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Hochhaus als Stadtgebirge
Vom Scheibenhochhaus zum Stadtgebirge
Marko Stanojevic
3
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2015
Horw, 19.01.2016
Verfasser:
Marko Stanojevic
Englischgrussstrasse 4
6006 Luzern
Dozenten:
Dr. Christoph Wieser
Dr. Oliver Dufner
Lucerne University of Applied Sciences and Arts
Hochschule Luzern Technik und Architektur
Abstract
Die Arbeit befasst sich mit der Entstehung des Stadtgebirges
vom Scheibenhochhaus. Theorien von Le Coburiser und
Walter Gropius wurden angeschaut. Danach wird das
Scheibenhochhaus und ihre Kernelemente analyisert, welche
dazu führen, dass es ein Stadtgebirge wird. Im Hauptteil wird
die Siedlung Lochergut vertieft betrachtet. Das Stadtgebirge war
aus dem anonymen Scheibenhochaus entstanden. Während
dieser Zeit suchte man nach Skulpturalität und interessanten
städtebaulichen Raumbildungen.
4
5
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Inhalt
1. 	 Einleitung
2.	Stadtgebirge
3.	 Die Scheibe von Le Corbusier
4.	 Die Scheibe von Walter Gropius
5.	 a) Gebäudeform der Scheibe
	 b) Erschliessungsformen
	 c) Sektionshaus
	 c) Doppel-Sektionshaus
6. 	 Beiheimatung durch Variabilität
7.	 Die Lage der Siedlung im Quartier
8.	 a) Wohnungen
	 b) Erschliessung
	 c) Horizontalismus in Fassade
9. 	 Schlussbetrachtung
6
1. Einleitung
Die Arbeit beschreibt die Entstehung vom Scheibenhochhaus
zum Stadtgebirge der Siedlung Lochergut in Zürich. Das
Gebäude interessiert mich, weil es ein spezielles Volumen
hat, welche ich nicht verstanden habe und aus diesem Grund
untersuche ich es. Durch die Theorien Le Corbusier und Walter
Gropius ist das Scheibenhochhaus entstanden und in der Welt
verbreitet. Danach bediene ich mich bei zwei Büchern, welche
aus den 60er Jahren kommen und auch das Lochergut, als
Wettbewerbsprojekt erwähnt wird. Mein Ziel dieser Arbeit ist
es, dass ich die Entstehung des Stadtgebirges aufzeigen kann.
Zuerst will ich die theoretischen Arbeiten von Le Corbusier
und Walter Gropius anschauen, welche sich mit der Scheibe
befassen. Danach durch Theorien aus den Büchern aufweisen,
dass sich die Scheibe weiter entwickelt hat und zu einem
Stadtgebirge geworden ist. Meine These baut sich auf dieses
Thema auf, wie man vom Scheibenhochhaus zum Stadtgebirge
kommt. Der Hauptteil der Arbeit befasst sich mit dem Beschrieb
der Siedlung Lochergut im städtebaulichen Sinn. Ich untersuche
in der Arbeit nur das Lochergut und werde keinen Vergleich
mit anderen Siedlungen machen, welche eine ähnliche
Silhouette haben. Die ersten Texte der Arbeit sind Theorien zum
Scheibenhochhaus. Danach geht es um den Beschrieb der
7
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Scheibe und im Hauptteil das Lochergut vertieft angeschaut.
Das Wohnhochhaus hat sich entwickelt und sich als eine moderne
Wohnform etabliert. Scheibenhochhäuser sind meistens eintönig,
welches ein pulsierendes, städtisches Leben nicht zulassen. 1
Die
Entwicklung dieser neuen Wohnform knüpft an die Architekten
unserer Zeit, wie Le Corbusier und Walter Gropius. 2
Im Rahmen
dieser Arbeit will ich den Ursprung des Scheibenhochhauses
verfolgen.
„Ohne ihre gesellschaftlichen Einheiten zu teilen und neue Zellen
zu bilden, wächst die Stadt unorganisch weiter, durchbricht wie
ein Krebsgeschwür altes Gewebe und bildet ein Übermass an
neuem, gestaltlosem Gewebe.“ 3
Lewis Mumford
Durch die Entwicklung des Wohnhochhauses sind neue, teils
realisierbare und utopische Projekte entstanden. Charakteristisch
dafür sind die Versuche, vom traditionellen kubischen
Hochhausköper abzukommen und neue Formen zu finden. 4
These:
Das Stadtgebirge ist durch das Scheibenhochhaus entstanden.
1 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 7
2 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 47
3 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 7
4 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 10
8
2. Stadtgebirge
Die sechs scheibenartigen Hochbauten, die sich als
Wohngebirge über die gewachsene Stadt erheben, befinden
sich im pulsierenden Kreis 4. Das Umfeld ist dicht und gedrängt
bebaut. Das Lochergut besteht aus einer Scheibe mit sechs
aneinander gebauten Häusern an der Seebahnstrasse und einem
kleineren Haus an der Sihlfeldstrasse. Die Stadt erwarb das
rund grosse Areal und schrieb 1959, in einer Epoche grosser
Wohnungsnot, den Wettbewerb aus. Verlangt war eine hohe
Dichte sowie viel Grünfläche. Das führte zu einer Lösung mit
Hochhäusern, was dem Zeitgeist entsprach. Den Wettbewerb
gewann der Architekt Karl Flatz. Gegen Höhe und Dichte der
Siedlung erhob sich Widerstand. Schliesslich bewilligte der
Regierungsrat statt ursprünglich 28 geplanten Stockwerken 22.
Das Lochergut entstand aus der Kritik an der Gartenstadt. Ab den
50er Jahren vermisste man die städtische Atmosphäre. 1
1 	 Stadt Verwaltung Zürich Siedlungsdokumentation Nr.22
**
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m Regierungsrat um drei Geschosse reduziertes definitives Projekt mit 351 Wohnungen. (Architekt Karl Flatz)
Großüberbauung Lochergut — ein
wichtiger Beitrag zur Bekämpfung
er Wohnungsnot in Zürich
s Lochergut in Zürich 4, in unmittelbarer Nähe einer gro¬
n Wohnkolonie der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich
legen, wird nach mannigfaltigen und zum Teil heftigen Dis¬
ssionen und Auseinandersetzungen überbaut.
Seit rund 30 Jahren interessierte sich die ABZ für dieses
undstück, das sich im Besitze der Stadt befindet. Sie wollte
e benachbarte Wohnkolonie erweitern und ihren 2330
ohnungen eine weitere Kolonie beifügen. Die städtischen
ehörden konnten sich jedoch nicht entschließen, das Gelände
zutreten.
Vor einigen Jahren trat eine private Bauorganisation mit
nem großzügigen Überbauungsplan vor die Öffentlichkeit
d versuchte, die Stimmbürger für ihr Projekt zu begeistern.
uch hier war die Stadt nicht gewillt, das Land abzutreten,
s sie für den kommunalen Wohnungsbau vorgesehen hatte.
Am 20. Januar 1963 legte der Stadtrat den Stimmbürgern
ch Überwindung etlicher Schwierigkeiten ein Überbauungs¬
ojekt vor, das mit großer Mehrheit angenommen wurde. Es
urde ein Kredit von rund 24 Millionen Franken bewilligt.
Die Stimmberechtigten erteilten bereits am 13. Dezember
59 für die Erstellung von 1200 kommunalen Wohnungen,
e in den nächsten Jahren bezugsbereit sein sollen und nach
n Bestimmungen über den sozialen Wohnungsbau zu ver¬
eten sind, zu Lasten des Außerordentlichen Verkehrs einen
edit von 13 Millionen Franken. Dieser soll zur Verbilligung
r Mietzinse dienen. Im Rahmen dieser Aktion wurden be¬
ts für die Erstellung der städtischen Wohnkolonien Luchs¬
wiesen sowie Hardau Abschreibungsbeiträge von 350 000 Fran¬
ken beziehungsweise 2 024 000 Franken bewilligt. Außerdem
ist in Aussicht genommen, an folgende städtische Wohnkolo¬
nien ebenfalls Beiträge ä fonds perdu zu Lasten des eingangs
erwähnten Kredites zu erteilen: Salzweg mit 60 Wohnungen,
Hirzenbach mit 48 Wohnungen, Unter-Affoltern mit 620
Wohnungen sowie an die im Projekt der Überbauung Locher¬
gut enthaltenen Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues.
Die nachfolgenden Angaben über das nun zur Ausführung
gelangende Projekt Lochergut wurden der Weisung des Stadt¬
rates entnommen.
Bei der Überbauung Lochergut sollen nicht nur Wohnun¬
gen zu den Bedingungen des sozialen Wohnungsbaues, sondern
auch solche im allgemeinen Wohnungsbau, wie sie für ge¬
meinnützige Baugenossenschaften in Betracht kommen, sowie
freitragende Wohnungen ausgeführt werden. Bisher haben die
Stadt und auch die von ihr geführten Stiftungen für Betagte
und für kinderreiche Familien hauptsächlich nur Wohnungen
im sozialen Wohnungsbau erstellt. Um die Mieterstruktur auf¬
zulockern und um die Finanzierung zu erleichtern sowie um
den besonderen Eigenheiten der großen Überbauung im Lo¬
chergut Rechnung zu tragen, soll bei diesem Objekt ein neuer
Weg beschritten werden, indem kommunale Wohnungen für
verschiedene Schichten der Bevölkerung vorgesehen werden,
wobei der Anteil der Sozialwohnungen mit rund 54 Prozent
überwiegt.
Die verkehrsmäßig sehr günstige, aber stark exponierte
Lage des Baugrundstückes - die Arbeitsplätze in den Indu¬
striequartieren wie auch im Stadtzentrum können von diesem
Standort aus in kurzer Zeit, vielfach sogar ohne Verkehrs¬
mittel, erreicht werden - veranlaßte den Stadtrat, einen öf¬
fentlichen Projektwettbewerb durchführen zu lassen. Das vom
Stadtrat im August 1958 genehmigte Wettbewerbsprogramm
61
r Karl Flats, Arch.,
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Schnitt West—Ost
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snützung des Grund¬
Baumasse durch pla¬
ch und führt zur Be¬
d Wegfahrten zu den
bahnstrasse. Einzelne
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osse Distanz der Ab¬
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Perspektive von der Badenerstrasse aus
mber 1969
573
Abb. 1.	 Vom Regierungsrat
um drei Geschosse
reduziertes definiti-
ves Projekt mit 351
Wohnungen. Aus:
Wohnen 38 (1963),
S. 61.
Abb. 2.	 Perspektive von der
Badenerstrasse aus.
Aus: Schweizeri-
sche Bauzeitung 77
(1959), S. 571.
9
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 3.	 Oben Westfassade, unten Erdgeschoss. Aus: Wohnüberbauung Lochergut, 1972. S. 6.
Abb. 4.	 Schnitt West—Ost. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 6.
10
3. Die Scheibe von Le Corbusier
Die zentralen Themen von Le Corbusier waren „Wohnung und
Stadt“. Mit dem Idealplan einer zeitgemässen Stadt von (Une
ville contemporaine) entwickelte Le Corbusier im Jahr 1922
seine ersten Vorstellungen vom Wohnhochhaus. Die Hochhäuser
bildeten die Strukturelemente der Stadt. Im Idealplan von Le
Corbusier wurde die „Lotissements a rédents“ in Mäanderform
als Wohnhochhausbebauung vorgeschlagen. 5
Die mäanderartige
Form des Wohnhochhauses wurde bei verschiedenen
städtebaulichen Projekten in Genf (1933), Stockholm (1933),
Antwerpen (1933), Algier (1930) angewandt.6
Die ersten Wohnhochhäuser von Le Corbusier findet man in Algier
1933 (Durand). Dort findet man freistehende, langgestreckte
Baukörper eines Wohnhochhauses.7
Bei der Stadtplanung
Nemours (1934) in Nordafrika nahm das Wohnhochhaus die reine
kubische Form einer Scheibe an. Bei 18 riesigen, freistehenden
Volumen entstand eine Uferstadt. Damit hatte Le Corbusier die
typische Form der Scheibe gefunden, die er schliesslich zur
endgültigen Form in der Unité d’Habitation weiterentwickelte.8
5 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 47
6 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 53
7 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 54
8 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 55
Abb. 5.	 une ville contempo-
raire. fondationlecor-
busier.fr
Abb. 6.	 Erste Scheiben in
Algier 1933. Aus:
Wohnhochhäusers
1967, S. 54.
Abb. 7.	 18 freistehende
Scheiben in Ne-
mours. Aus: Wohn-
hochhäusers 1967,
S. 54.
11
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Zur gleichen Zeit beschäftigte sich Le Corbusier auch
mit der Form des Wohnhochhauses, das ursprünglich
für Bürohochhäuser entwickelt wurde. Eine T-förmige
Grundrisslösung mit abgeschwenkten Endtrakten, im Vergleich
zu Nemours eine aufwendige baukörperliche Konzeption.
Im Gegensatz zur Hochhausscheibe, welche nur durch die
Komposition mehrerer Volumen eine städtebauliche Raumbildung
zulässt, werden mit dieser Gebäudeform bereits Räume durch
die abgeknickten Gebäudetrakte angedeutet. Diese Form
des Wohnhochhauses schlag er in seiner Planung für die
Stadt Hellocourt in Lothringen vor. All diese Projekte blieben
theoretische Werke und dienten für die Weiterentwicklung
zeitgemässer Wohnformen. Sie waren Voraussetzungen für die
ersten Ausführungen nach dem zweiten Weltkrieg. 9
Die ausgeführten Wohnhochhäuser von Le Corbusier sind
Einzellösungen und keine Lösungen einer neuen Stadt.
Die Scheibenhäuser sind Elemente einer neuen Wohnform,
welche gemischt mit Punkthäuser, andere Hausformen und
Gemeinschaften einer neue Stadt bilden. 10
9 	 		 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 5
10 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 10
Abb. 8.	 Abgeknickte Gebäu-
deform in Hellocourt.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 56.
12
11 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 57 - 58
12 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 60 - 61
4. Die Scheibe von Walter Gropius
Ein weiterer Impuls für die Entwicklung der Scheibe ging
auch vom Walter Gropius aus. Das Ziel war freistehende
Scheibenhochhäuser mit grossen Zwischenräumen. Für
Walter Gropius ging es gegen die Mietskasernen mit ihren
lichtlosen Höfen. An der Internationalen Tuberkulosekongress in
Washington 1908 forderte Augustin Reys, dass die Orientierung
der Wohnungen zur Sonne die wichtigste Grundlage zukünftiger
Stadtplanung sein müsse. Die logische Konsequenz zog
Gropius, dass er zeilen- und streifenförmigen Bebauung wählte.
Seitdem wurde dies als neues städtebauliches Ideal über die
Welt verbreitet. Durch das Umdenken von der Blockbebauung
zur Zeile entstanden bessere Besonnungsmöglichkeiten und die
Durchlüftung der Wohngebiete erhöhte sich.11
1929 arbeitete Gropius an einem Wettbewerb für die
Siedlung Spandau-Haselhorst und erarbeitet ein Konzept mit
scheibenförmigen Häusern. Diese Arbeit gab den Anstoss,
für die Entwicklung des Gebäudetyps, welche man nach dem
zweiten Weltkrieg vorfinden kann. Walter Gropius bemühte sich
um das Scheibenhochhaus als neue Wohnform zu etablieren,
jedoch stiess er auf taube Ohren. Erst im Jahr 1934 wurde in
Holland das erste Arbeiterhochhaus, der Bergpolder, nach den
Vorstellungen von Gropius in einer Rotterdamer Arbeitersiedlung
Abb. 9.	 Wettbewerb für die
Siedlung Spandau-
Haselhorst. Aus:
milanoartexpo.com.
13
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
13 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 64 - 65
14 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 64 - 65
inmitten von dicht bebauten drei- bis viergeschossigen Häusern
als zehngeschossiges Scheibenhochhaus errichtet. Dieser Bau
wurde zu einem Markstein in der Entwicklung der Scheibe. 12
Für einen Wettbewerb entwarf Gropius ein Scheibenhochhaus-
Projekt eines Uferstreifens am Wannsee in West-Berlin, wo er
eine Staffelung von 15 Scheiben vorsah. Die Projekte von Gropius
hatten einen grossen Widerstand in Deutschland. Die schlanken,
leichten Scheibenhochhäuser wirkten auf die Menschen
ungewohnt und befremdend. 13
„When in the beginning oft he 30`s I recomended the high
apartment buildings as a legitimate type of housing, i was
ridiculed in the whole german press. Now thirty years later, i have
to put the brakes in with the authorities in Berlin that this type of
housing is not overdone“. 14
Walter Gropius
Abb. 11.	 Staffelung von
15 Scheiben. Aus:
Wohnhochhäusers
1967, S. 65.
Abb. 10.	 Erstes Scheiben-
hochhaus nach Gro-
pius in Rotterdam.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 59.
14
5.a Gebäudeform der Scheibe
Die Baukörperform der Scheibe bezeichnet, die äussere
Erscheinungsform und die Grundrissform des Hauses. Es
handelt sich um die Proportionsverhältnisse (scheibenförmiges
Gebäude). Solche Scheiben findet man bei Le Corbusier und
Walter Gropius. So gibt es das Mäanderhaus, Kurvenhaus und
das Kettenhaus, welches zum Scheibenhaus zugeordnet sind.
Es wurden Versuche unternommen, Wohnbauten mit abgestuften
Dachterrassen oder gefalteten bzw. gefächerten Fassaden zu
entwerfen. Diese Gebäudeformen werden als Staffelhäuser
bezeichnet und können als Sonderlösungen verstanden werden.
Sie entstanden aus Bemühen für eine bessere Besonnung,
reichere Baukörpergestaltung für das Städtebild, welches nach
einer Gemeinschaftsbildung sucht. 15
15 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 153
Abb. 12.	 Wohnhochhaus Fa-
san in Stuttgart. Aus:
Wohnhochhäusers
1967, S. 154.
15
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
5.b Erschliessungform
Scheibenhäuser werden durch ihre Art von Erschliessung
charakterisiert. Sie werden auch als Ganghaus beschrieben. Die
Wohnungen im Ganghaus werden durch einen Erschließunggang
mit kombinierter Verkehrsführung (Vertikal- und Horizontalverkehr)
erreicht. Zuerst sieht man eine Übereinstimmung zwischen
der Form des Scheibenhauses und der Gangerschliessung.
Jedoch ist diese Gleichförmigkeit nicht immer zutreffend, da
Scheibenhäuser auch mit Punkterschliessung gebaut wurden. Die
Punkt- und Gangerschliessung können sich durch eine Mischform
ergänzen. Bei diesen Scheibenhochhäusern wurde eine
Aneinanderreihung von punktförmiger Gebäudeteile (Sektionen)
charakterisiert. Solche Häuser werden auch als Sektionshäuser
bezeichnet. So gibt es das Mittelganghaus, Innenganghaus,
Aussenganghaus und Laubenganghaus.16
Beim Lochergut
findet man einen Ausganghaus vor. Im Wohnhochhaus wurden
durch die Möglichkeiten der Verkehrsführung, eine Vielzahl
von Erschliessungsformen herausgebildet. Nach dem zweiten
Weltkrieg wurden die Erschleissungsformen variiert, so dass
heute eine Vielzahl verschiedenen Hochhaustypen existiert. 17
16 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 154 - 155
17 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 154 - 155
Abb. 13.	 Wohnhochhaus Fa-
san, Wohngeschoss.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 155.
16
5.c) Sektionshaus
Die reinste Form der Punkterschliessung findet man im
Sektionshaus; einer Gebäudeart, die durch Aneinanderreihung
mehrerer Gebäudesegmente charakterisiert ist, welche durch
Brandmauern begrenzt sind. Die Elemente für den Verkehr
sind auf einen Punkt konzentriert, von dem aus die Wohnungen
erschlossen werden. Beim 2-Spänner-Typ kann sich die Wohnung
nach zwei Himmelsrichtungen orientieren, d.h. Querlüftung
haben. Beim 3-Spänner-Typ ist die mittlere Wohnung nur
einseitig orientiert. Das Sektionshaus ist somit städtebaulich frei
orientierbar. Die Varianten der Sektionserschließung ergeben sich
durch verschiedenartiger Anordnung von Aufzug und Treppe
sowie deren Lage im Grundriss. 18
18 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 163-165
Abb. 15.	Sektionsgrundriss.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 164.
Abb. 14.	Sektionsgrundriss.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 164.
17
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
5.d) Doppelsektionshaus
Um das Sektionshaus in den Hochhausbestimmungen
anzupassen, wurden zwei Sektionen der Verkehrswege zu
einer Funktionseinheit gebracht, indem man die Verkehrskerne
miteinander verbindet.19
Bei der Siedlung Lochergut findet
dies auch statt. Man verbindet zwei Sektionen durch einen
Gang. Jede Sektion teilt sich eine Treppe und einen Aufzug. Es
handelt sich um eine Mischform zwischen Punkterschliessung
und Gangerschliessung. Zudem sind die Vertikalverkehrsträger
aus dem Baukörper herausgelöst. Eine solche
Doppelsektionslösung verwandte man bei einem Wohnhochhaus
in Berlin. Charkteristisch für den Typ ist der auf engsten Raum
untergebrachte Verkehrskern mit der Treppe und dem Aufzug. 20
19 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 173
20 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 173
Abb. 16.	Doppelsektionen,
Verteilergeschoss.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 174.
Abb. 17.	Doppelsektionen,
Normalgeschoss.
Aus: Wohnhochhäu-
sers 1967, S. 174.
18
6. Beiheimatung durch Variabilität
Betrachtet man die Forderung nach Vielfalt und Abwechslung,
so münden alle Themen in die Variabilität. Das war eines der
Kernprobleme an denen die Architekten gearbeitet haben.
Das Bemühen um eine plastische Bildung von Fassade und
Baukörper fand in den 60er Jahren statt.21
Variabilität wurde
bei der Siedlung Lochergut durch den Wohnungsschlüssel,
der Fassadenstruktur und der Baukörperkomposition erreicht.
Somit erreicht Karl Flatz eine Unverwechselbarkeit. Durch die
Komposition der Baukörperreihungen mit unterschiedlichen
Geschosszahlen und Versetzungen wurde eine Plastik mit
individuelleren Raumbildungen erreicht. Die Bedeutung dieser
Gestaltungsmöglichkeiten war wichtig, da man Sehnsucht nach
individuellen, unverwechselbaren Formen von städtischen
Lebensbereiche suchte. Es entsteht eine architektonische Form
mit dem Ziel einer Individualität im grossen Masstab, auch unter
den Bedienung der Standardisierung im Rahmen des industriellen
Bauens. Das Ziel war dem Bewohner eine persönliche Identität
mit seiner Umgebung zu geben. Die Gestaltungstendenzen
des Wohnhochhauses in Europa ging in der Richtung der
Plastizität. Der Wunsch jedes Bewohners, sich mit der seiner
baulichen Umgebung zu identifizieren (Beheimatung), wurde
durch Monotonie erschwert. Dieses Gefahr bestand bei grossen
21 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 235
19
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 18.	 Vogelperspektive auf die Siedlung. e-pics.ethz.ch.
20
Abb. 19.	 Das Wohngebirge von Norden gesehen. Die Wohnungen liegen nach West und Ost. In den Nordgiebeln
erscheinen lediglich kleine Badezimmerfenster. Aus: Bauen + Wohnen, S. 125.
21
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Scheibenhäuser. Monotonie förderte die Anonymität und das
Gefühl der Vereinsamung.22
Die Siedlung hat eine Individualität
im städtebaulichen Massstab. Es ist ein grosser Wohnkomplex als
unverwechselbarer Teil des Quartiers. Die Bedienung zu dieser
Zeit war, aus industriellen Elementen einen Charakter zu geben.23
Wenn man in den vielen Planungen der letzten Jahre vor 1966
etwas Gemeinsames erkennen kann, dann ist es eine Abkehr von
der anonymen Behälter-Architektur. 24
Damals trafen zwei neue Tendenzen, die zu einer geänderten
städtebaulichen Ordnung geführt haben: Das Verlangen nach
Plastizität des Baukörpers und die Suche nach bergenden
Raumformen. Daraus resultierte der Wunsch, Anfang und Ende
eines Bauwerkes zu definieren, der Grundrissfigur eine plastische
Qualität zu geben. 25
22 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 240
23 	 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 244
24 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 40
25 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 21
22
7. Die Lage der Siedlung im Quartier
Die Gebäudeformen vom Lochergut wird als Doppel-
Sektionshaus bezeichnet, welche als eine Weiterentwicklung
der Scheibe verstanden wird. Das Gebäude ist eine
zusammengesetzte Doppel-Sektionsgruppe, welche mit
verschiedenen Höhen im Quartier steht. Es findet eine Abstufung
der Volumen statt. Es besteht aus sieben Türmen, die 7 bis
21 Geschosse haben und von 24 bis 61.5 Meter steigen. Das
Gebäude wirkt nicht wie eine Scheibe, welche den Blick in
ein dahinter liegendes Wohnviertel abriegelt. Man findet die
grosse Piazza hinter dem Haus und vorne die stark befahrene
Seebahnstrasse. Durch das Stellen des Volumen, wie bei der
Zeilenbauweise, bekommt man eine optimale Sonnenbestrahlung
für alle Räume in allen Wohnungen in allen Häusern. Dieses
Theorie stammt von Walter Gropius. Dadurch dass der Grundriss
nicht geradlinig sondern versetzt wird entsteht Körperhaftigkeit.
Durch die Vor- und Rücksprünge entsteht eine abgestufte
Gliederung und eine Plastizität. Durch Aneinanderreihung von
Sektionen bildet sich eine städtebauliche lebendige Gliederung.
Die Sektionen sind quadratische oder rechteckig und sind
durch Brandmauern getrennt. Durch die einfache Addition von
Volumen findet eine lebendige Gruppenbildung statt, ohne dass
sich Wohnungsgrundriss oder Erschliessungssystem ändern.
23
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
welches eines der letzten Reservegrundstücke in Citynähe
darstellt, überhaupt freizuhalten. Das ist nun leider nicht ge¬
lungen, weil die politischen Parteien im Zeichen der herr¬
schenden Wohnungsnot forderten, hier möglichst rasch und
möglichst viele billige Wohnungen zu erstellen. Im vergan¬
genen Jahr wurde sogar eine sozialdemokratische Motion
eingereicht, die den Stadtrat zwang, entsprechende Schritte
zu unternehmen, um die Bebauung vorzubereiten. Auf die
Grundfrage, ob es richtig war, das Areal jetzt schon freizu¬
geben, kann hier nicht näher eingetreten werden; es sollen
nur die Massnahmen geschildert werden, die als Folge dieses
Entschlusses zu ergreifen waren.
1. Bauvorschriften
Das Grundstück befindet sich noch in der Kernzone der
Stadt, die eine sechsgeschossige, geschlossene Bauweise zu-
lässt. Bei spekulativer Auswertung wäre mittels Randüber-
bauungen beidseits einer neuen Erschliessungsstrasse und
längs den bestehenden Strassen die Ausnützungsziffer 3,0
erreicht worden; zwei enge Höfe hätten sich so ergeben.
Diese wären früher (zur Zeit der Einführung des Bau¬
gesetzes 1893) von den damaligen Wohnbauproduzenten be¬
stimmt gebaut worden. Heute denkt man anders. Die ver¬
alteten Vorschriften gelten zwar immer noch, obwohl sich
die Vorstellungen über den Städtebau seither gewaltig ge¬
wandelt haben und die unterschiedlichen Forderungen an
den städtisch bebauten Boden enorm gestiegen sind.
Der ausschreibenden Behörde war es von Anfang an
klar, dass die massive, aus den Vorschriften errechenbare
Ausnützungsmöglichkeit niemals als Grundlage für den
Wettbewerb dienen konnte. Ein vor kurzem von privater
Seite eingereichtes Projekt sah für das Areal 500 Wohnungen
vor, was zur Folge gehabt hatte, dass sich diese Zahl bei
Laien und Politikern als erstrebens- und erreichbares Ziel
einprägte. Es ist auch zu betonen, dass die Stadt, sofern
es sich wie im vorliegenden Fall um konkrete Bauvorhaben
handelt, nicht ohne weiteres «abzonen» kann, denn die Ge¬
setze der Wirtschaftlichkeit, des Liegenschaftenmarktes und
schliesslich des Rechtes gelten sowohl für die privaten
Grundeigentümer wie auch für die Stadt selbst, die ihre
Bau- und Zonenordnung doch erst vor wenigen Jahren er¬
lassen hat und auch bei der Revision derselben nicht daran
gedacht hatte, die Vorschriften der Kernzone den neuen
städtebaulichen Forderungen anzupassen. Jedes Gespräch
über eine kräftige Abzonung blieb angesichts des hier zur
gggllwurf Nr. 26, 461 Wohnungen; 163 179 mS; Ausnützungsziffer 2,39;
Wirtschaftlichkeit günstig. Das Projekt weist einen stark geglie¬
derten Haupkörper mit Schwerpunkt im südöstlichen Geländeteil auf
sowie drei Nebenbauten mit Laubengang. Ein Einkaufszentrum ist an
ÖpB|Eeke Badener-/Sihlfeldstrasse angeordnet.
Vorteile: Gute Gliederung des Hauptkörpers und schön propor¬
tionierte Nebenbauten. Reiche Differenzierung des Fussgängerbezirks
mit Schaffung einer zweiten Ebene auf einem Teil des Areals. Gün¬
stige Stellung aller Baukörper zur umliegenden Bebauung. Durch
seitliche Staffelung der Baukörper Erzielung einer vorteilhaften
Orientierung. Zweckmässige Lage der Läden zur Strasse und unter¬
einander. Gute Durchbildung und Aufteilung des Erdgeschosses und
der Eingangshallen ini Hochbaukomplex. Ausreichende Zahl von Auf¬
zügen. Kurze, gut belichtete Erschliessungskorridore. Schöne und
Interessant gegliederte, quer belüftete Wohnungen mit guter Bezie¬
hung der Essplätze zu den Küchen. Einfaches Konstruktionsschema.
vom Moment der ersten Entscheidung an mit einer sehr
hohen Ausnützung rechnen. Wieviel gebaut werden sollte,
war aber fraglich geblieben. Den Verfassern wurde es an¬
heimgestellt, sowohl die Anzahl der Wohnungen als auch
die Ausnützungsziffer in Vorschlag zu bringen; im Pro¬
gramm war nur die Ausnützungszahl 2,4 als Richtlinie an¬
gegeben worden.
Das Resultat liegt nun vor, und angesichts der gewal¬
tigen Baumasse werden sowohl in der Tagespresse als auch
unter Fachleuten starke Kritik an der Durchführung des
Wettbewerbes und an dessen Ergebnis geäussert. Man argu¬
mentiert etwa wie folgt: Das Projekt passe nicht in die
Umgebung, die Baumasse störe im Stadtbild, die gewählte
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1. Preis. Lageplan 1:2500
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1. Preis. Modellphoto, aus Westen
Schweiz. Bauzeitung • 77. Jahrgang Heft 36 • 3. September 1959 571
Abb. 20.	Situationplan
Abb. 21.	Die Gesamtanlage von Südwesten und der Badenestraße aus bei Morgenbeleuchtung.
Im Vordergrund Ladenzentrum und Restaurant. Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
24
Abb. 22.	Die Turmhausgruppe von Südosten her, wie sie erscheint,
wenn man stadtauswärts fährt. Aus: Bauen + Wohnen, S. 129.
25
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Der Anfang des Grundrisses nimmt andere Wohnungstypen auf,
wodurch der Rhythmus bricht und nicht unendlich weitergeführt
wird. Das Anfangs- und Schlussvolumen suchen nach einer
Gemeinschaftsbildung mit dem Kontext. Das Lochergut steht
nicht als isolierte Dominante im Wohngebiet, sondern wird mit
anderen Volumen in einem Zusammenhang gebracht. Durch die
versetzte Anordnung der Hausteile und der Akzentuierung der
Hochhausseite zur Badenerstrasse wird ein Abschluss gemacht.
Es ist eine Mischung aus Hochhäuser mit niedrigen Bauten.
Durch die Mischung entstehen, städtebaulich gesehen, größere
und reichere Möglichkeiten. Vom soziologischen Standpunkt aus
ist eine Mischung dieser Bauformen richtig. Die soziologische
Mischung findet auch durch die verschiedenen Wohngrössen
statt. Dadurch die Mischung finden städtebauliche Kontraste statt.
Das heisst ganz hoch neben ganz niedrig. Durch die Mischung
von Hochhäuser mit niedrigen Bauten, können sich die niedrigen
Bebauungen mit dem Kontext verbinden. Bei der Karl-Bürkli-
Strasse findet ein optischer Schlusspunkt mit dem niedrigen
Wohnquartier statt. Zudem findet ein hoher baulicher Abschluss
vom gefassten Platz, bei der vielbefahrenen Kreuzung der
Badenerstrasse, statt.
26
Die Silhouette vom Lochergut ist sorgfältig gesetzt worden,
welches als eine Stadtkrone wirkt. Das Hochhaus als Dominante
neben den kleineren Wohnquartier ist als Orientierungspunkt
richtig gewählt. Die Hochhausarchitektur kontrastiert im Quartier
mit der alten Bebauung. Um den Kontrast stärker hervorzuheben
sitzt der Fussabdruck des Gebäudes nicht in der Bauflucht der
alten Gebäude. Zwischen dem Wohnhochhaus und der alten
Bebauung beziehungsweise den Verbindungsbauten hat es, aus
Gründen des Kontrastes, einen grossen Höhenunterschied. Die
Höhe des Hochhauses ist fast doppelte so hoch der umgebenden
Bauten.
„Wir haben beim Bau von neuen Wohnquartiere neben der
Befriedung der verschiedenen Wohnbedürfnissen auch eine
kulturelle Aufgabe zu erfüllen. Nicht Eintönigkeit von Schlaffstädte
kann das Ziel sein, sondern lebendige Vielfältigkeit, die den
Bewohnern die neue Stadt zur Heimat macht. Das Wohnhochhaus
kann natürlich nicht wie ehemals die Kirche städtebaulicher
Höhepunkt und geistiger Mittelpunkt sein, aber es kann als
städtebauliche Dominante einem Wohnquartier ein individuelles
Gesicht geben.“ 26
26 	 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 21
27
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 23.	Das Lochergut steht inmitten eines im späten 19. Jahrhundert
erbauten Stadteils mit 5- und 6- stöckiger Randbebauungen.
Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
28
8.a) Wohnungen
Die Wohnungen bieten eine Aussicht auf Alpen und Limmattal,
auf Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Der Vorteil für die
Wohnhygiene ist, dass sie quergelüftet sind. Die Wohnungen
durchdringen die ganze Bautiefe. 35m2 Bodenfläche erlaubt
ein grosszügiges und vielseitiges Wohnen. Die Wohngrössen
sind von 1 - 4.5 Zimmer gross. Dadurch entsteht eine soziale
Mischung, was für einen grossen Wohnkomplex wichtig ist.
Neben den 351 Wohnungen gibt es auch ein Bürohaus, ein
Werkstätte für stille Berufe, ein Supermarkt und 12 kleinere Läden.
29
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
1989 Gesamterne
Aussenhülle, Fens
2006 Ladenzentr
geschoss
Projekt: pool Arch
2007 Instandsetz
garage
Arealfläche: 1614
Raumprogramm:
346 Wohnungen:
99 à 1 Zimmer 27
28 à 2 Zimmer 50
72 à 2½ Zimmer
27 à 3 Zimmer 63
92 à 3½ Zimmer
28 à 4½ Zimmer
1 Kindergarten
1 Tageshort
1 Gemeinschaftsr
Ladenzentrum mi
geschoss (Gesch
von 43-1965 m²)
1 Bistro
Tiefgarage für 297
13 Autoboxen, 26
16 Motorradplätz
23 Abstellplätze im
Zivilschutzanlage
Literatur
Schweizerische B
5/1970
Werk 2/1970 und
Wohnüberbauung
Zürich-Aussersihl
1972
NZZ am Sonntag
Tec 21, 19/2006
Hochparterre 9/2
Mehr als Wohnen
nütziger Wohnung
in Zürich 1907–20
Stadt Zürich
www.stadt-zueric
www.wbf.stadt-zu
zueriplan/wbf.asp
Dokumentation
schen Wohnsied
Bearbeitende:
yellow z, Zürich
Mathias Somandi
Philippe Mouthon
Walter Mair, Base
Herausgeberin:
Stadt Zürich
Finanzdeparteme
Liegenschaftenve
2012 © Stadt Zür
genes Beispiel platzsparender Architektur und als
wertvoller Beitrag im Kampf gegen die Wohnungs-
not gewürdigt.
Um 1980 gerieten Hochhäuser in die Kritik und gal-
ten als anonyme Wohnform mit sozialen Problemen.
Inzwischen erfahren Hochhäuser eine differenzier-
tere Beurteilung. Auch das Wohnhochhaus erlebt
eine Renaissance.
13,5 13,5
28,5 28,5
13,5
6,5
10,5 15,5 14,5
9,5
11,5
28,5 27,5
15,5
0,210,21 14,0 14,0
13,5
15,5
6,5
10,5 15,5
9,5
19,5 20,5
5,215,21
5,35,3 16,5 16,5
Oberes Wohngesch
Erschliessungsgesch
4
3
3 2
22
3
3
Oberes Wohngeschoss
Erschliessungsgeschoss
1:333
10 m0 2
Abb. 24.	Oberes Wohngeschoss. Aus: Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22.
Abb. 25.	Erschliessungsgeschoss. Aus: Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22.
30
8.b) Erschliessung
Die Siedlung besteht aus einer Mischform von Punkt- und
Gangerschliessung. Es werden zwei Sektionen der Verkehrswege
zu einer Einheit gebracht, indem man die Gänge miteinander
verbindet. Zwei Sektion verfügen über eine Treppe, eine
Fluchttreppe und einen Aufzug. Der Vertikalverkehrsträger
Aufzug und Fluchttreppe wird aus dem Baukörper angeordnet.
Die Elemente für den Verkehr werden in der Mitte der Sektionen
konzentriert, von dem aus die Wohnungen erschlossen werden.
Der Vorteil dieser Erschliessung ist, dass die Wohnungen von
auf kürzestem Weg erreicht werden. Die Aufzüge und Treppen
liegen innerhalb und ausserhalb des Gebäudes. Bei der äusseren
Erschliessung sieht man, dass man durch die Herausnahme von
Aufzug oder Treppe dem Baukörper Plastizität gibt. Dadurch
entsteht ein neues Bauglied, das zur Belebung der horizontalen
gereihten Fassade, aber auch als Verbindung zwischen
Scheibenhäusern verwendet wird. Das Ensembles ist möglich,
weil man eine Mischung der einzelnen Erschliessungsysteme
verwendet. Durch den Aussengangtyp verbindet man zwei
Sektionen. Zudem reduziert man die vertikalen Erschliessung, weil
man immer 2 Sektionen verbindet.
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und gute Ausnützung des Grund¬
s, die grosse Baumasse durch pla¬
gestalten. _
akt ist zu hoch und führt zur Be¬
. Die Zu- und Wegfahrten zu den
an der Seebahnstrasse. Einzelne
er Ostfront des Hauptblocks fallen
ssonne. Die an der Ostseite ange¬
m Modell. Grosse Distanz der Ab¬
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Perspektive von der Badenerstrasse aus
t 36 • 3. September 1969
573
Abb. 26.	Schema der Woh-
nungserschliessung
(Vertkalschnitt). Aus:
Schweizerische Bau-
zeitung, 77 (1959),
S. 573.
31
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 27.	Oberes Wohngeschoss. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 13.
Abb. 28.	Erschliessungsgeschoss. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 13.
Die Erschließungskorridore sind kurz und gut belichtet.
Auf beiden Seiten fällt Licht herein. Somit entstehen
Wohnungsgruppen. Die Wohnungserschliessung für die drei
Ebenen erfolgt über den Erschließungskorridor. Jede Sektion
hat sechs Eingangstüren auf. Die beiden jeweils äussersten
Türen erschliessen eine Geschosswohnung, die vier mittleren
Eingangstüren führen abwechselnd ein Stockwerk hinauf oder
hinunter in je zwei Geschosswohnungen.
32
8.c) Horizontalismus in der Fassade
Der Horizontalismus unterstreicht den Stappelcharakter des
vielgeschossigen Baus. Bei durchlaufenden Fensterbändern
ergibt sich ein Horizontalismus in der Fassade im Sinne
einfacher Reihung. Flächigkeit und Plastizität wird im vertikalen
als auch im horizontalen Sinn erreicht. Loggien wirken im
Volumen wie hineingedrückt. Die Grundrissform erlaubt eine
flächige Fassaden. Durch die Vor- und Rücksprünge entsteht
Schlagschatten, welche die straffe Aussenhaut und die
Einheitlichkeit des Kubus zerstört. Es kann nach oben und zu
den Seiten verlängert werden. Man sieht beim Hausabschluss
keine Bekrönung, wie früher mit einer ausgeladenen Platte. Der
Wunsch nach Geschlossenheit und Einheitlichkeit der Form wurde
angestrebt.
33
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 29.	Die Häuser bilden den Kopfbau an der stark trafikierten Badenerst-
rasse. Fassadenausschnitt mit versetzten Loggien der Wohnungen.
Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
34
9. Schlussbetrachtung
Die Untersuchungsschritte zeigen auf, dass das
Scheibenhochhaus für Anonymität steht. Durch die Vermassung
und Verletzung des Massstabes in Bezug auf den Menschen
und zur alten Stadt, ging man in den 60er Jahren in Richtung
skulpturalität des Volumen in Europa vor. Unter Vermassung im
Sinne von Architektur ist nicht an einem Gebäudetyp gebunden,
sondern an der Grad der Monotonisierung bestimmter Formen.
Eine übertriebene Anzahl gleicher Hausformen führt, wie eine
ständige Wiederholung gleicher städtebaulicher Raumbildungen,
zur Monotonie und fördert das Phänomen der Vermassung.
Bereits Le Corbusier entwarf Scheinhochhäuser für Hellocourt,
welches abgeschwenkt waren und somit eine städtebauliche
Raumbildung zulässt. Die Silhouette von Lochergut ist aus dem
Zeitgeist der 60er entstanden. Zudem ist es durch die Doppel-
Sektionshäuser und den das Mischen von Erschliessungsformen
entstanden. In den 60er Jahren war die Aufgabe, dass man
keine Eintönigkeit der Schlafstädte, sondern eine lebendige
Vielfältigkeit im städtebaulichen Sinn erreicht. Man gab
dem Bewohner dadurch eine Heimat. Das Lochergut ist ein
Mittelpunkt und eine städtebauliche Dominante im Wohnquartier,
welches ein individuelles Gesicht hat. Durch das Stadtgebirge
bekommen die Bewohner eine persönliche Identifizierung mit dem
bewohnten Bauwerk und seiner Umgebung. Die baukörperliche
35
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
Abb. 30.	Blick von der Badenerstrasse zum Stadtgebirge.
Aus: Hausbiografien.arch.ethz.ch
Vergrösserung der Siedlung keine Verletzung des menschlichen
Massstabs verursacht im Quartier, weil es ein Stadtgebirge ist
und sich mit dem Kontext verbindet. Die Geschosshäufung des
Stadtgebirges ist eine Addition von Formen, deren jede auf den
Masstab des Menschen abgestimmt ist und somit entsteht kein
Massstabsbruch. Insgesamt lässt sich der Schluss ziehen, dass
man durch Individualität im städtebaulichen Massstab ein grosses
Wohnkomplex als unverwechselbarer Teil des Quartiers gestallten
kann. Und wenn nicht das anonyme Scheibenhochhaus wäre,
dann wäre auch das Lochergut nicht entstanden.
36
Literaturliste
Hasenpflug/Gustav, Peters/Paulhans: Scheibe Punkt und Hügel. München 1966.
Humpe, Manfred: Wohnhochhäuser. Band 2 Scheibenhäuser. Berlin 1967.
Hammer, Brunhild: Wohnüberbauung Lochergut, Zürich-Aussersihl, 1972.
Dr. W. Real: Wettbewerb für die Ueberbauung des Lochergutes in Zürich- Aus-
sersihl, In: Schweizerische Bauzeitung, Band 77 (1959), S. 571 - 580.
F. Z., M.: Grossüberbauung Lochergut : ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung
der Wohnungsnot in Zürich. In: Wohnen 38 (1963), S. 61 - 64.
Citynahes Wohnhochhausquartier = Lochergut in Zürich. In: Bauen + Wohnen 21
(1967), S. 125 - 133.
Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22. https://www.
stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/fd/Deutsch/Liegenschaftenverwaltung/Gra-
fik%20und%20Foto/Siedlungsdokumentationen/22_D_Lochergut_Helv_WEB.pdf.
(17.10.2015).
ETH Zürich Departement Architektur, ETH Wohnforum – ETH CASE: Wohnüber-
bauung Lochergut. http://www.hausbiografien.arch.ethz.ch/pdf/090908_K4_
PLOTT_length(170).pdf (18.11.2015).
37
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
38
Eigenständigkeitserklärung	
Hiermit bestätige ich, ......
39
Hochhaus als Stadtgebirge	 Marko Stanojevic
MARKO STANOJEVIC - HOCHHAUS ALS STADTGEBIRGE

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MARKO STANOJEVIC - HOCHHAUS ALS STADTGEBIRGE

  • 1. Hochhaus als Stadtgebirge Vom Scheibenhochhaus zum Stadtgebirge Marko Stanojevic
  • 2.
  • 3. 3 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2015 Horw, 19.01.2016 Verfasser: Marko Stanojevic Englischgrussstrasse 4 6006 Luzern Dozenten: Dr. Christoph Wieser Dr. Oliver Dufner Lucerne University of Applied Sciences and Arts Hochschule Luzern Technik und Architektur Abstract Die Arbeit befasst sich mit der Entstehung des Stadtgebirges vom Scheibenhochhaus. Theorien von Le Coburiser und Walter Gropius wurden angeschaut. Danach wird das Scheibenhochhaus und ihre Kernelemente analyisert, welche dazu führen, dass es ein Stadtgebirge wird. Im Hauptteil wird die Siedlung Lochergut vertieft betrachtet. Das Stadtgebirge war aus dem anonymen Scheibenhochaus entstanden. Während dieser Zeit suchte man nach Skulpturalität und interessanten städtebaulichen Raumbildungen.
  • 4. 4
  • 5. 5 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Inhalt 1. Einleitung 2. Stadtgebirge 3. Die Scheibe von Le Corbusier 4. Die Scheibe von Walter Gropius 5. a) Gebäudeform der Scheibe b) Erschliessungsformen c) Sektionshaus c) Doppel-Sektionshaus 6. Beiheimatung durch Variabilität 7. Die Lage der Siedlung im Quartier 8. a) Wohnungen b) Erschliessung c) Horizontalismus in Fassade 9. Schlussbetrachtung
  • 6. 6 1. Einleitung Die Arbeit beschreibt die Entstehung vom Scheibenhochhaus zum Stadtgebirge der Siedlung Lochergut in Zürich. Das Gebäude interessiert mich, weil es ein spezielles Volumen hat, welche ich nicht verstanden habe und aus diesem Grund untersuche ich es. Durch die Theorien Le Corbusier und Walter Gropius ist das Scheibenhochhaus entstanden und in der Welt verbreitet. Danach bediene ich mich bei zwei Büchern, welche aus den 60er Jahren kommen und auch das Lochergut, als Wettbewerbsprojekt erwähnt wird. Mein Ziel dieser Arbeit ist es, dass ich die Entstehung des Stadtgebirges aufzeigen kann. Zuerst will ich die theoretischen Arbeiten von Le Corbusier und Walter Gropius anschauen, welche sich mit der Scheibe befassen. Danach durch Theorien aus den Büchern aufweisen, dass sich die Scheibe weiter entwickelt hat und zu einem Stadtgebirge geworden ist. Meine These baut sich auf dieses Thema auf, wie man vom Scheibenhochhaus zum Stadtgebirge kommt. Der Hauptteil der Arbeit befasst sich mit dem Beschrieb der Siedlung Lochergut im städtebaulichen Sinn. Ich untersuche in der Arbeit nur das Lochergut und werde keinen Vergleich mit anderen Siedlungen machen, welche eine ähnliche Silhouette haben. Die ersten Texte der Arbeit sind Theorien zum Scheibenhochhaus. Danach geht es um den Beschrieb der
  • 7. 7 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Scheibe und im Hauptteil das Lochergut vertieft angeschaut. Das Wohnhochhaus hat sich entwickelt und sich als eine moderne Wohnform etabliert. Scheibenhochhäuser sind meistens eintönig, welches ein pulsierendes, städtisches Leben nicht zulassen. 1 Die Entwicklung dieser neuen Wohnform knüpft an die Architekten unserer Zeit, wie Le Corbusier und Walter Gropius. 2 Im Rahmen dieser Arbeit will ich den Ursprung des Scheibenhochhauses verfolgen. „Ohne ihre gesellschaftlichen Einheiten zu teilen und neue Zellen zu bilden, wächst die Stadt unorganisch weiter, durchbricht wie ein Krebsgeschwür altes Gewebe und bildet ein Übermass an neuem, gestaltlosem Gewebe.“ 3 Lewis Mumford Durch die Entwicklung des Wohnhochhauses sind neue, teils realisierbare und utopische Projekte entstanden. Charakteristisch dafür sind die Versuche, vom traditionellen kubischen Hochhausköper abzukommen und neue Formen zu finden. 4 These: Das Stadtgebirge ist durch das Scheibenhochhaus entstanden. 1 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 7 2 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 47 3 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 7 4 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 10
  • 8. 8 2. Stadtgebirge Die sechs scheibenartigen Hochbauten, die sich als Wohngebirge über die gewachsene Stadt erheben, befinden sich im pulsierenden Kreis 4. Das Umfeld ist dicht und gedrängt bebaut. Das Lochergut besteht aus einer Scheibe mit sechs aneinander gebauten Häusern an der Seebahnstrasse und einem kleineren Haus an der Sihlfeldstrasse. Die Stadt erwarb das rund grosse Areal und schrieb 1959, in einer Epoche grosser Wohnungsnot, den Wettbewerb aus. Verlangt war eine hohe Dichte sowie viel Grünfläche. Das führte zu einer Lösung mit Hochhäusern, was dem Zeitgeist entsprach. Den Wettbewerb gewann der Architekt Karl Flatz. Gegen Höhe und Dichte der Siedlung erhob sich Widerstand. Schliesslich bewilligte der Regierungsrat statt ursprünglich 28 geplanten Stockwerken 22. Das Lochergut entstand aus der Kritik an der Gartenstadt. Ab den 50er Jahren vermisste man die städtische Atmosphäre. 1 1 Stadt Verwaltung Zürich Siedlungsdokumentation Nr.22 ** t» '£ /* "< m Regierungsrat um drei Geschosse reduziertes definitives Projekt mit 351 Wohnungen. (Architekt Karl Flatz) Großüberbauung Lochergut — ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung er Wohnungsnot in Zürich s Lochergut in Zürich 4, in unmittelbarer Nähe einer gro¬ n Wohnkolonie der Allgemeinen Baugenossenschaft Zürich legen, wird nach mannigfaltigen und zum Teil heftigen Dis¬ ssionen und Auseinandersetzungen überbaut. Seit rund 30 Jahren interessierte sich die ABZ für dieses undstück, das sich im Besitze der Stadt befindet. Sie wollte e benachbarte Wohnkolonie erweitern und ihren 2330 ohnungen eine weitere Kolonie beifügen. Die städtischen ehörden konnten sich jedoch nicht entschließen, das Gelände zutreten. Vor einigen Jahren trat eine private Bauorganisation mit nem großzügigen Überbauungsplan vor die Öffentlichkeit d versuchte, die Stimmbürger für ihr Projekt zu begeistern. uch hier war die Stadt nicht gewillt, das Land abzutreten, s sie für den kommunalen Wohnungsbau vorgesehen hatte. Am 20. Januar 1963 legte der Stadtrat den Stimmbürgern ch Überwindung etlicher Schwierigkeiten ein Überbauungs¬ ojekt vor, das mit großer Mehrheit angenommen wurde. Es urde ein Kredit von rund 24 Millionen Franken bewilligt. Die Stimmberechtigten erteilten bereits am 13. Dezember 59 für die Erstellung von 1200 kommunalen Wohnungen, e in den nächsten Jahren bezugsbereit sein sollen und nach n Bestimmungen über den sozialen Wohnungsbau zu ver¬ eten sind, zu Lasten des Außerordentlichen Verkehrs einen edit von 13 Millionen Franken. Dieser soll zur Verbilligung r Mietzinse dienen. Im Rahmen dieser Aktion wurden be¬ ts für die Erstellung der städtischen Wohnkolonien Luchs¬ wiesen sowie Hardau Abschreibungsbeiträge von 350 000 Fran¬ ken beziehungsweise 2 024 000 Franken bewilligt. Außerdem ist in Aussicht genommen, an folgende städtische Wohnkolo¬ nien ebenfalls Beiträge ä fonds perdu zu Lasten des eingangs erwähnten Kredites zu erteilen: Salzweg mit 60 Wohnungen, Hirzenbach mit 48 Wohnungen, Unter-Affoltern mit 620 Wohnungen sowie an die im Projekt der Überbauung Locher¬ gut enthaltenen Wohnungen des sozialen Wohnungsbaues. Die nachfolgenden Angaben über das nun zur Ausführung gelangende Projekt Lochergut wurden der Weisung des Stadt¬ rates entnommen. Bei der Überbauung Lochergut sollen nicht nur Wohnun¬ gen zu den Bedingungen des sozialen Wohnungsbaues, sondern auch solche im allgemeinen Wohnungsbau, wie sie für ge¬ meinnützige Baugenossenschaften in Betracht kommen, sowie freitragende Wohnungen ausgeführt werden. Bisher haben die Stadt und auch die von ihr geführten Stiftungen für Betagte und für kinderreiche Familien hauptsächlich nur Wohnungen im sozialen Wohnungsbau erstellt. Um die Mieterstruktur auf¬ zulockern und um die Finanzierung zu erleichtern sowie um den besonderen Eigenheiten der großen Überbauung im Lo¬ chergut Rechnung zu tragen, soll bei diesem Objekt ein neuer Weg beschritten werden, indem kommunale Wohnungen für verschiedene Schichten der Bevölkerung vorgesehen werden, wobei der Anteil der Sozialwohnungen mit rund 54 Prozent überwiegt. Die verkehrsmäßig sehr günstige, aber stark exponierte Lage des Baugrundstückes - die Arbeitsplätze in den Indu¬ striequartieren wie auch im Stadtzentrum können von diesem Standort aus in kurzer Zeit, vielfach sogar ohne Verkehrs¬ mittel, erreicht werden - veranlaßte den Stadtrat, einen öf¬ fentlichen Projektwettbewerb durchführen zu lassen. Das vom Stadtrat im August 1958 genehmigte Wettbewerbsprogramm 61 r Karl Flats, Arch., -cr~ 6 6 I. r nnnnnn riNnr ]E3E r~irri inninnrmxir-i LDL trniNnr-i ?E Schnitt West—Ost GRUNDRISS ERSCHLIESSUNG SGESCKOSS GRUNDRISS OBERES W0HNGE5CH0SS im 3D ïjjp;^: 0D ag ^^Dm Î^U.aDfi U sa ^n ii db rra UJJ """"? Dd_ £H O au meri iCS OTÏF aD D_DD asrûUfc OED sôgr HO : QöB|i| I2UHI snützung des Grund¬ Baumasse durch pla¬ ch und führt zur Be¬ d Wegfahrten zu den bahnstrasse. Einzelne es Hauptblocks fallen an der Ostseite ange¬ osse Distanz der Ab¬ m 1-, pry Ir "p*-- fc~ ^r--|._-rv }- "^ZP/£* ÎZSW ts« H5Ä^ r£ ^Sr- i'v^^ Perspektive von der Badenerstrasse aus mber 1969 573 Abb. 1. Vom Regierungsrat um drei Geschosse reduziertes definiti- ves Projekt mit 351 Wohnungen. Aus: Wohnen 38 (1963), S. 61. Abb. 2. Perspektive von der Badenerstrasse aus. Aus: Schweizeri- sche Bauzeitung 77 (1959), S. 571.
  • 9. 9 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 3. Oben Westfassade, unten Erdgeschoss. Aus: Wohnüberbauung Lochergut, 1972. S. 6. Abb. 4. Schnitt West—Ost. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 6.
  • 10. 10 3. Die Scheibe von Le Corbusier Die zentralen Themen von Le Corbusier waren „Wohnung und Stadt“. Mit dem Idealplan einer zeitgemässen Stadt von (Une ville contemporaine) entwickelte Le Corbusier im Jahr 1922 seine ersten Vorstellungen vom Wohnhochhaus. Die Hochhäuser bildeten die Strukturelemente der Stadt. Im Idealplan von Le Corbusier wurde die „Lotissements a rédents“ in Mäanderform als Wohnhochhausbebauung vorgeschlagen. 5 Die mäanderartige Form des Wohnhochhauses wurde bei verschiedenen städtebaulichen Projekten in Genf (1933), Stockholm (1933), Antwerpen (1933), Algier (1930) angewandt.6 Die ersten Wohnhochhäuser von Le Corbusier findet man in Algier 1933 (Durand). Dort findet man freistehende, langgestreckte Baukörper eines Wohnhochhauses.7 Bei der Stadtplanung Nemours (1934) in Nordafrika nahm das Wohnhochhaus die reine kubische Form einer Scheibe an. Bei 18 riesigen, freistehenden Volumen entstand eine Uferstadt. Damit hatte Le Corbusier die typische Form der Scheibe gefunden, die er schliesslich zur endgültigen Form in der Unité d’Habitation weiterentwickelte.8 5 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 47 6 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 53 7 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 54 8 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 55 Abb. 5. une ville contempo- raire. fondationlecor- busier.fr Abb. 6. Erste Scheiben in Algier 1933. Aus: Wohnhochhäusers 1967, S. 54. Abb. 7. 18 freistehende Scheiben in Ne- mours. Aus: Wohn- hochhäusers 1967, S. 54.
  • 11. 11 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Zur gleichen Zeit beschäftigte sich Le Corbusier auch mit der Form des Wohnhochhauses, das ursprünglich für Bürohochhäuser entwickelt wurde. Eine T-förmige Grundrisslösung mit abgeschwenkten Endtrakten, im Vergleich zu Nemours eine aufwendige baukörperliche Konzeption. Im Gegensatz zur Hochhausscheibe, welche nur durch die Komposition mehrerer Volumen eine städtebauliche Raumbildung zulässt, werden mit dieser Gebäudeform bereits Räume durch die abgeknickten Gebäudetrakte angedeutet. Diese Form des Wohnhochhauses schlag er in seiner Planung für die Stadt Hellocourt in Lothringen vor. All diese Projekte blieben theoretische Werke und dienten für die Weiterentwicklung zeitgemässer Wohnformen. Sie waren Voraussetzungen für die ersten Ausführungen nach dem zweiten Weltkrieg. 9 Die ausgeführten Wohnhochhäuser von Le Corbusier sind Einzellösungen und keine Lösungen einer neuen Stadt. Die Scheibenhäuser sind Elemente einer neuen Wohnform, welche gemischt mit Punkthäuser, andere Hausformen und Gemeinschaften einer neue Stadt bilden. 10 9 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 5 10 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 10 Abb. 8. Abgeknickte Gebäu- deform in Hellocourt. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 56.
  • 12. 12 11 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 57 - 58 12 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 60 - 61 4. Die Scheibe von Walter Gropius Ein weiterer Impuls für die Entwicklung der Scheibe ging auch vom Walter Gropius aus. Das Ziel war freistehende Scheibenhochhäuser mit grossen Zwischenräumen. Für Walter Gropius ging es gegen die Mietskasernen mit ihren lichtlosen Höfen. An der Internationalen Tuberkulosekongress in Washington 1908 forderte Augustin Reys, dass die Orientierung der Wohnungen zur Sonne die wichtigste Grundlage zukünftiger Stadtplanung sein müsse. Die logische Konsequenz zog Gropius, dass er zeilen- und streifenförmigen Bebauung wählte. Seitdem wurde dies als neues städtebauliches Ideal über die Welt verbreitet. Durch das Umdenken von der Blockbebauung zur Zeile entstanden bessere Besonnungsmöglichkeiten und die Durchlüftung der Wohngebiete erhöhte sich.11 1929 arbeitete Gropius an einem Wettbewerb für die Siedlung Spandau-Haselhorst und erarbeitet ein Konzept mit scheibenförmigen Häusern. Diese Arbeit gab den Anstoss, für die Entwicklung des Gebäudetyps, welche man nach dem zweiten Weltkrieg vorfinden kann. Walter Gropius bemühte sich um das Scheibenhochhaus als neue Wohnform zu etablieren, jedoch stiess er auf taube Ohren. Erst im Jahr 1934 wurde in Holland das erste Arbeiterhochhaus, der Bergpolder, nach den Vorstellungen von Gropius in einer Rotterdamer Arbeitersiedlung Abb. 9. Wettbewerb für die Siedlung Spandau- Haselhorst. Aus: milanoartexpo.com.
  • 13. 13 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic 13 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 64 - 65 14 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 64 - 65 inmitten von dicht bebauten drei- bis viergeschossigen Häusern als zehngeschossiges Scheibenhochhaus errichtet. Dieser Bau wurde zu einem Markstein in der Entwicklung der Scheibe. 12 Für einen Wettbewerb entwarf Gropius ein Scheibenhochhaus- Projekt eines Uferstreifens am Wannsee in West-Berlin, wo er eine Staffelung von 15 Scheiben vorsah. Die Projekte von Gropius hatten einen grossen Widerstand in Deutschland. Die schlanken, leichten Scheibenhochhäuser wirkten auf die Menschen ungewohnt und befremdend. 13 „When in the beginning oft he 30`s I recomended the high apartment buildings as a legitimate type of housing, i was ridiculed in the whole german press. Now thirty years later, i have to put the brakes in with the authorities in Berlin that this type of housing is not overdone“. 14 Walter Gropius Abb. 11. Staffelung von 15 Scheiben. Aus: Wohnhochhäusers 1967, S. 65. Abb. 10. Erstes Scheiben- hochhaus nach Gro- pius in Rotterdam. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 59.
  • 14. 14 5.a Gebäudeform der Scheibe Die Baukörperform der Scheibe bezeichnet, die äussere Erscheinungsform und die Grundrissform des Hauses. Es handelt sich um die Proportionsverhältnisse (scheibenförmiges Gebäude). Solche Scheiben findet man bei Le Corbusier und Walter Gropius. So gibt es das Mäanderhaus, Kurvenhaus und das Kettenhaus, welches zum Scheibenhaus zugeordnet sind. Es wurden Versuche unternommen, Wohnbauten mit abgestuften Dachterrassen oder gefalteten bzw. gefächerten Fassaden zu entwerfen. Diese Gebäudeformen werden als Staffelhäuser bezeichnet und können als Sonderlösungen verstanden werden. Sie entstanden aus Bemühen für eine bessere Besonnung, reichere Baukörpergestaltung für das Städtebild, welches nach einer Gemeinschaftsbildung sucht. 15 15 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 153 Abb. 12. Wohnhochhaus Fa- san in Stuttgart. Aus: Wohnhochhäusers 1967, S. 154.
  • 15. 15 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic 5.b Erschliessungform Scheibenhäuser werden durch ihre Art von Erschliessung charakterisiert. Sie werden auch als Ganghaus beschrieben. Die Wohnungen im Ganghaus werden durch einen Erschließunggang mit kombinierter Verkehrsführung (Vertikal- und Horizontalverkehr) erreicht. Zuerst sieht man eine Übereinstimmung zwischen der Form des Scheibenhauses und der Gangerschliessung. Jedoch ist diese Gleichförmigkeit nicht immer zutreffend, da Scheibenhäuser auch mit Punkterschliessung gebaut wurden. Die Punkt- und Gangerschliessung können sich durch eine Mischform ergänzen. Bei diesen Scheibenhochhäusern wurde eine Aneinanderreihung von punktförmiger Gebäudeteile (Sektionen) charakterisiert. Solche Häuser werden auch als Sektionshäuser bezeichnet. So gibt es das Mittelganghaus, Innenganghaus, Aussenganghaus und Laubenganghaus.16 Beim Lochergut findet man einen Ausganghaus vor. Im Wohnhochhaus wurden durch die Möglichkeiten der Verkehrsführung, eine Vielzahl von Erschliessungsformen herausgebildet. Nach dem zweiten Weltkrieg wurden die Erschleissungsformen variiert, so dass heute eine Vielzahl verschiedenen Hochhaustypen existiert. 17 16 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 154 - 155 17 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 154 - 155 Abb. 13. Wohnhochhaus Fa- san, Wohngeschoss. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 155.
  • 16. 16 5.c) Sektionshaus Die reinste Form der Punkterschliessung findet man im Sektionshaus; einer Gebäudeart, die durch Aneinanderreihung mehrerer Gebäudesegmente charakterisiert ist, welche durch Brandmauern begrenzt sind. Die Elemente für den Verkehr sind auf einen Punkt konzentriert, von dem aus die Wohnungen erschlossen werden. Beim 2-Spänner-Typ kann sich die Wohnung nach zwei Himmelsrichtungen orientieren, d.h. Querlüftung haben. Beim 3-Spänner-Typ ist die mittlere Wohnung nur einseitig orientiert. Das Sektionshaus ist somit städtebaulich frei orientierbar. Die Varianten der Sektionserschließung ergeben sich durch verschiedenartiger Anordnung von Aufzug und Treppe sowie deren Lage im Grundriss. 18 18 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 163-165 Abb. 15. Sektionsgrundriss. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 164. Abb. 14. Sektionsgrundriss. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 164.
  • 17. 17 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic 5.d) Doppelsektionshaus Um das Sektionshaus in den Hochhausbestimmungen anzupassen, wurden zwei Sektionen der Verkehrswege zu einer Funktionseinheit gebracht, indem man die Verkehrskerne miteinander verbindet.19 Bei der Siedlung Lochergut findet dies auch statt. Man verbindet zwei Sektionen durch einen Gang. Jede Sektion teilt sich eine Treppe und einen Aufzug. Es handelt sich um eine Mischform zwischen Punkterschliessung und Gangerschliessung. Zudem sind die Vertikalverkehrsträger aus dem Baukörper herausgelöst. Eine solche Doppelsektionslösung verwandte man bei einem Wohnhochhaus in Berlin. Charkteristisch für den Typ ist der auf engsten Raum untergebrachte Verkehrskern mit der Treppe und dem Aufzug. 20 19 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 173 20 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 173 Abb. 16. Doppelsektionen, Verteilergeschoss. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 174. Abb. 17. Doppelsektionen, Normalgeschoss. Aus: Wohnhochhäu- sers 1967, S. 174.
  • 18. 18 6. Beiheimatung durch Variabilität Betrachtet man die Forderung nach Vielfalt und Abwechslung, so münden alle Themen in die Variabilität. Das war eines der Kernprobleme an denen die Architekten gearbeitet haben. Das Bemühen um eine plastische Bildung von Fassade und Baukörper fand in den 60er Jahren statt.21 Variabilität wurde bei der Siedlung Lochergut durch den Wohnungsschlüssel, der Fassadenstruktur und der Baukörperkomposition erreicht. Somit erreicht Karl Flatz eine Unverwechselbarkeit. Durch die Komposition der Baukörperreihungen mit unterschiedlichen Geschosszahlen und Versetzungen wurde eine Plastik mit individuelleren Raumbildungen erreicht. Die Bedeutung dieser Gestaltungsmöglichkeiten war wichtig, da man Sehnsucht nach individuellen, unverwechselbaren Formen von städtischen Lebensbereiche suchte. Es entsteht eine architektonische Form mit dem Ziel einer Individualität im grossen Masstab, auch unter den Bedienung der Standardisierung im Rahmen des industriellen Bauens. Das Ziel war dem Bewohner eine persönliche Identität mit seiner Umgebung zu geben. Die Gestaltungstendenzen des Wohnhochhauses in Europa ging in der Richtung der Plastizität. Der Wunsch jedes Bewohners, sich mit der seiner baulichen Umgebung zu identifizieren (Beheimatung), wurde durch Monotonie erschwert. Dieses Gefahr bestand bei grossen 21 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 235
  • 19. 19 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 18. Vogelperspektive auf die Siedlung. e-pics.ethz.ch.
  • 20. 20 Abb. 19. Das Wohngebirge von Norden gesehen. Die Wohnungen liegen nach West und Ost. In den Nordgiebeln erscheinen lediglich kleine Badezimmerfenster. Aus: Bauen + Wohnen, S. 125.
  • 21. 21 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Scheibenhäuser. Monotonie förderte die Anonymität und das Gefühl der Vereinsamung.22 Die Siedlung hat eine Individualität im städtebaulichen Massstab. Es ist ein grosser Wohnkomplex als unverwechselbarer Teil des Quartiers. Die Bedienung zu dieser Zeit war, aus industriellen Elementen einen Charakter zu geben.23 Wenn man in den vielen Planungen der letzten Jahre vor 1966 etwas Gemeinsames erkennen kann, dann ist es eine Abkehr von der anonymen Behälter-Architektur. 24 Damals trafen zwei neue Tendenzen, die zu einer geänderten städtebaulichen Ordnung geführt haben: Das Verlangen nach Plastizität des Baukörpers und die Suche nach bergenden Raumformen. Daraus resultierte der Wunsch, Anfang und Ende eines Bauwerkes zu definieren, der Grundrissfigur eine plastische Qualität zu geben. 25 22 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 240 23 Wohnhochhäuser, Scheibenhäuser 1966, S. 244 24 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 40 25 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 21
  • 22. 22 7. Die Lage der Siedlung im Quartier Die Gebäudeformen vom Lochergut wird als Doppel- Sektionshaus bezeichnet, welche als eine Weiterentwicklung der Scheibe verstanden wird. Das Gebäude ist eine zusammengesetzte Doppel-Sektionsgruppe, welche mit verschiedenen Höhen im Quartier steht. Es findet eine Abstufung der Volumen statt. Es besteht aus sieben Türmen, die 7 bis 21 Geschosse haben und von 24 bis 61.5 Meter steigen. Das Gebäude wirkt nicht wie eine Scheibe, welche den Blick in ein dahinter liegendes Wohnviertel abriegelt. Man findet die grosse Piazza hinter dem Haus und vorne die stark befahrene Seebahnstrasse. Durch das Stellen des Volumen, wie bei der Zeilenbauweise, bekommt man eine optimale Sonnenbestrahlung für alle Räume in allen Wohnungen in allen Häusern. Dieses Theorie stammt von Walter Gropius. Dadurch dass der Grundriss nicht geradlinig sondern versetzt wird entsteht Körperhaftigkeit. Durch die Vor- und Rücksprünge entsteht eine abgestufte Gliederung und eine Plastizität. Durch Aneinanderreihung von Sektionen bildet sich eine städtebauliche lebendige Gliederung. Die Sektionen sind quadratische oder rechteckig und sind durch Brandmauern getrennt. Durch die einfache Addition von Volumen findet eine lebendige Gruppenbildung statt, ohne dass sich Wohnungsgrundriss oder Erschliessungssystem ändern.
  • 23. 23 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic welches eines der letzten Reservegrundstücke in Citynähe darstellt, überhaupt freizuhalten. Das ist nun leider nicht ge¬ lungen, weil die politischen Parteien im Zeichen der herr¬ schenden Wohnungsnot forderten, hier möglichst rasch und möglichst viele billige Wohnungen zu erstellen. Im vergan¬ genen Jahr wurde sogar eine sozialdemokratische Motion eingereicht, die den Stadtrat zwang, entsprechende Schritte zu unternehmen, um die Bebauung vorzubereiten. Auf die Grundfrage, ob es richtig war, das Areal jetzt schon freizu¬ geben, kann hier nicht näher eingetreten werden; es sollen nur die Massnahmen geschildert werden, die als Folge dieses Entschlusses zu ergreifen waren. 1. Bauvorschriften Das Grundstück befindet sich noch in der Kernzone der Stadt, die eine sechsgeschossige, geschlossene Bauweise zu- lässt. Bei spekulativer Auswertung wäre mittels Randüber- bauungen beidseits einer neuen Erschliessungsstrasse und längs den bestehenden Strassen die Ausnützungsziffer 3,0 erreicht worden; zwei enge Höfe hätten sich so ergeben. Diese wären früher (zur Zeit der Einführung des Bau¬ gesetzes 1893) von den damaligen Wohnbauproduzenten be¬ stimmt gebaut worden. Heute denkt man anders. Die ver¬ alteten Vorschriften gelten zwar immer noch, obwohl sich die Vorstellungen über den Städtebau seither gewaltig ge¬ wandelt haben und die unterschiedlichen Forderungen an den städtisch bebauten Boden enorm gestiegen sind. Der ausschreibenden Behörde war es von Anfang an klar, dass die massive, aus den Vorschriften errechenbare Ausnützungsmöglichkeit niemals als Grundlage für den Wettbewerb dienen konnte. Ein vor kurzem von privater Seite eingereichtes Projekt sah für das Areal 500 Wohnungen vor, was zur Folge gehabt hatte, dass sich diese Zahl bei Laien und Politikern als erstrebens- und erreichbares Ziel einprägte. Es ist auch zu betonen, dass die Stadt, sofern es sich wie im vorliegenden Fall um konkrete Bauvorhaben handelt, nicht ohne weiteres «abzonen» kann, denn die Ge¬ setze der Wirtschaftlichkeit, des Liegenschaftenmarktes und schliesslich des Rechtes gelten sowohl für die privaten Grundeigentümer wie auch für die Stadt selbst, die ihre Bau- und Zonenordnung doch erst vor wenigen Jahren er¬ lassen hat und auch bei der Revision derselben nicht daran gedacht hatte, die Vorschriften der Kernzone den neuen städtebaulichen Forderungen anzupassen. Jedes Gespräch über eine kräftige Abzonung blieb angesichts des hier zur gggllwurf Nr. 26, 461 Wohnungen; 163 179 mS; Ausnützungsziffer 2,39; Wirtschaftlichkeit günstig. Das Projekt weist einen stark geglie¬ derten Haupkörper mit Schwerpunkt im südöstlichen Geländeteil auf sowie drei Nebenbauten mit Laubengang. Ein Einkaufszentrum ist an ÖpB|Eeke Badener-/Sihlfeldstrasse angeordnet. Vorteile: Gute Gliederung des Hauptkörpers und schön propor¬ tionierte Nebenbauten. Reiche Differenzierung des Fussgängerbezirks mit Schaffung einer zweiten Ebene auf einem Teil des Areals. Gün¬ stige Stellung aller Baukörper zur umliegenden Bebauung. Durch seitliche Staffelung der Baukörper Erzielung einer vorteilhaften Orientierung. Zweckmässige Lage der Läden zur Strasse und unter¬ einander. Gute Durchbildung und Aufteilung des Erdgeschosses und der Eingangshallen ini Hochbaukomplex. Ausreichende Zahl von Auf¬ zügen. Kurze, gut belichtete Erschliessungskorridore. Schöne und Interessant gegliederte, quer belüftete Wohnungen mit guter Bezie¬ hung der Essplätze zu den Küchen. Einfaches Konstruktionsschema. vom Moment der ersten Entscheidung an mit einer sehr hohen Ausnützung rechnen. Wieviel gebaut werden sollte, war aber fraglich geblieben. Den Verfassern wurde es an¬ heimgestellt, sowohl die Anzahl der Wohnungen als auch die Ausnützungsziffer in Vorschlag zu bringen; im Pro¬ gramm war nur die Ausnützungszahl 2,4 als Richtlinie an¬ gegeben worden. Das Resultat liegt nun vor, und angesichts der gewal¬ tigen Baumasse werden sowohl in der Tagespresse als auch unter Fachleuten starke Kritik an der Durchführung des Wettbewerbes und an dessen Ergebnis geäussert. Man argu¬ mentiert etwa wie folgt: Das Projekt passe nicht in die Umgebung, die Baumasse störe im Stadtbild, die gewählte m% ~j V -3 &>. r~ ffP'vZl gli fjl SsLa v Bodener - Strasse - "TtT^f": 7. 1. Preis. Lageplan 1:2500 ^-v&v<r.-,< i« I¦k f3 AZ^Ê met «e*» A f 1. Preis. Modellphoto, aus Westen Schweiz. Bauzeitung • 77. Jahrgang Heft 36 • 3. September 1959 571 Abb. 20. Situationplan Abb. 21. Die Gesamtanlage von Südwesten und der Badenestraße aus bei Morgenbeleuchtung. Im Vordergrund Ladenzentrum und Restaurant. Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
  • 24. 24 Abb. 22. Die Turmhausgruppe von Südosten her, wie sie erscheint, wenn man stadtauswärts fährt. Aus: Bauen + Wohnen, S. 129.
  • 25. 25 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Der Anfang des Grundrisses nimmt andere Wohnungstypen auf, wodurch der Rhythmus bricht und nicht unendlich weitergeführt wird. Das Anfangs- und Schlussvolumen suchen nach einer Gemeinschaftsbildung mit dem Kontext. Das Lochergut steht nicht als isolierte Dominante im Wohngebiet, sondern wird mit anderen Volumen in einem Zusammenhang gebracht. Durch die versetzte Anordnung der Hausteile und der Akzentuierung der Hochhausseite zur Badenerstrasse wird ein Abschluss gemacht. Es ist eine Mischung aus Hochhäuser mit niedrigen Bauten. Durch die Mischung entstehen, städtebaulich gesehen, größere und reichere Möglichkeiten. Vom soziologischen Standpunkt aus ist eine Mischung dieser Bauformen richtig. Die soziologische Mischung findet auch durch die verschiedenen Wohngrössen statt. Dadurch die Mischung finden städtebauliche Kontraste statt. Das heisst ganz hoch neben ganz niedrig. Durch die Mischung von Hochhäuser mit niedrigen Bauten, können sich die niedrigen Bebauungen mit dem Kontext verbinden. Bei der Karl-Bürkli- Strasse findet ein optischer Schlusspunkt mit dem niedrigen Wohnquartier statt. Zudem findet ein hoher baulicher Abschluss vom gefassten Platz, bei der vielbefahrenen Kreuzung der Badenerstrasse, statt.
  • 26. 26 Die Silhouette vom Lochergut ist sorgfältig gesetzt worden, welches als eine Stadtkrone wirkt. Das Hochhaus als Dominante neben den kleineren Wohnquartier ist als Orientierungspunkt richtig gewählt. Die Hochhausarchitektur kontrastiert im Quartier mit der alten Bebauung. Um den Kontrast stärker hervorzuheben sitzt der Fussabdruck des Gebäudes nicht in der Bauflucht der alten Gebäude. Zwischen dem Wohnhochhaus und der alten Bebauung beziehungsweise den Verbindungsbauten hat es, aus Gründen des Kontrastes, einen grossen Höhenunterschied. Die Höhe des Hochhauses ist fast doppelte so hoch der umgebenden Bauten. „Wir haben beim Bau von neuen Wohnquartiere neben der Befriedung der verschiedenen Wohnbedürfnissen auch eine kulturelle Aufgabe zu erfüllen. Nicht Eintönigkeit von Schlaffstädte kann das Ziel sein, sondern lebendige Vielfältigkeit, die den Bewohnern die neue Stadt zur Heimat macht. Das Wohnhochhaus kann natürlich nicht wie ehemals die Kirche städtebaulicher Höhepunkt und geistiger Mittelpunkt sein, aber es kann als städtebauliche Dominante einem Wohnquartier ein individuelles Gesicht geben.“ 26 26 Neue Wohnhochhäuser, Scheibe Punkt und Hügel, 1966, S. 21
  • 27. 27 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 23. Das Lochergut steht inmitten eines im späten 19. Jahrhundert erbauten Stadteils mit 5- und 6- stöckiger Randbebauungen. Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
  • 28. 28 8.a) Wohnungen Die Wohnungen bieten eine Aussicht auf Alpen und Limmattal, auf Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Der Vorteil für die Wohnhygiene ist, dass sie quergelüftet sind. Die Wohnungen durchdringen die ganze Bautiefe. 35m2 Bodenfläche erlaubt ein grosszügiges und vielseitiges Wohnen. Die Wohngrössen sind von 1 - 4.5 Zimmer gross. Dadurch entsteht eine soziale Mischung, was für einen grossen Wohnkomplex wichtig ist. Neben den 351 Wohnungen gibt es auch ein Bürohaus, ein Werkstätte für stille Berufe, ein Supermarkt und 12 kleinere Läden.
  • 29. 29 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic 1989 Gesamterne Aussenhülle, Fens 2006 Ladenzentr geschoss Projekt: pool Arch 2007 Instandsetz garage Arealfläche: 1614 Raumprogramm: 346 Wohnungen: 99 à 1 Zimmer 27 28 à 2 Zimmer 50 72 à 2½ Zimmer 27 à 3 Zimmer 63 92 à 3½ Zimmer 28 à 4½ Zimmer 1 Kindergarten 1 Tageshort 1 Gemeinschaftsr Ladenzentrum mi geschoss (Gesch von 43-1965 m²) 1 Bistro Tiefgarage für 297 13 Autoboxen, 26 16 Motorradplätz 23 Abstellplätze im Zivilschutzanlage Literatur Schweizerische B 5/1970 Werk 2/1970 und Wohnüberbauung Zürich-Aussersihl 1972 NZZ am Sonntag Tec 21, 19/2006 Hochparterre 9/2 Mehr als Wohnen nütziger Wohnung in Zürich 1907–20 Stadt Zürich www.stadt-zueric www.wbf.stadt-zu zueriplan/wbf.asp Dokumentation schen Wohnsied Bearbeitende: yellow z, Zürich Mathias Somandi Philippe Mouthon Walter Mair, Base Herausgeberin: Stadt Zürich Finanzdeparteme Liegenschaftenve 2012 © Stadt Zür genes Beispiel platzsparender Architektur und als wertvoller Beitrag im Kampf gegen die Wohnungs- not gewürdigt. Um 1980 gerieten Hochhäuser in die Kritik und gal- ten als anonyme Wohnform mit sozialen Problemen. Inzwischen erfahren Hochhäuser eine differenzier- tere Beurteilung. Auch das Wohnhochhaus erlebt eine Renaissance. 13,5 13,5 28,5 28,5 13,5 6,5 10,5 15,5 14,5 9,5 11,5 28,5 27,5 15,5 0,210,21 14,0 14,0 13,5 15,5 6,5 10,5 15,5 9,5 19,5 20,5 5,215,21 5,35,3 16,5 16,5 Oberes Wohngesch Erschliessungsgesch 4 3 3 2 22 3 3 Oberes Wohngeschoss Erschliessungsgeschoss 1:333 10 m0 2 Abb. 24. Oberes Wohngeschoss. Aus: Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22. Abb. 25. Erschliessungsgeschoss. Aus: Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22.
  • 30. 30 8.b) Erschliessung Die Siedlung besteht aus einer Mischform von Punkt- und Gangerschliessung. Es werden zwei Sektionen der Verkehrswege zu einer Einheit gebracht, indem man die Gänge miteinander verbindet. Zwei Sektion verfügen über eine Treppe, eine Fluchttreppe und einen Aufzug. Der Vertikalverkehrsträger Aufzug und Fluchttreppe wird aus dem Baukörper angeordnet. Die Elemente für den Verkehr werden in der Mitte der Sektionen konzentriert, von dem aus die Wohnungen erschlossen werden. Der Vorteil dieser Erschliessung ist, dass die Wohnungen von auf kürzestem Weg erreicht werden. Die Aufzüge und Treppen liegen innerhalb und ausserhalb des Gebäudes. Bei der äusseren Erschliessung sieht man, dass man durch die Herausnahme von Aufzug oder Treppe dem Baukörper Plastizität gibt. Dadurch entsteht ein neues Bauglied, das zur Belebung der horizontalen gereihten Fassade, aber auch als Verbindung zwischen Scheibenhäusern verwendet wird. Das Ensembles ist möglich, weil man eine Mischung der einzelnen Erschliessungsysteme verwendet. Durch den Aussengangtyp verbindet man zwei Sektionen. Zudem reduziert man die vertikalen Erschliessung, weil man immer 2 Sektionen verbindet. ^^Dm Î^U.aDfi U sa ^n ii db rra OED sôgr HO : QöB|i| I2UHI W0HNÖESCH09S ESSUNBSGESCHOSS S W0HNGE5CH0SS und gute Ausnützung des Grund¬ s, die grosse Baumasse durch pla¬ gestalten. _ akt ist zu hoch und führt zur Be¬ . Die Zu- und Wegfahrten zu den an der Seebahnstrasse. Einzelne er Ostfront des Hauptblocks fallen ssonne. Die an der Ostseite ange¬ m Modell. Grosse Distanz der Ab¬ m 1-, pry Ir "p*-- fc~ ^r--|._-rv }- "^ZP/£* ÎZSW ts« H5Ä^ r£ ^Sr- i'v^^ Perspektive von der Badenerstrasse aus t 36 • 3. September 1969 573 Abb. 26. Schema der Woh- nungserschliessung (Vertkalschnitt). Aus: Schweizerische Bau- zeitung, 77 (1959), S. 573.
  • 31. 31 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 27. Oberes Wohngeschoss. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 13. Abb. 28. Erschliessungsgeschoss. Aus: Wohnüberbauung. Lochergut, 1972. S. 13. Die Erschließungskorridore sind kurz und gut belichtet. Auf beiden Seiten fällt Licht herein. Somit entstehen Wohnungsgruppen. Die Wohnungserschliessung für die drei Ebenen erfolgt über den Erschließungskorridor. Jede Sektion hat sechs Eingangstüren auf. Die beiden jeweils äussersten Türen erschliessen eine Geschosswohnung, die vier mittleren Eingangstüren führen abwechselnd ein Stockwerk hinauf oder hinunter in je zwei Geschosswohnungen.
  • 32. 32 8.c) Horizontalismus in der Fassade Der Horizontalismus unterstreicht den Stappelcharakter des vielgeschossigen Baus. Bei durchlaufenden Fensterbändern ergibt sich ein Horizontalismus in der Fassade im Sinne einfacher Reihung. Flächigkeit und Plastizität wird im vertikalen als auch im horizontalen Sinn erreicht. Loggien wirken im Volumen wie hineingedrückt. Die Grundrissform erlaubt eine flächige Fassaden. Durch die Vor- und Rücksprünge entsteht Schlagschatten, welche die straffe Aussenhaut und die Einheitlichkeit des Kubus zerstört. Es kann nach oben und zu den Seiten verlängert werden. Man sieht beim Hausabschluss keine Bekrönung, wie früher mit einer ausgeladenen Platte. Der Wunsch nach Geschlossenheit und Einheitlichkeit der Form wurde angestrebt.
  • 33. 33 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 29. Die Häuser bilden den Kopfbau an der stark trafikierten Badenerst- rasse. Fassadenausschnitt mit versetzten Loggien der Wohnungen. Aus: Bauen + Wohnen, S. 127.
  • 34. 34 9. Schlussbetrachtung Die Untersuchungsschritte zeigen auf, dass das Scheibenhochhaus für Anonymität steht. Durch die Vermassung und Verletzung des Massstabes in Bezug auf den Menschen und zur alten Stadt, ging man in den 60er Jahren in Richtung skulpturalität des Volumen in Europa vor. Unter Vermassung im Sinne von Architektur ist nicht an einem Gebäudetyp gebunden, sondern an der Grad der Monotonisierung bestimmter Formen. Eine übertriebene Anzahl gleicher Hausformen führt, wie eine ständige Wiederholung gleicher städtebaulicher Raumbildungen, zur Monotonie und fördert das Phänomen der Vermassung. Bereits Le Corbusier entwarf Scheinhochhäuser für Hellocourt, welches abgeschwenkt waren und somit eine städtebauliche Raumbildung zulässt. Die Silhouette von Lochergut ist aus dem Zeitgeist der 60er entstanden. Zudem ist es durch die Doppel- Sektionshäuser und den das Mischen von Erschliessungsformen entstanden. In den 60er Jahren war die Aufgabe, dass man keine Eintönigkeit der Schlafstädte, sondern eine lebendige Vielfältigkeit im städtebaulichen Sinn erreicht. Man gab dem Bewohner dadurch eine Heimat. Das Lochergut ist ein Mittelpunkt und eine städtebauliche Dominante im Wohnquartier, welches ein individuelles Gesicht hat. Durch das Stadtgebirge bekommen die Bewohner eine persönliche Identifizierung mit dem bewohnten Bauwerk und seiner Umgebung. Die baukörperliche
  • 35. 35 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic Abb. 30. Blick von der Badenerstrasse zum Stadtgebirge. Aus: Hausbiografien.arch.ethz.ch Vergrösserung der Siedlung keine Verletzung des menschlichen Massstabs verursacht im Quartier, weil es ein Stadtgebirge ist und sich mit dem Kontext verbindet. Die Geschosshäufung des Stadtgebirges ist eine Addition von Formen, deren jede auf den Masstab des Menschen abgestimmt ist und somit entsteht kein Massstabsbruch. Insgesamt lässt sich der Schluss ziehen, dass man durch Individualität im städtebaulichen Massstab ein grosses Wohnkomplex als unverwechselbarer Teil des Quartiers gestallten kann. Und wenn nicht das anonyme Scheibenhochhaus wäre, dann wäre auch das Lochergut nicht entstanden.
  • 36. 36 Literaturliste Hasenpflug/Gustav, Peters/Paulhans: Scheibe Punkt und Hügel. München 1966. Humpe, Manfred: Wohnhochhäuser. Band 2 Scheibenhäuser. Berlin 1967. Hammer, Brunhild: Wohnüberbauung Lochergut, Zürich-Aussersihl, 1972. Dr. W. Real: Wettbewerb für die Ueberbauung des Lochergutes in Zürich- Aus- sersihl, In: Schweizerische Bauzeitung, Band 77 (1959), S. 571 - 580. F. Z., M.: Grossüberbauung Lochergut : ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Wohnungsnot in Zürich. In: Wohnen 38 (1963), S. 61 - 64. Citynahes Wohnhochhausquartier = Lochergut in Zürich. In: Bauen + Wohnen 21 (1967), S. 125 - 133. Lochergut, Zürich Aussersihl, Siedlungsdokumentation Nr. 22. https://www. stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/fd/Deutsch/Liegenschaftenverwaltung/Gra- fik%20und%20Foto/Siedlungsdokumentationen/22_D_Lochergut_Helv_WEB.pdf. (17.10.2015). ETH Zürich Departement Architektur, ETH Wohnforum – ETH CASE: Wohnüber- bauung Lochergut. http://www.hausbiografien.arch.ethz.ch/pdf/090908_K4_ PLOTT_length(170).pdf (18.11.2015).
  • 37. 37 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic
  • 39. 39 Hochhaus als Stadtgebirge Marko Stanojevic