Udo Becker hielt einen Vortrag über den Verkehr im Jahre 2025 in Dresden. Der Inhalt des Vortrages lässt sich aber generell auch auf andere Orte übertragen. Udo Becker ist der einzige Professor für Verkehrsökologie in Deutschland.
Verkehrsökologe Udo Becker über den Verkehr in Dresden im Jahre 2025
1. Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium
Welchen Verkehr wollen wir in Dresden 2025?
Hubschrauber für alle?
Wasserstoffautos oder Straßenbahnen?
Immer staufreies Autofahren?
Wie viele Brücken?
undsoweiterundsoweiter ...
wer: Prof. Dr.-Ing. Udo J. Becker, TU Dresden Verkehrsökologie
wann und wo: 23. September 2008, 19 Uhr, Haydnstr. 1, Dresden
Kontakt: becker@verkehrsoekologie.de, www.verkehrsoekologie.de TU DRESDEN
Lehrstuhl für
Verkehrsökologie
2. Zum Anfang: Was wünschen Sie sich für Ihr Leben?
Wählen Sie jetzt: Was wünschen Sie sich für Ihr Leben?
Eine Dosis: Fünfmal soviel: Ihre Wahl:
Arbeit: 1000 €/Monat 5000 € /Monat
Wohnen: 30 m2 Wohnung 150 m2 Wohnung
Auto: 50 PS (150 km/h) 250 PS (250 km/h)
Autos: 1 Auto 5 Autos
Frühstück: 2 Brötchen, 1 Ei 10 Brötchen, 5 Eier
Familie: 1 mal verheiratet 5 mal verheiratet
usw.
3. Technische Universität Dresden und Verkehrsökologie
Technische Universität Dresden - Volluniversität
früher HfV - heute Fakultät:
Verkehrswissenschaften „Friedrich List“
26 Professuren - ca. 2000 Studenten
Institut - Verkehrsplanung und Straßenverkehr
(Planung, Sicherheit, Psychologie, Ökologie)
Lehrstuhl - Verkehrsökologie, Team von ca. 12 Leuten
Wir beschäftigen uns - mit Umwelt und Verkehr
- und unterscheiden Mobilität und Verkehr
Verkehrsökologie
4. Lehrstuhl für Verkehrsökologie – einige Forschungsprojekte
- Internalisierung externer Kosten des Verkehrs, Landesamt für Umwelt und Geologie, bis 2006.
- Bildungsportal Sachsen, Ministerium für Wissenschaft und Kunst, bis 2005
- Handlungsempfehlungen für umweltfreundlichen, attraktiven, leistungsfähigen ÖPNV, UBA, 2005
- Dynamisiertes Emissionskataster, Landesamt für Umwelt und Geologie, 1994 -2004
- Umweltwirkungen einer Durchsetzung von Geschwindigkeitsbegrenzungen, UBA, 2004
- Energieprogramm Sachsen,Teilprojekt „Verkehr“, Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, 2003 - 2004
- Partikelemissionen und Emissionsfaktoren, Landesamt für Umwelt und Geologie, 2003 - 2004
- Lärmkataster Sachsen, Landesamt für Umwelt und Geologie, 2003 - 2004
- Promotion Of Results In Transport Research And Learning, PORTAL - Test Site, 2000 - 2003
- Ökobilanz für den Verkehrsverbund Oberelbe, VVO, 2001 - 2002.
- Emissionsabschätzung von Ausfallstraßen in Dresden – Vorher/Nachher, LH Dresden, 2001
- „TECH-Clinics“, Künftige Arbeitsfelder und Themen im Verkehr, Europäische Kommission, 2007-2009
- CO2-Emissionsprognose für den Verkehr Sachsens, Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft, 2000
- Auswertung von Luftschadstoffmessungen, Umweltamt der LH Dresden, 1999
Verkehrsökologie
5. Einführung
Welchen Verkehr wollen wir in Dresden 2025?
... dann sind Sie vielleicht Anfang/Mitte 30 ...
... hoffentlich geht es Ihnen dann richtig gut und alle Sorgen sind gelöst ...
Also, viele wünschen sich dann:
• Geld, viel Geld,
• noch mehr Geld
• Autos, größere und stärkere Autos
• Party, mehr Party, Riesen-Party
• Familie, Haus, Kinder: GLÜCK !!! ??? !!!
Na, ist doch klar: Mehr Geld und mehr Autos und mehr Party = mehr Glück.
6. ... Agenda I der Menschheit: „Mehr ist besser!“...
Mehr Vorräte sind besser. Mehr Geld ist besser. Mehr Wachstum.
Mehr Straßen, mehr Autos. Mehr Kilometer ... Mehr Glück. Mehr Raum (für mich)
Das bedeutet: wer sich nicht darum kümmert, dass er mehr kriegt, ist doof.
Dazu muss man schon mal die Ellenbogen einsetzen! Mehr ist immer besser!
7. ... und was wollen Sie im Verkehr?
Bitte:
Wenn ich Ihnen einen Porsche schenke, würden Sie ihn nehmen?
Und noch einen Mercedes dazu? Würden Sie den auch nehmen?
Bitte:
Wenn ich jedem Dresdner einen Porsche schenke, fänden Sie das gut?
Und noch einen Mercedes dazu? Fänden Sie das dann auch noch gut?
Ganz schnell:
Möchten Sie in Dresden leben, wenn jeder noch zwei Autos extra hat?
Warum nicht? Hat das Rückkopplungen für Sie?
8. Überall im Leben gibt es Rückkopplungen, Beispiel Verkehr
Autos stehen im Stau:
Unnötige Zeitverluste,
unnötiger Verbrauch,
Lärm, Frust ...
Verhaltensanpassungen: Die Straße wird ausgebaut:
Auch mancher, der eigentlich Immer mehr Endlich fließt alles wieder!
nicht will,muss jetzt weiter Verkehr ist wieder attraktiv,
fahren: Struktur der langen Fahrzeugkilometer und Menschen reagieren
Wege (Zersiedelung). ökonomisch sinnvoll.
für die selben Ziele
Die Raumstrukturen Neuer Autoverkehr:
ändern sich, Läden, Jobs Zusätzliche Fahrten, vor
etc. passen sich an. allem weitere Fahrten.
9. ... Agenda I der Menschheit: „Mehr ist besser!“...
Mehr Vorräte sind besser. Mehr Geld ist besser. Mehr Wachstum.
Mehr Straßen, mehr Autos. Mehr Kilometer ... Mehr Glück. Mehr Raum (für mich)
... alle ziehen nach, Raumnutzung verändert sich: Läden schließen, Zersiedelung.
Mehr Verkehr. Mehr Lärm, mehr Abgas, mehr Energie, mehr CO2, mehr Unfälle ...
Mehr Geld, mehr Zeit, mehr Stress, mehr Schäden, mehr Steuern: ist das besser?
Wie sagte ich vorhin: Immer mehr Fahrzeugkilometer für die selben Ziele !
12. Die Menschen finden das immer besser
1930 in Los Angeles, 1970 in Köln, 2000 in Dresden
Große Stadt
Stau
Dorf
13. Was sagen Ingenieure?
Die Analyse
Große Stadt
100 000 Fzg. Stau, Lärm, Abgas
Dorf
50 000 Fzg. normal
50 000 Fzg. normal
5 000 Fzg. normal
14. Also mehr ist immer besser
Die logische Planung
Große Stadt
Dorf
15. Und das erwarten die Planer
... Alle Planzahlen im grünen Bereich, los geht’s!
Große Stadt
45 000 Fzg. normal
55 000 Fzg. normal
Dorf
5 000 Fzg. normal
50 000 Fzg. normal 5 000 Fzg. normal
16. Das entsteht dann in Systemen („systematisch“)
Und das kommt drei Jahre nach Eröffnung raus:
Es wird häufiger und weiter gefahren
mit dem Auto auf die grüne Wiese Große Stadt
60 000 Fzg. Stau, Lärm, Abgas
Dorf
10 000 Fzg. Lärm, Abgas
17. Deutschland seit 1950 – Verkehrsleistung in Mrd. P*km
Personenverkehr - Verkehrsleistung (Quelle: Verkehr in Zahlen)
1200
1000
800
Verkehrsleistung [Mrd. Pkm]
600
400 Eisenbahnen
Öffentl. Straßenpersonenverkehr
Luftverkehr
Motorisierter Individualverkehr
Verkehr insgesamt
200
0
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
18. Deutschland seit 1950 – Endenergieverbrauch
Endenergieverbrauch im Verkehr (Quelle: Verkehr in Zahlen)
70000
60000
50000
Schienenverkehr (DK)
Binnenschifffahrt (DK)
Luftfahrt (FK)
Mio. kg pro Jahr
40000
Straßenverkehr (VK)
Straßenverkehr (DK)
Straßenverkehr gesamt
30000 Verkehr gesamt (ohne Elektro)
20000
10000
0
1950 1955 1960 1965 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000
19. Alle schimpfen: Das wollten wir nicht ...
Erst jetzt werden Umwelteffekte richtig klar:
Lärm, Abgase, Fläche, CO2, Trennwirkung, usw.
Große Stadt
Dorf
Stau
20. ... und jetzt?
Wie geht das jetzt weiter? 2025 sind Sie Anfang/Mitte Dreißig:
... mehr Autos, mehr Verkehr, mehr Ortsumfahrungen und Autobahnen
... mehr Energie, mehr Geld: ich wette, 2025 kostet ein Liter Kraftstoff 7,50 €
... mehr Abgas, mehr Lärm, schlechte Gesundheit
... höhere Krankenkassenbeiträge (Gesundheit), mehr Steuern (Straßenunterhalt)
... Zersiedelung: Viel Verkehr für wenig Mobilität!
22. Privatisierung und Externalisierung
A. Vorteile meines Handelns für mich allein sichern: Privatisieren
B. Nachteile meines Handelns auf andere verlagern: Externalisieren
B 1. Auf andere Menschen/Gesellschaften: Lärm, Abgase, Steuern
B 2. Auf andere Räume: Ausfallstraße, NOx, O3,
Bohrinsel, Schreddermüll
B 3. Auf andere Zeiten: CO2, O3, Schreddermüll, Pt
Externalisierung auf andere Menschen, Räume und Zeiten
Entkopplung von Wirkungen und verzerrte Entscheidungen: Vergeudung
Verlagerung von Kosten auf Andere: Richtig unsozial, teuer, umweltschädlich, dumm !
23. ... Agenda I der Menschheit: „Mehr ist besser!“...
Immer mehr und immer mehr .... wird irgendwann einfach richtig dumm.
... Es kommt gar nicht darauf an, dass ich mehr habe (und alle anderen weniger) ....
... Denn dann bin ich ganz allein, und keiner hilft mir, wenn ich es mal brauche ...
... Es kommt eigentlich viel mehr darauf an, dass wir genug haben – alle !
Alle Menschen der Erde sollen von nichts zuwenig – und von nichts zuviel haben.
24. Der Unterschied zwischen Aufgabe und Instrument:
Nicht
zuhause Infrastruktur:
möglich: (Um-) Welt
Nachfrage das Angebot
Bedürfnisse
Persönliche Entscheidung
WOFÜR? Mobilitätsbefriedigung! WIE? Mit Verkehr!
Bedürfnisse Instrumente
25. Mobilität und Verkehr – Begriffe
Mobilität Bewegung, Beweglichkeit: Bedürfnisseite
die Ursache, der Zweck, der Anlass, die Aufgabe
Verkehr Umsetzung in einer Bewegung: Instrumentenseite
dienendes Instrument zur Umsetzung von Mobilität
Was will unser Land? Bedürfnisse für alle sicher stellen: Mobilität.
Und wie? Mit wenig Aufwand, Geld, Lärm, CO2: wenig Verkehr!
Bedürfnisgerechte Mobilität (für alle) mit weniger Verkehr.
26. Nachhaltige Entwicklung: Brundtland-Definition
Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung,
1. die die Bedürfnisse der heute Lebenden befriedigt und
2. die es künftigen Generationen ermöglicht,
(dann) ihre Bedürfnisse zu befriedigen.
Im Verkehrswesen:
1. Die Mobilitätsbedürfnisse aller Menschen heute decken ...
2. aber mit weniger Risiken, Externalisierungen, Abgasen,
Flächen, Lärm, Ungerechtigkeiten, Versauerungen, CO2, ...
Bedürfnisgerechte Mobilität (für alle) mit weniger Verkehr.
27. Was bedeutet das alles für Ihr Leben?
Zukunft gestalten, Verantwortung übernehmen:
Nachhaltige Entwicklung !
1. Sie leben in einer Gesellschaft mit Rückkopplungen: Immer! Garantiert!
2. Man trifft sich immer mehrfach: Sie brauchen auch den Schwächsten noch.
3. Beispiel: In Schule oder Beruf: Mach ich es nur für die Noten (oder für Geld)?
Oder mache ich es aus Interesse und Spaß?
Ersteres ist trickreich ... frustrierend ... stressig ... ärmlich ... dumm.
Letzteres ist mühsam ... beeindruckend ... interessant ... verdienend.
4. Denken Sie voraus – Was passiert nach Ihrer Handlung? Was macht der
Andere dann? Was passiert, wenn das alle machen? (Flaschen zerdeppern,
sprayen, keine Steuern zahlen, Zeche prellen, Abgase, nachts Krach ...
5. Ich wünsche Ihnen viel Kraft, Erfolg, Freude, Freunde und GLÜCK. Darum
geht es. Ihnen allen eine glückliche Schulzeit - und ein glückliches Leben.
28. Also: Was wünschen Sie sich für Ihr Leben?
Wählen Sie jetzt: Was wünschen Sie sich für Ihr Leben?
Eine Dosis: Fünfmal soviel: Ihre Wahl:
Arbeit: 1000 €/Monat 5000 € /Monat
Wohnen: 30 m2 Wohnung 150 m2 Wohnung
Auto: 50 PS (150 km/h) 250 PS (250 km/h)
Autos: 1 Auto 5 Autos
Frühstück: 2 Brötchen, 1 Ei 10 Brötchen, 5 Eier
Familie: 1 mal verheiratet 5 mal verheiratet
usw.
29. Zusammenfassung
Welchen Verkehr 2025? - mobil sein mit wenig Verkehr
Hubschrauber für alle? - ganz sicher nicht, ein Alptraum
Wasserstoffautos? - woher kommt die Energie?
Straßenbahnen? - aber ganz sicher, regenerativ
Immer staufreies Autofahren? - gibt es nicht, ein Alptraum
Wie viele Brücken? - die genau richtige Menge
Worum geht es uns? - um Glück.
Glück ist - die genau richtige Menge von allem.
Nie zuviel, nie zuwenig, für alle.
Ich wünsche Ihnen ein glückliches Leben, dankeschön.