Delisting-Neuregelung: Musterbrief an Bundestagsabgeordnete (vom Effecten-Spiegel)
1.
Sehr geehrte(r) Frau/Herr Bundestagsabgeordnete(r),
am 31.08.2015 legte die Große Koalition einen Änderungsantrag zum Gesetzentwurf "zur Umsetzung der
Transparenzrichtlinie‐Änderungsrichtlinie“ ‐ BT‐Drucksachen 18/5010, 18/5272 – vor, zu dem bereits am
Montag, dem 7. September 2015, die öffentliche Anhörung im Finanzausschuss des
Bundestages stattfand. Hier gab es bereits viel Kritik, denn wenn diese Regelung so umgesetzt würde,
käme das Delisting ohne Abfindungsangebot. Gerade ausländische Großinvestoren (siehe McKesson bei
Celesio/Vodafone bei Kabel Deutschland oder Potash bei K+S) würden dann im Zuge von
Übernahmeangeboten den Druck auf die Minderheitsaktionäre (darunter auch viele Mitarbeiteraktionäre,
Pensionskassen etc.) erhöhen, indem sie bereits im Übernahmeangebot mit einem späterem Delisting
ohne Abfindung drohen. Kleinaktionäre und auch institutionelle Investoren werden so gezwungen, in das
Übernahmeangebot zu tendern und hätten keinerlei Rechtsschutz. Die Aussage in der Begründung, dass
Aktionäre, die das Übernahmeangebot nicht annehmen, nicht schutzbedürftig seien, ist eine Farce,
verdeutlicht aber die wirkliche Intention des Entwurfes. Der Vorschlag ist ein "Trojanisches Pferd": Es wird
so getan, als ob ein Minderheitenschutz etabliert werden soll. In Wirklichkeit wird durch die Normierung
gerade das Erpressungspotenzial von Übernehmern massiv gestärkt. Daher darf dieser Vorschlag so nie
umgesetzt werden. Er verschlechtert die jetzige Situation statt sie zu verbessern. Es wird nur noch
abfindungsfreie Delistings geben, wenn er umgesetzt wird. Zum Delisting gehören aber:
1. Beschluss derjenigen, die vom Delisting betroffen sind, nämlich der Aktionäre in einer
Hauptversammlung.
2. Abfindungsangebot zum vollen Wert, also Ertragswert (Börsenkurs bildet hierbei vor dem
Hintergrund des Deinvestitiongedankens die Wertuntergrenze)
3. Prüfbarkeit der Abfindung ausschließlich im Spruchverfahren mit allgemeiner Wirkung für alle
Kleinaktionäre.
Es ist nicht zu verstehen, warum es so schwerfällt, diese einfachen Grundsätze (die ja schon vom BGH in
der sog. Macrotron‐Entscheidung favorisiert wurden) gesetzlich zu regeln. Jegliche andere Handhabung
(siehe jetziger Vorschlag) ist doch interessengesteuerter Lobbyismus. Es werden nur die Großaktionäre
gestärkt. Das Problem bleibt und wird sogar verstärkt. Das hat rein gar nichts mit dem von Ihnen
gewünschten Minderheitenschutz zu tun. Zudem gefährdet der Vorschlag den Wirtschaftsstandort
Deutschland, da sich ausländische Investoren für feindliche Übernahmen in Stellung bringen werden. Sie
dürfen das nicht zulassen oder gar mitmachen! Bitte bringen Sie entsprechend Ihre Stimme gegen diesen
Vorschlag ein.
Mit freundlichen Grüßen