Ergonomisches Arbeiten in der Zahnmedizin und als Zahnarzt ist essenziell um lange genug Spass und Freude an der Arbeit zu haben und um körperliche Beschwerden zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern.
2. Ergonomie
Der Begriff "Ergonomie" setzt sich aus 2 griechischen Wörtern
(Sprachwurzeln) zusammen:
ergon = Arbeit , Werk
nomos = Gesetz, Ordnung
Die Ergonomie befasst sich also
mit den Gesetzmäßigkeiten zur
Gestaltung menschlicher Arbeit
Foto: Kavo
3. Spezielle Problematik in der zahnärztlichen Praxis
Die Arbeitsweise des Zahnarztes ist gekennzeichnet durch:
• Knappe, automatische Kurzbewegungen, die die verschiedenen
Arbeitshaltungen verbinden ; statische Arbeitsweise mit Zwangshaltungen
• Eingeschränkter Bewegungsraum am
Patientenstuhl
• Arbeitsfeld im Patientenmund ist schlecht
zugänglich und, besonders bei ungünstiger
Patientenlagerung, oft nur begrenzt
einsehbar
• Oft schlechte Beleuchtungsverhältnisse
Grafik: Kavo
4. Die Folge
Die beruflichen Arbeitsabläufe in ihrer täglichen, jahrelangen Wiederholung
führen zu Beschwerden an verschiedenen Organen und Organsystemen:
Körperliche Leiden
• Stütz- und Bewegungsapparat (Rückenschmerzen, Epicondylitis
[Tennisarm], Verspannungen in der Muskulatur, Kopfschmerzen usw.)
• Herz-Kreislauf-System, Atemorgane (Komprimierung der rechten
Lungenflügel), Sinnesorgane, Zentralnervensystem und Haut
Seelische Leiden
• Stress
• Psychische Sättigung
• Geistige Ermüdung
• Monotonie
später Wirkungseintritt,
jedoch dann irreversibel
5. Beschwerden nach Körperregion
Hauptbeschwerden bei der zahnärztlichen Tätigkeit liegen im Stütz- und
Bewegungsapparat. Besonders Rücken-, Nacken- und Schulterbereich sind
betroffen.
Grafik: Kerschbaum, Hilgers,2000 „Ergonomie heute - eine Umfrage“
6. Abhängigkeit von der Behandlungsdauer
Beschwerden im Nacken und Schulterbereich nicht abhängig von der
Behandlungsdauer, Wirbelsäulenbeschwerden jedoch schon.
Grafik: Kerschbaum, Hilgers,2000 „Ergonomie heute - eine Umfrage“
7. Art der Einsichtnahme
Indirekte Sicht hatte bezüglich der Beschwerdehäufigkeit im Nacken- und
Schulterbereich eindeutige Vorteile gegenüber der direkten Sicht
Grafik: Kerschbaum, Hilgers,2000 „Ergonomie heute - eine Umfrage“
8. Die Problematik des Sitzens
Stehen: vor ca. 1,75 Millionen Jahren aufrechte
Körperhaltung Wirbelsäule charakteristische Sförmige Krümmung mit konkaver Biegung im
Lendenbereich
Liegen: Hüftgelenke 45°-Winkel angebeugt
vordere u. hintere Oberschenkelmuskulatur im
Gleichgewicht.
Sitzen: Hüfte um 90° gebeugt (60° Hüftbeugung,
die übrigen 30° nach hinten gekipptes Becken)
Streckung der Krümmung der Lendenwirbelsäule:
angespannte Haltung u. Belastung der
Lendenwirbelsäule
Grafik: Raab, Kursskript Präventivzahnmedizin Poliklinik für Zahnerhaltung
und Präventive Zahnheilkunde
9. Sitzposition - Unruheherde des Rückgrates
konkave Krümmung
im Lendenbereich
verringert
vordere Ränder der
Wirbelkörper werden
zusammengedrückt
Belastung erhöht
sich von 140 kg auf
170-300 kg
Bild: http://www.kavo.de/Aktuelles/
10. Die ideale Sitzhaltung
Merkmale einer idealen Sitzposition
Winkel in den Hüftgelenken ca. 45°: Muskeln der Körpervorder- und hinterseite im Gleichgewicht und der Körperschwerpunkt eher oberhalb
der stützenden Grundlage als dahinter
natürliche S-Form der Wirbelsäule wird aufrecht erhalten
freies Gleichgewichthalten und einfacher Gebrauch von Armen,
Oberkörper und Kopf ist gewährleistet
Grafik: Mandal, A. C., „The Seated Man“ in: Applied Ergonomics, 19-26
(1991)
11. Sitzhaltung des Behandlers - Idealposition
Die Idealposition (Referenzlage) des Zahnarztes wird von der
Weltzahnärztegesellschaft, der Fédération Dentaire Internationale (FDI),
wie folgt definiert:
Die Armhaltung soll locker, hängend und
dicht am Körper sein
angewinkelte Unterarme aufstützen
Fingerspitzen befinden sich am
Behandlungspunkt in der mittleren Sagittalebene,
in der Höhe des Herzens
Handgelenke sollen nicht angespannt sein
die Hände und nicht arbeitenden Finger sollen
abgestützt sein
Grafik: Morita, Das ergonomische Konzept von Dr. Beach
12. Sitzhaltung des Behandlers - Idealposition
Die Idealposition des Zahnarztes wird von der Weltzahnärztegesellschaft,
der Fédération Dentaire Internationale (FDI), wie folgt definiert:
aufrecht und nicht verdreht sitzen
Füße flach auf den Boden stellen
Unterschenkel sind in einer vertikalen Position
Oberschenkel sind leicht geneigt und bilden
einen Winkel von ca. 30°
Kopf nur leicht beugen, die Interpupillar-Linie
ist horizontal ausgerichtet
Grafik: Morita, Das ergonomische Konzept von Dr. Beach
13. Idealposition - Beinstellung
Die Oberschenkel liegen
zu etwa 2/3 auf der
Sitzfläche.
Die knienahen Drittel
beider Beine bleiben ohne
Unterstützung
Richtig
Falsch
15. Stellung der Füße
Bei der
Patientenbehandlung stehen
beide Füße flach auf dem
Boden
Richtig
Falsch
16. Die Armhaltung
Oberarme und Ellbogen
folgen der Schwerkraft und
hängen locker herab, die
Ellbogen stehen nicht ab und
der Unterarm ist vor dem
Körper
17. Die Position der Hände
Die Hände werden etwa vor der Spitze des Sternums gehalten, noch
besser etwas drunter
Augen-Objektabstand (Abstand
Augen zum Arbeitsfeld
Patientenmund) ca. 33-38 cm!
(optimal durch den Gebrauch
einer Lupenbrille möglich da
Abstand für das Präzisionssehen
25-30 cm beträgt!)
Diese Arbeitshaltung ermöglicht die beste
Kraftentfaltung bei gleichzeitig minimaler
statischer Muskelanspannung
Grafik: www.Morita.com
Foto: http://www.zahnarztpraxiseicher.de/zahn_behandlung/parodontalbehandlung.htm
33-38 cm
10°-25°
18. Behandlungsposition zu zweit
Behandlerposition variiert zwischen 9:00
und 12:00 Uhr
Assistenz zwischen 2:00 und 3:00 Uhr
Beine verzahnt wie ein Reißverschluss
Fußhebel bedienbar, evtl. mit dem
äußeren (=rechten) Fuß.
19. Erhaltung der stabilen Referenzlage
Die fünf wesentlichen Bewegungen zur Erhaltung der
stabilen Referenzhaltung
1. Änderung der Position des Zahnarztes
2. Rechts-links-Drehung des Kopfes des Patienten
3. Veränderung des Winkels der maxillaren Okklusalebene
4. Änderung der Mundöffnung
5. Änderung der Höhe des Patienten
Grafik: Morita, Das ergonomische Konzept von Dr. Beach
20. Lagerung des Patienten
Die oberste Maxime bei der Behandlung ist immer die gesunde
Körperhaltung des Praxisteams
Bei der Patientenpositionierung gibt es 3 Grundpositionen:
a) Aufrecht sitzend bei Anamnese u. Besprechung der Behandlung, beim
Spülen, eventuell Chirurgie und Abdrucknahme.
b)
Halb liegend bei Arbeiten im UK.
c) Liegend mit überstreckten Kopf bei Arbeiten im OK.
Bild: http://www.kavo.de/Aktuelles/
21. Aufrechte Sitzposition
Beim Gespräch mit dem Patienten wird dieser so positioniert, dass er
mindestens gleichauf, möglichst aber höher sitzt als Behandler, weil sich
dies als für den Kommunikationsprozess günstig herausgestellt hat.
Weitere Behandlungen in der aufrechten Position sind:
• Extraktion
• Abdrucknahme
• Okklusionskontrolle
• Gesichtsbogenregistrierung
Bild: http://planmeca.com
22. Arbeiten am Oberkiefer
Bei einer Behandlung im OK gilt:
Körperlagerung: Verbindungslinie zwischen Kopf und Füßen des
Patienten parallel zum Boden
Patientenkopf möglichst weit überstrecken!
Besonders gute Sicht
in der 12 Uhr Position!
Grafik: Reitmeier et al. 2012,, Arbeitshaltung des Zahnarztes, Thieme Verlag
Morita, Das ergonomische Konzept von Dr. Beach
23. Arbeiten am Unterkiefer
Bei einer Behandlung im UK gilt:
Patient halb liegend lagern
Füße etwas tiefer als der Kopf
Neigung des Patientenkopfes je nach Betrachtungsfläche / Zahn
Grafik: Reitmeier et al. 2012,, Arbeitshaltung des Zahnarztes, Thieme Verlag
Morita, Das ergonomische Konzept von Dr. Beach
24. Ausrüstungskonzept - Basiskonzept
Merkmale des Basiskonzeptes 1
(„Split Unit“) nach Kimmel:
• Zahnarztelement rechts vom
Patienten
• Sitzposition Zahnarzt zwischen 9
und 10 Uhr
• Mitarbeiterinnenelement links
vom Patienten
• Sitzposition Helferin zwischen 1
und 3 Uhr
• Zweckmäßige und kreuzungsfreie
Abläufe und Greifwege
Grafik: Kimmel K. Basiskonzepte. DS2002; 22: 51–53
25. Sitz- und Arbeitshaltung korrekt?
Bild: http://www.morita.com/europe/cms/website.php?id=/de/news.htm
Fotos: Mo. Rezazadeh
26. Sitz- und Arbeitshaltung korrekt?
Bild: http://www.morita.com/europe/cms/website.php?id=/de/news.htm
Fotos: Mo. Rezazadeh
29. Ausgleich für die Belastung
Selbst bei optimaler Arbeitshaltung und Patientenlagerung erfordert die
zahnärztliche Tätigkeit viel statische Haltearbeit der Muskulatur. Um
Dadurch: Bewegungsdefizite und einseitige muskuläre Überlastung
Sport ist eine gute Ausgleichsmöglichkeit.
Trainingsdauer und Intensität: Wirkungsvoller Trainingseffekt zeigt sich
erst ab drei Stunden Sport pro Woche. Bei Abständen der Trainingszeiten
von mehr als zehn Tagen ist der Trainingseffekt völlig wirkungslos
Gymnastik während eines
Arbeitstages oder nach
Feierabend
Bilder: http://www.kavo.de/Aktuelles/
http://www.xo-care.com/de/produkte
https://www.ukb.uni-bonn.de
Studenten beim „Kontaktküpfen“ Bild: Mo
30. Was bringt die Zukunft?
Bilder: http://www.kavo.de/Aktuelles/
http://www.xo-care.com/de/produkte
https://www.ukb.uni-bonn.de
31. Noch Fragen?
Bitte zögern sie nicht uns zu kontaktieren falls irgendwelche Fragen bestehen.
Mohammad Rezazadeh
Kontaktadresse: mrezazadeh@ukachen .de