Erklärung der ersten Schweizerischen Schülerinnen- und Schülerkonferenz
1. Schülerinnen- und Schülerkonferenz | Conférence des étudiant(e)s | Conferenza delle studentesse e degli studenti
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2. Einleitung
An der ersten Schweizerischen Schülerinnen- und Schülerkonferenz, welche vom 30. März bis 01. April
2012 in Brig stattgefunden hat, haben rund 50 Jugendliche aus der ganzen Schweiz teilgenommen, um
sich mit „Bildung im 21. Jahrhundert“ auseinanderzusetzen. Zusammen mit Expertinnen und Experten
aus dem Bildungsbereich haben sie verschiedenste Aspekte des Bildungssystems unter die Lupe genom-
men und Vorschläge erarbeitet, wie Bildung in Zukunft sein muss.
Die vorliegende Erklärung, deren Inhalte von den Teilnehmerinnen und Teilnehmer festgelegt und aus-
schliesslich während der Konferenz – sprich innert dreier Tage – erarbeitet wurden, gibt die Vorstellung
wieder, was sich Jugendliche unter einem guten Bildungssystem vorstellen.
Wir wollen, dass diese Erklärung Eingang findet in die bildungspolitischen Diskussionen, Grundlage
bildet für die Entwicklung unseres Bildungssystems und allen Entscheidungsträgerinnen und Entschei-
dungsträgern stets in Erinnerung bleibt, damit sichergestellt wird, dass die Meinung derjenigen berück-
sichtigt wird, welche das grösste Interesse an einer guten Bildung haben und Fehlentscheidungen am
meisten zu spüren bekommen – der Schülerinnen und Schüler.
Die Schweizerische Schülerinnen- und Schülerkonferenz wurde organisiert von der Union der Schüleror-
ganisationen der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein (USO), deren Ziel es ist, die Meinung der
Schülerinnen und Schüler gegenüber Politik und Öffentlichkeit zu vertreten. Diese Erklärung wird die
Grundlage der politischen Arbeit der USO bilden und deshalb Eingang finden in all ihre Lobbyingaktivitä-
ten.
Wir hoffen, dass diese Erklärung unsere Vorstellungen von Bildung nachhaltig positiv verändert, damit
Individualität, Freiheit und Partizipation der Schülerinnen und Schüler nicht Schlagworte bleiben, son-
dern zur Selbstverständlichkeit werden.
Das Organisationskomitee der Konferenz,
Lisa Marti, Jonas Egli, Elsa Lengeler, Nadja Peeters, Michael Stampfli
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3. Schülerorganisationen stärken
An vielen Schweizer Schulen gibt es Schülerorganisationen (SO), welche sich sowohl für den Kontakt
zwischen Schülerinnen und Schülern sowie Lehrerinnen und Lehrer als auch für besondere Schülerin-
nen- und Schüleraktivitäten einsetzen. Leider haben diese bislang zu wenig Einfluss in Schulbelangen.
Wir wollen in dieser Erklärung an eine bessere Unterstützung der SO appellieren. Folgende Punkte
erscheinen uns als wichtig:
»» Ein erster Schritt zur Verbesserung der Situation würde eine Vernetzung zwischen den verschie-
denen SO darstellen. Wir wünschen uns eine Internetplattform mit Möglichkeiten zur Verknüp-
fung der SO.
»» Der erste Schritt zur besseren Vernetzung von SO ist durch die Gründung der USO (Union der
Schülerorganisationen der Schweiz und des Fürstentums Liechtenstein) bereits getan. Nun wäre
es wichtig, die Werbekampagnen der USO mehr zu unterstützen, um damit grössere Popularität
zu erlangen und schlussendlich allen SO eine bessere Unterstützung in deren Belangen zu ge-
währleisten.
»» An vielen Schulen haben die SO zu wenige Möglichkeiten, durch Mitwirken in Lehrerrat, Schulrat
etc. direkt in schulische Abläufe eingreifen zu können. In all diesen Gremien soll mindestens ein
Mitglied der SO Einsitz nehmen können.
»» SO arbeiten vielerorts eher im Hintergrund. Einige Schülerinnen und Schüler wissen nicht ein-
mal, dass solche Organisationen bestehen. Uns erscheint es als wichtig, dass die SO zum Beispiel
durch Anschlagbretter oder einen eigenen Platz auf der Internetseite der Schule die Schüler-
schaft besser über ihre Aktivitäten informieren kann.
»» Heutzutage finanzieren sich viele SO durch Kuchenverkäufe, Partys und schulspezifische Anlässe,
einige durch Mitgliederbeiträge. Allerdings sollten SO eigentlich nicht wie kleine Unternehmen,
sondern eher als Schülerinnen- und Schülervertretung angesehen werden. Aus diesem Grund
streben wir eine bessere finanzielle Unterstützung der SO durch ihre Schulen an, indem Mitglie-
derbeiträge der Schülerinnen und Schülern an allen Schulen zur Pflicht werden.
Durch oben aufgeführte Massnahmen können SO in Zukunft besser auf die Bedürfnisse der Schülerin-
nen Schüler eingehen, was zu einer Qualitätssteigerung der Schule führt. Ebenfalls haben SO auf diese
Weise bessere Möglichkeiten, den Schulalltag durch gemeinsame Aktivitäten abwechslungsreicher zu
gestalten. Ein weiterer Pluspunkt wäre, dass man als Mitglied einer so gestalteten SO noch viel mehr
lernt, als es auf den ersten Blick aussieht: Teamarbeit, Organisation, Kontakte zu knüpfen, Offenheit
gegenüber neuen Aufgaben, usw.
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4. Einheitliche Schülerinnen- und Schülergrundrechte für
die Schweiz
In der Schweiz sollen Schülerinnen- und Schülergrundrechte (SGR) gesetzlich verankert werden, damit
gemeinsame Grundlagen und Richtlinien für die gesamte schweizerische Schülerschaft vorhanden sind.
Diese Grundlagen und Richtlinien sollen nicht nur die Rechte, sondern auch die Pflichten beinhalten.
Rechte
»» Recht auf Partizipation im Unterricht
»» Recht auf Streik
»» Recht auf Information und Beratung
»» Recht auf Einsicht in die Leistungsbeurteilung
»» Recht auf Versammlung (Schülerorganisationen)
»» Stimmrecht für Schülerorganisation
»» Recht auf Schutz vor willkürlichen Massnahmen
»» Recht auf Differenzierung zwischen Leistung und disziplinarischem Verhalten in Bezug auf die
Leistungsbeurteilung
»» Recht auf Einsicht in die Finanzen der Schule
»» Recht auf frühzeitige Bekanntgabe des Prüfungsstoffes, die mindestens eine Woche im Voraus
erfolgen muss
Pflichten
»» Anwesenheitspflicht
»» Befolgungspflicht des Schulreglements
»» Abmeldungspflicht bei Absenzen, bei vorhersehbaren Absenzen ist die Genehmigung eine Woche
im Voraus anzufordern
»» Pflicht zum respektvollen Umgang mit den Lehrpersonen
Bei Nichteinhalten der Schülerinnen- und Schülergrundrechte ist die USO die Anlaufstelle für die juristi-
sche Beratung und Unterstützung der Schüler.
Die gesamtschweizerischen SGR sollen den Schulalltag der Schülerinnen und Schüler sowie der Lehrper-
sonen verständlicher und klarer regeln.
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5. Keine Sparmassnahmen auf Kosten der Bildung!
Immer wieder gibt es Sparmassnahmen in der Bildung. Solche Massnahmen gehen meistens auf Kosten
der Bildungsqualität. Sie sind daher extrem kurzsichtig. Es gibt immer noch Investitionsbedarf in der
Bildung, es muss aber darauf geachtet werden, dass überflüssige Ausgaben nicht getätigt werden.
Aus verschiedenen Gründen beschliesst der Staat (Bund, Kantone und Gemeinden) immer wieder Spar-
pakete. Diese betreffen jeweils besonders die Bildung, speziell auf kantonaler Ebene, wo die meisten
Bildungsausgaben anfallen.
Die Schweizerische Schülerinnen- und Schülerkonferenz steht solchen Sparmassnahmen sehr kritisch
gegenüber. Bildung ist eine der wichtigsten Staatsaufgaben. Sie ist bekanntlich der einzige Roh¬stoff
der Schweiz. Die Schweizer Wirtschaft benötigt gut ausgebildete Personen. Gute Bildung ist wichtig für
die Entwicklung der Persönlichkeit und für ein friedliches und gutes Zusammenleben.
Die meisten Sparmassnahmen schaden der Qualität der Bildung. Wenn Inhalte gestrichen werden,
sinken die Möglichkeiten von Schülerinnen und Schüler, sich Kompetenzen anzueignen. Bei grösseren
Klassen hat die Lehrperson weniger Zeit für die einzelne Schülerin, den einzelnen Schüler. Wird weniger
auf besondere Bedürfnisse der Lernenden (Behinderungen, Hochbegabung, Integrationsprobleme) ein-
gegangen, sind die betroffenen Schülerinnen und Schüler be¬nachteiligt und können ihr Potential nicht
voll entfalten. Tiefere Löhne für Lehrperso¬nen machen den Lehrerberuf unattraktiver und sind ein
Zeichen dafür, dass der Bildung nicht der Respekt entgegengebracht wird, den sie verdient. Diese Liste
könnte ver¬längert werden. Ein solcher Qualitätsabbau kostet den Staat längerfristig mehr Geld, als
es die gestrichenen Bildungsinvestitionen selbst getan hätten. Solche „Sparmassnahmen“ sind daher
extrem kurzsichtig.
Selbstverständlich ist die Schweizerische Schülerinnen- und Schülerkonferenz nicht dagegen, Geld
einzusparen, das unnötigerweise ausgeben wird. Wo eine Aufgabe genauso gut halb so teuer erledigt
werden kann, soll dies getan werden kann. Erst recht gilt dies für Massnahmen, die weder den Auszu-
bildenden noch der Gesellschaft irgendetwas nützen. Es ist eine Daueraufgabe der zuständigen Stellen,
nach solchen Ausgaben zu suchen.
Auf diese Art eingespartes Geld sollte in die Bildung reinvestiert werden. Nach unserer Ansicht soll jede
Schülerin und jeder Schüler eine Bildung und Ausbildung erhalten, die ihren/seinen Fähigkeiten und
Wünschen möglichst gut entspricht. Bildung soll allen helfen, ihr Potential möglichst gut zu entfalten
und einen Platz im Leben und in der Gesellschaft zu finden, mit dem sie glücklich sind und an dem sie
zum Allgemeinwohl beitragen können. Bis zu einer solchen idealen Bildung müsste auch in der Schweiz
noch einiges geschehen. Massnahmen, um ihr näher zu kommen, werden und dür¬fen auch etwas kos-
ten. Von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern kann verlangt werden, dass auch sie einen Beitrag
leisten, schliesslich profitieren sie alle direkt oder indirekt davon.
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6. Die Bedeutung der Zweitsprachen
Die Zweitsprachen werden in der französischsprachigen Schweiz zu stark vernachlässigt. Zu welchen
Konsequenzen führt dies? Woher kommen die Probleme und wie können wir sie lösen? Viele Jahre lang
gibt es Deutschstunden, oft ohne jegliches Resultat. Den Röstigraben gibt es nicht nur in der Politik,
sondern auch in der Schule.
Wir stellen fest, dass das Niveau der Zweitsprache der Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer
deutlich höher ist als dasjenige der Westschweizerinnen und Westschweizer. Das Ziel des Sprachenun-
terrichts in einer obligatorischen Schule oder am Gymnasium ist, dass die Schülerinnen und Schüler in
der Lage sind, die Sprache zu verstehen und sich zu verständigen. Dieses Ziel wird in der Westschweiz
allerdings nicht erreicht.
Der Ursprung des Problems
»» Die Regierung erklärt den französischsprachigen Schweizerinnen und Schweizern die Bedeutung
des Deutschunterrichts nicht klar genug.
»» Die Unterrichtsmethode muss umgestaltet werden: die Lehrerinnen und Lehrer wenden bis anhin
wenig entwickelte Methoden an. Hier ein Beispiel: Zu viel Grammatik, wenig Vokabular, und die
Vernachlässigung der oralen Kommunikation und des sprachlichen Austauschs.
Oberflächlich betrachtet erscheinen diese Probleme vernachlässigbar, aber das Gegenteil ist der Fall:
Sie sind von überragender Bedeutung für die Kultur und die Bemühungen, Deutsch- und Westschweizer
stärker zu vereinen. Die französischsprachigen Schweizerinnen und Schweizer repräsentieren immerhin
einen grossen Teil der Schweiz: 20.4%.
Lösungsvorschläge
»» Die Regierung soll die Menschen und die Lehrerinnen und Lehrer ihre Schülerinnen und Schüler
für die Bedeutung des Deutsch- und Englischunterrichts sensibilisieren.
»» Die Bildung soll sich insbesondere auf den mündlichen Unterricht und den sprachlichen Aus-
tausch ausrichten.
»» Ein fortlaufender Zweitsprachenunterricht soll gefördert werden (Übergänge zwischen Primar-
schulen, Sekundarschulen und Gymnasien).
Wichtig ist somit insbesondere die Förderung der Fähigkeit, sich effektiv verständigen zu können, statt
theoretischem Grammatikunterricht.
Obwohl dieses Problem insbesondere die Romandie betrifft, ist es auch für die restliche Schweiz von
Bedeutung. Auch für Schülerinnen und Schüler der Deutschschweiz und des Tessins soll der Fremdspra-
cheunterricht wichtig sein und dazu befähigen, sich mindestens in einer zweiten Landessprache gut
verständigen zu können.
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7. Mehr Wahlfreiheit bei Schulfächern
Motivation ist der Grundstein für erfolgreiches Lernen. Der motivierendste Faktor ist das individuelle
Interesse einer Schülerin oder eines Schülers an einem Themengebiet. Viele Schülerinnen und Schüler in
den oberen Gymnasialstufen haben bereits Präferenzen für bestimmte Fachgebiete entwickelt, weshalb
in den letzten Jahren des Gymnasiums mehr Wert auf die Förderung dieser Interessen gelegt werden
sollte.
Wir fordern deshalb, dass Schülerinnen und Schüler ab dem 9. Schuljahr die Möglichkeit bekommen,
sich durch ein breiteres Fächerangebot und eine frühere Wahlmöglichkeit der Pflichtfächer auf ihre spe-
zifischen Talente und Fähigkeiten zu fokussieren.
Junge Erwachsene, die schon eine klare Vorstellung ihrer beruflichen Zukunft haben, sind motivierter,
sich Wissen anzueignen wenn der Unterricht auf ihre spezifischen Bedürfnisse eingeht. Wir möchten
deshalb, dass das bereits jetzt vorhandene Angebot an Wahl- und Ergänzungsfächern ab dem 9. Schul-
jahr allen Schülerinnen und Schülern von schweizerischen Mittelschulen zugänglich gemacht wird.
Dies bewirkt eine motiviertere Schülerschaft, bessere Leistung und schliesslich eine besser für die Her-
ausforderungen der Zukunft gerüstete Jugend.
Vorstellbar wäre, dass Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit bekämen, ein Fach, in dem keine Matur-
prüfung durchgeführt wird, zu Gunsten eines Wahlfachs zu reduzieren.
Entgegen der Befürchtung, dies würde eine Kostensteigerung verursachen, führt diese Ausrichtung der
Schule auf die Stärken der Schülerinnen und Schüler zu einer besseren Verteilung der Ressourcen im
Bildungswesen. Es ist effizienter, einem zukünftigen Chemiker eine vertiefte Vorbereitung auf sein Stu-
dienfach zu bieten, statt viel Geld in ein Fach zu investieren, das er mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht
studieren wird. Das Prinzip der allgemeinen Hochschulreife wird trotzdem nicht verletzt, weil im stun-
denmässig reduzierten Fach bereits eine genug grosse Kompetenz vorhanden ist, sollte er sich wider
Erwarten doch dazu entschliessen, etwas anderes zu studieren.
Allgemein kann zusammengefasst gesagt werden, dass sich ein fokussiertes Fächerangebot mit mehr
Wahlfreiheit positiv auf die Motivation und Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler auswirkt.
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8. Politik als Schulfach
Warum ist ein Schulfach Politik sinnvoll?
Viele Schülerinnen und Schüler wissen nicht ausreichend Bescheid über das politische System im ei-
genen Land. Dem soll mit einem geeigneten Schulfach entgegen gewirkt werden. Wir leben in einer
Demokratie. Zu den Grundgedanken der Demokratie gehört, dass sich jede mündige Person zu Abstim-
mungsthemen eine Meinung bildet und abstimmt. Ohne ausreichende Kenntnisse über das System ist
dies nicht möglich.
Was wird im Unterricht behandelt?
Das Fach vermittelt ein Grundwissen über den Aufbau des Staatssystems, Rechte und Pflichten der Bür-
gerinnen und Bürger, den Wahlvorgang und die Parteienlandschaft der Schweiz. Gleichzeitig steht auch
die Bildung einer eigenen Meinung im Zentrum. Um dies zu gewährleisten, muss der Unterricht politisch
neutral gestaltet sein. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler, sich Informationen zu beschaffen und
sie richtig zu werten, zu diskutieren, andere Meinungen zu tolerieren und diese kritisch zu hinterfragen.
Welche Vorteile bringt das Schulfach?
Durch das Fach wird den Schülerinnen und Schülern die Wichtigkeit der Politik in unserem täglichen
Leben näher gebracht. Somit steigt das Interesse der Jugendlichen für die Politik und damit auch deren
Wahlbeteiligung. Mit diesem Grundwissen können die Schülerinnen und Schüler ihre Zukunft mitgestal-
ten. Leider ist vielen jungen Leuten nicht bewusst, dass die Politik einen Einfluss auf einen grossen Teil
ihres Lebens hat. Die Schülerinnen und Schüler lernen durch die Politik, Verantwortung zu übernehmen
und guten Gewissens Entscheidungen zu treffen.
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9. Medienpräsenz in der Schule
Die Wichtigkeit der Nutzung von zeitgenössischen Medien im Unterricht ist unumstritten. Jedoch stellt
sich die Frage, wie weit schulische Institutionen die verschiedenen Medien in den Schulalltag integrieren
sollen. Einerseits muss sich die Schule der Zeit anpassen und Schülerinnen und Schüler in dieses breite
Gebiet einführen, andererseits darf das Schulklima nicht negativ beeinflusst werden. Welche Medien-
nutzung ist in welchem Ausmass im Schulunterricht sinnvoll?
Für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe ist der Umgang mit zeitgenössischen Medien selbstver-
ständlich. Obgleich den Jugendlichen die Motivation zur Arbeit mit solchen Medien keinesfalls fehlt,
muss die Schule die Jugendlichen mit Kursen oder Workshops auf die Gefahren und die richtige Nutzung
hinweisen, damit diese einen kompetenten Umgang mit diesen Medien, insbesondere dem Internet,
erlernen. Dies ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Lernenden selbständig arbeiten und recherchieren
müssen. Die Nutzung von Laptop, Tablet-PCs und E-Book-Readers erleichtert den Schulunterricht, sie
müssen jedoch sinnvoll – je nach Fach anders – eingesetzt werden.
Damit auch die Lehrerschaft mit den aktuellen medialen Entwicklungen Schritt halten kann, muss die
Schule Weiterbildungen anbieten, welche diese im Bereich Mediennutzung und Technik sensibilisieren.
So sollen die Lehrerinnen und Lehrer aktuelle Materialien von modernen Medien wie Youtube aktiv in
den Unterricht einbinden und sich langsam von Altem wie Videokassetten trennen. Die Schule muss zu
diesem Zweck auch die richtige Ausrüstung anbieten, Laptop und Beamer sollen zur Grundausstattung
in jedem Klassenzimmer werden.
In summa ist der Gebrauch von verschiedenen Medien im Schulunterricht von grosser Bedeutung, vor
allem für die Zukunft in der Geschäftswelt. Um jedoch allen Lernenden Zugang zu den elektronischen
Lehrmitteln zu ermöglichen, muss die Schule alle für den Unterricht erforderlichen Medien kostenfrei
zur Verfügung stellen. Die Verwendung von elektronischen Hilfsmitteln in der Schule darf nicht die Frei-
zeit der Jugendlichen tangieren. Die Schule soll und muss also die Medienpräsenz in den Schulzimmern
erhöhen, um die Lernenden auf das vorgesehene Sek-I- oder Sek-II- Niveau zu bringen, jedoch ohne die
Lehrerinnen und Lehrer zu verdrängen.
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10. Warum die Bedeutung des Frontalunterrichts zu
reduzieren ist
Wir verstehen unter Frontalunterricht eine Unterrichtsmethode, bei welcher die Lehrperson vor der
Klasse steht und direkt Wissen an die anwesenden Schülerinnen und Schüler weitergibt. Ob dies durch
einen Vortrag, das Verteilen von Blättern oder durch Abbildungen an der Wandtafel geschieht, ist
unerheblich. Abgrenzungskriterium ist insbesondere die Frage, zwischen wem Kommunikation statt-
findet. Handelt es sich dabei fast ausschliesslich um die Lehrerin oder den Lehrer einerseits und jeweils
eine Schülerin oder einen Schüler andererseits, handelt es sich um Frontalunterricht. Gruppenarbeiten,
Selbststudium oder Diskussionen im Klassenverband finden grundsätzlich nicht statt.
Wie wir wissen, haben alle Lehrerinnen und Lehrer ihre eigene Unterrichtsmethode. Unserer Ansicht
nach ist Frontalunterricht für die Schülerin oder den Schüler nicht die beste Methode, obwohl sie die
Arbeit der Lehrerin oder des Lehrers einfacher macht.
Im schulischen Umfeld sind wir uns derart an diesen Unterricht gewöhnt, dass wir gar nicht realisieren,
dass er für unsere Konzentration verhängnisvoll sein kann. Die grösste Schwäche des Frontalunterrichts
ist unserer Ansicht nach, dass eine Schülerin oder ein Schüler während der gesamten Lektion konzent-
riert sein muss, ohne interagieren zu können. Eine ganze Lektion zuzuhören, ist nicht besonders an-
spruchsvoll, aber man muss bedenken, dass unsere Schultage bis zu zehn Lektionen umfassen können
und es unmöglich ist, sich lange ohne Interaktion zu konzentrieren.
Frontalunterricht ist nicht geeignet, Schülerinnen und Schüler Wissen so zu vermitteln, dass sie es lang-
fristig wieder abrufen können. Dazu wäre eine intensivere Auseinandersetzung notwendig, im Rahmen
derer sich die Lernenden entsprechend ihrer Lernstrategie mit dem Thema befassen können.
Weiterhin ist zu erwähnen, dass Frontalunterricht das lösungsorientierte Denken nicht fördert, da er nur
Lösungswege vermittelt, welche von den Schülerinnen und Schüler kopiert werden müssen.
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11. Förderung der Initiative von Schülerinnen und Schülern
An den meisten Gymnasien haben Schülerinnen und Schüler kaum Einfluss auf das Lehrgebiet und
die Art und Weise, wie die Unterrichtsstunden gestaltet sind. Würde man ihrer Stimme ein grösseres
Gewicht beimessen, wäre der gymnasiale Ausbildungsweg stärker an den Bedürfnissen jedes Einzelnen
ausgerichtet.
Die Hauptsache ist, den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit und das Recht zu geben, sich in das
Schulsystem einzubringen, und ihnen das Vertrauen zu geben, ihre Bedürfnisse auszudrücken. Um dies
zu erreichen, nebst einer Veränderung des Bildungssystems, ist es notwendig, dass die Lehrerinnen und
Lehrer ihren Schülerinnen und Schülern eine positivere und offenere Vision des Gymnasiums vermitteln.
Folgende Ideen wären vorstellbar:
»» Organisation von mehr Gruppenarbeiten, um eine echte Atmosphäre des gegenseitigen Aus-
tauschs zu schaffen.
»» Sensibilisierung der Gesamtheit der betroffenen Personen (Schülerinnen und Schüler, Lehrerin-
nen und Lehrer etc.).
»» Bestmögliche Begleitung der Schülerinnen und Schüler bei der Realisierung von Projekten.
»» Häufigeres Einholen der Meinung der Schülerinnen und Schüler.
»» Organisation von Konferenzen, damit sich Schülerinnen und Schüler ebenfalls an Debatten be-
treffend das Bildungssystem beteiligen können.
»» Einladung von mehr einflussreichen Personen im Bildungsbereich im Rahmen von Diskussionen.
Wenn es möglich ist, dass die Schülerinnen und Schüler in der Veränderung des Bildungssystems ein
stärkeres Gewicht erhalten, wäre dies ein grosser Schritt in Richtung eines offeneren Gymnasiums.
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12. Nachhaltiges Lernen
Nach dem Absolvieren einer Prüfung geht oft ein Grossteil des gelernten Stoffes innerhalb kürzester
Zeit verloren. In Folge dessen können die Schülerinnen und Schüler von ihrer Bildung nicht langfristig
profitieren. Wie kann man dem entgegen wirken?
Die Probleme bei der heutzutage angebotenen Bildung, welche zum Vergessen des gelernten Stoffes
führen, sind: Ein Mangel an Motivation und somit auch Interesse, sowie auch, dass der gelernte Stoff
nach dem Absolvieren einer Prüfung oftmals kaum mehr Verwendung im Alltag oder im folgenden Ver-
lauf der Karriere (bzw. Bildung) findet.
Um die Motivation und somit auch das Interesse der Schülerinnen und Schüler am zu lernenden Stoff
zu fördern, sollte mehr Acht auf die grundlegenden Bedürfnisse, die zur Motivation beitragen, gegeben
werden, welche sind:
»» Die Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, dass der zu lernende Stoff von grosser Relevanz
ist. Ist dies nicht der Fall, so werden sie im Regelfall den Stoff nicht als notwendig erachten und
diesen infolge dessen nach der Prüfung sogleich wieder vergessen. Die Schülerinnen und Schüler
sollen das Gefühl entwickeln, dass sie durch das korrekte Ausführen der erlernten Kompetenzen
selbst an mehr Relevanz in der Gesellschaft gewinnen.
»» Die Schülerinnen und Schüler sollen wenn möglich Eigeninitiative ergreifen können, um zu lernen.
Sie sollen dadurch das Gefühl von Freiheit und Selbstverantwortung erlangen. Sie sollen ergo
möglichst oft mitbestimmen können, was zu lernen sei (demokratische Schulen). Im Verlauf der
Bildungszeit soll schon möglichst früh dafür gesorgt werden, dass die Schülerinnen und Schüler
Kompetenzen erarbeiten können, die sie dann im folgenden Verlauf der Bildung anwenden kön-
nen. Damit können sie sich schon zu Beginn ihrer Ausbildung unabhängig von der Schule effizient
selbst über eventuelle tangentiale Themenbereiche informieren, für welche sie sich interessieren.
»» Die Lehrerinnen und Lehrer sollen den Schülerinnen und Schülern nicht immer gleich die Lösung
auf eine Frage nennen. Sie sollen sie auf die richtige Spur weisen, so haben die Lernenden selbst
einen Erfolg und können das Gelernte besser behalten. Wenn die Lehrerinnen und Lehrer ihnen
die Lösung einfach sagen, müssen sie diese einfach auswendig lernen und sie können es sich
schlechter merken.
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13. Unsere Vorstellung von individuellem Unterricht
Wir empfinden die heutige Unterrichtsart als sehr strukturiert, das ist für jeden Unterricht legitim und
hilfreich. Wir denken auch, dass jeder Unterricht ein bestimmtes Niveau braucht. Es können und sollten
verschiedene Medien als Hilfsmittel für einen abwechslungsreichen Unterricht benutzt werden. Beim
heutigen Unterricht gibt es auch negative Aspekte. Dazu gehören unter anderem der „Lehrbuchunter-
richt“, den es bereits zur Zeit unserer Eltern gab. Weil der Unterricht zu oft strikt nach einem bestimm-
ten Stoffplan geführt wird, erscheint dieser den Schülerinnen und Schülern öfters als monoton, wobei
die Lehrerinnen und Lehrer in diesem Falle die Monotonie entweder unterstützen oder abschwächen
können.
Mit einigen Modernisierungen der Unterrichtsform könnte der verbesserte individuelle Unterricht
Einzug in alle Schule halten. Anstelle des normalen Frontalunterrichts sollte vermehrt darauf geachtet
werden, vor allem im Sprachunterricht, mehr Diskussionen von und mit Schülerinnen und Schülern
anzuregen. Somit wird die Sprache aktiv angewandt, sie trägt deswegen zu einer Miteinbeziehung aller
bei und motiviert auch die schwächste Schülerin oder den schwächsten Schüler, die Sprache anzuwen-
den. Die Angst vor Sprachen könnte somit eingedämmt werden. Schülerinnen und Schüler, die sich bei
solchen Diskussionen verloren fühlen und denken, sie können dem Unterricht nicht ganz folgen, sollten
sich vermehrt an ältere und fachspezifisch stärkere Lernende wenden können. Jedoch ist es auch eine
gute Möglichkeit, mit Fachlehrerinnen und Fachlehrern von anderen Schulen oder der gleichen Schule
den fehlenden Schulstoff aufarbeiten zu können oder bei Fragen, welche die eigenen Lehrerinnen und
Lehrer unklar beantworten, sich Unterstützung holen zu können. Der Unterricht könnte aktiv durch Leh-
rerinnen- und Lehreraustausch mit anderen Schulen optimiert werden, um den Lernenden und Lehren-
den eine andere und vielleicht auch neue Sicht des Unterrichts zu ermöglichen.
Mit diesen Verbesserungsvorschlägen wollen wir ein besseres Unterrichtsklima für Schülerinnen und
Schüler, aber auch für Lehrerinnen und Lehrer in den Schulstunden ermöglichen. Denn ein abwechs-
lungsreicher, individueller und innovativer Unterricht motiviert Schülerinnen/Schüler und Lehrerinnen/
Lehrer gleichermassen.
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14. Soziale Selektion
Bildung ist die Basis von Allem. Man kann das menschliche Denken nur durch Wissen verstärken. Letzte-
res darf nicht nur wenigen Privilegierten zugänglich sein. Momentan ist das Schulsystem so strukturiert,
dass vermögende Schülerinnen und Schüler bevorzugt werden und jene mit grösseren Schwierigkeiten
übergangen werden. Zum Zeitpunkt, in dem die Schülerinnen und Schüler über ihren nachobligatori-
schen Bildungsweg entscheiden, zeigt sich ein klarer sozialer Unterschied zwischen denjenigen, welche
sich für die Mittelschule entscheiden, und den anderen. Dieses Phänomen hat schwerwiegende Konse-
quenzen für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die ihre akademische Laufbahn nicht fortsetzen kön-
nen, obwohl sie die erforderlichen Fähigkeiten besitzen. Sie fühlen sich ungeeignet und von niedrigem
Wert und sie verlieren deshalb die Lust, nach vorne zu schauen, und so ihre Zukunftsperspektive.
In einer Demokratie ist es nötig, allen die gleichen Chancen zu bieten, und bedeutet nicht, dass alle eine
Hochschulkarriere durchlaufen müssen; es bedeutet lediglich, dass man wählen kann und durch die
Schule eine Unterstützung erhält, um ungeachtet der eigenen privaten Situation jede Karriere einschla-
gen zu können.
Wir denken, dass unsere Gesellschaft vielfältiger und abwechslungsreicher wäre, würde die Bildung al-
len offenstehen, sodass mehr Raum für die Innovationen und Veränderungen, die momentan nötig sind,
zur Verfügung stünde.
Erklärung der ersten Schweizerischen Schülerinnen- und Schülerkonferenz 14
15. Verfasserinnen und Verfasser der Erklärung
Abetare Balaj, Aicha Rachdi, Aline Meister, Amantin Baruti, Amaro Köberle, Anna Balmelli, Anna Blei-
chenbacher, Ayoub Ben Amor, Azra Ademi, Beatrice Binder, David Straumann, Dina Taslimi, Ekaterina
Derkatch, Elia Montevecchi, Elise Beauverd, Florence Aegerter, Gabriel Quiroz, Gian-Leza Spinas, Jasmin
Mohler, Joey Zenhäusern, Jonila Labënishti, Julia Streicher, Julian Marbach, Kristina Huber, Laura Salathe,
Lino Bosisio, Lorenz Kaufmann, Luisa Lichtenberger, Maria Luban, Mauro Gwerder, Nathalie Liechti, Nick
Rilko, Nora Fux, Patrizia Fierz, Quentin Stauffer, Remo von Rickenbach, Romain Bigler, Samuel Bischof,
Susanne Laager, Tamara Eichenberger, Vanessa Ribeiro, Weimar Arnez
USO-UCE-UCS
Laupenstrasse 2 | Postfach 8562 | CH-3001 Bern
Tel. +41 31 398 18 78 | Fax. +41 31 398 18 76
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