1. Das Fugen-s in zusammengesetzten Substantiven
Substantivkomposita sind Zusammensetzungen, die aus mindestens zwei
selbstständigen Hauptwörtern bestehen. Bei der Mehrzahl dieser Wortkombinationen
werden die Substantive unmittelbar aneinander gefügt, z. B. Regenschirm,
Eisenbahnwagen.
Bei 25 – 30 Prozent der Substantivkomposita, die der deutsche Wortschatz kennt,
steht jedoch zwischen dem Bestimmungswort und dem Grundwort jeweils ein so
genanntes Fugenelement. Dies sind:
-ez. B. Hundeleine
-(e)nz. B. Hahnenkampf, Bananenplantage
-erz. B. Kleiderschrank
-esz. B. Grabesstille
-sz. B. Essensreste
Schwierigkeiten bereitet hierbei vielen Schreibenden insbesondere die Verwendung
des Fugen-s. Eindeutige Regeln dafür, welche Zusammensetzungen ein Fugen-s
verlangen, lassen sich nur in wenigen Fällen formulieren.
Folgende Grundregeln erweisen sich als hilfreich bei der Frage nach der
Verwendung des Fugen-s in zusammengesetzten Substantiven.
Das Fugen-s in zusammengesetzten Substantiven
Zusammensetzungen aus mindestens zwei selbstständigen Substantiven verfügen
gewöhnlich über ein Fugen-s, wenn
•
das Bestimmungswort eine der folgenden Endungen aufweist:
-heit
z. B. Freiheitsliebe
-keit
z. B. Tapferkeitsmedaille
-igkeit
z. B. Schwierigkeitsgrad
-ing
z. B. Heringssalat
-ling
z. B. Lieblingsessen
-sal
z. B. Schicksalsbegegnung
-schaft
z. B. Landschaftsgärtner
-ung
z. B. Meinungsbildung
-al
z. B. Schicksalsbegegnung
-ion
z. B. Aktionswoche
-tät
z. B. Identitätskrise
-um
z. B. Museumsdirektor
•
sich das Bestimmungswort von einem Infinitiv ableiten lässt, z. B.
Schlafenszeit, Wissensdurst
•
es sich um Maskulina und Feminina handelt, die von Verben mit einer Vorsilbe
abgeleitet werden, z. B. Abfahrtsstrecke, Rückzugsgebiet
•
Geschichte als Bestimmungswort auftritt und die Bedeutung von Historie hat, z.
B. Geschichtsbuch, Geschichtsbewusstsein
2. •
Hilfe als Bestimmungswort auftritt; hierbei entfällt das auslautende –e, z. B.
Hilfsangebot, Hilfskonvoi
• Liebe als Bestimmungswort auftritt, z. B. Liebesbrief, Liebesbeweis
•
Armut als Bestimmungswort auftritt, z. B. Armutszeugnis, Armutsgrenze
Viele Schreibenden zeigen sich unsicher hinsichtlich der Verwendung des Fugen-s in
zusammengesetzten Substantiven, in denen Steuer als Grundwort auftritt. Hier gilt
es, folgende Differenzierung vorzunehmen: Im amtlichen Sprachgebrauch entfällt
das Fugen-s, z. B. Einkommensteuer, Erbschaftsteuer; im nicht amtlichen Kontext ist
dessen Verwendung hingegen zulässig und durchaus üblich, z. B.
Einkommenssteuer, Erbschaftssteuer.
Lisa Walgenbach, Sprachwissenschaftlerin, Worms