1. Zwischenbilanz.
Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis.
Herausgegeben von Isop GmbH, Otto Rath und Mariella Hahn
Netzwerk Basisbildung und Alphabetisierung in Österreich, In.Bewegung
2. Zwischenbilanz.
Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Herausgegeben von Isop GmbH, Otto Rath und Mariella Hahn
Netzwerk Basisbildung und Alphabetisierung in Österreich, In.Bewegung
3. IMPRESSUM INHALT
9 Claudia Schmied 48 Mari Steindl
Vorwort Vom Lernen zur Bildung und
vom Wissen zur Macht
10 Otto Rath Oder von der Teilnahme zur Integration
und der Vielfalt als Potenzial
Vorwort
54 Werner Lenz
Grundbildung ist auch Bildung
Niemand ist ungebildet — Bildung
braucht Neubestimmung!
60 Gudrun Biffl
Basisbildung
Voraussetzung für die persönliche Entfaltung
und den wirtschaftlichen Erfolg in einer
Wissensgesellschaft. Über die Bedeutung
der Basisbildung im gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Wandel
66 Peter Schlögl
Lernergebnisse
MENSCHEN Was das Schreiben von Lernergebnissen in und
rund um Bildungsorganisationen auslöst
18 Peter Stoppacher
Der Stigmatisierung entkommen
Lesen, schreiben, rechnen wie andere auch 74 Peter Stoppacher
Zielgruppenwissen als Vor-
In.Bewegung ist eine Partnerschaft bestehend aus 14 aussetzung für maßgeschnei-
24 Monika Kastner
Einrichtungen. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Ent- derte Basisbildungsangebote
Potenziale von Lehr-Lern-Prozessen
wicklung eines österreichweit flächendeckenden und Eine praxisrelevante regionale Analyse in
in Basisbildungskursen quantitativer und qualitativer Hinsicht
qualitätsgesicherten Angebotes der Basisbildung und Al-
phabetisierung Erwachsener voranzutreiben und zu un- Die Rekonstruktion von subjektiven Handlungen
und Deutungen fördert das Verstehen von
terstützen. Als zentrale Ansprechstelle wurde das Alfa-
Lehr-, Lern- und Bildungsprozessen
Telefon Österreich (0810 20 0810) eingerichtet. Partner:
VHS Stadtbibliothek Linz, ISOP GmbH, Die Kärntner
Volkshochschulen, Bildungs- und Heimatwerk Niederös- 30 Elke Dergovics
terreich, abc Salzburg, ÖGB Landesorganisation Ober- Verschiedene Menschen,
österreich, Steirische Volkswirtschaftliche Gesellschaft, verschiedene Sprachen — ein Kurs
Die Wiener Volkshochschulen — VHS 21, NOWA, LLL-
Eine Dokumentation zu Kursen für Erwachsene
Gmbh, Wirtschaftskammer Österreich, Bundesarbeits- mit nicht ausreichender Basisbildung
kammer, Ländliches Fortbildungsinstitut Oberösterreich, mit unterschiedlichen Erstsprachen
AMS Steiermark. Koordiniert wird die Partnerschaft von
der ISOP (Innovative Sozialprojekte) GmbH. In.Bewegung
wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds 36 Alfred Berndl
und aus Mitteln des Bundesministeriums für Unterricht, Von der Angebots- zur
Kunst und Kultur. Zielgruppenorientierung
Marketing in der Basisbildung
Herausgeber: Isop GmbH, Otto Rath und Mariella Hahn und Alphabetisierung
82 Norbert Holzer
Für den Inhalt verantwortlich: Nach neun Jahren Schulpflicht: Ba-
Mag. Otto Rath, Dreihackengasse 1, 8020 Graz
BILDUNG sisbildung „Nicht genügend“
Die Schulbiografie von Menschen mit
Layout + Grafik: Johannes Gellner www.gellner.at 42 Konrad Paul Liessmann
Basisbildungsdefiziten dargestellt
Stätten der Lebensnot? am Bereich Mathematik
Fotorechte: siehe Seite 218 Über die Gegenwart unserer Bildungsanstalten
Seite 4 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 5
4. INHALT INHALT
90 Otto Rath 124 Max Mayrhofer 180 Alfred Berndl
Basisbildung und Gesundheit Qualität in der Basisbildung Agents of Change
Der Faktor Bildung im Kreislauf von sozialer Zum Versuch der Umsetzung von Professionalisierung von MultiplikatorInnen
und gesundheitlicher Ungleichheit Qualitätszielen mittels Balanced Scorecard in der Basisbildung
132 Rosmarie Zarfl 186 Brigitte Bauer
Lernstandserhebung in der Basis- „Wenn du für eine Sache brennst,
bildung und Alphabetisierung springt manchmal ein Funke über …“
Theorie und Praxis der prozessorientierten Gespräche und Zusammenarbeit
Lernstandserhebung in Österreich. mit EntscheidungsträgerInnen und
PolitikerInnen — ein Erfahrungsbericht
146 Sonja Muckenhuber
Von der Kompetenzfeststellung
zur Kompetenzorientierung
Kompetenzdiskussion in der Grundbildung oder
Grundbildung in der Kompetenzdiskussion
154 Heide Cortolezis
Gender Mainstreaming.
BESCHÄFTIGUNG Mit oder ohne Diversity?
Oder besser Diversity Managing oder am besten
98 Marion Höllbacher
Gender Diversity Managing. Oder Mainstreaming?
Peter Härtel
Aufnahmekriterien
Ergebnisse einer Befragung steirischer
Ausbildungsbetriebe zu Anforderungen
in der Lehrlingsaufnahme
STRATEGISCHE PARTNER
102 Marion Höllbacher 194 Michael Tölle
Peter Härtel Bundesarbeitskammer
Unterstützen — Begleiten — Vernetzen Fünf Jahre Bewegung
QualiCoach Basisbildung — Modell eines
Begleiters an der Schnittstelle Schule — Beruf
196 Margarete Gross
Arbeitsmarktservice
104 Isabella Penz Basisbildungsangebote: ein Hand-
Jump — Jugendliche mit Perspektive lungsfeld des Arbeitsmarktservice
Basisbildung für Lehrlinge im
betrieblichen Kontext
198 Manuela Jachs-Wagner
PRAXIS Ländliches Fortbildungsinstitut
112 Christina Wimmer Damit Wissen wachsen kann ...
Christian Wretschitsch 162 Wolfgang Jütte
Basisbildung in Koopera- Netzwerkmanagement
Die qualitative Gestaltung von Netzwerkkulturen
tion mit Betrieben
als professionelle Handlungsaufgabe ORGANISATIONS-
Eine Argumentationsgrundlage
BESCHREIBUNGEN
168 Mariella Hahn 201 In.Bewegung Partnerorganisationen
QUALITÄT Rosmarie Zarfl
Die Vielfalt der Innovation
120 Antje Doberer-Bey 218 Fotorechte
Innovative Zugänge in der Basisbildung und
Auf dem Weg zu TrainerInnenprofil und Alphabetisierung Erwachsener in Österreich
Qualitätsstandards für die Basisbildung
Ein Erfahrungsbericht
174 Christine Spindler
Beate Wittmann
Teilhabe durch Bildung
Politische Bildung in der Basisbildung
Seite 6 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 7
5. BM Dr. Claudia Schmied
Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur
Die Frage der Chancengleichheit in unserer Gesellschaft Initiativen wie „In.Bewegung“ haben in den letzten Jahren
ist zu allererst eine Frage des Bildungszugangs. Viele Jahre einen entscheidenden Beitrag dazu geleistet, die Bedürf-
wurde diese Chancengleichheit in der österreichischen nisse bildungsferner Personen ins Bewusstsein der Öffent-
Erwachsenenbildung mit dem Nachholen von Bildungs- lichkeit zu rücken und Basisbildung als grundlegende Vor-
abschlüssen gleichgesetzt, und die bildungspolitischen aussetzung für Chancengerechtigkeit im Erwachsenenalter
Schwerpunkte reichten dementsprechend von den Schu- zu positionieren. Viele der Erkenntnisse und Erfahrungen,
len für Berufstätige bis hin zu speziellen Förderprogram- welche von den kooperierenden Einrichtungen der Initia-
men im Rahmen des „Zweiten Bildungswegs“. tive „In.Bewegung“ gewonnen wurden, stellen heute einen
bundesweiten Standard für die erfolgreiche Programmge-
Heute wissen wir, wie wichtig es ist, für bildungsbenach- staltung im Bereich Basisbildung dar.
teiligte Personen zunächst einmal attraktive Angebote zum
Erwerb grundlegender Kompetenzen und Fertigkeiten be- Ich freue mich, dass „In.Bewegung“ als eine vom Unter-
reitzustellen, um ihnen den Einstieg in weiterführende Bil- richtsministerium und dem „Europäischen Sozialfonds“
dungs- und Qualifizierungsprozesse überhaupt erst zu er- gemeinsam geförderte Initiative derart erfolgreich ist und
möglichen. Basisbildung, die lange Zeit ein „Randthema“ die Ergebnisse aus der österreichischen Erwachsenenbil-
sowohl in der fachlichen als auch politischen Diskussion dungslandschaft nicht mehr wegzudenken sind. Die vor-
darstellte, ist damit ins Zentrum aller zeitgemäßen Überle- liegende Publikation betrachte ich deshalb weniger als
gungen zur Erwachsenenbildung gerückt. Bilanz über den aktuellen Stand der Basisbildung in Öster-
reich, sondern vielmehr als Ermutigung, den begonnenen
Die Komplexität dieses Bereichs, die Vielfalt der Be- Weg konsequent weiter zu verfolgen und Basisbildung im
dürfnisse und Interessen der Zielgruppen sowie die hohe Interesse der Betroffenen qualitativ und quantitativ weiter
Wechselwirkung mit sozial- und arbeitsmarktpolitischen auszubauen.
Aspekten machen die Programmgestaltung im Bereich Ba-
sisbildung zu einer der größten Herausforderungen im ge- Ich danke allen KoordinatorInnen, TrainerInnen und Be-
samten Bildungsbereich. Jene 50.000 Personen, welchen raterInnen, die im Bereich Basisbildung tätig sind, für ihr
laut „Statistik Austria“ die grundlegendsten Qualifikati- enormes Engagement und wünsche viel Erfolg für die wei-
onen fehlen und die über keinerlei Schulabschluss verfü- tere Tätigkeit. Ich bin überzeugt, dass diese wertvolle Bil-
gen, machen dabei nur die Spitze des Eisbergs aus. Phäno- dungsarbeit einen wesentlichen Baustein für ein chancen-
mene wie sekundärer Analphabetismus und Dyskalkulie gerechteres Österreich darstellt.
sind auch unter Personen, welche einen positiven Pflicht-
schulabschluss aufweisen, und sogar unter Personen, wel-
che eine weiterführende Berufsausbildung absolviert ha-
ben, erschreckend weit verbreitet.
Seite 8 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 9
6. VORWORT I Rath Rath I VORWORT
ruf. Zugänge und Modelle werden im Kapitel 3, das sich Wiederkehrendes Thema der Basisbildung und Alphabe-
mit dem Thema Basisbildung im beruflichen Kontext be- tisierung ist die Fragestellung, in welchen Kontexten Kurse
schäftigt, beleuchtet. In diesem Zusammenhang kommt für Menschen mit Deutsch als Erstsprache und für Men-
auch den Gewerkschaften eine zunehmend bedeutende schen mit einer anderen Erstsprache gemeinsam ange-
Rolle zu. Theoretisch untermauert wurde das Thema Ba- boten werden. Damit setzt sich Elke Dergovics in ihrem
sisbildung an anderer Stelle als Thema der Gewerkschaf- Beitrag „Verschiedene Menschen, verschiedene Sprachen
ten von Oskar Negt.2 – ein Kurs“ auseinander. Sie stellt eine Dokumentation zu
Kursen für Erwachsene mit nicht ausreichender Basisbil-
Basisbildung und Alphabetisierung orientieren sich im- dung mit unterschiedlichen Erstsprachen vor und prä-
mer an der Zielgruppe. Damit sprechen wir von einem Teil sentiert Modelle und Rechercheergebnisse aus Deutsch-
der Bevölkerung, der hauptsächlich negative Schulerfah- land, England und Österreich, Hintergrundinformationen
rungen gemacht hat, für den Bildung an sich kein Motiv und Diskussionspunkte von ExpertInnen als Grundlage
darstellt. Damit diese Personen für Bildungsprozesse über- für eine qualitätsvolle Konzeption und Umsetzung von ge-
haupt nachhaltig gewonnen werden können, brauchen sie meinsamen Kursangeboten im Bereich Basisbildung und
ein qualitativ hochwertiges Angebot, welches sicherstellt, Alphabetisierung.
dass frustrierende Lernerfahrungen nicht reinszeniert wer-
den. Diesem Zugang entsprechend wird das Thema der „Wie erreichen wir die Zielgruppe?“ ist eine der zent-
Qualitätsentwicklung intensiv ausgeleuchtet. ralen Fragestellungen in der Arbeit mit bildungsfernen
Otto Rath Beziehungen, nicht Trennungen sind die
Zukunft des Denkens und der Innovation. Gruppen, zu denen Erwachsene mit geringer Basisbil-
Gesamtkoordinator von In.Bewegung, ISOP GmbH Bernhard von Mutius Welche Rahmenbedingungen und Organisationsfor- dung in den meisten Fällen gehören. Alfred Berndl gibt
otto.rath@isop.at men die Basisbildung braucht und von welchen Erfahrun- in seinem Beitrag „Von der Angebots- zur Zielgruppeno-
gen Anbieter der Erwachsenenbildung profitieren kön- rientierung. Marketing in der Basisbildung“ erste Antwor-
nen, zeigt das fünfte Kapitel zur Organisation und Praxis ten. Analysiert man die Bewerbungen von Kursangeboten
der Basisbildung. Wissen wird zunehmend in Netzwerken von Bildungsanbietern der Basisbildung und Alphabeti-
und durch Teilung produziert, entsprechend widmet sich sierung, fällt auf, dass nach wie vor die angebotenen Leis-
dieses Kapitel nicht nur der Einzelorganisation, sondern tungen sehr stark nach außen kommuniziert werden. Ver-
Zukunft Basisbildung.
der Arbeit in Netzwerken. einfacht gesagt konzentrieren sich viele Bildungsanbieter
in der Akquise von TeilnehmerInnen zu stark auf ihre An-
Bilder der Zielgruppe gebote und zu wenig auf den Nutzen und die Motive der
Vorwort zur Zwischenbilanz Der Beitrag von Peter Stoppacher „Der Stigmatisierung
entkommen“ basiert vor allem auf qualitativen Inter-
Menschen. Anbieter, die die Motive und Bedarfe der po-
tenziellen KursteilnehmerInnen kennen, analysieren und
views mit BasisbildungsteilnehmerInnen, die im Rahmen in der Planung und Durchführung von Kursmaßnahmen
der begleitenden Evaluierung von In.Bewegung durchge- mitbedenken, legen den Grundstein für ein für die Ziel-
Gemeinsam Basisbildung denken und die Frage nach den Größenordnungen spielen eine führt wurden. Er beschäftigt sich mit den steigenden An- gruppe annehmbares Angebot.
Ein Netzwerk der Basisbildung bildet sich heraus. Einrich- Rolle (diese Themen wurden auch schon im Tagungs- forderungen an das Individuum, mit den Größenordnun-
tungen der Erwachsenenbildung, Expert/innen, Trainer/ bericht Perspektive: Bildung von Arthur Schneeberger gen und den Folgen mangelnder Basisbildung, die meist Bildungspolitische Annäherungen
innen, Universitäten, Sozialpartner, Politiker/innen, Be- und Lorenz Lassnigg beleuchtet1), sondern auch die schon in der Schulkarriere angelegt sind. Unter den Fol- Der Beitrag „Stätten der Lebensnot“ von Konrad Paul
amte und Medien beschäftigen sich zunehmend mit die- Schnittstellen zu anderen gesellschaftlichen Bereichen gen wirkt die Stigmatisierungserfahrung am nachhaltigs- Liessmann setzt sich kritisch mit dem Bildungsbegriff und
sem Thema und treiben die Diskussion inhaltlich voran. wie Arbeitsmarkt, Schule und Gesundheit. Aktuelle bil- ten weiter, diese beeinflusst etwa auch die Lernbilder der dem aktuellen Verständnis von Bildung, das häufig an den
Unterstützt wird diese Entwicklung vom Projekt „in.Bewe- dungspolitische Diskussionen wie die Umsetzung von erwachsenen LernerInnen. Am Ende des Beitrags werden Erfordernissen der Ökonomie orientierte Qualifizierung
gung“ des Netzwerks Basisbildung und Alphabetisierung Lernergebnisorientierung und die Relevanz eines nati- Fallbeispiele geschildert, die Lebenswelten und Lebens- meint, auseinander. Die Funktion der Schule im Bildungs-
in Österreich, das mit dieser Publikation nach fünfjähriger onalen Qualifikationsrahmens für das Thema Basisbil- erfahrungen von Erwachsenen mit mangelnder Basisbil- diskurs beleuchtet er historisch. Schulen werden auch ak-
Tätigkeit eine Zwischenbilanz zieht. dung prägen den Diskurs mit. dung verdeutlichen. tuell zu „Stätten der Lebensnot“, dies liegt u.a. an dieser
Funktionalisierung und an der Tatsache, dass die Schule
Zentrale Handlungsfelder des Themas Basisbildung spie- Mit der stärkeren Orientierung des Diskurses in Rich- Monika Kastner fokussiert in „Potenziale von Lehr- zunehmend zu dem Ort wird, der alle Probleme lösen soll,
geln sich in der vorliegenden Publikation. Im Fokus der An- tung Kompetenzen und Qualifizierung drängt sich der LernProzessen in Basisbildungskursen“ mikrodidaktische die andernorts nicht gelöst werden.
strengungen stehen die Teilnehmer/innen in den Kursen funktionale Aspekt von Bildung stark in den Vordergrund Aspekte von Lehr-Lern-Prozessen aus der Perspektive von
der Basisbildung und Alphabetisierung, an der Zielgruppe und wird auch in der Arbeit am Thema Basisbildung Teilnehmenden und Kursleitenden. Die datenbasierte Re- Mari Steindl leistet nicht nur eine kritische Betrachtung
orientieren sich die Entwicklung von Angeboten, die Öf- nicht ausgeblendet. In.Bewegung setzt in diesem Zusam- konstruktion von subjektiven Handlungen und Deutun- der Wissensgesellschaft, indem sie vor allem mit der Vor-
fentlichkeitsarbeit, die Methodik. Damit Erwachsene mit menhang seine Aktivitäten in Bezug zur Arbeitsbiografie: gen verweist auf die Bedeutung der achtsamen Wahr- stellung aufräumt, dass das Produktionsmittel „Wissen“
nicht ausreichender Basisbildung auch genau das Angebot Erste Probleme auf dem Arbeitsmarkt durch nicht aus- nehmung der Voraussetzungen von Erwachsenen, die tatsächlich für jede/n offenstünde, sondern auch einen we-
bekommen, das sie brauchen, beschreiben wir ein mög- reichende Bildung ergeben sich schon am Übergang von Bildungsbenachteiligung erfahren haben. Somit verdeut- sentlichen Beitrag zur Auswirkung der Kulturalisierung auf
lichst klares Bild ihrer Lebenswelt, ihrer Motive, ihrer Nut- der Schule in die Berufsausbildung, sie setzen sich in der lichen die Interpretationsergebnisse die Verantwortung, den Basisbildungsdiskurs. Sie zeigt wesentliche Parame-
zenerwartungen. Im ersten Kapitel nähert sich die Publika- Lehre fort und führen letztlich zu Schwierigkeiten im Be- die im Lehrhandeln in kompensatorischen Lehr-Lern- ter des Konzeptes Kultur und beleuchtet die Relevanz die-
tion daher den Bildern der Zielgruppe an. Prozessen übernommen wird, und erhellen Potenziale ser Diskussion für die Basisbildung. Basisbildung wird als
1 Arthur Schneeberger: Basisbildungsdefizite: Probleme der Erfassung, sozioökonomi- von Basisbildung. Chance gesehen, die eigene Perspektive zu verändern, Ba-
sche Auswirkungen und Möglichkeiten der Gegensteuerung. In: Perspektive: Bildung.
Basisbildung und Alphabetisierung sind ein wesent- Tagungsdokumentation. Hg. vom Netzwerk Basisbildung und Alphabetisierung 2007. sisbildung kann einen Raum für Teilnahme und Mitbestim-
licher Teil des bildungstheoretischen und bildungs- Lorenz Lassnigg: „Lifelong Learning“ einmal anders: Grenzen wirtschaftsorientierter Pa- 2 Oskar Negt: Gewerkschaften vor neuen bildungspolitischen Herausforderungen. In: mung schaffen, wenn die entsprechenden Rahmenbedin-
radigmen und Strategien und ihre Alternativen. In: Perspektive: Bildung. Tagungsdoku- Perspektive: Bildung. Tagungsdokumentation. Hg. vom Netzwerk Basisbildung und Al-
politischen Diskurses. Nicht nur Definitionsversuche mentation. Hg. vom Netzwerk Basisbildung und Alphabetisierung 2007. phabetisierung 2007. gungen gesichert werden.
Seite 10 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 11
7. VORWORT I Rath Rath I VORWORT
Grundbildung ist kein starres, sondern ein aktives Funda- übertragbaren Modells für die Zielgruppenanalyse. Die Er- an der Schnittstelle Schule – Wirtschaft zur frühzeitigen Be- wicklungsschritte dargestellt. Anschließend werden kurz
ment, konstatiert Werner Lenz im Artikel „Grundbildung gebnisse dieser Arbeit werden in seinem Beitrag dargestellt. gleitung von Jugendlichen mit nicht ausreichenden Basis- die verschiedenen Ebenen der Qualitätssicherung und das
ist auch Bildung“. Sie ist in das Leben der Menschen ver- bildungskenntnissen ist eine präventive Maßnahme für die TrainerInnenprofil skizziert. Ein Resümee und der Blick auf
woben und weiteres Lernen geschieht verknüpfend und Norbert Holzer, Friederike Lenart, Hubert Schaupp wid- beschriebene Zielgruppe, um Jugendliche mit dem nötigen die längerfristigen Ergebnisse runden diesen Beitrag ab.
vernetzend. Ergänzend zum formalen und institutionali- men sich der Frage, wie es sein kann, dass die Schule aus- „Werkzeug“ auszurüsten, das ihnen ermöglicht, selbststän-
sierten Lernen werden informelle Lernprozesse bedeut- reichende Kompetenzen in den Kulturtechniken nicht si- dig den Übergang von Schule zur Wirtschaft zu bewältigen. Die Standards bilden einen inhaltlichen Orientierungs-
sam. Nicht Bildungsabschlüsse, sondern was Menschen chern kann: „Nach neun Jahren Schulpflicht: Basisbildung Jugendliche erhalten durch die QualiCoach die Möglichkeit rahmen, das Qualitätsentwicklungskonzept liefert ein un-
wirklich können, bekommt mehr Aufmerksamkeit. Bil- ‚Nicht genügend‘.“ Um diese Lernentwicklung zu beschrei- herauszufinden, was sie wollen, was sie können und wie sie terstützendes Gerüst für die konkrete Implementierung
dung, als lebensintegrierter Prozess, ist öffentliches Gut ge- ben, spannen die Autor/innen einen Bogen vom Schulein- es schaffen, das zu erreichen. von Qualität in das pädagogische Handeln der anbietenden
worden und unterliegt öffentlichem Interesse. Die Aussage, gangsbereich bis zum Schulaustritt. Dargestellt wird die Einrichtungen. Max Mayrhofer beschreibt dieses System
niemand ist ungebildet, soll dazu beitragen, jedes Lernen Entwicklung exemplarisch für den Bereich Mathematik, da Ist der Einstieg in eine Lehre geschafft, werden oft trotz- im Beitrag „Qualität in der Basisbildung. Zum Versuch der
zu achten und Bildung nicht bestimmten Themen oder dieser Bereich in den Unterstützungsangeboten oft noch dem Unterstützungsangebote im Basisbildungsbereich Umsetzung von Qualitätszielen mittels Balanced Score-
Gruppen vorzubehalten. Die Umsetzung des Menschen- eine untergeordnete Rolle einnimmt. Genauer beleuch- benötigt. Isabella Penz berichtet vom Projekt „Jump – Ju- card.“. Er befasst sich mit der Frage, wie pädagogische
rechts auf Bildung liegt in der Verantwortung von Indivi- tet wird der Schuleingangsbereich, der Übergang von der gendliche mit Perspektive. Basisbildung für Lehrlinge im Qualität in Einrichtungen, die Basisbildung und Alphabe-
duen und Gesellschaft. Volksschule in die Hauptschule/AHS, sowie der Schulaus- betrieblichen Kontext“, das diesen Support entwickelt hat. tisierung anbieten, entwickelt und Qualitätsziele umge-
tritt bzw. das Ende der Schulpflicht. Für alle drei Bereiche Der vorliegende Artikel beschreibt ein Projekt der Volks- setzt werden können. Aufgezeigt werden auch die Ergeb-
Gudrun Biffl liefert im Beitrag „Basisbildung – Vorausset- werden empirische Untersuchungen und konkrete Fallbei- hochschule Kärnten. Darin wurde erstmalig ein Bildungs- nisse und Erfahrungen aus dem Versuch der Umsetzung
zung für die persönliche Entfaltung und den wirtschaft- spiele angeführt und kommentiert. konzept für Lehrlinge mit mangelnden Basisbildungs- von Qualitätszielen mittels einer zu diesem Zweck von den
lichen Erfolg in einer Wissensgesellschaft“ einen histori- kenntnissen entwickelt und in das bestehende duale Partnern in In.Bewegung entwickelten Balanced Scorecard.
schen Aufriss der Entwicklung des Bildungsdiskurses und Das Thema Basisbildung ist systemisch zu betrachten, Ausbildungssystem integriert. Im ersten Teil des Artikels
widmet sich anschließend der Funktion von Basisbildung. dieses Postulat ist nicht neu. Konkrete Zusammenhänge werden die praktische Durchführung und die Umsetzung Erfolgreiche Basisbildungsarbeit steht und fällt mit der
Diese sieht Biffl in der sozioökonomischen Integration in an der Schnittstelle Bildung – Gesundheit beleuchtet Otto in den Ausbildungsstätten (Berufsschulen und Ausbil- richtigen Einschätzung und Erhebung der individuellen
Gesellschaft, Arbeit und Weiterbildung. Basisbildung wird Rath im Artikel „Basisbildung und Gesundheit. Der Faktor dungszentren) beschrieben. Der zweite Teil widmet sich Kenntnisse der Teilnehmenden. In.Bewegung – Netzwerk
als Herausforderung für Individuen, Betriebe und Bil- Bildung im Kreislauf von sozialer und gesundheitlicher dem Outcome des Projektes. Dazu werden einerseits die Basisbildung und Alphabetisierung hat österreichische Er-
dungseinrichtungen betrachtet, das Problem selbst liegt Ungleichheit“. Basisbildungsmängel stellen Menschen Evaluationsergebnisse aus dem Projekt herangezogen und hebungskonzepte und -instrumente erhoben und darge-
weniger in der Verantwortlichkeit des Individuums, son- vor existenzbedrohende Schwierigkeiten. Der Artikel andererseits die konkreten Erfahrungen des Projektteams. stellt, die Ergebnisse präsentiert Rosmarie Zarfl im Beitrag
dern in der der Gesellschaft und ihrer Bildungseinrichtun- nimmt eine Bestandsaufnahme des Zusammenhanges „Prozessorientierte Lernstandserhebung in der Basisbil-
gen. Eine Überforderung dieser Systeme sieht Biffl vor al- Basisbildung und Gesundheit vor und lehnt sich dabei an Wie gewerkschaftliches Engagement zur Förderung der dung und Alphabetisierung in Österreich“. Zudem wurden
lem im Thema Migration. ein Modell an, das von der Wechselwirkung zwischen so- Basisbildung von Mitarbeiter/innen beitragen kann, zeigt Empfehlungen bzw. Leitlinien beschrieben, die in allen
zialer und gesundheitlicher Ungleichheit ausgeht (Mielck, die ÖGB Landesorganisation Oberösterreich. Christina Partnerinstitutionen von In.Bewegung Beachtung finden.
Der Beitrag von Peter Schlögl mit dem Titel „Lernergeb- 2005). Die einzelnen Wirkungszusammenhänge dieses Wimmer und Christian Wretschitsch haben Kommunika- Als Good Practice werden das Erhebungskonzept sowie
nisse. Was das Schreiben von Lernergebnissen in und rund Modells werden an der Schnittstelle Basisbildung und Ge- tionskonzepte und Kurse entwickelt, die im betrieblichen ausgewählte Erhebungsinstrumentarien von ISOP Neu-
um Bildungsorganisationen auslöst“ versucht anhand der sundheit fokussiert. Aus der Bestandsaufnahme werden Kontext funktionieren. In ihrem Beitrag „Basisbildung in start Grundbildung präsentiert.
aktuell bekannten Strukturelemente eines kommenden mögliche Interventionsmaßnahmen abgeleitet. Kooperation mit Betrieben. Warum es sich für Unterneh-
nationalen Qualifikationsrahmens abzuschätzen, in wel- men lohnt – Eine Argumentationsgrundlage“ beschrei- Sonja Muckenhuber widmet sich dem Thema der Kompe-
cher Weise sich Innovationsbedarfe und -potenziale für Basisbildung und Beschäftigung ben sie Konzepte und Kommunikationsstrategien. Basis- tenzfeststellung: „Von der Kompetenzfeststellung zur Kom-
die Bildungsarbeit im Allgemeinen und für die Basisbil- Am Übergang Schule – Berufsausbildung entscheidet bildung ist eine Grundlage, die jeder Mensch braucht, um petenzorientierung. Kompetenzdiskussion in der Grund-
dung im Speziellen ergeben. Das Schlüsselkonzept besteht sich oft, wie dramatisch sich geringe Basisbildung aus- längerfristig aktiv am gesellschaftlichen und beruflichen bildung oder Grundbildung in der Kompetenzdiskussion“.
in den sogenannten Lernergebnissen, die ein neues Para- wirkt. Marion Höllbacher und Peter Härtel berichten in Leben teilnehmen zu können. Mangelnde Basisbildung ist Trotz allgemeiner Verwirrungen, die mit unterschiedlichs-
digma von Bildungsplanung und -praxis darstellen. Wer- ihrem Beitrag „Aufnahmekriterien für Lehrlinge. Was Lehr- sowohl individuell als auch gesellschaftlich mit negativen ten Definitionen des Kompetenzbegriffes einhergehen,
den diese konsequent umgesetzt, erschöpfen sie sich nicht lingsausbildner/innen wollen“, welche Kompetenzen not- Folgen verbunden. Möglichst viele Basisbildungsangebote sind Kompetenzfeststellungsverfahren oder zumindest
in einer semantischen Neufassung bestehender Lernziele, wendig sind, um einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Ein in die Praxis umzusetzen, erfordert auch neue Wege und Kompetenzorientierung ein Muss für jede Bildungseinrich-
sondern stellen ein kohärentes Steuerungsinstrument von Kriterienkatalog auf Basis der neuen österreichischen Bil- neue Kooperationen. Mit seinem Engagement in der Ent- tung, die auf Innovation und Qualität setzt. Für den Grund-
Bildungsarbeit dar. dungsstandards zu den Anforderungen der Wirtschaft hilft wicklungspartnerschaft In.Bewegung will der Österreichi- bildungsbereich gelten neben der Verabredung auf eine
den Jugendlichen, einen Eindruck davon zu bekommen, sche Gewerkschaftsbund einen aktiven Beitrag dazu leisten. einheitliche Definition noch andere spezifische Herausfor-
Auf den regionalen Diskurs bezieht sich Peter was von ihnen erwartet wird. Fachliche Kompetenzen in derungen. Erwachsene in Grundbildungskursen kommen
Stoppacher: „Zielgruppenwissen als Voraussetzung für Mathematik, Deutsch und Englisch sowie überfachliche Entwicklung von Qualität von sich aus meist nicht auf die Idee, dass sie über Kom-
maßgeschneiderte Basisbildungsangebote. Eine praxisre- Kompetenzen (persönliche Kompetenzen, Sozialkompe- Die Frage, was Qualität in der Basisbildung eigentlich sei, petenzen verfügen könnten. Sie suchen in der Regel nicht
levante regionale Analyse in quantitativer und qualitativer tenzen) wurden in steirischen Betrieben erhoben, bewer- wurde in einem kooperativen Prozess der Anbieter in Ös- aktiv nach Angeboten zur Kompetenzfeststellung und kön-
Hinsicht“. Zielgruppenanalysen bilden die Voraussetzung tet und in einem Handbuch zusammengefasst. Aufgelis- terreich durch das Formulieren von Qualitätsstandards be- nen herkömmliche Verfahren, die hohe Schriftsprachkom-
für Angebotsentwicklungen – Lebenslagen, Bedürfnisse, tet nach den 30 beliebtesten Lehrberufen wird dargestellt, antwortet. Die Standards beschreiben ein Orientierungs- petenz voraussetzen nur mit unterstützender Begleitung
Motive und Hoffnungen der Zielgruppe zu kennen, erhöht welche Kompetenzen im jeweiligen Beruf wichtig sind. system. Antje Doberer-Bey liefert einen Erfahrungsbericht nutzen. In diesem Beitrag wird die Suche nach einem Kom-
die Chancen auf eine erfolgreiche Akquisition. Im Rahmen zur Formulierung der Standards: „Auf dem Weg zu Trainer/ petenzmanagementinstrument beschrieben, das den Er-
des Kooperationsprojekts „Basisbildung Oberes Murtal“ Zusätzlich zur Analyse bietet die Steirische Volkswirtschaft- innenprofil und Qualitätsstandards für die Basisbildung“. wartungen der Zielgruppe gerecht wird.
wurde der Versuch unternommen, in der Region ein sol- liche Gesellschaft auch Lösungen. Marion Höllbacher und In diesem Beitrag wird der Prozess beschrieben, der im
ches praxisrelevantes quantitatives und qualitatives Wissen Peter Härtel beschreiben unter dem Titel „Unterstützen – Be- Zeitraum von 2005 bis 2007 zu den Qualitätsstandards für Ein zentrales Qualitätsthema stellt auch für die Basis-
als Basis für eine zielgruppenadäquate Angebotsentwick- gleiten – Vernetzen. QualiCoach Basisbildung – Begleiter am die Basisbildung und zur ersten Formulierung eines Trai- bildung das Thema Gender Mainstreaming dar. Heide
lung zu gewinnen. Ein Schwerpunkt dabei war die Ent- Übergang“ das Modell eines Agents am Übergang: Die Ent- nerInnenprofils geführt hat. Ausgehend von der damali- Cortolezis zeigt in ihrem Beitrag „Gender Mainstrea-
wicklung und Erprobung eines auch auf andere Regionen wicklung und Pilotierung eines „QualiCoach Basisbildung“ gen Lage werden die Zielsetzungen und die einzelnen Ent- ming – Mit oder ohne Diversity? Oder besser Diversity
Seite 12 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 13
8. VORWORT I Rath Rath I VORWORT
Managing oder am besten Gender Diversity Managing. liefert Einblicke in das konkrete methodische Konzept ei- bereitungsarbeiten für die Gespräche, deren zentrale Bot- Anbieter unterstützen. Durch seine pluralistische Konst-
Oder Mainstreaming? Zu Konzepten und Begriffen der nes entsprechenden Angebotes. Mit kreativen Schulungen schaften, No-goes und mögliche Handlungsoptionen. Ge- ruktion ist es in der Lage, unterschiedliche Zugänge zum
Gleichstellungspolitik“, dass Gender Mainstreaming zur politischen Bildung wollen wir Menschen mit gerin- lungene erste Gespräche markieren einen entscheidenden Thema abzubilden. Das Netzwerk verfügt durch die darin
ohne Diversity Mainstreaming gar nicht gedacht werden ger Basisbildung gewinnen, politisches Interesse mit Lust Punkt in der Aufbauarbeit. Sie können den Beginn einer vertretenen Einrichtungen über die umfassendste Praxiser-
kann, und tritt gegen ein Entweder – Oder in dieser Dis- zu verbinden und sich gemeinsam mit anderen in gesell- langjährigen Zusammenarbeit mit EntscheidungsträgerIn- fahrung in der Basisbildung und Alphabetisierung Erwach-
kussion an. Sie stellt die Frage, ob hier Rauchbomben der schaftliche Themen einzuarbeiten. Wir möchten unseren nen bedeuten. sener in Österreich. In.Bewegung kooperiert österreichweit
Begrifflichkeit gezündet werden: Ist mit dem leichthändi- TeilnehmerInnen vermitteln, dass es möglich ist, Politik zu mit PartnerInnen auch über den Bereich der traditionel-
gen Jonglieren mit neuen Begrifflichkeiten der Anspruch gestalten. Ergänzt werden diese Beiträge durch einen umfangrei- len Erwachsenenbildung hinaus. Das Netzwerk versteht
verbunden, einen Paradigmenwechsel in der Gleichstel- chen Informationsteil, der über die Organisationen und die sich anbieter- und fördergeberübergreifend als eine Inter-
lungspolitik einzuleiten? Könnte man es als paradigma- Multiplikator/innen spielen beim Thema Basisbil- entwickelten Ergebnisse und Produkte informiert. Weitere essengemeinschaft von Einrichtungen, die Basisbildungs-
tisch betrachten, dass statt von sozialer Ungleichheit von dung und Alphabetisierung eine wesentliche Rolle. Um Informationen zum Thema sind auf der Website des Netz- und Alphabetisierungskurse anbieten, und von Einrich-
Diversity gesprochen wird; dass Gleichstellungsorientie- das Handeln dieser Personen zu professionalisieren werks zu finden (www.alphabetisierung.at) sowie am Alfa- tungen, die inhaltliche Schnittstellen in der Basisbildung
rung stellenweise abgelöst wurde von einer Quality, für und ihnen auch die Möglichkeit zu geben, ein Bild ih- Telefon Österreich, wo Interessierte von ausgebildeten Be- zu den Anbietern definieren (Sozialpartner, AMS, formale
deren Beförderung es keinen politischen Auftrag braucht, res Handlungsfeldes klarer zu beschreiben, wurde ein rater/innen informiert werden. Bildungseinrichtungen wie Universitäten, Pädagogische
sondern ein Award verliehen wird; und – last but not least in Großbritannien entwickeltes Konzept auf Österreich Hochschulen etc.).
– dass politisches Handeln begonnen hat, sich in eine Ak- übertragen. Dieser Transfer wird von Alfred Berndl im In.Bewegung — ein Projekt des
tivität zu verwandeln, die sich gern mit einem Begriff wie Beitrag „Agents of Change. Professionalisierung von Netzwerks Basisbildung und Qualitätsentwicklung ist ein zentrales Thema – die Qua-
Managing beschreibt? Multiplikator/innen in der Basisbildung“ dargestellt. Alphabetisierung in Österreich lität wird im Rahmen des entwickelten Qualitätsentwick-
Eine der wesentlichen Herausforderungen in der Basis- Das Netzwerk betrachtet Basisbildung als Beitrag zu einer lungssystems permanent verbessert, vorangetrieben durch
Organisation und Praxis der Basisbildung bildung ist das nicht diskriminierende Ansprechen von demokratischen Gesellschaft und als eine Möglichkeit für internen Know-how-Transfer und durch die Kooperation
Eine zentrale Position des Netzwerks Basisbildung und Personen mit Defiziten in den Kulturtechniken. Ein Er- das Individuum, sich in der Gesellschaft entfalten zu kön- mit externen SpezialistInnen. Die inhaltlichen Entwick-
Alphabetisierung stellt das vernetzte Arbeiten dar. Diese folg versprechender Ansatz in der Unterstützung oder nen. Bildung ist ein Menschenrecht, das Netzwerk tritt da- lungen folgen ebenfalls dem internen System der Quali-
Position wird von Wolfgang Jütte bestätigt, der sich in Vermittlung von Menschen mit geringer Bildung ist für ein, dass in Österreich jeder Mensch die Möglichkeit tätsentwicklung und gewährleisten einen effizienten Res-
seinem Beitrag dem Nutzen von Netzwerken widmet: die Aus- und Weiterbildung von MultiplikatorInnen zu hat, ein Angebot der Basisbildung in Anspruch zu nehmen, sourceneinsatz – das Rad muss nicht immer wieder neu
„Netzwerkmanagement. Die qualitative Gestaltung von Agents of Change. Diese Personen arbeiten an unter- ohne sich dafür schämen zu müssen. Konkret arbeiten un- erfunden werden. Anbieter können die Entwicklung aus-
Netzwerkkulturen als professionelle Handlungsaufgabe“. schiedlichen Schnittstellen zur Basisbildung und haben sere Entwicklungen darauf hin, dass österreichweit flä- lagern, Synergien nutzen und von den vergrößerten Wis-
Mit der zunehmenden Projektförmigkeit im pädagogi- direkten Kontakt zur Zielgruppe. Agents werden selbst chendeckende, qualitätsgesicherte Alphabetisierungs- und sens- und Netzwerkressourcen profitieren. Im Netzwerk
schen Feld und dem allgemeinen Bedeutungszuwachs von aktiv, planen Maßnahmen für Menschen mit Bedarf an Basisbildungsangebote für Erwachsene möglich werden.3 integrierte Anbieter verpflichten sich zur Beteiligung am
netzwerkförmigen Arrangements rücken Fragen des Ma- Basisbildung und setzen diese auch um. Die von In.Bewegung entwickelten und/oder unterstützten Qualitätsentwicklungsprozess des Netzwerks (Implemen-
nagements und des Monitoring von Netzwerken stärker in Angebote orientieren sich an den Motiven der Kund/innen tierung des Qualitätsentwicklungssystems, Teilnahme an
den Vordergrund. In diesem Beitrag werden Gestaltungsas- Letztlich leben neue Themen vom Engagement und der und stiften einen klaren Nutzen in ihren privaten und be- den Qualitätskonferenzen, Entwicklung und Umsetzung
pekte angesprochen, die für die Qualität von Netzwerken Kompetenz sowohl von gut aufgesetzten Strukturen, aber ruflichen Handlungsräumen. Damit diese Angebote von von Qualitätszielen).
zentral sind. Dazu zählen u.a. die Entscheidung für Netz- auch von einzelnen Menschen. Brigitte Bauer beschreibt allen InteressentInnen in Anspruch genommen werden
werktypologien und Entwicklung von Netzwerk-strategien, ihre eigenen Erfahrungen, die sie in den letzten Jahren bei können, entwickelt In.Bewegung Maßnahmen zur flächen- Die im Netzwerk tätigen Einrichtungen bieten (unter an-
die Grenzen der Steuerbarkeit, die Gestaltung von Span- der Entwicklung und Implementierung von Angeboten der deckenden Information. Die realisierte Öffentlichkeitsar- derem) Kurse an, die Lesen, Schreiben, Rechnen und IKT
nungsverhältnissen, der Umgang mit Diversität, die For- Basisbildung und Alphabetisierung gemacht hat. „Wenn du beit verhindert weitere Diskriminierungen. zum Inhalt haben. Diese Kurse sind an den Qualitätsstan-
mierung einer Netzwerkkultur und die Entwicklung von für eine Sache brennst, springt manchmal ein Funke über. dards orientiert, verwenden erwachsenengerechte Me-
Nachhaltigkeitsstrategien. Gespräche und Zusammenarbeit mit Entscheidungsträger- Basisbildung ist ein Thema für alle Menschen in unserer thodik und Materialien. Sie sind bedarfsorientiert und
Innen und PolitikerInnen“ lautet der Titel ihres Erfahrungs- Gesellschaft, ungeachtet der Erstsprache, der Staatsbür- maßgeschneidert, der Zugang zu den Angeboten ist nied-
Netzwerke fördern nicht nur die Entwicklung von Qua- berichts: Welche Informationen brauchen Entscheidungs- gerschaft oder der Nationalität. Eine Segmentierung er- rigschwellig. Der Begriff „Analphabetismus“ wird nicht ver-
lität, sie fördern auch Innovationen. Mariella Hahn und trägerInnen/PolitikerInnen zum immer noch verdeckten folgt erst in der Entwicklung von maßgeschneiderten An- wendet. In der Kommunikation nach außen wird auf eine
Rosmarie Zarfl haben innovative Modelle der Basisbil- Thema „Erwachsene mit Basisbildungsbedarf“? Wie und geboten, wo gegebenenfalls auch Differenzierungen in der positiv konnotierte Sprache in der Beschreibung des Phä-
dung in Österreich erhoben und stellen diese in ihrem Bei- womit kann das Interesse von EntscheidungsträgerInnen Methodik und der Kommunikation notwendig sind. Als nomens und der Angebote geachtet. Entdramatisierung
trag mit dem Titel „Die Vielfalt der Innovation“ vor. In Ös- geweckt werden, damit sie sich im Idealfall später langfris- mittelbare Kund/innen des Netzwerks werden alle Perso- und Normalisierung wird in der Öffentlichkeitsarbeit ver-
terreich gibt es zahlreiche neuartige Ideen, die umgesetzt tig für das Thema einsetzen? Viele Fragen stellen sich für nen außerhalb des formalen Schulsystems (nach absolvier- folgt (etwa durch das Vermeiden von verzerrten Stimmen
werden, um unseren Teilnehmer/innen das Lernen zu er- AkteurInnen, die am Beginn ihrer Basisbildungstätigkeit ter Schulpflicht) bzw. Personen an den Schnittstellen von oder Balken über den Augen in Fernsehbeiträgen). Das
leichtern. Diese Innovationen waren bislang nicht allen zu- stehen und erstmals Angebote in einer Region nachhaltig formalem Schulsystem und der Erwachsenenbildung de- Alfa-Telefon Österreich und die damit verbundene Website
gänglich. Im Rahmen von In.Bewegung wurden im Teilpro- verankern wollen. finiert. Unmittelbare Kund/innen des Netzwerks sind EB- bieten Kund/innen eine effiziente Schnittstelle zwischen
jekt 11 (Gesamtkoordination) innovative Zugänge in der Einrichtungen innerhalb und außerhalb des Netzwerks Angeboten, Informationen und der Nachfrage. Daher wer-
Basisbildung und Alphabetisierung in Österreich erhoben, Der vorliegende Beitrag beschreibt Zugänge und Wege, die (von GF bis zu den Trainer/innen), Fördergeber/innen und den diese zentralen Dienstleistungen von allen Einrich-
und über 30 Innovationen werden in diesem Artikel darge- sich in der Kommunikation mit PolitikerInnen/Entschei- Einrichtungen im formalen Bildungssystem. tungen des Netzwerks genutzt, unterstützt und beworben.
stellt. So vielfältig die österreichische Basisbildungsland- dungsträgerInnen über die Jahre hinweg als zielführend er- Umgekehrt vermittelt das Alfa-Telefon Österreich anbie-
schaft, so vielfältig die Innovationen. wiesen haben, und auch jene, die gut zu vernachlässigen Das Netzwerk sieht seine Mission darin, nützliche Unter- terneutral Kurse aller Anbieter, die über ein Qualitätsent-
sind. Langjährige Erfahrung im Aufbau von Basisbildungs- stützungsleistungen und Tools zu entwickeln und anzubie- wicklungssystem verfügen. Das Netzwerk bietet einen Nut-
Mangelnde Basisbildung wird immer wieder in Verbin- strukturen, die vielen Gespräche mit Organisationsbera- ten, die den Erwerb der Kulturtechniken Lesen, Schreiben, zen für die beteiligten Einrichtungen, indem Strukturen für
dung gebracht mit mangelnder politischer Partizipation. terInnen, Marketing- und BasisbildungsexpertInnen und Rechnen und den Einsatz der Informations- und Kommu- Vernetzung und Austausch auf allen Ebenen zur Verfügung
Der Erfahrungsbericht von Christine Spindler und Beate nicht zuletzt die Gespräche mit den Entscheidungsträger- nikationstechnologien für Erwachsene und die Arbeit der gestellt werden.
Wittmann mit dem Titel „Teilhabe durch Bildung. Politi- Innen selbst sind Grundlage dieses Beitrags. Ein Blick in
3 Eine Übersicht über die von In.Bewegung entwickelten Ergebnisse und Produkte befin-
sche Bildung in der Basisbildung – ein Erfahrungsbericht“ die Praxis der konkreten Aufbauarbeit beschreibt die Vor- det sich in dieser Publikation (Seiten 201 – 217). Otto Rath, Mai 2010
Seite 14 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 15
9. MENSCHEN
Peter Stoppacher
Monika Kastner Elke
Dergovics Alfred Berndl
Seite 16 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 17
10. MENSCHEN I Stoppacher I Der Stigmatisierung entkommen Der Stigmatisierung entkommen I Stoppacher I MENSCHEN
• würden sich nach einem harmlosen
zeuge notwendig. Auf dem Arbeitsmarkt haben sich die An-
Unfall „am liebsten verkriechen“,
forderungen an Qualifikationen und Kompetenzen massiv
weil Sie das Aufnahmeformular im
Spital nicht ausfüllen können erhöht. Gewisse Grundfähigkeiten werden einfach voraus-
gesetzt, auch wenn sie in der täglichen Arbeitsroutine nicht
• fürchten den Tag, an dem Ihr „Enkerl“ Sie gebraucht werden sollten. Selbst in der Landwirtschaft hat
bitten wird: „Oma, kannst du mir das mittlerweile die Digitalisierung massiv Einzug gehalten.
vorlesen“, und Sie ablehnen müssen Inzwischen wird ein Großteil der Landwirtschaften nicht
• bewegen sich mit Ihrem Fahrzeug nur innerhalb mehr im Haupt-, sondern im Nebenerwerb bewirtschaftet,
der Grenzen Ihrer „kleinen Welt“, in der Sie für jede zusätzliche Tätigkeit, für Förderanträge, neue Her-
nicht auf die Entzifferung von Wegweisern stellungs- und Vertriebswege werden zumindest Basisbil-
und Ortsnamen angewiesen sind dungskompetenzen benötigt.
In all diesen Situationen laufen Sie Gefahr, Ihre „Komfort- Verschiedene empirische Befunde und unmittelbare Kon-
zone“, also jenes Terrain, in dem Sie sich einigermaßen si- frontationen mit der Problematik in Betrieben, Behörden,
cher bewegen können, zu verlassen. Aber gibt es diese Institutionen, arbeitsmarktpolitischen Einrichtungen etc.
Komfortzone für Sie eigentlich wirklich? Sind Sie nicht machen zunehmend klar, dass die Zahl derjenigen, die
ständig gefährdet, im Alltag, in der Arbeit, im Familienkreis, nicht ausreichend für Erfordernisse des aktuellen Arbeits-
beim Arzt, im Amt, im Kaufhaus oder beim Ausflug mit Ih- marktes und der gesellschaftlichen Teilhabe „gerüstet“ sind,
Peter Stoppacher ren Freunden, sich eine Blöße zu geben und wieder ein- trotz der bestehenden neunjährigen Schulpflicht beträcht-
Ko-Geschäftsführer von IFA mal bestätigt zu bekommen, dass Sie für vieles, wie so oft lich ist. Annähernd zwischen 10% bis 20% der erwachse-
stoppacher@ifa-steiermark.at in der Schule oder von den Eltern gehört, „eh zu blöd“ sind? nen Bevölkerung beherrschen Kulturtechniken wie Lesen
Vielleicht haben Sie auch deswegen von gezielter Weiter- und Schreiben nicht im erforderlichen Ausmaß2. Sie sind
bildung abgesehen, wozu auch, haben Sie noch immer mit oben skizzierten „Grenzerfahrungen“, mit vielfältigen
im Ohr: „Du schaffst das nicht und wirst das sowieso nicht Hürden im Alltag, auf dem Arbeitsmarkt, mit beschränk-
brauchen.“ Wenn irgendwie möglich, beginnen Sie sich ab- ten Möglichkeiten, sich „die Welt anzueignen“ und sich in
zukapseln, aus „panischer Angst“, dass Ihr Versteckspiel ihr auch den eigenen Ansprüchen gemäß adäquat bewe-
auffliegen könnte. Sie ziehen sich aus der Gesellschaft zu- gen zu können, konfrontiert. Zur Risikogruppe gehören vor
rück, um kritische Momente möglichst zu vermeiden, Ihrer allem Personen, die höchstens über einen Pflichtschulab-
Der Stigmatisierung entkommen
Meinung nach können Sie ohnehin mit den meisten ande- schluss verfügen und daher oft nur in diversen Hilfstätig-
ren nicht mithalten. Und während andere sich vom Durch- keiten und prekären Berufsfeldern unterkommen. Einmal
schnitt abheben und etwas Besonderes sein wollen, ist es erworbene Basisbildungskompetenzen gehen häufig auch
Lesen, schreiben, rechnen wie andere auch Ihr dringlichster Wunsch, auch „zur Masse zu gehören“, Le-
sen und Schreiben zu können, Grundrechnungsarten, viel-
wieder verloren, zum einen, weil Geringqualifizierte kaum
an betrieblicher Weiterbildung partizipieren, zum andern,
leicht auch eine Fremdsprache zu beherrschen, mitreden weil sie diese Fähigkeiten im Berufsleben nur selten oder
zu können, einfach einen selbstverständlichen allgemei- gar nicht brauchen.
Dieser Beitrag basiert vor allem auf qualitativen Inter- „alles auswendig zu lernen“, und das Lernen steht nen Standard zu erreichen und „jemand zu werden, der in
„wie ein unüberwindbares Gebirge“ vor Ihnen
views mit BasisbildungsteilnehmerInnen, die im Rahmen der Gesellschaft etwas wert ist“. Wenn Basisbildungsprobleme auch in unterschiedlichen
der begleitenden Evaluierung von In.Bewegung durchge- • müssen Ihrem Chef, der Sie als verlässliche gesellschaftlichen Schichten auftreten können, so zeigen
und sorgfältige Arbeitskraft schätzt und
führt wurden. Er beschäftigt sich mit den steigenden An- Basisbildungsanforderungen vielerlei Befunde, dass Bildungsferne und Bildungsarmut
deswegen zur Vorarbeiterin befördern will,
forderungen an das Individuum, mit den Größenordnun-
mitteilen, „lieber einfache Arbeiterin ohne
und Risikofaktoren nach wie vor vererbt werden. Die Ausbildung der Eltern,
gen und den Folgen mangelnder Basisbildung, die meist allzu viel Verantwortung bleiben“ zu wollen, vor In einer schrift- und wissensbasierten Gesellschaft bil- der sozialökonomische Hintergrund, der Wert, der Bildung
schon in der Schulkarriere angelegt ist. Unter den Folgen allem, weil Sie Angst haben, neue (schriftliche) den grundlegende Kulturtechniken1 wie Lesen, Schreiben, im Elternhaus beigemessen wird, sowie die ökonomische
wirkt die Stigmatisierungserfahrung am nachhaltigsten Anforderungen nicht bewältigen zu können Rechnen ein unerlässliches Werkzeug, um „mithalten“ zu Leistbarkeit von Bildung prägen in einer ersten Phase das
weiter, diese beeinflusst etwa auch die Lernbilder der er- • haben Ihrem Arbeitskollegen wieder einmal können. Im Alltagsleben werden Schreib- und Lesekennt- Bildungsverhalten. In späteren Lebensphasen verhindern
wachsenen LernerInnen. Am Ende des Beitrags werden das Falsche aus dem Lager gebracht, weil nisse beim Lesen von Beipackzetteln von Medikamenten, negative Schul- und Lernerfahrungen, damit verbundene
Fallbeispiele geschildert, die Lebenswelten und Lebenser- Sie nur mit Mühe die Bezeichnungen Fahrplänen oder Bedienungsanleitungen für Haushaltsge- Ängste und Blockaden oder ein nicht unmittelbar ersicht-
fahrungen von Erwachsenen mit mangelnder Basisbildung erahnten und reden sich wieder darauf räte, für die Benützung digitalisierter Maschinen und Ge- licher Nutzen von Bildung für das eigene Leben weitere
verdeutlichen. aus, schlecht verstanden zu haben räte ebenso benötigt wie für das Ausfüllen von Formularen, Lernschritte. Entscheidend für Bildungsprozesse ist kurz
• haben vom möglichen Arbeitgeber in einer für unterschiedliche Bankgeschäfte, Urlaubsbuchungen zusammengefasst, unter welchen historischen und so-
Stellen Sie sich vor, Sie hören beinahe täglich von der Wis- Textilfabrik, nachdem er Ihr Abschlusszeugnis oder Bestellungen im Versandhandel oder im Gasthaus. zialen Umständen jemand geboren, aufgewachsen, zur
sensgesellschaft, von der Notwendigkeit des lebenslangen der Hauptschule, 2. Klassenzug, kurz Ohne diese Kenntnisse ist auch die Unterstützung der ei- Schule gegangen ist und welche Berufskarrieren einge-
Lernens, von „Karriere mit Lehre“ sowie von der Gefahr, überflogen hat, zu hören bekommen: „Da genen Kinder im Kindergarten und in der Schule kaum schlagen werden konnten. Die gesellschaftliche Benachtei-
haben wir aber eine ganz Gescheite“
„hinten zu bleiben“, wenn Sie nicht ständig dazulernen. möglich. Für ehemals einfache Hilfsarbeitsplätze wie bei- ligung von Bildungsfernen und Geringqualifizierten zeigt
Oder Sie haben den alten Spruch im Gedächtnis: „Was • verärgern Ihren AMS-Betreuer, weil Sie die spielsweise im Lager, in der Produktion oder im Gemein- sich daran, dass sie auf dem Arbeitsmarkt die geringste Er-
Anreise zum Kursort nicht geschafft haben, es
Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“ Und Sie dedienst sind nun logistische Kenntnisse oder Know-how werbsquote und das höchste Arbeitslosigkeitsrisiko haben
auf dem Bahnhof nicht gewagt haben, nach
• erinnern sich beim beruflichen Wiedereinstieg für die Bedienung verschiedenster Maschinen und Fahr- und am meisten von Armut gefährdet sind.
dem richtigen Zug zu fragen, selbstverständlich
und der notwendigen Neuorientierung mit Ihr Manko auch Ihrem Betreuer nicht mitteilen 1 Zu einer ausreichenden Basisbildung werden heute zumeist auch EDV-Wissen, Fähig- 2 Vgl. dazu eine exemplarische Zielgruppenanalyse in: Silvia Paierl, Peter Stoppacher (IFA
keiten der raschen Informationsbeschaffung und -verarbeitung, Lernbereitschaft und Steiermark), Peter Webhofer, Alfred Berndl (Isop): Zielgruppen, Bedarfe und regionale
Schrecken an Ihre Schul- und Lehrzeit, an die konnten und er Ihnen daraufhin wegen Lernfähigkeit mit Betonung des selbstständigen Lernens sowie Kommunikationskompe- Ansätze. Eine Untersuchung im Rahmen des Kooperationsprojekts „Basisbildung Obe-
Mühe und den Einsatz in vielen Nächten, um Verweigerung das Arbeitslosengeld gesperrt hat tenzen gezählt. res Murtal“. Graz: IFA 2009.
Seite 18 Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Zwischenbilanz. Die Basisbildung in Österreich in Theorie und Praxis. Seite 19