Finanz und Wirtschaft: Artikel über Klout Ranking mit SMI-Unternehmen
1. 10 Samstag, 11. Juli 2015 · Nr. 54Technologie
Konzerne bewegen sich agil in Social Media
SCHWEIZ Ob YouTube, Twitter, LinkedIn oder Facebook – die meisten Unternehmen haben die Bedeutung des Themas erkannt. Nur bei den Kleinen hapert es.
THORSTEN RIEDL
E
in Tweet hat genügt: 107 Zeichen
haben gut 80 Mio. Fr. Börsenwert
des kleinen Softwarehauses Myriad
vernichtet. Der auf Leerverkäufe spezia
lisierte Broker Gotham City Research
hatte in seiner Nachricht auf dem
Kurzmitteilungsdienst Twitter geschrie
ben, man shorte nun Myriad. Eine Reak
tion des Opfers gab es nicht, weder offi
ziell–nochüberdiesozialenMedien.Spe
kulationensindTürundTorgeöffnet.Zum
Glück ist solche Unbedarftheit in Sachen
Social Media inzwischen die Ausnahme
bei hiesigen Gesellschaften. «Schweizer
Unternehmen bewegen sich agil in den
sozialen Medien – viele Kunden erwarten
dies», erklärt Marcel Härtlein, zuständig
für den digitalen Wandel bei der Bera
tungs- und Prüfgesellschaft KPMG. «Vor
allem die junge Generation setzt auf eine
Auswahl digitaler Zugangspunkte.»
Facebook, Twitter, YouTube, LinkedIn,
Pinterest, Xing, Instagram – ob Text, Foto,
Video, Freunde oder Kollegen, für alles
und jeden gibt es im Internet Treffpunkte.
UndimZweifelsfalltriffteinUnternehmen
dort auf die eigenen Kunden: Gemäss
Studien des auf Internet-Themen speziali
sierten Marktforschungsinstitut Net-
Metrix nutzen 3,2 Mio. Schweizer regel
mässig soziale Netzwerke, über alle Alters
gruppen 58% der Bevölkerung. Beim
genaueren Blick tut sich allerdings ein
digitaler Graben auf: Bei den 14- bis
35-Jährigen tauschen sich fast 90% aller
über soziale Netze aus, bei den 36- bis
54-Jährigen sind es nur noch 65%, bei den
Silver Surfern über 55 Jahren gar nur 40%.
MitBlickaufdieKundenvonmorgenführt
also keinWeg an Social Media vorbei.
Nestlé im Kreuzfeuer
Myriad ist nicht das einzige Unterneh
men, das auf die harte Tour gelernt hat,
welche Bedeutung Social Media heutzu
tage haben. Nestlé wurde vor fünf Jahren
schon ins Kreuzfeuer genommen auf den
sozialen Kanälen. Greenpeace hatte im
Frühjahr 2010 ein Video auf YouTube
gestellt und den Gebrauch von Palmöl in
Kitkat kritisiert. Ein Zulieferer des
Nahrungsmittelkonzernsdamalshattedie
Zutat auf Kosten des Lebensraums von
Orang Utans gewonnen, so der Vorwurf.
Zunächst versuchte, Nestlé das Green
peace-Video beiYoutube zu löschen – was
zu einem weltweiten Sturm der Empö
rung auf Facebook, Twitter & Co. führte.
Die bessere Strategie: Das Unternehmen
holte wenig später Pete Blackshaw als
Hauptverantwortlichen für digitale The
men.Erführteunteranderemein24-Stun
den-Monitoring aller sozialen Kanäle ein.
Besonders Unternehmen, die wie
Nestlé im engen Kontakt zuVerbrauchern
stehen,bespielennundiesozialenKanäle.
Die bedeutendsten Konzerne aus dem
SMI sind Credit Suisse, UBS und Swatch
(vgl. Tabelle). Gemessen wird dies am
Klout Score. Die Kennziffer ist umstritten,
will aber über das blosse Summieren der
Follower oder Likes gehen: Klout misst die
Reputation eines Unternehmens in vier
zehn sozialen Netzen und berechnet den
Klout Score aus HundertenVariablen.
Das Gros der SMI-Konzerne ist seit
fünf, sechs Jahren aktiv, wie eine FuW-
Umfrage ergeben hat. Vom blossen Expe
rimentieren der Anfangsjahre haben sich
die Unternehmen entfernt. «Wir haben
2013 begonnen, mehr Struktur in das
Thema zu bringen», erklärt etwa stellver
tretend SGS-Sprecherin Françoise Rein.
Ein Jahr später habe das Management
team eine Social-Media-Strategie erstellt.
Wie bei SGS werden soziale Medien als
Teil des Kommunikationsmix gesehen.
Operativ wird das Thema dann von der
Kommunikationsabteilung betreut. «In
allen wichtigen Regionen kommunizieren
Mitarbeitende der Abteilung Communi
cations & Branding auf Social Media», sagt
so UBS-Sprecher Fabio Sonderer.
Die hinteren Plätze im Ranking der
SMI-Gesellschaften belegen Unterneh
men, die vorwiegend im Kontakt mit Ge
schäftskunden stehen. Richemont und
JuliusBärfehlenganz.Beidebewegensich
im Netz so gut wie gar nicht auf sozialem
Terrain. «Nicht alle müssen sich beim
Thema Social Media engagieren – aber
alle können», sagt dazu Gustavo Salami,
Chef der Social-Media-Agentur Kuble.
«Wenigstens Themen und Rivalen sollten
Unternehmen im Netz beobachten.»
Kleinere ohne Chance
Auch kleinere Gesellschaften seien schon
häufig im Social Web unterwegs. «Dort
fehlen aber häufig die Ressourcen», er
klärt Salami. Er empfiehlt grundsätzlich
auf bestimmte, für ein Unternehmen re
levanteThemen zu setzen, und sich nicht
indenKanälenzuverlieren.Keinschlech
ter Rat, in einem Segment, in dem fast im
Monatsrhtythmus neue Spieler auftau
chen – und in dem es selbst bei den Gros
sen wie Twitter unklar ist, wo genau die
Reise hinführt.
Salami von Kuble erwartet, dass das
Auswerten der verschiedenen Kanäle in
Verbindung mit Big-Data-Analysen wich
tiger wird. Autobauer beispielsweise
nutzenschonjetztSocialMedia,umRück
meldungen zu Prototypen zu bekommen.
MittelfristigwerdederBegriffSocialMedia
aber verschwinden, erwartet KPMG-
Berater Härtlein. «Der Austausch über
diese Kanäle wird integrierter Bestandteil
der Kommunikationsstrategie.»
BILD:DADORUVIC/REUTERS
Hier ein Tweet, da ein Like: Die sozialen Kanäle rücken als Kommunikationsinstrument in den Vordergrund.
SMI-Konzerne in den Social-Media
Klout-Score von SMI-Unternehmen
Credit Suisse 87,2
UBS 84,6
Swatch 83,1
Nestlé 70,4
Novartis 65,9
Zurich 65
Syngenta 63,8
Roche 63,3
ABB 62,5
Swiss Re 59,1
Swisscom 58,7
Adecco 57,2
SGS 47,3
Actelion 46,4
Holcim 46
Givaudan 41,7
Transoceanvalue 39,6
Geberit 32,2
EFLAMM MORDRELLE
Unter 5000 Fr. ist eine Armbanduhr der
Marke Hublot nicht zu haben. Meist kos
tet sie einVielfaches. Da liegt es nahe, dass
KäuferdieGewissheithabenmöchten,ein
Original erstanden zu haben. Durch die
digitale Authentifizierung von Objekten
versucht das Genfer IT-Sicherheitsunter
nehmen Wisekey Konsumenten diese
Gewissheit zu vermitteln. Dank eines
spezifischen Patents sei Wisekey der ein
zige Anbieter im Markt der digitalen
Objektauthentifizierung, sagt Gründer
und CEO Carlos Moreira im Gespräch mit
«Finanz undWirtschaft».
Um die Expansion in den US-Markt zu
finanzieren, will das Unternehmen im
drittenQuartaldenGangandieSchweizer
Börse wagen. Es hatte schon im Februar
ein Listing an der US-Technologiebörse
Nasdaq angestrebt, es dann jedoch ab
geblasen. Und auch in den Vorjahren
war immer wieder von einer möglichen
Kotierung die Rede. Dieses Mal sei das
Ziel, «etwa 20% des Kapitals listen zu
lassen und zwischen 60 und 100 Mio. Fr.
einzusammeln».
Zukunftsträchtiges Geschäft
Die digitale Objektauthentifizierung sei
derzeit die «Cashcow» und mache 65 bis
70% des Umsatzes aus, erklärt Moreira.
Luxusgüter sind offensichtliche Artikel,
die ihren Wert aus ihrer Provenienz ablei
ten, doch potenziell ist jegliche Art von
Objekten, etwa Autoteile, medizinische
Produkte oder gar Identitäten im Internet,
auf zweifelsfreie Authentifizierung ange
wiesen. Dieses Geschäft ist mit Blick auf
das Internet der Dinge und vor dem Hin
tergrund der Debatte über Datensicher
heit vielversprechend. Die Chancen ste
hen für das Unternehmen in diesem Kon
text besser als noch vor ein paar Jahren,
Investoren zu überzeugen.
Umsatzzahlen gibt die 1999 gegrün
deten Wisekey nicht bekannt. Dass das
Cybersicherheitsgeschäft in der Schweiz
mit rund 35 Mitarbeitenden abgewickelt
wird, ergänzt durch ein Entwicklungs
zentrum in Vietnam, lässt jedoch schlies
sen, dassWisekey eine kleine Nummer ist.
Tech-Unternehmen dieser Grössenord
nung, die wachsen wollen, sind meist
auch nicht profitabel.
Im Nachgang der NSA-Affäre ist das
Thema Cybersicherheit in aller Munde.
Neben den grossen US-Cloud-Anbietern
wie Amazon oder Microsoft tun sich
Märkte auf: «Die Schweizer Herkunft ist
schwer zu kopieren», sagt Moreira zum
Alleinstellungsmerkmal von Wisekey,
«Konsumenten müssen nicht nur dem
Unternehmen, sie müssen auch dem
Land vertrauen, dem sie ihre Daten anver
trauen», ergänzt er. In Zusammenarbeit
mit Swisscom bietet Wisekey deshalb
private Cloud-Lösungen an, bei denen
DateninSchweizerDatencenterngelagert
werden, je nach Sicherheitsstufe auch in
Bunkern in den Alpen.
Alles noch offen
«Wir werden in den kommenden sechs
Monaten entscheiden, ob es zu einem Lis
ting, zu einem IPO oder zu einer anderen
Transaktion kommt», sagt der CEO und
schiebt nach, auch einVerkauf des Unter
nehmensseieineOption.DieaktuelleUn
sicherheit erschwere es, den geeigneten
Zeitpunkt zu finden. Hinzu kommt, dass
esinderSchweizseitdemBörsengangdes
Chipentwicklers U-Blox 2007 keine Kotie
rung einer Technologiegesellschaft gege
ben hat. Moreira führt aus, das Umfeld für
ein Unternehmen aus dem Cybersecurity
bereich sei grundsätzlich positiv, die Be
wertungen in diesem Markt seien in den
vergangenen 24 Monaten stark gestiegen.
Aktien von IT-Sicherheitsfirmen wie die
Nasdaq-kotierten FireEye, Palo Alto Net
works oder Fortinet gehen teils durch die
Decke (vgl. Chart).
Die Schweiz ist kein ideales Finan
zierungsumfeldfürTechnologieunterneh
men. Es gebe zwar Zugang zu Kapital über
frühe Investoren (Business Angels), dann
müsse aber schon ein Börsengang fol
gen, denn es gebe kaum Finanzierungs
möglichkeiten für Zwischenstadien, be
mängelt Moreira. Der Vorteil eines Listing
an der SIX sei denn auch die Möglich
keit einer ADR-(American-Depositary-
Receipt-)Transaktion, also einer späteren
Zweitkotierung in den USA. Bis Herbst
würden die verschiedenen Möglichkeiten
ausgearbeitet. Bis dahin sei alles noch
«Work in Progress», also offen.
Erste Tech-Kotierung seit 2007
SCHWEIZ Der Genfer IT-Sicherheitsanbieter Wisekey will den Sprung an die SIX wagen.
Quelle: Thomson Reuters / FuW
FireEye: 48.91 $, Symbol: FEYE
Palo Alto Networks angeglichen
Fortinet angeglichen
Nasdaq Composite angeglichen
Gesuchte Cybersecurity-Aktien
2013 2014 2015
20
40
60
80
100
120
Microsoft will 7800
Stellen streichen,
vor allem im
Handysegment.
Zudem plant der
Softwarekonzern
einen Abschreiber
von 7,8 Mrd. $ auf
den Geschäftsbe
reich, der durch
den Kauf von
Nokia entstanden ist. Nach dem Schritt
von CEO Satya Nadella ist es nun mehr
als fraglich, ob das Unternehmen im
Smartphone-Segment noch eine
Chance gegen Apple und Google hat.
Im Herbst 2013 hat Microsoft für ins
gesamt 7,2 Mrd. $ die Handysparte von
Nokia gekauft, damals noch unter Steve
Ballmer als CEO. Erklärtes Ziel war es,
«das Beste von Microsoft und das Beste
von Nokia» zu vereinen. Das ist offenbar
misslungen.DerMarktanteilvonSmart
phones mit Windows-Betriebssystem
liegt gemäss Marktforschungsinstitut
Gartner weltweit bei 3%. Geräte von
Samsung, Lenovo & Co. mit Google-
Software kommen auf 81%, den Rest in
Höhe von 15% vereinnahmt Apple.
Nadella schwenkt jetzt auf eine
Nischenstrategie. Es soll weniger neue
Geräte geben. Im Blick hat er Geschäfts
kunden, preisbewusste Käufer und
Windows-Liebhaber. Der Kurs weckt
Befürchtungen, Microsoft könne sich
ganz aus dem Smartphone-Bereich
verabschieden. Dem Segment kommt
besonders mit Blick auf Windows 10
einigeBedeutungzu.DasneueBetriebs
system erscheint Ende Juli und soll PC,
Smartphone und Tablets verbinden.TR
Microsoft zieht
sich zurück
USA Softwarekonzern schreibt
Handy-Sparte fast komplett ab.
Quelle: Thomson Reuters / FuW
Microsoft
Kurs: 45 $
Nasdaq Composite angegl.
12 13 14 15
20
30
40
50
Kurz notiert
GrossauftragfürImplenia: Das führende
Bauunternehmen hat im Immobilien
projekt Pont-Rouge der SBB in Genf
einen Auftrag als Totalunternehmer ge
wonnen. Implenia realisiert die erste
Etappe der Überbauung mit einem Vo
lumen von 250 Mio. Fr. Erstellt werden
Büros und Gewerberäume, ergänzende
Infrastrukturen sowie Wohnungen. Die
Arbeiten starten am 1. September und
werden im Herbst 2018 abgeschlossen.
Siegfried und Celgene bleiben Partner:
Der Pharmazulieferer Siegfried und das
Pharmaunternehmen Celgene verlän
gern ihre enge Zusammenarbeit. Dabei
übernimmt Celgene ein bereits von
ihr genutztes Siegfried-Produktionsge
bäude. Die Schweizer werden Celgene
wiederum in der Herstellung von Wirk
substanzen unterstützen. Analysten at
testieren Celgene für die nächsten zwei
JahreWachstumsraten von 20%.
Georg Fischer steigt in 3D-Druck ein: Die
GF-DivisionGFMachiningSolutionsund
der deutsche 3D-Druck-Spezialist EOS
haben eine strategische Kooperation ver
einbart. Durch die Kombination der
Technologien beider Unternehmen sol
len Kunden aus dem Formen- undWerk
zeugbau innovative integrierte Lösungen
angeboten werden können. GF trägt mit
diesemSchrittderzunehmendenBedeu
tung des 3D-Drucks Rechnung.
Swiss Life baut Immobilienfonds aus:
Der Lebensversicherer Swis Life baut
dasergänzendeVermögensverwaltungs
geschäft für Dritte aus. Noch dieses Jahr
werden ein Fonds von 400 Mio. Fr. mit
deutschen Wohn- und Geschäftsliegen
schaften sowie ein Gefäss von 500 Mio.
Fr. mit Schweizer Immobilien lanciert.
Swiss Life betreut für institutionelle und
private Anleger bereits 34 Mrd. Fr., er
gänzend zum unternehmenseigenen
Vermögen von 149 Mrd. Fr.