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30. November 2012




                       Die lexikalische
                       Gravitation: Definition und
                       Anwendungsmöglichkeiten

                       Simon D. Schweitzer




Altägyptisches Wörterbuch
30. November 2012

Altägyptisches Wörterbuch
Die lexikalische Gravitation


Wie beeinflusst ein Lemma seine Umgebung?


Beispiel: mꜢr – Bedrängter
einige Sätze:




Beispiel mꜢr
30. November 2012

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Die lexikalische Gravitation


nḥm.n(=j) mꜢr m-Ꜥ wsr r=f sḫm.t.n(=j) jm
         Ich errettete den Schwachen vor dem, der stärker ist als er, so
weit ich es vermochte. (Mastaba des Nefer-seschem-Ptah)
nḥm.n(=j) mꜢr m-Ꜥ wsr
       Ich rettete den Bedrängten vor dem Mächtigen. (Grabkomplex
des Mehu)
sm.n(=j) mꜢ[r] [...]
           Ich sorgte für den Bedrängten [...] (Grab K5 des Baui)
ṯꜢw pw n mꜢr ḫ.t=f
        Sein Besitz ist die Atemluft für den (wörtl.: des) Hilfsbedürftigen.
(Der beredte Bauer (Version B1) (Zeile [264/alt 233]))

Beispiel mꜢr; Umschrift und Übersetzung nach TLA
30. November 2012

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                    Position   types   tokens
                       -2       3        4
                       -1       2        4
                       0        1        4
                       1        2        3
                       2        2        3


Beispiel mꜢr: Übersicht
30. November 2012

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Die lexikalische Gravitation




                           log 2(types)
                    TTR =
                          log 2(tokens)
     • TTR nimmt Werte zwischen 0 und 1 an.
     • TTR ist nicht definiert, wenn es nur ein token gibt.




Type-Token-Relation (TTR)
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                Position       types   tokens   TTR
                    -2          3        4      0,793
                    -1          2        4       0,5
                    0           1        4       0
                    1           2        3      0,631
                    2           2        3      0,631


Beispiel mꜢr
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      Übersicht zu mꜢr mit den Daten aus dem TLA
                        Position types token     TTR




Beispiel mꜢr
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mꜢr: Diagramm
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mꜢr: Detailansicht
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mꜢr: Lexikalische Gravitation berechnen
30. November 2012

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Die lexikalische Gravitation


1. Jedes Wort übt einen eigenen, spezifischen Einfluss auf seine
   Umgebung aus.
2. Unterschiedliche Wörter haben unterschiedliche Diagramme. Diese
   Diagramme bilden die Spezifika eines Wortes ab.
3. Es gibt eine obere Grenze für den Einfluss eines Wortes auf seine
   Umgebung.
4. Die Spanne des Einflusses ist von dem jeweiligen Wort abhängig.
5. Die lexikalische Gravitation ist nicht symmetrisch.
6. Man kann zwischen semantischer und grammatikalischer Gravitation
   unterscheiden.




Allgemeine Annahmen
30. November 2012

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Jnp.w – Anubis
30. November 2012

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                               Häufige Phrasen im Textcorpus:
                               ḥtp-ḏi̯ nzw ḥtp-ḏi̯ Jnp.w ...
                               (Einleitung der Opferformel)
                               ⇒ Großer Einfluss bis zur
                               Position -3!




Die linke Seite bei Jnp.w
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ḥtp-ḏi̯ – Anfang der Opferformel
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                               Häufige Phrasen im Textcorpus:
                               ḥtp-ḏi̯ nzw ḥtp-ḏi̯ Jnp.w ...
                               (Einleitung der Opferformel)
                               ⇒ Großer Einfluss bis zur
                               Position -2!




Die linke Seite bei ḥtp-ḏi̯
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Die lexikalische Gravitation




                               Häufige Phrasen im Textcorpus:
                               ḥtp-ḏi̯ nzw ḥtp-ḏi̯ Jnp.w ...
                               (Einleitung der Opferformel)
                               ⇒ Geringe lexikalische Varianz
                               an Position 1!
                               ⇒ Stark formalisierte Umgebung
                               nach ḥtp-ḏi̯ führt zu einem
                               langsamen Anstieg auf der
                               rechten Seite.




Die rechte Seite bei ḥtp-ḏi̯
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Die lexikalische Gravitation




                               Nach der Negation n steht als
                               Prädikat eine Verbalform. An
                               zweiter Stelle folgt eine
                               Nominalphrase als Subjekt,
                               häufig ein Suffix.
                               ⇒ Geringere lexikalische Varianz
                               an Position 2 als an Position 1
                               führt zu dem Knick!




Grammatikalische Gravitation: Negation n
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jmn.tj – westlich
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                               80 verschiedene
                               Wörter
32 verschiedene
Wörter




jmn.tj – westlich
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Die lexikalische Gravitation




                               -4    -3   -2     -1      1

                               69    58   41     32     80

                               82    73   216   273     179

                               qrs   =f   m     zmy.t   jꜢwi̯




jmn.tj – westlich
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Die lexikalische Gravitation


qrs.tj=f m zmy.t jmn.tt jꜢwi̯ nfr
      Er möge in der westlichen Wüste bestattet werden, wenn er
schön alt ist.
aber auch bei weiblichen Grabbesitzerinnen:
qrs.tj=s m zmy.t jmn.tt jꜢwi̯.tj nfr


Variationen, z.B.:
qrs.tj=s m zmy.t jmn.tt nb.t-jmꜢḫ-ḫr-nṯr ẖkr.t-nzw Wsr.t-k Ꜣ
        Sie möge bestattet werden in der westlichen Begräbnisstätte, die
        Herrin der Ehrwürdigkeit vor Gott und Schmuck des Königs,
Useret-ka. (Mastaba der Useret-ka)

jmn.tj: Häufigste Phrase und Variationen
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nfr – schön
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nb – jeder
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Suffix =f
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sḏm – hören
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jri̯ – machen
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mwt – sterben – hieroglyphisch-hieratisch
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mwt – sterben – demotisch
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nw – sehen
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rʾ – Mund
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rn – Name
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tp – Kopf
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ḥr – Gesicht
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nṯr – Gott – demotisch
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nṯr – Gott – hieroglyphisch-hieratisch
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rʾ – Mund – demotisch
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Die lexikalische Gravitation




rn – Name – demotisch
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(Fehlende) Symmetrie der lexikalischen Gravitation

Die lexikalische Gravitation ist auf beiden Seiten unterschiedlich stark.
Welche Seite stärker beeinflusst wird, hängt vor allem von der Wortart ab.
Rechts-orientierte Gravitation (nur im Vordemotischen ausgeprägt):
• Substantive
• Verben
Links-orientierte Gravitation:
• Suffixe
• Adjektive



Symmetrie
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(1) Typischer Kotext eines Wortes




Anwendungsbeispiele
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nzw – König
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Fast 1000mal:
ḥtp-ḏi̯ als Beginn
der Opferformel




nzw – König
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m-bꜢḥ – Präposition
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m-ẖnw – Präposition
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ḫr – Präposition
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       Position -2             Position -1




m-bꜢḥ – Präposition
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       Position -2             Position -1




m-ẖnw – Präposition
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Die lexikalische Gravitation



       Position -2             Position -1




ḫr – Präposition
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Die lexikalische Gravitation


(1) Typischer Kotext eines Wortes
(2) Eingeschränkter Gebrauch eines Wortes




Anwendungsbeispiele
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pw – Kopula
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m – Präposition
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Kardinalzahl
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ḫpr – werden
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ḥꜢ.tt – Öl
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snṯr – Weihrauch
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(1) Typischer Kotext eines Wortes
(2) Eingeschränkter Gebrauch eines Wortes
(3) Synonymvergleich




Anwendungsbeispiele
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Die lexikalische Gravitation




jb – Herz (links) und ḥꜢ.tj – Herz (rechts)
30. November 2012

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ḥm – Diener (links) und bꜢk – Diener (rechts)
30. November 2012

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Die lexikalische Gravitation


                         Position –1 bei ḥm




                         Position –1 bei bꜢk




Einfluss der (Possessiv-)Artikel
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(1) Typischer Kotext eines Wortes
(2) Eingeschränkter Gebrauch eines Wortes
(3) Synonymvergleich
(4) Wortfelduntersuchung




Anwendungsbeispiele
30. November 2012

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ḫft.j – Feind
30. November 2012

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rq.w – Widersacher
30. November 2012

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sbj – Feind
30. November 2012

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ẖꜢk-jb – Feind
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                               Die 3
                               häufigsten
                               Wörter:
                               =f (256mal)
                               =k (184mal)
                               =j (32mal)




ḫft.j – Feind
30. November 2012

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                               Die 3
                               häufigsten
                               Wörter:
                               =f (15mal)
                               =k (4mal)
                               sbḫ.t (3mal)




rq.w – Widersacher
30. November 2012

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                               Die 3 häufigsten
                               Wörter:
                               m (29mal)
                               =k (17mal)
                               n-Genitiv (14mal)




sbj – Feind
30. November 2012

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                               Die 3
                               häufigsten
                               Wörter:
                               m (6mal)
                               msḏi̯ (5mal)
                               m-m (4mal)




ẖꜢk-jb – Feind
30. November 2012

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                               Token-   davon     Prozent
                               anzahl   Suffixe
                     ḫft.j      681      480      70,5%

                    rq.w        34        19      55,9%

                     sbj        171       24      14,0%

                    ẖꜢk-jb      37        0         0%


Suffixe an Position 1 bei Feindesbezeichnungen

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