[22.06.2011] Solvency II tritt Anfang 2013 in Kraft, doch viele Versicherer warten weiter ab. Sie riskieren dabei eine verspätete IT-Implementierung, übersehen aber auch das Nutzenpotenzial für ihr Unternehmen. Wer anstelle des EU-Standardmodells eine zweigleisige IT-Lösung schafft, stellt die Aufsicht zufrieden und schafft einen Mehrwert für das Unternehmen. Der Beitrag zeigt einen erprobten Weg zu einer dualen Solvency-II-IT-Architektur.
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Solvency II intelligent gelöst - Kombiniertes Rechenmodell erfüllt EU-Pflichten
1. 08 STRATEGIE
Solvency II intelligent gelöst
Kombiniertes Rechenmodell erfüllt EU-Pflichten. Solvency II tritt Anfang 2013 in Kraft, doch
viele Versicherer warten weiter ab. Sie riskieren dabei eine verspätete IT-Implementierung, übersehen
aber auch das Nutzenpotenzial für ihr Unternehmen. Wer anstelle des EU-Standardmodells eine zwei-
gleisige IT-Lösung schafft, stellt die Aufsicht zufrieden und schafft einen Mehrwert für das Unterneh-
men. Der Beitrag zeigt einen erprobten Weg zu einer dualen Solvency-II-IT-Architektur.
Ab Januar 2013 wird es ernst mit Autor: Dr. Hubert Autor: Thomas
der vieldiskutierten Solvency-II-Compliance, Sterner ist Leiter Lengfeld ist Aktuar
doch noch verhalten sich Teile der Versiche- Business Consulting (DAV) bei meta-
rungsbranche sehr zurückhaltend. Als letzter Insurance bei meta- finanz.
wichtiger Schritt in Richtung Einführung galt finanz.
die Auswirkungsstudie QIS 5 (Quantitative Im-
pact Study), mit der die EU-Kommission den
Unternehmen Gelegenheit bot, die Solvenzkapi-
talanforderungen testweise zu bestimmen und
Erfahrungen zurückzuspielen. Doch statt der nen sich darüber hinaus aber auch Mehrwerte während das Standardmodell hier Schwächen
erwarteten konstruktiven Vorschläge auf die im Risikomanagement und bei der wertorien- aufweist.
Studie hin hagelt es derzeit vorwiegend Kritik. tierten Unternehmenssteuerung.
Das Kalibrierungsbeispiel zeigt, dass die unter- Lösungsbeispiel: Partialmodell
Standardmodell verschleiert nehmensspezifischen Abhängigkeiten eines in-
ternen Modells helfen, die Diversifikationsef- Anhand einer Praxisrechnung, die die Autoren
tatsächliche Risikosituation fekte zwischen einzelnen Geschäftsbereichen mit PODRA gerechnet haben, lässt sich darstel-
Viele Anbieter verlassen sich auf die in Aussicht und Produkten zu realisieren. Die nicht-propor- len, wie ein paralleler Betrieb von internem und
gestellte finale Fassung des EU-Standardmo- tionale Rückversicherung und die exakte Be- Standardmodell funktioniert und auf welche
dells, von der man sich eine einfache Berech- rechnung des Katastrophenrisikos im internen Weise sich die Vorteile eines internen Modells
nung mit Excel erhofft. Doch es gibt Kritik an Modell liefern einen entscheidenden Beitrag zur darstellen. Das folgende Beispiel beschränkt
diesem unternehmensneutralen Berechnungs- Ermittlung der objektiven Risikosituation, sich auf das versicherungstechnische Risiko
modell. So halten es viele Betroffene für zu kom-
plex und nicht risikogerecht, weil etwa Rückver-
sicherung und Überschussbeteiligung dabei Kombimodell: Standard und Individualität
nicht ausreichend berücksichtigt werden. Zu-
sätzlich bedrohe das Standardmodell das Ge- Die Grafik zeigt eine IT-Landschaft, die beide Rechenmodelle auf einer gemeinsamen Datenbasis
und sinnvollen BI-Lösungen zugleich integriert.
schäftsmodell der Lebensversicherer. Die pau-
schal hohen Standard-Worst-Case-Szenarien für Ein gemeinsames Einheitliche IT-Plattform spart Aufwand & Pflichterfüllung plus
Aktien und Immobilien machen nämlich In- Datenmodell für
Risiko & Reporting
+ Kostenabdeckung beider quantitativer
SCR-Modelle mittels eines integrierten Tools
+ Zusatznutzen für wert-
orientierte Steuerung
vestments unattraktiv und führen zu Portfolio-
umschichtungen in vermeintlich risikofreie Datenbasis IT-Plattform Informationen
Staatsanleihen. Auch der zu große Reporting-
Aufwand sorgt für Unmut. » Ein integriertes Tool Externes Reporting
Doch die Zeit drängt, so dass die Unternehmen Standardmodell Internes Reporting
» Kombination » Wiederverwendbarkeit
bErhöht die aufsichtsrechtliche
nicht um eine konstruktive Vorbereitung auf
Risiko
eine Solvency-II-Lösung umhinkommen. Statt Akzeptanz als Mindestanforderung SCR/MCR
bAnfangs von der Aufsicht parallel ge-
Datenpool
nur auf das Standardmodell zu fokussieren, fordert SII-Bilanz
bietet sich alternativ die Option eines kombi- bBenchmark zur Einschätzung des
nierten Vorgehens. Mit Hilfe einer zweiglei- eigenen Modells ORSA-Prozess
sigen IT-Lösung können die Versicherer ihr (Partiell) Internes Modell Wertorientierte
Risikokapital einerseits nach dem Standard- Steuerung
bRealistischere Risikoberechnung
modell berechnen und so die Aufsicht zufrie-
bNotwendiges Datenmaterial zur
Reporting
Datenpool
denstellen. Andererseits können sie ein unter- risiko- & wertorientierten Steuerung Limitsysteme
metafinanz GmbH
nehmensinternes Rechenmodell anwenden, das des VU
ISKS
die individuelle Risikosituation realistischer
wiedergibt. Kombiniert angewendet ist eine Quelle: metafinanz. Grafik: vb
fristgerechte Umsetzung sichergestellt, es eröff-
versicherungsbetriebe 2 2011
2. Modellvergleich: Standard/PODRA
Kalibrierungsschritte zum Vergleich beider Modelle: Vor allem die Berücksichtigung der nicht proportionalen Rückversicherungsverträge
(Säule 6) wirkt sich drastisch senkend auf das Solvenzkapital aus.
150
Standardmodell
120
PODRA
SCR in Millionen Euro
90
60
Einsparung
rund 32 %
30
0
1 2 3 4 5 6 7
GF + P + R GF + PR GFPR GFPR + Vert.fkt. + CAT + npRV + pRV
GF – Geschäftsfeld PR – Prämien- und Reserverisiko CAT – Katastrophenrisiko
P – Prämienrisiko Vert.fkt. – Verteilungsfunktionen np/pRV – (nicht)proportionale Rückversicherung
R – Reserverisiko
Quelle: metafinanz. Grafik: vb
Nicht-Leben eines Komposit-Versicherers, der siert in PODRA – wird integriert. damit das SCR zu „tunen“, wird von den Auf-
in den Geschäftsfeldern Kraft, Sachversicherung Das PODRA-SCR steigt nun deutlich an gegen- sichtsbehörden als „Cherry Picking“ energisch
und Unfall aktiv ist. Die Ergebnisse lassen sich über der QIS 5-Proxylösung. bestraft werden und ist aus Risikomanagement-
auf Lebens- oder Krankenversicherungsrisiken Ǟ Die Abbildung der nicht-proportionalen gesichtspunkten fragwürdig.
und weitere Risikokategorien übertragen. Prä- Rückversicherungsverträge in PODRA zeigt
mien-, Reserve- und Katastrophenrisiko werden enorme Auswirkung, das interne SCR verringert Kombiniertes Modell
sowohl mit dem QIS5-Standardmodell als auch sich drastisch, bevor die Modelle mit der pro-
in einem internen Modell mit PODRA in Pilla- portionalen Rückversicherung vervollständigt Als idealer Kompromiss erweist sich da ein in-
rOne.RiskAnalytics berechnet. PillarOne.RiskA- werden. Fazit: Das interne (PODRA-)Modell be- ternes Modell, das gleichzeitig die Standardfor-
nalytics ist ein Open-Source-Programm, das von rechnet ein deutlich geringeres Solvenzkapital mel bedient. Mit einem solchen Kombimodell
Aktuaren entwickelt und in einer Community als das Standardmodell. benötigt das Unternehmen nur ein IT-Umset-
permanent ausgebaut und verbessert wird. Die zungsprojekt, die Dateninfrastruktur und die
Berechnung des SCR erfolgt in aufeinander auf- Realistischere Darstellung der BI-Lösungen für Transparenz und Reporting
bauenden Kalibrierungsschritten: müssen nur einmal implementiert werden und
Ǟ Brutto-Modellierung des Prämien- und Re- Risikosituation bedienen beide Modelle. Die Risikotragfähigkeit
serverisikos erst getrennt für die Geschäftsfelder Das Kalibrierungsbeispiel zeigt, dass die unter- kann im Rahmen des Own Risk and Solvency As-
Kraft, Haft und Kasko, Sach und Unfall, dann nehmensspezifischen Abhängigkeiten eines in- sessment (ORSA) und einer Risikoüberwachung
zusammen pro Geschäftsfeld und zuletzt für die ternen Modells dabei helfen, die Diversifikati- mittels operativ steuerbarer Limite leicht belegt
komplette Unternehmung ohne Cat-Risiko und onseffekte zwischen einzelnen Geschäftsberei- werden. So wird die notwendige Voraussetzung
ohne Rückversicherungseinfluss. Von einem chen und Produkten zu realisieren. Die nicht- für die risiko- und wertorientierte Steuerung
exakt gleichen Ausgangsniveau für das Solvency proportionale Rückversicherung und die exakte des Unternehmens mit Nachweis des Use Tests
Capital Requirement (SCR) im PODRA- und QIS Berechnung des Katastrophenrisikos im inter- geschaffen und maximale Immunität gegen
5-Modell ausgehend, benötigt man im internen nen Modell liefern einen entscheidenden Bei- aufsichtsrechtliche Interventionen erreicht.
Modell durch Anwendung unternehmensspezi- trag zur Ermittlung der objektiven Risikositua- Versicherungsunternehmen sollten konsequent
fischer Abhängigkeiten ein geringeres Solvenz- tion, während das Standardmodell hier große an ihrer eigenen Vorstellung von Risikomana-
kapital. Nach den ersten drei Stufen ist das Mus- Schwächen aufweist. Eine realitätsnahe Model- gement und wertorientierter Steuerung arbei-
terunternehmen komplett modelliert. lierung mit unternehmensinternen Parametern ten und sich nicht vom Solvency-II-
Ǟ Die internen Modellierungsansätze von führt nicht zwangsläufig zu einem niedrigeren Einführungsprozess irritieren lassen. So wird
metafinanz GmbH
PODRA werden mittels von historischen Daten Eigenmittelbedarf. Eine derartige, aber in der die Organisation fit für den künftigen Wettbe-
abgeleiteter Basis-, Großschaden- und Kosten- Branche gängige Motivation, die Kosten der Mo- werb. Und keinesfalls muss dabei die Solvency-
verteilungsfunktionen aktiviert. Das Cat-Risiko delleinführung durch gezieltes Ersetzen be- II-Compliance als Zumutung für die Organisa-
– per Proxy im Standardmodell und Event-ba- stimmter Standardmodellkomponenten und tion wahrgenommen werden. ½
2 2011 versicherungsbetriebe