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Technische Universität Dresden
                 Fakultät Verkehrswissenschaften “Friedrich List”
                        Institut für Wirtschaft und Verkehr
        Professur für VWL, insb. Makroökonomik und Raumwirtschaftslehre /
                              Regionalwissenschaften




 Ausbildungssituation in Deutschland: demographischer
             Hintergrund, Markt und Mobilität
      - eine empirische Analyse für Deutschland –




                                Seminararbeit




Abgabe: 04.01.2010



Betreuer:

Prof. Dr. G. Hirte
Dipl. Verkehrswirtschaftler
Inhaltsverzeichnis:


                                                                           Seite

Inhaltsverzeichnis                                                          I

Tabellenverzeichnis                                                         III

Abbildungsverzeichnis                                                       IV



Einleitung                                                                  1



1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes                             2

 1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft                                     2

 1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage                   3



2 Demographie                                                               5

 2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten                           5

     2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung                    5

     2.1.2 Die Volkszählung 2011                                            7

 2.2 Demographische Lage                                                    8

     2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell                                       8

     2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer      9

             interaktiven Alterspyramide

 2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung                                        14

 2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung                                         17

 2.5 Bildung und Wissenschaft                                               19



3 Ausbildungsmarkt in Deutschland                                           20

 3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09                  20

     3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit    20
3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge   23

        3.1.3 Angebot und Nachfrage                                       24

        3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken                         25

 3.2 aktuelle Ausbildungssituation                                        27

        3.2.1 BIBB- Datenreport 2009                                      27

        3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen    27

        3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen   29

        3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern             30

        3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/08                               31

        3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09                                    32



4 Ausbildungsmobilität in Deutschland                                     35

 4.1 Regionale Pendlerverflechtungen                                      36

        4.1.1 Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene          36

        4.1.2 Die Ausmaße der Mobilität                                   45

        4.1.3 Die zurückgelegten Entfernungen                             46

 4.2 Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens                            47

        4.2.1 Ausbildungsplatzangebot                                     47

        4.2.2 Bevölkerungsdichte                                          47

        4.2.3 Zusammenhänge zwischen Ausbildungsplatzangebot und          48

             Bevölkerungsdichte

 4.3 Ausblick                                                             50



Fazit                                                                     51



Quellenverzeichnis                                                        VII

Anhang                                                                    XII

Eigenwörtliche Erklärung                                                  XIV


                                                                                II
Tabellenverzeichnis


Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes,
Entwicklung der Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de


Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach
Bundesländern
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15


Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008), Tabelle 1: Pendlerdaten von Auszubildenden nach
Bundesländern 2006




                                                                                     III
Abbildungsverzeichnis



Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008)

Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard
und O´Brien (2006), S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172

Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000
Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009,
S.34-35

Abb. 4: Alterspilz
Quelle: Webseite Geographie Innsbruck, http://tirolatlas.uibk.ac.at


Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17

Abb. 6: Stabile Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17

Abb. 7: Wachsende Bevölkerung
Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17

Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes


Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes


Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des
Statistischen Bundesamtes


Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht
berücksichtigt sind Ortsumzüge.
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de
                                                                                      IV
Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und
gemeldete Berufsausbildungsstellen
Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA

Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte
Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009,
BA


Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge zum 30.September

Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA
und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September


Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05
Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006,
S.15

Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen
2007/08 im Vergleich zu 2006/07
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1,
S.18

Abb. 18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition
Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach
Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-Erhebung der neu
abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September

Abb. 19: Auszubildende am Arbeitsort und die Zahl der Einpendler in den acht größten
Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006)
Quelle: IAB regional Nord (Nr. 02/2008), Abbildung 8: Auszubildende am Arbeitsort und
die Zahl der Einpendler in den acht größten Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006)

Abb. 20: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit
min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005



                                                                                        V
Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach
Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005

Abb. 21: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland
mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005
Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach
Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005

Abb. 22: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von Auszubildenden nach
Arbeitsmarktregionen 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (Nr. 09/2008), Karte 2: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von
Auszubildenden nach Arbeitsmarktregionen 2006

Abb. 23: Zusammenhang zwischen Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte
und dem gewichteten Pendlersaldo in den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen
Quelle: IAB Kurzbericht (Nr. 09/2008), Abbildung 1: Zusammenhang zwischen
Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte und dem gewichteten Pendlersaldo in
den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen




                                                                                         VI
EINLEITUNG

„Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt, lehre ihn Fischen, und er
wird nie wieder hungern.“ - Diese Lebensweisheit von Laotse wurde über zweieinhalb
Jahrtausende von Generation zu Generation übermittelt und musste nie an Realitätsnähe
einbüßen. Im Gegenteil: Eine fundierte Ausbildung ist heute so wichtig wie eh und je. In
den letzten Jahren überstieg die Zahl der älteren Menschen, die aus dem Erwerbsleben
ausschieden, diejenige Zahl der jungen ausgebildeten Menschen, die an deren Stelle
nachrückten.1 Obwohl freie Ausbildungsplätze vorhanden sind, bleibt regelmäßig ein nicht
unerheblicher Prozentsatz an jungen Menschen ohne Lehrstelle. Warum es sowohl eine
große      Anzahl   an    nichtvermittelten   Bewerbern,    als   auch   an   nicht   besetzen
Ausbildungsplätzen gibt, soll in dieser Seminararbeit aufgedeckt werden. Außerdem wird
die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt näher beschrieben, in die Methoden der
Bevölkerungsforschung und Datenermittlung eingetaucht, auf Probleme in der Räumung
des Ausbildungsmarktes hingewiesen, Ein- und Auspendlerströme gegenüber gestellt und
nach Ursachen dieses Ungleichgewichtes geforscht.

Zur Vermittlung grundlegenden Wissens bildet Kapitel 1 erst allgemein die freie
Marktwirtschaft, später auch den Arbeits- und Ausbildungsmarkt theoretisch ab. Um
Bevölkerungsentwicklungen und Statistiken zu erstellen, werden in aufwendigen
Verfahren repräsentative Daten erhoben.           Welche Verfahren der demographischen
Erhebung angewandt werden und wodurch sich diese unterscheiden wird in Kapitel 2
beschrieben, welches außerdem auf die bevorstehende Volkszählung 2011 Bezug nimmt.
Desweiteren wird auf die räumliche und natürliche Bevölkerungsentwicklung eingegangen
und             Möglichkeiten           der          graphischen          Veranschaulichung
bevölkerungsbewegungsrelevanter Daten aufgezeigt.

Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes der letzten zehn Jahre wird in Kapitel 3, sowohl
unter dem Aspekt          der Ausbildungsstellenmarktstatistik, der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge, als auch hinsichtlich des Angebotes und der Nachfrage erörtert.
Außerdem werden Lücken der Statistiken aufgezeigt und detailliert auf die neusten Daten
der Ausbildungssituation eingegangen.

Warum der Ausbildungsmarkt im Vergleich zum Arbeitsmarkt wesentlich stärker räumlich
konzentriert ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wird in Kapitel 4
dargestellt. Zudem werden die Determinanten, die Mobilität beeinflussen, erörtert und
regionale Unterschiede in der Zahl der Auszubildenden, die eine große Entfernung zu
ihrem Ausbildungsplatz zurücklegen müssen, aufgedeckt und analysiert.

1
    Analyse des Arbeitsmarktes in Deutschland (November 2009), S.4
                                                                                            1
1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes

Bevor in den nachfolgenden Kapiteln die Situation auf dem Ausbildungsmarkt
durchleuchtet      wird,    sollen      grundlegende    Begriffe    geklärt    und    auf    die
Gleichgewichtstheorie eingegangen werden.




1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft2

Um die Reaktionen der Marktwirtschaft auf Preisänderungen des betrachteten Gutes
grafisch abzubilden, wird , wie in Abbildung 1 in einem Preis-Mengen-Diagramm3 erstellt,
an dessen Ordinate der Preis pro Stück und an dessen Abszisse die Stückzahl
abgetragen wird.




Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt
Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008)

Bei steigenden Preisen weiten Produzenten das Angebot aus, wohingegen Konsumenten
die Nachfrage einschränken. Aufgrund der positiven Abhängigkeit des Angebots vom
Marktpreis der Güter zeigt die Nachfragekurve einen steigenden Verlauf, die
Angebotskurve       dagegen     fällt   mit     zunehmendem   Preis.4   Am    Schnittpunkt   der
Angebotskurve mit der Nachfragekurve ergibt sich das Marktgleichgewicht. Bei der
Gleichgewichtsmenge x* und dem Gleichgewichtspreis p* ist der Markt geräumt.5




2
  Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 35
3
  Vgl. Beck (2006), S. 84
4
  Vgl. Beck (2006), S. 29
5
  Vgl. Mankiw (2008)
                                                                                              1
1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage

Die beschriebene Darstellung der Marktwirtschaft lässt sich auf den Arbeits- bzw.
Ausbildungsmarkt übertragen. Dabei wird Arbeit von Unternehmen nachgefragt6, die bei
niedrigerem Reallohnsatz w und damit niedrigerem Grenzprodukt der Arbeit in der
Erwartung höherer Gewinne ihre Arbeitsnachfrage Ld steigern. Wie in Abbildung 2 zu
erkennen ist, besteht somit ein negativer Zusammenhang zwischen Reallohnsatz und
Arbeitsnachfrage. Private Haushalte bieten Arbeit als Produktionsfaktor an. Aufgrund
einer allgemein umso höheren Arbeitsbereitschaft bei höherem Reallohnsatz verhält sich
das Arbeitsangebot Ls, anders als die Arbeitsnachfrage, positiv zum Reallohnsatz. Somit
zeigt sich die Arbeitsangebotskurve als steigend.




Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt
Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard und O´Brien (2006),
S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172

Der in Abbildung 2 zu erkennende Überschuss an Arbeitsangebot zeigt die
Unterbeschäftigung, die angibt, wie hoch die Zahl der Erwerbspersonen über der Zahl der
Arbeitsstellen liegt7.

Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.81, des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden
ließen sich im Jahr 2008 43,39 Millionen Erwerbspersonen verzeichnen. Der Begriff der
6
    Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 155
7
    Vgl. Möller und Walwei (2009), S. 61
                                                                                                          2
Erwerbspersonen umfasst die Erwerbstätigen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben8 und
deren Zahl sich 2008 auf rund 40,26 Millionen belief, sowie die Erwerbslosen, das heißt
die nicht erwerbstätigen Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 74 Jahren, die in
den vorausgegangenen vier Wochen aktiv auf Arbeitssuche waren9 (2008: 3,13 Millionen).
Demzufolge ergibt sich als Verhältnis der Erwerbslosen zu den Erwerbspersonen eine
Erwerbslosenquote von 7,3%10.

Über die aktuelle Arbeitsnachfrage lassen sich nur unzureichende Vermutungen
anstellen, da das Arbeitsamt11 für Jahr 2008 lediglich 560.00012 Stellen (Oktober 2009:
479.10013) verzeichnen konnte, zumal in diese Berechnung nur die vom Arbeitgeber an
die Agentur für Arbeit gemeldeten Stellen eingehen. Da es sich bei den Angaben über die
Zahl der Erwerbspersonen und die Zahl der gemeldeten Stellen um unterschiedliche
Größenordnungen und Ermittlungsmethoden handelt, lassen sich daraus keine
Rückschlüsse auf einen Arbeitsangebotsüberschuss ziehen.

Analog zum Arbeitsmarkt gelten die beschriebenen Funktionsweisen auch für den
Ausbildungsstellenmarkt und auch für Bewerber für Berufsausbildungsplätze stellt die
Agentur für Arbeit eine wichtige Transferposition dar: 515.500 Bewerber haben im
Lehrjahr 2008/09 die Ausbildungsvermittlung bei der Suche nach einer Lehrstelle
eingeschaltet.14 Eine detaillierte Auswertung des Ausbildungsstellenmarktes erfolgt im
nachfolgenden Kapitel, das als Einstieg einen Überblick über den Markt für berufliche
Ausbildung gibt.




8
  Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80
9
  Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 79
10
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 86, Ungenauigkeiten sind auf Rundungsdifferenzen
   zurückzuführen
11
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80
12
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 73
13
   Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes destatis.de, Stand: 29. Oktober 2009
14
   Vgl. Presse Info 067 vom 01.09.2009, Bundesagentur für Arbeit
                                                                                             3
2 Demographie

„DEM DEUTSCHEN VOLKE“ – Diese Inschrift ist seit 1915 über dem Hauptportal des
Reichstages in Berlin zu lesen, nach einem Vorschlag des Architekten Paul Wallot von
1894,    der sein bis heute als Besuchermagnet geltendes Regierungsgebäude „dem
deutschen Volke“ widmete.15         Doch was genau ist unter dem Begriff Volk bzw.
Bevölkerung zu verstehen? Laut dem Statistischen Jahrbuch 2004 gehören alle
Einwohner, die mit ihrer Hauptwohnung in der BRD gemeldet sind, der Bevölkerung an
und somit sind dazu auch alle hier gemeldeten Ausländer zu zählen. Welche
Bevölkerungsentwicklungen stattgefunden haben oder zukünftig stattfinden werden und
welche Methoden zur demographischen Datenermittlung eingesetzt werden, wird in den
nachfolgenden Kapiteln erläutert.

Abschnitt 2.1 gibt einen Überblick über die Verfahren der Erhebung, grenzt verwendete
Begriffe voneinander ab und bezieht Stellung zur geplanten Volkszählung 2011. Der
Abschnitt 2.2 durchleuchtet die demographische Lage in Bezug auf die aktuelle, räumliche
und natürliche Bevölkerungsentwicklung und weist auf Möglichkeiten der graphischen
Darstellung hin.




2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten

„Volkszählung war gestern – Zensus ist morgen“ lautete die Pressemitteilung Nr.102 des
Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009. Im nun folgenden Abschnitt soll der
Unterschied zwischen diesen beiden Erhebungsverfahren geklärt und auf die für das Jahr
2011 geplante Zensur eingegangen werden.




2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung

Daten demographischer Erhebungen können aus            allgemeinen Bevölkerungsregistern
stammen, aus Stichprobenumfragen auf freiwilliger Basis oder aus staatlich organisierten
Erhebungen16, den sogenannten Volkszählungen, bei denen Antwortpflicht besteht17.
Das statistische Bundesamt in Wiesbaden sammelt personenbezogene, von staatlichen
Institutionen ausgestellte Dokumente, wertet sie aus und stellt sie zu Forschungszwecken
zur Verfügung. Zu den typischen registrierten demographischen Prozessen zählen Geburt
und     Tod,   Eheschließung     und      Ehelösung,   Abwanderung   und   Einbürgerung,

15
   Vgl. Haubrich (1999)
16
   Vgl. Mueller (2009)
17
   S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.1
                                                                                      4
Wohnungswechsel, Eintritt und Austritt aus religiösen oder sozialen Institutionen sowie
Änderung des Arbeitsverhältnisses.18

Volkszählungen sind staatlich organisierte Erhebungen, bei denen die Bürger für den
größten Teil der Erhebungsmerkmale19 zur Auskunft verpflichtet sind. Dabei werden zu
einem bestimmten Stichtag20 bei allen im Staatsgebiet wohnhaften Personen mit einem
einheitlichen gedruckten Fragebogen oder Online-Fragebogen21 Strukturdaten über
Biografie, Ausbildung, Beruf, Familien-, sowie Wohn- und Arbeitsverhältnisse erhoben.
Ziel der Volkszählung ist die Offenlegung von Ungenauigkeiten im Melderegister und
dessen Aktualisierung22. Die Abgrenzung des geplanten europaweiten Zensus 2011 von
der altbekannten Volkszählung stellt das Statistische Bundesamt als einen grundlegenden
Wandel dar23. Um die Daten der nur in großen Abständen durchgeführten Volkszählung
fortzuschreiben und zur umfassenden Arbeitsmarktbeobachtung werden seit 195724
jährlich ein Prozent25 aller Haushalte im Rahmen des sogenannten Mikrozensus
stichprobenartig befragt. Der Fragenkomplex des Mikrozensus setzt sich zusammen aus
allgemeinen demographischen Angaben wie Alter, Geschlecht, Staatszugehörigkeit,
Unterhalt und Einkommen und den Ergänzungserhebungen mit Angaben zur früheren
Erwerbstätigkeit und Pflegeversicherung26. Dabei treten bei großer zeitlicher Entfernung
zum letzten Zensus starke Abweichungen auf, die auf Ungenauigkeiten in der
Wanderungsstatistik zurückzuführen sind.27

Das statistische Bundesamt ist eine selbstständige Behörde im Geschäftsbereich des
Bundesministeriums des Innern mit zentralem Sitz in Wiesbaden, zu dessen Aufgaben
sowohl die Vorbereitung von Analysen für die Bundesstatistik, als auch die Erarbeitung
der Rechts- und Verwaltungsvorschriften gehören.28 Das seit mittlerweile 58 Jahren im
Herbst erscheinende Statistische Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes bildet jeweils
das vorausgegangene Kalenderjahr umfangreich ab (Die Ausgabe von 2009 umfasst
beispielsweise 753 Seiten) bezüglich Geographie und Klima, Bevölkerungsentwicklung,
Arbeitsmarkt, Bildung und Wissenschaft, Wahlen, Sozialleistungen, Bauen und Wohnen,
Land- und Forstwirtschaft, sowie Verkehr, Außenhandel und Preisentwicklung29 und ist


18
   Vgl. Mueller (2009)
19
   S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.2
20
   S. ZensG 2011 51a, § 2, Abs. 2
21
   S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 2, S.3
22
   S. ZensG 2011 51a, Drucksache zu § 7, Abs. 1
23
   Vgl. Pressemitteilung Nr.102 des Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009
24
   Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.19
25
   Vgl. Rohloff (2005), S.2
26
   Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.21
27
   Vgl. Münz (2005), S.4
28
   Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes
29
   in Auswahl aus dem Inhaltsverzeichnis des Statistischen Jahrbuches 2009
                                                                                      5
nach    Angaben       des   Statistischen    Bundesamtes        „das    umfassendste     statistische
Nachschlagewerk auf dem deutschen Markt.30“ Sofern nicht anders angeben, beziehen
sich die genannten Daten im nachfolgenden Kapitelabschnitt (2.2) auf das Statistische
Jahrbuch 2009.




2.1.2 Die Volkszählung 2011

Da eine Volkszählung gemäß einer Richtlinie der EU alle 10 Jahre31 durchgeführt werden
sollte und die Vereinten Nationen ihren Mitgliedsstaaten die Durchführung einer
Volkszählung     zu    Beginn    jedes      Jahrzehnts   nahelegen32,      zählten     die   meisten
Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Jahr 2001. Weil die letzte Volkszählung in
Deutschland im früheren Gebiet der Bundesrepublik am 25. Mai 1987 durchgeführt wurde,
wurde am 8. Juli 200933 das Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011
(Zensusgesetz 2011 – ZensG 2011) veröffentlicht, das auf der Verordnung (EG) Nr.
763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und
Wohnungszählungen                                                                            beruht.
Der Art. 1, Abs. 1 ZensG 2011 lautet: „Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder
führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9.
Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.“ Und weiter: „Die statistischen
Ämter   der    Länder führen       zum      Berichtszeitpunkt    eine    Haushaltebefragung      auf
Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch“ (§ 7, Abs. 1 ZensG). Beim Zensus 2011
wird auf eine umfassende, alle Individuen betreffende Zählung verzichtet und stattdessen
nur etwa acht Prozent34 der Bevölkerung befragt.




30
   Statistisches Jahrbuch 2009, S.12
31
   S. Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008
   über Volks- und Wohnungszählungen, Art. 1
32
   S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur
   Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009(BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil
   A, Abs. 3
33
   S. ZensG 2011 51a
34
   S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur
   Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009 (BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil
   A, Abs. 11b

                                                                                                   6
2.2 Demographische Lage

„Im Jahr 2060 wird jeder Siebente 80 Jahre oder älter sein“, so lautete die Kernaussage
der Pressekonferenz des Statistischen Bundesamtes zur Bevölkerungsentwicklung in
Deutschland bis 2060 am 18.11.2009 in Berlin.

Im nachfolgenden Kapitel werden Erkenntnisse zur demographischen Lage erörtert und
belegt. Soweit nicht anders angegeben, stammen die verwendeten Daten aus dem
Statistischen Jahrbuch vom September 2009, da daraus die aktuellsten und
zuverlässigsten Zahlen zu beziehen sind. Abweichende Werte aus anderen Quellen sind
gegebenenfalls mit Fußnote vermerkt.



2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell

Zur Ermittlung der aktuellen demographischen Lage werden die Statistiken der
natürlichen Bevölkerungsbewegung wie Geburten, Todesfälle, Eheschließungen und
Scheidungen und der räumlichen Bevölkerungsbewegung (Wanderungen) herangezogen,
außerdem die Ausländerstatistik und analytische Vorausberechnungen über Sterblichkeit,
Geburtenzahlen sowie die Heirats- und Scheidungshäufigkeit.


                  Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD
     83000
     82000
                                                                     82537


                                                                              82501


                                                                                       82315
                                                            82260
                                                   82037
                                          82012




                                                                                                82002
     81000
                                 81539
                        80975




     80000
               79753




     79000
     78000
              1990     1992     1994     1996     1998     2000     2002     2004     2006     2008

Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000
Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009, S.34-35



Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, Seite 28, zählten im Jahre 2008 82.002.000
Personen zur Bevölkerung. Mit einer Bevölkerungsdichte von 230 Personen pro
Quadratkilometer gilt Deutschland als ein dicht besiedeltes Land. Zum Stichtag am 31.
März 2009 schrumpfte die Zahl der Einwohner auf unter 82 Millionen35, was das letzte Mal
im wiedervereinigten Deutschland im Jahre 1995 vorgekommen ist.36


35
     Vgl. Pressemitteilung Nr.417 vom 04.11.2009 des Statistischen Bundesamtes
36
     Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.28
                                                                                                        7
2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer interaktiven
      Alterspyramide


Die wohl am weitesten verbreitete graphische Darstellung der demographischen Lage ist
die Altersgraphik. In ihr wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zahl der Personen (meist
in 1.000) eines bestimmten Alters nach Geschlechtern getrennt dargestellt. Leben zur
betrachteten Zeit im betrachteten Ort im Verhältnis zur Zahl der älteren Menschen sehr
viele Junge, so spricht man aufgrund des Aufbaus der Graphik von einer Alterspyramide.
Stellen die etwa 60-Jährigen den größten Teil der Bevölkerung dar, so zeigt sich der
sogenannte Alterspilz,37 der auch als Birnen- oder Tropfenform38 bezeichnet wird.




Abb. 4: Alterspilz
Quelle: Webseite Geographie Innsbruck




Durch unterschiedlich geformte Alterspyramiden lassen sich Rückschlüsse auf die
zukünftige Entwicklung der Bevölkerung ziehen:39




                                 40
Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung



Die graphisch dargestellte schrumpfende Bevölkerung wird auch als Urne bezeichnet.41

37
   Vgl. Niederfranke und Nägele (1999) S. 137
38
   Vgl. Grolle (2004), S. 12
39
   Vgl. Mueller (2000), S.17
40
   Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17
41
   Vgl. Iw-Trends (1/2003)
                                                                                       8
40
Abb. 6: Stabile Bevölkerung



Eine stabile Bevölkerung zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl Wachstumsrate, als
auch Altersaufbau konstant sind42 und die Sterberate ungefähr der Geburtenrate
entspricht. Diese Form der Bevölkerungspyramide wird auch Bienenstock oder Glocke
genannt.43




                                   40
Abb. 7: wachsende Bevölkerung



Eine Pyramide, deren jüngere Jahrgänge wesentlich stärker vertreten sind als die älteren
deutet auf eine wachsende Bevölkerung hin.




42
     Vgl. Hoßmann, Lettow und Münz (2009)
43
     Vgl. Schmidt (2002)
                                                                                      9
Das Statistische Bundesamt stellt auf seiner Internetpräsenz destatis.de eine interaktive
Alterspyramide vor, die aus der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
hervorging und die Entwicklung des Altersaufbaus von 1950 bis 2008 als Fortschreibung
und von 2009 bis ins Jahr 2060 als Vorausberechnung animiert darstellt.




Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes


Abbildung 8 zeigt den Altersaufbau der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2009 mit
den rechtsstehenden Annahmen. In der Matrix ist abzulesen, wie viele Menschen zum
abgebildeten Zeitpunkt einer bestimmten Altersklasse angehören (werden). Dieser
Bevölkerungsaufbau, bei dem die mittleren Altersklassen im Verhältnis zu den höheren
und niedrigeren wesentlich stärker besetzt sind, wird auch als „zerzauste Wettertanne“44
bezeichnet. Hier beträgt die Zahl der 20- bis 64-Jährigen 49,6 Millionen, was einem Anteil
von 61% entspricht. Das Kürzel AQ steht für den Altenquotienten, der das Verhältnis der
Menschen im Alter von 65+ zu den Menschen von 15 bis 64 Jahren angibt. Hier beträgt
der Altenquotient 34.




44
     Vgl. Statistisches Bundesamt (2009): Bevölkerung Deutschlands bis 2060, S. 14
                                                                                                           10
Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes


Beim Setzen des Mauszeigers auf einen bestimmten Bereich der dargestellten
Altersstruktur, wie in Abbildung 9 zu sehen, ist auf der rechten Seite die Anzahl der
Menschen in dem jeweiligen Lebensalter abzulesen. Im Jahr 2009 gibt es also 490.000
Männer im Alter von 24 (Jahrgang 1985) und 475.000 gleichalte Frauen. Das Verhältnis
von Frauen zu Männern entspricht also 0,97.
In der Graphik können jeweils in Zehnjahresschritten die Werte von 1950 bis 2060
dargestellt werden.


Ein Blick in die Zukunft:




                                                                                                           11
Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion
Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes


Abbildung 10 zeigt den erwarteten Altersaufbau des Jahres 2050 mit graphisch
dargestelltem Frauen- bzw. Männerüberschuss. Der eben gesetzte Geburtsjahrgang ist
„mitgewandert“: Es wird also für den Jahrgang 1985 etwa 458.000 Männer, 468.000
Frauen und damit eine Frauen-Männer-Verhältnis von 1,02 geben. Außerdem ergibt sich
aus der bei Wegnahme des Mauszeigers wieder sichtbaren Vorausberechnung, dass die
Gesamtzahl der Bevölkerung bis ins Jahr 2050 auf 69,4 Millionen Menschen schrumpfen
wird. Somit verformt sich die Bevölkerungspyramide bis ins Jahr 2050 zu einem Pilz.45


Im Gegensatz zu den erwarteten demographischen Entwicklungen und der sinkenden
Bevölkerungszahl in der Bundesrepublik wird sich die Bevölkerungszahl der Erde von
aktuell 6,5 Milliarden Menschen auf zirka 7,1 Milliarden46 im Jahr 2050 erhöht haben.
Dauerte die Entstehung der ersten Milliarden Menschen noch 500.000 Jahre, so ginge
diese Entwicklung aktuell in nur 15 Jahren vonstatten.




45
     Vgl. Lehr (2009)
46
     Vgl. Wintermann ( 2006)
                                                                                                           12
2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung

Im Jahre 2007 wurden in Deutschland 684.862 Kinder geboren, was 8,3 Kindern pro
1.000 Einwohnern entspricht. Noch im Jahre 1950 lag die Zahl der Geburten pro 1.000
Einwohner bei 16,3. In diese Statistik gehen alle lebend Geborenen ein47. Die allgemeine
Fruchtbarkeitsziffer, die sich auf die im Jahr 2007 lebendgeborenen Kinder pro 1.000
Frauen bezieht, lag bei 43,248. Neben der eben genannten Stromgröße wird vom
Statistischen Bundesamt außerdem die Geburtenziffer, eine Bestandszahl, veröffentlicht,
welche die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau im gebärfähigen Alter von 15 bis 49
angibt. Diese lag im Jahr 2008 mit 1,38 Kindern pro Frau auf dem höchsten Stand seit
200049. Für die dennoch rückläufigen Kinderzahlen ist laut Eckard (2006, S.105) neben
der stetig wachsenden Zahl von Alleinstehenden im mittleren Erwachsenenalter
außerdem die zunehmende Bereitschaft, eine Beziehung zu beenden, verantwortlich zu
machen.
Die Sterberate pro 1.000 Einwohnern betrug 10,1, was 827.155 Personen entspricht.
2007 starben damit ungefähr 100.000 Menschen weniger als 1990, wohingegen der
Gestorbenenüberschuss in diesem Zeitrahmen von 15.770 auf 142.293 anstieg.
Laut Sterbetafeln haben neugeborene Jungen eine Lebenserwartung von 76,86 Jahren,
Mädchen, die heute geboren werden, können sogar durchschnittlich 82,25 Jahre alt
werden, was jeweils eine um 12 Jahre höhere Lebenserwartung als noch im Jahre 1949
bedeutet.


Die Zahl der im Jahre 2008 im Rahmen des 1. Januar 1996 in Kraft getretenen
Schwangeren-       und      Familienhilfeänderungsgesetz        vorzeitig      abgebrochenen
Schwangerschaften (114.484) bewegt sich mit einer Quote von 71 pro 10.000 Frauen
etwa auf dem Niveau der Vorjahre.
In der BRD lebten am Stichtag des 31.12.2007 jeweils rund 18 Millionen verheiratete
Männer und Frauen (je etwa 44% der Gesamtpersonen ab 15 Jahren des jeweiligen
Geschlechts). Dies wird aus dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.43 deutlich. 45,7% der
Männer und 37% der Frauen waren ledig, was bedeutet, dass sie auch nicht zu früherer
Zeit in ihrem Leben verheiratet waren. Der Anteil der verwitweten Frauen liegt mit 11%
über dem Witweranteil der Männer mit 2,8% und auch bei dem Scheidungsanteil haben
Frauen die Nase vorn: 8% in ihrer Geschlechtergruppe gegen nur 7% bei den Männern. In
der Altersgruppe 30 bis 35 war fast jede zweite Frau verheiratet, dahingegen nur jeder
dritte Mann. Dieser Überschuss an verheirateten Frauen setzt sich auch in den folgenden


47
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.32
48
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.56
49
   Vgl. Pressemitteilung Nr.327 vom 04.09.2009 des Statistischen Bundesamtes
                                                                                          13
Altersgruppen fort, um sich ab dem späten Rentenalter rasch umzukehren: In der
Altersgruppe 65 bis 70 waren 80% der Männer, aber nur 65% der Frauen verheiratet.
Zum Stichtag lebten in Deutschland etwa 7,2 Millionen Single-Männer zwischen 20 und
40 und etwa 5,7 Millionen gleichaltrige Single-Damen50. Setzt man die Zahl der
Eheschließenden, die schon einmal verheiratet waren, ins Verhältnis zu der Zahl der
Geschiedenen der letzten 3 Jahrzehnte, so ergibt sich, dass der Anteil, der erneut
Heiratenden bei 52% (Männer) bzw. 56% (Frauen) liegt51.
Im Vergleich zum Jahr 1985, in dem das durchschnittliche Heiratsalter der Männer bei
29,8 Jahren und das der Frauen bei 26,7 Jahren lag, stieg das Alter, in dem das Ja-Wort
gegeben wurde, von Jahr zu Jahr stetig an, um im Jahre 2007 bei 36,7 Jahre (Männer)
und 33,5 Jahren (Frauen) zu liegen52.


Die Zahl der Privathaushalte in Deutschland wird bis zum Jahr 2025 von aktuell rund 40
Millionen53 auf 40,5 Millionen54 zunehmen, was den Trend der letzten Jahre und
Jahrzehnte     fortsetzt.    Damit       gab   es     im    Jahr     2008     rund     15,7   Millionen
Einzelpersonenhaushalte und rund 24,3 Millionen Mehrpersonenhaushalte, davon 13,6
Millionen   Haushalte       mit   zwei    Personen.    Nach        Schätzungen       des   Statistischen
Bundesamtes wird es im Jahr 2025 etwa 16,7 Millionen Einpersonenhaushalte (+6%) und
15,0 Millionen Zweipersonenhaushalte geben (+10%)55.


 Jahr    Insgesamt     Einpersonen-       Mehrpersonenhaushalte                       Durchschnittliche
                       haushalte          mit ... Personen                            Haushaltsgröße
                                          2          3     4          5 und mehr
         1 000
 X = Gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll ist.
 2010    40.034        15.782          13.670       5.218    3.955    1.408           2,05
 2015    40.393        16.185          14.237       4.981    3.711    1.280           2,01
 2020    40.541        16.455          14.722       4.720    3.485    1.159           1,98
 2025    40.486        16.698          15.018       4.400    3.303    1.067           1,95
 in Prozent
 2010    100           39,4            34,1         13,0     9,9      3,5             X
 2015    100           40,1            35,2         12,3     9,2      3,2             X
 2020    100           40,6            36,3         11,6     8,6      2,9             X
 2025    100           41,2            37,1         10,9     8,2      2,6             X

Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes, Entwicklung der
Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de


Seit dem Jahr 1991 ist die Anzahl der Personen pro Haushalt rückläufig. Nach damals
2,27 lag sie im Jahr 2008 nur noch bei 2,05, in Großstädten mit mindestens 100.000

50
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.43
51
   Vgl. Grünheid (2006), S.27
52
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 56
53
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47
54
   Vgl. Pressemitteilung Nr.402 vom 05.10.2007
55
   Vgl. Tabelle 1
                                                                                                     14
Einwohnern sogar nur noch bei 1,85. Im Ländervergleich lebten mit 2,17 in Baden-
Württemberg die meisten Personen je Haushalt, wohingegen sich die Berliner mit 1,7456
Personen je Haushalt eher als Einzelgänger zeigten. Dass es auch anders geht zeigt die
Zahl   von   221.000    Haushalten,    in   denen   im   Jahr   2008    drei   Generationen
zusammenlebten57.
Dies wird auch durch die Anzahl der Familien bestätigt: Im Jahr 2008 gab es in
Deutschland so wenige Familien wie in den letzten zehn Jahren davor nicht58: 12,1
Millionen Familien, darunter 8,6 Millionen verheiratete Paare und 2,7 Millionen
Alleinerziehende. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff Familie alle Eltern-Kind-
Gemeinschaften, also Ehepaare, nichteheliche          Lebensgemeinschaften sowie allein
erziehende Mütter und Väter. Die Zahl der zusammenlebenden Paare ohne Kinder ist mit
11,6 Millionen fast ebenso hoch wie die der Familien. Der Rest der bereits erwähnten 40
Millionen Privathaushalte wird von Alleinstehenden geführt.




56
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.46
57
   Vgl. Zahl der Woche Nr.050 des Statistischen Bundesamtes vom 15.12.2009
58
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47
                                                                                        15
2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung


In der Pressemitteilung Nr.375 vom 01.10.2009 stellt das Statistische Bundesamt fest,
dass die Zahl der Wanderungen von Ost- nach Westdeutschland im Jahr 2008 im
Vergleich zu den Vorjahren wieder leicht zurückgegangen ist: 136.500 Personen aus den
neuen Bundesländern zogen in die alten Länder, im Jahre 2007 waren es noch 138.100,
während 85.500 Menschen von den alten in die neuen Länder wanderten (2007: 83.300).
Die neuen Bundesländer verloren also rund 51.000 Personen durch Abwanderung. Im
Jahr 2007 zogen 1.077.192 Menschen59 innerhalb Deutschlands um, wobei hier
Ortsumzüge, die sich nur innerhalb der Gemeindegrenzen ereignen, nicht berücksichtigt
werden.59 Zu den Hauptzielländern zählten dabei Bayern und Baden-Württemberg: Fast
jede vierte der Binnenwanderungen60 führte in die südlichen Bundesländer. Ungefähr
ausgeglichen ist die Zahl der Ein- und Abwanderungen in Bremen, die jeweils etwa
21.000 beträgt und als relativ beliebtestes Zielland hat sich Hamburg herausgestellt mit
62.413 Ein-, und nur 51.085 Abwanderungen, nur noch übertroffen von Bayern, wo der
Zuzügeüberschuss über 31.000 beträgt. Dies ist auch in nachfolgendem Schaubild
ersichtlich.

                                Diagramm: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb
                                               Deutschlands 2007
                                  31.477




                       30000
                                           11.328

                                                     10.039




                       20000
                                                                         9.540
      Überschusszahl




                                                                                              7.377

                                                                                                       3.516




                                                                                                                                                                                                                                                -17.458
                                                                                                                                                                                                                                    -13.332
                                                                                                                                                                                                                          -11.187
                                                                                                                                                                                                          -10.159
                                                                                                                                                      -4.021



                                                                                                                                                                                    -8.428




                       10000
                                                                                                                                                                    -5.822
                                                                                                                                           -1.859
                                                                                                                         -719
                                                                                                                -292




                           0
                                                                                                                                                                                                          Mecklenburg-…




                       -10000
                                                                                                                                                      Brandenburg
                                  Bayern

                                           Hamburg




                                                                                                                         Rheinland-Pfalz
                                                                                              Berlin




                                                                                                                                                                                    Nordrhein-Westfalen
                                                                                                                                           Saarland




                                                                                                                                                                                                                          Sachsen

                                                                                                                                                                                                                                    Thüringen
                                                     Baden-Württemberg




                                                                                                                                                                                                                                                 Sachsen-Anhalt
                                                                                                       Hessen

                                                                                                                Bremen




                                                                                                                                                                    Niedersachsen
                                                                         Schleswig-Holstein




                       -20000




Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht berücksichtigt sind
Ortsumzüge.
Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de




59
     Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.62
60
     Vgl. Lohmann (2009), S.5
                                                                                                                                                                                                                                                                  16
Somit beträgt der Einwanderungsüberschuss Hamburgs 22%. Die größte Gruppe der
nach Hamburg Wandernden stellen Menschen aus Schleswig-Holstein mit 17.000 und
Niedersachsen           mit   12.000   dar.   Besonders        wegzugsfreudig   zeigen    sich   die
Brandenburger, bei denen etwa jeder 45. Im Jahr 2007 eine Abwanderung in ein anderes
Bundesland angetreten hat. Sachsen-Anhalt bildet in dieser Darstellung das Schlusslicht
mit rund 17.000 mehr Fortzügen als Zuzügen.


Die Zahl der Außenwanderungen60, also der Zuwanderungen aus dem Ausland nach
Deutschland, ist in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen61. Gab es noch 1991 mit
1,2 Millionen Zuzügen und 600.000 Abwanderungen einen Zuwanderungsüberschuss von
100%, so liegt die Zuwanderungszahl im Jahr 2007 mit 680.000 nur noch knapp über der
Abwanderungszahl von 637.000. Fast drei Viertel dieser Fortzüge gehen in europäische
Länder. Fünf von sechs der gesamten oben erwähnten nach Deutschland wandernden
Menschen stammten aus Europa, der größte Anteil unter ihnen aus Polen: mit 30,8% der
Immigranten stellen sie die größte Einwanderergruppe dar. Der Zuzugssaldo polnischer
Menschen ist jedoch sehr gering, da Polen zugleich mit einem Anteil von 26,2% oder
120.791 aller deutschen Europa-Fortzieher (458.935) beliebtestes Zielland der Deutschen
ist.
Das      statistische     Bundesamt    stellte   in   seiner    11.   Koordinierten   Bevölkerungs-
Vorausberechnung vom November 2006 auf S. 27 fest, dass „die nach Deutschland
zuziehenden ausländischen Personen […] im Durchschnitt jünger (sein werden,) als die
fortziehenden. Daraus ergibt sich für die in Deutschland verbleibende Bevölkerung ein
Verjüngungseffekt“.




61
     Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.64
                                                                                                 17
2.5 Bildung und Wissenschaft


Von den im Jahre 2008 rund 71 Millionen Menschen in der BRD im Alter von 15 und mehr
Jahren gaben 28 Millionen einen Hauptschulabschluss als ihre höchste erreichte
Schulbildung an62. Das entspricht rund 40% davon. Einen Realschul- oder gleichwertigen
Abschluss besaßen rund 28% der über 15-Jährigen (20 Millionen Menschen) und die
Hochschulreife erfolgreich absolviert hatten rund 17 Millionen (etwa jeder vierte). Der
Anteil der Menschen ohne Abschluss schlägt mit 4% zu Buche und es gilt zu beachten,
dass der Unterschiedsbetrag auf die noch in der schulischen Ausbildung befindlichen
Personen zurückzuführen ist.
Bezogen     auf   die   41,8   Millionen   Erwerbspersonen      entsprach    der   Anteil   der
Hauptschulabsolventen und der Menschen mit Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife
jeweils rund 30%, der Menschen mit mittlerer Reife 37% und der Menschen ohne
allgemeinen Schulabschluss rund 3%.
Im Schuljahr 2007/08 war mit rund 9,2 Millionen Schülerinnen und Schülern an 35.56663
Schulen     die niedrigste Schülerzahl in allgemeinbildenden Schulen seit 1992 zu
verzeichnen. Der Anteil der beiden Geschlechter an der Gesamtschülerzahl ist ungefähr
ausgeglichen. Ein Drittel der Schüler besuchte in dem betrachteten Schuljahr die
Grundschule und rund 10% die Hauptschule. Rund 13% oder 1.278.092 waren
Realschüler und etwa jeder vierte (2.466.041) besuchte ein Gymnasium. Der Anteil der
Schüler und Schülerinnen auf Förder- und Sonderschulen betrug etwa 4%, zwei von
dreien davon waren männlichen Geschlechts.             Auf den Hautschulen sind Jungen
ebenfalls überpräsent mit einem Anteil von 56%, dagegen stellen sie nur einen Anteil von
47% der Gymnasiasten dar64.
Aktuell gibt es in Deutschland rund 4 Millionen Menschen im Alter von 16 bis 20 Jahren,
einem Alter, in dem man für gewöhnlich eine berufliche Ausbildung absolviert65. Schon im
Jahr 2012, so prognostizierte es das Statistische Bundesamt 2006, soll diese Zahl um ein
Viertel zurückgehen. Ob dies tatsächlich so eintreten könnte, wird sich in den
nachfolgenden Kapiteln zeigen und außerdem wird die Aussage „Trotz ungünstiger
konjunktureller Entwicklung im Jahr 2009 ist eine gute Vermittlung von Jugendlichen in
Ausbildung gelungen“66 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie auf ihren
Wahrheitsgehalt hin untersucht.

62
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.130
63
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.133
64
   Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.134
65
   Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007): Ratgeber Demographie - Tipps
   und Hilfen für Betriebe, S.5
66
   Vgl. Pressemitteilung vom 13.10.2009 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie:
   Ausbildungspakt auch im Krisenjahr 2009 erfolgreich: Weniger unversorgte Bewerber und noch
   zahlreiche Ausbildungsplatzangebote
                                                                                             18
3 Ausbildungsmarkt in Deutschland

Als Einführung in die Situation des Ausbildungsmarktes in Deutschland wird die
Entwicklung des Marktes für die Jahre 1997/98-2008/09 im Kapitel 3.1. aufgezeigt.

Im Kapitel 3.2. wird detailliert auf die Ausbildungsmarktlage 2007/08 in den Regionen, den
Zuständigkeitsbereichen und nach Geschlechtern ausgewertet, wobei besonders auf den
Datenreport 2009 des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) zurückgegriffen wird.
Darüber hinaus wird in Gliederungspunkt 3.2.6 der aktuelle Ausbildungsmarkt 2008/09
betrachtet.



3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09

Um die Situation des heutigen Ausbildungsmarktes besser darstellen zu können, hilft ein
Überblick über den Markt für Berufsausbildung im letzten Jahrzehnt.



3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit

Daten dazu liefert die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die
Erhebungsverfahren und Datenaufbereitung werden laut eigenen Angaben wie folgt
erarbeitet:

„Die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) beinhaltet die
einzigen monatlich verfügbaren Informationen über Angebot und Nachfrage am
Ausbildungsstellenmarkt, und zwar für beide Seiten des Marktes. Die Daten liegen in
tiefer berufsfachlicher und regionaler Gliederung vor. Die Inanspruchnahme der Dienste
der Berufsberatung und der Ausbildungsvermittlung durch Arbeitgeber und Jugendliche ist
freiwillig. In der Ausbildungsstellenmarktstatistik zählt jede Person als Bewerber bzw.
Bewerberin, die sich im Laufe eines Beratungsjahres (jeweils 1.Oktober bis 30.September
des Folgejahres) mindestens einmal zur Vermittlung auf eine Berufsausbildungsstelle bei
einer Agentur oder Arbeitsgemeinschaft gemeldet hat.“67

In Abb. 12 werden gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete
Berufsausbildungsstellen        im    Zeitraum    von    1997/1998     –    2008/2009   einander
gegenübergestellt.




67
     Ausbildungsstellenmarktstatistik September 2009, Bundesagentur für Arbeit
                                                                                            19
Im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen
                                     und Berufsausbildungsstellen

                       900000
                       800000
                       700000
                       600000
                       500000
                       400000
                       300000
                       200000
                       100000
                            0
                                           1999/20
                                 1998/99           2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09
                                             00
          Gemeldete Bewerber für 802648 770348 737797 711393 719571 736109 740961 763097 733971 620209 533361
          Berufsausbildungsstellen
          Gemeldete                629251 625442 631048 586144 546660 519899 471516 459202 510377 511582 475391
          Berufsausbildungsstellen



Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete
Berufsausbildungsstellen
Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA

Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die beiden Kurven nicht identisch sind, d.h. es
hat sich in den letzten Jahren kein Gleichgewicht auf dem Ausbildungsmarkt eingestellt.
Die Anzahl der gemeldeten Bewerber ist höher als die Anzahl der gemeldeten
Berufsausbildungsstellen. In dem Erhebungszeitraum 2000/01 und in den letzten beiden
Zeiträumen 2007/08 und 2008/09 sieht man jedoch eine Annäherung der beiden Kurven.

Zusätzlich kann man einen Rückgang der gemeldeten Bewerber von 802.648 im Zeitraum
1998/99 auf 533.361 im Zeitraum 2008/09 (-33,55%) feststellen. Dies liegt zum einen an
dem demographischen Wandel und zum anderen an der steigenden Anzahl der
Schulabgänger die sich nicht für eine Ausbildung entscheiden sondern auf                                                eine
weiterführende Schule/Universität gehen, Praktika oder ein soziales freiwilliges Jahr im
Ausland absolvieren.

Ebenso        hat     die       Anzahl        der     Ausbildungsstellen            abgenommen.            Mit     629.251
Ausbildungsstellen in 1998/99 auf 475.391 Ausbildungsstellen in 2008/09 entspricht dies
24,45%. Gründe               hierfür sind beispielsweise der Kostenaspekt, wie gestiegene
Personalkosten           aufgrund           erhöhter        Sozialabgaben           und       neue       kostenpflichtige
Ausbildungsvorschriften.68 Außerdem steigt die Anzahl der IT-Unternehmen, die aufgrund
hoher Anforderungen an das Personal weniger ausbilden und Hochschulabgänger
bevorzugen. Durch die zunehmende Anzahl von Akademikern hat sich ebenfalls der Bedarf
nach       betrieblicher        Ausbildung          geändert       und     die     Nutzung        von     Praktika       und
Traineeprogrammen vorangetrieben. Zusätzlich wird generell die spätere Übernahme von



68
     Vgl. Dietrich/Koch/Stops, IAB Kurzbericht 6/2004
                                                                                                                         20
Auszubildenden             schlechter            eingeschätzt             und      deswegen           teilweise        ganz       auf       ein
Ausbildungsstellenangebot verzichtet.

Daraus folgend gibt es in jedem Zeitabschnitt Bewerber die keine Ausbildungsstelle
erhalten. In Abbildung 13 werden diese unversorgten Bewerber den unbesetzten
Berufsausbildungsstellen gegenübergestellt.




                     Nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte
                  Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres
                                        50000

                                        40000

                                        30000

                                        20000

                                        10000

                                           0
                                                          1999/20
                                                1998/99           2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09
                                                            00

        nicht vermittelte/unversorgte           29365     23642   20462   23383   35015   44084   40504   49487   32660   14479    9603
        Bew erber
        unbesetzte Berufsausbildungsstellen     23439     25690   24535   18005   14840   13378   12636   15401   18359   19507   17255




Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des
jeweiligen Berichtsjahres
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA

In dieser Abbildung 13 wird deutlich, dass sowohl eine große Anzahl an nichtvermittelten
Bewerbern, jedoch aber auch an freien Ausbildungsplätzen existieren. Es ist erneut zu
erkennen, dass die Anzahl der nicht vermittelbaren Bewerber in 200/01, 2007/08 und
2008/09 stark zurückgeht, vgl. Abbildung 12. Nur zu diesen Zeitpunkten ist die Zahl der
unversorgten Bewerber geringer als die unbesetzten Ausbildungsstätten. Die große
Disparität zwischen den beiden Kurven wie in 2003/04 und 2005/06 ist in den letzten
Jahren weniger ausgeprägt und die Kurve der unversorgten Interessenten ist seit 2005/06
fallend, was als positiv bewertet werden kann.

Doch warum gibt es überhaupt unbesetzte Ausbildungsplätze wenn es noch suchende
Bewerber gibt? Laut Institut für Arbeits- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit
(IAB) fallen mehr als drei Viertel der unbesetzten Ausbildungsstellen auf Betriebe mit
weniger als 50 Beschäftigten und sind überwiegend im Bereich private Dienstleistungen zu


                                                                                                                                            21
finden (in 2005: West ~41% und Ost ~46%).69 Grund für die Nichtbesetzung eines
Auszubildenden ist an erster Stelle, dass kein passender Bewerber aufgrund mangelnder
Eignung gefunden wird. Laut den Betrieben entsprechen die Interessenten nicht den
berufsspezifischen Anforderungen und haben fehlende schulische Vorbildung. Weitere
Gründe sind dass der passende Bewerber abgesprungen ist oder es zu wenig Bewerber
für die explizite Stelle gibt.

Zusätzlich gibt es Gründe seitens der Ausbildungsbewerber warum sie keinen
Ausbildungsplatz finden. Dazu zählen die Präferenz für bestimmte Berufe wie z.B. in der
Kommunikations- und Informationswirtschaft, welche nicht genügend Stellen für alle
Bewerber anbieten kann. Außerdem werden die Suchenden durch das Image der Firma,
Arbeitsbedingungen, Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten und die Erreichbarkeit der
Betriebe          und            Berufsschulen     (z.B.       Fahrtkosten)        beeinflusst.



3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge

Ein weiterer Indikator für die Ausbildungssituation in den letzten 10 Jahren ist die
Entwicklung der Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Diese ist in
Abbildung 14 dargestellt.

„Die BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge wird jährlich in
Zusammenarbeit mit den für die Berufsausbildung zuständigen Stellen durchgeführt. Dabei
werden die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge berücksichtigt, die in der Zeit vom
01. Oktober des Vorjahres bis zum 30. September des Erhebungsjahres                        neu
abgeschlossen wurden und die am 30.09. auch noch bestanden haben. Ab 2009 sind die
Daten Bestandteil des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung, der
vom BIBB herausgegeben wird.“70




69
     Vgl. Bellmann/Hartung, IAB Kurzbericht 27/2005
70
     Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September Berichtsjahre 1998-2008,
     Bundesagentur für Arbeit
                                                                                           22
neu abgeschlossene Ausbildungsverträge


 640000
 620000
 600000
 580000
 560000
 540000
 520000
 500000




Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
zum 30.September

Rückgange sind v.a. in den Erhebungszeiträumen 2002/03 und 2004/05 feststellen. Dies
liegt daran, dass das Angebot an Ausbildungsplätzen zurückgegangen ist, regionale
Disparitäten sich verstärkten, Konjunktur bedingte Rückgange nach den Boomjahren der
1990-1999 auftraten und, wie schon erwähnt, Kostenfaktoren eine Rolle spielten.



3.1.3 Angebot und Nachfrage

Zusammen mit den Ausbildungsmarktzahlen lassen sich die Marktdaten verbinden und
geben Auskunft in welchem rechnerischen Verhältnis sich Angebot und Nachfrage
befinden.

Das Ausbildungsplatzangebot ist die rechnerische Summe der neu abgeschlossenen
Ausbildungsverträge       zzgl.     der    Zahl   der    am      30.     September   nicht    besetzten
Ausbildungsplätze. Die Ausbildungsplatznachfrage ist die rechnerische Summe der neu
abgeschlossenen        Ausbildungsverträge        und     der     Zahl    der   am   30.     September
nichtvermittelten Bewerber.

Folgende     Abbildung      fasst    die    Zahlen      der     Ausbildungsstellenmarktstatistik       der
Bundesagentur für Arbeit und die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge
zusammen und zeigt die Angebots- und Nachfragekurven von 2000/01 bis 2007/08.




                                                                                                   23
Ausbildung: Angebot und Nachfrage


                         700000
     Ausbildungsplätze   680000
                         660000
                         640000
                         620000
                         600000
                         580000
                         560000
                         540000
                         520000
                         500000



                                                        Zeiträume


                                                      Angebot       Nachfrage


Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-
Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September

Wie in Abb. 13 schon dargestellt erfolgt keine Schneidung der beiden Kurven in den Jahren
2002/03 bis 2006/2007 d.h. Angebot und Nachfrage sind nicht ausgeglichen Dies liegt an
der großen Abweichung der nicht besetzten Ausbildungsplätze und nicht vermittelten
Bewerber.



3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken

Abschließend muss nach der Verwendung der einzelnen Statistiken in den vorigen
Kapiteln festgestellt werden, dass diese kritisch zu betrachten sind, da sie teilweise nicht
die Realität auf dem Ausbildungsmarkt wiedergeben.                   Dies betrifft die ergebnislose
Nachfrage- sowie Angebotsseite, d.h. die nicht vermittelten Bewerber und unbesetzten
Ausbildungsstellen.

Zum einen sind die Betriebe und jungen Menschen die nicht die Bundesagentur für Arbeit
einschalten und keinen Ausbildungsplatz bzw. Auszubildenden finden, in keiner Statistik
berücksichtigt. Zum anderen ergibt sich ein Problem aufgrund des Prinzipes des
Stichtages am 30.09. wie es in der Statistik für „nicht vermittelte/unversorgte Bewerber
sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres“ (siehe
Abbildung 2) der Bundesagentur für Arbeit verwendet wird. Es werden an diesem Datum
nur diejenigen registriert die einen Monat nach Beginn des neuen Ausbildungsjahres dem
Markt zur Verfügung stehen. Ausbildungsbetriebe die schon vorher vergeblich nach einem
                                                                                     24
passenden Auszubildenden gesucht haben und erfolglos blieben werden nicht
berücksichtigt. Ebenso fehlen die Bewerber die auf                               der Suche nach einem
Ausbildungsplatz waren und wegen mangelnden Erfolges schon vor dem 30.09. sich für
eine Alternative (Praktikum, Jobben, etc.) entschlossen hatten. Diese gelten als vermittelt
und bleiben unbeachtet.

Dies gilt analog für das errechnete Angebot bzw. die errechnete Nachfrage, da diese auf
die Zahlen der unversorgten Bewerber sowie der nicht besetzten Ausbildungsstellen
zurückgreift. Durch das unberücksichtigte Angebot und die unberücksichtigte Nachfrage
ergeben sich tatsächlich viel größere Zahlen.

In der Zeitschrift BWP 3/2006 des Bundesinstitutes für Bildung wurde von J.G.Ulrich ein
alternativer Berechnungsmodus für 2004/05 vorgeschlagen. Laut J.G.Ulrich hätte „Das
Nachfragevolumen (…) damit 2005 nicht, wie offiziell ausgewiesen, 591.100 betragen (=
550.200 neue Lehrverträge zuzüglich 40.900 Unvermittelte), sondern gut 750.000.“71 Dies
begründet er darin dass die Gesamtzahl der Ausbildungsplatznachfrager die offiziell nicht
registriert wurden weil sie als schon vermittelt gelten, rund 63.000 Personen beträgt. Die
Zahl der Personen die sich nicht in der Bundesagentur für Arbeit gemeldet haben und
trotzdem keinen Ausbildungsplatz erhalten haben beziffert J.G. Ulrich mit ca. 50.000
Personen.                          Das    unberücksichtigte      Angebot   schätzt      er   aufgrund   von
Stichprobenuntersuchungen der IAB auf ca. 45200 Personen.

Daraus ergibt sich folgende Abbildung 16:


                            Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-
                                           Volumina in 2004/05


                         1600000
                         1400000
     Ausbildungsplätze




                         1200000
                         1000000                              750000
                                         608000                             geschätzt
                         800000
                                                                            erfasst
                         600000
                         400000
                                         562816               590664
                         200000
                               0
                                         Angebot         Nachfrage

Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05
Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006, S.15




71
 Vgl. Ulrich, BWP (Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis) 3/2006
                                                                                                         25
Ersichtlich wird dass sowohl die Angebots- sowie die Nachfrageberechnung deutlich
höher ausfällt als in den Statistiken angegeben. Selbst wenn J.G.Ulrichs Berechnungen
skeptisch betrachtet werden und die exakten Zahlen nicht nachgewiesen werden können
da es Stichprobenuntersuchungen sind, muss trotzdem von einer höheren Zahl
ausgegangen werden aufgrund der vernachlässigten Bewerber und Ausbildungsbetriebe.

In den folgenden Kapiteln werden jedoch weiterhin die offiziellen Zahlen der
Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstitut für Berufsbildung verwendet, da sie die
einzigen fundierten Daten über einen langen Zeitraum liefern.




                                                                                    26
3.2 aktuelle Ausbildungssituation

Nun       wird   die    Ausbildungssituation       2007/08   hinsichtlich        der   Regionen,   der
Zuständigkeitsbereiche und nach Geschlechtern betrachtet, und die aktuelle Lage in
2008/09 wiedergegeben. Daten hierzu liefert v.a. der BIBB Datenreport vom
30.September 2009.




3.2.1 BIBB- Datenreport 2009

Der 2009 zum ersten Mal herausgegebene Datenreport des BIBB bietet umfassende
Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Ausbildung in Deutschland
aufbauend auf der Grundlage des „Berufsbildungsbericht 2009" des Bundesministeriums
für Bildung und Forschung (BMBF). Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat früher zum
jährlichen Berufsbildungsbericht des BMBF umfassende wissenschaftliche Analysen und
Statistiken geliefert. Aufgrund einer Empfehlung des BIBB-Hauptausschusses hat das
Bundesbildungsministerium 2008 eine neue Strukturierung beschlossen.

Seit 2009 erscheint der Berufsbildungsbericht untergliedert in zwei Teile: einen politischen
Teil, der vom BMBF entworfen und von der Bundesregierung beschlossen wird, und
einem       indikatorengestützten     Datenteil,     der   vom     BIBB     in     Eigenverantwortung
herausgegeben wird. Demzufolge entsteht eine deutliche Aufteilung zwischen der
wissenschaftlichen Untersuchung und den daraus abgeleiteten politischen Bewertungen.

„Ziel (…) ist es, einen Datenreport herauszubringen, der eine differenzierte Darstellung
von Indikatoren und Zeitreihen enthält, Schwerpunkte fokussiert und sich auf Programme
und Aktivitäten zur Förderung von Innovationen in der beruflichen Bildung konzentriert.“72
Berichte von BIBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie externe Betriebe wurden
aufgenommen            um   zusätzliche   Quellen    erschließen    zu    können.       Durch   stetige
Verbesserungen wird angestrebt 2011 die Entwicklungsphase abgeschlossen und die
Zielsetzung erreicht zu haben.




3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen

Im Erhebungszeitraum 01.10.2007 bis 30.09.2008 wurden bundesweit 616.259 neue
Ausbildungsverträge abgeschlossen, was 9626 weniger als 2006/07 entspricht. In
Ostdeutschland sank die Anzahl der neuen Ausbildungsverhältnisse mit insgesamt


72
     Neustrukturierung Berufsbildungsbericht, BIBB
                                                                                                    27
113.818 auf den drittniedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung (um -11280 d.h.-9,0 %
gegenüber 2006/07) während in den alten Ländern die Zahl der neuen Verträge stieg (um
+1654 d.h.+0,3 % gegenüber 2006/07) und mit 502.441 den höchsten Stand seit 1992
erreichte.73

Aufgeteilt nach Bundesländern ergibt sich folgende Tabelle:

       Bundesland                          neu abgeschlossene               Veränderungen zu
                                           Ausbildungsverträge              2006/07 in %
                                           2007/08 in Bezug zu
                                           2006/07
       alte Bundesländer
       Baden Württemberg                   916                              1,1%
       Bayern                              783                              0.8%
       Bremen                              197                              3,1%
       Hamburg                             629                              4,4%
       Hessen                              -711                             -1,6%
       Niedersachsen                       1070                             1,8%
       Nordrhein-Westfalen                 -130                             -0,1%
       Rheinland-Pfalz                     -1147                            -3,6%
       Saarland                            -28                              -0,3%
       Schleswig-Holstein                  75                               0,3%
       neue Bundesländer
       Berlin                              -540                             -2,5%
       Brandenburg                         -769                             -4,2%
       Mecklenburg-Vorpommern              -1746                            -10,9%
       Sachsen-Anhalt                      8008                             -8,7%
       Sachsen                             -14564                           -15,3%
       Thüringen                           -1669                            -9,4%


Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach Bundesländern
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15




Es ist erkenntlich, dass die größten Zuwächse Hamburg mit +4,4%, Bremen mit +3,1%
und Niedersachsen mit +1,8% verzeichnen. Dagegen haben alle neuen Bundesländer
einen Rückgang in den neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen zu verbuchen,
besonders schlimm trifft es hierbei Sachsen mit -15,3%, Mecklenburg Vorpommern mit -
10,9% und Thüringen mit -9,4%.74

Gründe hierfür sind, dass in Ostdeutschland in den letzten Jahren ein starker Rückgang
an Klein- und Kleinstbetrieben zu verzeichnen ist.75 Weiterhin beeinträchtigten die
Unsicherheit der Betriebe ob sie Auszubildende einstellen, eine Tendenz zum
Fachkräfteeinsatz und die generelle schlechtere Situation auf dem Arbeitsmarkt im Osten,
die rückläufigen Zahlen.


73
   Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18
74
   Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18
75
   Vgl. Seibert/Kleinert, IAB Kurzbericht 10/2009
                                                                                                   28
3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen

Eine weitere Einteilung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (wie oben erwähnt
-9626 in 2007/08 im Vergleich zu 2006/07) erfolgt nach Zuständigkeitsbereichen.


                                    neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen
                                                      2007/08 im Vergleich zu 2006/07
      Zuständigkeitsbereiche




                                                                                       Seeschifffahrt
                                                                                              Hausw.
                                                                                      freie Berufe
                                                                                           Landw.
                                                                                      öffentl. Dienst
                                     Handw.
                                                                                      Industr. /Handel

                                      -10000 -9000 -8000 -7000 -6000 -5000 -4000 -3000 -2000 -1000         0      1000   2000


                                            Industr.            öffentl.                                       Seeschifffahr
                                                       Handw.              Landw.   freie Berufe   Hausw.
                                            /Handel             Dienst                                              t
                               bundesweit    1710      -9183     -247       -684       -609         -203           -54
                                                                     Ausbildungsplätze

Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen 2007/08 im Vergleich zu
2006/07
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18

Den einzigen Zuwachs mit +0,5% (+1710) von 2006/07 zu 2007/08 bundesweit
verzeichnete der Bereich Industrie und Handel. Dies ermittelt sich durch +2,6 (+7561) in
Westdeutschland und -7,5% (-5851) in Ostdeutschland. Zuwächse gab es dabei in den
alten Bundesländern in den Berufen Verkäufer/-in (+999), Industriemechaniker/-in (+960),
Fachinformatiker/-in (+911), Zerspannungs-mechaniker/in (+809), Bankkaufmann/frau
(+659) und Fachkraft für Lagerlogistik (+551). Stark betroffen von den Rückgängen in
Ostdeutschland waren die Berufe Koch/Köchin (-1.093), Kaufmann/frau im Einzelhandel (-
571), Fachkraft im Gastgewerbe (-486), Verkäufer/in (-446), Restaurantfachmann/frau (-
428) und Bürokaufmann/frau (-420).76

Die Rückgange gegenüber 2006/07 der einzelnen Zuständigkeitsbereiche lauten wie folgt:
Freie Berufe –1,4%, öffentlicher Dienst –1,8%, Landwirtschaft -4,3%, Hauswirtschaft -
4,5%, Handwerk -5,3% und Seeschifffahrt -15,0%.77

Den größten Rückgang hatte der Bereich Handwerk zu verzeichnen. Bundesweit waren
dies folgende Berufe: Kraftfahrzeugmechatroniker/in (-1.787), Friseur/in (-1.200),


76
     Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19
77
     Vgl. BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18
                                                                                                                                29
Tischler/in, (-740), Anlagemechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- u Klimatechnik (-679),
Maler/-in und Lackierer/in (-675), Metallbauer/in (-534), Dachdecker/in (-527) und
Maurer/in     (-521).      Grundsätzlich   kann    festgestellt   werden,   dass    die
Ausbildungsplatzverluste in den neuen Ländern deutlich höher sind (-13,9%) als in den
alten Ländern (-3,4%).78




3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern

Den Rückgang von -9626 neu abgeschlossenen Ausbildungsberufen in 2007/08 betrafen
allein die männlichen Nachfrager. Die Anzahl der jungen Männer, die einen
Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, beträgt 357.338 und ist damit um 9.678 (-2,6
%) niedriger als 2006/2007.79 Die weiblichen Nachfrager hingegen konnten sich mit +52
neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen leicht steigern auf insgesamt 258.921 weibliche
neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze (~ 42%) in 2007/08.80

Vor allem in den Fertigungsberufen lassen sich deutliche Rückläufe seitens der
männlichen Nachfrager erkennen (-7.954 bzw.- 3,6% zum Vorjahr). Besonders deutlich
wird dies in den neuen Bundesländern. „Dort begannen 6.404 junge Männer weniger (-
13,6 %) eine entsprechende Ausbildung als im Jahr 2007.“81 Als Hintergrund muss
gesehen werden, dass in Berufen wie Metallbauer, Fahrzeuglackierer, Teilezurichter,
Maler und Lackierer, etc. überdurchschnittlich häufig außerbetrieblich ausgebildet wird
und außerbetriebliche Stellen stark rückläufig (besonders im Osten) sind.

Dennoch sieht man in diesen Berufszweig auch einen klaren Anstieg des Frauenanteils
und die wachsende Auflösung der geschlechterspezifischen Berufszweige. Mit insgesamt
+903 (bzw. +3,7%) neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen waren die jungen Frauen
in den Berufen des Fertigungsbereiches vertreten. „In den Metallberufen nahm die Zahl
der weiblichen Ausbildungsanfänger um +11,2 % (von 5.886 auf nunmehr 6.545) und in
den Elektroberufen sogar um +15,9 % (von 1.751auf 2.030) zu. Die deutlichen
Steigerungen wurden sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern registriert.“82
Der große Anteil der Ausbildungsplätze für junge Frauen liegt trotz dieser Tendenzen im
Bereich der Dienstleistungen. 75,8% der weiblichen Ausbildungsverträge sind in 25
Berufsgruppen aufgeteilt, wobei im besonderen Kauffrau im Einzelhandel, Medizinische
Fachangestellte, Bürokauffrau, Verkäuferin und Friseurin gefragt sind.

78
   vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19
79
   vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
80
   vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
81
   Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
82
   Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24
                                                                                    30
Bei      den    jungen       Männern      hingegen         konnten      nur     59,6%    der     männlichen
Ausbildungsverträge auf die 25 beliebtesten Berufe aufgeteilt werden, d.h. die Verteilung
war gleichmäßiger. Darunter waren ebenfalls zahlreich die Dienstleistungsberufe
vertreten, wie z.B. Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer, Kaufmann im Groß- und
Außenhandel,         Bankkaufmann,            etc.,    jedoch    aber    auch    16     Berufe    aus    den
Fertigungsbereichen.




3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/2008

Wie schon in Kapitel 3.1.3 ersichtlich gab es 2007/08 eine Verminderung des Angebotes
und der Nachfrage zu 2006/07.

Das Ausbildungsplatzangebot, bestehend aus der Summe der nicht besetzten
Ausbildungsplätze        (19.507         in       2007/08)       und     der     neu     abgeschlossenen
Ausbildungsverträgen (616.259 in 2007/08), betrug 635.766, d.h. 8478 weniger als im
vorigen Berechnungszeitraum.83

Problematisch wird es bei der Berechnung der Ausbildungsplatznachfrage (entspricht der
Summe          der   nicht     vermittelten           Bewerber    und     der    neu     abgeschlossenen
Ausbildungsverträge). Wie in Kapitel 3.1.4 erläutert, wurden bisher in den Statistiken der
letzten Jahre und Jahrzehnte nicht alle Suchenden berücksichtigt. Bis heute wurden
lediglich die Bewerber beachtet die bis zum 30.September eines Jahres weder in eine
Berufsausbildungsstelle         oder     in      eine     Alternative    eingemündet       waren.       Dabei
ausgeschlossen wurden diejenigen die in einem Praktikum, Berufsvorbereitung, etc.
verblieben aber trotzdem weiter einen Ausbildungsplatz suchten. Nach alter Definition
ergibt sich eine Nachfrage nach 630.738 Ausbildungsplätzen in 2007/08, und entspricht
27.807 weniger als 2007/06.

Nach neuen Berechnungen und einer erweiterten Definition ergeben sich genauere Daten
wenn        „neben       den       bei         der       BA      gemeldeten        und      „unversorgten“
Ausbildungsstellenbewerbern als erfolglose Nachfrager/-innen auch jene Bewerber/-innen
berücksichtigt (werden), die vorläufig in eine Alternative zu einer Berufsausbildung
einmünden (z. B. erneuter Schulbesuch, Praktikum, Jobben), aber von dort aus weiter
nach einer Ausbildungsstelle suchen.“84 Das waren in 2007/08 laut BIBB-Datenreport
81.777 Personen. Dadurch ergibt sich die neue erweiterte Ausbildungsplatznachfrage mit
712.515 in 2007/08. Berechnet man dies ebenfalls für 2006/07 ergibt sich in diesem


83
     vgl. BIBB-Datenreport 2009
84
     Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.64
                                                                                                           31
Zeitraum mit +78.600 Bewerbern, die in einer Alternative weiterhin einen Ausbildungsplatz
suchen, eine Nachfrage nach 737.145 Ausbildungsplätzen, d.h. 24.630 mehr als nach
alter Berechnung.

Folgende Abbildung 18 verdeutlicht die Berechnungsunterschiede:


                                Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer
                                                   Definition


                              800000
         Ausbildungsplätze




                              700000
                              600000
                              500000                                                 Angebot
                              400000                                                 Nachfrage
                              300000
                              200000
                              100000
                                          alte Definition      neue Definition
                             Angebot         635766                635766
                             Nachfrage       630738                712515



Abb.18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition
Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach Ausbildungsmarktstatistik September 2009,
BA und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September

Dabei wird ersichtlich dass nach alter Definition mehr Ausbildungsplätze angeboten als
nachgefragt werden. Nach der neuen Definition mit der erweiterten Berechnung kann
gezeigt werden dass dies nicht der Fall ist, sondern die Nachfrage deutlich höher ist als
das Angebot. Die alte Berechnung verzerrt damit die tatsächlichen Zahlen indem nicht alle
Ausbildungssuchenden mit in die Berechnungen einbezogen sind. Dies ergab in den
letzten Jahren ein zu optimistisches Ergebnis bei der Angebots- und Nachfragedarstellung
wieder, wie auch in Kapitel 3.1.4 dargestellt wurde.

Trotz dieser neuen Nachfrageberechnung müssten zusätzlich Umfrageergebnisse mit
herangezogen werden, die auch die Suchenden betrachten welche nicht in ein
Ausbildungsverhältnis eintreten und                    nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet
sind. Dies würde ein realistischeres Ergebnis liefern.



3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09

Im Berechnungsjahr von Oktober 2008 bis September 2009 zeigt sich eine relativ
ausgeglichene Situation der Ausbildungsplätze trotz der Wirtschaftskrise.




                                                                                                    32
Wie     schon   in   Abbildung    12   ersichtlich   beträgt   die   Zahl    der   gemeldeten
Berufsausbildungsstellen 475.391. Zwar sind dies 36.191 Stellen(~ -7,1%) weniger als
2007/08, jedoch fällt dieser Rückgang aufgrund der Krise ziemlich moderat aus. Davon
wurden in Westdeutschland ca. 381.500 Stellen (~-5,1%) und in Ostdeutschland ca.
93.600 Stellen (~-14,5%) gemeldet.85

Jedoch ist auch die Zahl der gemeldeten Bewerber, v.a. aufgrund demographischer
Auswirkungen, geringer als im Vorjahr. 533.361 Bewerber haben bei der Suche nach
einer Ausbildungsstelle die Arbeitsagentur oder die Ausbildungsvermittlung der BA
einbezogen. Dies sind 86.848 Bewerber (~-14,0%) weniger als 2007/08 und laut dem
Monatsbericht für Oktober der Bundesagentur für Arbeit „über ein Viertel weniger als noch
im Berufberatungsjahr 2006/2007.“86 In Westdeutschland verringerte sich die Zahl auf ca.
430.600 Suchende (~-10,7%) und in Ostdeutschland auf ca. 102.600 Suchende (~-
25,6%).87

Die rechnerische Differenz ergibt 57.970 Personen. Da vor einem Jahr die Differenz noch
bei 108.627 Personen lag, kann man von einer positiven Tendenz sprechen. Grund ist die
durch     geburtenschwache Jahrgänge sinkender Bewerberzahl. Zusätzlich ist eine
Neigung zu höheren Schulabschlüssen zu verzeichnen, die zu einem längeren Verbleib
der Jugendlichen im Schulsystem bedeutet. Dies wird durch die Wirtschaftskrise noch
intensiviert,   da   sich   die   jungen   Menschen      schlechtere    Chancen      auf   dem
Ausbildungsmarkt ausrechnen.

Im Vergleich zu 2007/08 liegt die Zahl der gemeldeten unversorgten Bewerber mit 9603
um 33,8% niedriger. In Westdeutschland fanden ca. 6.900 Bewerber (~-32,0%) und in
Ostdeutschland ca. 2.700 Bewerber (~-38,1%) keine Ausbildungsstätte.

Die Anzahl noch unbesetzten Ausbildungsstellen lag mit 17.255 (~-11,5 %) unter dem
Wert im Vorjahr. Die Verringerung sieht man sowohl in West- als auch in Ostdeutschland.
In den alten Bundesländern sind ca.14.500 Stellen noch nicht besetzt, d.h. ~ 13,0 %
weniger als im vorigen Jahr. In Ostdeutschland gibt es noch 2.600 freie Stellen, d.h. ~
4,50 % weniger als 2007/08.

Der rechnerische Unterschied zwischen der gemeldeten unversorgten Bewerber und der
unbesetzten Berufsausbildungsstellen beträgt somit -7.652 Personen, d.h. es ist wie im
Vorjahr ein Stellenüberhang zu verzeichnen. „Diese gute Bilanz gilt allerdings nur für
Westdeutschland. Hier liegt die „Lücke“ bei -7.600. In Ostdeutschland gab es dagegen


85
   vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.27
86
   Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28
87
   vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28
                                                                                             33
100      mehr    unversorgte     Bewerber     als   unbesetzte    Stellen.“88   Anhand    dieses
Stellenüberhangs lässt sich die positive Tendenz für 2008/09 darstellen. In der
Wirtschaftskrise profitiert der Ausbildungsmarkt von den geburtenschwachen Jahrgängen,
die weniger Ausbildungsplätze suchen als noch in den letzten Jahren.

Unter diesem Umstand können mehr Ausbildungssuchende versorgt werden und diese
Trendwende wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren verstärken. Besonders in
Ostdeutschland wird es zu einer ungefähren Halbierung der Zahlen führen. Zugleich wird
in ein paar Jahren die Zahl der altersbedingten Austritte aus dem Arbeitsleben stark
ansteigen. Daraus zeichnet sich damit für die neuen Bundesländer ein Personalengpass
ab, der unter den momentanen Verhältnissen des Arbeitsmarktes unvorstellbar erscheint.
Weitere Gründe sind wie schon erwähnt die steigende Anzahl der Jugendlichen die statt
einer Ausbildung eine weiterführende Schule oder Universität besuchen oder in einem
Job oder Praktika arbeiten.




88
     Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.30
                                                                                               34
4 Ausbildungsmobilität in Deutschland


Um die Struktur des Marktes für Ausbildungsplätze in Deutschland umfassend betrachten
und beurteilen zu können, spielt auch die räumliche Mobilität der Auszubildenden eine
bedeutende Rolle. Der deutsche Ausbildungsmarkt ist geprägt durch eine sehr hohe
räumliche Konzentration, da gerade Institutionen zur außerbetrieblichen Ausbildung,
schulischen Ausbildung und Hochschulausbildung in Agglomerationen konzentriert sind.
Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Arbeitsmarkt Deutschlands, der zu Folge
hat, dass deutsche Auszubildende wesentlich mehr pendeln als Berufstätige. Dieses
Kapitel soll die Binnenwanderungen der Jugendlichen zu ihrem Ausbildungsplatz, deren
Ausmaße, Richtungen und Ursachen näher erläutern und bewerten und sich auch mit den
daraus folgenden Konsequenzen auseinander setzen. Untersucht werden sollen dabei die
Pendlerströme der Auszubildenden und damit auch die regionalen Unterschiede vor allem
zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sowie Nord- und Süddeutschland.

Die Daten auf die sich diese Analyse bezieht, stammen aus Statistiken über
sozialversicherungspflichtig         Beschäftigte,   der    gemeldeten      Bewerber       für
Berufsausbildungsstellen und gemeldeten Berufsausbildungsstellen der Bundesagentur
für Arbeit. Schwierig gestaltet sich hierbei die Datenverfügbarkeit, so dass sich mit Hilfe
der genannten Statistiken beinahe alle dualen Ausbildungen und eine Reihe von
schulischen Ausbildungen, letztendlich Zwei Drittel aller Ausbildungsmöglichkeiten,
abbilden lassen. Hochschulausbildungen werden dagegen aufgrund nicht vorhandener
Daten nicht einbezogen und da schulische Ausbildungen ohnehin eher zentralisiert sind,
wird die durch die bereits genannten Daten ermittelte Ausbildungsmobilität eher
unterbewertet.89 Außerdem kann man aus den vorliegenden Daten nicht schließen, ob die
Jugendlichen täglich, wöchentlich, monatlich etc. pendeln. Ein wesentliches Problem
besteht weiter darin, dass aus den Daten nicht hervorgeht, wie viele Auszubildende für
ihre Ausbildungsstelle den Wohnort komplett wechseln, was überwiegend auf volljährige
Bewerber zutreffen könnte.

Als Pendler werden dabei diejenigen Auszubildenden bezeichnet, deren gemeldeter
Wohnort nicht mit dem Arbeitsort übereinstimmen. Unterschieden wird zwischen Ein- und
Auspendlern,        wobei    diese   Pendlerströme   sich   wiederum   u.   a.   auf   Kreise,
Arbeitsmarktregionen oder Bundesländer beziehen können. Zur Bewertung der
räumlichen Mobilität wird je nach verfügbarer Quelle ein einfacher oder gewichteter
Pendlersaldo genutzt, der in den folgenden Abschnitten eingehender betrachtet werden
soll.

89
     Vgl. IAB regional Sachsen (Nr. 01/2007)
                                                                                           35
4.1 Regionale Pendlerverflechtungen


In der Bundesrepublik Deutschland lässt sich eine ausgeprägte Heterogenität des
Angebots des Ausbildungsmarktes feststellen (vgl. Kapitel 3). Dies führt zu sehr
unterschiedlichen Mobilitätsmaßen für die einzelnen Bundesländer. Laut einem IAB-
Kurzbericht pendelten 2006 etwa 120.000        Auszubildende zu einem Ausbildungsort
außerhalb ihres Bundeslandes, ca. 600.000 verließen ihren Heimatkreis. Dabei
überschritten in Westdeutschland etwa Ein Drittel der Auszubildenden ihre Kreisgrenze,
im Osten waren es sogar im Schnitt 41 Prozent, wobei in den sehr schwach besiedelten
Kreisen Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns sogar eine durchschnittliche
Entfernung von 150 km zum Ausbildungsort zurückgelegt wurde.90 Bereits diese Werte
deuten bezogen auf die Mobilitätsbereitschaft auf einen erheblichen Unterschied
zwischen den neuen und den alten Bundesländern hin. Die gewonnenen Daten beziehen
sich mehrheitlich auf das Jahr 2006, in einigen Ausnahmen auch auf 2005.




4.1.1     Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene


Zu allererst soll in diesem Abschnitt die Ausbildungsmobilität auf der Ebene der
Bundesländer und innerhalb dieser auf Kreisebene untersucht werden. Mit den daraus
gewonnenen Ergebnissen lässt sich dann die Lage in den neuen und alten
Bundesländern einfacher vergleichen und das Ausmaß der Mobilität beurteilen. Begonnen
wird mit den alten Bundesländern, zuerst betrachten wir Schleswig-Holstein.

Wie man in Tabelle 3 erkennen kann, lag        in Schleswig-Holstein im Jahr 2006 die
Auspendlerquote der Auszubildenden bei 12,0 Prozent, in das Bundesland eingependelt
sind dagegen 9,8 Prozent. Um diese Bewegungen besser beurteilen zu können, kann
man den gewichteten Pendlersaldo zur Hilfe nehmen. Mit diesem ist es möglich, die
Pendlerquote ins Verhältnis mit der Gesamtzahl der im jeweilig betrachteten Gebiet
befindlichen Auszubildenden zu setzen. Der gewichtete Pendlersaldo berechnet sich also
folgendermaßen:91

Gewichteter Pendlersaldo = ((Einpendler – Auspendler)/Auszubildende im Gebiet) x 1000




90
     Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008)
91
     Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008)
                                                                                   36
Bundesländer                       Einpendler          Auspendler            Pendlersaldo
                                   absolut   Quote     Absolut       Quote   Absolut   gewicht
                                             in %                    in %              et

Schleswig-Holstein                 5.713     9,8       7.162         12,0    -1.449    -25
Hamburg                            13.131    34,7      3.337         11,9    9.794     259
Niedersachsen                      13.399    8,2       14.958        9,0     -1.559    -9
Bremen                             6.482     39,6      1.412         12,5    5.070     309
Nordrhein-Westfalen                11.846    3,4       7.377         2,1     4.469     13
Hessen                             12.013    10,3      6.920         6,2     5.093     44
Rheinland-Pfalz                    6.110     7,2       10.463        11,7    -4.353    -51
Baden-Württemberg                  12.870    5,5       6.892         3,0     5.978     26
Bayern                             11.308    4,1       7.083         2,6     4.225     15
Saarland                           1.804     8,1       1.072         5,0     732       33
Berlin                             10.980    18,8      4.906         9,4     6.074     104
Brandenburg                        5.061     10,0      14.634        24,3    -9.573    -189
Mecklenburg-Vorpommern             1.624     3,7       6.039         12,4    -4.415    -100
Sachsen                            4.147     4,4       8.269         8,4     -4.122    -43
Sachsen-Anhalt                     2.967     5,8       9.770         17,0    -6.803    -134
Thüringen                          2.256     4,4       8.417         14,8    -6.161    -121


Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006
Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008)

Es pendeln demnach mehr Auszubildende aus dem Bundesland in ein anderes, als nach
Schleswig-Holstein hinein. Dies zeigt sich im negativen Pendlersaldo. Der gewichtete
Pendlersaldo von -25 sagt also aus, dass bezogen auf 1.000 Auszubildende im
betrachteten Gebiet 25 Ausbildungsplätze weniger angeboten werden, als nötig wären,
um allen im Gebiet ansässigen Lehrstellensuchenden einen Ausbildungsplatz vor Ort
anbieten zu können. Laut einem IAB-Bericht zur Lage der Ausbildungsmobilität in
Schleswig-Holstein, ist dabei mit einem Anteil von 84 Prozent Hamburg die
Hauptzielregion der Pendlerbewegungen und jeder sechste Auszubildende in Hamburg
kommt aus Schleswig-Holstein.92 Aus den an die Hansestadt angrenzenden Kreisen
kommen dabei 86 Prozent der nach Hamburg pendelnden Auszubildenden. Hier zeigt
sich also bereits, dass vor allem Großstädte und Stadtstaaten Ausbildungszentren sind
und daher vor allem aus Nachbarregionen Auszubildende anziehen. Dagegen zeigt sich
die Struktur der Einpendler in das nördlichste Bundesland wesentlich breiter gefächert, mit

92
     Vgl. IAB regional Nord (Nr. 03/2008)
                                                                                              37
Raumwirtschaftliche Betrachtung der Ausbildungssituation der BRD
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Raumwirtschaftliche Betrachtung der Ausbildungssituation der BRD
Raumwirtschaftliche Betrachtung der Ausbildungssituation der BRD
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Raumwirtschaftliche Betrachtung der Ausbildungssituation der BRD

  • 1. Technische Universität Dresden Fakultät Verkehrswissenschaften “Friedrich List” Institut für Wirtschaft und Verkehr Professur für VWL, insb. Makroökonomik und Raumwirtschaftslehre / Regionalwissenschaften Ausbildungssituation in Deutschland: demographischer Hintergrund, Markt und Mobilität - eine empirische Analyse für Deutschland – Seminararbeit Abgabe: 04.01.2010 Betreuer: Prof. Dr. G. Hirte Dipl. Verkehrswirtschaftler
  • 2. Inhaltsverzeichnis: Seite Inhaltsverzeichnis I Tabellenverzeichnis III Abbildungsverzeichnis IV Einleitung 1 1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes 2 1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft 2 1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage 3 2 Demographie 5 2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten 5 2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung 5 2.1.2 Die Volkszählung 2011 7 2.2 Demographische Lage 8 2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell 8 2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer 9 interaktiven Alterspyramide 2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung 14 2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung 17 2.5 Bildung und Wissenschaft 19 3 Ausbildungsmarkt in Deutschland 20 3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09 20 3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit 20
  • 3. 3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 23 3.1.3 Angebot und Nachfrage 24 3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken 25 3.2 aktuelle Ausbildungssituation 27 3.2.1 BIBB- Datenreport 2009 27 3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen 27 3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen 29 3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern 30 3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/08 31 3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09 32 4 Ausbildungsmobilität in Deutschland 35 4.1 Regionale Pendlerverflechtungen 36 4.1.1 Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene 36 4.1.2 Die Ausmaße der Mobilität 45 4.1.3 Die zurückgelegten Entfernungen 46 4.2 Einflussfaktoren des Mobilitätsverhaltens 47 4.2.1 Ausbildungsplatzangebot 47 4.2.2 Bevölkerungsdichte 47 4.2.3 Zusammenhänge zwischen Ausbildungsplatzangebot und 48 Bevölkerungsdichte 4.3 Ausblick 50 Fazit 51 Quellenverzeichnis VII Anhang XII Eigenwörtliche Erklärung XIV II
  • 4. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes, Entwicklung der Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach Bundesländern Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15 Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006 Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008), Tabelle 1: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006 III
  • 5. Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008) Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard und O´Brien (2006), S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172 Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000 Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009, S.34-35 Abb. 4: Alterspilz Quelle: Webseite Geographie Innsbruck, http://tirolatlas.uibk.ac.at Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17 Abb. 6: Stabile Bevölkerung Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17 Abb. 7: Wachsende Bevölkerung Quelle: Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17 Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009 Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985 Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht berücksichtigt sind Ortsumzüge. Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de IV
  • 6. Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete Berufsausbildungsstellen Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05 Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006, S.15 Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen 2007/08 im Vergleich zu 2006/07 Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18 Abb. 18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Abb. 19: Auszubildende am Arbeitsort und die Zahl der Einpendler in den acht größten Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006) Quelle: IAB regional Nord (Nr. 02/2008), Abbildung 8: Auszubildende am Arbeitsort und die Zahl der Einpendler in den acht größten Städten Deutschlands (Stichtag: 30.09.2006) Abb. 20: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005 V
  • 7. Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden - in NRW mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005 Abb. 21: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005 Quelle: IAB regional NRW (Nr. 01/2007), Karte 9: Pendelnde Auszubildende nach Herkunfts- und Ziel-Gemeinden in Deutschland mit min. 100 Auspendlern zum 30.09.2005 Abb. 22: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von Auszubildenden nach Arbeitsmarktregionen 2006 Quelle: IAB-Kurzbericht (Nr. 09/2008), Karte 2: Durchschnittliche Pendlerdistanzen von Auszubildenden nach Arbeitsmarktregionen 2006 Abb. 23: Zusammenhang zwischen Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte und dem gewichteten Pendlersaldo in den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen Quelle: IAB Kurzbericht (Nr. 09/2008), Abbildung 1: Zusammenhang zwischen Ausbildungsplatzangebot bzw. Bevölkerungsdichte und dem gewichteten Pendlersaldo in den 150 deutschen Arbeitsmarktregionen VI
  • 8. EINLEITUNG „Gib einem Hungernden einen Fisch, und er wird einmal satt, lehre ihn Fischen, und er wird nie wieder hungern.“ - Diese Lebensweisheit von Laotse wurde über zweieinhalb Jahrtausende von Generation zu Generation übermittelt und musste nie an Realitätsnähe einbüßen. Im Gegenteil: Eine fundierte Ausbildung ist heute so wichtig wie eh und je. In den letzten Jahren überstieg die Zahl der älteren Menschen, die aus dem Erwerbsleben ausschieden, diejenige Zahl der jungen ausgebildeten Menschen, die an deren Stelle nachrückten.1 Obwohl freie Ausbildungsplätze vorhanden sind, bleibt regelmäßig ein nicht unerheblicher Prozentsatz an jungen Menschen ohne Lehrstelle. Warum es sowohl eine große Anzahl an nichtvermittelten Bewerbern, als auch an nicht besetzen Ausbildungsplätzen gibt, soll in dieser Seminararbeit aufgedeckt werden. Außerdem wird die aktuelle Situation auf dem Ausbildungsmarkt näher beschrieben, in die Methoden der Bevölkerungsforschung und Datenermittlung eingetaucht, auf Probleme in der Räumung des Ausbildungsmarktes hingewiesen, Ein- und Auspendlerströme gegenüber gestellt und nach Ursachen dieses Ungleichgewichtes geforscht. Zur Vermittlung grundlegenden Wissens bildet Kapitel 1 erst allgemein die freie Marktwirtschaft, später auch den Arbeits- und Ausbildungsmarkt theoretisch ab. Um Bevölkerungsentwicklungen und Statistiken zu erstellen, werden in aufwendigen Verfahren repräsentative Daten erhoben. Welche Verfahren der demographischen Erhebung angewandt werden und wodurch sich diese unterscheiden wird in Kapitel 2 beschrieben, welches außerdem auf die bevorstehende Volkszählung 2011 Bezug nimmt. Desweiteren wird auf die räumliche und natürliche Bevölkerungsentwicklung eingegangen und Möglichkeiten der graphischen Veranschaulichung bevölkerungsbewegungsrelevanter Daten aufgezeigt. Die Entwicklung des Ausbildungsmarktes der letzten zehn Jahre wird in Kapitel 3, sowohl unter dem Aspekt der Ausbildungsstellenmarktstatistik, der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, als auch hinsichtlich des Angebotes und der Nachfrage erörtert. Außerdem werden Lücken der Statistiken aufgezeigt und detailliert auf die neusten Daten der Ausbildungssituation eingegangen. Warum der Ausbildungsmarkt im Vergleich zum Arbeitsmarkt wesentlich stärker räumlich konzentriert ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben, wird in Kapitel 4 dargestellt. Zudem werden die Determinanten, die Mobilität beeinflussen, erörtert und regionale Unterschiede in der Zahl der Auszubildenden, die eine große Entfernung zu ihrem Ausbildungsplatz zurücklegen müssen, aufgedeckt und analysiert. 1 Analyse des Arbeitsmarktes in Deutschland (November 2009), S.4 1
  • 9. 1 Theoretische Abbildung des Ausbildungsmarktes Bevor in den nachfolgenden Kapiteln die Situation auf dem Ausbildungsmarkt durchleuchtet wird, sollen grundlegende Begriffe geklärt und auf die Gleichgewichtstheorie eingegangen werden. 1.1 Funktionsweise der Marktwirtschaft2 Um die Reaktionen der Marktwirtschaft auf Preisänderungen des betrachteten Gutes grafisch abzubilden, wird , wie in Abbildung 1 in einem Preis-Mengen-Diagramm3 erstellt, an dessen Ordinate der Preis pro Stück und an dessen Abszisse die Stückzahl abgetragen wird. Abb. 1: Gleichgewicht auf dem Gütermarkt Quelle: Eigene Darstellung nach Mankiw (2008) Bei steigenden Preisen weiten Produzenten das Angebot aus, wohingegen Konsumenten die Nachfrage einschränken. Aufgrund der positiven Abhängigkeit des Angebots vom Marktpreis der Güter zeigt die Nachfragekurve einen steigenden Verlauf, die Angebotskurve dagegen fällt mit zunehmendem Preis.4 Am Schnittpunkt der Angebotskurve mit der Nachfragekurve ergibt sich das Marktgleichgewicht. Bei der Gleichgewichtsmenge x* und dem Gleichgewichtspreis p* ist der Markt geräumt.5 2 Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 35 3 Vgl. Beck (2006), S. 84 4 Vgl. Beck (2006), S. 29 5 Vgl. Mankiw (2008) 1
  • 10. 1.2 Abbildung von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage Die beschriebene Darstellung der Marktwirtschaft lässt sich auf den Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt übertragen. Dabei wird Arbeit von Unternehmen nachgefragt6, die bei niedrigerem Reallohnsatz w und damit niedrigerem Grenzprodukt der Arbeit in der Erwartung höherer Gewinne ihre Arbeitsnachfrage Ld steigern. Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, besteht somit ein negativer Zusammenhang zwischen Reallohnsatz und Arbeitsnachfrage. Private Haushalte bieten Arbeit als Produktionsfaktor an. Aufgrund einer allgemein umso höheren Arbeitsbereitschaft bei höherem Reallohnsatz verhält sich das Arbeitsangebot Ls, anders als die Arbeitsnachfrage, positiv zum Reallohnsatz. Somit zeigt sich die Arbeitsangebotskurve als steigend. Abb. 2: Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt Quelle: Eigene und teilweise aus dem Englischen übersetzte Darstellung nach Hubbard und O´Brien (2006), S. 78 und Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 129, 156 und 172 Der in Abbildung 2 zu erkennende Überschuss an Arbeitsangebot zeigt die Unterbeschäftigung, die angibt, wie hoch die Zahl der Erwerbspersonen über der Zahl der Arbeitsstellen liegt7. Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.81, des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden ließen sich im Jahr 2008 43,39 Millionen Erwerbspersonen verzeichnen. Der Begriff der 6 Vgl. Baßeler, Heinrich und Utecht (2006), S. 155 7 Vgl. Möller und Walwei (2009), S. 61 2
  • 11. Erwerbspersonen umfasst die Erwerbstätigen, die eine Erwerbstätigkeit ausüben8 und deren Zahl sich 2008 auf rund 40,26 Millionen belief, sowie die Erwerbslosen, das heißt die nicht erwerbstätigen Personen im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 74 Jahren, die in den vorausgegangenen vier Wochen aktiv auf Arbeitssuche waren9 (2008: 3,13 Millionen). Demzufolge ergibt sich als Verhältnis der Erwerbslosen zu den Erwerbspersonen eine Erwerbslosenquote von 7,3%10. Über die aktuelle Arbeitsnachfrage lassen sich nur unzureichende Vermutungen anstellen, da das Arbeitsamt11 für Jahr 2008 lediglich 560.00012 Stellen (Oktober 2009: 479.10013) verzeichnen konnte, zumal in diese Berechnung nur die vom Arbeitgeber an die Agentur für Arbeit gemeldeten Stellen eingehen. Da es sich bei den Angaben über die Zahl der Erwerbspersonen und die Zahl der gemeldeten Stellen um unterschiedliche Größenordnungen und Ermittlungsmethoden handelt, lassen sich daraus keine Rückschlüsse auf einen Arbeitsangebotsüberschuss ziehen. Analog zum Arbeitsmarkt gelten die beschriebenen Funktionsweisen auch für den Ausbildungsstellenmarkt und auch für Bewerber für Berufsausbildungsplätze stellt die Agentur für Arbeit eine wichtige Transferposition dar: 515.500 Bewerber haben im Lehrjahr 2008/09 die Ausbildungsvermittlung bei der Suche nach einer Lehrstelle eingeschaltet.14 Eine detaillierte Auswertung des Ausbildungsstellenmarktes erfolgt im nachfolgenden Kapitel, das als Einstieg einen Überblick über den Markt für berufliche Ausbildung gibt. 8 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80 9 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 79 10 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 86, Ungenauigkeiten sind auf Rundungsdifferenzen zurückzuführen 11 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 80 12 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 73 13 Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes destatis.de, Stand: 29. Oktober 2009 14 Vgl. Presse Info 067 vom 01.09.2009, Bundesagentur für Arbeit 3
  • 12. 2 Demographie „DEM DEUTSCHEN VOLKE“ – Diese Inschrift ist seit 1915 über dem Hauptportal des Reichstages in Berlin zu lesen, nach einem Vorschlag des Architekten Paul Wallot von 1894, der sein bis heute als Besuchermagnet geltendes Regierungsgebäude „dem deutschen Volke“ widmete.15 Doch was genau ist unter dem Begriff Volk bzw. Bevölkerung zu verstehen? Laut dem Statistischen Jahrbuch 2004 gehören alle Einwohner, die mit ihrer Hauptwohnung in der BRD gemeldet sind, der Bevölkerung an und somit sind dazu auch alle hier gemeldeten Ausländer zu zählen. Welche Bevölkerungsentwicklungen stattgefunden haben oder zukünftig stattfinden werden und welche Methoden zur demographischen Datenermittlung eingesetzt werden, wird in den nachfolgenden Kapiteln erläutert. Abschnitt 2.1 gibt einen Überblick über die Verfahren der Erhebung, grenzt verwendete Begriffe voneinander ab und bezieht Stellung zur geplanten Volkszählung 2011. Der Abschnitt 2.2 durchleuchtet die demographische Lage in Bezug auf die aktuelle, räumliche und natürliche Bevölkerungsentwicklung und weist auf Möglichkeiten der graphischen Darstellung hin. 2.1 Verfahren der Erhebung demographischer Daten „Volkszählung war gestern – Zensus ist morgen“ lautete die Pressemitteilung Nr.102 des Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009. Im nun folgenden Abschnitt soll der Unterschied zwischen diesen beiden Erhebungsverfahren geklärt und auf die für das Jahr 2011 geplante Zensur eingegangen werden. 2.1.1 Begriffsabgrenzungen und Methodenbeschreibung Daten demographischer Erhebungen können aus allgemeinen Bevölkerungsregistern stammen, aus Stichprobenumfragen auf freiwilliger Basis oder aus staatlich organisierten Erhebungen16, den sogenannten Volkszählungen, bei denen Antwortpflicht besteht17. Das statistische Bundesamt in Wiesbaden sammelt personenbezogene, von staatlichen Institutionen ausgestellte Dokumente, wertet sie aus und stellt sie zu Forschungszwecken zur Verfügung. Zu den typischen registrierten demographischen Prozessen zählen Geburt und Tod, Eheschließung und Ehelösung, Abwanderung und Einbürgerung, 15 Vgl. Haubrich (1999) 16 Vgl. Mueller (2009) 17 S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.1 4
  • 13. Wohnungswechsel, Eintritt und Austritt aus religiösen oder sozialen Institutionen sowie Änderung des Arbeitsverhältnisses.18 Volkszählungen sind staatlich organisierte Erhebungen, bei denen die Bürger für den größten Teil der Erhebungsmerkmale19 zur Auskunft verpflichtet sind. Dabei werden zu einem bestimmten Stichtag20 bei allen im Staatsgebiet wohnhaften Personen mit einem einheitlichen gedruckten Fragebogen oder Online-Fragebogen21 Strukturdaten über Biografie, Ausbildung, Beruf, Familien-, sowie Wohn- und Arbeitsverhältnisse erhoben. Ziel der Volkszählung ist die Offenlegung von Ungenauigkeiten im Melderegister und dessen Aktualisierung22. Die Abgrenzung des geplanten europaweiten Zensus 2011 von der altbekannten Volkszählung stellt das Statistische Bundesamt als einen grundlegenden Wandel dar23. Um die Daten der nur in großen Abständen durchgeführten Volkszählung fortzuschreiben und zur umfassenden Arbeitsmarktbeobachtung werden seit 195724 jährlich ein Prozent25 aller Haushalte im Rahmen des sogenannten Mikrozensus stichprobenartig befragt. Der Fragenkomplex des Mikrozensus setzt sich zusammen aus allgemeinen demographischen Angaben wie Alter, Geschlecht, Staatszugehörigkeit, Unterhalt und Einkommen und den Ergänzungserhebungen mit Angaben zur früheren Erwerbstätigkeit und Pflegeversicherung26. Dabei treten bei großer zeitlicher Entfernung zum letzten Zensus starke Abweichungen auf, die auf Ungenauigkeiten in der Wanderungsstatistik zurückzuführen sind.27 Das statistische Bundesamt ist eine selbstständige Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern mit zentralem Sitz in Wiesbaden, zu dessen Aufgaben sowohl die Vorbereitung von Analysen für die Bundesstatistik, als auch die Erarbeitung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften gehören.28 Das seit mittlerweile 58 Jahren im Herbst erscheinende Statistische Jahrbuch des Statistischen Bundesamtes bildet jeweils das vorausgegangene Kalenderjahr umfangreich ab (Die Ausgabe von 2009 umfasst beispielsweise 753 Seiten) bezüglich Geographie und Klima, Bevölkerungsentwicklung, Arbeitsmarkt, Bildung und Wissenschaft, Wahlen, Sozialleistungen, Bauen und Wohnen, Land- und Forstwirtschaft, sowie Verkehr, Außenhandel und Preisentwicklung29 und ist 18 Vgl. Mueller (2009) 19 S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 1, S.2 20 S. ZensG 2011 51a, § 2, Abs. 2 21 S. ZensG 2011 51a, § 18, Abs. 2, S.3 22 S. ZensG 2011 51a, Drucksache zu § 7, Abs. 1 23 Vgl. Pressemitteilung Nr.102 des Statistischen Bundesamtes vom 18.03.2009 24 Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.19 25 Vgl. Rohloff (2005), S.2 26 Vgl. Lüttinger und Riede (1997), S.21 27 Vgl. Münz (2005), S.4 28 Vgl. Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes 29 in Auswahl aus dem Inhaltsverzeichnis des Statistischen Jahrbuches 2009 5
  • 14. nach Angaben des Statistischen Bundesamtes „das umfassendste statistische Nachschlagewerk auf dem deutschen Markt.30“ Sofern nicht anders angeben, beziehen sich die genannten Daten im nachfolgenden Kapitelabschnitt (2.2) auf das Statistische Jahrbuch 2009. 2.1.2 Die Volkszählung 2011 Da eine Volkszählung gemäß einer Richtlinie der EU alle 10 Jahre31 durchgeführt werden sollte und die Vereinten Nationen ihren Mitgliedsstaaten die Durchführung einer Volkszählung zu Beginn jedes Jahrzehnts nahelegen32, zählten die meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union im Jahr 2001. Weil die letzte Volkszählung in Deutschland im früheren Gebiet der Bundesrepublik am 25. Mai 1987 durchgeführt wurde, wurde am 8. Juli 200933 das Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011 – ZensG 2011) veröffentlicht, das auf der Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen beruht. Der Art. 1, Abs. 1 ZensG 2011 lautet: „Die statistischen Ämter des Bundes und der Länder führen eine Bevölkerungs-, Gebäude- und Wohnungszählung (Zensus) mit Stand vom 9. Mai 2011 (Berichtszeitpunkt) als Bundesstatistik durch.“ Und weiter: „Die statistischen Ämter der Länder führen zum Berichtszeitpunkt eine Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis (Haushaltsstichprobe) durch“ (§ 7, Abs. 1 ZensG). Beim Zensus 2011 wird auf eine umfassende, alle Individuen betreffende Zählung verzichtet und stattdessen nur etwa acht Prozent34 der Bevölkerung befragt. 30 Statistisches Jahrbuch 2009, S.12 31 S. Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über Volks- und Wohnungszählungen, Art. 1 32 S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009(BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil A, Abs. 3 33 S. ZensG 2011 51a 34 S. Begründung des Entwurfs für das Gesetz zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung des Statistikgesetzes vom 8. Juli 2009 (BR-Drucks. Nr. 3/09 vom 2. Januar 2009), Teil A, Abs. 11b 6
  • 15. 2.2 Demographische Lage „Im Jahr 2060 wird jeder Siebente 80 Jahre oder älter sein“, so lautete die Kernaussage der Pressekonferenz des Statistischen Bundesamtes zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis 2060 am 18.11.2009 in Berlin. Im nachfolgenden Kapitel werden Erkenntnisse zur demographischen Lage erörtert und belegt. Soweit nicht anders angegeben, stammen die verwendeten Daten aus dem Statistischen Jahrbuch vom September 2009, da daraus die aktuellsten und zuverlässigsten Zahlen zu beziehen sind. Abweichende Werte aus anderen Quellen sind gegebenenfalls mit Fußnote vermerkt. 2.2.1 Bevölkerungsbilanz aktuell Zur Ermittlung der aktuellen demographischen Lage werden die Statistiken der natürlichen Bevölkerungsbewegung wie Geburten, Todesfälle, Eheschließungen und Scheidungen und der räumlichen Bevölkerungsbewegung (Wanderungen) herangezogen, außerdem die Ausländerstatistik und analytische Vorausberechnungen über Sterblichkeit, Geburtenzahlen sowie die Heirats- und Scheidungshäufigkeit. Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD 83000 82000 82537 82501 82315 82260 82037 82012 82002 81000 81539 80975 80000 79753 79000 78000 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung 1990 bis 2008 in der BRD in 1000 Quelle: Eigene Darstellung in Bezugnahme auf Daten des Statistischen Jahrbuchs 2009, S.34-35 Laut dem Statistischen Jahrbuch 2009, Seite 28, zählten im Jahre 2008 82.002.000 Personen zur Bevölkerung. Mit einer Bevölkerungsdichte von 230 Personen pro Quadratkilometer gilt Deutschland als ein dicht besiedeltes Land. Zum Stichtag am 31. März 2009 schrumpfte die Zahl der Einwohner auf unter 82 Millionen35, was das letzte Mal im wiedervereinigten Deutschland im Jahre 1995 vorgekommen ist.36 35 Vgl. Pressemitteilung Nr.417 vom 04.11.2009 des Statistischen Bundesamtes 36 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.28 7
  • 16. 2.2.2 Darstellung der Entwicklung der Altersstruktur anhand einer interaktiven Alterspyramide Die wohl am weitesten verbreitete graphische Darstellung der demographischen Lage ist die Altersgraphik. In ihr wird zu einem bestimmten Zeitpunkt die Zahl der Personen (meist in 1.000) eines bestimmten Alters nach Geschlechtern getrennt dargestellt. Leben zur betrachteten Zeit im betrachteten Ort im Verhältnis zur Zahl der älteren Menschen sehr viele Junge, so spricht man aufgrund des Aufbaus der Graphik von einer Alterspyramide. Stellen die etwa 60-Jährigen den größten Teil der Bevölkerung dar, so zeigt sich der sogenannte Alterspilz,37 der auch als Birnen- oder Tropfenform38 bezeichnet wird. Abb. 4: Alterspilz Quelle: Webseite Geographie Innsbruck Durch unterschiedlich geformte Alterspyramiden lassen sich Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung der Bevölkerung ziehen:39 40 Abb. 5: Schrumpfende Bevölkerung Die graphisch dargestellte schrumpfende Bevölkerung wird auch als Urne bezeichnet.41 37 Vgl. Niederfranke und Nägele (1999) S. 137 38 Vgl. Grolle (2004), S. 12 39 Vgl. Mueller (2000), S.17 40 Eigene Darstellung nach Mueller (2000), S.17 41 Vgl. Iw-Trends (1/2003) 8
  • 17. 40 Abb. 6: Stabile Bevölkerung Eine stabile Bevölkerung zeichnet sich dadurch aus, dass sowohl Wachstumsrate, als auch Altersaufbau konstant sind42 und die Sterberate ungefähr der Geburtenrate entspricht. Diese Form der Bevölkerungspyramide wird auch Bienenstock oder Glocke genannt.43 40 Abb. 7: wachsende Bevölkerung Eine Pyramide, deren jüngere Jahrgänge wesentlich stärker vertreten sind als die älteren deutet auf eine wachsende Bevölkerung hin. 42 Vgl. Hoßmann, Lettow und Münz (2009) 43 Vgl. Schmidt (2002) 9
  • 18. Das Statistische Bundesamt stellt auf seiner Internetpräsenz destatis.de eine interaktive Alterspyramide vor, die aus der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung hervorging und die Entwicklung des Altersaufbaus von 1950 bis 2008 als Fortschreibung und von 2009 bis ins Jahr 2060 als Vorausberechnung animiert darstellt. Abb. 8: interaktive Alterspyramide 2009 Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Abbildung 8 zeigt den Altersaufbau der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 2009 mit den rechtsstehenden Annahmen. In der Matrix ist abzulesen, wie viele Menschen zum abgebildeten Zeitpunkt einer bestimmten Altersklasse angehören (werden). Dieser Bevölkerungsaufbau, bei dem die mittleren Altersklassen im Verhältnis zu den höheren und niedrigeren wesentlich stärker besetzt sind, wird auch als „zerzauste Wettertanne“44 bezeichnet. Hier beträgt die Zahl der 20- bis 64-Jährigen 49,6 Millionen, was einem Anteil von 61% entspricht. Das Kürzel AQ steht für den Altenquotienten, der das Verhältnis der Menschen im Alter von 65+ zu den Menschen von 15 bis 64 Jahren angibt. Hier beträgt der Altenquotient 34. 44 Vgl. Statistisches Bundesamt (2009): Bevölkerung Deutschlands bis 2060, S. 14 10
  • 19. Abb. 9: interaktive Alterspyramide 2009, Geburtsjahrgang 1985 Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Beim Setzen des Mauszeigers auf einen bestimmten Bereich der dargestellten Altersstruktur, wie in Abbildung 9 zu sehen, ist auf der rechten Seite die Anzahl der Menschen in dem jeweiligen Lebensalter abzulesen. Im Jahr 2009 gibt es also 490.000 Männer im Alter von 24 (Jahrgang 1985) und 475.000 gleichalte Frauen. Das Verhältnis von Frauen zu Männern entspricht also 0,97. In der Graphik können jeweils in Zehnjahresschritten die Werte von 1950 bis 2060 dargestellt werden. Ein Blick in die Zukunft: 11
  • 20. Abb. 10: interaktive Alterspyramide 2050 mit Geschlechterproportion Quelle: Screenshot der interaktiven Alterspyramide auf der Internetpräsenz des Statistischen Bundesamtes Abbildung 10 zeigt den erwarteten Altersaufbau des Jahres 2050 mit graphisch dargestelltem Frauen- bzw. Männerüberschuss. Der eben gesetzte Geburtsjahrgang ist „mitgewandert“: Es wird also für den Jahrgang 1985 etwa 458.000 Männer, 468.000 Frauen und damit eine Frauen-Männer-Verhältnis von 1,02 geben. Außerdem ergibt sich aus der bei Wegnahme des Mauszeigers wieder sichtbaren Vorausberechnung, dass die Gesamtzahl der Bevölkerung bis ins Jahr 2050 auf 69,4 Millionen Menschen schrumpfen wird. Somit verformt sich die Bevölkerungspyramide bis ins Jahr 2050 zu einem Pilz.45 Im Gegensatz zu den erwarteten demographischen Entwicklungen und der sinkenden Bevölkerungszahl in der Bundesrepublik wird sich die Bevölkerungszahl der Erde von aktuell 6,5 Milliarden Menschen auf zirka 7,1 Milliarden46 im Jahr 2050 erhöht haben. Dauerte die Entstehung der ersten Milliarden Menschen noch 500.000 Jahre, so ginge diese Entwicklung aktuell in nur 15 Jahren vonstatten. 45 Vgl. Lehr (2009) 46 Vgl. Wintermann ( 2006) 12
  • 21. 2.3 Natürliche Bevölkerungsbewegung Im Jahre 2007 wurden in Deutschland 684.862 Kinder geboren, was 8,3 Kindern pro 1.000 Einwohnern entspricht. Noch im Jahre 1950 lag die Zahl der Geburten pro 1.000 Einwohner bei 16,3. In diese Statistik gehen alle lebend Geborenen ein47. Die allgemeine Fruchtbarkeitsziffer, die sich auf die im Jahr 2007 lebendgeborenen Kinder pro 1.000 Frauen bezieht, lag bei 43,248. Neben der eben genannten Stromgröße wird vom Statistischen Bundesamt außerdem die Geburtenziffer, eine Bestandszahl, veröffentlicht, welche die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau im gebärfähigen Alter von 15 bis 49 angibt. Diese lag im Jahr 2008 mit 1,38 Kindern pro Frau auf dem höchsten Stand seit 200049. Für die dennoch rückläufigen Kinderzahlen ist laut Eckard (2006, S.105) neben der stetig wachsenden Zahl von Alleinstehenden im mittleren Erwachsenenalter außerdem die zunehmende Bereitschaft, eine Beziehung zu beenden, verantwortlich zu machen. Die Sterberate pro 1.000 Einwohnern betrug 10,1, was 827.155 Personen entspricht. 2007 starben damit ungefähr 100.000 Menschen weniger als 1990, wohingegen der Gestorbenenüberschuss in diesem Zeitrahmen von 15.770 auf 142.293 anstieg. Laut Sterbetafeln haben neugeborene Jungen eine Lebenserwartung von 76,86 Jahren, Mädchen, die heute geboren werden, können sogar durchschnittlich 82,25 Jahre alt werden, was jeweils eine um 12 Jahre höhere Lebenserwartung als noch im Jahre 1949 bedeutet. Die Zahl der im Jahre 2008 im Rahmen des 1. Januar 1996 in Kraft getretenen Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vorzeitig abgebrochenen Schwangerschaften (114.484) bewegt sich mit einer Quote von 71 pro 10.000 Frauen etwa auf dem Niveau der Vorjahre. In der BRD lebten am Stichtag des 31.12.2007 jeweils rund 18 Millionen verheiratete Männer und Frauen (je etwa 44% der Gesamtpersonen ab 15 Jahren des jeweiligen Geschlechts). Dies wird aus dem Statistischen Jahrbuch 2009, S.43 deutlich. 45,7% der Männer und 37% der Frauen waren ledig, was bedeutet, dass sie auch nicht zu früherer Zeit in ihrem Leben verheiratet waren. Der Anteil der verwitweten Frauen liegt mit 11% über dem Witweranteil der Männer mit 2,8% und auch bei dem Scheidungsanteil haben Frauen die Nase vorn: 8% in ihrer Geschlechtergruppe gegen nur 7% bei den Männern. In der Altersgruppe 30 bis 35 war fast jede zweite Frau verheiratet, dahingegen nur jeder dritte Mann. Dieser Überschuss an verheirateten Frauen setzt sich auch in den folgenden 47 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.32 48 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.56 49 Vgl. Pressemitteilung Nr.327 vom 04.09.2009 des Statistischen Bundesamtes 13
  • 22. Altersgruppen fort, um sich ab dem späten Rentenalter rasch umzukehren: In der Altersgruppe 65 bis 70 waren 80% der Männer, aber nur 65% der Frauen verheiratet. Zum Stichtag lebten in Deutschland etwa 7,2 Millionen Single-Männer zwischen 20 und 40 und etwa 5,7 Millionen gleichaltrige Single-Damen50. Setzt man die Zahl der Eheschließenden, die schon einmal verheiratet waren, ins Verhältnis zu der Zahl der Geschiedenen der letzten 3 Jahrzehnte, so ergibt sich, dass der Anteil, der erneut Heiratenden bei 52% (Männer) bzw. 56% (Frauen) liegt51. Im Vergleich zum Jahr 1985, in dem das durchschnittliche Heiratsalter der Männer bei 29,8 Jahren und das der Frauen bei 26,7 Jahren lag, stieg das Alter, in dem das Ja-Wort gegeben wurde, von Jahr zu Jahr stetig an, um im Jahre 2007 bei 36,7 Jahre (Männer) und 33,5 Jahren (Frauen) zu liegen52. Die Zahl der Privathaushalte in Deutschland wird bis zum Jahr 2025 von aktuell rund 40 Millionen53 auf 40,5 Millionen54 zunehmen, was den Trend der letzten Jahre und Jahrzehnte fortsetzt. Damit gab es im Jahr 2008 rund 15,7 Millionen Einzelpersonenhaushalte und rund 24,3 Millionen Mehrpersonenhaushalte, davon 13,6 Millionen Haushalte mit zwei Personen. Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes wird es im Jahr 2025 etwa 16,7 Millionen Einpersonenhaushalte (+6%) und 15,0 Millionen Zweipersonenhaushalte geben (+10%)55. Jahr Insgesamt Einpersonen- Mehrpersonenhaushalte Durchschnittliche haushalte mit ... Personen Haushaltsgröße 2 3 4 5 und mehr 1 000 X = Gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll ist. 2010 40.034 15.782 13.670 5.218 3.955 1.408 2,05 2015 40.393 16.185 14.237 4.981 3.711 1.280 2,01 2020 40.541 16.455 14.722 4.720 3.485 1.159 1,98 2025 40.486 16.698 15.018 4.400 3.303 1.067 1,95 in Prozent 2010 100 39,4 34,1 13,0 9,9 3,5 X 2015 100 40,1 35,2 12,3 9,2 3,2 X 2020 100 40,6 36,3 11,6 8,6 2,9 X 2025 100 41,2 37,1 10,9 8,2 2,6 X Tabelle 1: Auszug aus der Vorausberechnung Haushalte des Statistischen Bundesamtes, Entwicklung der Privathaushalte bis 2025 (Trendvariante) Deutschland, destatis.de Seit dem Jahr 1991 ist die Anzahl der Personen pro Haushalt rückläufig. Nach damals 2,27 lag sie im Jahr 2008 nur noch bei 2,05, in Großstädten mit mindestens 100.000 50 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.43 51 Vgl. Grünheid (2006), S.27 52 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S. 56 53 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47 54 Vgl. Pressemitteilung Nr.402 vom 05.10.2007 55 Vgl. Tabelle 1 14
  • 23. Einwohnern sogar nur noch bei 1,85. Im Ländervergleich lebten mit 2,17 in Baden- Württemberg die meisten Personen je Haushalt, wohingegen sich die Berliner mit 1,7456 Personen je Haushalt eher als Einzelgänger zeigten. Dass es auch anders geht zeigt die Zahl von 221.000 Haushalten, in denen im Jahr 2008 drei Generationen zusammenlebten57. Dies wird auch durch die Anzahl der Familien bestätigt: Im Jahr 2008 gab es in Deutschland so wenige Familien wie in den letzten zehn Jahren davor nicht58: 12,1 Millionen Familien, darunter 8,6 Millionen verheiratete Paare und 2,7 Millionen Alleinerziehende. In diesem Zusammenhang umfasst der Begriff Familie alle Eltern-Kind- Gemeinschaften, also Ehepaare, nichteheliche Lebensgemeinschaften sowie allein erziehende Mütter und Väter. Die Zahl der zusammenlebenden Paare ohne Kinder ist mit 11,6 Millionen fast ebenso hoch wie die der Familien. Der Rest der bereits erwähnten 40 Millionen Privathaushalte wird von Alleinstehenden geführt. 56 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.46 57 Vgl. Zahl der Woche Nr.050 des Statistischen Bundesamtes vom 15.12.2009 58 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.47 15
  • 24. 2.4 Räumliche Bevölkerungsbewegung In der Pressemitteilung Nr.375 vom 01.10.2009 stellt das Statistische Bundesamt fest, dass die Zahl der Wanderungen von Ost- nach Westdeutschland im Jahr 2008 im Vergleich zu den Vorjahren wieder leicht zurückgegangen ist: 136.500 Personen aus den neuen Bundesländern zogen in die alten Länder, im Jahre 2007 waren es noch 138.100, während 85.500 Menschen von den alten in die neuen Länder wanderten (2007: 83.300). Die neuen Bundesländer verloren also rund 51.000 Personen durch Abwanderung. Im Jahr 2007 zogen 1.077.192 Menschen59 innerhalb Deutschlands um, wobei hier Ortsumzüge, die sich nur innerhalb der Gemeindegrenzen ereignen, nicht berücksichtigt werden.59 Zu den Hauptzielländern zählten dabei Bayern und Baden-Württemberg: Fast jede vierte der Binnenwanderungen60 führte in die südlichen Bundesländer. Ungefähr ausgeglichen ist die Zahl der Ein- und Abwanderungen in Bremen, die jeweils etwa 21.000 beträgt und als relativ beliebtestes Zielland hat sich Hamburg herausgestellt mit 62.413 Ein-, und nur 51.085 Abwanderungen, nur noch übertroffen von Bayern, wo der Zuzügeüberschuss über 31.000 beträgt. Dies ist auch in nachfolgendem Schaubild ersichtlich. Diagramm: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007 31.477 30000 11.328 10.039 20000 9.540 Überschusszahl 7.377 3.516 -17.458 -13.332 -11.187 -10.159 -4.021 -8.428 10000 -5.822 -1.859 -719 -292 0 Mecklenburg-… -10000 Brandenburg Bayern Hamburg Rheinland-Pfalz Berlin Nordrhein-Westfalen Saarland Sachsen Thüringen Baden-Württemberg Sachsen-Anhalt Hessen Bremen Niedersachsen Schleswig-Holstein -20000 Abb. 11: Überschuss der Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands 2007, nicht berücksichtigt sind Ortsumzüge. Quelle: Eigene Darstellung nach Daten von destatis.de 59 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.62 60 Vgl. Lohmann (2009), S.5 16
  • 25. Somit beträgt der Einwanderungsüberschuss Hamburgs 22%. Die größte Gruppe der nach Hamburg Wandernden stellen Menschen aus Schleswig-Holstein mit 17.000 und Niedersachsen mit 12.000 dar. Besonders wegzugsfreudig zeigen sich die Brandenburger, bei denen etwa jeder 45. Im Jahr 2007 eine Abwanderung in ein anderes Bundesland angetreten hat. Sachsen-Anhalt bildet in dieser Darstellung das Schlusslicht mit rund 17.000 mehr Fortzügen als Zuzügen. Die Zahl der Außenwanderungen60, also der Zuwanderungen aus dem Ausland nach Deutschland, ist in den letzten 20 Jahren stark zurückgegangen61. Gab es noch 1991 mit 1,2 Millionen Zuzügen und 600.000 Abwanderungen einen Zuwanderungsüberschuss von 100%, so liegt die Zuwanderungszahl im Jahr 2007 mit 680.000 nur noch knapp über der Abwanderungszahl von 637.000. Fast drei Viertel dieser Fortzüge gehen in europäische Länder. Fünf von sechs der gesamten oben erwähnten nach Deutschland wandernden Menschen stammten aus Europa, der größte Anteil unter ihnen aus Polen: mit 30,8% der Immigranten stellen sie die größte Einwanderergruppe dar. Der Zuzugssaldo polnischer Menschen ist jedoch sehr gering, da Polen zugleich mit einem Anteil von 26,2% oder 120.791 aller deutschen Europa-Fortzieher (458.935) beliebtestes Zielland der Deutschen ist. Das statistische Bundesamt stellte in seiner 11. Koordinierten Bevölkerungs- Vorausberechnung vom November 2006 auf S. 27 fest, dass „die nach Deutschland zuziehenden ausländischen Personen […] im Durchschnitt jünger (sein werden,) als die fortziehenden. Daraus ergibt sich für die in Deutschland verbleibende Bevölkerung ein Verjüngungseffekt“. 61 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.64 17
  • 26. 2.5 Bildung und Wissenschaft Von den im Jahre 2008 rund 71 Millionen Menschen in der BRD im Alter von 15 und mehr Jahren gaben 28 Millionen einen Hauptschulabschluss als ihre höchste erreichte Schulbildung an62. Das entspricht rund 40% davon. Einen Realschul- oder gleichwertigen Abschluss besaßen rund 28% der über 15-Jährigen (20 Millionen Menschen) und die Hochschulreife erfolgreich absolviert hatten rund 17 Millionen (etwa jeder vierte). Der Anteil der Menschen ohne Abschluss schlägt mit 4% zu Buche und es gilt zu beachten, dass der Unterschiedsbetrag auf die noch in der schulischen Ausbildung befindlichen Personen zurückzuführen ist. Bezogen auf die 41,8 Millionen Erwerbspersonen entsprach der Anteil der Hauptschulabsolventen und der Menschen mit Hochschulreife bzw. Fachhochschulreife jeweils rund 30%, der Menschen mit mittlerer Reife 37% und der Menschen ohne allgemeinen Schulabschluss rund 3%. Im Schuljahr 2007/08 war mit rund 9,2 Millionen Schülerinnen und Schülern an 35.56663 Schulen die niedrigste Schülerzahl in allgemeinbildenden Schulen seit 1992 zu verzeichnen. Der Anteil der beiden Geschlechter an der Gesamtschülerzahl ist ungefähr ausgeglichen. Ein Drittel der Schüler besuchte in dem betrachteten Schuljahr die Grundschule und rund 10% die Hauptschule. Rund 13% oder 1.278.092 waren Realschüler und etwa jeder vierte (2.466.041) besuchte ein Gymnasium. Der Anteil der Schüler und Schülerinnen auf Förder- und Sonderschulen betrug etwa 4%, zwei von dreien davon waren männlichen Geschlechts. Auf den Hautschulen sind Jungen ebenfalls überpräsent mit einem Anteil von 56%, dagegen stellen sie nur einen Anteil von 47% der Gymnasiasten dar64. Aktuell gibt es in Deutschland rund 4 Millionen Menschen im Alter von 16 bis 20 Jahren, einem Alter, in dem man für gewöhnlich eine berufliche Ausbildung absolviert65. Schon im Jahr 2012, so prognostizierte es das Statistische Bundesamt 2006, soll diese Zahl um ein Viertel zurückgehen. Ob dies tatsächlich so eintreten könnte, wird sich in den nachfolgenden Kapiteln zeigen und außerdem wird die Aussage „Trotz ungünstiger konjunktureller Entwicklung im Jahr 2009 ist eine gute Vermittlung von Jugendlichen in Ausbildung gelungen“66 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie auf ihren Wahrheitsgehalt hin untersucht. 62 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.130 63 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.133 64 Vgl. Statistisches Jahrbuch 2009, S.134 65 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2007): Ratgeber Demographie - Tipps und Hilfen für Betriebe, S.5 66 Vgl. Pressemitteilung vom 13.10.2009 des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie: Ausbildungspakt auch im Krisenjahr 2009 erfolgreich: Weniger unversorgte Bewerber und noch zahlreiche Ausbildungsplatzangebote 18
  • 27. 3 Ausbildungsmarkt in Deutschland Als Einführung in die Situation des Ausbildungsmarktes in Deutschland wird die Entwicklung des Marktes für die Jahre 1997/98-2008/09 im Kapitel 3.1. aufgezeigt. Im Kapitel 3.2. wird detailliert auf die Ausbildungsmarktlage 2007/08 in den Regionen, den Zuständigkeitsbereichen und nach Geschlechtern ausgewertet, wobei besonders auf den Datenreport 2009 des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) zurückgegriffen wird. Darüber hinaus wird in Gliederungspunkt 3.2.6 der aktuelle Ausbildungsmarkt 2008/09 betrachtet. 3.1 Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt 1998/99- 2008/09 Um die Situation des heutigen Ausbildungsmarktes besser darstellen zu können, hilft ein Überblick über den Markt für Berufsausbildung im letzten Jahrzehnt. 3.1.1 Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit Daten dazu liefert die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Die Erhebungsverfahren und Datenaufbereitung werden laut eigenen Angaben wie folgt erarbeitet: „Die Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) beinhaltet die einzigen monatlich verfügbaren Informationen über Angebot und Nachfrage am Ausbildungsstellenmarkt, und zwar für beide Seiten des Marktes. Die Daten liegen in tiefer berufsfachlicher und regionaler Gliederung vor. Die Inanspruchnahme der Dienste der Berufsberatung und der Ausbildungsvermittlung durch Arbeitgeber und Jugendliche ist freiwillig. In der Ausbildungsstellenmarktstatistik zählt jede Person als Bewerber bzw. Bewerberin, die sich im Laufe eines Beratungsjahres (jeweils 1.Oktober bis 30.September des Folgejahres) mindestens einmal zur Vermittlung auf eine Berufsausbildungsstelle bei einer Agentur oder Arbeitsgemeinschaft gemeldet hat.“67 In Abb. 12 werden gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete Berufsausbildungsstellen im Zeitraum von 1997/1998 – 2008/2009 einander gegenübergestellt. 67 Ausbildungsstellenmarktstatistik September 2009, Bundesagentur für Arbeit 19
  • 28. Im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und Berufsausbildungsstellen 900000 800000 700000 600000 500000 400000 300000 200000 100000 0 1999/20 1998/99 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 00 Gemeldete Bewerber für 802648 770348 737797 711393 719571 736109 740961 763097 733971 620209 533361 Berufsausbildungsstellen Gemeldete 629251 625442 631048 586144 546660 519899 471516 459202 510377 511582 475391 Berufsausbildungsstellen Abb. 12: im jeweiligen Berichtsjahr gemeldete Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldete Berufsausbildungsstellen Quelle: in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA Anhand dieser Abbildung wird deutlich, dass die beiden Kurven nicht identisch sind, d.h. es hat sich in den letzten Jahren kein Gleichgewicht auf dem Ausbildungsmarkt eingestellt. Die Anzahl der gemeldeten Bewerber ist höher als die Anzahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen. In dem Erhebungszeitraum 2000/01 und in den letzten beiden Zeiträumen 2007/08 und 2008/09 sieht man jedoch eine Annäherung der beiden Kurven. Zusätzlich kann man einen Rückgang der gemeldeten Bewerber von 802.648 im Zeitraum 1998/99 auf 533.361 im Zeitraum 2008/09 (-33,55%) feststellen. Dies liegt zum einen an dem demographischen Wandel und zum anderen an der steigenden Anzahl der Schulabgänger die sich nicht für eine Ausbildung entscheiden sondern auf eine weiterführende Schule/Universität gehen, Praktika oder ein soziales freiwilliges Jahr im Ausland absolvieren. Ebenso hat die Anzahl der Ausbildungsstellen abgenommen. Mit 629.251 Ausbildungsstellen in 1998/99 auf 475.391 Ausbildungsstellen in 2008/09 entspricht dies 24,45%. Gründe hierfür sind beispielsweise der Kostenaspekt, wie gestiegene Personalkosten aufgrund erhöhter Sozialabgaben und neue kostenpflichtige Ausbildungsvorschriften.68 Außerdem steigt die Anzahl der IT-Unternehmen, die aufgrund hoher Anforderungen an das Personal weniger ausbilden und Hochschulabgänger bevorzugen. Durch die zunehmende Anzahl von Akademikern hat sich ebenfalls der Bedarf nach betrieblicher Ausbildung geändert und die Nutzung von Praktika und Traineeprogrammen vorangetrieben. Zusätzlich wird generell die spätere Übernahme von 68 Vgl. Dietrich/Koch/Stops, IAB Kurzbericht 6/2004 20
  • 29. Auszubildenden schlechter eingeschätzt und deswegen teilweise ganz auf ein Ausbildungsstellenangebot verzichtet. Daraus folgend gibt es in jedem Zeitabschnitt Bewerber die keine Ausbildungsstelle erhalten. In Abbildung 13 werden diese unversorgten Bewerber den unbesetzten Berufsausbildungsstellen gegenübergestellt. Nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres 50000 40000 30000 20000 10000 0 1999/20 1998/99 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 00 nicht vermittelte/unversorgte 29365 23642 20462 23383 35015 44084 40504 49487 32660 14479 9603 Bew erber unbesetzte Berufsausbildungsstellen 23439 25690 24535 18005 14840 13378 12636 15401 18359 19507 17255 Abb. 13: nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA In dieser Abbildung 13 wird deutlich, dass sowohl eine große Anzahl an nichtvermittelten Bewerbern, jedoch aber auch an freien Ausbildungsplätzen existieren. Es ist erneut zu erkennen, dass die Anzahl der nicht vermittelbaren Bewerber in 200/01, 2007/08 und 2008/09 stark zurückgeht, vgl. Abbildung 12. Nur zu diesen Zeitpunkten ist die Zahl der unversorgten Bewerber geringer als die unbesetzten Ausbildungsstätten. Die große Disparität zwischen den beiden Kurven wie in 2003/04 und 2005/06 ist in den letzten Jahren weniger ausgeprägt und die Kurve der unversorgten Interessenten ist seit 2005/06 fallend, was als positiv bewertet werden kann. Doch warum gibt es überhaupt unbesetzte Ausbildungsplätze wenn es noch suchende Bewerber gibt? Laut Institut für Arbeits- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) fallen mehr als drei Viertel der unbesetzten Ausbildungsstellen auf Betriebe mit weniger als 50 Beschäftigten und sind überwiegend im Bereich private Dienstleistungen zu 21
  • 30. finden (in 2005: West ~41% und Ost ~46%).69 Grund für die Nichtbesetzung eines Auszubildenden ist an erster Stelle, dass kein passender Bewerber aufgrund mangelnder Eignung gefunden wird. Laut den Betrieben entsprechen die Interessenten nicht den berufsspezifischen Anforderungen und haben fehlende schulische Vorbildung. Weitere Gründe sind dass der passende Bewerber abgesprungen ist oder es zu wenig Bewerber für die explizite Stelle gibt. Zusätzlich gibt es Gründe seitens der Ausbildungsbewerber warum sie keinen Ausbildungsplatz finden. Dazu zählen die Präferenz für bestimmte Berufe wie z.B. in der Kommunikations- und Informationswirtschaft, welche nicht genügend Stellen für alle Bewerber anbieten kann. Außerdem werden die Suchenden durch das Image der Firma, Arbeitsbedingungen, Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten und die Erreichbarkeit der Betriebe und Berufsschulen (z.B. Fahrtkosten) beeinflusst. 3.1.2 BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge Ein weiterer Indikator für die Ausbildungssituation in den letzten 10 Jahren ist die Entwicklung der Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge. Diese ist in Abbildung 14 dargestellt. „Die BIBB-Erhebung über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge wird jährlich in Zusammenarbeit mit den für die Berufsausbildung zuständigen Stellen durchgeführt. Dabei werden die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge berücksichtigt, die in der Zeit vom 01. Oktober des Vorjahres bis zum 30. September des Erhebungsjahres neu abgeschlossen wurden und die am 30.09. auch noch bestanden haben. Ab 2009 sind die Daten Bestandteil des Datenreports zum Berufsbildungsbericht der Bundesregierung, der vom BIBB herausgegeben wird.“70 69 Vgl. Bellmann/Hartung, IAB Kurzbericht 27/2005 70 Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30. September Berichtsjahre 1998-2008, Bundesagentur für Arbeit 22
  • 31. neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 640000 620000 600000 580000 560000 540000 520000 500000 Abb. 14: Entwicklung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Rückgange sind v.a. in den Erhebungszeiträumen 2002/03 und 2004/05 feststellen. Dies liegt daran, dass das Angebot an Ausbildungsplätzen zurückgegangen ist, regionale Disparitäten sich verstärkten, Konjunktur bedingte Rückgange nach den Boomjahren der 1990-1999 auftraten und, wie schon erwähnt, Kostenfaktoren eine Rolle spielten. 3.1.3 Angebot und Nachfrage Zusammen mit den Ausbildungsmarktzahlen lassen sich die Marktdaten verbinden und geben Auskunft in welchem rechnerischen Verhältnis sich Angebot und Nachfrage befinden. Das Ausbildungsplatzangebot ist die rechnerische Summe der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zzgl. der Zahl der am 30. September nicht besetzten Ausbildungsplätze. Die Ausbildungsplatznachfrage ist die rechnerische Summe der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge und der Zahl der am 30. September nichtvermittelten Bewerber. Folgende Abbildung fasst die Zahlen der Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit und die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zusammen und zeigt die Angebots- und Nachfragekurven von 2000/01 bis 2007/08. 23
  • 32. Ausbildung: Angebot und Nachfrage 700000 Ausbildungsplätze 680000 660000 640000 620000 600000 580000 560000 540000 520000 500000 Zeiträume Angebot Nachfrage Abb. 15: Entwicklung des Ausbildungsangebotes und der Ausbildungsnachfrage Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB- Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Wie in Abb. 13 schon dargestellt erfolgt keine Schneidung der beiden Kurven in den Jahren 2002/03 bis 2006/2007 d.h. Angebot und Nachfrage sind nicht ausgeglichen Dies liegt an der großen Abweichung der nicht besetzten Ausbildungsplätze und nicht vermittelten Bewerber. 3.1.4 Probleme und Lücken der Statistiken Abschließend muss nach der Verwendung der einzelnen Statistiken in den vorigen Kapiteln festgestellt werden, dass diese kritisch zu betrachten sind, da sie teilweise nicht die Realität auf dem Ausbildungsmarkt wiedergeben. Dies betrifft die ergebnislose Nachfrage- sowie Angebotsseite, d.h. die nicht vermittelten Bewerber und unbesetzten Ausbildungsstellen. Zum einen sind die Betriebe und jungen Menschen die nicht die Bundesagentur für Arbeit einschalten und keinen Ausbildungsplatz bzw. Auszubildenden finden, in keiner Statistik berücksichtigt. Zum anderen ergibt sich ein Problem aufgrund des Prinzipes des Stichtages am 30.09. wie es in der Statistik für „nicht vermittelte/unversorgte Bewerber sowie unbesetzte Berufsausbildungsstellen am Ende des jeweiligen Berichtsjahres“ (siehe Abbildung 2) der Bundesagentur für Arbeit verwendet wird. Es werden an diesem Datum nur diejenigen registriert die einen Monat nach Beginn des neuen Ausbildungsjahres dem Markt zur Verfügung stehen. Ausbildungsbetriebe die schon vorher vergeblich nach einem 24
  • 33. passenden Auszubildenden gesucht haben und erfolglos blieben werden nicht berücksichtigt. Ebenso fehlen die Bewerber die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz waren und wegen mangelnden Erfolges schon vor dem 30.09. sich für eine Alternative (Praktikum, Jobben, etc.) entschlossen hatten. Diese gelten als vermittelt und bleiben unbeachtet. Dies gilt analog für das errechnete Angebot bzw. die errechnete Nachfrage, da diese auf die Zahlen der unversorgten Bewerber sowie der nicht besetzten Ausbildungsstellen zurückgreift. Durch das unberücksichtigte Angebot und die unberücksichtigte Nachfrage ergeben sich tatsächlich viel größere Zahlen. In der Zeitschrift BWP 3/2006 des Bundesinstitutes für Bildung wurde von J.G.Ulrich ein alternativer Berechnungsmodus für 2004/05 vorgeschlagen. Laut J.G.Ulrich hätte „Das Nachfragevolumen (…) damit 2005 nicht, wie offiziell ausgewiesen, 591.100 betragen (= 550.200 neue Lehrverträge zuzüglich 40.900 Unvermittelte), sondern gut 750.000.“71 Dies begründet er darin dass die Gesamtzahl der Ausbildungsplatznachfrager die offiziell nicht registriert wurden weil sie als schon vermittelt gelten, rund 63.000 Personen beträgt. Die Zahl der Personen die sich nicht in der Bundesagentur für Arbeit gemeldet haben und trotzdem keinen Ausbildungsplatz erhalten haben beziffert J.G. Ulrich mit ca. 50.000 Personen. Das unberücksichtigte Angebot schätzt er aufgrund von Stichprobenuntersuchungen der IAB auf ca. 45200 Personen. Daraus ergibt sich folgende Abbildung 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage- Volumina in 2004/05 1600000 1400000 Ausbildungsplätze 1200000 1000000 750000 608000 geschätzt 800000 erfasst 600000 400000 562816 590664 200000 0 Angebot Nachfrage Abb. 16: Erfasste und geschätzte Angebots- und Nachfrage-Volumina in 2004/05 Quelle: in Anlehnung an J.G.Ulrich, Wie groß ist die Lehrstellenlücke wirklich, BWP 3/2006, S.15 71 Vgl. Ulrich, BWP (Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis) 3/2006 25
  • 34. Ersichtlich wird dass sowohl die Angebots- sowie die Nachfrageberechnung deutlich höher ausfällt als in den Statistiken angegeben. Selbst wenn J.G.Ulrichs Berechnungen skeptisch betrachtet werden und die exakten Zahlen nicht nachgewiesen werden können da es Stichprobenuntersuchungen sind, muss trotzdem von einer höheren Zahl ausgegangen werden aufgrund der vernachlässigten Bewerber und Ausbildungsbetriebe. In den folgenden Kapiteln werden jedoch weiterhin die offiziellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit und des Bundesinstitut für Berufsbildung verwendet, da sie die einzigen fundierten Daten über einen langen Zeitraum liefern. 26
  • 35. 3.2 aktuelle Ausbildungssituation Nun wird die Ausbildungssituation 2007/08 hinsichtlich der Regionen, der Zuständigkeitsbereiche und nach Geschlechtern betrachtet, und die aktuelle Lage in 2008/09 wiedergegeben. Daten hierzu liefert v.a. der BIBB Datenreport vom 30.September 2009. 3.2.1 BIBB- Datenreport 2009 Der 2009 zum ersten Mal herausgegebene Datenreport des BIBB bietet umfassende Informationen und Analysen zur Entwicklung der beruflichen Ausbildung in Deutschland aufbauend auf der Grundlage des „Berufsbildungsbericht 2009" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat früher zum jährlichen Berufsbildungsbericht des BMBF umfassende wissenschaftliche Analysen und Statistiken geliefert. Aufgrund einer Empfehlung des BIBB-Hauptausschusses hat das Bundesbildungsministerium 2008 eine neue Strukturierung beschlossen. Seit 2009 erscheint der Berufsbildungsbericht untergliedert in zwei Teile: einen politischen Teil, der vom BMBF entworfen und von der Bundesregierung beschlossen wird, und einem indikatorengestützten Datenteil, der vom BIBB in Eigenverantwortung herausgegeben wird. Demzufolge entsteht eine deutliche Aufteilung zwischen der wissenschaftlichen Untersuchung und den daraus abgeleiteten politischen Bewertungen. „Ziel (…) ist es, einen Datenreport herauszubringen, der eine differenzierte Darstellung von Indikatoren und Zeitreihen enthält, Schwerpunkte fokussiert und sich auf Programme und Aktivitäten zur Förderung von Innovationen in der beruflichen Bildung konzentriert.“72 Berichte von BIBB-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie externe Betriebe wurden aufgenommen um zusätzliche Quellen erschließen zu können. Durch stetige Verbesserungen wird angestrebt 2011 die Entwicklungsphase abgeschlossen und die Zielsetzung erreicht zu haben. 3.2.2 Ausbildungssituation 2007/08 in den Ländern und Regionen Im Erhebungszeitraum 01.10.2007 bis 30.09.2008 wurden bundesweit 616.259 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, was 9626 weniger als 2006/07 entspricht. In Ostdeutschland sank die Anzahl der neuen Ausbildungsverhältnisse mit insgesamt 72 Neustrukturierung Berufsbildungsbericht, BIBB 27
  • 36. 113.818 auf den drittniedrigsten Wert seit der Wiedervereinigung (um -11280 d.h.-9,0 % gegenüber 2006/07) während in den alten Ländern die Zahl der neuen Verträge stieg (um +1654 d.h.+0,3 % gegenüber 2006/07) und mit 502.441 den höchsten Stand seit 1992 erreichte.73 Aufgeteilt nach Bundesländern ergibt sich folgende Tabelle: Bundesland neu abgeschlossene Veränderungen zu Ausbildungsverträge 2006/07 in % 2007/08 in Bezug zu 2006/07 alte Bundesländer Baden Württemberg 916 1,1% Bayern 783 0.8% Bremen 197 3,1% Hamburg 629 4,4% Hessen -711 -1,6% Niedersachsen 1070 1,8% Nordrhein-Westfalen -130 -0,1% Rheinland-Pfalz -1147 -3,6% Saarland -28 -0,3% Schleswig-Holstein 75 0,3% neue Bundesländer Berlin -540 -2,5% Brandenburg -769 -4,2% Mecklenburg-Vorpommern -1746 -10,9% Sachsen-Anhalt 8008 -8,7% Sachsen -14564 -15,3% Thüringen -1669 -9,4% Tabelle 2: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge 2007/08 in Bezug zu 2006/07 nach Bundesländern Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009,Übersicht A1-2, S.15 Es ist erkenntlich, dass die größten Zuwächse Hamburg mit +4,4%, Bremen mit +3,1% und Niedersachsen mit +1,8% verzeichnen. Dagegen haben alle neuen Bundesländer einen Rückgang in den neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen zu verbuchen, besonders schlimm trifft es hierbei Sachsen mit -15,3%, Mecklenburg Vorpommern mit - 10,9% und Thüringen mit -9,4%.74 Gründe hierfür sind, dass in Ostdeutschland in den letzten Jahren ein starker Rückgang an Klein- und Kleinstbetrieben zu verzeichnen ist.75 Weiterhin beeinträchtigten die Unsicherheit der Betriebe ob sie Auszubildende einstellen, eine Tendenz zum Fachkräfteeinsatz und die generelle schlechtere Situation auf dem Arbeitsmarkt im Osten, die rückläufigen Zahlen. 73 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18 74 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S. 18 75 Vgl. Seibert/Kleinert, IAB Kurzbericht 10/2009 28
  • 37. 3.2.3 Ausbildungssituation 2007/08 nach Zuständigkeitsbereichen Eine weitere Einteilung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (wie oben erwähnt -9626 in 2007/08 im Vergleich zu 2006/07) erfolgt nach Zuständigkeitsbereichen. neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen 2007/08 im Vergleich zu 2006/07 Zuständigkeitsbereiche Seeschifffahrt Hausw. freie Berufe Landw. öffentl. Dienst Handw. Industr. /Handel -10000 -9000 -8000 -7000 -6000 -5000 -4000 -3000 -2000 -1000 0 1000 2000 Industr. öffentl. Seeschifffahr Handw. Landw. freie Berufe Hausw. /Handel Dienst t bundesweit 1710 -9183 -247 -684 -609 -203 -54 Ausbildungsplätze Abb. 17: neu abgeschlossene Ausbildungsverträge nach Zuständigkeitsbereichen 2007/08 im Vergleich zu 2006/07 Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18 Den einzigen Zuwachs mit +0,5% (+1710) von 2006/07 zu 2007/08 bundesweit verzeichnete der Bereich Industrie und Handel. Dies ermittelt sich durch +2,6 (+7561) in Westdeutschland und -7,5% (-5851) in Ostdeutschland. Zuwächse gab es dabei in den alten Bundesländern in den Berufen Verkäufer/-in (+999), Industriemechaniker/-in (+960), Fachinformatiker/-in (+911), Zerspannungs-mechaniker/in (+809), Bankkaufmann/frau (+659) und Fachkraft für Lagerlogistik (+551). Stark betroffen von den Rückgängen in Ostdeutschland waren die Berufe Koch/Köchin (-1.093), Kaufmann/frau im Einzelhandel (- 571), Fachkraft im Gastgewerbe (-486), Verkäufer/in (-446), Restaurantfachmann/frau (- 428) und Bürokaufmann/frau (-420).76 Die Rückgange gegenüber 2006/07 der einzelnen Zuständigkeitsbereiche lauten wie folgt: Freie Berufe –1,4%, öffentlicher Dienst –1,8%, Landwirtschaft -4,3%, Hauswirtschaft - 4,5%, Handwerk -5,3% und Seeschifffahrt -15,0%.77 Den größten Rückgang hatte der Bereich Handwerk zu verzeichnen. Bundesweit waren dies folgende Berufe: Kraftfahrzeugmechatroniker/in (-1.787), Friseur/in (-1.200), 76 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19 77 Vgl. BIBB-Datenreport 2009 Übersicht A1.1-1, S.18 29
  • 38. Tischler/in, (-740), Anlagemechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- u Klimatechnik (-679), Maler/-in und Lackierer/in (-675), Metallbauer/in (-534), Dachdecker/in (-527) und Maurer/in (-521). Grundsätzlich kann festgestellt werden, dass die Ausbildungsplatzverluste in den neuen Ländern deutlich höher sind (-13,9%) als in den alten Ländern (-3,4%).78 3.2.4 Ausbildungssituation 2007/08 nach Geschlechtern Den Rückgang von -9626 neu abgeschlossenen Ausbildungsberufen in 2007/08 betrafen allein die männlichen Nachfrager. Die Anzahl der jungen Männer, die einen Ausbildungsvertrag unterschrieben haben, beträgt 357.338 und ist damit um 9.678 (-2,6 %) niedriger als 2006/2007.79 Die weiblichen Nachfrager hingegen konnten sich mit +52 neu abgeschlossenen Ausbildungsplätzen leicht steigern auf insgesamt 258.921 weibliche neu abgeschlossenen Ausbildungsplätze (~ 42%) in 2007/08.80 Vor allem in den Fertigungsberufen lassen sich deutliche Rückläufe seitens der männlichen Nachfrager erkennen (-7.954 bzw.- 3,6% zum Vorjahr). Besonders deutlich wird dies in den neuen Bundesländern. „Dort begannen 6.404 junge Männer weniger (- 13,6 %) eine entsprechende Ausbildung als im Jahr 2007.“81 Als Hintergrund muss gesehen werden, dass in Berufen wie Metallbauer, Fahrzeuglackierer, Teilezurichter, Maler und Lackierer, etc. überdurchschnittlich häufig außerbetrieblich ausgebildet wird und außerbetriebliche Stellen stark rückläufig (besonders im Osten) sind. Dennoch sieht man in diesen Berufszweig auch einen klaren Anstieg des Frauenanteils und die wachsende Auflösung der geschlechterspezifischen Berufszweige. Mit insgesamt +903 (bzw. +3,7%) neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen waren die jungen Frauen in den Berufen des Fertigungsbereiches vertreten. „In den Metallberufen nahm die Zahl der weiblichen Ausbildungsanfänger um +11,2 % (von 5.886 auf nunmehr 6.545) und in den Elektroberufen sogar um +15,9 % (von 1.751auf 2.030) zu. Die deutlichen Steigerungen wurden sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern registriert.“82 Der große Anteil der Ausbildungsplätze für junge Frauen liegt trotz dieser Tendenzen im Bereich der Dienstleistungen. 75,8% der weiblichen Ausbildungsverträge sind in 25 Berufsgruppen aufgeteilt, wobei im besonderen Kauffrau im Einzelhandel, Medizinische Fachangestellte, Bürokauffrau, Verkäuferin und Friseurin gefragt sind. 78 vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.19 79 vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24 80 vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24 81 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24 82 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.24 30
  • 39. Bei den jungen Männern hingegen konnten nur 59,6% der männlichen Ausbildungsverträge auf die 25 beliebtesten Berufe aufgeteilt werden, d.h. die Verteilung war gleichmäßiger. Darunter waren ebenfalls zahlreich die Dienstleistungsberufe vertreten, wie z.B. Kaufmann im Einzelhandel, Verkäufer, Kaufmann im Groß- und Außenhandel, Bankkaufmann, etc., jedoch aber auch 16 Berufe aus den Fertigungsbereichen. 3.2.5 Angebot und Nachfrage 2007/2008 Wie schon in Kapitel 3.1.3 ersichtlich gab es 2007/08 eine Verminderung des Angebotes und der Nachfrage zu 2006/07. Das Ausbildungsplatzangebot, bestehend aus der Summe der nicht besetzten Ausbildungsplätze (19.507 in 2007/08) und der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen (616.259 in 2007/08), betrug 635.766, d.h. 8478 weniger als im vorigen Berechnungszeitraum.83 Problematisch wird es bei der Berechnung der Ausbildungsplatznachfrage (entspricht der Summe der nicht vermittelten Bewerber und der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge). Wie in Kapitel 3.1.4 erläutert, wurden bisher in den Statistiken der letzten Jahre und Jahrzehnte nicht alle Suchenden berücksichtigt. Bis heute wurden lediglich die Bewerber beachtet die bis zum 30.September eines Jahres weder in eine Berufsausbildungsstelle oder in eine Alternative eingemündet waren. Dabei ausgeschlossen wurden diejenigen die in einem Praktikum, Berufsvorbereitung, etc. verblieben aber trotzdem weiter einen Ausbildungsplatz suchten. Nach alter Definition ergibt sich eine Nachfrage nach 630.738 Ausbildungsplätzen in 2007/08, und entspricht 27.807 weniger als 2007/06. Nach neuen Berechnungen und einer erweiterten Definition ergeben sich genauere Daten wenn „neben den bei der BA gemeldeten und „unversorgten“ Ausbildungsstellenbewerbern als erfolglose Nachfrager/-innen auch jene Bewerber/-innen berücksichtigt (werden), die vorläufig in eine Alternative zu einer Berufsausbildung einmünden (z. B. erneuter Schulbesuch, Praktikum, Jobben), aber von dort aus weiter nach einer Ausbildungsstelle suchen.“84 Das waren in 2007/08 laut BIBB-Datenreport 81.777 Personen. Dadurch ergibt sich die neue erweiterte Ausbildungsplatznachfrage mit 712.515 in 2007/08. Berechnet man dies ebenfalls für 2006/07 ergibt sich in diesem 83 vgl. BIBB-Datenreport 2009 84 Vgl. BIBB-Datenreport 2009, S.64 31
  • 40. Zeitraum mit +78.600 Bewerbern, die in einer Alternative weiterhin einen Ausbildungsplatz suchen, eine Nachfrage nach 737.145 Ausbildungsplätzen, d.h. 24.630 mehr als nach alter Berechnung. Folgende Abbildung 18 verdeutlicht die Berechnungsunterschiede: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition 800000 Ausbildungsplätze 700000 600000 500000 Angebot 400000 Nachfrage 300000 200000 100000 alte Definition neue Definition Angebot 635766 635766 Nachfrage 630738 712515 Abb.18: Angebot und Nachfrage 2007/08 nach alter und neuer Definition Quelle. eigene Darstellung nach eigenen Berechnungen und nach Ausbildungsmarktstatistik September 2009, BA und an BIBB-Erhebung der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum 30.September Dabei wird ersichtlich dass nach alter Definition mehr Ausbildungsplätze angeboten als nachgefragt werden. Nach der neuen Definition mit der erweiterten Berechnung kann gezeigt werden dass dies nicht der Fall ist, sondern die Nachfrage deutlich höher ist als das Angebot. Die alte Berechnung verzerrt damit die tatsächlichen Zahlen indem nicht alle Ausbildungssuchenden mit in die Berechnungen einbezogen sind. Dies ergab in den letzten Jahren ein zu optimistisches Ergebnis bei der Angebots- und Nachfragedarstellung wieder, wie auch in Kapitel 3.1.4 dargestellt wurde. Trotz dieser neuen Nachfrageberechnung müssten zusätzlich Umfrageergebnisse mit herangezogen werden, die auch die Suchenden betrachten welche nicht in ein Ausbildungsverhältnis eintreten und nicht bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet sind. Dies würde ein realistischeres Ergebnis liefern. 3.2.6 Ausbildungsmarkt 2008/09 Im Berechnungsjahr von Oktober 2008 bis September 2009 zeigt sich eine relativ ausgeglichene Situation der Ausbildungsplätze trotz der Wirtschaftskrise. 32
  • 41. Wie schon in Abbildung 12 ersichtlich beträgt die Zahl der gemeldeten Berufsausbildungsstellen 475.391. Zwar sind dies 36.191 Stellen(~ -7,1%) weniger als 2007/08, jedoch fällt dieser Rückgang aufgrund der Krise ziemlich moderat aus. Davon wurden in Westdeutschland ca. 381.500 Stellen (~-5,1%) und in Ostdeutschland ca. 93.600 Stellen (~-14,5%) gemeldet.85 Jedoch ist auch die Zahl der gemeldeten Bewerber, v.a. aufgrund demographischer Auswirkungen, geringer als im Vorjahr. 533.361 Bewerber haben bei der Suche nach einer Ausbildungsstelle die Arbeitsagentur oder die Ausbildungsvermittlung der BA einbezogen. Dies sind 86.848 Bewerber (~-14,0%) weniger als 2007/08 und laut dem Monatsbericht für Oktober der Bundesagentur für Arbeit „über ein Viertel weniger als noch im Berufberatungsjahr 2006/2007.“86 In Westdeutschland verringerte sich die Zahl auf ca. 430.600 Suchende (~-10,7%) und in Ostdeutschland auf ca. 102.600 Suchende (~- 25,6%).87 Die rechnerische Differenz ergibt 57.970 Personen. Da vor einem Jahr die Differenz noch bei 108.627 Personen lag, kann man von einer positiven Tendenz sprechen. Grund ist die durch geburtenschwache Jahrgänge sinkender Bewerberzahl. Zusätzlich ist eine Neigung zu höheren Schulabschlüssen zu verzeichnen, die zu einem längeren Verbleib der Jugendlichen im Schulsystem bedeutet. Dies wird durch die Wirtschaftskrise noch intensiviert, da sich die jungen Menschen schlechtere Chancen auf dem Ausbildungsmarkt ausrechnen. Im Vergleich zu 2007/08 liegt die Zahl der gemeldeten unversorgten Bewerber mit 9603 um 33,8% niedriger. In Westdeutschland fanden ca. 6.900 Bewerber (~-32,0%) und in Ostdeutschland ca. 2.700 Bewerber (~-38,1%) keine Ausbildungsstätte. Die Anzahl noch unbesetzten Ausbildungsstellen lag mit 17.255 (~-11,5 %) unter dem Wert im Vorjahr. Die Verringerung sieht man sowohl in West- als auch in Ostdeutschland. In den alten Bundesländern sind ca.14.500 Stellen noch nicht besetzt, d.h. ~ 13,0 % weniger als im vorigen Jahr. In Ostdeutschland gibt es noch 2.600 freie Stellen, d.h. ~ 4,50 % weniger als 2007/08. Der rechnerische Unterschied zwischen der gemeldeten unversorgten Bewerber und der unbesetzten Berufsausbildungsstellen beträgt somit -7.652 Personen, d.h. es ist wie im Vorjahr ein Stellenüberhang zu verzeichnen. „Diese gute Bilanz gilt allerdings nur für Westdeutschland. Hier liegt die „Lücke“ bei -7.600. In Ostdeutschland gab es dagegen 85 vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.27 86 Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28 87 vgl. Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.28 33
  • 42. 100 mehr unversorgte Bewerber als unbesetzte Stellen.“88 Anhand dieses Stellenüberhangs lässt sich die positive Tendenz für 2008/09 darstellen. In der Wirtschaftskrise profitiert der Ausbildungsmarkt von den geburtenschwachen Jahrgängen, die weniger Ausbildungsplätze suchen als noch in den letzten Jahren. Unter diesem Umstand können mehr Ausbildungssuchende versorgt werden und diese Trendwende wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren verstärken. Besonders in Ostdeutschland wird es zu einer ungefähren Halbierung der Zahlen führen. Zugleich wird in ein paar Jahren die Zahl der altersbedingten Austritte aus dem Arbeitsleben stark ansteigen. Daraus zeichnet sich damit für die neuen Bundesländer ein Personalengpass ab, der unter den momentanen Verhältnissen des Arbeitsmarktes unvorstellbar erscheint. Weitere Gründe sind wie schon erwähnt die steigende Anzahl der Jugendlichen die statt einer Ausbildung eine weiterführende Schule oder Universität besuchen oder in einem Job oder Praktika arbeiten. 88 Arbeits- und Ausbildungsmarkt Monatsbericht Oktober 2009,Bundesagentur für Arbeit, S.30 34
  • 43. 4 Ausbildungsmobilität in Deutschland Um die Struktur des Marktes für Ausbildungsplätze in Deutschland umfassend betrachten und beurteilen zu können, spielt auch die räumliche Mobilität der Auszubildenden eine bedeutende Rolle. Der deutsche Ausbildungsmarkt ist geprägt durch eine sehr hohe räumliche Konzentration, da gerade Institutionen zur außerbetrieblichen Ausbildung, schulischen Ausbildung und Hochschulausbildung in Agglomerationen konzentriert sind. Dies ist ein entscheidender Unterschied zum Arbeitsmarkt Deutschlands, der zu Folge hat, dass deutsche Auszubildende wesentlich mehr pendeln als Berufstätige. Dieses Kapitel soll die Binnenwanderungen der Jugendlichen zu ihrem Ausbildungsplatz, deren Ausmaße, Richtungen und Ursachen näher erläutern und bewerten und sich auch mit den daraus folgenden Konsequenzen auseinander setzen. Untersucht werden sollen dabei die Pendlerströme der Auszubildenden und damit auch die regionalen Unterschiede vor allem zwischen den alten und den neuen Bundesländern, sowie Nord- und Süddeutschland. Die Daten auf die sich diese Analyse bezieht, stammen aus Statistiken über sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, der gemeldeten Bewerber für Berufsausbildungsstellen und gemeldeten Berufsausbildungsstellen der Bundesagentur für Arbeit. Schwierig gestaltet sich hierbei die Datenverfügbarkeit, so dass sich mit Hilfe der genannten Statistiken beinahe alle dualen Ausbildungen und eine Reihe von schulischen Ausbildungen, letztendlich Zwei Drittel aller Ausbildungsmöglichkeiten, abbilden lassen. Hochschulausbildungen werden dagegen aufgrund nicht vorhandener Daten nicht einbezogen und da schulische Ausbildungen ohnehin eher zentralisiert sind, wird die durch die bereits genannten Daten ermittelte Ausbildungsmobilität eher unterbewertet.89 Außerdem kann man aus den vorliegenden Daten nicht schließen, ob die Jugendlichen täglich, wöchentlich, monatlich etc. pendeln. Ein wesentliches Problem besteht weiter darin, dass aus den Daten nicht hervorgeht, wie viele Auszubildende für ihre Ausbildungsstelle den Wohnort komplett wechseln, was überwiegend auf volljährige Bewerber zutreffen könnte. Als Pendler werden dabei diejenigen Auszubildenden bezeichnet, deren gemeldeter Wohnort nicht mit dem Arbeitsort übereinstimmen. Unterschieden wird zwischen Ein- und Auspendlern, wobei diese Pendlerströme sich wiederum u. a. auf Kreise, Arbeitsmarktregionen oder Bundesländer beziehen können. Zur Bewertung der räumlichen Mobilität wird je nach verfügbarer Quelle ein einfacher oder gewichteter Pendlersaldo genutzt, der in den folgenden Abschnitten eingehender betrachtet werden soll. 89 Vgl. IAB regional Sachsen (Nr. 01/2007) 35
  • 44. 4.1 Regionale Pendlerverflechtungen In der Bundesrepublik Deutschland lässt sich eine ausgeprägte Heterogenität des Angebots des Ausbildungsmarktes feststellen (vgl. Kapitel 3). Dies führt zu sehr unterschiedlichen Mobilitätsmaßen für die einzelnen Bundesländer. Laut einem IAB- Kurzbericht pendelten 2006 etwa 120.000 Auszubildende zu einem Ausbildungsort außerhalb ihres Bundeslandes, ca. 600.000 verließen ihren Heimatkreis. Dabei überschritten in Westdeutschland etwa Ein Drittel der Auszubildenden ihre Kreisgrenze, im Osten waren es sogar im Schnitt 41 Prozent, wobei in den sehr schwach besiedelten Kreisen Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns sogar eine durchschnittliche Entfernung von 150 km zum Ausbildungsort zurückgelegt wurde.90 Bereits diese Werte deuten bezogen auf die Mobilitätsbereitschaft auf einen erheblichen Unterschied zwischen den neuen und den alten Bundesländern hin. Die gewonnenen Daten beziehen sich mehrheitlich auf das Jahr 2006, in einigen Ausnahmen auch auf 2005. 4.1.1 Untersuchung nach Bundesländern und auf Kreisebene Zu allererst soll in diesem Abschnitt die Ausbildungsmobilität auf der Ebene der Bundesländer und innerhalb dieser auf Kreisebene untersucht werden. Mit den daraus gewonnenen Ergebnissen lässt sich dann die Lage in den neuen und alten Bundesländern einfacher vergleichen und das Ausmaß der Mobilität beurteilen. Begonnen wird mit den alten Bundesländern, zuerst betrachten wir Schleswig-Holstein. Wie man in Tabelle 3 erkennen kann, lag in Schleswig-Holstein im Jahr 2006 die Auspendlerquote der Auszubildenden bei 12,0 Prozent, in das Bundesland eingependelt sind dagegen 9,8 Prozent. Um diese Bewegungen besser beurteilen zu können, kann man den gewichteten Pendlersaldo zur Hilfe nehmen. Mit diesem ist es möglich, die Pendlerquote ins Verhältnis mit der Gesamtzahl der im jeweilig betrachteten Gebiet befindlichen Auszubildenden zu setzen. Der gewichtete Pendlersaldo berechnet sich also folgendermaßen:91 Gewichteter Pendlersaldo = ((Einpendler – Auspendler)/Auszubildende im Gebiet) x 1000 90 Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008) 91 Vgl. IAB-Kurzbericht (09/2008) 36
  • 45. Bundesländer Einpendler Auspendler Pendlersaldo absolut Quote Absolut Quote Absolut gewicht in % in % et Schleswig-Holstein 5.713 9,8 7.162 12,0 -1.449 -25 Hamburg 13.131 34,7 3.337 11,9 9.794 259 Niedersachsen 13.399 8,2 14.958 9,0 -1.559 -9 Bremen 6.482 39,6 1.412 12,5 5.070 309 Nordrhein-Westfalen 11.846 3,4 7.377 2,1 4.469 13 Hessen 12.013 10,3 6.920 6,2 5.093 44 Rheinland-Pfalz 6.110 7,2 10.463 11,7 -4.353 -51 Baden-Württemberg 12.870 5,5 6.892 3,0 5.978 26 Bayern 11.308 4,1 7.083 2,6 4.225 15 Saarland 1.804 8,1 1.072 5,0 732 33 Berlin 10.980 18,8 4.906 9,4 6.074 104 Brandenburg 5.061 10,0 14.634 24,3 -9.573 -189 Mecklenburg-Vorpommern 1.624 3,7 6.039 12,4 -4.415 -100 Sachsen 4.147 4,4 8.269 8,4 -4.122 -43 Sachsen-Anhalt 2.967 5,8 9.770 17,0 -6.803 -134 Thüringen 2.256 4,4 8.417 14,8 -6.161 -121 Tabelle 3: Pendlerdaten von Auszubildenden nach Bundesländern 2006 Quelle: IAB-Kurzbericht (09/2008) Es pendeln demnach mehr Auszubildende aus dem Bundesland in ein anderes, als nach Schleswig-Holstein hinein. Dies zeigt sich im negativen Pendlersaldo. Der gewichtete Pendlersaldo von -25 sagt also aus, dass bezogen auf 1.000 Auszubildende im betrachteten Gebiet 25 Ausbildungsplätze weniger angeboten werden, als nötig wären, um allen im Gebiet ansässigen Lehrstellensuchenden einen Ausbildungsplatz vor Ort anbieten zu können. Laut einem IAB-Bericht zur Lage der Ausbildungsmobilität in Schleswig-Holstein, ist dabei mit einem Anteil von 84 Prozent Hamburg die Hauptzielregion der Pendlerbewegungen und jeder sechste Auszubildende in Hamburg kommt aus Schleswig-Holstein.92 Aus den an die Hansestadt angrenzenden Kreisen kommen dabei 86 Prozent der nach Hamburg pendelnden Auszubildenden. Hier zeigt sich also bereits, dass vor allem Großstädte und Stadtstaaten Ausbildungszentren sind und daher vor allem aus Nachbarregionen Auszubildende anziehen. Dagegen zeigt sich die Struktur der Einpendler in das nördlichste Bundesland wesentlich breiter gefächert, mit 92 Vgl. IAB regional Nord (Nr. 03/2008) 37