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l ZHKMU l Nr. 5 l 2015 l 2928 l ZHKMU l Nr. 5 l 2015 l
K U LT U R
Bewegte Pixel
TRUGBILDER  Animierte GIFs und Emoticons bereichern als pfiffige Kurzschrift unsere
­Debatten auf Social Media. Auch Computerspiele, Navigationsgeräte oder neuerdings Daten-
brillen werden immer öfter zum selbstverständlichen Bestandteil unseres Alltags.
TEXT DOMINIQUE LIEB
Der Wunsch, etwas Lebendiges,
Unmögliches, Unsichtbares, Göttliches
in ein Bild zu fassen, existiert spätes-
tens seit der Darstellung der Jung-
frau Maria in der Ikonenmalerei. Das
sogenannte Trugbild wird in neuerer
Zeit vorzugsweise mit digitalen Tech-
niken erzeugt. Von hier aus ist es nur
noch ein kleiner Schritt zum bewegten
Bild. Je nachdem, welcher Generation
wir entsprungen sind, haben wir eine
andere Vorstellung davon, was bewegte
Bilderüberhauptsind.Esgibtunzählige
Animationsgenres – von Edward Muy-
bridges Stroboskop-Studien von galop-
pierendenPferdenbiszumcomputerge-
nerierten Double eines Schauspielers.
Rotmilan im Flug
In «Animierte Wunderwelten» zeigt
das Museum für Gestaltung eine Aus-
wahl von 36 Arbeiten zum Thema digi-
tale ­Animation. Die beiden Kuratoren
Suzanne Buchan und Andres Janser
haben bei der Auswahl vor allem die
Vielfalt der Anwendungen berück-
sichtigt, um dann in den einzelnen
Bereichen die relevanten Arbeiten und
Künstler zu präsentieren. Es ist ein
gelungener Versuch, die ganze Breite
und Tiefe der digitalen Animation in
der heutigen Welt aufzuzeigen.
Zum Beispiel der Vogelflug-Simu-
lator «Birdly», der von Max Reiner,
­Thomas Tobler und Fabian Troxler
von der Zürcher Hochschule der Küns-
te entwickelt wurde. In Bauchlage und
mit einer stereoskopischen Datenbrille
bestückt, taucht der Ausstellungsbesu-
chereinindieoptischeWeltdesfliegen-
den Rotmilans. Im Korsett eingespannt,
kann man durch Körpereinsatz den Vo-
gelflug steuern. Diese neuartige Verbin-
dungvonAnimationundFeinmechanik
hatinternationaleinsehrpositivesEcho
ausgelöst und motivierte die Erfinder
zur Gründung der Firma Somniacs, die
«Birdly» für andere Anwendungen, wie
zum Beispiel für therapeutische Einsät-
ze, weiterentwickeln will.
Avatare und Vactors
Auch Formlosem wie Daten und Infor-
mationen wird mit Hilfe von digitaler
Animation eine Gestalt gegeben. Wis-
senschaftliche Studien im Nanome-
ter-Bereich können sichtbar gemacht
werden. Bei der Computeranimation
«Protein Packing» kann das Laienpubli-
kum zellbiologische Abläufe mitverfol-
gen. Die digitalisierte Studie wurde von
John Liebler und dem Harvard College
realisiert.
Die Arbeit «1945-1998» des Japaners
Isao Hashimoto beruht auf Angaben
der schwedischen Forschungsagentur
für Verteidigung. Auf einer Weltkarte
pulsieren blau umrandete, manchmal
rote, helle Lichtpunkte. Im Zeitraffer
werden die verheerenden, historischen
Ereignisse dargestellt: Atombomben
und Atombombenversuche. Am obe-
ren Rand der Bildfläche zeigen tickende
Zähler den chronologischen Verlauf
im Zeitraffer, auch die Decknamen der
insgesamt 2053 Bomben werden einge-
blendet. Wer die Karte länger betrach-
tet, bemerkt, wie sich die Lichtpunkte
während des Kalten Krieges verviel-
fachen. Begleitet wird die «show» von
einer Klangwolke aus «radioaktiven»
Regentropfen. Der jahrzehntelang
geheimgehaltene, atomare Rüstungs-
wettlauf wird durch dieses Konvolut
innerhalb von ein paar Minuten sicht-
bar gemacht, wenn zum Abschluss
noch einmal sämtliche Explosionen
als unheilvolle, weisse Cluster auf der
Karte erscheinen.
Avatare und Vactors
Die Theaterstück Golem unter der
­Leitung von Suzanne Andrade, arbeitet
mit einem Bühnenbild aus projizieren
Bild-Text-Collagen. Das sonst eher sta-
tische Bühnenbild wird ersetzt durch
eine bewegte Kulisse, in der die Schau-
spieler den sklavischen Lehm-Golem
aus Gustav Meyrinks Roman wieder
­auferstehenlassen.Diespäterverbesserte
­Roboterversion übernimmt zunehmend
die Kontrolle über das Leben des ­Pro-
tagonisten: Er rennt, und wie in einem
schlechten Traum bewegt er sich
­trotzdem nicht vom Fleck, während die
Grossstadt-Szenerie hintern ihm vorbei-
zieht und seine Verfolger aufrücken.
Verblüffende räumliche Erfahrun-
gen bieten auch interaktive Games oder
Motion Comics. Für das Konsolen- und
PC-Spiel FIFA hat der Spiele- Produzent
EAdieTalentederinternationalenFuss-
ballstars mittels Motion Capture einge-
scannt und auf Avatare übertragen. Der
Gamer kann nun an seiner Konsole die
Spieler steuern und ein täuschend ech-
tes Szenario bespielen. Die Spielzüge
und Grossaufnahmen der Fussballer
sind oft irritierend nah an den Fernseh-
bildern von realen Fussballspielen.
Motion Capture und Performance
Capture arbeiten mit einer Bodymap,
wobei die Schauspieler in Virtual
Actors, sogenannte Vactors transfor-
miert werden. Das Verfahren wird
immer häufiger auch für Spielfilme wie
zum Beispiel «The Congress», «Male-
ficent» und für die neuen Disneyfilme
verwendet.DadrängtsichdieFrageauf,
ob Schauspieler eines Tages nicht mehr
gebraucht werden? Das komme sehr auf
den Anwendungsbereich an, meint die
Kuratorin Suzanne Buchan: «Dieses
Szenario sei zwar technisch möglich,
die Leute gehen aber immer noch ins
Theater und ins Kino, um die Leistung
eines richtigen Schauspielers zu sehen.
Zur Zeit werden technisch Dinge entwi-
ckelt, bei denen man nicht weiss wozu
und manchmal stellt man fest: die Leute
wollen das gar nicht. Im Falle vom Fifa-
game scheint die Technik aber die Ver-
kaufszahlen zu fördern.»
Eintauchen ins Aquarium
Die zauberhafte, digitale Animation
«Fischli» wird ergänzt mit Wasser,
Klang und ein paar leichtgewichti-
gen Bällen zum anfassen und herum-
schmeissen. Die drei ehemaligen Stu-
denten der ZHdK François Chalet, Jan
Huggenberg und Mathis Vetter haben
diese interaktive Installation im Auf-
trag vom Museum für Gestaltung für
die Ausstellung realisiert: In einem
grossenBrunnentrogtummelnsichabs-
trahierte Fische, die mit menschlichen
Eigenschaften ausstaffiert worden sind.
Es gibt freundliche, zurückhaltende,
gesellige, freche, böse oder einzelgän-
gerische Fischli, die sich vorerst ziellos
im geheimnisvollen Trog tummeln.
Als Ausstellungsbesucher hat man
­Gelegenheit, die Fische zu füttern,
indem man die leichten Bälle auf die
Wasseroberfläche des Brunnens wirft.
Auf diese spielerische Ansprache
­reagieren die Tierchen zuerst erschro-
cken, dann mit Neugier, um sich
schliesslich gierig auf die Nahrung zu
stürzen. Als Zuschauer erschrickt man
ob dieser «menschlichen» Reaktion,
und wundert sich, wenn die herzigen
Fischli nach der Fütterung im Brun-
nentrog zu fantastischen Unterwasser-
wesen mutieren.
Am Becken sind auch noch kleine
Springbrunnen mit echten Wasserfontä-
nen angebracht: ab und zu irritieren sie
dieWasseroberfläche.DieBewegungdes
Wassers verstärkt die Verschmelzung
von Realität und digitaler Illusion. Die-
se Installation erfüllt eigentlich keinen
Zweck, sondern kreiert wie von selbst
immer wieder neue Geschichten. Wenn
man bedenkt, wie leicht die digitale Ani-
mation für Manipulation und Propagan-
da verwendet wird, dann erfreut man
sich gerne an den «Fischli», weil man
sie einfach nur geniessen kann.
FIFA Computerspiel
von EA Sports, CA/US
seit 1993.
Foto: Ian Miles Cheong.flickr
Theaterstück Golem,
UK/AT/FR 2014
Foto: zVg ZHdK
Vogelflugsimulator «Birdly».
Max Rheiner, Thomas Tobler,
Fabian Troxler, 2014.
Foto: Myleen Hollero, zVg ZHdK

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Bewegte Pixel

  • 1. l ZHKMU l Nr. 5 l 2015 l 2928 l ZHKMU l Nr. 5 l 2015 l K U LT U R Bewegte Pixel TRUGBILDER  Animierte GIFs und Emoticons bereichern als pfiffige Kurzschrift unsere ­Debatten auf Social Media. Auch Computerspiele, Navigationsgeräte oder neuerdings Daten- brillen werden immer öfter zum selbstverständlichen Bestandteil unseres Alltags. TEXT DOMINIQUE LIEB Der Wunsch, etwas Lebendiges, Unmögliches, Unsichtbares, Göttliches in ein Bild zu fassen, existiert spätes- tens seit der Darstellung der Jung- frau Maria in der Ikonenmalerei. Das sogenannte Trugbild wird in neuerer Zeit vorzugsweise mit digitalen Tech- niken erzeugt. Von hier aus ist es nur noch ein kleiner Schritt zum bewegten Bild. Je nachdem, welcher Generation wir entsprungen sind, haben wir eine andere Vorstellung davon, was bewegte Bilderüberhauptsind.Esgibtunzählige Animationsgenres – von Edward Muy- bridges Stroboskop-Studien von galop- pierendenPferdenbiszumcomputerge- nerierten Double eines Schauspielers. Rotmilan im Flug In «Animierte Wunderwelten» zeigt das Museum für Gestaltung eine Aus- wahl von 36 Arbeiten zum Thema digi- tale ­Animation. Die beiden Kuratoren Suzanne Buchan und Andres Janser haben bei der Auswahl vor allem die Vielfalt der Anwendungen berück- sichtigt, um dann in den einzelnen Bereichen die relevanten Arbeiten und Künstler zu präsentieren. Es ist ein gelungener Versuch, die ganze Breite und Tiefe der digitalen Animation in der heutigen Welt aufzuzeigen. Zum Beispiel der Vogelflug-Simu- lator «Birdly», der von Max Reiner, ­Thomas Tobler und Fabian Troxler von der Zürcher Hochschule der Küns- te entwickelt wurde. In Bauchlage und mit einer stereoskopischen Datenbrille bestückt, taucht der Ausstellungsbesu- chereinindieoptischeWeltdesfliegen- den Rotmilans. Im Korsett eingespannt, kann man durch Körpereinsatz den Vo- gelflug steuern. Diese neuartige Verbin- dungvonAnimationundFeinmechanik hatinternationaleinsehrpositivesEcho ausgelöst und motivierte die Erfinder zur Gründung der Firma Somniacs, die «Birdly» für andere Anwendungen, wie zum Beispiel für therapeutische Einsät- ze, weiterentwickeln will. Avatare und Vactors Auch Formlosem wie Daten und Infor- mationen wird mit Hilfe von digitaler Animation eine Gestalt gegeben. Wis- senschaftliche Studien im Nanome- ter-Bereich können sichtbar gemacht werden. Bei der Computeranimation «Protein Packing» kann das Laienpubli- kum zellbiologische Abläufe mitverfol- gen. Die digitalisierte Studie wurde von John Liebler und dem Harvard College realisiert. Die Arbeit «1945-1998» des Japaners Isao Hashimoto beruht auf Angaben der schwedischen Forschungsagentur für Verteidigung. Auf einer Weltkarte pulsieren blau umrandete, manchmal rote, helle Lichtpunkte. Im Zeitraffer werden die verheerenden, historischen Ereignisse dargestellt: Atombomben und Atombombenversuche. Am obe- ren Rand der Bildfläche zeigen tickende Zähler den chronologischen Verlauf im Zeitraffer, auch die Decknamen der insgesamt 2053 Bomben werden einge- blendet. Wer die Karte länger betrach- tet, bemerkt, wie sich die Lichtpunkte während des Kalten Krieges verviel- fachen. Begleitet wird die «show» von einer Klangwolke aus «radioaktiven» Regentropfen. Der jahrzehntelang geheimgehaltene, atomare Rüstungs- wettlauf wird durch dieses Konvolut innerhalb von ein paar Minuten sicht- bar gemacht, wenn zum Abschluss noch einmal sämtliche Explosionen als unheilvolle, weisse Cluster auf der Karte erscheinen. Avatare und Vactors Die Theaterstück Golem unter der ­Leitung von Suzanne Andrade, arbeitet mit einem Bühnenbild aus projizieren Bild-Text-Collagen. Das sonst eher sta- tische Bühnenbild wird ersetzt durch eine bewegte Kulisse, in der die Schau- spieler den sklavischen Lehm-Golem aus Gustav Meyrinks Roman wieder ­auferstehenlassen.Diespäterverbesserte ­Roboterversion übernimmt zunehmend die Kontrolle über das Leben des ­Pro- tagonisten: Er rennt, und wie in einem schlechten Traum bewegt er sich ­trotzdem nicht vom Fleck, während die Grossstadt-Szenerie hintern ihm vorbei- zieht und seine Verfolger aufrücken. Verblüffende räumliche Erfahrun- gen bieten auch interaktive Games oder Motion Comics. Für das Konsolen- und PC-Spiel FIFA hat der Spiele- Produzent EAdieTalentederinternationalenFuss- ballstars mittels Motion Capture einge- scannt und auf Avatare übertragen. Der Gamer kann nun an seiner Konsole die Spieler steuern und ein täuschend ech- tes Szenario bespielen. Die Spielzüge und Grossaufnahmen der Fussballer sind oft irritierend nah an den Fernseh- bildern von realen Fussballspielen. 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Im Falle vom Fifa- game scheint die Technik aber die Ver- kaufszahlen zu fördern.» Eintauchen ins Aquarium Die zauberhafte, digitale Animation «Fischli» wird ergänzt mit Wasser, Klang und ein paar leichtgewichti- gen Bällen zum anfassen und herum- schmeissen. Die drei ehemaligen Stu- denten der ZHdK François Chalet, Jan Huggenberg und Mathis Vetter haben diese interaktive Installation im Auf- trag vom Museum für Gestaltung für die Ausstellung realisiert: In einem grossenBrunnentrogtummelnsichabs- trahierte Fische, die mit menschlichen Eigenschaften ausstaffiert worden sind. Es gibt freundliche, zurückhaltende, gesellige, freche, böse oder einzelgän- gerische Fischli, die sich vorerst ziellos im geheimnisvollen Trog tummeln. Als Ausstellungsbesucher hat man ­Gelegenheit, die Fische zu füttern, indem man die leichten Bälle auf die Wasseroberfläche des Brunnens wirft. Auf diese spielerische Ansprache ­reagieren die Tierchen zuerst erschro- cken, dann mit Neugier, um sich schliesslich gierig auf die Nahrung zu stürzen. Als Zuschauer erschrickt man ob dieser «menschlichen» Reaktion, und wundert sich, wenn die herzigen Fischli nach der Fütterung im Brun- nentrog zu fantastischen Unterwasser- wesen mutieren. Am Becken sind auch noch kleine Springbrunnen mit echten Wasserfontä- nen angebracht: ab und zu irritieren sie dieWasseroberfläche.DieBewegungdes Wassers verstärkt die Verschmelzung von Realität und digitaler Illusion. Die- se Installation erfüllt eigentlich keinen Zweck, sondern kreiert wie von selbst immer wieder neue Geschichten. Wenn man bedenkt, wie leicht die digitale Ani- mation für Manipulation und Propagan- da verwendet wird, dann erfreut man sich gerne an den «Fischli», weil man sie einfach nur geniessen kann. FIFA Computerspiel von EA Sports, CA/US seit 1993. Foto: Ian Miles Cheong.flickr Theaterstück Golem, UK/AT/FR 2014 Foto: zVg ZHdK Vogelflugsimulator «Birdly». Max Rheiner, Thomas Tobler, Fabian Troxler, 2014. Foto: Myleen Hollero, zVg ZHdK