Kann ich als Verkäufer vom Namen und der Reichweite Amazons profitieren? Oder ziehe ich mir einen Konkurrenten heran, der mich früher oder später überflügelt? Nutzt ein Konkurrent das Geschäftspotential via Amazon und ist er damit im Vorteil? Diese strategischen Fragen lassen sich nicht generell beantworten. Vielmehr gilt es, die Faktoren im Einzelfall abzuwägen und dann zu entscheiden.
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Chancen und Risiken des Verkaufs via Amazon
1. Chancen und Risiken des Verkaufs
Olaf Grüger
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E-Commerce // Chancen und Risiken des Verkaufs via Amazon
K -
lassen sich nicht generell beantworten. Vielmehr gilt es, die Faktoren im Einzelfall abzuwägen
und dann zu entscheiden.
Es ist ein Unterschied, ob Versandhändler, Multi-
Channel-Anbieter, Händler mit Ladengeschäft
oder Hersteller sich diese Fragen stellen. Auf
welche Kernkompetenz(en) oder Bereiche der
Wertschöpfungskette fokussiert man sich? Ent-
scheidend sind zudem die Produkte an sich: von
Büchern über Bekleidung, Schuhe, Möbel, Haus-
haltswaren zu Automobilzubehör. Jede Produkt-
kategorie hat unterschiedliche Potenziale, aber
auch Risiken und Konkurrenten. Der Zustand der
Produkte (neu/gebraucht/B-Ware/Sammlerstücke)
eröffnet oder limitiert die Erfolgsaussichten: neue
Zahnbürsten oder gebrauchte Bücher sind ok, aber
anders herum? Zudem müssen die entstehenden
Kosten ins richtige Verhältnis zum Nutzen gestellt
und ggf. mit anderen Vertriebskanälen verglichen
werden.
Verkäufer können Amazon zudem auch als Test-
umgebung für die eigene internationale Expansion,
Preisgestaltung und zur Gewinnung von Markt-
forschungsdaten nutzen. Chancen und Risiken des
Verkaufs von physischen Produkten via Amazon
hängen somit von einigen Faktoren ab, die im
Folgenden diskutiert werden.
über Produkte – und auch zum
Kaufen
User nutzen Amazon, um sich über Sortimente,
Produkte und Preise zu informieren – und um zu
kaufen. Insbesondere der Informationsaspekt ist
nicht zu unterschätzen, da in Deutschland ca.
70% aller User online Informationen suchen,
bevor sie die Waren kaufen (BITKOM März 2012).
Forrester Research berichtet, dass 30% der
Konsumenten bei Amazon mit der Produkt-
recherche beginnen und nur 13% bei Google.
2. Zwei Jahre zuvor starteten noch 18% bei Amazon
und 24% bei Google. Insbesondere Hersteller sollten
diesen Punkt bei Ihren Entscheidungen berücksich-
tigen. Amazon ist somit gleichzeitig ein Portal für die
Produktsuche wie für den Preisvergleich.
Natürlich wird auf Amazon aber auch gekauft.
Jedes dritte bestellte Produkt wird mittlerweile von
Verkäufern auf Amazon verkauft – und nicht von
Amazon selbst. Dieser Bereich wuchs alleine im
Verkäufer kann sich Absatzpotentiale für seine
Produkte erschließen.
Je mehr der Verkäufer aber über Amazon absetzt,
desto größer ist seine Abhängigkeit von diesem
Vertriebskanal. Händler monieren regelmäßig, dass
Amazon gut laufende Produkte irgendwann selber
vertreibt.
-
Mit über 173 Millionen aktiven Kunden hat Amazon
weltweit einen sehr breiten Zugang zu online
kaufenden Kunden. Amazon ist eine der bekann-
testen Marken. User vertrauen der Marke und als
Verkäufer kann man davon profitieren. Amazon hat
Standards bezüglich Lieferzeiten, Kundenservice
etc. gesetzt. Der User honoriert das nicht zuletzt
durch vergleichsweise geringe Retourenquoten.
Inzwischen erwartet der User diese Services von
anderen Verkäufern, sowohl auf Amazon als auch
generell im Netz. Der Verkäufer auf Amazon muss
diese Erwartungshaltung des Kunden erfüllen, oder
er kann sich nicht etablieren. Der Amazon Kunde
gibt sich nicht mit weniger zufrieden, er ist verwöhnt
und will es auch bleiben.
Die Grundsatzfragen
Ist Amazon für den Verkäufer nun eine Chance, oder
zieht man sich einen Konkurrenten heran, der den
Verkäufer früher oder später überflügelt? Führt das
Anbieten der Ware nur dazu, Amazon für den User
noch attraktiver zu machen? Erschließt sich Amazon
dadurch gegebenenfalls neue Kategorien und der
Verkäufer bleibt dann irgendwann auf der Strecke?
Andererseits könnte ein Konkurrent das Geschäfts-
potential via Amazon nutzen.
Auch diese Grundsatzfrage lässt sich nicht generell
beantworten. Der Buchmarkt beispielsweise hat sich
in den letzten Jahren dramatisch hin zu einem
Onlinemarkt entwickelt. Bei den anderen physischen
Medien (CDs, DVDs, Games, etc.) ist ein ähnlicher
Umwälzungsprozess im Gang. Etablierte Versand-
händler in diesen Kategorien haben nicht so stark
wie Amazon von dieser Entwicklung profitiert. Paral-
lel dazu sind aber auch neue Geschäftsmodelle wie
Re-Commerce entstanden und ehemalige Laden-
geschäfte erzielen jetzt nennenswerte Umsätze via
Amazon.
Multi-Channel-Händler wie Baby-Walz (Babyaus-
stattung) oder SportScheck (Sportartikel) bis hin zu
PurePlayern wie s (Haustierbedarf) sehen
dagegen wohl mehr Chancen als Risiken, da sie
alle via Amazon verkaufen. Wobei alle genannten
Verkäufer den Hauptteil ihrer Umsätze in anderen
Kanälen generieren. Es ist davon auszugehen, dass
sie Amazon eher als Test- und Lernfeld betrachten.
Bei den bekannten Versandhändlern aus der um-
satzstarken Modekategorie scheint der strategi-
sche Fokus derzeit eher auf der Etablierung eigener
Marktplätze zu liegen, als den Marktmitbewerber
durch ein Angebot „zu stärken“. Ein ähnliches Bild
der Zurückhaltung zeigt sich bei den großen Elek-
tronikversendern.
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3. E-Commerce // Chancen und Risiken des Verkaufs via Amazon
In den Kategorien Möbel und Schmuck bleibt die
Entwicklung spannend. Aktuell gibt es noch keinen
dominierenden Anbieter oder Marktplatz. Ob
Amazon auch diese Kategorien für sich und die
Verkäufer erschließen kann, hängt auch davon ab,
inwieweit der User nicht nur Zielkäufe tätigt, sondern
sich auch von der Angebotspräsentation inspirieren
lässt.
Vertriebskanal oder Gewinnung
Die Zahlungsabwicklung mit dem Käufer findet via
Amazon Payments statt, das heißt, der Marketplace
Verkäufer erhält zwar die für den Versand benötigten
Informationen (Name, Lieferadresse, E-Mail, etc.)
aber keine Zahlungsdaten vom Käufer. Das Ausfall-
risiko für Zahlungen übernimmt Amazon (A-bis-Z-
Garantie). Es ist wichtig zu beachten, dass der User
ein Amazon-Kunde bleibt, der laut AGB weder online
per E-Mail, noch per Print, z. B. mittels Katalog, vom
Verkäufer beworben werden darf. Amazon ist somit
nicht der Weg zur Gewinnung von Neukunden,
sondern ein Vertriebskanal.
Kosten fürs Set-Up und den laufen-
den Betrieb vergleichen!
Die Gebührenstruktur von Amazon teilt sich für pro-
fessionelle Verkäufer auf in eine monatliche Grund-
gebühr (Power-Anbieter-Abo), in Verkaufsgebühren
(zwischen 7% und 15% vom Verkaufspreis, abhän-
gig von der Kategorie) und in eine „variable Ab-
schlussgebühr“. Letztere ist die Differenz zwischen
Versandkosten für den Käufer und der dem Ver-
käufer zur Verfügung gestellten Versandkosten-
pauschale. Sie unterscheidet sich nach Produkt-
kategorie, Versandart und Land, in das geliefert wird.
Potentielle Verkäufer sollten sich in diese Gebühren-
struktur im Detail einarbeiten, um die entstehenden
Kosten für sich kalkulieren zu können. Um die Wirt-
schaftlichkeit des Verkaufens via Amazon im vollem
Umfang zu kalkulieren, müssen zusätzliche Kosten
für Software, Kundenservice, Logistik, Prozesse,
Organisation, etc. fürs Set-Up und den laufenden
Betrieb ermittelt werden. Im Vergleich zu anderen
Vertriebskanälen gilt es zudem zu berücksichtigen,
welche Kosten-blöcke nicht entstehen (Zahlungsaus-
fall, Online Marketing Ausgaben, etc.). Der Umfang
der Kosten hängt davon ab, ob der Verkäufer schon
auf existierende Strukturen und Prozesse aufsetzen
kann oder diese erst noch schaffen muss.
4. Feedback Ratings – geschätzt oder
Zirka jeder fünfte bis siebte Käufer bewertet seinen
Verkäufer auf einer Skala von 5 Sternen hinsicht-
lich der Leistung in der Verkaufsabwicklung. Diese
Feedback Ratings werden neben dem Namen des
Verkäufers angezeigt und sind somit für alle einseh-
bar. Dieser Transparenz muss sich der Verkäufer
bewusst sein und damit (intern und extern) umgehen
können. Dieser scheinbar triviale Punkt kann nicht
nur bei großen und bekannten Unternehmen ein
Knackpunkt sein.
Feedback Ratings sind mit entscheidend für die
Erfolgschancen beim Verkaufen auf Amazon. Ins-
besondere bei neuen Verkäufern schlägt eine
schlechte Bewertung schnell auf den Gesamt-
wert durch. User erwarten von den Verkäufern ein
vergleichbar „perfektes“ Einkaufserlebnis wie von
Amazon selbst. Schlechter Kundenservice, lange
Antwortzeiten, verspätete oder falsche Lieferungen
werden vom Kunden rigoros benannt. Aktuell wird
von den Verkäufern die Empfehlung von Amazon
diskutiert, 90% der Kundenanfragen innerhalb von
24h zu beantworten (auch am Wochenende), um ein
negatives Kundenfeedback zu vermeiden.
Feedback Ratings sind somit Anreiz und eine gute
Kennzahl für die Beurteilung der eigenen Leistungs-
fähigkeit als Verkäufer und eignen sich übrigens aber
auch zur Konkurrenzbeobachtung.
Prozesse und den Warenbestand
Neben dem Feedback Rating gibt Amazon noch
Leistungsziele für Verkäufer vor, die bei dauerhaftem
Nichterreichen zum Ausschluss vom Verkaufen
führen kann. Diese Mindestanforderungen sind:
Rate fehlerhafter Bestellungen: < 1%
Stornorate vor Erfüllung: < 2.5%
Rate verspäteter Lieferungen: < 5%
Für diese definierten Leistungsziele müssen Ver-
käufer sich Lösungen überlegen. Ein wichtiger Punkt
ist dabei die Verwaltung des Lagerbestands. Klingt
einfach, stellt sich in der Praxis aber dann doch als
schwieriger als vermutet dar. Insbesondere wenn
man neben Amazon noch auf anderen Marktplätzen
oder im eigenen Webshop. Um Doppelverkäufe zu
vermeiden, sollte der Warenbestand quasi „near-
realtime“ an den Verkaufspunkten aktualisiert
werden. Diese technische Voraussetzung sollte
jeder Verkäufer sicherstellen, entsprechende Soft-
warepakete oder -erweiterungen sind erhältlich.
Besondere Herausforderungen ergeben sich für
Händler, die parallel auch Offline verkaufen, da der
Warenbestand im Ladengeschäft nicht nur richtig
erfasst, wiederauffindbar sein und auch aktuell
gehalten werden muss (Abverkauf und Schwund).
Alternativ bieten manche Verkäufer nur Produkte an,
die einen Warenbestand von zwei oder mehr haben.
Zudem ist es möglich, als letzte Alternative, be-
stimmte Waren temporär zu blocken.
Alle Informationen zu Stornoraten, verspäteten
Lieferzeiten, falschen Lieferungen sind im Ver-
käuferkonto transparent und werden von Amazon
beim Erreichen von gewissen Schwellenwerten
geahndet. Der Verkäufer muss von Anfang an alle
seine kundenwirksamen Prozesse beherrschen.
Dass stellt selbst manchen etablierten Versand-
händler vor große Herausforderungen.
Ein Grundprinzip von Amazon ist es, dass es ein
Produkt nur einmal im Produktkatalog gibt und alle
Verkäufer für dieses Produkt auf dieser einen Seite
(Detail Page) zu finden sind. Für den Endkonsumen-
ten ist es somit sehr transparent, welche Verkäufer
zu welchem Preis und in welchem Zustand dieses
Produkt anbieten. Amazon verlangt Preisparität vom
Verkäufer, das heißt, der Verkäufer darf seine Waren
und Versandkosten auf Amazon zeitgleich nicht zu
einem anderen (höheren) Preis als im eigenen Web-
shop anbieten. Routinierte Verkäufer erhöhen auch
die Preise im eigenen Webshop, wenn sie Potentiale
bei Amazon sehen. Dieser Ansatz lässt sich aller-
dings nur schwer umsetzen, wenn vom Verkäufer
noch weitere Kanäle (Print, Stationär) bedient
werden.
Immer günstigere Preise sind integraler Bestandteil
des Geschäftsmodells von Amazon. Aber die
Produktpreise sind sehr dynamisch, das heißt,
sowohl Amazon als auch einige Verkäufer ändern
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Tipp: Google hilft dem Verkäufer seine
Marktmitbewerber zu finden. Einfach den
Befehl „site: www.amazon.de „verkäufer:
[Name]““ in den Suchschlitz eingeben, dann
wird amazon.de durchsucht.
5. ihre Preise regelmäßig. Mit Hilfe entsprechender
Softwarepakete (Repricer) können diese Veränderun-
gen transparent gemacht werden. Jedem Verkäufer
empfiehlt es sich aber, das Regelwerk genau zu
definieren, bevor die Software eingesetzt wird. Diese
Preis-Transparenz kann nämlich auch zu ruinösen
Preiskämpfen bei Topsellern führen, im Longtail
lassen sich dagegen interessante Margen verwirk-
lichen. Gut eingesetzt lassen sich zudem wertvolle
Daten für die eigene Marktforschung und über die
Konkurrenz gewinnen. Bei entsprechenden Absatz-
mengen kann der Verkäufer auch Erkenntnisse zu
Preiselastizitäten, Preisen in unterschiedlichen
Ländern und Wirkungen von VF-Hebeln gewinnen.
Einfach anbieten oder erst
In „etablierten“ Kategorien (Bücher, CDs, DVDs,
Elektronik, etc.) stellt Amazon quasi den kompletten
Produktkatalog kostenlos zur Verfügung. Die Ver-
käufer müssen somit keine Bilder, Texte und Be-
schreibungen liefern, was das Listen eines An-
gebotes erheblich vereinfacht.
Darüber hinaus gibt es unter bestimmten Voraus-
setzungen die Möglichkeit, dass Verkäufer –
gerade in neuen Kategorien- den Produktkatalog von
Amazon erweitern. Dazu stellt Amazon eine Vielzahl
von Hinweisen und Optimierungsvorschlägen (u. a.
search-terms) zur Erstellung von Katalogeinträgen
zur Verfügung, die die Auffindbarkeit der Produkte
auf Amazon und in den Werbekanälen sicherstellen.
Aus Sicht des Verkäufers kann das Verkaufen via
Amazon positive Effekte im Online Marketing haben,
wie zum Beispiel doppelte Listungen in Preis-Such-
maschinen (Angebot des Verkäufers via Amazon und
eigenes Angebot). Im Bereich SEO kann auch der
nicht erwünschte Effekt eintreten, dass nämlich das
bei Amazon gelistete Produkt höher rankt als das im
eigenen Webshop und somit den Traffic auf Amazon
statt auf den eigenen Webshop leitet.
Aus Sicht eines Herstellers könnte die Bereitstellung
von Bildern, Texten, etc. durchaus lohnend sein,
um sein Produkt professionell zu präsentieren und
um sich von Konkurrenzprodukten abzuheben. Für
On- und Offline Kanäle wird viel Zeit und Geld für
entsprechende Produktpräsentation investiert, die
Darstellung auf Amazon ist aber nicht immer ent-
sprechend.
Aber: Die Nutzungsrechte an allen Bildern,
Texten und Daten der Verkäufer sichert sich
Amazon allerdings per AGB und bezahlt dafür nichts.
Zudem werden diese Informationen dann wiederum
allen Verkäufern zur Verfügung gestellt. Kritiker be-
mängeln, dass sich Amazon auf diese Weise einen
kostenlosen Produktkatalog von „Dritten“ erstellen
lässt.
Verkäufer können via Amazon in unterschiedlichen
Ländern und Kategorien verkaufen. Primär sind für
deutsche Verkäufer der deutschsprachige Raum
und auch das europäische Ausland interessant.
Letzteres erleichtert Amazon seit Mitte 2011 auch
durch das Europäische Verkäuferkonto. Durch die-
ses Kontoermöglicht Amazon den Verkäufern, die
Produktangebote und -bestände für alle Markt-
plätze in Deutschland, Frankreich, Großbritannien,
Italien und Spanien in einem Konto zu verwalten. Als
Verkäufer kann man vergleichsweise einfach auch
Jeff Besos beschreibt es so: “There are two kinds of companies: those
that try to charge more and those that work to charge less. We will be
the second.”
Kategorie
Bücher (deutsch, englisch) 33.000
CD, DVD, Blue-Ray, Games 5.300
Computer & Software 4.800
Elektronik & Photo 4.540
Küche & Haushalt 7.900
Baumarkt & Garten & Tier 1.180
Auto & Motorrad 2.570
Lebensmittel & Drogerie 708
Kleidung & Schuhe & Uhren 1.929
Sport & Freizeit 1.800
Gesamtsumme 65.420
Katalogeinträge
in Tsd.
Ungefähre Anzahl von KATALOG-Einträgen pro Kategorie bei Amazon.de
(nicht überschneidungsfrei). Herkunft: eigene Recherche März 2012
Tipp: Verkäufer sollten diese Daten auch
für sich im eigenen Webshop und für die
Optimierung der Datenfeeds für Preis-Such-
maschinen,
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6. Wissen, wie’s geht.
» facebook.com/GalileoPressVerlag
» twitter.com/Galileo_Press
» gplus.to/GalileoPress
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7. in neue Märkte expandieren. Nachteilig ist allerdings,
dass sich auch die Konkurrenzsituation im Heimat-
markt verschärft, da auch internationale Verkäufer
auf den Markt drängen.
Grundsätzlich können Verkäufer auch global ihre
Produkte anbieten, vorausgesetzt die Kategorien
sind vorhanden und die Produkte können gelistet
werden. Aber der Verkäufer muss in diesem Fall ei-
nen entsprechenden fremdsprachlichen Kundenser-
vice einrichten, seine Logistik darauf ausrichten und
gegebenenfalls Artikeltexte übersetzen. Ein Verkäufer
könnte auf diesem Weg neue Länder testen und für
sich erschließen, ohne Kosten fürs Set-Up für den
eigenen Webshop (inklusive Zahlungsabwicklung)
und fürs Online Marketing zu verursachen. Auch das
Testen von Produkten oder (Teil-)Sortimenten sowie
Preise und VF-Hebel (zum Beispiel versandkosten-
freie Lieferung) sind denkbar, letztere nicht nur in
Auslandsmärkten.
Grundsätzlich kann ein Verkäufer auch den kom-
pletten Versand- und Retourenprozess an Amazon
auslagern (Versand durch Amazon, ehemals FBA
– Fulfillment by Amazon). Dabei ist es egal, ob das
Produkt über Amazon oder andere Kanäle verkauft
werden soll. Nicht nur für Verkäufer ohne oder wenig
B2C-Erfahrung ist das sicherlich eine Option, auch
wenn Amazon der Hauptabsatzkanal für den Ver-
käufer oder für ein Produkt ist. Weiterhin eröffnen
sich für ihn Chancen durch den internationalen
Versand.
Aber: Der Verkäufer muss allerdings neben der
Kosten-Nutzenanalyse auch die strategische Frage
für sich beantworten, inwieweit er auf seine eigene
Logistik vollständig oder teilweise verzichten und
Produkte für den „Versand durch Amazon“ blocken
will.
Der „Versand durch Amazon“ ist von besonderer
vertrieblicher Bedeutung. Für den Käufer fallen
keine zusätzlichen Versandkosten an und für Prime-
Kunden gilt der kostenlose Standardversand. Zudem
werden die Produkte bevorzugt beim „Einkaufs-
wagen-Feld“ berücksichtigt, wenn der Amazon-
Versand nicht sogar zwingende Voraussetzung dafür
ist (gilt derzeit für Neuware aus Musik und DVD).
-
modell – oder die Frage: Wer bin
Als potentieller Verkäufer sollte man das eigene
Geschäftsmodell (B2C, B2B), seine Kernkompeten-
zen, Art und Zustand der angebotenen Waren (neu/
gebraucht, etc.), das Produktportfolio an sich und
seine Strategie mit dem Amazon-Modell abgleichen
und dann die Chancen und Risiken abwägen. Ein
paar Beispiele:
Als stationärer Buchhändler ohne Versand-
handelserfahrung sind die Erfolgschancen auf
Amazon sicherlich limitiert, da der Verkauf von
Neuware zu festen Preisen (Buchpreisbindung)
nicht konkurrenzfähig ist. Handelt es sich bei den
Waren allerdings um Mängelexemplare oder ge-
brauchte Bücher stehen die Erfolgschancen
wesentlich besser. Aber auch Amazon selbst ist
sowohl mit den eigene „Warehouse Deals“ als
auch mit dem Trade-In Programm (Ankauf von
Waren) in diesem Segment vertreten.
Übersicht über Länder und Kategorien. Mittlerweile wurde Amazon.es
(Spanien) gestartet.
Herkunft: n –
E-Commerce // Chancen und Risiken des Verkaufs via Amazon
Warehouse Deals bietet aus einer Vielzahl von Kategorien überzählige
Lagerbestände, Rücksendungen und leicht beschädigte Ware zu
reduzierten Preisen via Marketplace an.
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8. Als Ladengeschäft mit Second-Hand Produkten
(Musik, DVDs, Games, Elektronik, etc.) beinhaltet
die Warengruppe durchaus Chancen. Die ge-
nannten Kategorien sind als Gebrauchtware vom
User akzeptiert und die Katalogeinträge bei
Amazon vorhanden. Offen bleibt aber die Frage
nach der Versandhandelskompetenz des Ver-
käufers und der parallelen Verwaltung des Waren-
bestandes im Ladengeschäft und im Netz. Diese
Verkäufer müssen entscheiden, welche Bedeu-
tung sie dem Kanal beimessen wollen: Soll nur
der Abverkauf von einigen wenigen Resistenten
und Lagerüberhängen erfolgen, die im Laden-
geschäft keiner mehr kauft, oder soll ein gleich
wertiger Vertriebsweg aufgebaut werden?
Anbieter aus dem sogenannten Re-Commerce
(medimops/momox, rebuy, etc.) fokussieren sich
beim B2C-Gebrauchtwaren-Verkauf auf online.
Dies betrifft gebrauchte CDs, DVDs, Games, etc.
Während CDs sich auf Grund der geltenden
Standards via Amazon sehr gut auch international
verkaufen lassen, fallen bei DVDs Regionalcodes)
und Elektronik (Stecker) die Möglichkeiten gerin-
ger aus. Technologisch sind diese Unternehmen
sicherlich in der Lage, nicht nur den Verkauf der
Waren (insbesondere die flexible Preisgestaltung),
sondern auch den Ankauf der Waren effizient zu
steuern. Re-Commerce Konzepte fokussieren
sich derzeit auf den Medien- und Elektronikmarkt,
Chancen bestehen derzeit unter anderem in den
Bereichen Mode und Spielzeug. Aber auch
Amazon hat das Potential von Re-Commerce
erkannt und greift mit dem Trade-In-Programm in
diesem Markt ein.
Von großen Versandhändlern (insbesondere aus
dem Mode- und PC-/Elektronikmarkt) sind bei
Amazon nur wenige zu finden. Bei den Zalandos
und Ottos dieser Welt scheint der strategische
Fokus eher auf der Etablierung eigener Markt-
plätze in der umsatzträchtigen Modekategorie zu
liegen, als darauf, den Marktmitbewerber durch
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E-Commerce // Chancen und Risiken
Aktuell existiert Amazon.de Trade-In für
180.000 Bücher und Hörbücher. Das ist
eine Abdeckung von nicht einmal 2% der
gelisteten Bücher. Zudem steht der Service
für über 5.000 Games, Konsolen und Zube-
hörartikel offen (entspricht einer Abdeckung
von unter 5%). In den USA wurde der
Service bereits um Blu-Ray/DVDs und
Consumer Electronics (Handy, MP3-Player,
Kamera, Computer und Zubehör) erweitert.
9. ein Angebot „stark zu machen“. Ein ähnliches Bild
der Zurückhaltung zeigt sich bei den großen Elek-
tronikversendern. Weder Redcoon (Media-Saturn)
noch Cyberport, etc. sind vertreten. HTM da-
gegen bietet Waren unter seinen Marken
Getgoods und Home of Hardware an und ist
damit nach eigenem Bekunden erfolgreich.
Zudem haben vielleicht weniger bekannte Unter-
nehmen wie HandyNow und Okluge mit Zube-
hörteilen die bestehenden Potentiale sehr erfolg-
reich für sich erschlossen. Durch das Wegbleiben
der großen Anbieter ergeben sich Chancen für
andere: sowohl bei Neu- als auch bei Gebraucht
waren.
Für Markenhersteller und Großhändler stellt sich
die Frage, ob man B2B Partner für Amazon wird
oder Amazon als B2C Vertriebskanal nutzen will.
Die eigene Strategie legt fest, ob man sich dabei
in die direkte Konkurrenz zu seinen weiteren
Vertriebspartnern begibt und selbst als Verkäufer
auf Amazon im eigenen Namen auftritt oder
nicht. Die Strategie kann dabei für Neuware und
Retouren/Überhänge durchaus unterschiedliche
Entscheidungen festlegen. So sind mit Jokers
(Medien/Buch-Restevermarkter aus der Ver-
lagsgruppe Weltbild) und i (Buch-Grossist)
zwei B2C-Töchter von B2B-Unternehmen als
Verkäufer von Gebrauchtwaren auf Amazon.de
aktiv.
Daneben gibt es einige Verkäufer, die sich
nicht einem oder mehreren Produktsegmenten
zuordnen lassen, sondern primär Ihre Kompe-
tenz im Bereich der Warenbeschaffung und
-vermarktung haben. s fokussiert sich
beispielsweise auf Retourenware, Overstocks,
Posten- und C-Ware und bietet diese europaweit
erfolgreich via Amazon an.
Fazit zu den Chancen und Risiken
Als Verkäufer muss man die Chancen und Risiken
für sich abwägen und dann seine Entscheidung für
den Einzelfall treffen. Dabei müssen Versandhändler,
Multi-Channel-Anbieter, Händler mit Ladengeschäft
oder Hersteller unterschiedliche Faktoren gegenein-
ander abwägen. Neben der generellen Kosten-
Nutzen-Analyse sollte der Verkäufer prüfen, ob er
den Anforderungen (Preise, Warenverwaltung und
Services) von Amazon gewachsen ist. Chancen
bestehen in der Etablierung eines neuen Vertriebs-
kanals durch den Zugang zu 173 Millionen kaufen-
den Kunden. Das Marktpotential ist abhängig von
der Produktkategorie, dem Zustand der Produkte
und der Konkurrenzsituation. Für Neuware bestehen
derzeit vor allem Chancen im Longtail, in den
Spezialsegmenten und im Bereich Zubehör sowie in
den vergleichsweise jungen Kategorien wie Mode,
Möbel oder Tierbedarf. Aber es besteht immer das
Risiko, dass Amazon irgendwann diese Produk-
te auch selber anbietet. Amazon wird von einigen
Verkäufern auch nur als Test- und Lernfeld für die
eigene internationale Expansion, Preisgestaltung und
zur Gewinnung von Marktforschungsdaten genutzt.
Verkäufer von gebrauchter Ware /B-Ware sind bisher
sehr erfolgreich. Allerdings ist Amazon mit
seinem Trade-In-Programm und den Warehouse-
deals auch in diesem Segment vertreten. Es gilt also
den Einzelfall genau zu betrachten und damit die
strategischen Entscheidungen zu treffen.
E-Commerce // Chancen und Risiken des Verkaufs via Amazon
Olaf Grüger
Als Inhaber von Go
eCommerce entwickelt und
implementiert der Autor
Strategien für das erfolg-
reiche Verkaufen im Internet.
Das Spektrum reicht von
der Optimierung der Webshops, über die
Steuerung des Performance-Marketing-Mixes
bis hin zu Multi-Channel-Management, Markt-
platzstrategien sowie die Internationalisierung
von Webshops. In seiner Zeit bei Amazon.de
war er unter anderem am Launch von Market-
place in Deutschland beteiligt. Als Abteilungs-
leiter eCommerce verantwortete er zuletzt bei
Sportscheck (Otto-Group) auch den Vertriebs-
weg Amazon.
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go@goecommerce.de
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