SlideShare ist ein Scribd-Unternehmen logo
1 von 126
Downloaden Sie, um offline zu lesen
Numerische Simulation der Flammenausbreitung
eines vorgemischten, grünen Treibstoffs innerhalb
einer Zündmessstrecke
Numerical Simulation of the Flame Propagation of a
Premixed, Green Propellant in an Ignition Test Setup
IRS-17-S-102
Masterarbeit von
cand. aer. Daniel Grimmeisen
Betreuer:
Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem
Dipl.-Ing. Lukas Werling
Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt,
Institut für Raumfahrtantriebe
Institut für Raumfahrtsysteme,
Universität Stuttgart
Dezember 2017
Danksagung
Eine Arbeit wie die vorliegende kann nur entstehen, wenn die Randbedingungen nicht
nur in der Simulation, sondern auch im Umfeld des Autors richtig gewählt sind. Allen
voran stehen dabei die Menschen, die mir auf unschätzbare Weise geholfen haben, dieses
Dokument nach sechsmonatiger Arbeit endlich in den Händen zu halten.
Ich danke Prof. Stefan Schlechtriem, verantwortlicher Prüfer dieser Arbeit und seines
Zeichens Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrttechnik, Lampoldshausen, für die
Ermöglichung der Durchführung dieser Arbeit.
Hr. Lukas Werling, durch den ich die beste nur vorstellbare Betreuung erhalten ha-
be, gebührt der größtmögliche Dank. Für seine ansteckende Leidenschaft für sein For-
schungsgebiet, für ein offenes Ohr und für die Zeit, die er mir selbst nach Feierabend,
am Wochenende und im Urlaub schenkte.
Ich möchte auch Hr. Hagen Friedrich danken, der mit mir im Büro saß und durch seine
erfrischende Art und wohlplatzierten Anekdoten auch in scheinbar ausweglosen Zeiten
die Stimmung aufzuhellen vermochte.
Desweiteren sei Hr. Philipp Müller gedankt, dessen beruflicher Werdegang mit dem
meinen zu jedem Zeitschritt 𝑡 zu konvergieren scheint, für anregende Diskussionen, mit-
täglichen Tee und nächtliche Heimfahrten.
Darüber hinaus danke ich dem gesamten M11-Team, für die kollegiale Zusammenar-
beit, die besser nicht hätte sein können. Für amüsante Gespräche, Tatsachenerörterung
und Parties, für die jederzeit ein Grund gefunden wurde.
Es gebührt außerdem Fr. Lisa Kaschler dank, die mich ungewollt dazu motiviert,
jeden Tag das Beste aus mir herauszukitzeln. Und Fr. Sarah Brandl, die dafür sorgt,
dass trotzdem mein Wohlbefinden nicht auf der Strecke bleibt.
Zuletzt sei meinen Freunden und meiner Familie gedankt, die mich nicht nur jederzeit
unterstützt haben, sondern auch ganz praktisch durch Lektorat geholfen haben, diese
Arbeit auf lesbares Niveau anzuheben.
iii
Kurzfassung
Im Rahmen dieser Masterarbeit wurde die Flammenausbreitung eines gasförmigen grü-
nen Treibstoffs aus Lachgas N2O und Ethen C2H4 untersucht. Ziel der Arbeit war es,
den Reaktionsmechanismus der Verbrennung zu validieren und zu testen. Darüber hinaus
war es ein Ziel, das Zündungs- und Verbrennungsverhalten des Gemischs zu verstehen.
Außerdem sollte der Mechanismus des Flammenlöschens (Quenchings) und Flammen-
durchschlags in einer Kapillare mit variabler Länge beleuchtet werden.
Als Untersuchungsmethode diente eine numerische Simulation mit Ansys Fluent unter
Anwendung eines reduzierten Reaktionsmechanismus für die Verbrennung. Das Rechen-
gebiet umfasste zunächst eine Zündkammer, in der der Reaktionsmechanismus erprobt
wurde. Eine zweite Zündkammer wurde hinzugefügt, die mit der ersten durch eine Ka-
pillare verbunden wurde. Damit wurde die Geometrie einer Zündmessstrecke abgebildet,
in der bereits Experimente zum Flammendurchschlag durchgeführt wurden. Simulation
und Experiment wurden hinsichtlich der Flammengeschwindigkeiten verglichen.
Das Ergebnis der Untersuchung war, dass zwei Bedingungen gelten müssen, damit Flam-
men in Kapillaren gelöscht werden: Zum einen muss die Péclet-Zahl in der Kapillare
kleiner als eine kritische Péclet-Zahl sein. Zum anderen muss die Aufenthaltszeit der
Reaktionszone in der Kapillare so lang sein, dass durch Wärmeverluste über die Kapil-
larwand die Reaktion zum Erliegen kommt. Aus diesen beiden Bedingungen wurde eine
Kennzahl hergeleitet. Die Flamme erlischt, wenn ein kritischer Wert dieser Kennzahl
unterschritten wird.
iv
Abstract
In this master’s thesis, the flame propagation of a gaseous green propellant consisting
of nitrous oxide N2O and ethene C2H4 was investigated. The work aims to validate and
test the reaction mechanism for the underlying combustion. Furthermore, it generates
a deeper understanding of the ignition and combustion behaviour of the mixture. Also,
the quenching and flame flashback mechanism in a capillary tube of varying length were
assessed.
A numerical simulation with Ansys Fluent was chosen as the method of examination. A
reaction mechanism was implemented to account for combustion. To test the reaction
mechanism, an ignition chamber was used as the computational domain. Later, a second
ignition chamber was added and connected to the primary chamber via a capillary tube.
Thereby, the geometry of an ignition test setup was reproduced. In previous works, fla-
me flashback experiments were conducted in this test setup. Simulation and experiments
were compared on the basis of flame propagation speeds.
After the data analysis, it was inferred that two conditions must be met in order for
flames to be quenched in capillary tubes: Firstly, the Péclet number in the capillary
tube must be smaller than a critical Péclet number. Secondly, retention time of the re-
action zone in the capillary tube must be long enough for heat loss through the wall to
extinct the reaction. By combining these two conditions, a characteristic number was
derived. The simulated flame quenches if the value of this number falls short of a critical
value.
v
Inhaltsverzeichnis
Aufgabenstellung i
Erklärung ii
Kurzfassung iv
Abstract v
Inhaltsverzeichnis vi
Nomenklatur viii
Abbildungsverzeichnis xiv
Tabellenverzeichnis xvii
1 Einleitung 1
2 Grundlagen 3
2.1 Modellbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.1.1 Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
2.1.2 Turbulenzmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
2.1.3 Strahlungsmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.2 Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.2.1 Zeit- und Raumskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
2.2.2 Flammenregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.2.3 Laminare vorgemischte Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.2.4 Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.2.5 Flammenrückschlag und Quenching . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.3 Numerik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.3.1 Rechengitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
2.3.2 Diskretisierung der Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 32
2.3.3 CFL-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.3.4 Chemielöser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
vi
3 Ergebnisse der Voruntersuchungen 39
3.1 Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
3.1.1 Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.1.2 Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
3.1.3 Wärmeleitungseigenschaften der Wand . . . . . . . . . . . . . . . . 43
3.1.4 Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.1.5 Numerische Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
3.2 Verhalten des Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.2.1 Laminare Flammengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.2.2 Flammendicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.2.3 Reaktionsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59
3.2.4 Zusammensetzung des verbrannten Gases . . . . . . . . . . . . . . 59
3.3 Konvergenzstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
3.4 Interaktion zwischen Druck und Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4 Ergebnisse der Flammenrückschlag-Simulationen und Diskussion 68
4.1 Numerisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.1.1 Gittergenerierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.1.2 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.1.3 Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.2 Flammenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4.2.1 Reaktions-Turbulenz-Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.2.2 Geschwindigkeit der Flamme in der Zündkammer . . . . . . . . . . 80
4.2.3 Druckanstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4.2.4 Diskussion der Unterschiede zwischen Simulation und Experiment 85
4.3 Strömung und Verbrennung in der Kapillare . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.3.1 Form der Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.3.2 Rückströmgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
4.3.3 Geschwindigkeit der Flamme in der Kapillare . . . . . . . . . . . . 90
4.3.4 Quenching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
5 Zusammenfassung und Ausblick 103
Literatur 105
vii
Nomenklatur
Lateinisch
𝑎 [m
s2 ] Beschleunigung
𝐴 var1 Präexponentieller Faktor
𝑐 [-] Konzentration
𝑐 𝑠 [m
s ] Schallgeschwindigkeit
𝑐 𝜇 [-] Modellkonstante
𝑐* [m
s ] charakteristische Geschwindigkeit
𝐶 𝑝 [ J
K] Wärmekapazität
𝐶 𝑉 [-] Modellparameter Wirbelviskosität
𝐶 [-] CFL-Zahl
[𝐶] [-] Spezieskonzentration
𝑑 [m] charakteristische Länge
𝑑 𝑞 [m] Löschabstand
𝑑𝑡 [m] Löschdurchmesser
𝐷 [m2
s ] Diffusionskoeffizient
𝐷 [m] Kanaldurchmesser
𝐷 𝜔 [m2
s ] Querdiffusion
𝐷𝑎𝑡 [-] turbulente Damköhler-Zahl
𝐸 [J] Energie
𝐸 𝐴 [ J
mol ] Aktivierungsenergie
𝑓 𝑘 var Volumetrische Kräfte auf Spezies k
𝑓 [m] Teilfläche an Rechengitter
𝑓 𝑑 var statistische Verteilungsfunktion
𝐹 [N] Kraft
𝐹1, 𝐹2 var Mischfunktion
𝐹 𝑑 var Abweichung von statistischer Gleichgewichtsverteilung
𝑔 var numerische Flussfunktion
1
var gibt an, dass die Einheit der Gleichung, in der die Größe verwendet wird, je nach Anwendungsfall
variabel ist.
viii
𝐺 𝑘 [ J
kg·s ] Produktion kinetischer Energie
𝐺 𝜔 [ 1
s2 ] Produktion turbulenter Frequenz
𝐺𝑖 var Äußere Kräfte
ℎ [ J
kg ] spezifische Enthalpie
Δℎ∘
𝑓 [ J
mol·kg ] Bildungsenthalpie
𝐻 [J] Enthalpie
Δ𝐻 [J] Enthalpieänderung
Δ𝐻∘
𝑟 [ J
mol ] Standardreaktionsenthalpie
𝑘 [ J
kg ] kinetische Energie der Turbulenz
𝑘 𝑓 , 𝑘 𝑏 var Geschwindigkeitskonstante
𝐾 [-] Platzhaltervariable für Spezies
𝐾𝑎 [-] Karlovitz-Zahl
𝐾𝑛 [-] Knudsen-Zahl
𝑙𝑡 [m] globale Längenskala turbulenter Wirbel
𝑙 𝐹 [m] laminare Flammendicke
𝑙 𝑘 [m] Kolmogorov-Längenskala
𝐿 𝑇 [m] charakteristische Länge der Wirbelviskosität
𝐿 [m] Kanallänge
𝑚 [kg] Masse
˙𝑚′′ [ kg
m2s
] Abbrandrate
¯𝑀 [ kg
kmol ] mittlere molare Masse
𝑀 𝑎 [-] Machzahl
𝑀 𝑠 [lx] spezifische Ausstrahlung
𝑛 [-] Richtung
𝑁 [-] Anzahl
𝑝 [ N
m2 ] Druck
¯𝑝 [ N
m2 ] gemittelter Druck
𝑝′ [ N
m2 ] turbulenter Druckanteil
𝑃 𝑒 [-] Péclet-Zahl
𝑄 [J] Wärmemenge
˙𝑄 [W] Wärmestrom
𝑄𝑢 [1
s ] Quenchzahl
𝑞 [W
kg ] spezifische Wärme
𝑅 [ J
kg·K] spezifische Gaskonstante
ℜ [ J
mol·K] universelle Gaskonstante
ix
𝑅𝑒 [-] Reynolds-Zahl
𝑆ℎ [1
s ] Scherratentensor
𝑆 [ J
K] Entropie
𝑆 𝐹 [m
s ] Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme
¯𝑆 [m
s ] gemittelte Flammengeschwindigkeit
𝑆 𝑘 [ J
kg·s ] Quellterm kinetischer Energie
𝑆 𝜔 [ 1
s2 ] Quellterm turbulenter Frequenz
𝑆𝑙 [m
s ] laminare Flammengeschwindigkeit
𝑡 [s] Zeit
Δ𝑡 [s] Zeit
𝑇 [K] Temperatur
𝑢 [m
s ] Geschwindigkeit
¯𝑢 [m
s ] gemittelte Geschwindigkeit
𝑢′ [m
s ] turbulenter Geschwindigkeitsanteil
𝑈 𝑇 [m
s ] charakteristische Geschwindigkeit
¯𝑈Fluid [m
s ] über alle Fluidteilchen gemittelte Geschwindigkeit in u-Richtung
𝑉 𝐷 [ mol
m2s
] Diffusionsgeschwindigkeit
𝑉 [-] Verstärkungsfaktor
˙𝑊 [W] Leistung
𝑥 [m] Strecke
Δ𝑥 [m] Zellgröße in x-Richtung
𝑋 [-] Stoffmengenverhältnis
𝑦 [m] Wandabstand
𝑦+ [-] Dimensionsloser Wandabstand
Δ𝑦 [m] Zellgröße in y-Richtung
𝑌 [-] Massenanteil
𝑌 𝑘 [ J
kg·s ] Dissipation kinetischer Energie
𝑌 𝜔 [ 1
s2 ] Dissipation turbulenter Frequenz
𝑍 𝑟𝑜𝑡 [-] Rotationsrelaxations-Kollisionszahl
Griechisch
𝛼 [ 𝑚2
𝑠 ] Temperaturleitfähigkeit
𝛼 𝑃 [Å3] Polarisierbarkeit
𝛼 𝑀 [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell
x
𝛼* [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell
𝛽 𝑀 [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell
𝛽 [rad] Winkel der Bunsenbrennerflamme
𝛽 𝑟 var Temperaturexponent
𝛽* [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell
Γ var Effekt inerter Stoßpartner
Γ 𝑘 var Diffusionsvariable kinetischer Energie
Γ 𝜔 var Diffusionsvariable turbulenter Frequenz
𝛿 var Störfunktion
𝛿𝑖𝑗 [-] Kronecker-Delta
𝜖 [ s
m2 ] Dissipationsrate
𝜖 𝐸 [-] Emissionsgrad
𝜖/𝑘 𝑏 [𝐾] Lennard-Jones-Potentialmulde
𝜁 [-] Unterrelaxationsfaktor
𝜂 [Pa·s] dynamische Viskosität
𝜂 𝑇 [Pa·s] Wirbelviskosität
𝜅 [-] Isentropenkoeffizient
𝜆 [ W
m·K] Wärmeleitfähigkeit
Λ [m
s ] Laminare Flammengeschwindigkeit
𝜇 [D] Dipolmoment
𝜈 [m2
s ] kinematische Viskosität
𝜈𝑡 [m2
s ] kinematische Wirbelviskosität
𝜈′ [-] Stöchiometriefaktor Edukt
𝜈′′ [-] Stöchiometriefaktor Produkt
𝜌 [ 𝑘𝑔
𝑚3 ] Dichte
𝜎 [ W
m2K4 ] Stefan-Boltzmann-Konstante
𝜎 𝐽 [Å] Lennard-Jones-Kollisionsdurchmesser
𝜎 𝑘 [-] turbulente Prandtl-Zahl für 𝑘
𝜎 𝜔 [-] turbulente Prandtl-Zahl für 𝜔
𝜏 [Pa] Schubspannung
𝜏′
𝑖𝑗 [Pa] turbulenter Spannungsterm
𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 [Pa] Reynoldsscher Spannungstensor
𝜏0 [s] makroskopische Zeitskala von Mischprozessen
𝜏 𝐹 [s] Zeitskala laminarer Flammen
𝜏 𝑘 [s] Kolmogorov-Zeitskala
xi
Φ [-] Äquivalenzverhältnis
𝜔 [1
s ] charakteristische turbulente Frequenz
𝜔 𝐾 [1
s ] Kollisionsfrequenz
˙𝜔 var chemischer Produktionsterm
^˙𝜔 var chemischer Produktionsterm für Einzelreaktion
Indizes
alt alter Wert
atm atmosphärisch
0 Anfangsbedingungen
𝑏𝑤 rückwärts
𝑏 verbrannt
𝑐 kritisch
ein Eintritt
exp Expansion
𝑓 vorwärts
𝐹 Flamme
𝑖 Raumrichtung
𝑖 Index des Rechengitters in x-Richtung
𝑗 Raumrichtung
𝑗 Index des Rechengitters in y-Richtung
𝑘 Raumrichtung
𝑘 Laufvariable über Spezies
𝑘 kinetische Energie
Kap Kapillare
𝑙 Laufvariable über Spezies
𝑙 laminar
𝑛 Zeitschritt
𝑟 Reaktion
𝑅 Gesamtzahl der Reaktionen
𝑅𝑆 Reynoldsspannung
𝑠 spezifisch
stöch stöchiometrisch
𝑆 Gesamtzahl der Spezies
𝑡 turbulent
𝑇 Turbulenz
𝜔 turbulente Frequenz
𝑢 unverbrannt
ZK1 Zündkammer 1
ZK2 Zündkammer 2
xii
Abkürzungen
BSL Baseline
CFD Computational Fluid Dynamics
CFL Courant-Friedrichs-Lewy
CJ Chapman-Jouguet-Punkt
DLR Deutsches Zentrum- für Luft- und Raumfahrt
DNS Direkte Numerische Simulation
DO Discrete Ordinates
DTRM Discrete Transfer Radiation Model
FDM Finite-Differenzen-Methode
FEM Finite-Elemente-Methode
FVM Finite-Volumen-Methode
IRS Institut für Raumfahrtsysteme
LBM Lattice-Boltzmann-Methode
LES Large Eddy Simulation
RANS Reynolds-averaged Navier-Stokes
RNG Renormalisierungsgruppen
ROF Ratio Oxidizer/Fuel
RST Reynoldsscher Spannungstensor
SST Shear-Stress Transport
URF Under-Relaxation Factor (Unterrelaxationsfaktor)
xiii
Abbildungsverzeichnis
2.1 Turbulente Geschwindigkeitskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2 Laminar-turbulenter Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
2.3 DO-Modell im 2D-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.4 Temperaturverlauf zur theoretischen Bestimmung der Flammendicke . . . 17
2.5 Borghi-Diagramm: Darstellung der Regime einer vorgemischten Flamme . 19
2.6 Rankine-Hugoniot-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.7 Die Verläufe von Stoffgrößen und Spezies über die Zonen einer laminaren
Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.8 Ermittlung der laminaren Flammengeschwindigkeit über den Kegelwinkel
einer Bunsenbrennerflamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.9 Syntax einer Mechanismus-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . . . 26
2.10 Syntax einer Thermodynamik-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . 26
2.11 Syntax einer Transport-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.12 Strukturiertes Rechengitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.13 O-, C- und H-Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.14 Elemente eines unstrukturierten Gitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.15 Anwendungsbereich der Diskretisierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 33
3.1 Randbedingungen der Simulationen, die für die Voruntersuchung durch-
geführt wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.2 Vergleich der High-Speed-Aufnahmen an unterschiedlichen Zeitpunkten
der Verbrennung zur Darstellung der Überstrahleffekte . . . . . . . . . . . 41
3.3 Einfluss der Wahl eines Strahlungsmodells auf den Druckanstieg . . . . . 42
3.4 Einfluss der Wahl eines Turbulenzmodells auf den Druckanstieg . . . . . . 43
3.5 Einfluss der Randbedingungen an der Wand auf den Druckanstieg . . . . 44
3.6 Temperatur-Wand-Interaktion bei isothermer und adiabater Wand . . . . 45
3.7 Verlauf der Temperatur zur Wand hin, Vergleich zwischen adiabater und
isothermer Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
3.8 Der Zeitpunkt, an dem die Flamme die Wand erreicht. Ab diesem Zeit-
punkt weichen die Simulationen mit isothermer und adiabater Wand von-
einander ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
3.9 Einfluss der Wahl des Reaktionsmechanismus auf den Druckanstieg . . . . 48
3.10 Validierung der Reaktionsmechanismen an der laminaren Flammenge-
schwindigkeit (𝑇 = 473 K, 50% C2H4/N2O + 50% N2) [48] . . . . . . . . . 49
3.11 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit mit GRI3.0(optimized)
über dem Äquivalenzverhältnis Φ bei verschiedenen Temperaturen, 𝑝 = 1 bar 53
xiv
3.12 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit mit GRI3.0(optimized)
über dem Äquivalenzverhältnis Φ bei verschiedenen Drücken, 𝑇 = 300 K . 53
3.13 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit in Ansys Fluent
durch einen Kanal mit 𝐿/ 𝐷 = 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.14 Einfluss der Gitterweite und des Zeitschritts in Form der CFL-Zahl auf
die mit Ansys Fluent errechnete laminare Flammengeschwindigkeit . . . . 55
3.15 Temperaturverlauf über die Flamme nach einer Simulation von Cantera . 56
3.16 Flammendicke nach Gleichung (2.26) als Funktion des Drucks . . . . . . . 57
3.17 Flammendicke als Funktion des Drucks im Bereich 1 bar–20 bar . . . . . . 58
3.18 Temperaturverlauf über die Flamme nach einer Simulation von Ansys
Fluent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
3.19 Verläufe der Spezieskonzentration über eine laminare Flammenfront (𝑇 =
284 K, 𝑝 = 1,001 bar) als Vergleich zwischen Ansys Fluent und Cantera . . 62
3.20 Gemittelte Flammengeschwindigkeit in Abhängigkeit der zeitlichen und
räumlichen Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.21 Gemittelte Flammengeschwindigkeit in Abhängigkeit der CFL-Zahl für
alle Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
3.22 Interaktion zwischen Druckanstieg und über alle Fluidteilchen gemittelte
Geschwindigkeit in x-Richtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.1 Nicht-maßstabsgetreue Darstellung der Rechengeometrie . . . . . . . . . . 68
4.2 Experimentelle Zündmessstrecke als Referenzgeometrie im Halbschnitt [6] 69
4.3 Verfeinerung des Gitters in Wandnähe in der Kapillare zwischen den
Zündkammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.4 Temperaturverteilung im Rechengebiet zum Zeitpunkt 𝑡 = 1,36 ms für
𝑝0 = 0,675 bar und ROF= 9,41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit-
schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit-
schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit-
schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit-
schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
4.6 Regime der Flamme in der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78
4.7 Endposition der detektierbaren laminaren Flamme in der experimentellen
Zündkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
4.8 Lokale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme im Experiment Z-2-108 . 81
4.9 Lokale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme in der Simulation . . . . 81
4.10 Mittlere Flammengeschwindigkeit in der primären Zündkammer als Er-
gebnis der Simulationen, abhängig vom Anfangsdruck und vom Mischungs-
verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
4.11 Abhängigkeit der lokalen Flammengeschwindigkeiten vom Anfangsdruck [7] 83
xv
4.12 Verlauf des gemittelten Drucks im Vergleich zwischen Simulation und Ex-
periment (𝑝0 = 0,675 bar, ROF= 9,41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85
4.13 Druckausgleich zwischen den beiden Zündkammern bei 𝑡 = 1,2 ms und
dem Anfangsdruck 𝑝0 = 1,02 bar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86
4.14 Eintritt der Flamme in die Kapillare von 𝑡 = 1 ms bis 𝑡 = 1,2 ms. Zwischen
den Schritten liegt jeweils ein zeitlicher Abstand von 0,02 ms. . . . . . . . 88
4.15 Gebiet der Rückströmung beim Einlass in die Kapillare kurz nach dem
Eindringen der Flamme in zwei Experimenten [6] . . . . . . . . . . . . . . 89
4.16 Gebiet der Rückströmung beim Einlass in die Kapillare kurz nach dem
Eindringen der Flamme in der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
4.17 Lage der Reaktionszone und Expansion der verbrannten Gase in beide
Richtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
4.18 Flammenausbreitungsgeschwindigkeit in der Kapillare als Resultat des
Anfangsdrucks 𝑝0 und des Mischungsverhältnisses ROF . . . . . . . . . . 91
4.19 Verlauf des Absolutdrucks über die Länge der Kapillare nach Brennschluss
in der Simulation (Kapillarenlänge: 71,4 mm, 𝑝0 = 0,675 bar, ROF= 9,41) 93
4.20 Péclet-Zahlen in der Kapillare für die simulierten Fälle unter Variation
des Mischungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
4.21 Schematischer Ablauf des Wärmeaustauschs in einer Kapillare bei leicht
gestreckter Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
4.22 Reaktionswärme in der Kapillare bei 𝑝0 = 1,02 bar, 𝑙Kap = 61,75 mm . . . 96
4.23 Über die Kapillarwand abgeführter Wärmestrom an zwei verschiedenen
Flammenpositionen innerhalb der Kapillare als Vergleich der Fälle 57001
und 55001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
4.24 Über die Kapillarwand abgeführter Wärmestrom an zwei verschiedenen
Flammenpositionen innerhalb der Kapillare als Vergleich der Fälle 57001
und 77001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
4.25 Geschwindigkeitsvektoren in der Kapillare bei der Simulation 𝑝0 = 1,02 bar,
𝑙Kap = 61,75 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
4.26 Geschwindigkeitsprofile für die Vergleichsfälle 77001 und 57001 an der
Stelle 𝑥 = 2 cm hinter dem Kapillareintritt zum Zeitpunkt des Eintritts
der Flamme in die Kapillare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
xvi
Tabellenverzeichnis
3.1 Mittlere Flammengeschwindigkeit der verschiedenen Mechanismen . . . . 48
3.2 Einfluss der numerischen Parameter auf die gemittelte Ausbreitungsge-
schwindigkeit der Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
3.3 Studie zur Evaluation des Verhaltens der Simulation bei unterschiedlichen
Zeitschritten und räumlicher Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64
3.4 Gewählte Einstellungen für Gitterweite und Zeitschritt der finalen Simu-
lationsreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
4.1 Die wichtigsten Einstellungen für die endgültige Simulationsreihe . . . . . 72
4.2 Größenordnungen der für die Auswertung des Borghi-Diagramms nötigen
Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
4.3 Schallgeschwindigkeiten des Gemischs bei 𝑇 = 300 K unter Variation des
Drucks und des Mischungsverhältnisses [69] . . . . . . . . . . . . . . . . . 87
4.4 Für das Durschschlagverhalten relevante Ergebnisse der Simulationsreihe . 102
xvii
1 Einleitung
Hydrazin (N2H4) ist einer der am häufigsten verwendeten Treibstoffe bei Raketenober-
stufen und Satellitentriebwerken im Schubbereich 0,5 N bis 400 N [1]. Der Treibstoff
bringt alle Voraussetzungen mit, die für solche Anwendungsfälle notwendig sind: Er ist
lagerfähig und wiederzündbar, Hydrazin-Antriebssysteme sind einfach und zuverlässig.
Hydrazin wird bereits seit den 1960er-Jahren eingesetzt, weswegen ein großer Erfahrungs-
schatz im Umgang mit dem Treibstoff und den zugehörigen Antriebssystemen existiert.
Dabei kann Hydrazin sowohl als Monopropellant mit katalytischer Zersetzung, als auch
in einem Bipropellant-System Anwendung finden [2].
Dagegen steht allerdings, dass Hydrazin toxisch ist. Deshalb ist es in der Handhabung
aufwändig, Vorsichtsmaßnahmen bis zum Start des Trägers sind erforderlich. Wegen sei-
ner Giftigkeit steht es seit 2011 auf der Liste der Substanzen, die im Zuge der REACh-
Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) als
besonders besorgniserregend eingestuft wurden [3]. Es ist Aufgabe der Raumfahrtindus-
trie und Raumfahrtforschung, alternative Treibstoffe zu finden, die weniger giftig sind,
dabei aber trotzdem die Leistungsfähigkeit von Hydrazin besitzen.
Mit dem Ziel, Hydrazin zu ersetzen, werden beim Deutschen Zentrum für Luft- und
Raumfahrt (DLR) neuartige Raketentreibstoffe untersucht, die weitestgehend unschäd-
lich für Mensch und Umwelt sind. Solche Treibstoffe werden Green Propellants genannt.
Einer der Kandidaten hierfür ist ein Treibstoffgemisch bestehend aus dem Oxidator
Lachgas (N2O) und dem Brennstoff Ethen (C2H4). Als Ersatz für Hydrazin soll diese
Treibstoffkombination vorgemischt in einem Tank gelagert werden. Die Treibstoffförde-
rung kann aufgrund des hohen Dampfdrucks des Gemischs selbstbedrückt erfolgen [2].
Insgesamt wird dadurch der Vorteil der leichten Strukturmasse eines Einstoffsystems mit
dem Vorteil der Leistungsfähigkeit eines Zweistoffsystems (Isp = 320 s [4]) verbunden.
Die vorgemischte Lagerung birgt jedoch Risiken. Kommt es während des Betriebs im
Triebwerk zu Druckspitzen in der Brennkammer, zum Beispiel beim Anfahren des Trieb-
werks, oder nimmt die Durchströmgeschwindigkeit der Brennkammer ab, zum Beispiel
beim Abschalten des Triebwerks, kann sich die Flamme aus der Brennkammer in die
Zuleitung und bis in die Tanks hinein ausbreiten. Dieses Phänomen wird Flammenrück-
schlag genannt und ist unbedingt zu vermeiden, da eine Verbrennung des Gemischs im
Tank fatale Folgen, bis hin zur Zerstörung des Raumfahrzeugs, haben kann.
Um einem Flammenrückschlag vorzubeugen, werden Flammensperren verwendet. Das
vorgemischte Gas kann durch solche Flammensperren zwar aus dem Tank in die Brenn-
kammer gelangen, Flammen können jedoch umgekehrt nicht in das treibstofffördernde
System wandern. Als Flammensperren stehen beispielsweise poröse Materialien oder Ka-
pillaren zur Verfügung.
1
Ziel dieser Arbeit ist es, die Prozesse, die bei der Zündung, der isochoren Flammenaus-
breitung und beim Flammenrückschlag ablaufen, besser zu verstehen. Betrachtet wird
die Verbrennung eines vorgemischte Lachgas-/Ethen-Gemischs in einer Zündkammer.
Dazu werden Vergleichsfälle aus vorhergehenden experimentellen Arbeiten ([5], [6], [7])
nachgebildet. Zur Simulation der Strömung in der Zündkammer wird das kommerzielle
CFD-Programm Ansys Fluent verwendet, die Verbrennung wird über einen Reaktions-
mechanismus des Instituts für Verbrennungstechnik, DLR Stuttgart, eingebunden. Die
Eigenschaften der Verbrennung unter Verwendung des Mechanismus werden zunächst
mit den experimentellen Vergleichsfällen abgeglichen. Dann wird das Zündungs- und
Verbrennungsverhalten des Gemischs unter Variation der Zündrandbedingungen (Druck
und Mischungsverhältnis) beleuchtet. Zuletzt wird die Geschwindigkeit der sich ausbrei-
tenden Flamme und das Löschen der Flamme beim Durchwandern einer Flammensperre
betrachtet. Als Flammensperre wird in dieser Arbeit eine Kapillare modelliert, deren
Länge variiert wird. Durch die zusätzliche Variation des Zünddrucks und des Mischungs-
verhältnisses werden Daten erhoben, mit denen der Vorgang des Flammenlöschens in der
Kapillare beschrieben werden kann.
Kapitel 2 behandelt die dazu nötigen wissenschaftlichen Grundlagen. Darunter fällt die
physikalische Modellbildung in Abschnitt 2.1, die chemische Kinetik in Abschnitt 2.2
und die numerische Lösung der zugrundeliegenden Probleme in Abschnitt 2.3.
In Kapitel 3 wird der Reaktionsmechanismus getestet und Voruntersuchungen durch-
geführt. Es ergaben sich die Annahmen, die für die Hauptsimulationsreihe getroffen
wurden und Einflussgrößen, die auf die Simulation wirken.
In Kapitel 4 werden die Erkenntnisse, die aus der Hauptsimulationsreihe gewonnen
wurden, dargelegt und diskutiert.
Kapitel 5 fasst die Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf Aspekte, die zukünf-
tig beleuchtet werden können.
2
2 Grundlagen
2.1 Modellbildung
2.1.1 Erhaltungsgleichungen
Ist ein Strömungsfeld mathematisch zu beschreiben, so wird auf die sogenannten Navier-
Stokes-Gleichungen zurückgegriffen. Diese bilden ein Gleichungssystem aus Erhaltungs-
gleichungen, das zur Bestimmung der Strömungszustände gelöst werden muss. Zur Dar-
stellung dieser Gleichungen steht sowohl eine differentielle als auch eine integrale Schreib-
weise zur Verfügung. Während bei der differentiellen Form ein infinitesimal kleines Vo-
lumen betrachtet wird, das vom Fluid durchflossen wird, wird bei der integralen Form
ein Volumen endlicher Größe angesetzt [8, S. 9 f.]. Im Rahmen dieser Arbeit wird als
mathematisches Verfahren zur Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen ein Finite-
Volumen-Verfahren als Teil der Software Ansys Fluent verwendet. Dieses Verfahren greift
auf die integrale Schreibweise zurück. Aufgrund der besseren Lesbarkeit der differentiel-
len Form werden hier die Formulierungen nach [9, S. 26] und [10, S. 10 ff.] vorgestellt.
Massenerhaltung
Das Gesetz der Massenerhaltung beschreibt die Forderung, dass sich die Masse in einem
betrachteten Gesamtsystem nicht ändern darf. Die Massenerhaltungsgleichung ist sowohl
für nicht-reaktive als auch für reaktive Strömungen identisch, da bei einer Verbrennung
keine Masse entsteht oder vergeht. Sie lässt sich folgendermaßen in Differentialform
darstellen:
𝜕
𝜕𝑡
𝜌
⏟ ⏞
Massendichte-
änderung
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑢𝑖)
⏟ ⏞
Konvektion
= 0 (2.1)
Dabei gilt
𝜌 = Dichte
𝑥𝑖 = Raumrichtungen
𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeiten in Richtung 𝑥𝑖
𝑡 = Zeit
Komponentenmassenerhaltung
Eine Besonderheit bei reaktiven Strömungen stellt die Komponentenmassenerhaltung
dar. Diese ist als Massenerhaltung für jede der im Fluid auftretenden Komponenten zu
3
verstehen. Die Summe aller Komponentenmassengleichungen führt zur Massenerhaltung.
Somit sind bei der Lösung des Gleichungssystems bei 𝑁 Komponenten 𝑁 − 1 Kompo-
nentenmassengleichungen und die Massenerhaltung zu lösen. Eine andere Möglichkeit
ist, auf die Lösung der Massenerhaltung zu verzichten, wobei dann das Lösen von allen
𝑁 Komponentenmassengleichungen erforderlich wird.
𝜕
𝜕𝑡
(𝜌𝑌 𝑘)
⏟ ⏞
Komponenten-
massendichte-
änderung
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑢𝑖 𝑌 𝑘)
⏟ ⏞
Konvektion
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑉 𝑘,𝑖 𝑌 𝑘)
⏟ ⏞
Diffusion
− ˙𝜔 𝑘
⏟ ⏞
chemische
Produktion
= 0 (2.2)
Dabei gilt
𝜌 = Dichte
𝑡 = Zeit
𝑥𝑖 = Raumrichtungen
𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeit
˙𝜔 𝑘 = chemischer Produktionsterm der Spezies k
𝑉 𝑘,𝑖 = Diffusionsgeschwindigkeit
𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k
Die Verwendung der hier beschriebenen Form der Komponentenmassenerhaltung setzt
voraus, dass das Fick’sche Gesetz gilt:
𝑉 𝐷 = −𝐷
𝜕𝑐
𝜕𝑥
(2.3)
mit
𝑉 𝐷 = Diffusionsgeschwindigkeit
𝐷 = Diffusionskoeffizient
𝑐 = Konzentration
𝑥 = Raumrichtung
Das Fick’sche Gesetz trifft eine Aussage über das Diffusionsverhalten in einem aus
zwei Komponenten bestehenden Stoffgemisch. Die Teilchendiffusion findet demnach in
Richtung sinkender Konzentration statt und gleicht den Konzentrationsunterschied bis
zur vollständigen Durchmischung aus. Das Fick’sche Gesetz gilt strenggenommen „nur
für binäre Gasgemische ohne Druck- und Temperaturgradienten“ [11, S. 21]. Dennoch
wird in den meisten Reaktionstheorien die Gültigkeit des Gesetzes angenommen um
die Komplexität des Problems vertretbar zu halten [9, S. 15]. Bei genauer Betrachtung
von Flammen mit detaillierter Kinetik wird die Gültigkeit des Fick’schen Gesetzes nicht
vorausgesetzt. In diesem Fall kann die Komponentenmassenerhaltung approximiert wer-
den. Dazu wird häufig die Hirschfelder-Curtiss-Approximation angewendet, welche in
[12] vorgestellt wird.
4
Impulserhaltung
Die Impulserhaltung besagt, dass der Impuls innerhalb des betrachteten Kontrollvo-
lumens konstant ist. Sie basiert auf dem zweiten Newtonschen Gesetz ⃗𝐹 = 𝑚 · ⃗𝑎 [8,
S. 12]. Bei der Impulserhaltungsgleichung ist kein Unterschied zwischen reaktiver und
nicht-reaktiver Strömung zu erkennen, da eine chemische Reaktion keine Impulsänderung
hervorruft.
𝜕
𝜕𝑡
(𝜌𝑢 𝑗)
⏟ ⏞
Impulsdichte-
änderung
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑢𝑖 𝑢 𝑗)
⏟ ⏞
Konvektion
+
𝜕
𝜕𝑥 𝑗
(𝑝)
⏟ ⏞
Druckkräfte
−
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜏𝑖𝑗)
⏟ ⏞
Reibung
− 𝜌
𝑁∑︁
𝑘=1
𝑌 𝑘 𝑓 𝑘,𝑗
⏟ ⏞
Äußere Kräfte
= 0 (2.4)
Dabei gilt
𝜌 = Dichte
𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen
𝑢𝑖, 𝑢 𝑗 = Strömungsgeschwindigkeit in entsprechende Richtung
𝑡 = Zeit
𝑝 = Druck
𝜏𝑖𝑗 = Schubspannung; auch Turbulenz, siehe dazu Gleichung 2.9
𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k
𝑁 = Anzahl der Spezies
𝑓 𝑘,𝑗 = Volumetrische Kräfte auf Spezies k
Energieerhaltung
Die Energieerhaltungsgleichung ist die Grundlage des 1. Hauptsatzes der Thermodyna-
mik. Dieser besagt, dass die Änderung der Energie in einem Kontrollvolumen 𝑑𝐸
𝑑𝑡 gleich
der Leistung ˙𝑊 am Kontrollvolumen plus dem Wärmestrom ˙𝑄 über die Grenzen des
Kontrollvolumens hinaus sein muss [8, S. 16 f.]:
𝑑𝐸
𝑑𝑡
− ˙𝑊 − ˙𝑄 = 0 (2.5)
Eine chemische Reaktion kann Energie freisetzen (exotherme Reaktion) oder verzehren
(endotherme Reaktion). Deshalb muss die Energieerhaltungsgleichung für reaktive Strö-
mungen um Komponenten erweitert werden, die in nicht-reaktiven Strömungen keine
Anwendung finden. Es existieren verschiedene Darstellungsmöglichkeiten der Energieer-
haltungsgleichung. Hier sei beispielhaft eine Form aufgeführt, die sowohl spürbare als
5
auch latente, das heißt in Phasenübergängen gebundene [13, S. 73], Wärme berücksich-
tigt:
𝜕
𝜕𝑡
(𝜌𝐸)
⏟ ⏞
Gesamtenergie-
änderung
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑢𝑖 𝐸)
⏟ ⏞
Konvektion
+
𝑁∑︁
𝑘=1
Δℎ0
𝑓,𝑘 ˙𝜔 𝑘
⏟ ⏞
Wärmefreisetzung
durch Verbrennung
−
𝜕𝜆𝜕𝑇
𝜕𝑥2
𝑖
⏟ ⏞
Wärmeleitung
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌
𝑁∑︁
𝑘=1
ℎ 𝑘 𝑌 𝑘 𝑉 𝑘,𝑖)
⏟ ⏞
Speziesdiffusion
−
𝜕
𝜕𝑥 𝑗
(𝑢𝑖 𝜏𝑖,𝑗)
⏟ ⏞
Reibung
+
𝜕
𝜕𝑥 𝑗
(𝛿𝑖𝑗 𝑝𝑢𝑖)
⏟ ⏞
Druckkräfte
− ˙𝑄
⏟ ⏞
Wärmezufuhr
+ 𝜌
𝑁∑︁
𝑘=1
𝑌 𝑘 𝑓 𝑘,𝑖(𝑢𝑖 + 𝑉 𝑘,𝑖)
⏟ ⏞
Äußere Kräfte
= 0 (2.6)
Dabei gilt
𝜌 = Dichte
𝐸 = spezifische Gesamtenergie
𝑡 = Zeit
𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen
𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeit
Δℎ0
𝑓,𝑘 = Bildungsenthalpie der Spezies k
˙𝜔 𝑘 = chemischer Produktionsterm der Spezies k
𝜆 = Wärmeleitfähigkeit
𝑇 = Temperatur
𝑝 = Druck
ℎ 𝑘 = spezifische Enthalpie der Spezies k
𝑉 𝑘,𝑖 = Diffusionsgeschwindigkeit
𝜏𝑖𝑗 = Schubspannung
𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k
𝑁 = Anzahl der Spezies
˙𝑄 = Wärmequelle/-senke
𝑓 𝑘,𝑖 = Volumetrische Kräfte auf Spezies k
𝛿𝑖𝑗 = Kronecker-Delta (𝛿 = 1 für 𝑖 = 𝑗 und 𝛿 = 0 für 𝑖 ̸= 𝑗)
2.1.2 Turbulenzmodellierung
Bei der Charakterisierung einer reibungsbehafteten Strömung lässt sich zwischen lami-
narer Strömung und turbulenter Strömung unterscheiden. Laminare Strömungen zeich-
nen sich dadurch aus, dass es zu keinen nennenswerten momentanen Fluktuationen der
Geschwindigkeit und daraus folgenden Mischvorgängen kommt. Es gibt keine Querkom-
ponenten im Strömungsfeld, die diese hervorrufen könnten. Turbulente Strömungen auf
der anderen Seite haben unterschiedlich stark ausgeprägte Querkomponenten. Es kommt
zu Durchmischung der Schichten in der Strömung. Alle Geschwindigkeitskomponenten
schwanken um einen zeitlichen Mittelwert. Der typische zeitliche Verlauf der turbulenten
Strömungsgeschwindigkeit in eine Raumrichtung ist in Abb. 2.1 zu sehen. Die Anteile des
6
kontinuierlichen Frequenzspektrums der Geschwindigkeitsschwankungen sind mit der ki-
netischen Energie des Systems gekoppelt. Die kinetische Energie hängt quadratisch von
der mittleren Geschwindigkeitsfluktuation ab, wie sich in Gleichung (2.12) zeigen wird.
Dabei entspricht eine hohe lokale kinetische Energie niedrigeren Frequenzen und umge-
kehrt. Somit ergibt sich ein für die turbulente Strömung charakteristisches Energie- und
Frequenzspektrum [14, S. 4 f.].
3.3 Turbulenz 33
Zeit
Geschwindigkeit
Momentangeschwindigkeit
zeitgemittelte Geschwindigkeit
Bild 3.4: Hitzdrahtsignal einer Geschwindigkeitsmessung an einem festen Ort in einer
turbulenten Str¨omung
im nicht-isothermen Fall auch Temperaturen. Bild 3.4 zeigt den typischen
Zeit-Verlauf der Geschwindigkeit in einer im Mittel station¨aren Str¨omung
(aufgenommen mit einem sog. Hitzdraht, der die lokale Geschwindigkeit ¨uber
die str¨omungsbedingte Abk¨uhlung eines elektrisch beheizten Drahtes misst).
Nach einer Zeitmittelung ergibt sich ein definitionsgem¨aß zeitunabh¨angiger
Mittelwert und eine Schwankungsgr¨oße als Differenz zum wahren Momentan-
wert. Steht a∗
f¨ur alle turbulent schwankenden Gr¨oßen, so spaltet man diese
deshalb wie folgt auf:
a∗
(x∗
, y∗
, z∗
, t∗
) = a∗(x∗
, y∗
, z∗
) + a∗
(x∗
, y∗
, z∗
, t∗
) (3.2)
mit a∗ =
1
Δt∗
t∗
1 +Δt∗
t∗
1
a∗
dt∗
(3.3)
Die schwankende Gr¨oße wird also ¨uber eine Zeitspanne Δt∗
gemittelt. Diese
wird so groß wie n¨otig aber so klein wie m¨oglich gew¨ahlt. Sie muss min-
destens so groß sein, dass der Zahlenwert a∗ unabh¨angig von Δt∗
ist, sollte
aber klein genug sein, damit ggf. zeitliche ¨Anderungen von a∗, die
”
langsam“
erfolgen, noch erfasst werden k¨onnen. In solchen F¨allen spricht man dann
von einer im zeitlichen Mittel instation¨aren Str¨omung und kann dies so in-
terpretieren, dass die Zeit ein Parameter bzgl. der Gr¨oße a∗ ist und deshalb
auch in diesen F¨allen nicht in der Auflistung der unabh¨angigen Variablen
auftaucht. Typische Werte von Δt∗
liegen im Bereich von einigen Sekunden,
k¨onnen in Sonderf¨allen aber auch erheblich gr¨oßer sein. Schwankungsgr¨oßen
a∗
erreichen h¨aufig Werte von etwa 10 % der gemittelten Gr¨oße a∗.
Ein Blick auf Bild 3.4 legt die Frage nahe: Was schwankt eigentlich in
der Str¨omung ? Sind es einzelne Molek¨ule oder sind es mehrere Molek¨ule
”
im
Verbund“, die gemeinsam diese Schwankungsbewegung vollziehen ? Dass Bild
Bild 2.1: Zeitliche Schwankung einer turbulenten Geschwindigkeitskomponente [15]
Es existiert eine dimensionslose Kennzahl, die es erlaubt, Aussagen über das Turbu-
lenzverhalten von Strömungsfällen zu machen. Diese heißt Reynolds-Zahl und ist definiert
als
𝑅𝑒 =
𝜌 · 𝑢 · 𝑑
𝜂
=
Trägheitskräfte
Zähigkeitskräfte
. (2.7)
Dabei ist
𝜌 = Dichte
𝑢 = Strömungsgeschwindigkeit
𝑑 = charakteristische Länge des Strömungsfalls
𝜂 = dynamische Viskosität
Bei der charakteristischen Länge 𝑑 handelt es sich um eine je nach Anwendungsfall
festgelegte Größe. Bei einer Rohrströmung kann diese zum Beispiel dem Rohrdurch-
messer entsprechen, bei der Tragflügelumströmung der Lauflänge über dem Flügel. Ist
die Reynolds-Zahl bei ähnlichen Körpern gleich, so ist auch das Turbulenzverhalten
gleich. Dieser Zusammenhang wird für maßstäbliche Windkanalversuche genutzt. We-
gen der Bedeutung der Turbulenz für Strömungsvorgänge gehört die Reynolds-Zahl zu
den wichtigsten Ähnlichkeitskennzahlen der Strömungsmechanik.
Bewegt sich die Reynolds-Zahl unterhalb eines bestimmten Grenzwerts, bleibt die
Strömung laminar. Oberhalb des Grenzwerts kann sie umschlagen und turbulent werden.
Dieser Vorgang ist in Abb. 2.2 abgebildet. Eine laminare Strömung erfährt hier bei der
Durchströmung eines groben Gitters eine Störung, die anwächst und zum Übergang in
Turbulenz führt.
7
Bild 2.2: Laminar-turbulenter Übergang nach Durchgang durch ein Gitter [16]
Die in Abschnitt 2.1.1 vorgestellten Navier-Stokes-Gleichungen sind in der Lage, auch
hochfrequente Schwankungsgeschwindigkeiten numerisch abzudecken. Dafür muss jedoch
die zeitliche und räumliche Auflösung so fein gewählt werden, dass die kleinsten Wirbel-
strukturen (kurz vor der Dissipation der Wirbel) mit kürzester Lebensdauer aufgelöst
werden können.1 Dieses Verfahren heißt Direkte Numerische Simulation (DNS). Der
Nachteil dieses Verfahrens ist, dass es sehr aufwändig2 und somit nur für wenige Fälle
nutzbar ist. Deshalb wurden Modellansätze entwickelt, die das Turbulenzverhalten mit
niedrigerer Rechenleistung näherungsweise abbilden.
Einer dieser Ansätze heißt Large Eddy Simulation (LES) oder auf Deutsch Großwirbel-
simulation. Hier werden gröbere Wirbel räumlich und zeitlich direkt aufgelöst, während
feinere Strukturen mit einem Feinstrukturmodell angenähert werden. Dies spart Re-
chenleistung im Vergleich zur DNS, obwohl sich die zeitliche und räumliche Auflösung
der Simulation noch immer an den Größenskalen der Wirbel orientieren muss. Für eine
umfassende Übersicht über verschiedene LES-Modelle sei auf [18] verwiesen.
Der in praktischer Anwendung weitaus häufiger verwendete Ansatz heißt Reynolds-
averaged Navier-Stokes (RANS), Reynolds-gemittelte Navier-Stokes-Gleichungen. Auch
im Zuge dieser Arbeit wird auf RANS-Modelle zurückgegriffen. Sie basieren darauf,
dass sich die Strömung in einen niederfrequenten zeitlich gemittelten Anteil und einen
höherfrequenten turbulenten Anteil aufteilen lässt. Die Strömungsgrößen der Navier-
Stokes-Gleichungen (s. Abschnitt 2.1.1) nehmen dann folgende Formen an:
𝑝 = ¯𝑝 + 𝑝′
𝑢𝑖 = ¯𝑢𝑖 + 𝑢′
𝑖
(2.8)
Die mit ¯ gekennzeichneten Größen symbolisieren den niederfrequenten zeitlich gemittel-
ten Anteil; die mit ′ gekennzeichneten Größen geben den hochfrequenten Schwankungs-
anteil wieder. In der Impulserhaltung verbleibt nach Umstellung dann (im inkompressi-
1
Die zugrundeliegende zeitliche und räumliche Auflösung muss in der Größenordnung der Kolmogorov-
Zeitskala nach Gleichung (2.31) und der Kolmogorov-Längenskala nach Gleichung (2.28) liegen.
2
Das DNS-Verfahren skaliert mit der Reynolds-Zahl in dritter Potenz [17].
8
blen Fall) ein neuer Zusatzterm [8, S. 32]. Dieser spielt als zusätzliche Komponente in
den Summanden hinein, der in Gleichung 2.4 als „Reibung“ bezeichnet wird. Er lässt
sich mithilfe des Reynoldsschen Spannungstensors (RST) 𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 ausdrücken [19]:
𝜏′
𝑖𝑗 = −𝜌 𝑢′
𝑖 𝑢′
𝑗 = −𝜌 𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 = −𝜌
⎛
⎜
⎝
𝑢′
1 𝑢′
1 𝑢′
1 𝑢′
2 𝑢′
1 𝑢′
3
𝑢′
2 𝑢′
1 𝑢′
2 𝑢′
2 𝑢′
2 𝑢′
3
𝑢′
3 𝑢′
1 𝑢′
3 𝑢′
2 𝑢′
3 𝑢′
3
⎞
⎟
⎠
⏟ ⏞
Reynoldsscher
Spannungstensor
(2.9)
Mit den neun Komponenten des RST existieren nun (aus Symmetriegründen) sechs neue
Unbekannte, für die Lösungsgleichungen gefunden werden müssen. In der ersten Unterka-
tegorie unter den RANS-Modellen ist es das Ziel, den RST direkt zu modellieren. Dabei
werden für jeden der Einträge eigene Terme ermittelt, die je nach Modell unterschiedlich
geartet sind [15, S. 113 ff.]. Diese Modelle nennen sich Reynolds-Spannungs-Modelle und
sollen hier nicht weiter vertieft werden.
Die andere Unterkategorie unter den RANS bilden die Wirbelviskositätsmodelle. Sie
approximieren den Reynoldsschen Spannungstensor als skalare Größe. Dies setzt voraus,
dass die Turbulenz in alle drei Raumrichtungen ähnlich geartet, also isotrop ist. Tur-
bulenz wird deshalb räumlich nicht mehr aufgelöst. Der Reynoldssche Spannungstensor
kann nun folgendermaßen beschrieben werden:
𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 = 𝜂 𝑇
(︃
𝜕¯𝑢𝑖
𝜕𝑥 𝑗
+
𝜕¯𝑢 𝑗
𝜕𝑥𝑖
)︃
(2.10)
mit
𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 = Reynoldsscher Spannungstensor
𝜂 𝑇 = Wirbelviskosität
¯𝑢𝑖, ¯𝑢 𝑗 = zeitlich gemittelte Strömungsgeschwindigkeiten
𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen
Dieser Ansatz geht auf Boussinesq zurück und ist orientiert am Stokesschen Reibungs-
gesetz. 𝜂 𝑇 ist hier eine Strömungsgröße, die „ein ‚integraler‘Ausdruck der Turbulenzwir-
kung an der betrachteten Stelle im Strömungsfeld“ [15, S. 105] ist. Der Ansatz gilt
allerdings nur für Strömungen, bei denen der Geschwindigkeitsgradient direkt mit der
turbulenten Schubspannung gekoppelt ist. Da dies im Allgemeinen nicht gegeben ist,
wird Gleichung 2.10 häufig erweitert und auf folgende Form gebracht:
𝜏 𝑅𝑆
𝑖𝑗 = 𝜂 𝑇
(︃
𝜕¯𝑢𝑖
𝜕𝑥 𝑗
+
𝜕¯𝑢 𝑗
𝜕𝑥𝑖
−
2
3
𝛿𝑖𝑗
𝜕¯𝑢 𝑘
𝑥 𝑘
)︃
−
2
3
𝛿𝑖𝑗 𝜌𝑘 (2.11)
mit den im Vergleich zu Gleichung 2.10 zusätzlichen Variablen
𝜌 = Dichte
𝑘 = kinetische Energie der Schwankungsbewegung
𝛿𝑖𝑗 = Kronecker-Delta
¯𝑢 𝑘 = zeitlich gemittelte Strömungsgeschwindigkeit
𝑥 𝑘 = Raumrichtung
9
Die neu eingeführte kinetische Energie ergibt sich aus der gemittelten turbulenten
Schwankungsgeschwindigkeit:
𝑘 =
1
2
𝑢′2
𝑖 (2.12)
Auf diesen grundsätzlichen Formeln lassen sich die verschiedenen Wirbelviskositätsmo-
delle aufbauen. All jene Modelle haben jedoch gemein, dass sie mehrere Effekte nicht
abzubilden vermögen (nach [20, S. 3]):
• Anisotropie, das heißt Richtungsabhängigkeit des RST
• Stromlinienkrümmungseffekte (Turbulenzstrukturen im Ungleichgewicht [21, S. 26])
• Sekundärströmung (Querströmung) oder Drallströmung
Zur Bestimmung der Wirbelviskosität steht eine Vielzahl unterschiedlich komplexer Mo-
delle zur Verfügung, die nach Anzahl und Art der notwendigen Gleichungen klassifiziert
werden. Die Nullgleichungsmodelle verwenden keine Differentialgleichung zur Bestim-
mung der Wirbelviskosität, sondern einen algebraischen Ausdruck. Sie sind nicht in
der Lage, Wirbeltransport zu modellieren, das heißt Wirbel dissipieren an der Stelle,
an der sie entstehen. Der bekannteste Vertreter hierfür ist das Baldwin-Lomax-Modell.
Eingleichungsmodelle wie das Spalart-Allmaras-Modell verwenden eine Differentialglei-
chung, um den Transport der Wirbelviskosität zu ermitteln. Sie sind generell für breitere
Anwendungsbereiche verwendbar. Als industrieller Standard haben sich inzwischen die
Zweigleichungsmodelle bewährt, die zwei Differentialgleichungen verwenden. Sie berech-
nen die Wirbelviskosität aus folgender Hilfsgleichung:
𝜂 𝑇 = 𝐶 𝑉 · 𝑈 𝑇 · 𝐿 𝑇 (2.13)
mit
𝜂 𝑇 = Wirbelviskosität
𝐶 𝑉 = Modellparameter
𝑈 𝑇 = Charakteristische Geschwindigkeit
𝐿 𝑇 = Charakteristische Länge
Dabei ergibt sich die gesamte rechte Seite aus den Annahmen und Gleichungen des
jeweiligen Modells. Die drei am häufigsten verwendeten Zweigleichungsmodelle sollen
nun mit besonderem Augenmerk auf das im Zuge dieser Arbeit verwendete SST-Modell
vorgestellt werden.
Das 𝑘-𝜖-Modell
Das 𝑘-𝜖-Modell von Launder und Spalding [22] nutzt zur Lösung der Gleichung (2.13)
die turbulente kinetische Energie 𝑘 und 𝜖, die Dissipationsrate von 𝑘. Daraus ergibt sich
dann
𝜂 𝑇 = 𝜌 𝑐 𝜇 ·
𝑘2
𝜖
(2.14)
wobei 𝑐 𝜇 = 0.09 eine Modellkonstante ist. Das 𝑘-𝜖-Modell basiert auf der Annahme,
dass die Strömung vollständig turbulent ist und die Effekte der molekularen Viskosität
10
vernachlässigbar sind [23, Kap. 4.3.1.1]. Eine Herleitung der Transportgleichungen für 𝑘
und 𝜖 ist zum Beispiel in [24, S. 176 ff.] zu finden.
Das 𝑘-𝜖-Modell ist besonders geeignet für die Modellierung der Kernströmung in eini-
ger Entfernung zur Wand. Es ist jedoch nicht in der Lage, die Strömung in Wandnähe
in hinreichender Genauigkeit aufzulösen. Dieses Modell prognostiziert den Beginn der
Ablösung zu spät und die Größe der Ablöseblase zu klein [8, S. 34].
Neben dem Standard-Modell von Launder und Spalding existieren weitere Abwand-
lungen des 𝑘-𝜖-Modells: Das (Renormalisierungsgruppen-)RNG-𝑘-𝜖-Modell [25] greift auf
statistische Methoden zurück, um eine modifizierte Gleichung für 𝜖 zu finden. Bei kom-
plexen Strömungen ist das RNG-𝑘-𝜖-Modell dem Standard-𝑘-𝜖-Modell überlegen [19,
S. 144]. Das Realizable-𝑘-𝜖-Modell [26] liefert für bestimmte Strömungsfälle, wie etwa
Staupunktströmungen, realistischere Ergebnisse, indem Modellparameter des Standard-
𝑘-𝜖-Modells durch Funktionen präzisiert werden.
Das 𝑘-𝜔-Modell
Das 𝑘-𝜔-Modell [27] nutzt neben der turbulenten kinetischen Energie 𝑘 die charakteris-
tische turbulente Frequenz 𝜔 zur Lösung der Gleichung 2.13. Diese ergibt sich dann mit
𝜔 = 𝜖
𝑘 zu
𝜂 𝑇 = 𝜌
𝑘
𝜔
(2.15)
Es werden also Transportgleichungen für 𝑘 und 𝜔 gelöst. Die Vorteile dieses Modells
liegen im Bereich der wandnahen Strömung. Das Modell wird nach wie vor stetig op-
timiert, indem Produktionsterme in die Transportgleichungen eingeführt werden3. Dies
entkräftet zunehmend die ursprüngliche Schwäche des Modells, die in der Abbildung der
freien Scherströmungen lag.
Eine signifikante Veränderung des 𝑘-𝜔-Modells wurde von Menter durchgeführt [28].
In seinem sogenannten (Baseline-)BSL-𝑘-𝜔-Modell wird das Standard-𝑘-𝜔-Modell mit
einer transformierten Form des 𝑘-𝜔-Modells vermischt, sodass nahe der Wand das 𝑘-
𝜔-Modell greift und in der freien Scherströmung das 𝑘-𝜖-Modell. Zusätzlich sind die
Modellkonstanten leicht verändert.
Das SST-Modell
Ebenfalls von Menter [28] stammt das Shear-Stress Transport-Modell (SST-𝑘-𝜔-Modell).
Es basiert auf den Verfeinerungen, die im BSL-𝑘-𝜔-Modell angenommen werden und
kann somit als Unterart des 𝑘-𝜔-Modells gesehen werden. Es berücksichtigt aber zu-
sätzlich noch den Transport der turbulenten Scherströmung bei der Definition der tur-
bulenten Viskosität [23, Kap. 4.4.3.1]. Damit ist das Modell für einen breiteren An-
wendungsrahmen geeignet, als das bisherige 𝑘-𝜔-Modell. Darunter fallen zum Beispiel
3
Die Implementierung in die im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Software Ansys Flu-
ent enthält bereits Modifikationen. Diese decken Effekte niedriger Reynolds-Zahlen ab, ebenso wie
Kompressibilitätseffekte und Scherströmungsausbreitung[23, Kap. 4.4.1.1].
11
Rückströmgebiete, Tragflügelströmungen und Verdichtungsstöße. Unter allen Wirbelvis-
kositätsmodellen gehört dieses Modell zu den am häufigsten verwendeten. Deshalb wird
es hier genauer beleuchtet. Bei den nun folgenden Gleichungen wird zur besseren Über-
sicht ein Farbsystem verwendet. Konstanten, die für das Modell empirisch bestimmt
wurden und Variablen, die im Rahmen des Modells durch eigene, hier nicht aufgeführte
Terme zu berechnen sind, werden farblich gesondert gekennzeichnet. Ausgangspunkt für
die Überlegungen sind die Transportgleichungen für 𝑘 und 𝜔:
𝜕
𝜕𝑡
(𝜌𝑘)
⏟ ⏞
zeitliche
Änderung 𝑘
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝑘𝑢𝑖)
⏟ ⏞
Konvektion
= 𝐺 𝑘
⏟ ⏞
Produktion
+
𝜕
𝜕𝑥 𝑗
(︃
Γ 𝑘
𝜕𝑘
𝜕𝑥 𝑗
)︃
⏟ ⏞
Diffusion
− 𝑌 𝑘
⏟ ⏞
Dissipation
+ 𝑆 𝑘
⏟ ⏞
Quellterm
(2.16)
𝜕
𝜕𝑡
(𝜌𝜔)
⏟ ⏞
zeitliche
Änderung 𝜔
+
𝜕
𝜕𝑥𝑖
(𝜌𝜔𝑢𝑖)
⏟ ⏞
Konvektion
= 𝐺 𝜔
⏟ ⏞
Produktion
+
𝜕
𝜕𝑥 𝑗
(︃
Γ 𝜔
𝜕𝜔
𝜕𝑥 𝑗
)︃
⏟ ⏞
Diffusion
+ 𝐷 𝜔
⏟ ⏞
Quer-
diffusion
− 𝑌 𝜔
⏟ ⏞
Dissi-
pation
+ 𝑆 𝜔
⏟ ⏞
Quell-
term
(2.17)
Zur Berechnung der Produktionsterme 𝐺 𝑘 und 𝐺 𝜔 stehen folgende Gleichungen zur
Verfügung:
𝐺 𝑘 = −𝜌𝑢′
𝑖 𝑢′
𝑗
𝜕𝑢 𝑗
𝜕𝑥𝑖
(2.18)
und
𝐺 𝜔 =
𝛼 𝑀 𝛼*
𝜈𝑡
𝐺 𝑘 = −
𝛼 𝑀 𝛼*
𝜈𝑡
𝜌𝑢′
𝑖 𝑢′
𝑗
𝜕𝑢 𝑗
𝜕𝑥𝑖
(2.19)
Im Diffusionsterm finden sich die Variablen Γ 𝑘 und Γ 𝜔, die sich mit folgenden Ausdrücken
bestimmen lassen:
Γ 𝑘 = 𝜂 + 𝜂𝑡 ·
1
𝜎 𝑘
= 𝜂 +
𝜌𝑘
𝜔
1
max
[︁
1
𝛼* , 𝑆ℎ 𝐹2
𝛼1 𝜔
]︁ ·
(︃
𝐹1
𝜎 𝑘,1
+
1 − 𝐹1
𝜎 𝑘,2
)︃
(2.20)
Γ 𝜔 = 𝜂 + 𝜂𝑡 ·
1
𝜎 𝜔
= 𝜂 +
𝜌𝑘
𝜔
1
max
[︁
1
𝛼* , 𝑆ℎ 𝐹2
𝛼1 𝜔
]︁ ·
(︃
𝐹1
𝜎 𝜔,1
+
1 − 𝐹1
𝜎 𝜔,2
)︃
(2.21)
Die Querdiffusion 𝐷 𝜔 aus der Transportgleichung für 𝜔 ergibt sich folgendermaßen:
𝐷 𝜔 = 2 (1 − 𝐹1) 𝜌
1
𝜔𝜎 𝜔,2
𝜕𝑘
𝜕𝑥 𝑗
𝜕𝜔
𝜕𝑥 𝑗
(2.22)
Die Dissipationsterme 𝑌 𝑘 und 𝑌 𝜔 berechnen sich wie folgt:
𝑌 𝑘 = 𝜌𝛽*
𝑘𝜔 (2.23)
und
𝑌 𝜔 = 𝜌𝛽 𝑀 𝜔2
(2.24)
12
In den Gleichungen treten folgende speziellere Variablen auf:
𝜂 = dynamische Viskosität
𝜂𝑡 = turbulente Wirbelviskosität
𝜈𝑡 = kinematische Wirbelviskosität
𝜎 𝑘 = turbulente Prandtl-Zahl für k
𝜎 𝜔 = turbulente Prandtl-Zahl für 𝜔
𝛼 𝑀 = Behelfsvariable, 𝛼 𝑀 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝐹1, const)
𝛼* = Dämpfungsvariable für niedrige Reynolds-Zahlen, 𝛼* = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝐹1, const)
𝛽 𝑀 = Behelfsvariable, 𝛽 𝑀 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔𝜇, 𝜅, 𝑅, 𝑇, const)
𝛽* = Behelfsvariable, 𝛽* = 𝑓 (𝐹1, const)
𝑆ℎ = Scherratentensor, 𝑆ℎ = 𝑓
(︁
𝜕𝑢 𝑖
𝜕𝑥 𝑗
,
𝜕𝑢 𝑗
𝜕𝑥 𝑖
)︁
𝐹1 = Mischfunktion, 𝐹1 = 𝑓
(︁
𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝑦, 𝜕𝑘
𝜕𝑥 𝑗
, 𝜕𝜔
𝜕𝑥 𝑗
, const
)︁
𝐹2 = Mischfunktion, 𝐹2 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝑦)
𝑦 = Abstand zur Wand
In dem Strömungsfall, der im Zuge dieser Arbeit simuliert wird, handelt es sich um
die Ausbreitung einer laminaren Flamme. Dennoch finden sich im Rechengebiet Berei-
che, in denen die Strömung turbulent ist. Aufgrund der Ausführungen im vergangenen
Abschnitt 2.1.2 wird das SST-Modell gewählt, um diese turbulenten Bereiche abzubilden.
2.1.3 Strahlungsmodellierung
Alle Körper geben Energie in Form von Strahlung ab. Dabei hängen sowohl die Intensität
der abgegebenen Strahlung als auch deren Wellenlängenbereich von der Temperatur des
Strahlers ab. Diese Zusammenhänge werden durch mehrere Gleichungen repräsentiert
[29].
Laut dem Wien’schen Verschiebungsgesetz gibt es eine spezifische Wellenlänge, bei der
die spektrale Abstrahlung ein Maximum findet. Diese Wellenlänge hängt ausschließlich
von der Temperatur des strahlenden Körpers ab.
Mithilfe des Planck’schen Strahlungsgesetzes lässt sich die spektrale Abstrahlung eines
Körpers abhängig von dessen Temperatur und dem zu evaluierenden Wellenlängenbe-
reich ermitteln.
Das Stefan-Boltzmann-Gesetz setzt die gesamte Strahlungsleistung (also über alle Wel-
lenlängenbereiche) mit der Temperatur in Verbindung:
𝑀 𝑠 = 𝜖 𝐸 𝜎𝑇4
(2.25)
Dabei ist
𝑀 𝑠 = spezifische Ausstrahlung
𝜖 𝐸 = Emissionsgrad
𝜎 = Stefan-Boltzmann-Konstante
𝑇 = Temperatur
13
Die Strahlungsleistung skaliert mit der Temperatur in vierter Potenz. Da bei einem
Verbrennungsvorgang typischerweise hohe Temperaturen auftreten, findet ein Wärme-
austausch durch Strahlung zwischen verbranntem und unverbranntem Gemisch statt und
sollte berücksichtigt werden. Es stehen mehrere Modelle zur Verfügung, die für unter-
schiedliche Anwendungsgebiete besonders geeignet sind. Die hier vorgestellten Modelle
sind numerisch bereits Bestandteil des für diese Arbeit verwendeten Software-Pakets
Ansys Fluent. Für weitere Details zur Arbeitsweise der verschiedenen Modelle siehe [30].
Das Discrete-Transfer-Strahlungsmodell (DTRM)
Das DTRM nach [31] nimmt an, dass die Strahlung eines Oberflächenelements durch
einen einzelnen Strahl abgebildet werden kann. Dieser hat zu Beginn eine bestimmte
Intensität, die beim Durchwandern des Fluids, abhängig vom Absorptionskoeffizienten
des Fluids, abnimmt. Trifft der Strahl auf ein Volumenelement, so gibt er Energie an
dieses ab. Das DTRM bindet sich vor der eigentlichen Strömungsberechnung in den
Programmablauf ein. Dadurch ist die Energie, die in Volumenelemente übergeht für die
nachfolgende Strömungslösung bereits verfügbar.
Mit diesem Modell kann Strahlung recht einfach simuliert werden. Die Genauigkeit
kann durch Vorgabe der Anzahl zu berechnender Strahlen erhöht werden. Dabei wird
die Simulation allerdings überproportional rechenaufwändig. Außerdem sieht das Modell
nur graue Strahlung vor. Darunter versteht man in diesem Zusammenhang wellenlängen-
und temperaturunabhängige Abstrahlung4. Zudem werden alle Oberflächen als diffus
angenommen.
Das P-1-Strahlungsmodell
Das P-1-Modell wird unter anderem in [32] beschrieben. Das Modell führt eine Trans-
portgleichung für die Einstrahlung ein, die gelöst wird und in die Energieerhaltung nach
Gleichung 2.6 eingeht. Es ist eher für optische dickere Medien geeignet. Darunter versteht
man Fluide, in denen Strahlung nicht weit propagieren kann, ehe ihre Energie aufgezehrt
ist.
In diesem Modell werden der Brechungsindex des Mediums und die Streuung im Fluid
berücksichtigt. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, entweder graue oder nicht-graue
Strahlung zu modellieren. Komplexe Geometrien sind relativ einfach abbildbar. Aller-
dings kann bei komplexer Geometrie die Genauigkeit nachlassen. Darüber hinaus neigt
das P-1-Modell dazu, Strahlung durch lokale Wärmequellen zu überschätzen [23, Kap.
5.3.1.2].
Das Rosseland-Strahlungsmodell
Das Rosseland-Strahlungsmodell stellt eine Vereinfachung des P-1-Strahlungsmodells
dar. Die Transportgleichung wird hierbei nicht iterativ gelöst. Stattdessen wird der
4
Diese Annahme kann gerade bei großen Temperaturschwankungen während der Simulation zu be-
trächtlichen Fehlern führen.
14
theoretische Wert für die Abstrahlung eines schwarzen Strahlers ermittelt und in Form
modifizierter Transportkoeffizienten in die Energieerhaltung eingesetzt [30].
Damit ist das Rosseland-Modell schneller und benötigt weniger Speicher. Allerdings
ist es weniger exakt.
Das Modell der Diskreten Ordinaten (DO)
Dieses Strahlungsmodell wurde 1950 erstmalig vorgestellt [33] und unterliegt seither
einer steten Weiterentwicklung. Es fußt darauf, dass, ähnlich dem DTRM, die Abstrah-
lung von Oberflächenelementen durch einzelne Strahlen diskretisiert wird. Wird jedoch
beim DTRM der Verlauf eines jeden Strahls verfolgt und ausgewertet, so wird beim
DO-Modell die Strahlungstransportgleichung in eine Feldfunktion aller Raumrichtungen
umgewandelt. Es muss also pro Richtung eine Transportgleichung gelöst werden.
Abb. 2.3 zeigt das Verfahren an einem einfachen Gitter. Es werden zwei Zellen be-
trachtet, die die gemeinsame Teilfläche f mit der Normalen n besitzen. An f wird nun
die Strahlung in mehrere Kontrollwinkel diskretisiert. Jeder dieser Kontrollwinkel wird
in weitere Stückchen aufgeteilt (Pixelation), von denen jedes einzeln als eintreffend oder
ausgehend betrachtet wird [30, S. 34].
Das DO-Modell ist in der Lage, weite optische Bereiche zu erfassen. Die benötigte
Rechenleistung bleibt dabei moderat und skaliert mit feinerer Diskretisierung der Win-
kel. Das Modell vermag noch nicht die wellenlängenabhängige Emission und Absorption
verschiedener Gase abzudecken, kann jedoch nicht nur graue Strahlung, sondern auch
nicht-graue Strahlung beschreiben.
Unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle wurde im Zuge
dieser Arbeit das DO-Modell gewählt. Es ist das einzige Modell, das über der gesam-
ten Bandbreite der Anwendungsgebiete gute Ergebnisse liefern kann [34, S. 28]. Es ist
jedoch anzumerken, dass der Einfluss der Strahlung trotz der hohen Temperaturdiffe-
renz zwischen verbranntem und unverbranntem Gemisch sehr gering ist. Dazu sei auf
Abschnitt 3.1.1 verwiesen.
Einfallsrichtungen Ausfallsrichtungen
Teilfläche f
n
Bild 2.3: Zelloberfläche mit Aufteilung in Diskrete Ordinaten im 2D-Fall nach [23, Kap.
5.3.6.3]
15
2.2 Chemie
Bei einer Verbrennung kommt es zu einer chemischen Reaktion von Brennstoff und Oxi-
dator, bei der Energie in Form von Wärme und Licht freigesetzt wird. Eine Verbrennung
ist damit eine exotherme Reaktion. Wegen der hohen freigesetzten Energie bei der Ver-
brennung von Lachgas N2O und Ethen C2H4 ist durch Strahlung (s. Abschnitt 2.1.3) eine
Flamme wahrnehmbar. Die Flamme stellt eine Interaktion von Konvektion und moleku-
larer Diffusion dar. Innerhalb der Flamme findet eine Vielzahl chemischer Reaktionen
auf kleiner Längenskala statt [35, S. 3]. Dabei wird unterschieden zwischen Vormisch-
flammen und Diffusionsflammen. Während bei einer Vormischflamme sowohl Brennstoff
als auch Oxidator bereits durchmischt sind, findet der Eintrag von Brennstoff und Oxi-
dator bei der Diffusionsflamme separat statt. Bei einer Diffusionsflamme diffundiert der
Oxidator von außen in die Flammenzone hinein, ein Verhalten, welches beispielsweise bei
einer Kerze zu beobachten ist. Diffusionsflammen folgen komplexen räumlich aufgelösten
Mechanismen, die von der Durchmischung an jeder Stelle in der Flamme abhängen. Da
sie zudem für die vorliegende Arbeit nicht weiter von Relevanz ist, wird die Theorie der
nicht-vorgemischten Flammen hier nicht weiter ausgeführt.
2.2.1 Zeit- und Raumskalen
Zur Betrachtung der vorgemischten Verbrennung ist es zunächst hilfreich, sowohl dimen-
sionsbehaftete zeitliche und räumliche Skalen, als auch dimensionslose Kennzahlen zu
definieren. Die Skalen dienen dazu Rückschlüsse über die erforderte Auflösung der nu-
merischen Behandlung zu erlauben. Die Kennzahlen spiegeln wieder, in welchem Regime
sich die Flamme befindet.
Räumliche Skalen
Es existieren sich unterscheidende, dimensionierende räumliche Skalen für laminare und
turbulente Flammen. Bei der laminaren Flamme ist die Flammendicke die entscheiden-
de Größe, da sie die numerische Auflösung vorgibt. Die Flammendicke ist verschieden
definiert. [9, S. 61 ff.] empfiehlt jedoch eine Definition über den Temperaturgradienten:
𝑙 𝐹,1 =
𝑇 𝑏 − 𝑇 𝑢
max
(︁
d𝑇
d𝑥
)︁ (2.26)
𝑇 𝑢 = Temperatur des unverbrannten Gemischs
𝑇 𝑏 = Temperatur des verbrannten Gases
d𝑇
d𝑥 = Temperaturgradient
In Abb. 2.4 sind die für die Berechnung der Flammendicke benötigten Größen abgebil-
det. Ein anderer Ansatz sieht vor, die Dicke über die Differenz zwischen Überschreiten
und Erreichen zweier Schwellwerte zu definieren, die knapp oberhalb der unverbrann-
ten Temperatur und knapp unterhalb der verbrannten Temperatur liegen. Dieser An-
satz überschätzt jedoch die eigentliche Flammendicke erheblich [9]. Abb. 2.4 stellt den
16
Temperaturverlauf über eine beispielhafte Reaktionszone dar. Es ist Ergebnis der Un-
tersuchungen, die in Kapitel 3 durchgeführt wurden. Wie man sieht, liegt der obere
Schwellwert weit außerhalb des dargestellten Bereichs, da viele Spezies in der Verbren-
nung nur langsam umgesetzt werden, weil die zugrundeliegenden Reaktionen langsamer
ablaufen. Beide dieser Berechnungsmethoden erfordern allerdings, dass bereits Informa-
tionen über das räumliche Verhalten der Flamme vorliegen. Ist dies nicht gegeben, kann
die Flammendicke über
𝑙 𝐹,2 =
𝛼
𝑆𝑙
(2.27)
abgeschätzt werden. 𝛼 ist die Temperaturleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs, 𝑆 𝐿
die laminare Flammengeschwindigkeit, eine der wichtigsten charakteristischen Größen
der Flamme (s. dazu Abschnitt 2.2.3). Diese Abschätzung ist in der Praxis nicht akkurat
genug, da sie zumeist um einen Faktor von mindestens fünf zu klein ist [9, S. 61]. Handelt
𝑇 𝑢
𝑇 𝑏
𝑥
𝑇
maxd𝑇
d𝑥
𝑙 𝐹,1
Bild 2.4: Temperaturverlauf zur theoretischen Bestimmung der Flammendicke
es sich bei der betrachteten Flamme um eine turbulente Verbrennung, ergibt sich wegen
der hochfrequenten Turbulenzbewegung eine andere Skala, die Kolmogorov-Längenskala
𝑙 𝑘.
𝑙 𝑘 =
(︃
𝜈3
𝜖
)︃1/4
(2.28)
𝜈 = kinematische Viskosität
𝜖 = Dissipationsrate
Sie resultiert aus den kleinsten Wirbeln in der Turbulenz. Unterhalb der Kolmogorov-
Länge existieren keine turbulenten Prozesse mehr, da die Wirbel dissipieren [36, S. 333].
Zeitliche Skalen
Ebenso wie es räumliche Skalen gibt, gibt es auch Zeitskalen, die wiederum für laminare
und turbulente Verbrennung unterschieden werden müssen. Eine Zeitskala für lamina-
17
re Flammen ist die Flammenzeit. Sie ergibt sich aus der Flammendicke 𝑙 𝐹,1 und der
Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme 𝑢:
𝜏 𝐹,1 =
𝑙 𝐹,1
𝑢
(2.29)
Dies ist gegeben als „die Zeit, die die Flammenfront benötigt, um sich um eine Flam-
mendicke zu bewegen“ [37, S. 147]. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit 𝑢 ist nicht gleichzu-
setzen mit der laminaren Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙, sondern liegt darüber. Hinter der
Flamme, also im Bereich des heißen verbrannten Gases, liegt die Dichte des Fluids weit
unterhalb der Dichte im kalten unverbrannten Gemisch. Infolgedessen expandiert das
verbrannte Gas und es kommt zu einer Überlagerung aus laminarer Flammengeschwin-
digkeit und Expansion des Gases. Siehe dazu auch Abschnitt 2.2.3. Je nach Anwen-
dungsfall kann es auch sinnvoll sein, 𝑆𝑙 als Geschwindigkeitsanteil in Gleichung (2.29)
zu verwenden [37]. Dann geht Gleichung (2.29) in Gleichung (2.30) über.
Als eine Alternative lässt sich die Flammendicke analog zu Gleichung (2.27) auch aus
der Temperaturleitfähigkeit 𝛼 und der laminaren Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙 bestim-
men:
𝜏 𝐹,2 =
𝛼
𝑆𝑙
2 (2.30)
Für Strömungslöser ist diese Definition geeigneter, da sie eine direkte Abschätzung des
mindestens benötigten Zeitschritts erlaubt [23, Kap. 9.4.1].
Bei turbulenter Flamme existiert analog zur Kolmogorov-Längenskala (s. Gleichung (2.28))
auch eine Kolmogorov-Zeitskala, die sich aus den gleichen Größen zusammensetzt:
𝜏 𝑘 =
(︂
𝜈
𝜖
)︂1/2
(2.31)
Dimensionslose Kennzahlen
Drei dimensionslose Kennzahlen müssen eingeführt werden [36, S. 418 f.], um das Regime
der Flamme zu definieren. In Abschnitt 4.2.1 werden die Kennzahlen auf die im Zuge
dieser Arbeit durchgeführten Simulationen angewendet und abgeschätzt.
Die turbulente Reynoldszahl 𝑅𝑒𝑡 macht eine Aussage darüber, ob die Flamme laminar
oder turbulent ist:
𝑅𝑒𝑡 =
𝑢′ 𝑙𝑡
𝜈
(2.32)
wobei 𝑢′ die Turbulenzintensität ist und 𝑙𝑡 die globale Längenskala der Wirbel. 𝜈 ist
wieder die kinematische Viskosität. Ist 𝑅𝑒𝑡 < 1, so handelt es sich um eine laminare
Flamme, ist 𝑅𝑒𝑡 > 1, so handelt es sich um eine turbulente Flamme.
Die turbulente Karlovitz-Zahl 𝐾𝑎 gibt das Verhältnis der laminaren Zeitskala zur
turbulenten Zeitskala wieder, es ist also
𝐾𝑎 =
𝜏 𝐹
𝜏 𝑘
(2.33)
18
Sie macht eine Aussage darüber, ob es in der Flammenfront zu turbulentem Wärme-
und Stoffaustausch kommt [9, S. 209]. Als letzte der drei Kennzahlen erlaubt die tur-
bulente Damköhler-Zahl 𝐷𝑎 Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit der physikalischen
Mischprozesse im Vergleich zur chemischen Reaktion:
𝐷𝑎𝑡 =
𝜏0
𝜏 𝐹
(2.34)
Dabei ist 𝜏0 eine Zeitskala für physikalische Vorgänge wie makroskopische Mischprozesse.
2.2.2 Flammenregime
Mithilfe der soeben eingeführten Kennzahlen können nun mehrere Regime einer Flam-
me herausgearbeitet werden. Dies geschieht zunächst im sogenannten Borghi-Diagramm
Abb. 2.5. Auf der Abszisse ist die Längenskala makroskopischer Mischprozesse, gemit-
telt an der laminaren Flammendicke, aufgetragen. Bewegt man sich entlang der Abszisse
nach rechts, werden die turbulenten Wirbel größer. Die Ordinate stellt die turbulente
Geschwindigkeit, gemittelt an der laminaren Flammengeschwindigkeit, dar. Bewegt man
sich entlang der Ordinate nach oben, wird der Turbulenzanteil in der Grundströmung
größer. Im Folgenden werden die einzelnen Regime einer Flamme ausgehend vom Borghi-
Diagramm erläutert [36, S. 417 ff.] [9, S. 209 f.]:
𝑙 𝑡
𝑙 𝐹,2
10−1
106
𝑢′
𝑆𝑙
10−1
104
idealer
Rührreaktor
Inselbildung
gewickelt laminarflach
laminar
aufgerissene
Flammenfronten
𝐷𝑎 𝑡 = 1
𝐷𝑎 𝑡 < 1
𝐾𝑎 > 1
𝐾𝑎 = 1
𝑅𝑒 𝑡 = 1
Bild 2.5: Borghi-Diagramm: Darstellung der Regime einer vorgemischten Flamme
(nach [38] und [36, S. 419]
• laminare flache Flammenfronten: Hier findet ausschließlich laminare Verbrennung
statt. Sowohl die Strömung, als auch die Flamme die auf ihr aufsitzt, ist laminar.
Die turbulente Reynolds-Zahl 𝑅𝑒𝑡 ist einzig in diesem Regime kleiner als 1.
• laminare gewickelte Flammenfronten: Die Flamme ist dünn und hat eine laminar-
ähnliche Struktur. Die Geschwindigkeit der turbulenten Schwankung ist zu gering,
19
als dass sie die Flamme so stark beeinflussen könnte, dass es zur Interaktion zwi-
schen Turbulenz und Flamme kommen könnte. Gleichzeitig bilden sich trotzdem
schon makroskopisch wahrnehmbare Wirbel heraus, die die Form der Flammen-
front beeinflussen.
• Inselbildung: Auch hier ist die Flamme dünn mit laminar-ähnlicher Struktur. Die
turbulenten Bewegungen sorgen jedoch bereits dafür, dass es zur Interaktion zwi-
schen Turbulenz und Flamme kommt. Inseln unverbrannten Gemischs entstehen,
da die Flamme stark gewickelt ist. Die Linie für 𝐾𝑎 = 1 wird auch Klimov-
Williams-Kriterium genannt. Unterhalb dieser Grenze wird von dünnen Flammen
(auch Flamelets) gesprochen, weil die Flammendicke kleiner als die Kolmogorov-
Länge ist.
• aufgerissene Flammenfronten: In diesem Bereich sind die Reaktionszonen verbrei-
tert und die Turbulenz ist groß genug, um Einfluss auf die inneren Strukturen der
Flamme zu nehmen. Die Flammenfront kann nicht mehr als laminar bezeichnet
werden, sondern reißt auf und wird von Wirbeln überlagert.
• idealer Rührreaktor: Hierbei sind alle turbulenten Zeitskalen kleiner als die chemi-
schen. Eine Flammenfront ist nicht mehr zu identifizieren, da die Wechselwirkung
aus Wirbeln und Flammenstruktur eine hohe Durchmischung gewährleisten.
Neben der Charakterisierung einer Flamme nach ihrer Turbulenz kann auch nach der Art
der Flammenausbreitung unterschieden werden. Breitet sich eine Flamme im Unterschall
aus, so spricht man von Deflagration. Ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme
größer als die Schallgeschwindigkeit des unverbrannten Gemischs, so spricht man von
Detonation. Diese beiden Regime unterscheiden sich in ihrer theoretischen Betrachtung
massiv.
Es zeigt sich, dass sich mit den Erhaltungsgleichungen allein nicht ohne weiteres be-
stimmen lässt, welchen Zustand die Verbrennung einnimmt. Mit den drei Erhaltungs-
gleichungen für Masse (2.1), Impuls (2.4) und Energie (2.6) in Kombination mit dem
idealen Gasgesetz 𝑝 = 𝜌𝑅𝑇 stehen insgesamt vier Gleichungen zur Verfügung. Dagegen
stehen allerdings fünf Unbekannte 𝑢1, 𝑢2, 𝑝2, 𝜌2, 𝑇2
5. Um diesem Problem zu begegnen,
werden die zur Verfügung stehenden Gleichungen geschickt kombiniert. Die verbleibende
Unbekannte lässt sich durch ein graphisches Lösungsverfahren wie in Abb. 2.6 ermitteln.
Beispielhaft wird ein Rohr mit konstantem Querschnitt betrachtet. Der Fall wird als
eindimensional angenommen. Alle Gase werden als ideal und reibungsfrei, die spezifi-
schen molaren Wärmekonstanten als konstant vorausgesetzt [39]. Fasst man die Massen-
und Impulserhaltung zusammen und stellt um, so ergibt sich [40, S. 29] die Rayleigh-
Linie
𝑝2 − 𝑝1 = ˙𝑚2
(︂
1
𝜌1
−
1
𝜌2
)︂
(2.35)
Sie stellt sich in einem 𝑝−1/𝜌−Diagramm als Gerade mit immer negativer Steigung dar.
Die Steigung hängt nur vom quadratischen Massenstrom ab. Eine Erhöhung des Massen-
5
In diesem Abschnitt werden als Indizes für das unverbrannte und verbrannte Gas nicht 𝑢 und 𝑏
verwendet, sondern 1 für den Zustand vor der Verbrennung und 2 für den Zustand danach. Dies dient
der Übersicht bei der Beschreibung.
20
stroms lässt die Gerade steiler verlaufen. Rayleigh-Linien sind in Abb. 2.6 als gestrichelte
Halbgeraden eingezeichnet. Um von einem Ausgangspunkt A im unverbrannten Gemisch
hin zu einem Endpunkt im verbrannten Gas zu gelangen, muss die Rayleigh-Linie abge-
schritten werden, damit die Erhaltungsgleichungen ihre Gültigkeit behalten. Fasst man
nun noch alle vier der Erhaltungsgleichungen zusammen, erhält man [40, S. 30]
𝜅
𝜅 − 1
(︂
𝑝2
𝜌2
−
𝑝1
𝜌1
)︂
−
1
2
(︂
1
𝜌1
+
1
𝜌2
)︂
(𝑝2 − 𝑝1) = 𝑞 (2.36)
die Rankine-Hugoniot-Beziehung. Dabei ist 𝜅 der Isentropenkoeffizient und 𝑞 = ℎ∘
𝑓1 −ℎ∘
𝑓2
die Differenz aus den Bildungsenthalpien vor und nach der Verbrennung – oder anders
gesagt, 𝑞 entspricht der bei der Reaktion freigesetzten Wärme. Die Rankine-Hugoniot-
Kurve ist in Abb. 2.6 als durchgezogene Linie zu sehen. Ihre Lage relativ zum Ausgangs-
punkt ergibt sich durch 𝑞. Für 𝑞 = 0, was einer infinitesimal kleinen Verbrennungszone
ohne Wärmefreisetzung entspräche, verläuft die Kurve durch den Ausgangspunkt A. Für
alle realen Flammen liegt sie, wie im Diagramm hier, diagonal verschoben bezüglich des
Ausgangspunkts. Eine höhere Wärmefreisetzung 𝑞 entfernt die Rankine-Hugoniot-Kurve
weiter vom Ausgangspunkt. Da die Beziehung nach Gleichung (2.36) nach der Reakti-
on gelten muss, muss der Endpunkt der Verbrennung auf der Rankine-Hugoniot-Kurve
liegen. Somit ergibt sich der Endpunkt immer als Schnittpunkt aus Rayleigh-Linie und
Rankine-Hugoniot-Kurve. Er liegt damit zwangsläufig in einem der verschiedenen Berei-
che, die unten erläutert werden.
Rayleigh-Linien
A
B, 𝑀 𝑎2 = ∞
C, 𝑀 𝑎2 = 0
D – oberer CJ-Punkt, 𝑀 𝑎2 = 1
E – unterer CJ-Punkt, 𝑀 𝑎2 = 1
Rankine-Hugoniot-Kurve
𝑝1
𝑝
1/𝜌1 1/𝜌
Bild 2.6: Rankine-Hugoniot-Beziehungen (nach [41])
Abb. 2.6 gibt Aufschluss über das mögliche Verhalten einer Flamme. Entsprechend
der Abhängigkeiten von Gleichungen 2.35 und 2.36 ergibt sich der Lösungspunkt als
Funktion des Massenstroms, der Lage des Ausgangspunkts und der freigesetzten Wärme.
Betrachten wir nun also die einzelnen Gebiete auf der Kurve:
21
• Über D: Es findet eine starke Detonation statt, die das verbrannte Gas im Unter-
schall hinterlässt. Dieser Fall kommt selten und nur in Spezialexperimenten vor.
Erhöht man den Massenstrom, erreicht man den oberen Chapman-Jouguet-Punkt
(CJ). An diesem strömt das verbrannte Gemisch gerade so mit Schallgeschwindig-
keit.
• Zwischen B und D: Es findet eine schwache Detonation statt, bei der das verbrannte
Gas im Überschall strömt. Dieser Fall tritt in Stoßrohren auf.
• Zwischen C und B: Dieser Bereich kann in der Realität nicht existieren, da die
Rayleigh-Linie hier eine positive Steigung und dementsprechend einen komplexen
Wert für den Massenstrom haben müsste (s. Gleichung (2.35)). Der Bereich ist
begrenzt von Punkt B, in dem der Massenstrom unendlich und die Rayleigh-Linie
deshalb vertikal ist. Auf der anderen Seite ist der Bereich begrenzt von Punkt C,
an dem der Massenstrom 0 ist und die Rayleigh-Linie dementsprechend horizontal
verläuft.
• Zwischen E und C: Hier trifft man schwache Deflagration an. Das Gas strömt
nach der Verbrennung subsonisch. Dies ist in der Realität der häufigste Fall. Nach
unten hin ist der Bereich durch Punkt E begrenzt, den unteren Chapman-Jouguet-
Punkt. In diesem tritt wiederum geradeso Schallgeschwindigkeit auf. Der Punkt
selbst wird nie erreicht.
• Unter E: Die sogenannte starke Deflagration wird ebenfalls nie erreicht. Hier müss-
te das Gas nach der Verbrennung mit Überschall strömen, was eine Entropie-
Verringerung mit sich brächte.
Bisweilen wird auch erst ab dem Bereich oberhalb des oberen CJ-Punkts von einer
Detonation gesprochen. Der Bereich zwischen B und D wird dann Überschallverbrennung
genannt [42, S. 23].
2.2.3 Laminare vorgemischte Verbrennung
Beispielhaft wird nun eine laminare vorgemischte Flamme betrachtet. Sie ist eine der we-
nigen Fälle, in denen Experiment, Theorie und Simulation zuverlässig verglichen werden
können [9, S. 31]. Ihr Verhalten ist nicht vom Mischungszustand der Edukte abhängig,
was eine einfache Beschreibung dieses Flammentyps erlaubt. Die grundsätzlichen Ver-
läufe der relevanten Größen sind in Abb. 2.7 abgebildet. In diesem Bild propagiert die
Flamme von rechts nach links.
Die einzelnen Zonen haben nach [43] folgenden Charakter:
1. Kalte Zone mit unverbranntem Gemisch: Hier sind die Gradienten der Verläufe
noch fast 0. Das Gemisch ist beinahe unbeeinflusst von der herannahenden Flam-
me.
2. Vorheizzone: Das Gemisch heizt sich langsam auf, dies sorgt dafür, dass die ersten
chemischen Reaktionen starten.
3. Reaktionszone: Hier findet ein Großteil der chemischen Reaktionen statt. Die Tem-
peratur steigt an und der Anteil der Edukte sinkt bei gleichzeitig steigendem Anteil
22
Zwischenprodukte
Temperatur
Produkte
Reaktionswärme
Edukte
kalte Zone Vorheizzone Reaktionszone Gleichgewicht
Flamme
Bild 2.7: Die Verläufe von Stoffgrößen und Spezies über die Zonen einer laminaren
Flamme (mit [41])
der Produkte. Ist die Temperatur groß genug, kommt es durch Strahlung zu ei-
ner sichtbaren, leuchtenden Flamme. Nicht abgebildet ist die Dichte, die über die
Verbrennung hinweg abnimmt.
4. Zone des Gleichgewichts: Im nunmehr verbrannten Gas stellt sich wieder ein che-
misches und thermodynamisches Gleichgewicht ein. Die Gradienten der Verläufe
sind wieder flach und ausschließlich durch Wärmeverluste über die Wand definiert.
Flammenausbreitung
Eines der wichtigsten Charakteristika einer Flamme ist die laminare Flammengeschwin-
digkeit 𝑆𝑙 oder Λ. Bei der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme 𝑆 𝐹 kommt es zu einer
Überlagerung der laminaren Flammengeschwindigkeit und der Bewegung der verbrann-
ten Gase 𝑆exp, die sich aufgrund ihrer niedrigeren Dichte in Richtung der Flammenfront
ausdehnen und diese vor sich her schieben, es gilt also:
𝑆 𝐹 = 𝑆𝑙 + 𝑆exp (2.37)
In einer sphärischen Bombe ergibt sich durch kinematische Betrachtung nach [44, S. 86 ff.]:
𝑆 𝐹 =
𝜌 𝑢
𝜌 𝑏
𝑆𝑙 (2.38)
Eine der Aufgaben zur Charakterisierung eines Zündgemischs ist demnach die Ermitt-
lung der laminaren Flammengeschwindigkeit. Dazu stehen einige Methoden zur Verfü-
gung. Es hat sich jedoch die Messung über den Kegelwinkel einer Bunsenbrennerflamme
etabliert. Dabei wird ein Bunsenbrenner so eingestellt, dass der entstehende Flammenke-
gel gerade stehenbleibt. Wird nun angenommen, die Flanke des Kegels sei eben, so kann
23
Bild 2.8: Ermittlung der laminaren Flammengeschwindigkeit über den Kegelwinkel ei-
ner Bunsenbrennerflamme [45]
über den Winkel des Kegels die laminare Flammengeschwindigkeit errechnet werden, weil
die Flamme in Normalenrichtung zum Kegelmantel propagiert. Die geometrische Bestim-
mung der Geschwindigkeit ist links in Abb. 2.8 zu sehen. Dabei erhalten die Stromlinien
über die Flammenfront einen Winkel zur Anströmrichtung, wie rechts in Abb. 2.8 zu
sehen ist. Aus geometrischen Gründen ist die laminare Flammengeschwindigkeit durch
folgenden Zusammenhang gegeben:
𝑆𝑙 = −𝑢 · sin 𝛽
Es wird vorausgesetzt, dass die Anströmgeschwindigkeit ortsunabhängig ist (das heißt,
dass sich kein Strömungsprofil im Bunsenbrennerrohr ausgebildet hat) und dass keine
Energiequellen oder Senken im System zu finden sind [36, S. 278]. Zu den Einflussfaktoren
auf die laminare Flammengeschwindigkeit zählen das Mischungsverhältnis aus Brennstoff
und Oxidator, Druck und die Temperatur. Das Maximum der Flammengeschwindig-
keit liegt üblicherweise nahe dem stöchiometrischen Mischungsverhältnis, etwas auf die
brennstoffreiche Seite verschoben. Hier wird der Oxidator besser ausgenutzt und es ent-
stehen mehr zweiatomige als dreiatomige Moleküle. Dadurch ist die mittlere spezifische
Wärme der Produkte geringer und die adiabate Flammentemperatur höher. Eine höhere
adiabate Flammentemperatur führt zu höherer laminarer Flammengeschwindigkeit [46].
Höhere Drücke verringern die laminare Flammengeschwindigkeit, höhere Temperaturen
erhöhen sie. Die Größenordnung der laminaren Flammengeschwindigkeit liegt etwa bei
𝒪(10 cm/s) < 𝑆𝑙 < 𝒪(10 m/s).
2.2.4 Reaktionsmechanismus
Die im Zuge dieser Arbeit betrachtete Verbrennung ist diejenige von Lachgas N2O und
Ethen C2H4. Die stöchiometrische Reaktion ist gegeben als [7]
6 N2O + C2H4 −−→ 2 CO2 + 6 N2 + 2 H2O (2.39)
24
mit einer Standardreaktionsenthalpie von Δ𝐻∘
𝑟 = −1851,4 kJ/mol. In der Realität besteht
ein Verbrennungsprozess aus weitaus mehr Elementarreaktionen. Um numerisch eine aus-
reichende Genauigkeit zu erreichen, genügt deshalb ein Ein-Schritt-Mechanismus nicht.
Es existieren viele Mechanismen für unterschiedliche Brennstoff-Oxidator-Gemische, die
verschiedene Aspekte der Verbrennung mit unterschiedlicher Anzahl an Spezies und Teil-
reaktionen hinreichend genau auflösen können. Eine umfassende Sammlung dieser Me-
chanismen ist GRI-Mech 3.0 [47]. Dieser ist optimiert für die Modellierung natürlicher
Gasverbrennung und deckt die Bildung von Stickoxiden und die Wiederzündung ab. Der
Mechanismus enthält 325 Reaktionen und 53 Spezies. Je größer die Anzahl modellierter
Reaktionen und Spezies, desto höher der nötige Rechenaufwand. Um den Rechenauf-
wand geringer zu halten, können Mechanismen auch reduziert werden. Dabei werden
gezielt Spezies und Reaktionen entfernt, die für die Gesamtreaktion in den berücksich-
tigten Parametern von geringer Auswirkung sind. So konnte im Zuge dieser Arbeit auf
einen reduzierten und angepassten Mechanismus des Instituts für Verbrennungstechnik
des DLR Stuttgart zurückgegriffen werden [48], siehe dazu Abschnitt 3.2. Dieser redu-
zierte Mechanismus enthält noch 22 Spezies und 61 Reaktionen. Er wurde mittels der
laminaren Flammengeschwindigkeit und der Zündverzugszeit des Gemischs analog zu
[49] validiert. Ein Reaktionsmechanismus besteht üblicherweise aus Informationen zu
den Reaktionen, den thermodynamischen Daten der Spezies und den Transportdaten6.
Die Syntax der zugehörigen Dateistruktur wird im Folgenden umrissen.
Mechanismus-Datei
Die Mechanismus-Datei enthält die Parameter für die Arrhenius-Gleichung, welche die
Grundgleichung für die temperaturabhängige Reaktionsgeschwindigkeit der Teilreaktion
ist (s. Abschnitt 2.3.4):
𝑘 𝑓,𝑟 = 𝐴 𝑟 𝑇 𝛽 𝑟
𝑒
−𝐸 𝑟
ℜ𝑇 (2.40)
Mit den Einflussgrößen
𝐴 𝑟 = Präexponentieller Faktor
𝛽 𝑟 = Temperaturexponent
𝐸 𝑟 = Aktivierungsenergie
ℜ = Universelle Gaskonstante
Es ist für jede der Teilreaktionen ein Eintrag vorhanden, in dem die Koeffizienten der
Arrhenius-Gleichung enthalten sind. Die Syntax ist beispielhaft für drei Reaktionen in
Abb. 2.9 abgebildet. Da die in diesem Beispiel angegebenen Daten oft für eine genaue
Modellierung nicht ausreichen, können zusätzlich noch druckabhängige Daten für ent-
sprechende Reaktionen hinterlegt werden, siehe dazu [50].
6
Es kann bei Bedarf noch eine vierte Datei Anwendung finden. Diese adressiert speziell Oberflächen-
reaktionen, wird hier jedoch wegen der eingeschränkten Verwendbarkeit für schnell ablaufende Ver-
brennung nicht näher beschrieben.
25
Reaktionen 𝐴 𝑟 𝛽 𝑟 𝐸 𝑟
O+H2<=>H+OH 3.870E+04 2.700 6260.00
O+HO2<=>OH+O2 2.000E+13 .000 .00
O+H2O2<=>OH+HO2 9.630E+06 2.000 4000.00
Bild 2.9: Syntax einer Mechanismus-Datei, Auszug aus [47]
Thermodynamik-Datei
In der Thermodynamik-Datei finden sich Werte zur Berechnung der Entropie 𝑆, Enthal-
pie 𝐻 und Wärmekapazität 𝐶 𝑝 abhängig von der Temperatur. Hierfür wurden Polynome
eingeführt, deren Koeffizienten in der Thermodynamik-Datei hinterlegt sind. Sie tragen
den Namen Nasa-Polynome und haben folgende Formen [51, S. 9]:
𝐶 𝑝(𝑇)
𝑅
= 𝑎1 + 𝑎2 𝑇 + 𝑎3 𝑇2
+ 𝑎4 𝑇3
+ 𝑎5 𝑇4
(2.41)
𝐻(𝑇)
𝑅𝑇
= 𝑎1 + 𝑎2
𝑇
2
+ 𝑎3
𝑇2
3
+ 𝑎4
𝑇3
4
+ 𝑎5
𝑇4
5
+
𝑎6
𝑇
(2.42)
𝑆(𝑇)
𝑅
= 𝑎1 ln 𝑇 + 𝑎2 𝑇 + 𝑎3
𝑇2
2
+ 𝑎4
𝑇3
3
+ 𝑎5
𝑇4
4
+ 𝑎7 (2.43)
Ihre Koeffizienten sind in Abb. 2.10 dargestellt. Der erste Eintrag in der ersten Zeile (hier
O2) gibt die Spezies an. Der zweite Eintrag in der ersten Zeile (hier TPIS89) entspricht
einer Quellenangabe der Daten. Die folgenden Einträge (hier O 2) geben die atomare
Zusammensetzung der Spezies an. Das G bedeutet, dass die Spezies in Gasphase gegeben
ist. 200.000 ist die untere Gültigkeitsgrenze der Polynome in der Einheit Kelvin (Punkt
als Dezimaltrennzeichen), 3500.000 die obere. Es werden immer Koeffizienten für zwei
Temperaturbereiche gegeben, einen Hochtemperaturbereich und einen Niedrigtempera-
turbereich. 1000.000 gibt die Grenze zwischen den Bereichen an. Die letzte Spalte enthält
laufende Nummern von 1 bis 4. In der zweiten Zeile beginnen dann die Koeffizienten 𝑎1
bis 𝑎7 für den oberen Temperaturbereich. In der Mitte der dritten Zeile folgen dann
die Koeffizienten für den unteren Temperaturbereich. An letzter Stelle kann noch, hier
nicht dargestellt, die Bildungsenthalpie geteilt durch die Gaskonstante 𝐻∘
/ 𝑅 angegeben
werden.
O2 TPIS89 O 2 G 200.000 3500.000 1000.000 1
3.28253784E+00 1.48308754E-03 -7.57966669E-07 2.09470555E-10 -2.16717794E-14 2
-1.08845772E+03 5.45323129E+00 3.78245636E+00 -2.99673416E-03 9.84730201E-06 3
-9.68129509E-09 3.24372837E-12 -1.06394356E+03 3.65767573E+00 4
Bild 2.10: Syntax einer Thermodynamik-Datei, Auszug aus [47]
26
Transport-Datei
In der Transport-Datei werden Eigenschaften des Transports der Gasphase gelistet. Dazu
gehören Diffusion, Viskosität und Wärmeleitfähigkeit [52, S. 2]. Nach [53, S. 44] sind die
einzelnen Werte, wie sie in Abb. 2.11 zu sehen sind, mit folgender Bedeutung versehen:
Der erste Eintrag gibt die Spezies wieder. Der zweite Eintrag nimmt Werte von 0 bis
2 an und besagt, ob das Molekül atomar auftritt oder eine lineare oder eine nichtlinea-
re geometrische Konfiguration innehat. Die nächsten beiden Werte geben die Tiefe der
Lennard-Jones-Potentialmulde 𝜖/𝑘 𝑏 und den Lennard-Jones-Kollisionsdurchmesser 𝜎 𝐽 an.
Diese beiden Größen helfen, die molekulare Anziehung und Abstoßung zwischen Molekü-
len zu bemessen [54, S. 784 f.]. Der fünfte Eintrag enthält das Dipolmoment der Spezies
𝜇, der sechste Eintrag die Polarisierbarkeit 𝛼 𝑃 . Diese Werte treffen Aussagen über das
Verhalten des Moleküls in Verbindung mit elektromagnetischen Wellen. Der letzte Ein-
trag schließlich gibt die Rotationsrelaxations-Kollisionszahl 𝑍 𝑟𝑜𝑡 an, die benötigt wird,
um das molekulare Rotationsverhalten (und damit den Kernabstand) als Antwort auf
Temperaturänderungen zu ermitteln [55, S. 160]. Für eine Übersicht über die Berech-
nung der Transporteigenschaften aus den gegebenen Stoffwerten ist [56, S. 251 ff.] zu
Rate zu ziehen.
Spezies Geometrie 𝜖/𝑘 𝑏 𝜎 𝐽 𝜇 𝛼 𝑃 𝑍 𝑟𝑜𝑡
CO2 1 244.000 3.763 0.000 2.650 2.100
H2O 2 572.400 2.605 1.844 0.000 4.000
N 0 71.400 3.298 0.000 0.000 0.000
Bild 2.11: Syntax einer Transport-Datei, Auszug aus [47]
2.2.5 Flammenrückschlag und Quenching
Da im Zuge dieser Arbeit das Zündungs- und Flammenrückschlagsverhalten des Gas-
gemischs untersucht wird, werden an dieser Stelle die Mechanismen des Flammenrück-
schlags und des Quenchings (auch: Flammenlöschens) skizziert. Unter Flammenrück-
schlag versteht man das Wandern der Flamme aus dem Brennraum in die Zuführung.
Dieses Verhalten ist in aller Regel unerwünscht, da eine so geartete Verbrennung Deto-
nationen in der Zuführung mit sich bringen kann. Nimmt man eine drallfreie Strömung
an, gibt es drei Hauptursachen für einen Flammenrückschlag:
1. Flammenrückschlag in der Kernströmung [57, S. 45 f.]: Ist die Ausbreitungsge-
schwindigkeit der Flamme größer als die lokale Strömungsgeschwindigkeit, so kann
sich die Flamme stromauf bewegen. Geht man von einer konstanten Strömung
durch eine Brennkammer aus, in der eine stabile Flamme steht, kann es zu einem
Flammenrückschlag kommen. Dies geschieht beispielsweise, wenn die Durchmi-
schung nicht perfekt ist, die Frischgemischtemperatur und damit die Flammen-
27
geschwindigkeit steigt, der Turbulenzgrad höher wird, oder wenn durch Druck-
schwankungen die Flamme in Richtung der Zuführung gedrückt wird.
2. Flammenrückschlag in der Grenzschicht [57, S. 47 ff.]: In Wandnähe eines Rohres
wird durch Wärmeabfuhr das Gas kälter. Entsprechend sinkt auch die lamina-
re Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙. Allerdings bildet sich auch eine Strömungsgrenz-
schicht aus, die dafür sorgt, dass die Strömung in Wandnähe verzögert wird. So
kann in einem gewissen Bereich in der Nähe der Wand die Flammengeschwindig-
keit größer sein als die Strömungsgeschwindigkeit. Dann kann die Flamme an dieser
Stelle stromauf propagieren und einen Flammenrückschlag auslösen.
3. Flammenrückschlag durch Verbrennungsinstabilitäten [57, S. 55 ff.]: Kleinere Schwan-
kungen der Wärmefreisetzung in der Flamme führen zu Druck- und Geschwindig-
keitsänderungen, die oszillieren können. Die Druckschwankungen in der Brennkam-
mer können die Flamme vor und zurück bewegen (s. dazu Abschnitt 3.1). Die Ge-
schwindigkeitsänderungen können eine lokal niedrigere Strömungsgeschwindigkeit
bedingen. In beiden Fällen kann die Verschiebung der Flamme einen Flammen-
rückschlag verursachen.
Um diesem Verhalten vorzubeugen werden Flammensperren verwendet, die es zum Ziel
haben, Flammenrückschläge zu vermeiden. Sie arbeiten nach unterschiedlichen Prinzipi-
en, doch die zugrundeliegende Methodik begründet sich auf dem Effekt des Quenchings.
Als Quenching bezeichnet man das Erlöschen einer Flamme durch Wärmeabfuhr. So-
bald so viel Wärme aus der Reaktionszone abgeführt wird, dass die Temperatur in der
Reaktionszone unter die lokale Zündtemperatur des Gemischs fällt, erlischt die Flamme.
Dieses Verhalten trifft man vor allem in Wandnähe an, wo viel Wärme abgeführt werden
kann. Dabei gibt es an einer Wand einen Grenzabstand, unterhalb dessen eine Flam-
me nicht mehr existieren kann. Dieser sogenannte Löschabstand 𝑑 𝑞 wird von mehreren
Größen beeinflusst, darunter Art des Gemischs, Mischungsverhältnis zwischen Oxidator
und Brennstoff sowie Strömungsgrößen [58]. Der Löschabstand kann entweder als der
Abstand zwischen zwei parallelen Platten ermittelt werden, bei dem die Flamme gerade
noch gelöscht wird. Oder er wird analog in einem Rohr als der Durchmesser ermittelt,
bei dem die Flamme gerade noch gelöscht wird. Zwischen Löschdurchmesser eines Rohrs
𝑑𝑡 und Löschabstand einer Wand 𝑑 𝑞 besteht der Zusammenhang
𝑑𝑡 = 1,54𝑑 𝑞 (2.44)
[59, S. 36]. Der Löschdurchmesser ist in einem Rohr „der größte Durchmesser [. . . ], der
eine Flamme gerade noch löscht“ [6, S. 19]. Quenching verhindert somit, dass Flammen
durch kleine Löcher propagieren können. Zur mathematischen Bestimmung des Löschab-
stands müssen einige Annahmen getroffen werden [7]: Die Verbrennungsprodukte ver-
halten sich als ideales Gas, der Druck in der Brennkammer ist konstant, Wärmeleitung
geschieht unendlich schnell, die Flamme ist laminar und die Wände behalten ihre An-
fangstemperatur. Der Löschabstand stellt sich dann nach Herleitung in [60] ein als:
𝑑 𝑞 =
𝑃 𝑒 𝑐 · 𝛼 𝑢
𝑆𝑙
(2.45)
28
Dabei gilt
𝑑 𝑞 = Löschabstand
𝑃 𝑒 𝑐 = kritische Péclet-Zahl
𝛼 𝑢 = Temperaturleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs
wobei die Temperaturleitfähigkeit 𝛼 𝑢 gegeben ist als
𝛼 𝑢 =
𝜆 𝑢
𝜌 𝑢 · 𝑐 𝑝,𝑢
(2.46)
mit
𝜆 𝑢 = Wärmeleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs
𝜌 𝑢 = Dichte des unverbrannten Gemischs
𝑐 𝑝,𝑢 = spezifische Wärmekapazität des unverbrannten Gemischs
Dabei ist 𝑃 𝑒 𝑐 die kritische Péclet-Zahl. Die Péclet-Zahl ist eine dimensionslose Kennzahl,
die konvektive und diffusive Flüsse in ein Verhältnis zueinander setzt [61]:
𝑃 𝑒 𝑐 =
konvektiver Fluss
diffusiver Fluss
(2.47)
Sie wurde für verschiedene Fälle des Quenchings auf jeweils unterschiedliche Werte er-
mittelt [7]:
1. Head-on quenching – Die Flamme propagiert normal zur Wand: Für ein Propan/Luft-
Gemisch wurden die kritischen Péclet-Zahlen zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 3,8 an keramischen Wänden
bis hin zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 4,7 an polierten Stahlwänden ermittelt.
2. Side-wall quenching – Die Flamme propagiert parallel zur Wand: Für ein Propan/Luft-
Gemisch wurden die kritischen Péclet-Zahlen zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 5,6 an keramischen Wän-
den bis hin zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 8,5 an polierten Stahlwänden ermittelt. Andere Experimente
ergaben 𝑃 𝑒 𝑐 = 4,5.
3. Quenching in Rohren: Verschiedene Untersuchungen ergaben für diesen Fall zum
Beispiel 𝑃 𝑒 𝑐 = 60,5 oder 𝑃 𝑒 𝑐 = 65.
4. Quenching zwischen parallelen Platten: Entsprechend Gleichung (2.44) scheint die
kritische Péclet-Zahl für parallele Platten dem 0,65-fachen der kritischen Péclet-
Zahl in Rohren zu entsprechen. Untersuchungen ergaben 𝑃 𝑒 𝑐 = 42 für keilförmige
Kanäle und 𝑃 𝑒 𝑐 = 51 für rechteckige Kanäle.
Die Péclet-Zahl skaliert mit der Flammendicke 𝑙 𝐹,2. Der Löschabstand entspricht einem
Vielfachen der Flammendicke mit der Péclet-Zahl als Proportionalitätsfaktor [7]:
𝑑 𝑞 = 𝑃 𝑒 𝑐 · 𝑙 𝐹,2 (2.48)
29
2.3 Numerik
Bei den in Abschnitt 2.1.1 vorgestellten Erhaltungsgleichungen handelt es sich um par-
tielle Differentialgleichungen. Differentialgleichungen zeichnen sich im Allgemeinen da-
durch aus, dass sie Ableitungen der in ihr auftretenden Größen beinhalten. Gewöhnliche
Differentialgleichungen enthalten dabei nur Ableitungen nach einer Variable, also zum
Beispiel dem Ort oder der Zeit. Partielle Differentialgleichungen hingegen enthalten Ab-
leitungen nach mehr als einer Variablen, also etwa Ort und Zeit. Da sich nur die we-
nigsten physikalischen Vorgänge auf eine einzige Variable beschränken, sind zur Lösung
solcher Probleme partielle Differentialgleichungen notwendig [62, S. 171]. Analytische Lö-
sungen existieren nur in den einfachsten Fällen, weshalb sich das Feld der numerischen
Mathematik entwickelt hat. Ziel der Forschung in diesem Feld ist es, durch geeignete Ver-
fahren möglichst präzise und schnelle Approximationen der exakten Lösung zu erhalten.
Zu diesem Zwecke werden die Ableitungsterme der Erhaltungsgleichungen in numerisch
lösbare Terme umgeformt. Die verschiedenen Herangehensweisen hierzu werden in Ab-
schnitt 2.3.2 beschrieben. Da wegen begrenzter Rechenleistung die Gleichungen nur für
endliche räumliche Auflösung gelöst werden können, muss das Rechengebiet diskretisiert
werden. Dies geschieht, indem es mit einem virtuellen Gitter überzogen wird. Die Glei-
chungen werden daraufhin für jede der entstehenden Zellen einzeln gelöst. Details zu
verschiedenen Gitterarten sind in Abschnitt 2.3.1 aufgeführt.
2.3.1 Rechengitter
In der Realität ist eine Strömung oder ein Körper bis auf die molekulare Ebene genau
definiert. Für jeden noch so feinen Punkt ließen sich die Strömungsgrößen messen. Bei
der numerischen Simulation ist eine solche Genauigkeit (bisher) nicht denkbar. Die Ei-
genschaften eines Strömungsfeldes können nur an einer endlichen Anzahl an Punkten
bestimmt werden. Die Gesamtheit dieser Punkte nennt sich Gitter oder Netz. Ein sol-
ches ist für jedes der später genannten Diskretisierungsverfahren zwingend notwendig.
Feinheit und Art des Gitters variieren jedoch stark mit dem gewählten Verfahren und
der zur Lösung des physikalischen Problems benötigten Auflösung. Abb. 2.12 zeigt bei-
spielhaft ein solches Gitter. Ausgehend vom Punkt P mit den Indizes i in x-Richtung und
j in y-Richtung spannen sich die Zellen auf. Die Zellränder haben dabei die Abstände
Δx und Δy voneinander.
30
x
y
Δx
Δy
i-1, j+1 i, j+1 i+1, j+1
i-1, j i,j i+1, j
i-1, j-1 i, j-1 i+1, j-1
P
Bild 2.12: Strukturiertes Rechengitter
Strukturierte Gitter
Bei strukturierten Rechengittern kann jedem Zellknoten ein Index in die verschiedenen
Raumrichtungen zugewiesen werden. Eine Zelle ist viereckig oder im 3D-Fall hexaeder-
förmig. Um der Geometrie zu folgen, bieten sich verschiedene Gittertypen an, die in
Abb. 2.13 abgebildet sind. Das links abgebildete O-Gitter eignet sich gut, um umlau-
fende Gitter zu erzeugen. Dieser Gittertyp ist gut geeignet für dicke umströmte Kör-
per. C-Gitter umschließen einen Körper einseitig und laufen dann stromab aus. Dies
ist besonders hilfreich für eine Tragflügelumströmung, wenn die Strömungsrichtung be-
kannt und der Profilnachlauf von Interesse ist. H-Gitter folgen periodischen Profilen und
können ebenfalls den Nachlauf gut auflösen. All diese Gittern haben gemein, dass die
Grenzschichten an den Körperkanten einfach verfeinert werden können. Dies fällt be-
sonders beim O-Profil ins Gewicht. Bei C- und H-Profilen bleibt die Verfeinerung auch
im Nachlauf respektive in Nach- und Vorlauf erhalten, was unter Umständen keinen
Wissensgewinn mit sich bringt, dafür aber Rechenzeit kostet.
Bild 2.13: O-, C- und H-Gitter (nach [8] und [63, S. 29])
Strukturierte Gitter lassen sich nur für einfache Geometrien generieren, besonders im
3D-Fall ist es oft nicht möglich, ein strukturiertes Gitter zu erzeugen. Dann muss auf
ein unstrukturiertes Gitter zurückgegriffen werden.
31
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe
Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe

Weitere ähnliche Inhalte

Ähnlich wie Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe

clostron
clostronclostron
clostronbruntj
 
clostron1
clostron1clostron1
clostron1bruntj
 
Vts 6543 8913
Vts 6543 8913Vts 6543 8913
Vts 6543 8913bruntj
 
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven Visualisierung und Analyse ch...
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven  Visualisierung und Analyse ch...Algorithmen und Applikationen zur interaktiven  Visualisierung und Analyse ch...
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven Visualisierung und Analyse ch...Frank Oellien
 
Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Gesamtregelkonzepte für thermische ProzesseGesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Gesamtregelkonzepte für thermische Prozessehome
 
C++ Standard Template Library
C++ Standard Template LibraryC++ Standard Template Library
C++ Standard Template Libraryguestfc11c0c
 
Herzklappenprothese
HerzklappenprotheseHerzklappenprothese
Herzklappenprothesemedentic
 
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...CarlosRobertoTorres2
 
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...CarlosRobertoTorres2
 
Ubastudie 100pro2050
Ubastudie 100pro2050Ubastudie 100pro2050
Ubastudie 100pro2050metropolsolar
 
Large Scale Multilayer Perceptron
Large Scale Multilayer PerceptronLarge Scale Multilayer Perceptron
Large Scale Multilayer PerceptronSascha Jonas
 
Untersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbank
Untersuchunge Zu Einer Neuen ZytostatikerbankUntersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbank
Untersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbankmedentic
 
Diplomarbeit
DiplomarbeitDiplomarbeit
Diplomarbeitjim5555
 
Vdi 3478 bl 2 1412343
Vdi 3478 bl 2 1412343Vdi 3478 bl 2 1412343
Vdi 3478 bl 2 1412343Rahmi Arslan
 
Leich begruendung
Leich begruendungLeich begruendung
Leich begruendungplvisit
 
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbaremetropolsolar
 
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010bryanbarragan
 
Stereochemie organischer Verbindungen
Stereochemie organischer VerbindungenStereochemie organischer Verbindungen
Stereochemie organischer VerbindungenFrank Bölter
 

Ähnlich wie Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe (20)

clostron
clostronclostron
clostron
 
clostron1
clostron1clostron1
clostron1
 
Vts 6543 8913
Vts 6543 8913Vts 6543 8913
Vts 6543 8913
 
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven Visualisierung und Analyse ch...
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven  Visualisierung und Analyse ch...Algorithmen und Applikationen zur interaktiven  Visualisierung und Analyse ch...
Algorithmen und Applikationen zur interaktiven Visualisierung und Analyse ch...
 
Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Gesamtregelkonzepte für thermische ProzesseGesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
Gesamtregelkonzepte für thermische Prozesse
 
C++ Standard Template Library
C++ Standard Template LibraryC++ Standard Template Library
C++ Standard Template Library
 
Herzklappenprothese
HerzklappenprotheseHerzklappenprothese
Herzklappenprothese
 
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
 
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
Professor Dr.-Ing. Konrad Simmer (auth.) - Grundbau_ Teil 1 Bodenmechanik und...
 
Ubastudie 100pro2050
Ubastudie 100pro2050Ubastudie 100pro2050
Ubastudie 100pro2050
 
Large Scale Multilayer Perceptron
Large Scale Multilayer PerceptronLarge Scale Multilayer Perceptron
Large Scale Multilayer Perceptron
 
Ghf Skript 2009
Ghf Skript 2009Ghf Skript 2009
Ghf Skript 2009
 
Untersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbank
Untersuchunge Zu Einer Neuen ZytostatikerbankUntersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbank
Untersuchunge Zu Einer Neuen Zytostatikerbank
 
Diplomarbeit
DiplomarbeitDiplomarbeit
Diplomarbeit
 
Vdi 3478 bl 2 1412343
Vdi 3478 bl 2 1412343Vdi 3478 bl 2 1412343
Vdi 3478 bl 2 1412343
 
Hb Autopilot
Hb AutopilotHb Autopilot
Hb Autopilot
 
Leich begruendung
Leich begruendungLeich begruendung
Leich begruendung
 
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare
2011 sondergutachten 100_prozent_erneuerbare
 
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010
Sachbericht bmbf plasmaquelle hawk 052010
 
Stereochemie organischer Verbindungen
Stereochemie organischer VerbindungenStereochemie organischer Verbindungen
Stereochemie organischer Verbindungen
 

Numerische Simulation der Flammenausbreitung in einem Versuchsaufbau für fortschrittliche Satellitentreibstoffe

  • 1. Numerische Simulation der Flammenausbreitung eines vorgemischten, grünen Treibstoffs innerhalb einer Zündmessstrecke Numerical Simulation of the Flame Propagation of a Premixed, Green Propellant in an Ignition Test Setup IRS-17-S-102 Masterarbeit von cand. aer. Daniel Grimmeisen Betreuer: Prof. Dr.-Ing. Stefan Schlechtriem Dipl.-Ing. Lukas Werling Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Institut für Raumfahrtantriebe Institut für Raumfahrtsysteme, Universität Stuttgart Dezember 2017
  • 2.
  • 3.
  • 4. Danksagung Eine Arbeit wie die vorliegende kann nur entstehen, wenn die Randbedingungen nicht nur in der Simulation, sondern auch im Umfeld des Autors richtig gewählt sind. Allen voran stehen dabei die Menschen, die mir auf unschätzbare Weise geholfen haben, dieses Dokument nach sechsmonatiger Arbeit endlich in den Händen zu halten. Ich danke Prof. Stefan Schlechtriem, verantwortlicher Prüfer dieser Arbeit und seines Zeichens Direktor des DLR-Instituts für Raumfahrttechnik, Lampoldshausen, für die Ermöglichung der Durchführung dieser Arbeit. Hr. Lukas Werling, durch den ich die beste nur vorstellbare Betreuung erhalten ha- be, gebührt der größtmögliche Dank. Für seine ansteckende Leidenschaft für sein For- schungsgebiet, für ein offenes Ohr und für die Zeit, die er mir selbst nach Feierabend, am Wochenende und im Urlaub schenkte. Ich möchte auch Hr. Hagen Friedrich danken, der mit mir im Büro saß und durch seine erfrischende Art und wohlplatzierten Anekdoten auch in scheinbar ausweglosen Zeiten die Stimmung aufzuhellen vermochte. Desweiteren sei Hr. Philipp Müller gedankt, dessen beruflicher Werdegang mit dem meinen zu jedem Zeitschritt 𝑡 zu konvergieren scheint, für anregende Diskussionen, mit- täglichen Tee und nächtliche Heimfahrten. Darüber hinaus danke ich dem gesamten M11-Team, für die kollegiale Zusammenar- beit, die besser nicht hätte sein können. Für amüsante Gespräche, Tatsachenerörterung und Parties, für die jederzeit ein Grund gefunden wurde. Es gebührt außerdem Fr. Lisa Kaschler dank, die mich ungewollt dazu motiviert, jeden Tag das Beste aus mir herauszukitzeln. Und Fr. Sarah Brandl, die dafür sorgt, dass trotzdem mein Wohlbefinden nicht auf der Strecke bleibt. Zuletzt sei meinen Freunden und meiner Familie gedankt, die mich nicht nur jederzeit unterstützt haben, sondern auch ganz praktisch durch Lektorat geholfen haben, diese Arbeit auf lesbares Niveau anzuheben. iii
  • 5. Kurzfassung Im Rahmen dieser Masterarbeit wurde die Flammenausbreitung eines gasförmigen grü- nen Treibstoffs aus Lachgas N2O und Ethen C2H4 untersucht. Ziel der Arbeit war es, den Reaktionsmechanismus der Verbrennung zu validieren und zu testen. Darüber hinaus war es ein Ziel, das Zündungs- und Verbrennungsverhalten des Gemischs zu verstehen. Außerdem sollte der Mechanismus des Flammenlöschens (Quenchings) und Flammen- durchschlags in einer Kapillare mit variabler Länge beleuchtet werden. Als Untersuchungsmethode diente eine numerische Simulation mit Ansys Fluent unter Anwendung eines reduzierten Reaktionsmechanismus für die Verbrennung. Das Rechen- gebiet umfasste zunächst eine Zündkammer, in der der Reaktionsmechanismus erprobt wurde. Eine zweite Zündkammer wurde hinzugefügt, die mit der ersten durch eine Ka- pillare verbunden wurde. Damit wurde die Geometrie einer Zündmessstrecke abgebildet, in der bereits Experimente zum Flammendurchschlag durchgeführt wurden. Simulation und Experiment wurden hinsichtlich der Flammengeschwindigkeiten verglichen. Das Ergebnis der Untersuchung war, dass zwei Bedingungen gelten müssen, damit Flam- men in Kapillaren gelöscht werden: Zum einen muss die Péclet-Zahl in der Kapillare kleiner als eine kritische Péclet-Zahl sein. Zum anderen muss die Aufenthaltszeit der Reaktionszone in der Kapillare so lang sein, dass durch Wärmeverluste über die Kapil- larwand die Reaktion zum Erliegen kommt. Aus diesen beiden Bedingungen wurde eine Kennzahl hergeleitet. Die Flamme erlischt, wenn ein kritischer Wert dieser Kennzahl unterschritten wird. iv
  • 6. Abstract In this master’s thesis, the flame propagation of a gaseous green propellant consisting of nitrous oxide N2O and ethene C2H4 was investigated. The work aims to validate and test the reaction mechanism for the underlying combustion. Furthermore, it generates a deeper understanding of the ignition and combustion behaviour of the mixture. Also, the quenching and flame flashback mechanism in a capillary tube of varying length were assessed. A numerical simulation with Ansys Fluent was chosen as the method of examination. A reaction mechanism was implemented to account for combustion. To test the reaction mechanism, an ignition chamber was used as the computational domain. Later, a second ignition chamber was added and connected to the primary chamber via a capillary tube. Thereby, the geometry of an ignition test setup was reproduced. In previous works, fla- me flashback experiments were conducted in this test setup. Simulation and experiments were compared on the basis of flame propagation speeds. After the data analysis, it was inferred that two conditions must be met in order for flames to be quenched in capillary tubes: Firstly, the Péclet number in the capillary tube must be smaller than a critical Péclet number. Secondly, retention time of the re- action zone in the capillary tube must be long enough for heat loss through the wall to extinct the reaction. By combining these two conditions, a characteristic number was derived. The simulated flame quenches if the value of this number falls short of a critical value. v
  • 7. Inhaltsverzeichnis Aufgabenstellung i Erklärung ii Kurzfassung iv Abstract v Inhaltsverzeichnis vi Nomenklatur viii Abbildungsverzeichnis xiv Tabellenverzeichnis xvii 1 Einleitung 1 2 Grundlagen 3 2.1 Modellbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.2 Turbulenzmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.1.3 Strahlungsmodellierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2.2 Chemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.1 Zeit- und Raumskalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2.2.2 Flammenregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.2.3 Laminare vorgemischte Verbrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.2.4 Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.2.5 Flammenrückschlag und Quenching . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.3 Numerik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.3.1 Rechengitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2.3.2 Diskretisierung der Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . 32 2.3.3 CFL-Zahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2.3.4 Chemielöser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 vi
  • 8. 3 Ergebnisse der Voruntersuchungen 39 3.1 Einflussfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.1.1 Strahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.1.2 Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3.1.3 Wärmeleitungseigenschaften der Wand . . . . . . . . . . . . . . . . 43 3.1.4 Reaktionsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.1.5 Numerische Parameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.2 Verhalten des Mechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 3.2.1 Laminare Flammengeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 3.2.2 Flammendicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 3.2.3 Reaktionsdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3.2.4 Zusammensetzung des verbrannten Gases . . . . . . . . . . . . . . 59 3.3 Konvergenzstudie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 3.4 Interaktion zwischen Druck und Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4 Ergebnisse der Flammenrückschlag-Simulationen und Diskussion 68 4.1 Numerisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4.1.1 Gittergenerierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4.1.2 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.1.3 Einstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 4.2 Flammenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4.2.1 Reaktions-Turbulenz-Interaktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.2.2 Geschwindigkeit der Flamme in der Zündkammer . . . . . . . . . . 80 4.2.3 Druckanstieg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 4.2.4 Diskussion der Unterschiede zwischen Simulation und Experiment 85 4.3 Strömung und Verbrennung in der Kapillare . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4.3.1 Form der Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.3.2 Rückströmgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 4.3.3 Geschwindigkeit der Flamme in der Kapillare . . . . . . . . . . . . 90 4.3.4 Quenching . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 5 Zusammenfassung und Ausblick 103 Literatur 105 vii
  • 9. Nomenklatur Lateinisch 𝑎 [m s2 ] Beschleunigung 𝐴 var1 Präexponentieller Faktor 𝑐 [-] Konzentration 𝑐 𝑠 [m s ] Schallgeschwindigkeit 𝑐 𝜇 [-] Modellkonstante 𝑐* [m s ] charakteristische Geschwindigkeit 𝐶 𝑝 [ J K] Wärmekapazität 𝐶 𝑉 [-] Modellparameter Wirbelviskosität 𝐶 [-] CFL-Zahl [𝐶] [-] Spezieskonzentration 𝑑 [m] charakteristische Länge 𝑑 𝑞 [m] Löschabstand 𝑑𝑡 [m] Löschdurchmesser 𝐷 [m2 s ] Diffusionskoeffizient 𝐷 [m] Kanaldurchmesser 𝐷 𝜔 [m2 s ] Querdiffusion 𝐷𝑎𝑡 [-] turbulente Damköhler-Zahl 𝐸 [J] Energie 𝐸 𝐴 [ J mol ] Aktivierungsenergie 𝑓 𝑘 var Volumetrische Kräfte auf Spezies k 𝑓 [m] Teilfläche an Rechengitter 𝑓 𝑑 var statistische Verteilungsfunktion 𝐹 [N] Kraft 𝐹1, 𝐹2 var Mischfunktion 𝐹 𝑑 var Abweichung von statistischer Gleichgewichtsverteilung 𝑔 var numerische Flussfunktion 1 var gibt an, dass die Einheit der Gleichung, in der die Größe verwendet wird, je nach Anwendungsfall variabel ist. viii
  • 10. 𝐺 𝑘 [ J kg·s ] Produktion kinetischer Energie 𝐺 𝜔 [ 1 s2 ] Produktion turbulenter Frequenz 𝐺𝑖 var Äußere Kräfte ℎ [ J kg ] spezifische Enthalpie Δℎ∘ 𝑓 [ J mol·kg ] Bildungsenthalpie 𝐻 [J] Enthalpie Δ𝐻 [J] Enthalpieänderung Δ𝐻∘ 𝑟 [ J mol ] Standardreaktionsenthalpie 𝑘 [ J kg ] kinetische Energie der Turbulenz 𝑘 𝑓 , 𝑘 𝑏 var Geschwindigkeitskonstante 𝐾 [-] Platzhaltervariable für Spezies 𝐾𝑎 [-] Karlovitz-Zahl 𝐾𝑛 [-] Knudsen-Zahl 𝑙𝑡 [m] globale Längenskala turbulenter Wirbel 𝑙 𝐹 [m] laminare Flammendicke 𝑙 𝑘 [m] Kolmogorov-Längenskala 𝐿 𝑇 [m] charakteristische Länge der Wirbelviskosität 𝐿 [m] Kanallänge 𝑚 [kg] Masse ˙𝑚′′ [ kg m2s ] Abbrandrate ¯𝑀 [ kg kmol ] mittlere molare Masse 𝑀 𝑎 [-] Machzahl 𝑀 𝑠 [lx] spezifische Ausstrahlung 𝑛 [-] Richtung 𝑁 [-] Anzahl 𝑝 [ N m2 ] Druck ¯𝑝 [ N m2 ] gemittelter Druck 𝑝′ [ N m2 ] turbulenter Druckanteil 𝑃 𝑒 [-] Péclet-Zahl 𝑄 [J] Wärmemenge ˙𝑄 [W] Wärmestrom 𝑄𝑢 [1 s ] Quenchzahl 𝑞 [W kg ] spezifische Wärme 𝑅 [ J kg·K] spezifische Gaskonstante ℜ [ J mol·K] universelle Gaskonstante ix
  • 11. 𝑅𝑒 [-] Reynolds-Zahl 𝑆ℎ [1 s ] Scherratentensor 𝑆 [ J K] Entropie 𝑆 𝐹 [m s ] Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme ¯𝑆 [m s ] gemittelte Flammengeschwindigkeit 𝑆 𝑘 [ J kg·s ] Quellterm kinetischer Energie 𝑆 𝜔 [ 1 s2 ] Quellterm turbulenter Frequenz 𝑆𝑙 [m s ] laminare Flammengeschwindigkeit 𝑡 [s] Zeit Δ𝑡 [s] Zeit 𝑇 [K] Temperatur 𝑢 [m s ] Geschwindigkeit ¯𝑢 [m s ] gemittelte Geschwindigkeit 𝑢′ [m s ] turbulenter Geschwindigkeitsanteil 𝑈 𝑇 [m s ] charakteristische Geschwindigkeit ¯𝑈Fluid [m s ] über alle Fluidteilchen gemittelte Geschwindigkeit in u-Richtung 𝑉 𝐷 [ mol m2s ] Diffusionsgeschwindigkeit 𝑉 [-] Verstärkungsfaktor ˙𝑊 [W] Leistung 𝑥 [m] Strecke Δ𝑥 [m] Zellgröße in x-Richtung 𝑋 [-] Stoffmengenverhältnis 𝑦 [m] Wandabstand 𝑦+ [-] Dimensionsloser Wandabstand Δ𝑦 [m] Zellgröße in y-Richtung 𝑌 [-] Massenanteil 𝑌 𝑘 [ J kg·s ] Dissipation kinetischer Energie 𝑌 𝜔 [ 1 s2 ] Dissipation turbulenter Frequenz 𝑍 𝑟𝑜𝑡 [-] Rotationsrelaxations-Kollisionszahl Griechisch 𝛼 [ 𝑚2 𝑠 ] Temperaturleitfähigkeit 𝛼 𝑃 [Å3] Polarisierbarkeit 𝛼 𝑀 [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell x
  • 12. 𝛼* [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell 𝛽 𝑀 [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell 𝛽 [rad] Winkel der Bunsenbrennerflamme 𝛽 𝑟 var Temperaturexponent 𝛽* [-] Behelfsvariable 𝑘-𝜔-Modell Γ var Effekt inerter Stoßpartner Γ 𝑘 var Diffusionsvariable kinetischer Energie Γ 𝜔 var Diffusionsvariable turbulenter Frequenz 𝛿 var Störfunktion 𝛿𝑖𝑗 [-] Kronecker-Delta 𝜖 [ s m2 ] Dissipationsrate 𝜖 𝐸 [-] Emissionsgrad 𝜖/𝑘 𝑏 [𝐾] Lennard-Jones-Potentialmulde 𝜁 [-] Unterrelaxationsfaktor 𝜂 [Pa·s] dynamische Viskosität 𝜂 𝑇 [Pa·s] Wirbelviskosität 𝜅 [-] Isentropenkoeffizient 𝜆 [ W m·K] Wärmeleitfähigkeit Λ [m s ] Laminare Flammengeschwindigkeit 𝜇 [D] Dipolmoment 𝜈 [m2 s ] kinematische Viskosität 𝜈𝑡 [m2 s ] kinematische Wirbelviskosität 𝜈′ [-] Stöchiometriefaktor Edukt 𝜈′′ [-] Stöchiometriefaktor Produkt 𝜌 [ 𝑘𝑔 𝑚3 ] Dichte 𝜎 [ W m2K4 ] Stefan-Boltzmann-Konstante 𝜎 𝐽 [Å] Lennard-Jones-Kollisionsdurchmesser 𝜎 𝑘 [-] turbulente Prandtl-Zahl für 𝑘 𝜎 𝜔 [-] turbulente Prandtl-Zahl für 𝜔 𝜏 [Pa] Schubspannung 𝜏′ 𝑖𝑗 [Pa] turbulenter Spannungsterm 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 [Pa] Reynoldsscher Spannungstensor 𝜏0 [s] makroskopische Zeitskala von Mischprozessen 𝜏 𝐹 [s] Zeitskala laminarer Flammen 𝜏 𝑘 [s] Kolmogorov-Zeitskala xi
  • 13. Φ [-] Äquivalenzverhältnis 𝜔 [1 s ] charakteristische turbulente Frequenz 𝜔 𝐾 [1 s ] Kollisionsfrequenz ˙𝜔 var chemischer Produktionsterm ^˙𝜔 var chemischer Produktionsterm für Einzelreaktion Indizes alt alter Wert atm atmosphärisch 0 Anfangsbedingungen 𝑏𝑤 rückwärts 𝑏 verbrannt 𝑐 kritisch ein Eintritt exp Expansion 𝑓 vorwärts 𝐹 Flamme 𝑖 Raumrichtung 𝑖 Index des Rechengitters in x-Richtung 𝑗 Raumrichtung 𝑗 Index des Rechengitters in y-Richtung 𝑘 Raumrichtung 𝑘 Laufvariable über Spezies 𝑘 kinetische Energie Kap Kapillare 𝑙 Laufvariable über Spezies 𝑙 laminar 𝑛 Zeitschritt 𝑟 Reaktion 𝑅 Gesamtzahl der Reaktionen 𝑅𝑆 Reynoldsspannung 𝑠 spezifisch stöch stöchiometrisch 𝑆 Gesamtzahl der Spezies 𝑡 turbulent 𝑇 Turbulenz 𝜔 turbulente Frequenz 𝑢 unverbrannt ZK1 Zündkammer 1 ZK2 Zündkammer 2 xii
  • 14. Abkürzungen BSL Baseline CFD Computational Fluid Dynamics CFL Courant-Friedrichs-Lewy CJ Chapman-Jouguet-Punkt DLR Deutsches Zentrum- für Luft- und Raumfahrt DNS Direkte Numerische Simulation DO Discrete Ordinates DTRM Discrete Transfer Radiation Model FDM Finite-Differenzen-Methode FEM Finite-Elemente-Methode FVM Finite-Volumen-Methode IRS Institut für Raumfahrtsysteme LBM Lattice-Boltzmann-Methode LES Large Eddy Simulation RANS Reynolds-averaged Navier-Stokes RNG Renormalisierungsgruppen ROF Ratio Oxidizer/Fuel RST Reynoldsscher Spannungstensor SST Shear-Stress Transport URF Under-Relaxation Factor (Unterrelaxationsfaktor) xiii
  • 15. Abbildungsverzeichnis 2.1 Turbulente Geschwindigkeitskomponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2 Laminar-turbulenter Übergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.3 DO-Modell im 2D-Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.4 Temperaturverlauf zur theoretischen Bestimmung der Flammendicke . . . 17 2.5 Borghi-Diagramm: Darstellung der Regime einer vorgemischten Flamme . 19 2.6 Rankine-Hugoniot-Beziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.7 Die Verläufe von Stoffgrößen und Spezies über die Zonen einer laminaren Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2.8 Ermittlung der laminaren Flammengeschwindigkeit über den Kegelwinkel einer Bunsenbrennerflamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 2.9 Syntax einer Mechanismus-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . . . 26 2.10 Syntax einer Thermodynamik-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . 26 2.11 Syntax einer Transport-Datei, Auszug aus [47] . . . . . . . . . . . . . . . 27 2.12 Strukturiertes Rechengitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.13 O-, C- und H-Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.14 Elemente eines unstrukturierten Gitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2.15 Anwendungsbereich der Diskretisierungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . 33 3.1 Randbedingungen der Simulationen, die für die Voruntersuchung durch- geführt wurden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 3.2 Vergleich der High-Speed-Aufnahmen an unterschiedlichen Zeitpunkten der Verbrennung zur Darstellung der Überstrahleffekte . . . . . . . . . . . 41 3.3 Einfluss der Wahl eines Strahlungsmodells auf den Druckanstieg . . . . . 42 3.4 Einfluss der Wahl eines Turbulenzmodells auf den Druckanstieg . . . . . . 43 3.5 Einfluss der Randbedingungen an der Wand auf den Druckanstieg . . . . 44 3.6 Temperatur-Wand-Interaktion bei isothermer und adiabater Wand . . . . 45 3.7 Verlauf der Temperatur zur Wand hin, Vergleich zwischen adiabater und isothermer Wand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 3.8 Der Zeitpunkt, an dem die Flamme die Wand erreicht. Ab diesem Zeit- punkt weichen die Simulationen mit isothermer und adiabater Wand von- einander ab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.9 Einfluss der Wahl des Reaktionsmechanismus auf den Druckanstieg . . . . 48 3.10 Validierung der Reaktionsmechanismen an der laminaren Flammenge- schwindigkeit (𝑇 = 473 K, 50% C2H4/N2O + 50% N2) [48] . . . . . . . . . 49 3.11 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit mit GRI3.0(optimized) über dem Äquivalenzverhältnis Φ bei verschiedenen Temperaturen, 𝑝 = 1 bar 53 xiv
  • 16. 3.12 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit mit GRI3.0(optimized) über dem Äquivalenzverhältnis Φ bei verschiedenen Drücken, 𝑇 = 300 K . 53 3.13 Modellierung der laminaren Flammengeschwindigkeit in Ansys Fluent durch einen Kanal mit 𝐿/ 𝐷 = 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.14 Einfluss der Gitterweite und des Zeitschritts in Form der CFL-Zahl auf die mit Ansys Fluent errechnete laminare Flammengeschwindigkeit . . . . 55 3.15 Temperaturverlauf über die Flamme nach einer Simulation von Cantera . 56 3.16 Flammendicke nach Gleichung (2.26) als Funktion des Drucks . . . . . . . 57 3.17 Flammendicke als Funktion des Drucks im Bereich 1 bar–20 bar . . . . . . 58 3.18 Temperaturverlauf über die Flamme nach einer Simulation von Ansys Fluent . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3.19 Verläufe der Spezieskonzentration über eine laminare Flammenfront (𝑇 = 284 K, 𝑝 = 1,001 bar) als Vergleich zwischen Ansys Fluent und Cantera . . 62 3.20 Gemittelte Flammengeschwindigkeit in Abhängigkeit der zeitlichen und räumlichen Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.21 Gemittelte Flammengeschwindigkeit in Abhängigkeit der CFL-Zahl für alle Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3.22 Interaktion zwischen Druckanstieg und über alle Fluidteilchen gemittelte Geschwindigkeit in x-Richtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 4.1 Nicht-maßstabsgetreue Darstellung der Rechengeometrie . . . . . . . . . . 68 4.2 Experimentelle Zündmessstrecke als Referenzgeometrie im Halbschnitt [6] 69 4.3 Verfeinerung des Gitters in Wandnähe in der Kapillare zwischen den Zündkammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 4.4 Temperaturverteilung im Rechengebiet zum Zeitpunkt 𝑡 = 1,36 ms für 𝑝0 = 0,675 bar und ROF= 9,41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit- schritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit- schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit- schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 4.5 Flammenausbreitung in Experiment und Simulation für verschiedene Zeit- schritte (fortgesetzt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 4.6 Regime der Flamme in der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.7 Endposition der detektierbaren laminaren Flamme in der experimentellen Zündkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4.8 Lokale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme im Experiment Z-2-108 . 81 4.9 Lokale Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme in der Simulation . . . . 81 4.10 Mittlere Flammengeschwindigkeit in der primären Zündkammer als Er- gebnis der Simulationen, abhängig vom Anfangsdruck und vom Mischungs- verhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 4.11 Abhängigkeit der lokalen Flammengeschwindigkeiten vom Anfangsdruck [7] 83 xv
  • 17. 4.12 Verlauf des gemittelten Drucks im Vergleich zwischen Simulation und Ex- periment (𝑝0 = 0,675 bar, ROF= 9,41) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.13 Druckausgleich zwischen den beiden Zündkammern bei 𝑡 = 1,2 ms und dem Anfangsdruck 𝑝0 = 1,02 bar. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4.14 Eintritt der Flamme in die Kapillare von 𝑡 = 1 ms bis 𝑡 = 1,2 ms. Zwischen den Schritten liegt jeweils ein zeitlicher Abstand von 0,02 ms. . . . . . . . 88 4.15 Gebiet der Rückströmung beim Einlass in die Kapillare kurz nach dem Eindringen der Flamme in zwei Experimenten [6] . . . . . . . . . . . . . . 89 4.16 Gebiet der Rückströmung beim Einlass in die Kapillare kurz nach dem Eindringen der Flamme in der Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 4.17 Lage der Reaktionszone und Expansion der verbrannten Gase in beide Richtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 4.18 Flammenausbreitungsgeschwindigkeit in der Kapillare als Resultat des Anfangsdrucks 𝑝0 und des Mischungsverhältnisses ROF . . . . . . . . . . 91 4.19 Verlauf des Absolutdrucks über die Länge der Kapillare nach Brennschluss in der Simulation (Kapillarenlänge: 71,4 mm, 𝑝0 = 0,675 bar, ROF= 9,41) 93 4.20 Péclet-Zahlen in der Kapillare für die simulierten Fälle unter Variation des Mischungsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.21 Schematischer Ablauf des Wärmeaustauschs in einer Kapillare bei leicht gestreckter Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 4.22 Reaktionswärme in der Kapillare bei 𝑝0 = 1,02 bar, 𝑙Kap = 61,75 mm . . . 96 4.23 Über die Kapillarwand abgeführter Wärmestrom an zwei verschiedenen Flammenpositionen innerhalb der Kapillare als Vergleich der Fälle 57001 und 55001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 4.24 Über die Kapillarwand abgeführter Wärmestrom an zwei verschiedenen Flammenpositionen innerhalb der Kapillare als Vergleich der Fälle 57001 und 77001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4.25 Geschwindigkeitsvektoren in der Kapillare bei der Simulation 𝑝0 = 1,02 bar, 𝑙Kap = 61,75 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4.26 Geschwindigkeitsprofile für die Vergleichsfälle 77001 und 57001 an der Stelle 𝑥 = 2 cm hinter dem Kapillareintritt zum Zeitpunkt des Eintritts der Flamme in die Kapillare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 xvi
  • 18. Tabellenverzeichnis 3.1 Mittlere Flammengeschwindigkeit der verschiedenen Mechanismen . . . . 48 3.2 Einfluss der numerischen Parameter auf die gemittelte Ausbreitungsge- schwindigkeit der Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 3.3 Studie zur Evaluation des Verhaltens der Simulation bei unterschiedlichen Zeitschritten und räumlicher Auflösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 3.4 Gewählte Einstellungen für Gitterweite und Zeitschritt der finalen Simu- lationsreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 4.1 Die wichtigsten Einstellungen für die endgültige Simulationsreihe . . . . . 72 4.2 Größenordnungen der für die Auswertung des Borghi-Diagramms nötigen Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 4.3 Schallgeschwindigkeiten des Gemischs bei 𝑇 = 300 K unter Variation des Drucks und des Mischungsverhältnisses [69] . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 4.4 Für das Durschschlagverhalten relevante Ergebnisse der Simulationsreihe . 102 xvii
  • 19. 1 Einleitung Hydrazin (N2H4) ist einer der am häufigsten verwendeten Treibstoffe bei Raketenober- stufen und Satellitentriebwerken im Schubbereich 0,5 N bis 400 N [1]. Der Treibstoff bringt alle Voraussetzungen mit, die für solche Anwendungsfälle notwendig sind: Er ist lagerfähig und wiederzündbar, Hydrazin-Antriebssysteme sind einfach und zuverlässig. Hydrazin wird bereits seit den 1960er-Jahren eingesetzt, weswegen ein großer Erfahrungs- schatz im Umgang mit dem Treibstoff und den zugehörigen Antriebssystemen existiert. Dabei kann Hydrazin sowohl als Monopropellant mit katalytischer Zersetzung, als auch in einem Bipropellant-System Anwendung finden [2]. Dagegen steht allerdings, dass Hydrazin toxisch ist. Deshalb ist es in der Handhabung aufwändig, Vorsichtsmaßnahmen bis zum Start des Trägers sind erforderlich. Wegen sei- ner Giftigkeit steht es seit 2011 auf der Liste der Substanzen, die im Zuge der REACh- Verordnung (Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals) als besonders besorgniserregend eingestuft wurden [3]. Es ist Aufgabe der Raumfahrtindus- trie und Raumfahrtforschung, alternative Treibstoffe zu finden, die weniger giftig sind, dabei aber trotzdem die Leistungsfähigkeit von Hydrazin besitzen. Mit dem Ziel, Hydrazin zu ersetzen, werden beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) neuartige Raketentreibstoffe untersucht, die weitestgehend unschäd- lich für Mensch und Umwelt sind. Solche Treibstoffe werden Green Propellants genannt. Einer der Kandidaten hierfür ist ein Treibstoffgemisch bestehend aus dem Oxidator Lachgas (N2O) und dem Brennstoff Ethen (C2H4). Als Ersatz für Hydrazin soll diese Treibstoffkombination vorgemischt in einem Tank gelagert werden. Die Treibstoffförde- rung kann aufgrund des hohen Dampfdrucks des Gemischs selbstbedrückt erfolgen [2]. Insgesamt wird dadurch der Vorteil der leichten Strukturmasse eines Einstoffsystems mit dem Vorteil der Leistungsfähigkeit eines Zweistoffsystems (Isp = 320 s [4]) verbunden. Die vorgemischte Lagerung birgt jedoch Risiken. Kommt es während des Betriebs im Triebwerk zu Druckspitzen in der Brennkammer, zum Beispiel beim Anfahren des Trieb- werks, oder nimmt die Durchströmgeschwindigkeit der Brennkammer ab, zum Beispiel beim Abschalten des Triebwerks, kann sich die Flamme aus der Brennkammer in die Zuleitung und bis in die Tanks hinein ausbreiten. Dieses Phänomen wird Flammenrück- schlag genannt und ist unbedingt zu vermeiden, da eine Verbrennung des Gemischs im Tank fatale Folgen, bis hin zur Zerstörung des Raumfahrzeugs, haben kann. Um einem Flammenrückschlag vorzubeugen, werden Flammensperren verwendet. Das vorgemischte Gas kann durch solche Flammensperren zwar aus dem Tank in die Brenn- kammer gelangen, Flammen können jedoch umgekehrt nicht in das treibstofffördernde System wandern. Als Flammensperren stehen beispielsweise poröse Materialien oder Ka- pillaren zur Verfügung. 1
  • 20. Ziel dieser Arbeit ist es, die Prozesse, die bei der Zündung, der isochoren Flammenaus- breitung und beim Flammenrückschlag ablaufen, besser zu verstehen. Betrachtet wird die Verbrennung eines vorgemischte Lachgas-/Ethen-Gemischs in einer Zündkammer. Dazu werden Vergleichsfälle aus vorhergehenden experimentellen Arbeiten ([5], [6], [7]) nachgebildet. Zur Simulation der Strömung in der Zündkammer wird das kommerzielle CFD-Programm Ansys Fluent verwendet, die Verbrennung wird über einen Reaktions- mechanismus des Instituts für Verbrennungstechnik, DLR Stuttgart, eingebunden. Die Eigenschaften der Verbrennung unter Verwendung des Mechanismus werden zunächst mit den experimentellen Vergleichsfällen abgeglichen. Dann wird das Zündungs- und Verbrennungsverhalten des Gemischs unter Variation der Zündrandbedingungen (Druck und Mischungsverhältnis) beleuchtet. Zuletzt wird die Geschwindigkeit der sich ausbrei- tenden Flamme und das Löschen der Flamme beim Durchwandern einer Flammensperre betrachtet. Als Flammensperre wird in dieser Arbeit eine Kapillare modelliert, deren Länge variiert wird. Durch die zusätzliche Variation des Zünddrucks und des Mischungs- verhältnisses werden Daten erhoben, mit denen der Vorgang des Flammenlöschens in der Kapillare beschrieben werden kann. Kapitel 2 behandelt die dazu nötigen wissenschaftlichen Grundlagen. Darunter fällt die physikalische Modellbildung in Abschnitt 2.1, die chemische Kinetik in Abschnitt 2.2 und die numerische Lösung der zugrundeliegenden Probleme in Abschnitt 2.3. In Kapitel 3 wird der Reaktionsmechanismus getestet und Voruntersuchungen durch- geführt. Es ergaben sich die Annahmen, die für die Hauptsimulationsreihe getroffen wurden und Einflussgrößen, die auf die Simulation wirken. In Kapitel 4 werden die Erkenntnisse, die aus der Hauptsimulationsreihe gewonnen wurden, dargelegt und diskutiert. Kapitel 5 fasst die Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf Aspekte, die zukünf- tig beleuchtet werden können. 2
  • 21. 2 Grundlagen 2.1 Modellbildung 2.1.1 Erhaltungsgleichungen Ist ein Strömungsfeld mathematisch zu beschreiben, so wird auf die sogenannten Navier- Stokes-Gleichungen zurückgegriffen. Diese bilden ein Gleichungssystem aus Erhaltungs- gleichungen, das zur Bestimmung der Strömungszustände gelöst werden muss. Zur Dar- stellung dieser Gleichungen steht sowohl eine differentielle als auch eine integrale Schreib- weise zur Verfügung. Während bei der differentiellen Form ein infinitesimal kleines Vo- lumen betrachtet wird, das vom Fluid durchflossen wird, wird bei der integralen Form ein Volumen endlicher Größe angesetzt [8, S. 9 f.]. Im Rahmen dieser Arbeit wird als mathematisches Verfahren zur Diskretisierung der Navier-Stokes-Gleichungen ein Finite- Volumen-Verfahren als Teil der Software Ansys Fluent verwendet. Dieses Verfahren greift auf die integrale Schreibweise zurück. Aufgrund der besseren Lesbarkeit der differentiel- len Form werden hier die Formulierungen nach [9, S. 26] und [10, S. 10 ff.] vorgestellt. Massenerhaltung Das Gesetz der Massenerhaltung beschreibt die Forderung, dass sich die Masse in einem betrachteten Gesamtsystem nicht ändern darf. Die Massenerhaltungsgleichung ist sowohl für nicht-reaktive als auch für reaktive Strömungen identisch, da bei einer Verbrennung keine Masse entsteht oder vergeht. Sie lässt sich folgendermaßen in Differentialform darstellen: 𝜕 𝜕𝑡 𝜌 ⏟ ⏞ Massendichte- änderung + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑢𝑖) ⏟ ⏞ Konvektion = 0 (2.1) Dabei gilt 𝜌 = Dichte 𝑥𝑖 = Raumrichtungen 𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeiten in Richtung 𝑥𝑖 𝑡 = Zeit Komponentenmassenerhaltung Eine Besonderheit bei reaktiven Strömungen stellt die Komponentenmassenerhaltung dar. Diese ist als Massenerhaltung für jede der im Fluid auftretenden Komponenten zu 3
  • 22. verstehen. Die Summe aller Komponentenmassengleichungen führt zur Massenerhaltung. Somit sind bei der Lösung des Gleichungssystems bei 𝑁 Komponenten 𝑁 − 1 Kompo- nentenmassengleichungen und die Massenerhaltung zu lösen. Eine andere Möglichkeit ist, auf die Lösung der Massenerhaltung zu verzichten, wobei dann das Lösen von allen 𝑁 Komponentenmassengleichungen erforderlich wird. 𝜕 𝜕𝑡 (𝜌𝑌 𝑘) ⏟ ⏞ Komponenten- massendichte- änderung + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑢𝑖 𝑌 𝑘) ⏟ ⏞ Konvektion + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑉 𝑘,𝑖 𝑌 𝑘) ⏟ ⏞ Diffusion − ˙𝜔 𝑘 ⏟ ⏞ chemische Produktion = 0 (2.2) Dabei gilt 𝜌 = Dichte 𝑡 = Zeit 𝑥𝑖 = Raumrichtungen 𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeit ˙𝜔 𝑘 = chemischer Produktionsterm der Spezies k 𝑉 𝑘,𝑖 = Diffusionsgeschwindigkeit 𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k Die Verwendung der hier beschriebenen Form der Komponentenmassenerhaltung setzt voraus, dass das Fick’sche Gesetz gilt: 𝑉 𝐷 = −𝐷 𝜕𝑐 𝜕𝑥 (2.3) mit 𝑉 𝐷 = Diffusionsgeschwindigkeit 𝐷 = Diffusionskoeffizient 𝑐 = Konzentration 𝑥 = Raumrichtung Das Fick’sche Gesetz trifft eine Aussage über das Diffusionsverhalten in einem aus zwei Komponenten bestehenden Stoffgemisch. Die Teilchendiffusion findet demnach in Richtung sinkender Konzentration statt und gleicht den Konzentrationsunterschied bis zur vollständigen Durchmischung aus. Das Fick’sche Gesetz gilt strenggenommen „nur für binäre Gasgemische ohne Druck- und Temperaturgradienten“ [11, S. 21]. Dennoch wird in den meisten Reaktionstheorien die Gültigkeit des Gesetzes angenommen um die Komplexität des Problems vertretbar zu halten [9, S. 15]. Bei genauer Betrachtung von Flammen mit detaillierter Kinetik wird die Gültigkeit des Fick’schen Gesetzes nicht vorausgesetzt. In diesem Fall kann die Komponentenmassenerhaltung approximiert wer- den. Dazu wird häufig die Hirschfelder-Curtiss-Approximation angewendet, welche in [12] vorgestellt wird. 4
  • 23. Impulserhaltung Die Impulserhaltung besagt, dass der Impuls innerhalb des betrachteten Kontrollvo- lumens konstant ist. Sie basiert auf dem zweiten Newtonschen Gesetz ⃗𝐹 = 𝑚 · ⃗𝑎 [8, S. 12]. Bei der Impulserhaltungsgleichung ist kein Unterschied zwischen reaktiver und nicht-reaktiver Strömung zu erkennen, da eine chemische Reaktion keine Impulsänderung hervorruft. 𝜕 𝜕𝑡 (𝜌𝑢 𝑗) ⏟ ⏞ Impulsdichte- änderung + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑢𝑖 𝑢 𝑗) ⏟ ⏞ Konvektion + 𝜕 𝜕𝑥 𝑗 (𝑝) ⏟ ⏞ Druckkräfte − 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜏𝑖𝑗) ⏟ ⏞ Reibung − 𝜌 𝑁∑︁ 𝑘=1 𝑌 𝑘 𝑓 𝑘,𝑗 ⏟ ⏞ Äußere Kräfte = 0 (2.4) Dabei gilt 𝜌 = Dichte 𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen 𝑢𝑖, 𝑢 𝑗 = Strömungsgeschwindigkeit in entsprechende Richtung 𝑡 = Zeit 𝑝 = Druck 𝜏𝑖𝑗 = Schubspannung; auch Turbulenz, siehe dazu Gleichung 2.9 𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k 𝑁 = Anzahl der Spezies 𝑓 𝑘,𝑗 = Volumetrische Kräfte auf Spezies k Energieerhaltung Die Energieerhaltungsgleichung ist die Grundlage des 1. Hauptsatzes der Thermodyna- mik. Dieser besagt, dass die Änderung der Energie in einem Kontrollvolumen 𝑑𝐸 𝑑𝑡 gleich der Leistung ˙𝑊 am Kontrollvolumen plus dem Wärmestrom ˙𝑄 über die Grenzen des Kontrollvolumens hinaus sein muss [8, S. 16 f.]: 𝑑𝐸 𝑑𝑡 − ˙𝑊 − ˙𝑄 = 0 (2.5) Eine chemische Reaktion kann Energie freisetzen (exotherme Reaktion) oder verzehren (endotherme Reaktion). Deshalb muss die Energieerhaltungsgleichung für reaktive Strö- mungen um Komponenten erweitert werden, die in nicht-reaktiven Strömungen keine Anwendung finden. Es existieren verschiedene Darstellungsmöglichkeiten der Energieer- haltungsgleichung. Hier sei beispielhaft eine Form aufgeführt, die sowohl spürbare als 5
  • 24. auch latente, das heißt in Phasenübergängen gebundene [13, S. 73], Wärme berücksich- tigt: 𝜕 𝜕𝑡 (𝜌𝐸) ⏟ ⏞ Gesamtenergie- änderung + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑢𝑖 𝐸) ⏟ ⏞ Konvektion + 𝑁∑︁ 𝑘=1 Δℎ0 𝑓,𝑘 ˙𝜔 𝑘 ⏟ ⏞ Wärmefreisetzung durch Verbrennung − 𝜕𝜆𝜕𝑇 𝜕𝑥2 𝑖 ⏟ ⏞ Wärmeleitung + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌 𝑁∑︁ 𝑘=1 ℎ 𝑘 𝑌 𝑘 𝑉 𝑘,𝑖) ⏟ ⏞ Speziesdiffusion − 𝜕 𝜕𝑥 𝑗 (𝑢𝑖 𝜏𝑖,𝑗) ⏟ ⏞ Reibung + 𝜕 𝜕𝑥 𝑗 (𝛿𝑖𝑗 𝑝𝑢𝑖) ⏟ ⏞ Druckkräfte − ˙𝑄 ⏟ ⏞ Wärmezufuhr + 𝜌 𝑁∑︁ 𝑘=1 𝑌 𝑘 𝑓 𝑘,𝑖(𝑢𝑖 + 𝑉 𝑘,𝑖) ⏟ ⏞ Äußere Kräfte = 0 (2.6) Dabei gilt 𝜌 = Dichte 𝐸 = spezifische Gesamtenergie 𝑡 = Zeit 𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen 𝑢𝑖 = Strömungsgeschwindigkeit Δℎ0 𝑓,𝑘 = Bildungsenthalpie der Spezies k ˙𝜔 𝑘 = chemischer Produktionsterm der Spezies k 𝜆 = Wärmeleitfähigkeit 𝑇 = Temperatur 𝑝 = Druck ℎ 𝑘 = spezifische Enthalpie der Spezies k 𝑉 𝑘,𝑖 = Diffusionsgeschwindigkeit 𝜏𝑖𝑗 = Schubspannung 𝑌 𝑘 = Massenanteil der Spezies k 𝑁 = Anzahl der Spezies ˙𝑄 = Wärmequelle/-senke 𝑓 𝑘,𝑖 = Volumetrische Kräfte auf Spezies k 𝛿𝑖𝑗 = Kronecker-Delta (𝛿 = 1 für 𝑖 = 𝑗 und 𝛿 = 0 für 𝑖 ̸= 𝑗) 2.1.2 Turbulenzmodellierung Bei der Charakterisierung einer reibungsbehafteten Strömung lässt sich zwischen lami- narer Strömung und turbulenter Strömung unterscheiden. Laminare Strömungen zeich- nen sich dadurch aus, dass es zu keinen nennenswerten momentanen Fluktuationen der Geschwindigkeit und daraus folgenden Mischvorgängen kommt. Es gibt keine Querkom- ponenten im Strömungsfeld, die diese hervorrufen könnten. Turbulente Strömungen auf der anderen Seite haben unterschiedlich stark ausgeprägte Querkomponenten. Es kommt zu Durchmischung der Schichten in der Strömung. Alle Geschwindigkeitskomponenten schwanken um einen zeitlichen Mittelwert. Der typische zeitliche Verlauf der turbulenten Strömungsgeschwindigkeit in eine Raumrichtung ist in Abb. 2.1 zu sehen. Die Anteile des 6
  • 25. kontinuierlichen Frequenzspektrums der Geschwindigkeitsschwankungen sind mit der ki- netischen Energie des Systems gekoppelt. Die kinetische Energie hängt quadratisch von der mittleren Geschwindigkeitsfluktuation ab, wie sich in Gleichung (2.12) zeigen wird. Dabei entspricht eine hohe lokale kinetische Energie niedrigeren Frequenzen und umge- kehrt. Somit ergibt sich ein für die turbulente Strömung charakteristisches Energie- und Frequenzspektrum [14, S. 4 f.]. 3.3 Turbulenz 33 Zeit Geschwindigkeit Momentangeschwindigkeit zeitgemittelte Geschwindigkeit Bild 3.4: Hitzdrahtsignal einer Geschwindigkeitsmessung an einem festen Ort in einer turbulenten Str¨omung im nicht-isothermen Fall auch Temperaturen. Bild 3.4 zeigt den typischen Zeit-Verlauf der Geschwindigkeit in einer im Mittel station¨aren Str¨omung (aufgenommen mit einem sog. Hitzdraht, der die lokale Geschwindigkeit ¨uber die str¨omungsbedingte Abk¨uhlung eines elektrisch beheizten Drahtes misst). Nach einer Zeitmittelung ergibt sich ein definitionsgem¨aß zeitunabh¨angiger Mittelwert und eine Schwankungsgr¨oße als Differenz zum wahren Momentan- wert. Steht a∗ f¨ur alle turbulent schwankenden Gr¨oßen, so spaltet man diese deshalb wie folgt auf: a∗ (x∗ , y∗ , z∗ , t∗ ) = a∗(x∗ , y∗ , z∗ ) + a∗ (x∗ , y∗ , z∗ , t∗ ) (3.2) mit a∗ = 1 Δt∗ t∗ 1 +Δt∗ t∗ 1 a∗ dt∗ (3.3) Die schwankende Gr¨oße wird also ¨uber eine Zeitspanne Δt∗ gemittelt. Diese wird so groß wie n¨otig aber so klein wie m¨oglich gew¨ahlt. Sie muss min- destens so groß sein, dass der Zahlenwert a∗ unabh¨angig von Δt∗ ist, sollte aber klein genug sein, damit ggf. zeitliche ¨Anderungen von a∗, die ” langsam“ erfolgen, noch erfasst werden k¨onnen. In solchen F¨allen spricht man dann von einer im zeitlichen Mittel instation¨aren Str¨omung und kann dies so in- terpretieren, dass die Zeit ein Parameter bzgl. der Gr¨oße a∗ ist und deshalb auch in diesen F¨allen nicht in der Auflistung der unabh¨angigen Variablen auftaucht. Typische Werte von Δt∗ liegen im Bereich von einigen Sekunden, k¨onnen in Sonderf¨allen aber auch erheblich gr¨oßer sein. Schwankungsgr¨oßen a∗ erreichen h¨aufig Werte von etwa 10 % der gemittelten Gr¨oße a∗. Ein Blick auf Bild 3.4 legt die Frage nahe: Was schwankt eigentlich in der Str¨omung ? Sind es einzelne Molek¨ule oder sind es mehrere Molek¨ule ” im Verbund“, die gemeinsam diese Schwankungsbewegung vollziehen ? Dass Bild Bild 2.1: Zeitliche Schwankung einer turbulenten Geschwindigkeitskomponente [15] Es existiert eine dimensionslose Kennzahl, die es erlaubt, Aussagen über das Turbu- lenzverhalten von Strömungsfällen zu machen. Diese heißt Reynolds-Zahl und ist definiert als 𝑅𝑒 = 𝜌 · 𝑢 · 𝑑 𝜂 = Trägheitskräfte Zähigkeitskräfte . (2.7) Dabei ist 𝜌 = Dichte 𝑢 = Strömungsgeschwindigkeit 𝑑 = charakteristische Länge des Strömungsfalls 𝜂 = dynamische Viskosität Bei der charakteristischen Länge 𝑑 handelt es sich um eine je nach Anwendungsfall festgelegte Größe. Bei einer Rohrströmung kann diese zum Beispiel dem Rohrdurch- messer entsprechen, bei der Tragflügelumströmung der Lauflänge über dem Flügel. Ist die Reynolds-Zahl bei ähnlichen Körpern gleich, so ist auch das Turbulenzverhalten gleich. Dieser Zusammenhang wird für maßstäbliche Windkanalversuche genutzt. We- gen der Bedeutung der Turbulenz für Strömungsvorgänge gehört die Reynolds-Zahl zu den wichtigsten Ähnlichkeitskennzahlen der Strömungsmechanik. Bewegt sich die Reynolds-Zahl unterhalb eines bestimmten Grenzwerts, bleibt die Strömung laminar. Oberhalb des Grenzwerts kann sie umschlagen und turbulent werden. Dieser Vorgang ist in Abb. 2.2 abgebildet. Eine laminare Strömung erfährt hier bei der Durchströmung eines groben Gitters eine Störung, die anwächst und zum Übergang in Turbulenz führt. 7
  • 26. Bild 2.2: Laminar-turbulenter Übergang nach Durchgang durch ein Gitter [16] Die in Abschnitt 2.1.1 vorgestellten Navier-Stokes-Gleichungen sind in der Lage, auch hochfrequente Schwankungsgeschwindigkeiten numerisch abzudecken. Dafür muss jedoch die zeitliche und räumliche Auflösung so fein gewählt werden, dass die kleinsten Wirbel- strukturen (kurz vor der Dissipation der Wirbel) mit kürzester Lebensdauer aufgelöst werden können.1 Dieses Verfahren heißt Direkte Numerische Simulation (DNS). Der Nachteil dieses Verfahrens ist, dass es sehr aufwändig2 und somit nur für wenige Fälle nutzbar ist. Deshalb wurden Modellansätze entwickelt, die das Turbulenzverhalten mit niedrigerer Rechenleistung näherungsweise abbilden. Einer dieser Ansätze heißt Large Eddy Simulation (LES) oder auf Deutsch Großwirbel- simulation. Hier werden gröbere Wirbel räumlich und zeitlich direkt aufgelöst, während feinere Strukturen mit einem Feinstrukturmodell angenähert werden. Dies spart Re- chenleistung im Vergleich zur DNS, obwohl sich die zeitliche und räumliche Auflösung der Simulation noch immer an den Größenskalen der Wirbel orientieren muss. Für eine umfassende Übersicht über verschiedene LES-Modelle sei auf [18] verwiesen. Der in praktischer Anwendung weitaus häufiger verwendete Ansatz heißt Reynolds- averaged Navier-Stokes (RANS), Reynolds-gemittelte Navier-Stokes-Gleichungen. Auch im Zuge dieser Arbeit wird auf RANS-Modelle zurückgegriffen. Sie basieren darauf, dass sich die Strömung in einen niederfrequenten zeitlich gemittelten Anteil und einen höherfrequenten turbulenten Anteil aufteilen lässt. Die Strömungsgrößen der Navier- Stokes-Gleichungen (s. Abschnitt 2.1.1) nehmen dann folgende Formen an: 𝑝 = ¯𝑝 + 𝑝′ 𝑢𝑖 = ¯𝑢𝑖 + 𝑢′ 𝑖 (2.8) Die mit ¯ gekennzeichneten Größen symbolisieren den niederfrequenten zeitlich gemittel- ten Anteil; die mit ′ gekennzeichneten Größen geben den hochfrequenten Schwankungs- anteil wieder. In der Impulserhaltung verbleibt nach Umstellung dann (im inkompressi- 1 Die zugrundeliegende zeitliche und räumliche Auflösung muss in der Größenordnung der Kolmogorov- Zeitskala nach Gleichung (2.31) und der Kolmogorov-Längenskala nach Gleichung (2.28) liegen. 2 Das DNS-Verfahren skaliert mit der Reynolds-Zahl in dritter Potenz [17]. 8
  • 27. blen Fall) ein neuer Zusatzterm [8, S. 32]. Dieser spielt als zusätzliche Komponente in den Summanden hinein, der in Gleichung 2.4 als „Reibung“ bezeichnet wird. Er lässt sich mithilfe des Reynoldsschen Spannungstensors (RST) 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 ausdrücken [19]: 𝜏′ 𝑖𝑗 = −𝜌 𝑢′ 𝑖 𝑢′ 𝑗 = −𝜌 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 = −𝜌 ⎛ ⎜ ⎝ 𝑢′ 1 𝑢′ 1 𝑢′ 1 𝑢′ 2 𝑢′ 1 𝑢′ 3 𝑢′ 2 𝑢′ 1 𝑢′ 2 𝑢′ 2 𝑢′ 2 𝑢′ 3 𝑢′ 3 𝑢′ 1 𝑢′ 3 𝑢′ 2 𝑢′ 3 𝑢′ 3 ⎞ ⎟ ⎠ ⏟ ⏞ Reynoldsscher Spannungstensor (2.9) Mit den neun Komponenten des RST existieren nun (aus Symmetriegründen) sechs neue Unbekannte, für die Lösungsgleichungen gefunden werden müssen. In der ersten Unterka- tegorie unter den RANS-Modellen ist es das Ziel, den RST direkt zu modellieren. Dabei werden für jeden der Einträge eigene Terme ermittelt, die je nach Modell unterschiedlich geartet sind [15, S. 113 ff.]. Diese Modelle nennen sich Reynolds-Spannungs-Modelle und sollen hier nicht weiter vertieft werden. Die andere Unterkategorie unter den RANS bilden die Wirbelviskositätsmodelle. Sie approximieren den Reynoldsschen Spannungstensor als skalare Größe. Dies setzt voraus, dass die Turbulenz in alle drei Raumrichtungen ähnlich geartet, also isotrop ist. Tur- bulenz wird deshalb räumlich nicht mehr aufgelöst. Der Reynoldssche Spannungstensor kann nun folgendermaßen beschrieben werden: 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 = 𝜂 𝑇 (︃ 𝜕¯𝑢𝑖 𝜕𝑥 𝑗 + 𝜕¯𝑢 𝑗 𝜕𝑥𝑖 )︃ (2.10) mit 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 = Reynoldsscher Spannungstensor 𝜂 𝑇 = Wirbelviskosität ¯𝑢𝑖, ¯𝑢 𝑗 = zeitlich gemittelte Strömungsgeschwindigkeiten 𝑥𝑖, 𝑥 𝑗 = Raumrichtungen Dieser Ansatz geht auf Boussinesq zurück und ist orientiert am Stokesschen Reibungs- gesetz. 𝜂 𝑇 ist hier eine Strömungsgröße, die „ein ‚integraler‘Ausdruck der Turbulenzwir- kung an der betrachteten Stelle im Strömungsfeld“ [15, S. 105] ist. Der Ansatz gilt allerdings nur für Strömungen, bei denen der Geschwindigkeitsgradient direkt mit der turbulenten Schubspannung gekoppelt ist. Da dies im Allgemeinen nicht gegeben ist, wird Gleichung 2.10 häufig erweitert und auf folgende Form gebracht: 𝜏 𝑅𝑆 𝑖𝑗 = 𝜂 𝑇 (︃ 𝜕¯𝑢𝑖 𝜕𝑥 𝑗 + 𝜕¯𝑢 𝑗 𝜕𝑥𝑖 − 2 3 𝛿𝑖𝑗 𝜕¯𝑢 𝑘 𝑥 𝑘 )︃ − 2 3 𝛿𝑖𝑗 𝜌𝑘 (2.11) mit den im Vergleich zu Gleichung 2.10 zusätzlichen Variablen 𝜌 = Dichte 𝑘 = kinetische Energie der Schwankungsbewegung 𝛿𝑖𝑗 = Kronecker-Delta ¯𝑢 𝑘 = zeitlich gemittelte Strömungsgeschwindigkeit 𝑥 𝑘 = Raumrichtung 9
  • 28. Die neu eingeführte kinetische Energie ergibt sich aus der gemittelten turbulenten Schwankungsgeschwindigkeit: 𝑘 = 1 2 𝑢′2 𝑖 (2.12) Auf diesen grundsätzlichen Formeln lassen sich die verschiedenen Wirbelviskositätsmo- delle aufbauen. All jene Modelle haben jedoch gemein, dass sie mehrere Effekte nicht abzubilden vermögen (nach [20, S. 3]): • Anisotropie, das heißt Richtungsabhängigkeit des RST • Stromlinienkrümmungseffekte (Turbulenzstrukturen im Ungleichgewicht [21, S. 26]) • Sekundärströmung (Querströmung) oder Drallströmung Zur Bestimmung der Wirbelviskosität steht eine Vielzahl unterschiedlich komplexer Mo- delle zur Verfügung, die nach Anzahl und Art der notwendigen Gleichungen klassifiziert werden. Die Nullgleichungsmodelle verwenden keine Differentialgleichung zur Bestim- mung der Wirbelviskosität, sondern einen algebraischen Ausdruck. Sie sind nicht in der Lage, Wirbeltransport zu modellieren, das heißt Wirbel dissipieren an der Stelle, an der sie entstehen. Der bekannteste Vertreter hierfür ist das Baldwin-Lomax-Modell. Eingleichungsmodelle wie das Spalart-Allmaras-Modell verwenden eine Differentialglei- chung, um den Transport der Wirbelviskosität zu ermitteln. Sie sind generell für breitere Anwendungsbereiche verwendbar. Als industrieller Standard haben sich inzwischen die Zweigleichungsmodelle bewährt, die zwei Differentialgleichungen verwenden. Sie berech- nen die Wirbelviskosität aus folgender Hilfsgleichung: 𝜂 𝑇 = 𝐶 𝑉 · 𝑈 𝑇 · 𝐿 𝑇 (2.13) mit 𝜂 𝑇 = Wirbelviskosität 𝐶 𝑉 = Modellparameter 𝑈 𝑇 = Charakteristische Geschwindigkeit 𝐿 𝑇 = Charakteristische Länge Dabei ergibt sich die gesamte rechte Seite aus den Annahmen und Gleichungen des jeweiligen Modells. Die drei am häufigsten verwendeten Zweigleichungsmodelle sollen nun mit besonderem Augenmerk auf das im Zuge dieser Arbeit verwendete SST-Modell vorgestellt werden. Das 𝑘-𝜖-Modell Das 𝑘-𝜖-Modell von Launder und Spalding [22] nutzt zur Lösung der Gleichung (2.13) die turbulente kinetische Energie 𝑘 und 𝜖, die Dissipationsrate von 𝑘. Daraus ergibt sich dann 𝜂 𝑇 = 𝜌 𝑐 𝜇 · 𝑘2 𝜖 (2.14) wobei 𝑐 𝜇 = 0.09 eine Modellkonstante ist. Das 𝑘-𝜖-Modell basiert auf der Annahme, dass die Strömung vollständig turbulent ist und die Effekte der molekularen Viskosität 10
  • 29. vernachlässigbar sind [23, Kap. 4.3.1.1]. Eine Herleitung der Transportgleichungen für 𝑘 und 𝜖 ist zum Beispiel in [24, S. 176 ff.] zu finden. Das 𝑘-𝜖-Modell ist besonders geeignet für die Modellierung der Kernströmung in eini- ger Entfernung zur Wand. Es ist jedoch nicht in der Lage, die Strömung in Wandnähe in hinreichender Genauigkeit aufzulösen. Dieses Modell prognostiziert den Beginn der Ablösung zu spät und die Größe der Ablöseblase zu klein [8, S. 34]. Neben dem Standard-Modell von Launder und Spalding existieren weitere Abwand- lungen des 𝑘-𝜖-Modells: Das (Renormalisierungsgruppen-)RNG-𝑘-𝜖-Modell [25] greift auf statistische Methoden zurück, um eine modifizierte Gleichung für 𝜖 zu finden. Bei kom- plexen Strömungen ist das RNG-𝑘-𝜖-Modell dem Standard-𝑘-𝜖-Modell überlegen [19, S. 144]. Das Realizable-𝑘-𝜖-Modell [26] liefert für bestimmte Strömungsfälle, wie etwa Staupunktströmungen, realistischere Ergebnisse, indem Modellparameter des Standard- 𝑘-𝜖-Modells durch Funktionen präzisiert werden. Das 𝑘-𝜔-Modell Das 𝑘-𝜔-Modell [27] nutzt neben der turbulenten kinetischen Energie 𝑘 die charakteris- tische turbulente Frequenz 𝜔 zur Lösung der Gleichung 2.13. Diese ergibt sich dann mit 𝜔 = 𝜖 𝑘 zu 𝜂 𝑇 = 𝜌 𝑘 𝜔 (2.15) Es werden also Transportgleichungen für 𝑘 und 𝜔 gelöst. Die Vorteile dieses Modells liegen im Bereich der wandnahen Strömung. Das Modell wird nach wie vor stetig op- timiert, indem Produktionsterme in die Transportgleichungen eingeführt werden3. Dies entkräftet zunehmend die ursprüngliche Schwäche des Modells, die in der Abbildung der freien Scherströmungen lag. Eine signifikante Veränderung des 𝑘-𝜔-Modells wurde von Menter durchgeführt [28]. In seinem sogenannten (Baseline-)BSL-𝑘-𝜔-Modell wird das Standard-𝑘-𝜔-Modell mit einer transformierten Form des 𝑘-𝜔-Modells vermischt, sodass nahe der Wand das 𝑘- 𝜔-Modell greift und in der freien Scherströmung das 𝑘-𝜖-Modell. Zusätzlich sind die Modellkonstanten leicht verändert. Das SST-Modell Ebenfalls von Menter [28] stammt das Shear-Stress Transport-Modell (SST-𝑘-𝜔-Modell). Es basiert auf den Verfeinerungen, die im BSL-𝑘-𝜔-Modell angenommen werden und kann somit als Unterart des 𝑘-𝜔-Modells gesehen werden. Es berücksichtigt aber zu- sätzlich noch den Transport der turbulenten Scherströmung bei der Definition der tur- bulenten Viskosität [23, Kap. 4.4.3.1]. Damit ist das Modell für einen breiteren An- wendungsrahmen geeignet, als das bisherige 𝑘-𝜔-Modell. Darunter fallen zum Beispiel 3 Die Implementierung in die im Rahmen der vorliegenden Arbeit verwendeten Software Ansys Flu- ent enthält bereits Modifikationen. Diese decken Effekte niedriger Reynolds-Zahlen ab, ebenso wie Kompressibilitätseffekte und Scherströmungsausbreitung[23, Kap. 4.4.1.1]. 11
  • 30. Rückströmgebiete, Tragflügelströmungen und Verdichtungsstöße. Unter allen Wirbelvis- kositätsmodellen gehört dieses Modell zu den am häufigsten verwendeten. Deshalb wird es hier genauer beleuchtet. Bei den nun folgenden Gleichungen wird zur besseren Über- sicht ein Farbsystem verwendet. Konstanten, die für das Modell empirisch bestimmt wurden und Variablen, die im Rahmen des Modells durch eigene, hier nicht aufgeführte Terme zu berechnen sind, werden farblich gesondert gekennzeichnet. Ausgangspunkt für die Überlegungen sind die Transportgleichungen für 𝑘 und 𝜔: 𝜕 𝜕𝑡 (𝜌𝑘) ⏟ ⏞ zeitliche Änderung 𝑘 + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝑘𝑢𝑖) ⏟ ⏞ Konvektion = 𝐺 𝑘 ⏟ ⏞ Produktion + 𝜕 𝜕𝑥 𝑗 (︃ Γ 𝑘 𝜕𝑘 𝜕𝑥 𝑗 )︃ ⏟ ⏞ Diffusion − 𝑌 𝑘 ⏟ ⏞ Dissipation + 𝑆 𝑘 ⏟ ⏞ Quellterm (2.16) 𝜕 𝜕𝑡 (𝜌𝜔) ⏟ ⏞ zeitliche Änderung 𝜔 + 𝜕 𝜕𝑥𝑖 (𝜌𝜔𝑢𝑖) ⏟ ⏞ Konvektion = 𝐺 𝜔 ⏟ ⏞ Produktion + 𝜕 𝜕𝑥 𝑗 (︃ Γ 𝜔 𝜕𝜔 𝜕𝑥 𝑗 )︃ ⏟ ⏞ Diffusion + 𝐷 𝜔 ⏟ ⏞ Quer- diffusion − 𝑌 𝜔 ⏟ ⏞ Dissi- pation + 𝑆 𝜔 ⏟ ⏞ Quell- term (2.17) Zur Berechnung der Produktionsterme 𝐺 𝑘 und 𝐺 𝜔 stehen folgende Gleichungen zur Verfügung: 𝐺 𝑘 = −𝜌𝑢′ 𝑖 𝑢′ 𝑗 𝜕𝑢 𝑗 𝜕𝑥𝑖 (2.18) und 𝐺 𝜔 = 𝛼 𝑀 𝛼* 𝜈𝑡 𝐺 𝑘 = − 𝛼 𝑀 𝛼* 𝜈𝑡 𝜌𝑢′ 𝑖 𝑢′ 𝑗 𝜕𝑢 𝑗 𝜕𝑥𝑖 (2.19) Im Diffusionsterm finden sich die Variablen Γ 𝑘 und Γ 𝜔, die sich mit folgenden Ausdrücken bestimmen lassen: Γ 𝑘 = 𝜂 + 𝜂𝑡 · 1 𝜎 𝑘 = 𝜂 + 𝜌𝑘 𝜔 1 max [︁ 1 𝛼* , 𝑆ℎ 𝐹2 𝛼1 𝜔 ]︁ · (︃ 𝐹1 𝜎 𝑘,1 + 1 − 𝐹1 𝜎 𝑘,2 )︃ (2.20) Γ 𝜔 = 𝜂 + 𝜂𝑡 · 1 𝜎 𝜔 = 𝜂 + 𝜌𝑘 𝜔 1 max [︁ 1 𝛼* , 𝑆ℎ 𝐹2 𝛼1 𝜔 ]︁ · (︃ 𝐹1 𝜎 𝜔,1 + 1 − 𝐹1 𝜎 𝜔,2 )︃ (2.21) Die Querdiffusion 𝐷 𝜔 aus der Transportgleichung für 𝜔 ergibt sich folgendermaßen: 𝐷 𝜔 = 2 (1 − 𝐹1) 𝜌 1 𝜔𝜎 𝜔,2 𝜕𝑘 𝜕𝑥 𝑗 𝜕𝜔 𝜕𝑥 𝑗 (2.22) Die Dissipationsterme 𝑌 𝑘 und 𝑌 𝜔 berechnen sich wie folgt: 𝑌 𝑘 = 𝜌𝛽* 𝑘𝜔 (2.23) und 𝑌 𝜔 = 𝜌𝛽 𝑀 𝜔2 (2.24) 12
  • 31. In den Gleichungen treten folgende speziellere Variablen auf: 𝜂 = dynamische Viskosität 𝜂𝑡 = turbulente Wirbelviskosität 𝜈𝑡 = kinematische Wirbelviskosität 𝜎 𝑘 = turbulente Prandtl-Zahl für k 𝜎 𝜔 = turbulente Prandtl-Zahl für 𝜔 𝛼 𝑀 = Behelfsvariable, 𝛼 𝑀 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝐹1, const) 𝛼* = Dämpfungsvariable für niedrige Reynolds-Zahlen, 𝛼* = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝐹1, const) 𝛽 𝑀 = Behelfsvariable, 𝛽 𝑀 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔𝜇, 𝜅, 𝑅, 𝑇, const) 𝛽* = Behelfsvariable, 𝛽* = 𝑓 (𝐹1, const) 𝑆ℎ = Scherratentensor, 𝑆ℎ = 𝑓 (︁ 𝜕𝑢 𝑖 𝜕𝑥 𝑗 , 𝜕𝑢 𝑗 𝜕𝑥 𝑖 )︁ 𝐹1 = Mischfunktion, 𝐹1 = 𝑓 (︁ 𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝑦, 𝜕𝑘 𝜕𝑥 𝑗 , 𝜕𝜔 𝜕𝑥 𝑗 , const )︁ 𝐹2 = Mischfunktion, 𝐹2 = 𝑓 (𝜌, 𝑘, 𝜔, 𝜇, 𝑦) 𝑦 = Abstand zur Wand In dem Strömungsfall, der im Zuge dieser Arbeit simuliert wird, handelt es sich um die Ausbreitung einer laminaren Flamme. Dennoch finden sich im Rechengebiet Berei- che, in denen die Strömung turbulent ist. Aufgrund der Ausführungen im vergangenen Abschnitt 2.1.2 wird das SST-Modell gewählt, um diese turbulenten Bereiche abzubilden. 2.1.3 Strahlungsmodellierung Alle Körper geben Energie in Form von Strahlung ab. Dabei hängen sowohl die Intensität der abgegebenen Strahlung als auch deren Wellenlängenbereich von der Temperatur des Strahlers ab. Diese Zusammenhänge werden durch mehrere Gleichungen repräsentiert [29]. Laut dem Wien’schen Verschiebungsgesetz gibt es eine spezifische Wellenlänge, bei der die spektrale Abstrahlung ein Maximum findet. Diese Wellenlänge hängt ausschließlich von der Temperatur des strahlenden Körpers ab. Mithilfe des Planck’schen Strahlungsgesetzes lässt sich die spektrale Abstrahlung eines Körpers abhängig von dessen Temperatur und dem zu evaluierenden Wellenlängenbe- reich ermitteln. Das Stefan-Boltzmann-Gesetz setzt die gesamte Strahlungsleistung (also über alle Wel- lenlängenbereiche) mit der Temperatur in Verbindung: 𝑀 𝑠 = 𝜖 𝐸 𝜎𝑇4 (2.25) Dabei ist 𝑀 𝑠 = spezifische Ausstrahlung 𝜖 𝐸 = Emissionsgrad 𝜎 = Stefan-Boltzmann-Konstante 𝑇 = Temperatur 13
  • 32. Die Strahlungsleistung skaliert mit der Temperatur in vierter Potenz. Da bei einem Verbrennungsvorgang typischerweise hohe Temperaturen auftreten, findet ein Wärme- austausch durch Strahlung zwischen verbranntem und unverbranntem Gemisch statt und sollte berücksichtigt werden. Es stehen mehrere Modelle zur Verfügung, die für unter- schiedliche Anwendungsgebiete besonders geeignet sind. Die hier vorgestellten Modelle sind numerisch bereits Bestandteil des für diese Arbeit verwendeten Software-Pakets Ansys Fluent. Für weitere Details zur Arbeitsweise der verschiedenen Modelle siehe [30]. Das Discrete-Transfer-Strahlungsmodell (DTRM) Das DTRM nach [31] nimmt an, dass die Strahlung eines Oberflächenelements durch einen einzelnen Strahl abgebildet werden kann. Dieser hat zu Beginn eine bestimmte Intensität, die beim Durchwandern des Fluids, abhängig vom Absorptionskoeffizienten des Fluids, abnimmt. Trifft der Strahl auf ein Volumenelement, so gibt er Energie an dieses ab. Das DTRM bindet sich vor der eigentlichen Strömungsberechnung in den Programmablauf ein. Dadurch ist die Energie, die in Volumenelemente übergeht für die nachfolgende Strömungslösung bereits verfügbar. Mit diesem Modell kann Strahlung recht einfach simuliert werden. Die Genauigkeit kann durch Vorgabe der Anzahl zu berechnender Strahlen erhöht werden. Dabei wird die Simulation allerdings überproportional rechenaufwändig. Außerdem sieht das Modell nur graue Strahlung vor. Darunter versteht man in diesem Zusammenhang wellenlängen- und temperaturunabhängige Abstrahlung4. Zudem werden alle Oberflächen als diffus angenommen. Das P-1-Strahlungsmodell Das P-1-Modell wird unter anderem in [32] beschrieben. Das Modell führt eine Trans- portgleichung für die Einstrahlung ein, die gelöst wird und in die Energieerhaltung nach Gleichung 2.6 eingeht. Es ist eher für optische dickere Medien geeignet. Darunter versteht man Fluide, in denen Strahlung nicht weit propagieren kann, ehe ihre Energie aufgezehrt ist. In diesem Modell werden der Brechungsindex des Mediums und die Streuung im Fluid berücksichtigt. Außerdem bietet sich die Möglichkeit, entweder graue oder nicht-graue Strahlung zu modellieren. Komplexe Geometrien sind relativ einfach abbildbar. Aller- dings kann bei komplexer Geometrie die Genauigkeit nachlassen. Darüber hinaus neigt das P-1-Modell dazu, Strahlung durch lokale Wärmequellen zu überschätzen [23, Kap. 5.3.1.2]. Das Rosseland-Strahlungsmodell Das Rosseland-Strahlungsmodell stellt eine Vereinfachung des P-1-Strahlungsmodells dar. Die Transportgleichung wird hierbei nicht iterativ gelöst. Stattdessen wird der 4 Diese Annahme kann gerade bei großen Temperaturschwankungen während der Simulation zu be- trächtlichen Fehlern führen. 14
  • 33. theoretische Wert für die Abstrahlung eines schwarzen Strahlers ermittelt und in Form modifizierter Transportkoeffizienten in die Energieerhaltung eingesetzt [30]. Damit ist das Rosseland-Modell schneller und benötigt weniger Speicher. Allerdings ist es weniger exakt. Das Modell der Diskreten Ordinaten (DO) Dieses Strahlungsmodell wurde 1950 erstmalig vorgestellt [33] und unterliegt seither einer steten Weiterentwicklung. Es fußt darauf, dass, ähnlich dem DTRM, die Abstrah- lung von Oberflächenelementen durch einzelne Strahlen diskretisiert wird. Wird jedoch beim DTRM der Verlauf eines jeden Strahls verfolgt und ausgewertet, so wird beim DO-Modell die Strahlungstransportgleichung in eine Feldfunktion aller Raumrichtungen umgewandelt. Es muss also pro Richtung eine Transportgleichung gelöst werden. Abb. 2.3 zeigt das Verfahren an einem einfachen Gitter. Es werden zwei Zellen be- trachtet, die die gemeinsame Teilfläche f mit der Normalen n besitzen. An f wird nun die Strahlung in mehrere Kontrollwinkel diskretisiert. Jeder dieser Kontrollwinkel wird in weitere Stückchen aufgeteilt (Pixelation), von denen jedes einzeln als eintreffend oder ausgehend betrachtet wird [30, S. 34]. Das DO-Modell ist in der Lage, weite optische Bereiche zu erfassen. Die benötigte Rechenleistung bleibt dabei moderat und skaliert mit feinerer Diskretisierung der Win- kel. Das Modell vermag noch nicht die wellenlängenabhängige Emission und Absorption verschiedener Gase abzudecken, kann jedoch nicht nur graue Strahlung, sondern auch nicht-graue Strahlung beschreiben. Unter Berücksichtigung der Vor- und Nachteile der einzelnen Modelle wurde im Zuge dieser Arbeit das DO-Modell gewählt. Es ist das einzige Modell, das über der gesam- ten Bandbreite der Anwendungsgebiete gute Ergebnisse liefern kann [34, S. 28]. Es ist jedoch anzumerken, dass der Einfluss der Strahlung trotz der hohen Temperaturdiffe- renz zwischen verbranntem und unverbranntem Gemisch sehr gering ist. Dazu sei auf Abschnitt 3.1.1 verwiesen. Einfallsrichtungen Ausfallsrichtungen Teilfläche f n Bild 2.3: Zelloberfläche mit Aufteilung in Diskrete Ordinaten im 2D-Fall nach [23, Kap. 5.3.6.3] 15
  • 34. 2.2 Chemie Bei einer Verbrennung kommt es zu einer chemischen Reaktion von Brennstoff und Oxi- dator, bei der Energie in Form von Wärme und Licht freigesetzt wird. Eine Verbrennung ist damit eine exotherme Reaktion. Wegen der hohen freigesetzten Energie bei der Ver- brennung von Lachgas N2O und Ethen C2H4 ist durch Strahlung (s. Abschnitt 2.1.3) eine Flamme wahrnehmbar. Die Flamme stellt eine Interaktion von Konvektion und moleku- larer Diffusion dar. Innerhalb der Flamme findet eine Vielzahl chemischer Reaktionen auf kleiner Längenskala statt [35, S. 3]. Dabei wird unterschieden zwischen Vormisch- flammen und Diffusionsflammen. Während bei einer Vormischflamme sowohl Brennstoff als auch Oxidator bereits durchmischt sind, findet der Eintrag von Brennstoff und Oxi- dator bei der Diffusionsflamme separat statt. Bei einer Diffusionsflamme diffundiert der Oxidator von außen in die Flammenzone hinein, ein Verhalten, welches beispielsweise bei einer Kerze zu beobachten ist. Diffusionsflammen folgen komplexen räumlich aufgelösten Mechanismen, die von der Durchmischung an jeder Stelle in der Flamme abhängen. Da sie zudem für die vorliegende Arbeit nicht weiter von Relevanz ist, wird die Theorie der nicht-vorgemischten Flammen hier nicht weiter ausgeführt. 2.2.1 Zeit- und Raumskalen Zur Betrachtung der vorgemischten Verbrennung ist es zunächst hilfreich, sowohl dimen- sionsbehaftete zeitliche und räumliche Skalen, als auch dimensionslose Kennzahlen zu definieren. Die Skalen dienen dazu Rückschlüsse über die erforderte Auflösung der nu- merischen Behandlung zu erlauben. Die Kennzahlen spiegeln wieder, in welchem Regime sich die Flamme befindet. Räumliche Skalen Es existieren sich unterscheidende, dimensionierende räumliche Skalen für laminare und turbulente Flammen. Bei der laminaren Flamme ist die Flammendicke die entscheiden- de Größe, da sie die numerische Auflösung vorgibt. Die Flammendicke ist verschieden definiert. [9, S. 61 ff.] empfiehlt jedoch eine Definition über den Temperaturgradienten: 𝑙 𝐹,1 = 𝑇 𝑏 − 𝑇 𝑢 max (︁ d𝑇 d𝑥 )︁ (2.26) 𝑇 𝑢 = Temperatur des unverbrannten Gemischs 𝑇 𝑏 = Temperatur des verbrannten Gases d𝑇 d𝑥 = Temperaturgradient In Abb. 2.4 sind die für die Berechnung der Flammendicke benötigten Größen abgebil- det. Ein anderer Ansatz sieht vor, die Dicke über die Differenz zwischen Überschreiten und Erreichen zweier Schwellwerte zu definieren, die knapp oberhalb der unverbrann- ten Temperatur und knapp unterhalb der verbrannten Temperatur liegen. Dieser An- satz überschätzt jedoch die eigentliche Flammendicke erheblich [9]. Abb. 2.4 stellt den 16
  • 35. Temperaturverlauf über eine beispielhafte Reaktionszone dar. Es ist Ergebnis der Un- tersuchungen, die in Kapitel 3 durchgeführt wurden. Wie man sieht, liegt der obere Schwellwert weit außerhalb des dargestellten Bereichs, da viele Spezies in der Verbren- nung nur langsam umgesetzt werden, weil die zugrundeliegenden Reaktionen langsamer ablaufen. Beide dieser Berechnungsmethoden erfordern allerdings, dass bereits Informa- tionen über das räumliche Verhalten der Flamme vorliegen. Ist dies nicht gegeben, kann die Flammendicke über 𝑙 𝐹,2 = 𝛼 𝑆𝑙 (2.27) abgeschätzt werden. 𝛼 ist die Temperaturleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs, 𝑆 𝐿 die laminare Flammengeschwindigkeit, eine der wichtigsten charakteristischen Größen der Flamme (s. dazu Abschnitt 2.2.3). Diese Abschätzung ist in der Praxis nicht akkurat genug, da sie zumeist um einen Faktor von mindestens fünf zu klein ist [9, S. 61]. Handelt 𝑇 𝑢 𝑇 𝑏 𝑥 𝑇 maxd𝑇 d𝑥 𝑙 𝐹,1 Bild 2.4: Temperaturverlauf zur theoretischen Bestimmung der Flammendicke es sich bei der betrachteten Flamme um eine turbulente Verbrennung, ergibt sich wegen der hochfrequenten Turbulenzbewegung eine andere Skala, die Kolmogorov-Längenskala 𝑙 𝑘. 𝑙 𝑘 = (︃ 𝜈3 𝜖 )︃1/4 (2.28) 𝜈 = kinematische Viskosität 𝜖 = Dissipationsrate Sie resultiert aus den kleinsten Wirbeln in der Turbulenz. Unterhalb der Kolmogorov- Länge existieren keine turbulenten Prozesse mehr, da die Wirbel dissipieren [36, S. 333]. Zeitliche Skalen Ebenso wie es räumliche Skalen gibt, gibt es auch Zeitskalen, die wiederum für laminare und turbulente Verbrennung unterschieden werden müssen. Eine Zeitskala für lamina- 17
  • 36. re Flammen ist die Flammenzeit. Sie ergibt sich aus der Flammendicke 𝑙 𝐹,1 und der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme 𝑢: 𝜏 𝐹,1 = 𝑙 𝐹,1 𝑢 (2.29) Dies ist gegeben als „die Zeit, die die Flammenfront benötigt, um sich um eine Flam- mendicke zu bewegen“ [37, S. 147]. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit 𝑢 ist nicht gleichzu- setzen mit der laminaren Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙, sondern liegt darüber. Hinter der Flamme, also im Bereich des heißen verbrannten Gases, liegt die Dichte des Fluids weit unterhalb der Dichte im kalten unverbrannten Gemisch. Infolgedessen expandiert das verbrannte Gas und es kommt zu einer Überlagerung aus laminarer Flammengeschwin- digkeit und Expansion des Gases. Siehe dazu auch Abschnitt 2.2.3. Je nach Anwen- dungsfall kann es auch sinnvoll sein, 𝑆𝑙 als Geschwindigkeitsanteil in Gleichung (2.29) zu verwenden [37]. Dann geht Gleichung (2.29) in Gleichung (2.30) über. Als eine Alternative lässt sich die Flammendicke analog zu Gleichung (2.27) auch aus der Temperaturleitfähigkeit 𝛼 und der laminaren Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙 bestim- men: 𝜏 𝐹,2 = 𝛼 𝑆𝑙 2 (2.30) Für Strömungslöser ist diese Definition geeigneter, da sie eine direkte Abschätzung des mindestens benötigten Zeitschritts erlaubt [23, Kap. 9.4.1]. Bei turbulenter Flamme existiert analog zur Kolmogorov-Längenskala (s. Gleichung (2.28)) auch eine Kolmogorov-Zeitskala, die sich aus den gleichen Größen zusammensetzt: 𝜏 𝑘 = (︂ 𝜈 𝜖 )︂1/2 (2.31) Dimensionslose Kennzahlen Drei dimensionslose Kennzahlen müssen eingeführt werden [36, S. 418 f.], um das Regime der Flamme zu definieren. In Abschnitt 4.2.1 werden die Kennzahlen auf die im Zuge dieser Arbeit durchgeführten Simulationen angewendet und abgeschätzt. Die turbulente Reynoldszahl 𝑅𝑒𝑡 macht eine Aussage darüber, ob die Flamme laminar oder turbulent ist: 𝑅𝑒𝑡 = 𝑢′ 𝑙𝑡 𝜈 (2.32) wobei 𝑢′ die Turbulenzintensität ist und 𝑙𝑡 die globale Längenskala der Wirbel. 𝜈 ist wieder die kinematische Viskosität. Ist 𝑅𝑒𝑡 < 1, so handelt es sich um eine laminare Flamme, ist 𝑅𝑒𝑡 > 1, so handelt es sich um eine turbulente Flamme. Die turbulente Karlovitz-Zahl 𝐾𝑎 gibt das Verhältnis der laminaren Zeitskala zur turbulenten Zeitskala wieder, es ist also 𝐾𝑎 = 𝜏 𝐹 𝜏 𝑘 (2.33) 18
  • 37. Sie macht eine Aussage darüber, ob es in der Flammenfront zu turbulentem Wärme- und Stoffaustausch kommt [9, S. 209]. Als letzte der drei Kennzahlen erlaubt die tur- bulente Damköhler-Zahl 𝐷𝑎 Rückschlüsse auf die Geschwindigkeit der physikalischen Mischprozesse im Vergleich zur chemischen Reaktion: 𝐷𝑎𝑡 = 𝜏0 𝜏 𝐹 (2.34) Dabei ist 𝜏0 eine Zeitskala für physikalische Vorgänge wie makroskopische Mischprozesse. 2.2.2 Flammenregime Mithilfe der soeben eingeführten Kennzahlen können nun mehrere Regime einer Flam- me herausgearbeitet werden. Dies geschieht zunächst im sogenannten Borghi-Diagramm Abb. 2.5. Auf der Abszisse ist die Längenskala makroskopischer Mischprozesse, gemit- telt an der laminaren Flammendicke, aufgetragen. Bewegt man sich entlang der Abszisse nach rechts, werden die turbulenten Wirbel größer. Die Ordinate stellt die turbulente Geschwindigkeit, gemittelt an der laminaren Flammengeschwindigkeit, dar. Bewegt man sich entlang der Ordinate nach oben, wird der Turbulenzanteil in der Grundströmung größer. Im Folgenden werden die einzelnen Regime einer Flamme ausgehend vom Borghi- Diagramm erläutert [36, S. 417 ff.] [9, S. 209 f.]: 𝑙 𝑡 𝑙 𝐹,2 10−1 106 𝑢′ 𝑆𝑙 10−1 104 idealer Rührreaktor Inselbildung gewickelt laminarflach laminar aufgerissene Flammenfronten 𝐷𝑎 𝑡 = 1 𝐷𝑎 𝑡 < 1 𝐾𝑎 > 1 𝐾𝑎 = 1 𝑅𝑒 𝑡 = 1 Bild 2.5: Borghi-Diagramm: Darstellung der Regime einer vorgemischten Flamme (nach [38] und [36, S. 419] • laminare flache Flammenfronten: Hier findet ausschließlich laminare Verbrennung statt. Sowohl die Strömung, als auch die Flamme die auf ihr aufsitzt, ist laminar. Die turbulente Reynolds-Zahl 𝑅𝑒𝑡 ist einzig in diesem Regime kleiner als 1. • laminare gewickelte Flammenfronten: Die Flamme ist dünn und hat eine laminar- ähnliche Struktur. Die Geschwindigkeit der turbulenten Schwankung ist zu gering, 19
  • 38. als dass sie die Flamme so stark beeinflussen könnte, dass es zur Interaktion zwi- schen Turbulenz und Flamme kommen könnte. Gleichzeitig bilden sich trotzdem schon makroskopisch wahrnehmbare Wirbel heraus, die die Form der Flammen- front beeinflussen. • Inselbildung: Auch hier ist die Flamme dünn mit laminar-ähnlicher Struktur. Die turbulenten Bewegungen sorgen jedoch bereits dafür, dass es zur Interaktion zwi- schen Turbulenz und Flamme kommt. Inseln unverbrannten Gemischs entstehen, da die Flamme stark gewickelt ist. Die Linie für 𝐾𝑎 = 1 wird auch Klimov- Williams-Kriterium genannt. Unterhalb dieser Grenze wird von dünnen Flammen (auch Flamelets) gesprochen, weil die Flammendicke kleiner als die Kolmogorov- Länge ist. • aufgerissene Flammenfronten: In diesem Bereich sind die Reaktionszonen verbrei- tert und die Turbulenz ist groß genug, um Einfluss auf die inneren Strukturen der Flamme zu nehmen. Die Flammenfront kann nicht mehr als laminar bezeichnet werden, sondern reißt auf und wird von Wirbeln überlagert. • idealer Rührreaktor: Hierbei sind alle turbulenten Zeitskalen kleiner als die chemi- schen. Eine Flammenfront ist nicht mehr zu identifizieren, da die Wechselwirkung aus Wirbeln und Flammenstruktur eine hohe Durchmischung gewährleisten. Neben der Charakterisierung einer Flamme nach ihrer Turbulenz kann auch nach der Art der Flammenausbreitung unterschieden werden. Breitet sich eine Flamme im Unterschall aus, so spricht man von Deflagration. Ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme größer als die Schallgeschwindigkeit des unverbrannten Gemischs, so spricht man von Detonation. Diese beiden Regime unterscheiden sich in ihrer theoretischen Betrachtung massiv. Es zeigt sich, dass sich mit den Erhaltungsgleichungen allein nicht ohne weiteres be- stimmen lässt, welchen Zustand die Verbrennung einnimmt. Mit den drei Erhaltungs- gleichungen für Masse (2.1), Impuls (2.4) und Energie (2.6) in Kombination mit dem idealen Gasgesetz 𝑝 = 𝜌𝑅𝑇 stehen insgesamt vier Gleichungen zur Verfügung. Dagegen stehen allerdings fünf Unbekannte 𝑢1, 𝑢2, 𝑝2, 𝜌2, 𝑇2 5. Um diesem Problem zu begegnen, werden die zur Verfügung stehenden Gleichungen geschickt kombiniert. Die verbleibende Unbekannte lässt sich durch ein graphisches Lösungsverfahren wie in Abb. 2.6 ermitteln. Beispielhaft wird ein Rohr mit konstantem Querschnitt betrachtet. Der Fall wird als eindimensional angenommen. Alle Gase werden als ideal und reibungsfrei, die spezifi- schen molaren Wärmekonstanten als konstant vorausgesetzt [39]. Fasst man die Massen- und Impulserhaltung zusammen und stellt um, so ergibt sich [40, S. 29] die Rayleigh- Linie 𝑝2 − 𝑝1 = ˙𝑚2 (︂ 1 𝜌1 − 1 𝜌2 )︂ (2.35) Sie stellt sich in einem 𝑝−1/𝜌−Diagramm als Gerade mit immer negativer Steigung dar. Die Steigung hängt nur vom quadratischen Massenstrom ab. Eine Erhöhung des Massen- 5 In diesem Abschnitt werden als Indizes für das unverbrannte und verbrannte Gas nicht 𝑢 und 𝑏 verwendet, sondern 1 für den Zustand vor der Verbrennung und 2 für den Zustand danach. Dies dient der Übersicht bei der Beschreibung. 20
  • 39. stroms lässt die Gerade steiler verlaufen. Rayleigh-Linien sind in Abb. 2.6 als gestrichelte Halbgeraden eingezeichnet. Um von einem Ausgangspunkt A im unverbrannten Gemisch hin zu einem Endpunkt im verbrannten Gas zu gelangen, muss die Rayleigh-Linie abge- schritten werden, damit die Erhaltungsgleichungen ihre Gültigkeit behalten. Fasst man nun noch alle vier der Erhaltungsgleichungen zusammen, erhält man [40, S. 30] 𝜅 𝜅 − 1 (︂ 𝑝2 𝜌2 − 𝑝1 𝜌1 )︂ − 1 2 (︂ 1 𝜌1 + 1 𝜌2 )︂ (𝑝2 − 𝑝1) = 𝑞 (2.36) die Rankine-Hugoniot-Beziehung. Dabei ist 𝜅 der Isentropenkoeffizient und 𝑞 = ℎ∘ 𝑓1 −ℎ∘ 𝑓2 die Differenz aus den Bildungsenthalpien vor und nach der Verbrennung – oder anders gesagt, 𝑞 entspricht der bei der Reaktion freigesetzten Wärme. Die Rankine-Hugoniot- Kurve ist in Abb. 2.6 als durchgezogene Linie zu sehen. Ihre Lage relativ zum Ausgangs- punkt ergibt sich durch 𝑞. Für 𝑞 = 0, was einer infinitesimal kleinen Verbrennungszone ohne Wärmefreisetzung entspräche, verläuft die Kurve durch den Ausgangspunkt A. Für alle realen Flammen liegt sie, wie im Diagramm hier, diagonal verschoben bezüglich des Ausgangspunkts. Eine höhere Wärmefreisetzung 𝑞 entfernt die Rankine-Hugoniot-Kurve weiter vom Ausgangspunkt. Da die Beziehung nach Gleichung (2.36) nach der Reakti- on gelten muss, muss der Endpunkt der Verbrennung auf der Rankine-Hugoniot-Kurve liegen. Somit ergibt sich der Endpunkt immer als Schnittpunkt aus Rayleigh-Linie und Rankine-Hugoniot-Kurve. Er liegt damit zwangsläufig in einem der verschiedenen Berei- che, die unten erläutert werden. Rayleigh-Linien A B, 𝑀 𝑎2 = ∞ C, 𝑀 𝑎2 = 0 D – oberer CJ-Punkt, 𝑀 𝑎2 = 1 E – unterer CJ-Punkt, 𝑀 𝑎2 = 1 Rankine-Hugoniot-Kurve 𝑝1 𝑝 1/𝜌1 1/𝜌 Bild 2.6: Rankine-Hugoniot-Beziehungen (nach [41]) Abb. 2.6 gibt Aufschluss über das mögliche Verhalten einer Flamme. Entsprechend der Abhängigkeiten von Gleichungen 2.35 und 2.36 ergibt sich der Lösungspunkt als Funktion des Massenstroms, der Lage des Ausgangspunkts und der freigesetzten Wärme. Betrachten wir nun also die einzelnen Gebiete auf der Kurve: 21
  • 40. • Über D: Es findet eine starke Detonation statt, die das verbrannte Gas im Unter- schall hinterlässt. Dieser Fall kommt selten und nur in Spezialexperimenten vor. Erhöht man den Massenstrom, erreicht man den oberen Chapman-Jouguet-Punkt (CJ). An diesem strömt das verbrannte Gemisch gerade so mit Schallgeschwindig- keit. • Zwischen B und D: Es findet eine schwache Detonation statt, bei der das verbrannte Gas im Überschall strömt. Dieser Fall tritt in Stoßrohren auf. • Zwischen C und B: Dieser Bereich kann in der Realität nicht existieren, da die Rayleigh-Linie hier eine positive Steigung und dementsprechend einen komplexen Wert für den Massenstrom haben müsste (s. Gleichung (2.35)). Der Bereich ist begrenzt von Punkt B, in dem der Massenstrom unendlich und die Rayleigh-Linie deshalb vertikal ist. Auf der anderen Seite ist der Bereich begrenzt von Punkt C, an dem der Massenstrom 0 ist und die Rayleigh-Linie dementsprechend horizontal verläuft. • Zwischen E und C: Hier trifft man schwache Deflagration an. Das Gas strömt nach der Verbrennung subsonisch. Dies ist in der Realität der häufigste Fall. Nach unten hin ist der Bereich durch Punkt E begrenzt, den unteren Chapman-Jouguet- Punkt. In diesem tritt wiederum geradeso Schallgeschwindigkeit auf. Der Punkt selbst wird nie erreicht. • Unter E: Die sogenannte starke Deflagration wird ebenfalls nie erreicht. Hier müss- te das Gas nach der Verbrennung mit Überschall strömen, was eine Entropie- Verringerung mit sich brächte. Bisweilen wird auch erst ab dem Bereich oberhalb des oberen CJ-Punkts von einer Detonation gesprochen. Der Bereich zwischen B und D wird dann Überschallverbrennung genannt [42, S. 23]. 2.2.3 Laminare vorgemischte Verbrennung Beispielhaft wird nun eine laminare vorgemischte Flamme betrachtet. Sie ist eine der we- nigen Fälle, in denen Experiment, Theorie und Simulation zuverlässig verglichen werden können [9, S. 31]. Ihr Verhalten ist nicht vom Mischungszustand der Edukte abhängig, was eine einfache Beschreibung dieses Flammentyps erlaubt. Die grundsätzlichen Ver- läufe der relevanten Größen sind in Abb. 2.7 abgebildet. In diesem Bild propagiert die Flamme von rechts nach links. Die einzelnen Zonen haben nach [43] folgenden Charakter: 1. Kalte Zone mit unverbranntem Gemisch: Hier sind die Gradienten der Verläufe noch fast 0. Das Gemisch ist beinahe unbeeinflusst von der herannahenden Flam- me. 2. Vorheizzone: Das Gemisch heizt sich langsam auf, dies sorgt dafür, dass die ersten chemischen Reaktionen starten. 3. Reaktionszone: Hier findet ein Großteil der chemischen Reaktionen statt. Die Tem- peratur steigt an und der Anteil der Edukte sinkt bei gleichzeitig steigendem Anteil 22
  • 41. Zwischenprodukte Temperatur Produkte Reaktionswärme Edukte kalte Zone Vorheizzone Reaktionszone Gleichgewicht Flamme Bild 2.7: Die Verläufe von Stoffgrößen und Spezies über die Zonen einer laminaren Flamme (mit [41]) der Produkte. Ist die Temperatur groß genug, kommt es durch Strahlung zu ei- ner sichtbaren, leuchtenden Flamme. Nicht abgebildet ist die Dichte, die über die Verbrennung hinweg abnimmt. 4. Zone des Gleichgewichts: Im nunmehr verbrannten Gas stellt sich wieder ein che- misches und thermodynamisches Gleichgewicht ein. Die Gradienten der Verläufe sind wieder flach und ausschließlich durch Wärmeverluste über die Wand definiert. Flammenausbreitung Eines der wichtigsten Charakteristika einer Flamme ist die laminare Flammengeschwin- digkeit 𝑆𝑙 oder Λ. Bei der Ausbreitungsgeschwindigkeit der Flamme 𝑆 𝐹 kommt es zu einer Überlagerung der laminaren Flammengeschwindigkeit und der Bewegung der verbrann- ten Gase 𝑆exp, die sich aufgrund ihrer niedrigeren Dichte in Richtung der Flammenfront ausdehnen und diese vor sich her schieben, es gilt also: 𝑆 𝐹 = 𝑆𝑙 + 𝑆exp (2.37) In einer sphärischen Bombe ergibt sich durch kinematische Betrachtung nach [44, S. 86 ff.]: 𝑆 𝐹 = 𝜌 𝑢 𝜌 𝑏 𝑆𝑙 (2.38) Eine der Aufgaben zur Charakterisierung eines Zündgemischs ist demnach die Ermitt- lung der laminaren Flammengeschwindigkeit. Dazu stehen einige Methoden zur Verfü- gung. Es hat sich jedoch die Messung über den Kegelwinkel einer Bunsenbrennerflamme etabliert. Dabei wird ein Bunsenbrenner so eingestellt, dass der entstehende Flammenke- gel gerade stehenbleibt. Wird nun angenommen, die Flanke des Kegels sei eben, so kann 23
  • 42. Bild 2.8: Ermittlung der laminaren Flammengeschwindigkeit über den Kegelwinkel ei- ner Bunsenbrennerflamme [45] über den Winkel des Kegels die laminare Flammengeschwindigkeit errechnet werden, weil die Flamme in Normalenrichtung zum Kegelmantel propagiert. Die geometrische Bestim- mung der Geschwindigkeit ist links in Abb. 2.8 zu sehen. Dabei erhalten die Stromlinien über die Flammenfront einen Winkel zur Anströmrichtung, wie rechts in Abb. 2.8 zu sehen ist. Aus geometrischen Gründen ist die laminare Flammengeschwindigkeit durch folgenden Zusammenhang gegeben: 𝑆𝑙 = −𝑢 · sin 𝛽 Es wird vorausgesetzt, dass die Anströmgeschwindigkeit ortsunabhängig ist (das heißt, dass sich kein Strömungsprofil im Bunsenbrennerrohr ausgebildet hat) und dass keine Energiequellen oder Senken im System zu finden sind [36, S. 278]. Zu den Einflussfaktoren auf die laminare Flammengeschwindigkeit zählen das Mischungsverhältnis aus Brennstoff und Oxidator, Druck und die Temperatur. Das Maximum der Flammengeschwindig- keit liegt üblicherweise nahe dem stöchiometrischen Mischungsverhältnis, etwas auf die brennstoffreiche Seite verschoben. Hier wird der Oxidator besser ausgenutzt und es ent- stehen mehr zweiatomige als dreiatomige Moleküle. Dadurch ist die mittlere spezifische Wärme der Produkte geringer und die adiabate Flammentemperatur höher. Eine höhere adiabate Flammentemperatur führt zu höherer laminarer Flammengeschwindigkeit [46]. Höhere Drücke verringern die laminare Flammengeschwindigkeit, höhere Temperaturen erhöhen sie. Die Größenordnung der laminaren Flammengeschwindigkeit liegt etwa bei 𝒪(10 cm/s) < 𝑆𝑙 < 𝒪(10 m/s). 2.2.4 Reaktionsmechanismus Die im Zuge dieser Arbeit betrachtete Verbrennung ist diejenige von Lachgas N2O und Ethen C2H4. Die stöchiometrische Reaktion ist gegeben als [7] 6 N2O + C2H4 −−→ 2 CO2 + 6 N2 + 2 H2O (2.39) 24
  • 43. mit einer Standardreaktionsenthalpie von Δ𝐻∘ 𝑟 = −1851,4 kJ/mol. In der Realität besteht ein Verbrennungsprozess aus weitaus mehr Elementarreaktionen. Um numerisch eine aus- reichende Genauigkeit zu erreichen, genügt deshalb ein Ein-Schritt-Mechanismus nicht. Es existieren viele Mechanismen für unterschiedliche Brennstoff-Oxidator-Gemische, die verschiedene Aspekte der Verbrennung mit unterschiedlicher Anzahl an Spezies und Teil- reaktionen hinreichend genau auflösen können. Eine umfassende Sammlung dieser Me- chanismen ist GRI-Mech 3.0 [47]. Dieser ist optimiert für die Modellierung natürlicher Gasverbrennung und deckt die Bildung von Stickoxiden und die Wiederzündung ab. Der Mechanismus enthält 325 Reaktionen und 53 Spezies. Je größer die Anzahl modellierter Reaktionen und Spezies, desto höher der nötige Rechenaufwand. Um den Rechenauf- wand geringer zu halten, können Mechanismen auch reduziert werden. Dabei werden gezielt Spezies und Reaktionen entfernt, die für die Gesamtreaktion in den berücksich- tigten Parametern von geringer Auswirkung sind. So konnte im Zuge dieser Arbeit auf einen reduzierten und angepassten Mechanismus des Instituts für Verbrennungstechnik des DLR Stuttgart zurückgegriffen werden [48], siehe dazu Abschnitt 3.2. Dieser redu- zierte Mechanismus enthält noch 22 Spezies und 61 Reaktionen. Er wurde mittels der laminaren Flammengeschwindigkeit und der Zündverzugszeit des Gemischs analog zu [49] validiert. Ein Reaktionsmechanismus besteht üblicherweise aus Informationen zu den Reaktionen, den thermodynamischen Daten der Spezies und den Transportdaten6. Die Syntax der zugehörigen Dateistruktur wird im Folgenden umrissen. Mechanismus-Datei Die Mechanismus-Datei enthält die Parameter für die Arrhenius-Gleichung, welche die Grundgleichung für die temperaturabhängige Reaktionsgeschwindigkeit der Teilreaktion ist (s. Abschnitt 2.3.4): 𝑘 𝑓,𝑟 = 𝐴 𝑟 𝑇 𝛽 𝑟 𝑒 −𝐸 𝑟 ℜ𝑇 (2.40) Mit den Einflussgrößen 𝐴 𝑟 = Präexponentieller Faktor 𝛽 𝑟 = Temperaturexponent 𝐸 𝑟 = Aktivierungsenergie ℜ = Universelle Gaskonstante Es ist für jede der Teilreaktionen ein Eintrag vorhanden, in dem die Koeffizienten der Arrhenius-Gleichung enthalten sind. Die Syntax ist beispielhaft für drei Reaktionen in Abb. 2.9 abgebildet. Da die in diesem Beispiel angegebenen Daten oft für eine genaue Modellierung nicht ausreichen, können zusätzlich noch druckabhängige Daten für ent- sprechende Reaktionen hinterlegt werden, siehe dazu [50]. 6 Es kann bei Bedarf noch eine vierte Datei Anwendung finden. Diese adressiert speziell Oberflächen- reaktionen, wird hier jedoch wegen der eingeschränkten Verwendbarkeit für schnell ablaufende Ver- brennung nicht näher beschrieben. 25
  • 44. Reaktionen 𝐴 𝑟 𝛽 𝑟 𝐸 𝑟 O+H2<=>H+OH 3.870E+04 2.700 6260.00 O+HO2<=>OH+O2 2.000E+13 .000 .00 O+H2O2<=>OH+HO2 9.630E+06 2.000 4000.00 Bild 2.9: Syntax einer Mechanismus-Datei, Auszug aus [47] Thermodynamik-Datei In der Thermodynamik-Datei finden sich Werte zur Berechnung der Entropie 𝑆, Enthal- pie 𝐻 und Wärmekapazität 𝐶 𝑝 abhängig von der Temperatur. Hierfür wurden Polynome eingeführt, deren Koeffizienten in der Thermodynamik-Datei hinterlegt sind. Sie tragen den Namen Nasa-Polynome und haben folgende Formen [51, S. 9]: 𝐶 𝑝(𝑇) 𝑅 = 𝑎1 + 𝑎2 𝑇 + 𝑎3 𝑇2 + 𝑎4 𝑇3 + 𝑎5 𝑇4 (2.41) 𝐻(𝑇) 𝑅𝑇 = 𝑎1 + 𝑎2 𝑇 2 + 𝑎3 𝑇2 3 + 𝑎4 𝑇3 4 + 𝑎5 𝑇4 5 + 𝑎6 𝑇 (2.42) 𝑆(𝑇) 𝑅 = 𝑎1 ln 𝑇 + 𝑎2 𝑇 + 𝑎3 𝑇2 2 + 𝑎4 𝑇3 3 + 𝑎5 𝑇4 4 + 𝑎7 (2.43) Ihre Koeffizienten sind in Abb. 2.10 dargestellt. Der erste Eintrag in der ersten Zeile (hier O2) gibt die Spezies an. Der zweite Eintrag in der ersten Zeile (hier TPIS89) entspricht einer Quellenangabe der Daten. Die folgenden Einträge (hier O 2) geben die atomare Zusammensetzung der Spezies an. Das G bedeutet, dass die Spezies in Gasphase gegeben ist. 200.000 ist die untere Gültigkeitsgrenze der Polynome in der Einheit Kelvin (Punkt als Dezimaltrennzeichen), 3500.000 die obere. Es werden immer Koeffizienten für zwei Temperaturbereiche gegeben, einen Hochtemperaturbereich und einen Niedrigtempera- turbereich. 1000.000 gibt die Grenze zwischen den Bereichen an. Die letzte Spalte enthält laufende Nummern von 1 bis 4. In der zweiten Zeile beginnen dann die Koeffizienten 𝑎1 bis 𝑎7 für den oberen Temperaturbereich. In der Mitte der dritten Zeile folgen dann die Koeffizienten für den unteren Temperaturbereich. An letzter Stelle kann noch, hier nicht dargestellt, die Bildungsenthalpie geteilt durch die Gaskonstante 𝐻∘ / 𝑅 angegeben werden. O2 TPIS89 O 2 G 200.000 3500.000 1000.000 1 3.28253784E+00 1.48308754E-03 -7.57966669E-07 2.09470555E-10 -2.16717794E-14 2 -1.08845772E+03 5.45323129E+00 3.78245636E+00 -2.99673416E-03 9.84730201E-06 3 -9.68129509E-09 3.24372837E-12 -1.06394356E+03 3.65767573E+00 4 Bild 2.10: Syntax einer Thermodynamik-Datei, Auszug aus [47] 26
  • 45. Transport-Datei In der Transport-Datei werden Eigenschaften des Transports der Gasphase gelistet. Dazu gehören Diffusion, Viskosität und Wärmeleitfähigkeit [52, S. 2]. Nach [53, S. 44] sind die einzelnen Werte, wie sie in Abb. 2.11 zu sehen sind, mit folgender Bedeutung versehen: Der erste Eintrag gibt die Spezies wieder. Der zweite Eintrag nimmt Werte von 0 bis 2 an und besagt, ob das Molekül atomar auftritt oder eine lineare oder eine nichtlinea- re geometrische Konfiguration innehat. Die nächsten beiden Werte geben die Tiefe der Lennard-Jones-Potentialmulde 𝜖/𝑘 𝑏 und den Lennard-Jones-Kollisionsdurchmesser 𝜎 𝐽 an. Diese beiden Größen helfen, die molekulare Anziehung und Abstoßung zwischen Molekü- len zu bemessen [54, S. 784 f.]. Der fünfte Eintrag enthält das Dipolmoment der Spezies 𝜇, der sechste Eintrag die Polarisierbarkeit 𝛼 𝑃 . Diese Werte treffen Aussagen über das Verhalten des Moleküls in Verbindung mit elektromagnetischen Wellen. Der letzte Ein- trag schließlich gibt die Rotationsrelaxations-Kollisionszahl 𝑍 𝑟𝑜𝑡 an, die benötigt wird, um das molekulare Rotationsverhalten (und damit den Kernabstand) als Antwort auf Temperaturänderungen zu ermitteln [55, S. 160]. Für eine Übersicht über die Berech- nung der Transporteigenschaften aus den gegebenen Stoffwerten ist [56, S. 251 ff.] zu Rate zu ziehen. Spezies Geometrie 𝜖/𝑘 𝑏 𝜎 𝐽 𝜇 𝛼 𝑃 𝑍 𝑟𝑜𝑡 CO2 1 244.000 3.763 0.000 2.650 2.100 H2O 2 572.400 2.605 1.844 0.000 4.000 N 0 71.400 3.298 0.000 0.000 0.000 Bild 2.11: Syntax einer Transport-Datei, Auszug aus [47] 2.2.5 Flammenrückschlag und Quenching Da im Zuge dieser Arbeit das Zündungs- und Flammenrückschlagsverhalten des Gas- gemischs untersucht wird, werden an dieser Stelle die Mechanismen des Flammenrück- schlags und des Quenchings (auch: Flammenlöschens) skizziert. Unter Flammenrück- schlag versteht man das Wandern der Flamme aus dem Brennraum in die Zuführung. Dieses Verhalten ist in aller Regel unerwünscht, da eine so geartete Verbrennung Deto- nationen in der Zuführung mit sich bringen kann. Nimmt man eine drallfreie Strömung an, gibt es drei Hauptursachen für einen Flammenrückschlag: 1. Flammenrückschlag in der Kernströmung [57, S. 45 f.]: Ist die Ausbreitungsge- schwindigkeit der Flamme größer als die lokale Strömungsgeschwindigkeit, so kann sich die Flamme stromauf bewegen. Geht man von einer konstanten Strömung durch eine Brennkammer aus, in der eine stabile Flamme steht, kann es zu einem Flammenrückschlag kommen. Dies geschieht beispielsweise, wenn die Durchmi- schung nicht perfekt ist, die Frischgemischtemperatur und damit die Flammen- 27
  • 46. geschwindigkeit steigt, der Turbulenzgrad höher wird, oder wenn durch Druck- schwankungen die Flamme in Richtung der Zuführung gedrückt wird. 2. Flammenrückschlag in der Grenzschicht [57, S. 47 ff.]: In Wandnähe eines Rohres wird durch Wärmeabfuhr das Gas kälter. Entsprechend sinkt auch die lamina- re Flammengeschwindigkeit 𝑆𝑙. Allerdings bildet sich auch eine Strömungsgrenz- schicht aus, die dafür sorgt, dass die Strömung in Wandnähe verzögert wird. So kann in einem gewissen Bereich in der Nähe der Wand die Flammengeschwindig- keit größer sein als die Strömungsgeschwindigkeit. Dann kann die Flamme an dieser Stelle stromauf propagieren und einen Flammenrückschlag auslösen. 3. Flammenrückschlag durch Verbrennungsinstabilitäten [57, S. 55 ff.]: Kleinere Schwan- kungen der Wärmefreisetzung in der Flamme führen zu Druck- und Geschwindig- keitsänderungen, die oszillieren können. Die Druckschwankungen in der Brennkam- mer können die Flamme vor und zurück bewegen (s. dazu Abschnitt 3.1). Die Ge- schwindigkeitsänderungen können eine lokal niedrigere Strömungsgeschwindigkeit bedingen. In beiden Fällen kann die Verschiebung der Flamme einen Flammen- rückschlag verursachen. Um diesem Verhalten vorzubeugen werden Flammensperren verwendet, die es zum Ziel haben, Flammenrückschläge zu vermeiden. Sie arbeiten nach unterschiedlichen Prinzipi- en, doch die zugrundeliegende Methodik begründet sich auf dem Effekt des Quenchings. Als Quenching bezeichnet man das Erlöschen einer Flamme durch Wärmeabfuhr. So- bald so viel Wärme aus der Reaktionszone abgeführt wird, dass die Temperatur in der Reaktionszone unter die lokale Zündtemperatur des Gemischs fällt, erlischt die Flamme. Dieses Verhalten trifft man vor allem in Wandnähe an, wo viel Wärme abgeführt werden kann. Dabei gibt es an einer Wand einen Grenzabstand, unterhalb dessen eine Flam- me nicht mehr existieren kann. Dieser sogenannte Löschabstand 𝑑 𝑞 wird von mehreren Größen beeinflusst, darunter Art des Gemischs, Mischungsverhältnis zwischen Oxidator und Brennstoff sowie Strömungsgrößen [58]. Der Löschabstand kann entweder als der Abstand zwischen zwei parallelen Platten ermittelt werden, bei dem die Flamme gerade noch gelöscht wird. Oder er wird analog in einem Rohr als der Durchmesser ermittelt, bei dem die Flamme gerade noch gelöscht wird. Zwischen Löschdurchmesser eines Rohrs 𝑑𝑡 und Löschabstand einer Wand 𝑑 𝑞 besteht der Zusammenhang 𝑑𝑡 = 1,54𝑑 𝑞 (2.44) [59, S. 36]. Der Löschdurchmesser ist in einem Rohr „der größte Durchmesser [. . . ], der eine Flamme gerade noch löscht“ [6, S. 19]. Quenching verhindert somit, dass Flammen durch kleine Löcher propagieren können. Zur mathematischen Bestimmung des Löschab- stands müssen einige Annahmen getroffen werden [7]: Die Verbrennungsprodukte ver- halten sich als ideales Gas, der Druck in der Brennkammer ist konstant, Wärmeleitung geschieht unendlich schnell, die Flamme ist laminar und die Wände behalten ihre An- fangstemperatur. Der Löschabstand stellt sich dann nach Herleitung in [60] ein als: 𝑑 𝑞 = 𝑃 𝑒 𝑐 · 𝛼 𝑢 𝑆𝑙 (2.45) 28
  • 47. Dabei gilt 𝑑 𝑞 = Löschabstand 𝑃 𝑒 𝑐 = kritische Péclet-Zahl 𝛼 𝑢 = Temperaturleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs wobei die Temperaturleitfähigkeit 𝛼 𝑢 gegeben ist als 𝛼 𝑢 = 𝜆 𝑢 𝜌 𝑢 · 𝑐 𝑝,𝑢 (2.46) mit 𝜆 𝑢 = Wärmeleitfähigkeit des unverbrannten Gemischs 𝜌 𝑢 = Dichte des unverbrannten Gemischs 𝑐 𝑝,𝑢 = spezifische Wärmekapazität des unverbrannten Gemischs Dabei ist 𝑃 𝑒 𝑐 die kritische Péclet-Zahl. Die Péclet-Zahl ist eine dimensionslose Kennzahl, die konvektive und diffusive Flüsse in ein Verhältnis zueinander setzt [61]: 𝑃 𝑒 𝑐 = konvektiver Fluss diffusiver Fluss (2.47) Sie wurde für verschiedene Fälle des Quenchings auf jeweils unterschiedliche Werte er- mittelt [7]: 1. Head-on quenching – Die Flamme propagiert normal zur Wand: Für ein Propan/Luft- Gemisch wurden die kritischen Péclet-Zahlen zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 3,8 an keramischen Wänden bis hin zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 4,7 an polierten Stahlwänden ermittelt. 2. Side-wall quenching – Die Flamme propagiert parallel zur Wand: Für ein Propan/Luft- Gemisch wurden die kritischen Péclet-Zahlen zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 5,6 an keramischen Wän- den bis hin zu 𝑃 𝑒 𝑐 = 8,5 an polierten Stahlwänden ermittelt. Andere Experimente ergaben 𝑃 𝑒 𝑐 = 4,5. 3. Quenching in Rohren: Verschiedene Untersuchungen ergaben für diesen Fall zum Beispiel 𝑃 𝑒 𝑐 = 60,5 oder 𝑃 𝑒 𝑐 = 65. 4. Quenching zwischen parallelen Platten: Entsprechend Gleichung (2.44) scheint die kritische Péclet-Zahl für parallele Platten dem 0,65-fachen der kritischen Péclet- Zahl in Rohren zu entsprechen. Untersuchungen ergaben 𝑃 𝑒 𝑐 = 42 für keilförmige Kanäle und 𝑃 𝑒 𝑐 = 51 für rechteckige Kanäle. Die Péclet-Zahl skaliert mit der Flammendicke 𝑙 𝐹,2. Der Löschabstand entspricht einem Vielfachen der Flammendicke mit der Péclet-Zahl als Proportionalitätsfaktor [7]: 𝑑 𝑞 = 𝑃 𝑒 𝑐 · 𝑙 𝐹,2 (2.48) 29
  • 48. 2.3 Numerik Bei den in Abschnitt 2.1.1 vorgestellten Erhaltungsgleichungen handelt es sich um par- tielle Differentialgleichungen. Differentialgleichungen zeichnen sich im Allgemeinen da- durch aus, dass sie Ableitungen der in ihr auftretenden Größen beinhalten. Gewöhnliche Differentialgleichungen enthalten dabei nur Ableitungen nach einer Variable, also zum Beispiel dem Ort oder der Zeit. Partielle Differentialgleichungen hingegen enthalten Ab- leitungen nach mehr als einer Variablen, also etwa Ort und Zeit. Da sich nur die we- nigsten physikalischen Vorgänge auf eine einzige Variable beschränken, sind zur Lösung solcher Probleme partielle Differentialgleichungen notwendig [62, S. 171]. Analytische Lö- sungen existieren nur in den einfachsten Fällen, weshalb sich das Feld der numerischen Mathematik entwickelt hat. Ziel der Forschung in diesem Feld ist es, durch geeignete Ver- fahren möglichst präzise und schnelle Approximationen der exakten Lösung zu erhalten. Zu diesem Zwecke werden die Ableitungsterme der Erhaltungsgleichungen in numerisch lösbare Terme umgeformt. Die verschiedenen Herangehensweisen hierzu werden in Ab- schnitt 2.3.2 beschrieben. Da wegen begrenzter Rechenleistung die Gleichungen nur für endliche räumliche Auflösung gelöst werden können, muss das Rechengebiet diskretisiert werden. Dies geschieht, indem es mit einem virtuellen Gitter überzogen wird. Die Glei- chungen werden daraufhin für jede der entstehenden Zellen einzeln gelöst. Details zu verschiedenen Gitterarten sind in Abschnitt 2.3.1 aufgeführt. 2.3.1 Rechengitter In der Realität ist eine Strömung oder ein Körper bis auf die molekulare Ebene genau definiert. Für jeden noch so feinen Punkt ließen sich die Strömungsgrößen messen. Bei der numerischen Simulation ist eine solche Genauigkeit (bisher) nicht denkbar. Die Ei- genschaften eines Strömungsfeldes können nur an einer endlichen Anzahl an Punkten bestimmt werden. Die Gesamtheit dieser Punkte nennt sich Gitter oder Netz. Ein sol- ches ist für jedes der später genannten Diskretisierungsverfahren zwingend notwendig. Feinheit und Art des Gitters variieren jedoch stark mit dem gewählten Verfahren und der zur Lösung des physikalischen Problems benötigten Auflösung. Abb. 2.12 zeigt bei- spielhaft ein solches Gitter. Ausgehend vom Punkt P mit den Indizes i in x-Richtung und j in y-Richtung spannen sich die Zellen auf. Die Zellränder haben dabei die Abstände Δx und Δy voneinander. 30
  • 49. x y Δx Δy i-1, j+1 i, j+1 i+1, j+1 i-1, j i,j i+1, j i-1, j-1 i, j-1 i+1, j-1 P Bild 2.12: Strukturiertes Rechengitter Strukturierte Gitter Bei strukturierten Rechengittern kann jedem Zellknoten ein Index in die verschiedenen Raumrichtungen zugewiesen werden. Eine Zelle ist viereckig oder im 3D-Fall hexaeder- förmig. Um der Geometrie zu folgen, bieten sich verschiedene Gittertypen an, die in Abb. 2.13 abgebildet sind. Das links abgebildete O-Gitter eignet sich gut, um umlau- fende Gitter zu erzeugen. Dieser Gittertyp ist gut geeignet für dicke umströmte Kör- per. C-Gitter umschließen einen Körper einseitig und laufen dann stromab aus. Dies ist besonders hilfreich für eine Tragflügelumströmung, wenn die Strömungsrichtung be- kannt und der Profilnachlauf von Interesse ist. H-Gitter folgen periodischen Profilen und können ebenfalls den Nachlauf gut auflösen. All diese Gittern haben gemein, dass die Grenzschichten an den Körperkanten einfach verfeinert werden können. Dies fällt be- sonders beim O-Profil ins Gewicht. Bei C- und H-Profilen bleibt die Verfeinerung auch im Nachlauf respektive in Nach- und Vorlauf erhalten, was unter Umständen keinen Wissensgewinn mit sich bringt, dafür aber Rechenzeit kostet. Bild 2.13: O-, C- und H-Gitter (nach [8] und [63, S. 29]) Strukturierte Gitter lassen sich nur für einfache Geometrien generieren, besonders im 3D-Fall ist es oft nicht möglich, ein strukturiertes Gitter zu erzeugen. Dann muss auf ein unstrukturiertes Gitter zurückgegriffen werden. 31