beantworten Sie bittedie nach- folgenden Fragen ganz wahrheitsgemäß nur fĂĽr sich alleine (. Tab. 3.1)! 15 Patienten-Kunden © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 G. Quernheim, Arbeitgeber Patient – Kundenorien- tierung in Gesundheitsberufen (Top im Gesundheitsjob) https://doi.org/10.1007/978-3-662-57733-2_3
  • 27.
  • 28. 16 Kapitel 3 · Patienten-Kunden . Tab. 3.1 Meine Kundenorientierung Lehne ich voll- ständig ab Lehne ich teil- weise ab Stimme ich teil- weise zu Hier stimme ich voll- ständig zu Patienten-Kun- den sind Könige! Patienten- Kunden haben immer Recht! Ich arbeite gerne mit Patienten- Kunden. Schwierige Pa- tienten -Kun den nerve n mich. Mir ist egal, was der Patienten- Kunde ĂĽber mich denkt. Selbstcheck: Kundenorientierung Das Ausprä gung sraste r wurde ganz bewusst ohne eine neutrale Antwortm öglichkeit gewählt. Dadurch lassen sich Tendenzen besser darstellen. Sollten Sie bei manch en Fragen zur Mitte hin tendieren, so achten Sie auf Ihr Bauch- gefĂĽhl oder betrachte n Sie Ihre „innere Mimik“: „Welche Aussagen bewirken ein inneres Lächeln?“. Oft gelangt man so zu einer „Bauch entscheidun g“. Mit den unterschiedlich en Antworten vor und nach der LektĂĽre stellt sich Ihre Einstel- lungsve ränd erun g grafisch dar, dazu könnten Sie unter- schiedlich e Farbstifte zum Eintrag en Ihrer Antwo rte n be- nutzen.
  • 29. 3.1 · Status Quo . Tab. 3.1 (Fortsetzung) Lehne ich voll- ständig ab Lehne ich teil- weise ab Stimme ich teil- weise zu Hier stimme ich voll- ständig zu Patienten-Kun- den und Mitar- beitendesind gleichberechtigte Partner. Manch mal fĂĽhle ich mich Patien- ten-Kunden gegenĂĽ ber ĂĽber- legen. Manch mal fĂĽhle ich mich Patien- ten-Kunden gegenĂĽ ber unter- legen. Ich habe das Recht Patienten- Kunden in Ihre Grenzen zu verweisen. Es ist mir unange- nehm, wenn sich Patienten-Kun- den ĂĽber mich beschweren. 17
  • 30. 18 Kapitel 3 · Patienten-Kunden . Tab. 3.1 (Fortsetzung) Lehne ich voll- ständig ab Lehne ich teil- weise ab Stimme ich teil- weise zu Hier stimme ich voll- ständig zu Wenn sich Patien- ten-Kund en nicht an Regeln halten, schaue ich darĂĽ- ber weg. Ich durchschaue die HintergrĂĽn de, warum sich meine Motivation verringert hat. Grundsätzlich bin ich höflichund freundlichund gehe aktiv auf Patienten-Kun- den zu. Eine kunde nori- entierte Sprache, zum Beispiel: „Gerne, wie zufrie- den waren Sie?“, fällt mir leicht. Patienten-Kun- den gegenĂĽbe r fĂĽhle ichmichbei meinen Dienst- leistung en ĂĽber- wiegend kompe- tent und sicher.
  • 31. 3 3.3 · Patientenorientieru ng 19 3.2 Kundenorientierung Der Begriff Kundenorientierung ist derzeit in aller Munde. Je weniger ausgeprägt eine Kundenorientierung, desto ge- ringer ist die Zufriedenheit der Patienten oder Bewohner. In Folge dessen reduzieren sich langfristig die Umsätze der Einrichtung und damit die Chancen, sich am Markt zu be- haupten. Daher sollte das gesamte Unternehmen ĂĽberprĂĽfen, welche Möglichkeiten es aktuell und zukĂĽnftig hat, um WĂĽnsche und BedĂĽrfnisse der Kunden zu erfĂĽllen. Die Mit- arbeitenden im Marketing versuchen, sich in den Kopf des potenziellen Kunden hinein zu denken und entwickeln so zukunftsfähige Dienstleistungen und Produkte. Durch Kun- denorientierung wird auch den Unternehmen im Gesund- heitssektor klar, wer zu ihren Kunden zählt, was diese moti- viert, aber auch was evtl. eine erneuten Kontakt verhindert. 3.3 Patientenorientierung ist Kundenorientierung Der Begriff Patientenorientierung wurde erstmals im Ge- sundheitsstrukturreformgesetz 2000 festgeschrieben, fand aber bereits Jahrzehnte vorher Anwendung. Nach eindeu- tiger Festlegung seitens des Gesetzgebers sind alle Leistun- gen, Interaktionen, Prozesse und Strukturen demnach auf Patientenorientierung hin zu ĂĽberprĂĽfen und auszurichten. Viele aktuelleStudien belegen die Notwendigkeit einer prak- Kundenorientierung
  • 32. 20 Kapitel 3 · Patienten-Kunden tizierten Patientenorientierung (Grossmann et al. 2018; Mc- Cormack u. McCance 2017). Bei einer solchen Ausrichtung nehmen die Mitarbeitenden den Patienten als Individuum wahr, gehen auf seine BedĂĽrfnisse, WĂĽnsche, Ziele und Er- wartungen ein und pflegen bzw. behandeln ihn entspre- chend. Patientenorientierung ist eine konkrete Forderung im Qualitätsmanagement und der ErfĂĽllungsgrad dient als Qualitätsmerkmal in der Leistungserbringung. Das, was in den letzten Jahrzehnten häufig als Patientenorientierung postuliert wurde, hat eine groĂźe Schnittmenge zur Kunden- orientierung. Letztere geht sogar noch etwas weiter, da sie dem Patienten mehr Eigenständigkeit, Freiheit und Selbst- bestimmung, kurzum die bekannte Kundenautonomie (be) lässt. Ă„hnlich denkt der Ethiker Prof. Martin W. Schnell, wenn er schreibt (Schnell 2017): Ĺ® Patienten sind nicht nur Kunden, aber wenn sie korrekt als Kunden behandelt werden, dann kann sich dadurch ihre Behandlung als Mensch verbessern. Frömming-Ohmke (2000) berichtete zur Jahrtausendwende, dass ein Teilder Pflegenden mit Unverständnis und ZurĂĽck- haltung reagiert, wenn fĂĽr Bewohner und Patienten der Be- griff Kundeverwendet wird: Ĺ® Die FĂĽhrungs- und Verwaltungsebene hingegen fordert diese Sichtweise und entsprechendes Verhalten ihrer Mitarbeiterinnen, da der Patient durch seine Anwesen - heit die wirtschaftliche Basis einer Einrichtung schafft. Da die Pflegenden jedoch meist keine entsprechend e n Schulungen bekommen, wird Kundenorientierung wei- terhin nicht verw irklicht. Im Gegensatz zur „Patientenorientierung“ bezeichnet die personenzentrierte Gesundheitsversorgung, ein theore- tisch fundiertes Wertesystem, das weltweit zunehmend Be- achtung findet. Nach Auffassung von Grossmann et al.
  • 33. 3 3.3 · Patientenorientieru ng 21 (2018) greift der Terminus „Patientenorientierung“ zu kurz, um die BedĂĽrfnisse der mit Gesundheit und Krankheit be- fassten Personen zu beschreiben. Patientenorientierung re- duziert einen kranken Menschen auf eine einzige Rolle, nämlich die des Patienten. Darum ist alternativ in zahlrei- chen Publikationen von Personenzentrierung die Rede. Die Autoren begrĂĽnden es auch damit, weil sich die Persönlich- keit der Betroffenen nicht allein durch die Krankheit defi- niere. Zudem sind nicht nur Patienten sondern auch die Angehörigen und die Mitarbeitenden von der Krankheit oder PflegebedĂĽrftigkeit betroffen (Grossmann et al. 2018). 3.3.1 Kundenorientierung ist nichts Neues Eine erfolgreiche und langfristige Kundenorientierung, wie diese in Wirtschaft und Verkauf schon immer besteht, schafft nicht nur Vertrauen und Markentreue, sondern stellt die BedĂĽrfnisse des Kunden in das Zentrum. Verlässlichkeit zählt Kunden von Panasonic, Mercedes-Benz oder Amazon.de geben Verlässlichkeit als KaufbegrĂĽndung an. Gesamte Entwicklungsabteilungen der Industrie ĂĽberlegen, wie sie die Anliegen ihrer Kunden noch besser befriedigen können. Mit diesem Ansatz hat Sony den ersten Walkman erfunden und Appledas iPhoneweiterentwickelt und so ver- änderten sich in den vergangenen Jahren auch viele Opera- tionsmöglichkeiten von Kliniken. Noch in den 1990ern war es völlig abwegig, dass Chefärzte gemeinsam mit Pflegend en und Physiotherapeuten regelmäßige Informationsveranstal- tungen fĂĽr Patienten organisieren, um neue Kunden zu akquirieren (gewinnen). Damals herrschte in vielen Einrich- tungen ein so starkes Machtgefälle mit Statushierarchien,
  • 34. 22 Kapitel 3 · Patienten-Kunden dass es regelrecht undenkbar war, dass Ă„rztegemeinsam mit anderen Berufsgruppen solche Veranstaltungen durchfĂĽhr- ten. Heute gibt es kaum noch ein Haus, das entsprechende Informations- besser aber „Werbeveranstaltungen“ nicht anbietet. Dadurch soll der „Markt“ der z. B. bisher noch nicht operierten potenziellen (möglichen) Patienten er- schlossen werden. Der Erfolg dieser Veranstaltungen hat starken Einfluss auf dieOP-Auslastungder jeweiligen Abtei- lung. Glaubte man frĂĽher noch, die Patienten kommen so- wieso in Klinik und Praxis, so haben viele Unternehmen erfahren mĂĽssen, dass die Konkurrenz nicht schläft und teilweise attraktivere Angebote bereithält. Erstaunt wird dann festgestellt, dass bereits einige der jahrzehntelangen treuen „Stammpatienten bzw. -kunden“ abgewandert sind. … ich bin dann mal weg … Beispielaussage eines Patienten: „Ich bin zwar hier in dem Kran- kenhaus geboren und lag auch wegen meinem Unfall und der Galle vor Jahren hier – aber wegen der neuen Herzklappe bin ich ins Nachbarhaus gegangen. Der Kardiologe soll gut sein und die Pflegenden dort wären personell viel besser besetzt und freund- licher als hier. Hier sind die nur am Hetzen. Und einen KĂĽhl- schrank auf jedem Zimmer, mit kostenlosem Mineralwasser und Fruchtsaft haben auch nur die Anderen!“ Gerade im Sektor der operativen Fächer erkannten die Fach- leute, dass der Patient nicht mehr als schwacher und hilfloser Empfänger von Normleistungen, sondern als selbstbestim- mender und zahlender „Verbraucher“ bzw. Kunde angese- hen werden muss. Um diese Kunden sollte geworben wer- den, denn werden die notwendigen Fallzahlen unterschrit- ten, darf das Krankenhaus diese Operationen in Zukunft nicht mehr anbieten. Damit brechen einer Einrichtung be- achtliche Einnahmen ersatzlos weg.
  • 35. 3 3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 23 3.4 Ist jeder Patient ein Kunde? Lassen Sie uns aber auch ĂĽberprĂĽfen, ob wir pauschal alle Patienten als „Kunden“ betrachten können. Inwieweit also ist dieser Begriff auf „die Patienten”von Krankenhäusern, Hei- men, Pflegediensten und Praxen ĂĽbertragbar? Der Kundeei- nes Geschäfts bzw. der Gasteines Hotels kann sich das Unter- nehmen selbst aussuchen (z. B. eines von vielen ReisebĂĽros ). Er kann Anfangund Ende(z. B. dieFerientermine der Kinder berĂĽcksichtigen), die Qualität der Leistung (z. B. Ein- oder FĂĽnf-Sterne-Hotel) oder sogar die Nichtinanspruchnahme einer Dienstleistungselbst bestimmen (z. B. Stornobedingun- gen wählen). SchlieĂźlich kennt er den Preis und bezahlt die Ware mit seinem eigenen Geld. Seine WĂĽnsche sind konkret auf die Leistung ausgerichtet. Der Reisegast kann seine Be- dĂĽrfnissevor Ort immer wieder äuĂźern (z. B. im Hotelan der Rezeption ein anderes Zimmer einfordern) und ist dabeinicht unbedingt auf die Hilfe und das Können anderer angewiesen. Er kann die Qualität seiner gekauften Ware bzw. der gebuch- ten Dienstleistung direkt ĂĽberprĂĽfen und hat in der Regel beim Einkaufen oder bei der Inanspruchnahme der Dienst- leistung eine positiveEmpfindung. Durch den Zustand und die Auswirkung seiner Krank- heit verhält sich ein Patient nicht immer so, wie er sich als Kunde in einem Geschäft verhalten wĂĽrde, zumal seine Krankheit im Gegensatz zur Urlaubsreise nicht planbar ist. Eine 100%ige Ăśbertragung, wie in Handel und Gastrono- mie, wo jede Person als Kunde oder Gast das Haus betritt, lässt sich im Gesundheitssektor nur teilweise vornehmen. Ein Patient ist BedĂĽrfnisträger mit der Einschränkung, dass er im Krankheitsfall nicht die Wiedererlangung der Gesund- heit durch konkrete Festlegung der pflegerischen Behand- lung bestimmen kann (Haubrock u. Schär 2000). Als Kunde eines Anbieters schlieĂźe ich einen Vertrag, kann z. B. ein funktionierendes neues Gerät bestellen und
  • 36. 24 Kapitel 3 · Patienten-Kunden die ErfĂĽllung des Kaufvertrags notfalls gerichtlich einklagen . Auf die Heilung eines Hirntumors habe ich keinen juristi- schen Anspruch, wohlaber auf die Behandlung. Ebenso entscheideich als Hotelgast, ob ich das Wellness- angebot A, B oder C dazu buchen möchte. Als Leistungsver- anlasser ist ein Patient eingeschränkt, denn in der Regel entscheidet der Arzt, welcheLeistungen der Kranke benötigt und erhält. Die Krankenkasse entscheidet, ob die anfallen- den Kosten ĂĽbernommen werden. FĂĽr den Patienten ist die Autonomie dadurch deutlich eingeschränkt, nichts desto trotz ist der Patient der eigentliche Kunde. Stellen Sie sich ein akutes Unfallgeschehen vor: Der Pa- tient hat häufig keinen Planungsspielraum, in welche Klinik oder Praxis er möchte. Zudem entscheiden manche Ange- hörigen ĂĽber die PflegebedĂĽrftigen hinweg. Auch ein suizi- daler Patient sieht oft keine Indikation fĂĽr eine Behandlung. Bei unzureichenden finanziellen Zuzahlungsressourcen kann sich ein Patient diePflege in einer bestimmten Einrich- tung nicht erlauben. Es wird manchmal suggeriert, Men- schen hätten beim Thema Gesundheit die Wahl – genauso wie bei neuen KleidungsstĂĽcken und sie hätten daher auch die Kontrolle in Situationen, wo sie diese doch in Wirklich- keit am wenigsten haben (Haubrock u. Schär 2000). Der Verkäufer eines Anzugs betrachtet mich als Kunden als konkreten Menschen zwar gleichgĂĽltig, aber er kund- schaftet meine persönlichen BedĂĽrfnisse, Schwächen und Hoffnungen möglichst geschickt aus, um dieses Wissen fĂĽr seinen Verkaufserfolg einzusetzen. Zu diesem Zweck sollten sich die „Bedienenden“ einfĂĽhlen und durch ihr Verhalten mit den Worten von Karl Marx „einen liebenswĂĽrdigen Schein entwerfen“ (Nerdinger 2003). Im Unterschied zur Beziehung zwischen Verkäufer und Kunde ist die Beziehung in der Pflege mehrdimensional. Es kommt nicht nur auf Freundlichkeit, sondern auf fachspezi- fisches Wissen und eine gute Ausbildung an. Gerade im
  • 37. 3 3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 25 Heimsektor oder bei chronisch kranken Patienten geht es nicht um einen kleinen Anteilam Leben der Patienten, son- dern es bestehen Abhängigkeiten. Der Patient kann nicht auf Pflege verzichten und sich kurzfristigumorientieren. Er be- nötigt die Pflege existenziell. Trotzdemkann er sich mittel- fristig fĂĽr einen alternativen, vielleicht sogar besseren Pfle- geanbieter entscheiden. Aufgrund ihres Laienwissens können „Durchschnitts- patienten“ nur bedingt Qualität und Richtigkeit der Leistun- gen beurteilen. Zwar bieten immer mehr Online-Portale Hilfestellungen in medizinisch-pflegerischen Fragen. Auch Rankings ĂĽber die besten Arztpraxen, Heime und Kliniken stehen der Bevölkerung z. T. kostenlos zur VerfĂĽgung. Aber ohneEinbindung von Experten ist nur schwer eine Entschei- dung ĂĽber Behandlungsformen und Wege zu treffen. Patien- ten können die Qualität der Leistung nur bewerten, nach- dem die direkte Pflege oder Behandlung begonnen wurde (. Abb. 3.1). Wie bereits erwähnt kann sich der Patient das Kranken- haus nur bedingt aussuchen. Aufgrund des plötzlichen Ge- schehens oder seines Krankheitszustands werden Kranken- hausaufnahme und Anteile der Therapie als negativ (z. B. schmerzhaft) empfunden. Die WĂĽnsche des Patienten sind primär auf die Wiederherstellung seiner Gesundheit ausge- richtet. Zudem ist er nicht immer in der Lage, seine WĂĽn- sche zu äuĂźern und ist dabei unmittelbar auf die professio- nelle Hilfe anderer angewiesen (z. B. ein dementer Heimbe- wohner), oder kann er seine BedĂĽrfnisse gar nicht äuĂźern (z. B. ein Komapatient). Die entsprechende Leistung wird von Fachkräften verordnet und festgelegt. Dazu kommt auch, dass viele Patienten Verhaltensweisen zeigen, die ih- rem Krankheitszustand nicht zuträglich sind; Patienten mĂĽssen entgegen ihrem Willen auf vormals liebgewonnene und gewohnte MaĂźnahmen verzichten (z. B. Abnehmen, Sport treiben, Rauchen abgewöhnen). Die Qualität der
  • 38. 26 Kapitel 3 · Patienten-Kunden . Abb. 3.1 Falsche Massage? Patient zur Physiotherapeutin Elli: „Aber warum massieren Sie denn mein Bein, ich bin doch am Ellenbogen operiert worden?“ medizinischen und pflegerischen MaĂźnahmen kann der Pa- tient aus seiner Position heraus nicht direkt ĂĽberprĂĽfen, son- dern er verlässt sich zumeist auf seine persönlichen Empfin- dungen. Trotzdem oder vielleicht umso eingehender macht er sich sein persönliches Bild ĂĽber jene Faktoren, die er si- cher beurteilen kann: die Freundlichkeit der Mitarbeitenden sowie ĂĽber Service und Ausstattung des Hauses bzw. der Praxis. 3.4.1 Kunde in der freien Wirtschaft All diese Faktoren differenzieren „unsere Gesundheitssys- temkunden“ von denen der „freien Wirtschaft“. Es ist ein Unterschied, ob wir mit einer Fluggesellschaft von Frankfurt
  • 39. 3 3.4 · Ist jeder Patient ein Kunde? 27 nach San Francisco reisen möchten oder ob wir unseren BauchspeicheldrĂĽsenkrebs behandeln lassen. Im Gesund- heitswesen geht es oft umexistenzielle Fragestellungen und Situationen, die nur wenig mit unbequemen Sitzen in ver- späteten AnschlussflĂĽgen oder einer falsch gelieferten Vor- speiseim Nobelrestaurant zu tun haben. Es geht um: 4 Vertrauliche Informationen, die noch nicht einmal die nächsten Angehörigen erfahren sollen, 4 Diagnosen, die die Lebensqualität stark beeinträchti- gen könnten, 4 Dienstleistungen, die hohe Folgekosten einleiten bzw. reduzieren können, z. B. ZuschĂĽssebei PflegebedĂĽrf- tigkeit, 4 UnterstĂĽtzungbei Entscheidungen, die groĂźen Einfluss auf die Lebensqualität haben, weil es z. B. um lebens- lange Phasen von PflegebedĂĽrftigkeit geht, 4 den Nutzen aktuellen Fachwissens aus Pflegewissen- schaft, Medizin, Physiotherapie, PsychologiefĂĽr den Patienten-Kunden. Auch sind PatientenwĂĽnsche fĂĽr die Gesundheit nicht im- mer heilsam und hilfreich. Gerade kranke Menschen, die manchmal nur vermindert selbst oder alleine entscheiden können, sind nicht in allen Lebensbereichen autarke (selb- ständig) entscheidende Kunden. Und doch gibt es Gemeinsamkeiten mit den bekannten Dienstleistungsberufen, die Service bieten: Patienten erwar- ten in vielen Situationen eine ähnliche Freundlichkeit, Res- pekt und Höflichkeit, wie es die Kollegen im Fluggastgew er - be, Hotelgastronomie oder im Verkauf bieten. Hier können wir sicher professioneller werden! Hinzu kommen weitere „krankheitsspezifische“ Fak- toren: 4 Bei manchen Erkrankungen beeinflussen psychische Einschränkungen das Krankheitsbild. Der schizoide
  • 40. 28 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Heimbewohner verhält sich nicht wie ein orientierter älterer Mensch. 4 Patienten sind weniger souverän und mĂĽndig als Kunden z. B. im Einzelhandel. Demnach mĂĽssen sieals „Kunden im Gesundheitswesen“ deutlich höhere „HĂĽr- den“ bewältigen (Kranich 2016). Sie mĂĽssen sich aktiv fĂĽr oder gegen etwas entscheiden und sollen dabei Ver- antwortung fĂĽr sich ĂĽbernehmen. (Kranke) Menschen sind hier schnell ĂĽberfordert. 4 Ebenso unterscheidet sich die Art der Beziehung: Wenn ich zum Kundenberater der Bank gehe, erwarte ich nicht, dass er mich tröstet und in den Arm nimmt, wenn ich den erwarteten Anlagegewinn nicht erreicht habe. Von Pflegenden wird es unter Umständen erwar- tet (Quernheim 2013). 4 Patienten, deren „Kaufkraft“ nicht ausreicht, drohen dabei hin- und hergeschoben zu werden. Denn kostspielige Patienten werden schnell von Klinik zu Klinik weiter gereicht. Sie werden bekann- termaĂźen auch frĂĽhzeitiger als andere in die ambu- lante Versorgung entlassen oder schneller wieder ein- gewiesen. 4 Patienten werden aufgrund ihres Status von den Verpflichtungen gegenĂĽber ihrem Arbeitgeber oder Familie entbunden. Wer den „gelben Schein“ (AU) hat, muss nicht zur Arbeit gehen. Damit haben Patienten Anspruch auf moralische und finanzielle UnterstĂĽt- zung. Eine solche Statusveränderung geht deutlich ĂĽber die Kundenrolle hinaus. 4 Im Gegensatz zum Kunden, der die Hinweise einer Be- dienungsanleitung missachtet hat und damit jeglichen Garantieanspruch verliert, darf der Kranke (derzeit noch) nicht fĂĽr seinen Zustand und sein Handeln juris- tisch verantwortlich gemacht werden. Auch wenn er sich noch so gesundheitsschädlich verhält und alle
  • 41. 3 3.5 · „Echte“ Patienten 29 Ernährungs-, Bewegungs- oder Behandlungsvor- schriften ignoriert. 4 Patienten haben offiziell die Pflicht, ihre Gesundung voranzutreiben und sollen sich an die Ratschläge und Anordnungen der Gesundheitsberufe halten. Jemand mit einer ansteckenden Krankheit kann juristisch ge- zwungen werden, sich einer Therapiezu unterziehen. 4 Und noch eines unterscheidet sich: Das „Bezahlen“ erledigt der Patient ja auch nicht selbst, oder? Welche weiteren Argumentekennen Sie, die einen Patienten oder Bewohner nicht als Kunde erscheinen lassen? Schrei- ben Sie mir bitte! 3.5 „Echte“ Patienten Bevor wir uns später mit den „Gemeinsamkeiten“ von Pa- tienten und Kunden beschäftigen, sollten wir vorab weitere Begriffe betrachten. 3.5.1 Patientenbegriff Der Patientenbegriff kommt aus dem Lateinischen (patiens = erdulden, passio = das Leiden) und umschreibt die zuge- schriebenen Eigenschaften eines widerstandslos Leidenden oder Erduldenden. Doch hat sich das Rollenverständnis des angepassten devoten Patienten, der sich um 5.50 Uhr zum täglichen Fiebermessen wie in einer Kaserne zur VerfĂĽgung stellt, in den vergangenen 30 Jahren massiv gewandelt. Da- mit veränderte sich auch die Bedeutung des Begriffs. Eine freie Arzt- und Klinikwahl gab es schon immer. Patienten dĂĽrfen, manchmal mĂĽssen sie sich auch entscheiden. So kann der Patient sich grundsätzlich fĂĽr Leistungen ent-
  • 42. 30 Kapitel 3 · Patienten-Kunden scheiden und diese je nach Wunsch stationär oder ambulant in Anspruch nehmen oder ablehnen. Patienten werden im- mer fordernder, kritischer und selbstbewusster. Durch bessere Aufklärung aufgrund Patientenedukation und ex- pandierender Beratungsstellen und Beratungsangebote im Internet formulieren sie gezieltere Fragestellungen und er- heben Anforderungen an Pflege und Therapie. Unsere Ziel- gruppe beginnt sich ihrer Macht bewusst zu werden und „verbĂĽndet“ sich im Internet oder auch im realen Leben zu Patientenorganisationen. Aber wĂĽrden wir das nicht auch machen, wenn wir auf der anderen Seite und noch dazu krank wären? Dadurch hat sich die Selbstwahrnehmung des Patienten verändert. Mit diesem Wissenshintergrund greifen sie zu- nehmend aktiv in den Behandlungsprozess ein. Patienten erwarten im Krankenhaus und Heim eine gewisse Analogie zu anderen Dienstleistungsbereichen, wie z. B. in einem Re- staurant. Hierdurch kommt es zum Wechsel von der Rolle des passiven Teilnehmers der Versorgungskette (Braun von Reinersdorf 2002), vom „Erduldenden“ zum „Kundigen“ und potenziellen „Käufer von zusätzlichen Dienstleistun- gen“ in Klinik, Heim und Praxis. Dennoch gilt der nörgelnde Patient oder der mit vermeintlichen „ExtrawĂĽnschen“ noch immer als Störenfried (Frömming-Ohmke 2002). 3.5.2 Patientenrechte ĂĽbersteigen Kundenrechte WĂĽrden Patienten einseitig als Kunden angesehen, verlören sie ihre vom Gesetzgeber zugebilligten Patientenrechte (BMG 2017). > Die Patientenrechte ĂĽbersteigen deutlich die bestehenden Verbraucherschutzgesetze.
  • 43. 3 3.5 · „Echte“ Patienten 31 Verbraucherschutzverbände wĂĽrden jubeln, wenn der nor- male Kundeeine FĂĽllean solchen Rechten besäße. Demnach haben Patienten das verbriefte Recht auf wĂĽrdevolle Be- handlung. Das Selbstbestimmungsrecht gehört dazu. Das Prinzip der Einwilligung bedeutet das Verbot von Behand- lungen gegen bzw. ohne Zustimmung des Patienten. Auch wenn eine „Erfolgsgarantie“ nicht geboten wird, sollten Pa- tienten sorgfältig und gemäß dem aktuellen Stand der Wis- senschaft behandelt und gepflegt werden. Sie haben, sofern ihre Kassedas finanziert, das Recht auf freie Arztwahlund verständliche Aufklärung, auf eine verstehbare Erklärung und wahrheitsgemäße Beschreibung der Krankheit und ihrer wahrscheinlichen Folgen der Therapie sowie der Be- handlungsalternativen, Risiken, Nebenwirkungen und der Erfolgsaussichten. Patienten haben das Recht zur Einsicht in die Patientenakteund können die Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht von allen Angestellten im Gesundheits- wesen verlangen. Das liest sich gut, wird aber nicht immer eingehalten. Im Gesundheitsbereich sind Leistungsergebnisse von beiden Seiten abhängig. Wenn ein Patient keineBereitschaft zur Mitwirkungzeigt, ist fast jede Therapiezwecklos. Ă„hn- liches gilt z. B. in der Sport- und Wellnessbranche. Neben der z. B. therapeutisch-pflegerischen Intervention des Leis- tungserbringers ist auch der Patient immer am Leistungs- erfolg der Dienstleistung beteiligt. Verweigert ein Patient seineMitwirkung, so kann kein (Pflege)ziel erreicht werden. 4 Menschen geben gerne etwas mehr aus, wenn sie dafĂĽr auch bevorzugt behandelt werden und sich Sonder- rechte „erkaufen“ können. 4 Es ist bekannt, dass Privatpatienten deutlich schneller Termine in Praxen bekommen und mehr Wahlmög- lichkeiten haben als Kassenpatienten (Wagner 2015). 4 Kunden, die z. B. in Geschäften und Hotels mehr Geld zahlen, erhalten teurere Produkteund besseren Ser-
  • 44. 32 Kapitel 3 · Patienten-Kunden vice. Das erinnert an die bezahlte Chefarztvisiteeiner Klinik. Zu den Kassenpatienten kommen diese zumeist einmal die Woche, bei Privatpatienten mindestens ein- mal am Tag. Obwohl alle Patienten in der Regel behandelt werden mĂĽs- sen, können diese bei Fehlverhalten aus der Praxis, dem Heim oder der Klinik verwiesen und der Behandlungsver- trag gekĂĽndigt werden. Sowohl das Personal im Verkauf als auch im Gesundheitswesen muss sich also längst nicht alles gefallen lassen. Wer hier Grenzen ĂĽberschreitet, hat mit den Konsequenzen zu rechnen (7 Kap. 8). Hey, SĂĽĂźe … Ein junger, erwachsener, stationärer Patient mit einer Sport - verletzung, der wiederholt im alkoholisierten Zustand Mitar- beiterinnen belästigt, wird des Hauses verwiesen. Zudem er- hält seine Krankenkasse einen Hinweis, dass der Behandlungs- vertrag aufgrund von Fehlverhalten des Patienten einseitig gekĂĽndigt ist. Hinzu kommen weitere Unterschiede zwischen Patienten und Kunden: 4 Patienten können als Laien die medizinisch-pflege- rischen Leistungen nur eingeschränkt fachlich beur- teilen, aber sie können sich sehr wohleine eigene Mei- nung ĂĽber die „Umgangsformen“ machen: „Bin ich hier höflich, freundlich, respektvoll, zuverlässig, pĂĽnktlich behandelt bzw. gepflegt worden?“. 4 AuĂźerdem zahlen auch Patienten fĂĽr die Leistungen im Gesundheitswesen. Sie genieĂźen den Versicherungs- schutz ihrer Krankenkasse: „Die kĂĽmmern sich dann schon die Abrechnung!“, fĂĽr den sie ca. 15% des Lohns bezahlen.
  • 45. 3 3.5 · „Echte“ Patienten 33 Gesetzliche Krankenversicherung Eine Angestellte im Gesundheitswesen mit langjähriger Berufserfahrung und Zusatzqualifikationen verdient brutto ca. 2.400 €/Monat. Davon zahlt sie monatlich ca. 200 € an ihre Krankenkasse und ihr Arbeitgeber auch. Aus diesem Grund entstand beim BĂĽrger eine regelrechte Vollkaskomentalität. Die meisten erheben den Anspruch: „Ich zahleja schlieĂźlich auch und erwarte einen „All-Inklu- sive-Service!“. Oft ist dies aber ein Trugschluss, denn es wird vergessen, dass der Arbeitgeber die andere Hälftedes Kran- kenversicherungsbeitrags zahlt! Ebenso wird vergessen, dass dieseKosten kaumden realen Bedarf decken, weil Familien- angehörige solidarisch mitversichert sind. Private Krankenversicherung Ein Privatpatient hingegen zahlt monatlich – je nach Eintritts- alter in die Versicherung, Vorerkrankungen, Beruf, gesundheit - lichen Risiken und Hobbys (z. B. sind Tauchen, Skitouren oder Motorradfahren zuschlagspflichtig) – zwischen 300 und weit ĂĽber 1.000 € an seine Krankenversicherung. Dieser erhält im Krankheitsfall eine Rechnung von Praxis und Klinik und be- gleicht diese zumeist durch Vorkasse selbst. In diesem Beitrag sind die Familienmitglieder nicht mitversichert, sondern mĂĽs- sen extra bezahlt werden. Mittlerweile können auch Mitglieder gesetzlicher Kranken- kassen Zuzahlungen „aus eigener Tasche“ beim Praxisbe- such, bei physiotherapeutische Therapien, fĂĽr stationäre Pflege, Medikamente, Rehabilitation, Kuren usw. leisten. Die aufgefĂĽhrten Argumente bestärken die Sichtweise, dass Pa- tienten und Bewohner heute also nicht mehr als passiv-lei- dende sondern immer öfter als selbstbestimmte BĂĽrger an- gesehen werden können. Welche Begrifflichkeiten nutzen wir dafĂĽr?
  • 46. 34 Kapitel 3 · Patienten-Kunden 3.6 Kundenbegriffe im Gesundheits- wesen Im Gegensatz zum Begriff Patientenorientierung ist nach Strobel (2001) der Begriff Kundenorientierung ein Aus- druck dafĂĽr, dass der Patient stärker als mĂĽndiger BĂĽrger und Partner gesehen wird. Dabei hat er das Recht, seine Erwartungen gegenĂĽber einer Einrichtung im Gesundheits- wesen und deren Mitarbeitenden, zu artikulieren: Ĺ® Der Patient ist nicht mehr dazu verdammt, die Leistun- gen des Krankenhauses unkritisch ĂĽber sich ergehen zu lassen, sondern es ist sein Recht, nicht nur bestmögli- che Behandlung, Pflege und Heilung zu erwarten, son- dern auch ĂĽber alle Schritte des Diagnose- und Thera- pieplans informiert und in die Planung mit einbezogen zu w erden. 3.6.1 Wie wird Kunde definiert, wie Klient? k Kunde Althochdeutsch „kundo“ = Kundiger, Eingeweihter (Wahrig 2002). Der faktischeNachfrager nach den angebotenen Leis- tungen eines Unternehmens. Er ist unabhängig und kauft entsprechend seinen BedĂĽrfnissen und AnsprĂĽchen auf dem Markt ein. k Klient Lateinisch „cliens“ = Höriger, Schutzbefohlener (Wahrig 2002). Der Begriff wird fĂĽr den Kunden eines Steuerberaters oder Therapeuten bzw. von anderen Beratungsberufen ver- wendet. Klienten erwarten eine gewisse FĂĽrsorge vom Leis- tungserbringer.
  • 47. 3.6 · Kunde nbeg riffe 3.6.2 Was bedeutet Orientierung? Orientieren:„Jemanden ĂĽber etwas unterrichten, in Kenntnis setzen“; Orientierung, das Orientieren, zu Ihrer Orientie- rung, „damit Sie Bescheid wissen“ (Wahrig 2002). Im Interaktionsverhältnis bezieht sich die Mitarbeiterin eines Unternehmens im Gesundheitswesen auf einen er- krankten oder pflegebedĂĽrftigen Menschen. Dieser „Kunde“ hat AnsprĂĽchebzw. individuelle BedĂĽrfnisse gegenĂĽber der Einrichtung. Damit löst der Kunde den Bedarf an Orientie- rung aus. Der Angestellte des Unternehmens der Gesund- heitsbranche wird somit zumDienstleister. Kundenorientierung spiegelt sich im Zusammenhang mit Pflege in Strukturen, Prozessen und Ergebnissen wider. Der Patient möchte nicht nur als Objekt, sondern als Indivi- duum gesehen und in Planungen und Entscheidungen, die Auswirkungen auf seineGesundheit haben, gleichberechtigt mit einbezogen werden (Frömming-Ohmke 2000). Das Eti- kett „Kunde“ macht in einer Klinik unmissverständlich klar, wofĂĽr ein Unternehmen und seine Mitarbeitenden da sind. Dieses ist, sowohlin der Kliniklandschaft als auch unter den Pflegenden, nicht selbstverständlich (Gärtner 1997). Das bekannte empathische: „Gehen in den Schuhen des Anderen“ bzw. das „Gehen in den klinik- oder heimtypischen Schlapp en des Patienten“, kurzum die Ăśbernahme der „Kundenper- spektive“ ist hilfreich und förderlich. > Der Patient muss nicht dankbar fĂĽr empfangene Leis- tungen sein – sondern er hat einen vertraglich festge- legten Anspruch auf angemessene und professione lle pflegerische Leistungen. 35
  • 48. 36 Kapitel 3 · Patienten-Kunden 3.6.3 Was macht einen Verbraucher aus? Verbraucher oder Konsumenten nutzen zur privaten Be- dĂĽrfnisbefriedigung die Dienstleistungen oder Produkte eines Anbieters. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Unterle- genheit ist der Verbraucher besonders schĂĽtzenswert. > Vor zehn Jahren veränderten sich aufgrund des Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz in Seniorenheim en die Wohn- und Betreuungsverträge. Seither gibt es darin nicht mehr den Begriff des Bewohners, sondern der Kunde eines Altenheims wechselt demnach in die Ver- braucherrolle. Seine Rechte wurden deutlich gestärkt. So hat er z. B. das Recht, ohne Angabe von GrĂĽnden inner- halb von zwei Wochen jeden Heimvertrag zu kĂĽndigen. Christoph Kranich, Experte fĂĽr Patientenrechte der Ver- braucherzentrale Hamburg, gibt zu bedenken, dass Patien- ten in immer höherem MaĂźe fĂĽr ihre eigene Gesundheits- versorgung verantwortlich gemacht werden. Im Gegensatz zu frĂĽher sollen sie heute immer mehr und auch immer frĂĽhzeitiger gesundheitsbewusste „mĂĽndige BĂĽrger“ wer- den, die Krankheiten und PflegebedĂĽrftigkeit aktiv entge- gentreten (Kranich 2016). Aber wie soll denn der Patient kundiger Kunde oder Verbraucher sein, wenn ihm niemand eine Hilfe dazu gibt? Die Ă„rztehaben keine Zeit dafĂĽr, die Pflegenden sind durch ausgedĂĽnnte Dienstpläne zeitlich ĂĽberfordert, die Reini- gungskraft ist fachlich dazu nicht in der Lage. Wie soll er die konkurrierenden Angebote unterscheiden (Strobel 2001)? Die Kernleistungen im Gesundheitswesen sind keine Waren, sondern vertrauliche Dienstleistungen. Diese Ver- traulichkeit ist in Klinik, Heim und Praxis deutlich wichtiger als z. B. im Fluggastgewerbe, Hotelgastronomie und Ver- kauf. Und gerade diese Branchen bieten nun schon viele Jahre SchulungsmaĂźnahmen zur Kundenorientierung im
  • 49. 3 3.7 · Wettb ew erb der Zukunft 37 Gesundheitswesen an. Es ist ein immenser Unterschied, ob ich kranke Patienten und pflegebedĂĽrftige Mens c h e n ĂĽber Wochen, Monate und Jahre pflege und Sorge fĂĽr sie trage – oder ob ich meine Aufmerksamkeit gesunden Ur- laubern im Hotel fĂĽr einige Tage oder beim Langstrecken- flug fĂĽr wenige Stunden widme. Dennoch sollten wir Angestellte im Gesundheitswesen damit leben, dass durch den Einzug von immer mehr markt- wirtschaftlichen Elementen sich der Gesundheitsmarkt grundlegend verändert. Stehen dabei wirklich die Service- qualitäten, wie z. B. die drei „H“, also 4 hilfsbereit, 4 höflich, 4 hĂĽbsch im Vordergrund, oder sind Patienten an einer fachgerechten Behandlung und Pflege interessiert, bei der natĂĽrlich auch Sauberkeit, Zugänglichkeit, Essensqualität und das Preis- Leistungs-Verhältnis eine Rolle spielen? > Es kann als sicher gelten, dass Faktoren wie freund- liche Behandlung und professionelle Beratung das ZĂĽnglein an der Waage werden, ob sich der Patient fĂĽr Haus A oder Praxis B oder Mitbewerber C entscheidet. 3.7 Wettbewerb der Zukunft FrĂĽher gab es keine Zuzahlungen und kaum Konkurrenz- situationen, denn ĂĽberall wurden die gleichen Gesundheits- leistungen fĂĽr Kassenpatienten kostenlos angeboten. Wie wird sich das Gesundheitswesen in Zukunft verändern? Es ist absehbar, dass langfristig die Sozialversicheru ng en nur noch eine Minimalversorgung finanzieren können und werden. DieBĂĽrger sollten sich vomAnspruch auf „Vollkas-
  • 50. 38 Kapitel 3 · Patienten-Kunden koversicherung“ verabschieden und sich entweder mit we- niger Leistung zufrieden geben, oder private Zuzahlungen leisten bzw. sich gegen dieses Risiko privat versichern. Ausblick Der Patient mit einer Indikation zur Operation hat innerhalb der Klinik unterschiedliche Wahlmöglichkeiten: Die Standard- behandlung, welche von den gesetzlichen Krankenkassen komplett finanziert wird und nur eine Zuzahlung von 10 €/Tag beinhaltet, garantiert eine ausreichende Mindestversorgung im Mehrbettzimmer mit maximal 5 Betten mit schnellstmög- licher Entlassung. Oder der Patient wählt eine gehobenere Behandlung und Ser- vice zum Angebotspreis von 190,00 €/Tag. Darin ist enthalten: 4 Die akademisierte Privatpflegerin in den ersten post- operativen Tagen, 4 ein Wellnesspaket mit Massagen, Entspannungstraining usw. zur schnelleren Regeneration, 4 Einzelzimmer, 4 Wunschkost, 4 Computer mit Internetzugang/WiFi und Telefonflatrate auf dem Zimmer, 4 sowie dem Nachsorgepaket „Service XXL“. Solche Angebote werden sich von Klinik zu Klinik bzw. von Pflegeheim zu Pflegeheim oder Praxis zu Praxis unterschei- den. Und damit entsteht ein Wettbewerb, der von der Politik ganz bewusst gewollt ist. Vergessen wir nicht, dass es politi- scher Wille ist, in den nächsten Jahren ein Drittel der deut- schen Kliniken zu schlieĂźen.
  • 51. 3 3.7 · Wettb ew erb der Zukunft 39 3.7.1 Interne und externe Kunden Wie unterscheiden sich Kunden untereinander? Wer sind Ihre Kunden? k Interne Kunden Der interne Kunde arbeitet in einer Abteilung im Betrieb. Jede Ihrer ausgefĂĽllten Untersuchungsanforderungen fĂĽr andere Nachbarabteilungen, jede Dokumentation, jeder Ab- rechnungsschein, jedes ZurĂĽcklassen Ihres Arbeitsplatzes hat fĂĽr Ihre hausinternen Kollegen Bedeutung. Diese inter- nen Kunden sind also die Mitarbeitenden, Vorgesetzten und Auszubildenden Ihres Unternehmens. k Externe Kunden In erster Linie zählen zu den externen Kunden natĂĽrlich die Patienten mit ihren Angehörigen. Des Weiteren zählen zur Zielgruppe auch Ein- und Zuweiser und alle Unternehmen auĂźerhalb der Einrichtung, mit denen Sie zu tun haben. Dies wären im Einzelnen: 4 andere Pflegeeinrichtungen, 4 Praxen, 4 Kliniken, 4 Lieferanten, 4 Behörden und Gesundheitsämter, 4 Industrie- und Handelskammern, kassenärztliche Vereinigungen, politischeParteien, 4 Ausbildungsbetriebe, 4 Berufsverbände, 4 die Bevölkerung Ihrer Region bzw. Ihres Stadtteils. Ihnen bieten Sie Ihre Produkte mit der Ihnen typischen Ergebnisqualität an. Angefangen vom Behandlungs- oder Pflegeergebnis ĂĽber die gut lesbar ausgefĂĽllten Formulare, Verlegungsberichte, Arztbriefe, die pĂĽnktlich und ohne Er- innerung dem externen Kunden präsentiert werden.
  • 52. 40 Kapitel 3 · Patienten-Kunden 3.8 Empfehlungen sind existenziell Im Alltag der genannten Einrichtungen der externen Kun- den wird tagtäglich gefragt: „An wen kann ich mich mit der Erkrankung X oder bei einer speziellen Pflegesituation Y am besten wenden?“. Gerade bei Entscheidungen der existen- ziellen Art verlassen sich Menschen mehr auf die mĂĽndli- chen Empfehlungen aus dem sozialen Umfeld, diese werden als „wichtiger“ empfunden, als die Spitzenplätze beim Ran- king der „besten Klinik oder Praxis“ in Zeitung oder Inter- net. Es wird ĂĽbrigens in der Bevölkerung mehr und mehr zum offenen Geheimnis, dass solche Listenplätze vielfach gekauft sind und nur wenig ĂĽber die wirkliche Qualität aus- sagen. Und jetzt versetzen Sie sich bittein eine Hausarztpraxis mit 1000 Stammpatienten. Tagtäglich werden in dieser Pra- xis, egal ob an den Arzt oder seine Mitarbeiterinnen Fragen nach Empfehlungen zur medizinischen Behandlung und Pflege gestellt. Stellen wir uns vor, Doktor Z befĂĽrwortet meist die legendäre „Hinterwald-Klinik“. Nach der Entlas- sung eines „seiner Patienten“ erfährt Doktor Z während der Kontrolluntersuchung, dass in dieser Klinik unmögliche Zuständeherrschen: Patienten mĂĽssten stundenlang auf die angemeldeten Betten warten, lägen tagelang auf dem Flur, wĂĽrden von patzigen Ă„rzten, Pflegerinnen und MTA ange- raunzt und auch die Zimmer und das Essen seien unterstes Niveau. Ist es da nicht nachvollziehbar, dass Doktor Z und sein Team zukĂĽnftig genau ĂĽberlegen, ob dieses Haus, was seinem Namen alle Ehre macht, weiter empfohlen werden kann? Die Hausarztpraxis läuft Gefahr, dass ihre Patienten abwandern, weil sie der Empfehlung vertrauten und dann maĂźlos enttäuscht wurden. Zitat einer imaginären verärger- ten Patienten-Kundin:„Zu der Praxis gehe ich nie mehr hin. Wie konnten die mir die „Hinterwald-Klinik“ nur empfehl en ? Das war dortunglaublich schlecht!“.
  • 53. 3.8 · Empfehlu ngen sind existe nziell . Abb. 3.2 Empfehlungs- und Kritikverhalten Genauso von Bedeutung ist es, wie Sie Ihren externen Kunden gegenĂĽber treten. Dazu ein Beispielaus demPflege- heim von Pfleger Holger: Sind Sie zu blöd … Vor kurzem wies Holger am Telefon die in seinen Augen un- fähige Pflegehelferin der Klinik lautstark und beleidigend zu- recht, weil er es unmöglich fand, dass diese „Kollegin“ ihn nicht informierte, dass zu wenig Nachtwäsche fĂĽr einen seiner Bewohner fĂĽr die Dauer des stationären Aufenthalts vorhan- den sei. 41
  • 54. 42 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Doch auch diese Pflegehelferin wird häufig gefragt, welche Senioreneinrichtung empfehlenswert ist. Schnell stĂĽrzt die vormals hohe Empfehlungsposition von Holgers Pflegeheim ab – „nur“ weil der unfreundliche Pfleger so ungehalten am Telefon brĂĽllte. 3.9 Sie sind Dienstleister Es gibt die Redensart: „Der Kunde ist König“. Angeblich wurdedieser Lehrsatz frĂĽher in der Ausbildung zukĂĽnftigen Verkäufern vermittelt (Haubrock u. Ă–hlschlegel-Haubrock 2014). Damit soll ausgesagt werden, dass ausschlieĂźlich die BedĂĽrfnisse des Kunden zählen und diese bestmöglich zu befriedigen sind. Eine Seminarteilnehmerin aus der Gastro- nomie meinte einmal: „Wenn sich der Gast ĂĽber eine versal - zene Suppe beschwerte, wurde gar nicht darĂĽber diskutiert, sondern er bekam eine neue und alles ging besser. FrĂĽher hab ich mich darĂĽber aufgeregt, heute zählt das zu unseren Stan- dards: Der Kunde hat Recht!“ . Was soll man da diskutieren , ob die Suppeversalzen ist?Wenn das Geschmacksempfin- den des Kunden das so wahrnimmt, dann ist es so, denn ĂĽber Geschmack lässt sich „nicht streiten“. Das geflĂĽgelte Wort des König-Kunden hat aber auch seine Schattenseiten. Denn wenn irgendwo ein König herrscht, benötigt dieser eine Schar an Dienern. Und da ist das Problem: Wer ist schon gerne freiwillig Diener und ord- net sich einem anderen unter, von dem er sich auch noch demĂĽtigend oder ungerecht behandelt fĂĽhlt? Es ist eher an- zunehmen, dass Patienten gar keine Könige sein wollen. Nach einer Untersuchung bezeichnen sich stattdessen na- hezu 100% der Patienten selbst als Kunden (Frömming- Ohmke 2000). Kunden erwarten kein devotes Personal. Und sie wollen nicht angelogen werden, sondern ehrlich erfah- ren, was machbar ist und was nicht.
  • 55. 3 3.9 · Sie sind Dienstleister 43 Dienen Die Geschichte der Pflege hat im letzten Jahrhun- dert mit den größten Anstrengungen versucht, sich von den Begriffen: Dienst und Dienen zu verabschieden. In der Ge- sellschaft wird „Dienen“ negativ, als Abhängigkeitsverhäl tn is mit beruflicher Unselbständigkeit bzw. Unterwerfung ange- sehen. Auf der anderen Seite werden gute Dienstleistungen von allen Seiten aber auch gewĂĽnscht und erwartet. Aktuel- le Schlagworte wie „Dienstleistungsgesellschaft“ verdeut- lichen dies. Die berufspolitisch verschmähte Dimension des Dienens kehrt mit der Kundenorientierung fĂĽr alle Berufs- gruppen der Gesundheitsberufe, inklusive der Ă„rzte, zu- rĂĽck. Dienen bedeutet in Deutschland traditionell eine nied- rige, unselbständige Tätigkeit, obwohlvielmehr dazu gehört. Ein dienender Mitarbeiter erfĂĽllt in abhängiger Stellung seine Pflicht und erhält dafĂĽr seinen Lohn und im besten Fall ein wĂĽrdevolle Behandlung. Egal, ob es der ärztliche Direktor oder die PflegeschĂĽlerin ist. 3.9.1 Was ist eine Dienstleistung Deutschland hat im Vergleich zu anderen Industrienationen den Ăśbergang zur Dienstleistungsgesellschaft erst spät voll- zogen. Im Jahre 1970 waren erst 45% aller erwerbstätigen Menschen in diesemSektor beschäftigt. ImJahre2017 waren es bereits ĂĽber 75% (Destatis 2017). Selbst in den Tarifvert rä - gen der konfessionellen Trägerverbände(z. B. AVR) ist heute noch vomsog. Dienstnehmer und Dienstgeber die Rede. Dienstleistung
  • 56. 44 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Viele Menschen klagen tagtäglich im Gesundheitswesen, in Einzelhandel und GastronomieĂĽber unfreundliche Behand- lungen und Bedienungen. Woher kommt diese Unzufrie- denheit? Ist die Erwartungshaltung zu hoch oder fehlt den Kollegen die richtige „Einstellung“ im Umgang mit anderen Menschen? Merkmal aller Dienste ist, materiell nicht greifbar zu sein. Die pharmazeutischeAssistentin stellt in der Apotheke die Menge X eines Medikaments her. Somit kann sie abends ihre Produktivität addieren. Eine Kauffrau im Gesundheits- wesen ohne Kundenkontakt summiert am Feierabend die Anzahl der Abrechnungen mit den Krankenkassen. Aber Dienstleistungen, die mit Empathie(EinfĂĽhlungsvermögen) und Beratung zu tun haben, sind vor allem in ihrer Qualität nicht immer nachvollziehbar dokumentationsfähig. ZumDienen gehört manchmal auch Demut. Dieser Be- griff bezeichnet den Willen zum Hinnehmen der Gegeben- heiten und sorgt positiv ausgedrĂĽckt fĂĽr einegewisseBoden- ständigkeit. Auch gute FĂĽhrungskräfte dienen im Grunde genommen ihren Mitarbeitenden, indem sie fĂĽr Umfeldbe- dingungen sorgen, in denen „ihre“ Angestellten die best- mögliche Leistung fĂĽr das Unternehmen erbringen können. Begriffe, die längst aus der Modegekommen sind, erhal- ten einen neuen Stellenwert im Management der Zukunft: Dankbarkeit, Demut und Dienen sind alle drei sog. „Ener- giequellen“ (Tewes 2015). Denn Dankbarkeit entspricht der Praxistip Fragen Sie sich: Wie zufrieden sind Sie selbst mit den Dienstleistungen von anderen? Also mit Ihrem Briefträger, der Reinigungsfachkraft, Ihrem Steuerberater, Rechtsanwalt, Pfarrer oder Haus- arzt? Was wäre in Ihren Augen zu verbessern?
  • 57. 3 3.9 · Sie sind Dienstleister 45 intuitiven Erkenntnis, dass alles mit allem zusammenhängt. Demut ist ein Zeichen von Intelligenz und dienende FĂĽh- rung („servant leadership“) ist durchaus erfolgversprechend (Tewes 2015). Somit hat sich der etwas antiquierte Begriff des Dienen und der Demut bis in die aktuelle FĂĽhrungslite- ratur der Jetztzeit erhalten. > Die Vorgesetzen, die glauben, ihr Haus und ihre Kolle- gen und sogar die Kunden hätten ihnen selbst zu dienen, haben nicht nur die Bodenhaftung verloren, sondern auch den Bezug zur Realität. Menschen wollen, viele sogar „mĂĽssen“ Recht haben und sind darauf angewiesen, dass sie ihren Standpunkt bestätigt bekommen. Nun gelangen aber mit den Anforderungen der Kundenorientierung Lehrsätzewie „Dienen kommtvor dem Verdienen!“ oder „Der Kunde ist Ihr Arbeitgeber, denn wenn keine Kunden mehr in ihre Einrichtung kommen, verlieren Sie Ihren Arbeitsplatz.“ in den Gesundheitsmarkt (Baldus 1997; Frömming-Ohmke 2000). Aus dem Krankenhaus mit pos- tulierter „karitativer Liebestätigkeit“ sind freigemeinnĂĽtzige Dienstleistungsunternehmen geworden und diese benöti- gen Kunden, um am Markt bestehen zu können. Zudem sollten Dienstleistungsunternehmen Gewinne machen. Bleiben dieseaus, ist dieInsolvenz bzw. der Konkursvorpro- grammiert. ObwohlKliniken zur Daseinsvorsorge gehören wie auch die Feuerwehr oder die MĂĽllabfuhr, mĂĽssen sich Kranken- häuser marktwirtschaftlich tragen! Daliegt schon der Fehler im System. Beispielsweise dauert es etwa 30 Minuten einem Erwachsenen die Blase zu röntgen. Bei einem Kind sind zwei Stunden zu veranschlagen, weil einem Zweijährigen eben nicht schnell erklären werden kann, warumes zu röntgen ist. Darumhaben privateKliniken so gut wiekeine Kinderabtei- lungen – denn es rechnet sich ökonomisch kaum (Rahms- dorf 2018).
  • 58. 46 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Guten Service bieten und das tagtäglich mit immer wie- der neuen Patienten ist eine spannende Herausforderung. Gute Pflege, gute Behandlung und Therapie sind zudem mehr als z. B. Service in der Reisebranche oder im Verkauf. Diese beinhalten Anteilnahme und tiefgreifenden Aus- tausch, und das macht unsere Arbeitsplätze anspruchsvoll, komplex und spannend. 3.10 Patienten sind Kunden Eine HerausforderungfĂĽr alle Beteiligten ist der kurzfristige Wechsel vom Patienten zumKunden und umgekehrt. Kunde oder Patient oder Beides Herr Schlau betritt die Zahnarztpraxis. Meike, die medizinische Fachangestellte erledigt zunächst alle Formalitäten. Nach ei- ner Wartezeit von sechs Minuten bittet Meike Herrn Schlau in den Behandlungsraum. Sie kĂĽndigt den Zahnarzt an, der alles w eitere mit Herrn Schlau besprechenwird. 4 Herr Schlau erfährt von seinem Zahnarzt, dass aufgrund seiner Zahnfehlstellung und durch Veränderung an der Wurzelspitze (Gangrän im Zahn), die Weisheitszähne drin- gend zu entfernen seien und bei anderen Zähnen eine WurzelfĂĽllung und danach eine Wurzelspitzenresektion anstehen. (Dem Patient wird die Diagnose eröffnet). 4 Später, zuhause informiert sich Herr Schlau zusätzlich im Internet und lernt die grundsätzlichen Vor- und Nachteile einer Weisheitszahnextraktion bzw. WurzelfĂĽllung auf- grund dieser Indikation kennen (Kunde). 4 Aufgrund seiner Angstzustände beimZahnarzt kommt fĂĽr ihn die Zahnentfernung nur mit einer zuzahlungs- pflichtigen Vollnarkose in Frage (Kunde). Seine Kranken- kasse erstattet keine Zusatzkosten fĂĽr eine Narkose (Patient).
  • 59. 3.10 · Patienten sind Kunde n 4 FĂĽr die anstehende Extraktion unter Vollnarkose ver- gleicht er die Angebote von 3 Oralchirurgen (Kunde). 4 Er lässt sich diese schriftlich vorlegen und bespricht die in- dividuellen Auswirkungen mit seinem Zahnarzt (Patient). 4 Er entscheidet sich fĂĽr das zweite Angebot, nimmt eine Zuzahlung in Kauf und gibt auĂźerdem die „WeiĂźung“ der Zahnfrontseite in Auftrag(Kunde). 4 Sein Zahnarzt gibt zu bedenken, dass die Zahnaufhellung auf Grund des doch massiven kieferchirurgischen Eingriffs nicht unbedingt angebracht sei. Eine mögliche Blutung und die Anwendung von hochkonzentrierten Säuren fĂĽr das Bleichen vertragen sich nicht besonders gut. Trotzdem entscheidet sich Herr Schlau dafĂĽr (Kunde). 4 AmTag des Eingriffs betritt er pĂĽnktlich und nĂĽchtern die Praxis (Kunde). 4 Er unterschreibt alle Formalitäten und Einverständnis - erklärungen (Kunde). 4 Er wird gefragt, ob er eine bestimmte Wunschmusik bei der Narkoseeinleitung hören möchte und wählt einen Michael-Jackson-Song fĂĽr die Phase der Behandlung (Kunde). 4 Er erhält das Narkosemittel Propofol (Patient). 4 Seine Weisheitszähne werden entfernt (Patient). 4 Die Frontseite der Zähne wird geweiĂźt (Kunde). 4 Er wird nach dem Eingriff von der MFA beaufsichtigt (Patient). 4 Er verlässt die Praxis und begleicht die Rechnung (Kunde). Hier wird deutlich, dass die Rolle mit Auswirkungen fĂĽr alle Beteiligten innerhalb einer Behandlung mehrfach und je- derzeit ändern kann. 47
  • 60. 48 Kapitel 3 · Patienten-Kunden 3.11 Patienten sind Partner Nachdem Herr Schlau in unserem Beispiel eine Entschei- dung fĂĽr eine bestimmte Behandlungsart getroffen hat, ver- folgen alle Beteiligten das gleiche Ziel: Die bestmögliche Entfernung der Weisheitszähne und die Wurzelbehandlung inklusive ErfĂĽllung der ZusatzwĂĽnsche. Wenn gemeinsam ein Ziel verfolgt wird, spricht man auch von Partnern. So gesehen kann man also das Verhältnis von Patienten und Mitarbeitenden auch als Partnerschaft bezeichnen. > Der Begriff Partnerschaft bezeichnet eine dauerhafte Interaktion zwischen dem Dienstleistungsnehmer und -geber. Sie orientieren sich an gemeinsamen Zielen und Aufgaben. Eine davon ist die BedĂĽrfnis- befriedigung des Kunden. Wie oben ausgefĂĽhrt geht es imGegensatz zumVerkauf oder Kurzzeiturlaub im Gesundheitswesen oft um langfristige und vertrauensvolle Partnerschaften. Es verbieten sich kurzfristige Manipulationen und ĂśberredungskĂĽnste wie z. B. bei den bekannten DrĂĽckerbanden, die einem ein Abonnement „aufschwätzen“ wollen. Möglicherweise wählen Patienten gerade bei pflegein- tensiven Krankenhausindikationen bewusst die Klinik, die fĂĽr die kundenorientierte Einstellung und Haltung der Mit- arbeitenden bekannt ist und diese „Besonderheit“ durch Werbung und Marketingstrategien breit in die Ă–ffentlichkeit streut. Somit haben u. U. Krankenhäuser mit kundenorien- tierten Mitarbeitern einen Wettbewerbsvorteil gegenĂĽber Konkurrenten ohnein dieser Richtung geschultes Personals.
  • 61. 3 3.11 · Patienten sind Partner 49 3.11.1 Kundenorientierung stärkt die Rolle des schwachen Patienten Im Gegensatz zu Einrichtungen, die keine Kundenorientie- rung „leben“ oder anstreben, sind die Rolle und das Ansehen des Patienten in kundenorientierten Einrichtungen deutlich gestärkt. Dort wird eine geforderte Patientenorientierung gelebt, das gesamte Unternehmen richtet sich danach aus. Patientenorientierung und die Patientenrechte werden per- manent umgesetzt – fĂĽr eine Einrichtung im Gesundheits- wesen zukĂĽnftig die Basis fĂĽr eine erfolgreiche Existenz. Nur wer weiĂź, was seine Patienten jetzt und in Zukunft möchten, welche Art von Vertrauen, Pflege, Behandlung und Service ankommen, was die Mitbewerber in der Nachbarschaft an- bieten, welche Sektoren ausgebaut und welche verändert werden – nur der hat eine Chance, erfolgreich am Markt zu bleiben. Unternehmen, die sich an den Mitarbeitenden orientieren, orientieren sich damit auch am Patienten. Ausblick Der prognostizierte Mangel an Fachpersonal wird die Kunden- orientierung verstärken. Denn Mitarbeitende verlassen lang- fristig Einrichtungen, in denen unzumutbare Zustände fĂĽr Patienten und Angestellte herrschen. Sie wechseln in Unter- nehmen des Gesundheitswesens, in denen Kundenorientie - rung gelebt w ird. j Employer Branding Hat das Haus oder die Praxis diesbezĂĽglich einen „guten Ruf “, werden sich deutlich mehr geeignete Stellensucher be- werben als in Einrichtungen, wo schon der AuĂźenstehende weiĂź: „Da werden die PatientenbedĂĽrfnisse mit FĂĽĂźen getre- ten!“. In diesem Zusammenhang spricht man vom Emplo y e r Branding, das bedeutet: welche Reputation hat dieser Ar- beitgeber im Vergleich mit anderen Arbeitgebern in den Köpfen der Bewerber?
  • 62. 50 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Wenn ein Bewerber sogar den höheren Verdienst bei einem Wettbewerbsunternehmen ausschlägt, weil er auf- grund der besseren Arbeitsbedingungen (z. B. durch die fĂĽr ihn bessere Sicherheitslage in der Notaufnahme) unbedingt wechseln möchte, zeigt es erfolgreiches Employer Branding (Arbeitgebermarkenbildung). Hier versprechen sich die Be- werber selbst die Gewissheit, jeden Tag mit VergnĂĽgen zur Arbeit zu gehen. Dieses wirkt insbesondere dann nachhaltig, wenn die exzellenten Mitarbeitenden allen Abwerbeversu- chen von Headhuntern widerstehen, weil ihre gefĂĽhlsmäßi- ge Bindung an das Haus wirksamer ist als das vermeintlich attraktive Angebot des Mitbewerbers (Quernheim 2018). Gelebtes Leitbild – Fehlanzeige Vor einiger Zeit fragte ich auf der Fahrt zu einem Seminar den Taxifahrer, was man sich so in der Bevölkerung ĂĽber die Klinik erzählt. Die Antwort am frĂĽhen Morgen lautete: „Na, von Freundlichkeit und Service haben die da kaum was gehört. Die Pflegenden machen zu acht Raucherpausen und obwohl meine Mutter klingelte, kam niemand. So etwas wäre in jedem anderen Betrieb nicht möglich!“; später fand ich im Leitbild dieser Klinik Sätze von Patientenorientierung. Fazit Kundenorientierung setzt an der Patientenorientierung an und stärkt die Rolle und Macht des Patienten. Durch eine sol- che Orientierung entwickelt sich das Dienstleistungssegm ent der Einrichtung weiter. Aus diesem Grunde wird in den nach- folgenden Kapiteln vorrangig der Begriff des Patienten-Kun- den verwendet. Somit können Sie je nach Situation selbst ent - scheiden, ob dieser Mensch in der Situation nun eher Ihr Kun- de oder Ihr Patient ist. Egal, wie Sie sich entscheiden: Sie reprä- sentieren die Einrichtung und sind in diesem Moment der vertrauenswĂĽrdige Ansprechpartner.
  • 63. 3 3.11 · Patienten sind Partner 51 3.11.2 Kundenorientierung als Teamaufgabe Kundenorientierung lässt sich nur schwer von einer einzi- gen Berufsgruppein einer Einrichtung umsetzen. Wenn sich nur eine Profession darum kĂĽmmert, die BedĂĽrfnisse der Patienten-Kunden zu stillen und sich die anderen Abteilun- gen, z. B. Verwaltung, Funktionsbereiche oder Ă„rzte, nicht darum bemĂĽhen, sind folgende Auswirkungen zu erwarten: 4 Kunden- bzw. Patientenorientierung wird zwar in HochglanzbroschĂĽren mit Leitbildern eingefordert, aber zu wenig gelebt. Patienten-Kunden, ihre Angehö- rigen und auch die Mitarbeitenden wissen dieses und wenden sich u. U. ab. 4 Eine Berufsgruppe, z. B. die Pflegenden, ĂĽberfordert sich und droht am Burnout zu erkranken, da sie die mangelnde Kundenorientierung der anderen Bereiche kompensiert. 4 Das Arbeitsklima leidet. Die Arbeitnehmer orientieren sich um! Sie können sich nicht vorstellen, … Die Patientin, Rentnerin Frau Kurz, kommt aus der Röntgen- abteilung zurĂĽck auf die Station. Sie wirkt aufgebracht und verärgert. Sandra, die nun schon einige Seiten in diesem Buch gelesen hat, fragt nach ihrem Befinden und erfährt, dass eine MTA-Mitarbeiterin der Radiologie die Patientin lautstark im Befehlston angefahren habe: „Stellen Sie sich nicht so an und halten Sie die vorgeschriebene Lagerung genau ein!“. Frau Kurz beginnt beim Erzählen zu weinen und vertraut Sandra an, dass sie aufgrund ihrer Schmerzen diese Lagerungsposition nicht einnehmen konnte. AuĂźerdem findet sie es unmöglich, sich von so einer jungen Frau kommandieren zu lassen. Sandra beruhigt die Patienten-Kundin in einem längeren Gespräch und muntert sie wieder auf. Dieses Gespräch dauert sieben Minuten und geht in diesem Falle zu Lasten von
  • 64. 52 Kapitel 3 · Patienten-Kunden Sandras anderen pflegerischen Tätigkeiten, die das Fehl- verhalten von Nachbarabteilungen ausgleicht. Bedenken Sie bitteauch: 4 Was nĂĽtzen beste Ergebnisse von Pflege und Medizin, wenn sich Patienten-Kunden bei der Entlassung ĂĽber einen unfreundlichen Mitarbeiter in der Verwaltung ärgern? 4 Was nĂĽtzt die Freundlichkeitskampagne eines Alten- heimes, wenn die Aushilfeam Telefonempfang kaum zu verstehen ist und Anrufern mangels Sprachkompe- tenz fehlerhafte Informationen gibt? ZumImage einer Praxis, eines Heimes und einer Klinik ge- hört auch das Corporate Design , also das einheitliche opti- sche Erscheinungsbild, wie Logo, Hausfarben, Hausschrift. Ebenso eine Corporate Comm unication , der Einsatz von geplanter widerspruchsfreier Kommunikation nach innen und nach auĂźen, sowie das Corporate Behaviour, das Ver- halten der Mitarbeitenden untereinander und im Kontakt mit Kunden (7 Kap. 5). Ĺ® Ziel ist, insbesondere die eigene Integrität im Unterneh- men zu leben und nach auĂźen zu tragen (LĂĽthy u. Buch- mann, 2009). Die erfolgreiche Implementierung dieses Ansatzes ist vom einheitlichen kundenorientierten Auftreten aller Berufs- gruppen einer Einrichtung mit entsprechender mitarbeiter- orientierter Unternehmenskultur abhängig. Dieser Umstand muss jedem Teammitglied eines Hauses klar werden. Lind- ner (1997) bringt es auf den Punkt: Ĺ® Der Kunde ist der einzige, der Geld in Ihre Einrichtung hinein bringt; alle anderen, von der Servicekraft bis zum Chef, geben dieses Geld wieder aus.
  • 65. 3 3.11 · Patienten sind Partner 53 Dabei sollten die PDLund der Chefarzt mit gutem Beispiel vorangehen: Wenn der Chefarzt einen Patienten-Kunden im Bereich seiner Abteilung selbstverständlich grĂĽĂźt, werden es die Auszubildenden und Praktikanten ebenfalls tun (Baldus 1997). > Kundenorientierung heiĂźt, die BedĂĽrfnisse des Patienten zu erfĂĽllen und ihm in einer zugewandten Weise das zu geben, was er wĂĽnscht und braucht. Aus diesemGrundesollten sich dieAnbieter von Dienstleis- tungen im Gesundheitswesen von der Soll-Betrachtung lö- sen und als „MaĂź aller Dinge“ die Erwartungen des Patien- ten-Kunden, sofern sie realistisch sind, betrachten (Stobel 2001). > Guter Service kann nicht von oben verordnet oder rezeptiert werden, sondern ist abhängig von der wertschätzenden Haltung der agierenden Personen. Alle Mitarbeitenden, von der Pflegerin ĂĽber die MFA bis zum Arzt sollten davon nicht nur ĂĽberzeugt sein, sondern diese auch leben. Viele Angehörige der Gesundheitsberufe lernten in ihrer Ausbildung nicht, was Kundenorientierung ist und wie man sich verhält. Ihnen fehlt daher das entsprechende Hand- werkszeug. In den nachfolgenden Kapiteln, v. a. auch im „ABC der Kundenorientierung“, gleichen Sie die Grund- lagen ab und ĂĽberprĂĽfen, ob Sie auf dem neuesten Stand sind. AnschlieĂźend gehen Sie möglicherweise weniger ab- wehrend mit den steigenden AnsprĂĽchen von Patienten- Kunden um und erreichen dadurch selber eine höhere Be- rufszufriedenheit.
  • 66. 54 Kapitel 3 · Patienten-Kunden 3.12 Auswirkungen gelebter Kundenorientierung Welche langfristigen Auswirkungen hätteeine erfolgreiche UmsetzungfĂĽr Ihren Betrieb und Sie? 1. Patienten, Kollegen, Vorgesetzte bringen Ihnen Anerkennung entgegen. 2. Sie verbessern die Aussicht auf die Erreichung Ihrer persönlichen Ziele um ein Vielfaches. 3. Sie vermeiden durch weniger Fehler nervige Korrek- turen. 4. Sie brauchen sich weniger von anderen kontrollieren zu lassen. 5. Sie steigern die Möglichkeiten Ihres Aufstiegs und die Aussicht auf Ăśbertragung von herausfordernden, interessanten Aufgaben. 6. Damit wachsen Ihre Selbstachtung und Ihr Selbstwert- gefĂĽhl und Sie arbeiten mit mehr Freude und SpaĂź. 7. Es bringt Ihnen mehr Zufriedenheit im Umgang mit Patienten-Kunden. 8. Sie erlangen in Beschwerdesituationen mehr Gelassen- heit. 9. Sie erhalten mehr Schutz durch den Einsatz von Distanzierungstechniken. 10. Ihnen gelingt ein mehr an Souveränität, weil Sie bei Beschwerden nicht „ausrasten“, sondern sich sicher und selbstbewusst an zur VerfĂĽgung stehenden Beschwerdestandards orientieren (z. B. EVA-3-Check- liste). 11. Sie erleben weniger Stress. 12. Ihre Gesundheit steigert sich und Körpersymptome (Kopfschmerzen, RĂĽcken-, Verdauungs- und Kreislauf- beschwerden usw.) reduzieren sich. 13. Ein positiveres Feedback der Patienten erleichtert Ihre berufliche Tätigkeit.
  • 67. 3.12 · Auswirku ngen 14. Langfristig erzielt Ihre Einrichtung dadurch Umsatz- steigerungen, die wiederum fĂĽr Investitionen oder Gehaltserhöhungen genutzt werden können. 15. Sie setzen sich positiv von Mitbewerbern ab und stei- gern damit Ihre Zukunftsaussichten, erfolgreich am Markt zu bleiben. 3.12.1 Auswirkungen fehlender Kundenorientierung Halten Sie sich vor Augen, welche Konsequenzen bei aus- bleibender Kundenorientierung zu erwarten sind (. Abb. 3.3): 4 Eine Expansion des Unternehmens, seine Ausdehnung in neue Geschäftsfelder ist kaum möglich. 4 Patienten wechseln zur Konkurrenz, dies fĂĽhrt zu sinkenden Umsatzzahlen. 4 Es erfolgt die Ăśbernahme der Einrichtung durch einen Mitbewerber, der diese möglicherweise schlieĂźt. 4 Die langfristige Jobsicherheit sinkt dramatisch, Gehaltserhöhungen sind so gut wieausgeschlossen. 4 Fehlende Mitarbeiter- und Kundenorientierung fĂĽhrt zu negativen GefĂĽhlen bei den Angestellten. Jeder ist sich bewusst, dass den Patienten schlechter Service ge- boten wird. Dies hat zur Folge, dass v. a. die hochkom- petenten und vorausblickenden Mitarbeitenden die Einrichtung verlassen und nach Arbeitgebern mit bes- serem Employer Branding und Reputation (Vertrauen und GlaubwĂĽrdigkeit) suchen bzw. sich selbständig machen. 4 Wegen dem RĂĽckgang der Umsatzzahlen muss Ihre Einrichtung deutlich mehr Zeit und Geld in Werbung und Neukundenakquise (Anwerben) investieren. Die- ses Geld fehlt dann an anderer Stelle. 55
  • 68. 56 Kapitel 3 · Patienten-Kunden . Abb. 3.3 Auswirkungen fehlender Kundenorientierung Fazit 4 Ausgehend vom Begriff der Patientenorientierung wer- den die Aspekte von Kundenorientierung, Dienstleis- tung und Partnerschaft erklärt und definiert. 4 Es werden die Ăśbereinstimmungen und Unterschiede zwischen Patienten und Kunden erläutert. 4 Das Empfehlungsverhalten der Patienten-Kunden be- stimmt den Wettbewerb der Zukunft im Gesundheits - w esen. 4 Die Auswirkungen von gelebter Kundenorientierung sind positiv und fĂĽr Patienten, Mitarbeitende und das Unternehmen. Literatur Baldus V (1997) Wer dient, verdient: Die Service-Strategie fĂĽr kunde norientierte Unternehm e n. Gabler, Wiesbad en BMG (2017 ) Patienten rechte unter https://w w w .bund esges u n d - heitsministeriu m.d e/the m en/prae ve ntion/patie ntenre chte. html (Letzter Zugriff 13.03.201 8) Braun von Reinersdorf A (2002) Strategische KrankenhausfĂĽhru n g: Vom Leanm anage me nt zum Balanced Hospital Manage m e n t. Huber, Bern