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AmWochenende trafen sich
weit über 300 Feinschmecker
der Chaine des Rôtisseurs in
Bad Ragaz zum «Grand
Chapitre International de
Printemps».Am Samstag
wurden 80 Neumitglieder in
der evangelischen Kirche
feierlich inthronisiert.
Von Heidy Beyeler
Bad Ragaz. – Noch nie hätten so vie-
le Mitglieder an einem «Grand Cha-
pitre International» in der Schweiz
teilgenommen, sagte der Pressespre-
cher August Meierhofer an der Me-
dienkonferenz. Das zeige, dass Bad
Ragaz einAnziehungspunkt für Fein-
schmecker sei.
Bereits in der Einladung zu diesem
Anlass schreibt die Gilde der Rôtis-
seurs: «‘Heidiland’, mit seinem herr-
lihenAlpenpanorama, und das Grand
Hotel Quellenhof – eines der führen-
den SchweizerWellness- und Golf Re-
sort-Hotels – sind die Kulisse für die-
ses ereignisvolle‘Chapitre’. Geniessen
Sie ein enspanntes Wochenende mit
Chaîne-Freunden und ein Programm
mit kulinarisch hochstehendenAnläs-
sen, unter anderem auch das sensatio-
nelle Sonntagsbuffet im‘Quellenhof’ –
ein absoluter Geheimtipp.»
Eine echte Herausforderung
Quellenhof-Küchenchef RenatoWüst
hatte sich etwas Grosses vorgenom-
men, und als sich mehr als 300 Gäste
anmeldeten, staunte er nicht schlecht.
Er ging eigentlich von der üblichen
Teilnehmerzahl von etwa 170 aus, die
jeweils an ein ‘Chapitre’ kommen.
Er und seine Küchenbrigade bewie-
sen, dass sie auch für eine derart gros-
se Gästeschar in der Lage sind, höchs-
ten Genuss zu bieten. Immerhin wa-
ren alle Gäste ausgewiesene Fein-
schmecker und da durfte nichts, aber
auch gar nichts schief laufen, angefan-
gen beimApéro, denWeinen, den ver-
schiedenen Speisefolgen, bis hin zum
Dessert. Nicht zuletzt deswegen
auch, weil der National-Vorstand, die
kantonalen Präsidenten und Gäste
amAbend zuvor teils im «Schlüssel»,
Mels, und aus Platzgründen teils in
der «Äbtestube» mit einem exquisi-
ten Menü einen ersten Eindruck be-
kommen konnten, welch hochstehen-
des kulinarischesAngebot im Sargan-
serland geboten wird.
Auszeichnung der besten Häuser
Die Gäste waren hellauf begeistert.
Nicht ohne Stolz sagte Walter Stroh-
meier, Kantonalpräsident St.Gallen,
«wer an oder in seinem Haus die‘Chaî-
ne-Tafel’ prangern hat, der musste sich
vorgängig einem strengenAuswahlver-
fahren unterziehen». Diese Tafel wird
von der Chaîne des Rôtisseurs, der
grösstenVereinigung von Kennern der
gehobenen Tafelkultur übergeben.
«Die Chaîne des Rôtisseurs teilt die
Betriebe jedoch nicht in ‘bessere und
weniger gute’ ein», betonte Strohmei-
er am Samstag, «sondern verspricht
dem Gourmet schlicht und einfach,
dass in diesem Chaîne-Betrieb die
Qualität, die Leistung, der Service und
der Preis einfach stimmen».
Mitglieder der Chaîne-Tafel
bräuchten sich nicht jedes Jahr wieder
von neuem Sorgen um das unheilvol-
le «Punkte-Auf-und-Ab» zu machen,
obwohl auch der nachhaltige Besitz
der ‘Chaîne-Tafel’ jedes Jahr von
Neuem mit guten Leistungen bestä-
tigt werden müsse,sagteWalter Stroh-
meier.So sei es auch schon vorgekom-
men, dass man einem Betrieb die Ta-
fel, die immer im Besitz der Chaîne
bleibt, wieder abgesprochen habe,
wenn die Ansprüche nicht mehr ge-
nügten. Schliesslich wolle man Gour-
mets und Kenner die Garantie abge-
ben, dass die Auszeichnung nur bes-
ten Häusern vorbehalten sei.
Feierliche Zeremonie
Nach der Generalversammlung am
Samstagmorgen im Gemeindesaal
«Drei Könige», Sevelen, genossen die
Chaîne-Mitglieder im RestaurantAlte
Mühle in Sevelen wiederum ein aus-
gezeichnetes Essen, bevor schliesslich
die neugewählten 80 Mitglieder am
Nachmittag in der evanglischen Kir-
che Bad Ragaz feierlich inthronisiert
wurden. Jedes einzelne Neumitglied
wurde aufgerufen. Aus dem Kanton
St.Gallen waren es insgesamt 14 Per-
sonen, die neu in die Bruderschaft der
Chaîne des Rôtisseurs aufgenommen
wurden, zwei davon aus Bad Ragaz.
Renato Wüst wurde als «Vice-Con-
seiller Culinaire» in den kantonalen
Vorstand aufgenommen und Riet Pfis-
ter als «Maître Hôtelier».
Die Inthronisation wurde von Tho-
mas Noll,Mitglied der Chaîne des Rô-
tisseurs in Russland, vorgenommen.
Er legte einen Säbel auf die Schulter
des jeweils aufgenommenen Mit-
glieds, welches von seinem Kantonal-
präsidenten begleitet wurde, und
sprach die feierliche Aufnahmefor-
mel: «En ma qualité de membre de la
Chaîne des Rôtisseurs, je fais le ser-
ment de toujours honorer l’art de la
cuisine et la culture de la table. Je fais
le serment de toujours honorer mes
devoirs de fraternité et de respect en-
vers tous membres de la Chaîne des
Rôtisseurs» – und das 80-mal.
Nolls internationale Karriere be-
gann vor über 25 Jahren in einem
Schweizer Hotel. Die Wintersaison
verbrachte er damals inArosa. Heute
ist er in St.Petersburg tätig. Zur Chaî-
ne des Rôtisseurs meinte er: «Sie ver-
bindet Länder,Kulturen und gleichge-
sinnte Menschen. In Russland lebend
kann ich dies nur bestätigen. Mit der
Anwesenheit an diesem Chapitre tra-
gen die Mitglieder dazu bei, dass mit
der Chaîne des Rôtisseurs das Beste
an Gastronomie und Gastfreund-
schaft in dieWeilt unserer Mitglieder
kommuniziert wird. Die Schweiz ist
mitunter eine der stärksten Säulen
der internationalen Chaîne des Rôtis-
seurs.»
Wer glaubt, die Bruderschaft der
Chaîne des Rôtisseurs sei ein reiner
Männerclub, der irrt. Von Anfang an
hatten auch Frauen Zugang zur Gilde,
sodass dieAuszeichnung für die geho-
bene Tafelkultur nicht nur Männern
vorbehalten ist.
Grandioser Abschluss
Dass an einem solchenAnlass der ku-
linarische Genuss im Vordergrund
steht, ist selbstredend. So wurde denn
auch im Anschluss an die Inthronisa-
tion ein Gala-Diner und den dazu
passenden Weinen höchster Güte ze-
lebriert.
Der Köstlichkeiten nicht genug:
Am Sonntag lernten die Feinschme-
cker Renato Wüsts weit über die
Grenzen hinaus bekannte Barbecue
beziehungsweise das Sonntagsbuffet
kennen. Insgesamt waren am letzten
Sonntag 380 Personen zu verkösti-
gen.Dieses Buffet wird den Gästen je-
den Sonntag geboten. Da gibt es alles
was das Herz begeht. Und alles, was
der Markt an Köstlichkeiten bietet –
ob kalte oder warme Speisen, werden
aufgetischt. Für Dessert-Fans gilt das
Sonntagsbuffet als Eldorado an Süs-
sigkeiten und an Käse. Den Aussagen
von Renato Wüst zufolge wurden in
diesen drei Tagen gut 1,6 Tonnen Le-
bensmittel verarbeitet.
Gut versorgt mit allen kulinari-
schen Hochgenüssen kehrten die über
300 Gäste am Sonntag wieder in
Richtung Heimat zurück, beeindruckt
von der excellenten Küche aus unse-
rer Region. Sie werden das Sarganser-
land in bester Erinnerung haben und
diese Botschaft auch in die Welt hi-
naustragen, davon sind die Organisa-
toren und mit ihnen die beiden inthro-
nisierten Bad Ragazer Renato Wüst
und Riet Pfister überezeugt.
Im Kanton St.Gallen gibt es insge-
samt elf Restaurants, die von der
Chaîne des Rôtisseurs ausgezeichnet
wurden, davon drei im Sarganserland:
Grand Hotels, Bad Ragaz (Riet Pfister
und RenatoWüst), Äbtestube Bad Ra-
gaz, (Roland Schmid) und Schlüssel,
Mels (Sepp Kalberer).
DIENSTAG, 5. JUNI 2007 SARGANSERLAND SEITE 5
Schon im ausgehenden Mittelalter
räumte man in Frankreich der Koch-
kunst eine herausragende Bedeu-
tung bei der Zivilisierung des Landes
ein. So verlieh Ludwig IX., genannt
der Heilige, 1248 den besten Köchen
das Recht,sich zu einer organisierten
Gemeinschaft zusammenzuschlies-
sen. Aufgrund dessen wurde die,
«Chaîne des Rôtisseurs» als Zunft
der Spiessbrater gegründet. Das An-
sehen dieser Vereinigung ergab sich
aus der Kunstfertigkeit seiner Mit-
glieder,bestes Fleisch am Spiess über
offenem Feuer in höchster Vollen-
dung «à point» zu braten.
Die Mitgliedschaft war streng limi-
tiert und dieAufnahmeprozedur von
jahrelangem «Dienen» abhängig. Die
Leiter der Hierachie konnte nur nach
eingehender Bewährung erklommen
werden. An der Spitze jeder Region
stand der «Bailli».In Paris residierten
der Grand Bailli und der Grand
Chancelier, die bei Hofe im Rang von
Botschaftern standen. Diese unum-
stösslichen Regularien sowie das lei-
denschaftliche Ringen um Fortschrit-
te in der Kochkunst, getragen von ei-
ner mitbrüderlichen Gemeinschaft,
sicherten der Zunft eine jahrhunder-
telange Entfaltung, die erst in den
Wirren der Französischen Revolution
1789 beendet wurde.
Nach dem ZweitenWeltkrieg, in dem
alle Lebensverhältnisse einen weite-
ren Rückschlag hinnehmen mussten,
trafen sich im Jahre 1950 fünf be-
kannte Persönlichkeiten (drei Köche
und zwei Journalisten) und suchten
nach Möglichkeiten, den gehobenen
französischen Lebensstil wiederzu-
beleben. Sie besannen sich auf die
uralte Tradition der Spiessbrater-
Zunft und gründeten die Chaîne des
Rôtisseurs aufs neue.AlsVereinigung
von professionellen Köchen und
Restaurantmeistern einerseits und
kenntnisreichen Feinschmeckern an-
dererseits förderte die Chaîne in den
bewährten Bahnen ihrer Tradition
die Leistungen der Küchen- und Ta-
felkultur.
Sie schuf damit ein Forum der
Wertschätzung dieses für die Le-
bensqualität unseres Daseins so
grundlegenden Dienstes am Men-
schen. Mit den Insignien des Chef-
bzw. Maître Rôtisseur und des Chef-
bzw. Maître de Table wurden und
werden Persönlichkeiten gewürdigt,
die sich durch herausragende gastro-
nomische Leistungen langjährige
Verdienste um das Wohl ihrer Gäste
erworben haben.
Die Bruderschaft entwickelte sich
naturgemäss zunächst in Frankreich.
Die Idee des «Diner Amical», des
Freundschaftsessens, machte aber
an den Grenzen nicht halt. 1951
wurde die Bailliage National de
Suisse gegründet. Und heute findet
sich die Confrèrie de la Chaîne des
Rôtisseurs in 75 Ländern der Welt.
Die Schweiz ist nach den USA und
Deutschland mit rund 2000 Mitglie-
dern weltweit die drittgrösste Bail-
lage National. Unter den Mitglie-
dern befinden sich Persönlichkeiten
aus Politik, Wirtschaft und Kultur.
Von Beginn an wurde der Begriff
«Confrérie» nicht allzu eng gedeu-
tet und die «Dame de la Chaîne»
gleichberechtigt in die Gemein-
schaft aufgenommen.
Neben den traditionellenAufgaben -
der Förderung gehobener Küchen-
undTafelkultur – stellt sich heute die
Chaîne des Rôtisseurs ganz in den
Dienst von Freundschaft undVölker-
verständigung. Dazu veranstalten
die einzelnen Bailliages die nationa-
len und internationalen Grands Cha-
pitres. Diese stellen, begleitet von
festlichen Diners, die kulturellen
Glanzpunkte eines Landes,einer Re-
gion bzw. einer Stadt in den Mittel-
punkt ihrer Zusammenkünfte. Die
Möglichkeit der Selbstdarstellung
vermag dabei Gastronomen und de-
ren Mitarbeiter zu einzigartigen
Spitzenleistungen zu beflügeln. (pd)
Eine Gilde von alter Tradition
Thomas Noll: Er zelebrierte die Inthronation feierlich.
Grosser Bahnhof der Feinschmecker
Renato Wüst, Quellenhof-Küchenchef: Er wird zum «Vice-Conseiller Culinaire»
in den Vorstand der St. Galler Chaîne des Rôtisseurs befördert.
Riet Pfister, Hoteldirektor der Grand Hotels Bad Ragaz: Mit seiner Unterschrift
besiegelt er die Annahme der Auszeichnung. Bilder Heidy Beyeler

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  • 1. AmWochenende trafen sich weit über 300 Feinschmecker der Chaine des Rôtisseurs in Bad Ragaz zum «Grand Chapitre International de Printemps».Am Samstag wurden 80 Neumitglieder in der evangelischen Kirche feierlich inthronisiert. Von Heidy Beyeler Bad Ragaz. – Noch nie hätten so vie- le Mitglieder an einem «Grand Cha- pitre International» in der Schweiz teilgenommen, sagte der Pressespre- cher August Meierhofer an der Me- dienkonferenz. Das zeige, dass Bad Ragaz einAnziehungspunkt für Fein- schmecker sei. Bereits in der Einladung zu diesem Anlass schreibt die Gilde der Rôtis- seurs: «‘Heidiland’, mit seinem herr- lihenAlpenpanorama, und das Grand Hotel Quellenhof – eines der führen- den SchweizerWellness- und Golf Re- sort-Hotels – sind die Kulisse für die- ses ereignisvolle‘Chapitre’. Geniessen Sie ein enspanntes Wochenende mit Chaîne-Freunden und ein Programm mit kulinarisch hochstehendenAnläs- sen, unter anderem auch das sensatio- nelle Sonntagsbuffet im‘Quellenhof’ – ein absoluter Geheimtipp.» Eine echte Herausforderung Quellenhof-Küchenchef RenatoWüst hatte sich etwas Grosses vorgenom- men, und als sich mehr als 300 Gäste anmeldeten, staunte er nicht schlecht. Er ging eigentlich von der üblichen Teilnehmerzahl von etwa 170 aus, die jeweils an ein ‘Chapitre’ kommen. Er und seine Küchenbrigade bewie- sen, dass sie auch für eine derart gros- se Gästeschar in der Lage sind, höchs- ten Genuss zu bieten. Immerhin wa- ren alle Gäste ausgewiesene Fein- schmecker und da durfte nichts, aber auch gar nichts schief laufen, angefan- gen beimApéro, denWeinen, den ver- schiedenen Speisefolgen, bis hin zum Dessert. Nicht zuletzt deswegen auch, weil der National-Vorstand, die kantonalen Präsidenten und Gäste amAbend zuvor teils im «Schlüssel», Mels, und aus Platzgründen teils in der «Äbtestube» mit einem exquisi- ten Menü einen ersten Eindruck be- kommen konnten, welch hochstehen- des kulinarischesAngebot im Sargan- serland geboten wird. Auszeichnung der besten Häuser Die Gäste waren hellauf begeistert. Nicht ohne Stolz sagte Walter Stroh- meier, Kantonalpräsident St.Gallen, «wer an oder in seinem Haus die‘Chaî- ne-Tafel’ prangern hat, der musste sich vorgängig einem strengenAuswahlver- fahren unterziehen». Diese Tafel wird von der Chaîne des Rôtisseurs, der grösstenVereinigung von Kennern der gehobenen Tafelkultur übergeben. «Die Chaîne des Rôtisseurs teilt die Betriebe jedoch nicht in ‘bessere und weniger gute’ ein», betonte Strohmei- er am Samstag, «sondern verspricht dem Gourmet schlicht und einfach, dass in diesem Chaîne-Betrieb die Qualität, die Leistung, der Service und der Preis einfach stimmen». Mitglieder der Chaîne-Tafel bräuchten sich nicht jedes Jahr wieder von neuem Sorgen um das unheilvol- le «Punkte-Auf-und-Ab» zu machen, obwohl auch der nachhaltige Besitz der ‘Chaîne-Tafel’ jedes Jahr von Neuem mit guten Leistungen bestä- tigt werden müsse,sagteWalter Stroh- meier.So sei es auch schon vorgekom- men, dass man einem Betrieb die Ta- fel, die immer im Besitz der Chaîne bleibt, wieder abgesprochen habe, wenn die Ansprüche nicht mehr ge- nügten. Schliesslich wolle man Gour- mets und Kenner die Garantie abge- ben, dass die Auszeichnung nur bes- ten Häusern vorbehalten sei. Feierliche Zeremonie Nach der Generalversammlung am Samstagmorgen im Gemeindesaal «Drei Könige», Sevelen, genossen die Chaîne-Mitglieder im RestaurantAlte Mühle in Sevelen wiederum ein aus- gezeichnetes Essen, bevor schliesslich die neugewählten 80 Mitglieder am Nachmittag in der evanglischen Kir- che Bad Ragaz feierlich inthronisiert wurden. Jedes einzelne Neumitglied wurde aufgerufen. Aus dem Kanton St.Gallen waren es insgesamt 14 Per- sonen, die neu in die Bruderschaft der Chaîne des Rôtisseurs aufgenommen wurden, zwei davon aus Bad Ragaz. Renato Wüst wurde als «Vice-Con- seiller Culinaire» in den kantonalen Vorstand aufgenommen und Riet Pfis- ter als «Maître Hôtelier». Die Inthronisation wurde von Tho- mas Noll,Mitglied der Chaîne des Rô- tisseurs in Russland, vorgenommen. Er legte einen Säbel auf die Schulter des jeweils aufgenommenen Mit- glieds, welches von seinem Kantonal- präsidenten begleitet wurde, und sprach die feierliche Aufnahmefor- mel: «En ma qualité de membre de la Chaîne des Rôtisseurs, je fais le ser- ment de toujours honorer l’art de la cuisine et la culture de la table. Je fais le serment de toujours honorer mes devoirs de fraternité et de respect en- vers tous membres de la Chaîne des Rôtisseurs» – und das 80-mal. Nolls internationale Karriere be- gann vor über 25 Jahren in einem Schweizer Hotel. Die Wintersaison verbrachte er damals inArosa. Heute ist er in St.Petersburg tätig. Zur Chaî- ne des Rôtisseurs meinte er: «Sie ver- bindet Länder,Kulturen und gleichge- sinnte Menschen. In Russland lebend kann ich dies nur bestätigen. Mit der Anwesenheit an diesem Chapitre tra- gen die Mitglieder dazu bei, dass mit der Chaîne des Rôtisseurs das Beste an Gastronomie und Gastfreund- schaft in dieWeilt unserer Mitglieder kommuniziert wird. Die Schweiz ist mitunter eine der stärksten Säulen der internationalen Chaîne des Rôtis- seurs.» Wer glaubt, die Bruderschaft der Chaîne des Rôtisseurs sei ein reiner Männerclub, der irrt. Von Anfang an hatten auch Frauen Zugang zur Gilde, sodass dieAuszeichnung für die geho- bene Tafelkultur nicht nur Männern vorbehalten ist. Grandioser Abschluss Dass an einem solchenAnlass der ku- linarische Genuss im Vordergrund steht, ist selbstredend. So wurde denn auch im Anschluss an die Inthronisa- tion ein Gala-Diner und den dazu passenden Weinen höchster Güte ze- lebriert. Der Köstlichkeiten nicht genug: Am Sonntag lernten die Feinschme- cker Renato Wüsts weit über die Grenzen hinaus bekannte Barbecue beziehungsweise das Sonntagsbuffet kennen. Insgesamt waren am letzten Sonntag 380 Personen zu verkösti- gen.Dieses Buffet wird den Gästen je- den Sonntag geboten. Da gibt es alles was das Herz begeht. Und alles, was der Markt an Köstlichkeiten bietet – ob kalte oder warme Speisen, werden aufgetischt. Für Dessert-Fans gilt das Sonntagsbuffet als Eldorado an Süs- sigkeiten und an Käse. Den Aussagen von Renato Wüst zufolge wurden in diesen drei Tagen gut 1,6 Tonnen Le- bensmittel verarbeitet. Gut versorgt mit allen kulinari- schen Hochgenüssen kehrten die über 300 Gäste am Sonntag wieder in Richtung Heimat zurück, beeindruckt von der excellenten Küche aus unse- rer Region. Sie werden das Sarganser- land in bester Erinnerung haben und diese Botschaft auch in die Welt hi- naustragen, davon sind die Organisa- toren und mit ihnen die beiden inthro- nisierten Bad Ragazer Renato Wüst und Riet Pfister überezeugt. Im Kanton St.Gallen gibt es insge- samt elf Restaurants, die von der Chaîne des Rôtisseurs ausgezeichnet wurden, davon drei im Sarganserland: Grand Hotels, Bad Ragaz (Riet Pfister und RenatoWüst), Äbtestube Bad Ra- gaz, (Roland Schmid) und Schlüssel, Mels (Sepp Kalberer). DIENSTAG, 5. JUNI 2007 SARGANSERLAND SEITE 5 Schon im ausgehenden Mittelalter räumte man in Frankreich der Koch- kunst eine herausragende Bedeu- tung bei der Zivilisierung des Landes ein. So verlieh Ludwig IX., genannt der Heilige, 1248 den besten Köchen das Recht,sich zu einer organisierten Gemeinschaft zusammenzuschlies- sen. Aufgrund dessen wurde die, «Chaîne des Rôtisseurs» als Zunft der Spiessbrater gegründet. Das An- sehen dieser Vereinigung ergab sich aus der Kunstfertigkeit seiner Mit- glieder,bestes Fleisch am Spiess über offenem Feuer in höchster Vollen- dung «à point» zu braten. Die Mitgliedschaft war streng limi- tiert und dieAufnahmeprozedur von jahrelangem «Dienen» abhängig. Die Leiter der Hierachie konnte nur nach eingehender Bewährung erklommen werden. An der Spitze jeder Region stand der «Bailli».In Paris residierten der Grand Bailli und der Grand Chancelier, die bei Hofe im Rang von Botschaftern standen. Diese unum- stösslichen Regularien sowie das lei- denschaftliche Ringen um Fortschrit- te in der Kochkunst, getragen von ei- ner mitbrüderlichen Gemeinschaft, sicherten der Zunft eine jahrhunder- telange Entfaltung, die erst in den Wirren der Französischen Revolution 1789 beendet wurde. Nach dem ZweitenWeltkrieg, in dem alle Lebensverhältnisse einen weite- ren Rückschlag hinnehmen mussten, trafen sich im Jahre 1950 fünf be- kannte Persönlichkeiten (drei Köche und zwei Journalisten) und suchten nach Möglichkeiten, den gehobenen französischen Lebensstil wiederzu- beleben. Sie besannen sich auf die uralte Tradition der Spiessbrater- Zunft und gründeten die Chaîne des Rôtisseurs aufs neue.AlsVereinigung von professionellen Köchen und Restaurantmeistern einerseits und kenntnisreichen Feinschmeckern an- dererseits förderte die Chaîne in den bewährten Bahnen ihrer Tradition die Leistungen der Küchen- und Ta- felkultur. Sie schuf damit ein Forum der Wertschätzung dieses für die Le- bensqualität unseres Daseins so grundlegenden Dienstes am Men- schen. Mit den Insignien des Chef- bzw. Maître Rôtisseur und des Chef- bzw. Maître de Table wurden und werden Persönlichkeiten gewürdigt, die sich durch herausragende gastro- nomische Leistungen langjährige Verdienste um das Wohl ihrer Gäste erworben haben. Die Bruderschaft entwickelte sich naturgemäss zunächst in Frankreich. Die Idee des «Diner Amical», des Freundschaftsessens, machte aber an den Grenzen nicht halt. 1951 wurde die Bailliage National de Suisse gegründet. Und heute findet sich die Confrèrie de la Chaîne des Rôtisseurs in 75 Ländern der Welt. Die Schweiz ist nach den USA und Deutschland mit rund 2000 Mitglie- dern weltweit die drittgrösste Bail- lage National. Unter den Mitglie- dern befinden sich Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur. Von Beginn an wurde der Begriff «Confrérie» nicht allzu eng gedeu- tet und die «Dame de la Chaîne» gleichberechtigt in die Gemein- schaft aufgenommen. Neben den traditionellenAufgaben - der Förderung gehobener Küchen- undTafelkultur – stellt sich heute die Chaîne des Rôtisseurs ganz in den Dienst von Freundschaft undVölker- verständigung. Dazu veranstalten die einzelnen Bailliages die nationa- len und internationalen Grands Cha- pitres. Diese stellen, begleitet von festlichen Diners, die kulturellen Glanzpunkte eines Landes,einer Re- gion bzw. einer Stadt in den Mittel- punkt ihrer Zusammenkünfte. Die Möglichkeit der Selbstdarstellung vermag dabei Gastronomen und de- ren Mitarbeiter zu einzigartigen Spitzenleistungen zu beflügeln. (pd) Eine Gilde von alter Tradition Thomas Noll: Er zelebrierte die Inthronation feierlich. Grosser Bahnhof der Feinschmecker Renato Wüst, Quellenhof-Küchenchef: Er wird zum «Vice-Conseiller Culinaire» in den Vorstand der St. Galler Chaîne des Rôtisseurs befördert. Riet Pfister, Hoteldirektor der Grand Hotels Bad Ragaz: Mit seiner Unterschrift besiegelt er die Annahme der Auszeichnung. Bilder Heidy Beyeler