1. Deutschland macht den halben Umsatz
Deutschland macht den halben Umsatz
Der Autobauer Renault ist Kunde von Barsan. Im Werk des Joint Ventures Oyak Renault Otomobil
Fabrikalari A.S. in Bursa laufen jährlich circa 360.000 Fahrzeuge vom Band. (Foto: Getty images)
17. NOVEMBER 2014 | VON SUSANNE LANDWEHR
Barsan Global Logistics
Das 1982 gegründete Unternehmen bietet außer Transport und Lagerhaltung auch Verzollung an.
Historisch trägt sie 23 Prozent zum Umsatz bei, weil Barsan zunächst als Zollberater begann. Erst mit
den Jahren baute der Eigentümer, Präsident und Vorstandsvorsitzende Kamil Barlin ein international
agierendes Logistikunternehmen auf. An 19 türkischen Niederlassungen - darunter Manisa, Izmir und
Bursa - hat Barsan auch Lagerkapazitäten. Mit Europa, den USA und Asien kommt das Unternehmen auf
40 Niederlassungen und 2700 Beschäftigte. Die wichtigsten Kunden kommen aus den Sektoren
Automotive (Mercedes, Renault oder Tofas), Einzelhandel und schnelldrehende Konsumgüter (Dr. Oetker,
Procter & Gamble oder Avon) sowie Haushaltswaren und Elektronik (BSH, Arcelik oder IBM).
Genaue Marktbeobachtung, schnelle Entscheidungen und Expansion: Mit diesen Grundsätzen hat
sich Barsan Global Logistics in den vergangenen 30 Jahren zu einem der führenden
Logistikdienstleister in der Türkei entwickelt. Heute beschäftigt das Unternehmen 2700 Mitarbeiter
und zählt rund 5500 Kunden, für die es regelmäßig Transporte organisiert. Um auf dem Markt zu
bestehen, investiert der Logistikdienstleister regelmäßig in neue Niederlassungen, LKW und die
technische Entwicklung.
"Wir unterhalten in der Türkei, Europa, den USA und Asien insgesamt 40 Niederlassungen", sagt
Karl-Heinz Reuter, Europa-Chef bei Barsan Global Logistics. Die Hälfte der Standorte entfalle auf
Deutschland. Weitere Investitionen seien in Moskau, Vietnam und Südamerika angedacht. In
Vietnam werde die Planungsphase in sechs Monaten abgeschlossen sein. Am Ende will Barsan eine
Niederlassung mit eigenen Lagern und Mitarbeitern eröffnen.
Abwarten mit Irak und Russland
Wie viele andere Logistikunternehmen in der Türkei leidet Barsan unter den politischen Unruhen im
Nahen Osten und den Sanktionen gegen Russland. "Wir haben eine Niederlassung in Erbil und
2. hatten weitere Optionen im Irak geplant", berichtet Reuter. Im Moment lägen diese Vorhaben
jedoch auf Eis, bis sich die Lage stabilisiert habe. Dasselbe gelte für Moskau. "Wir hatten vor
anderthalb Jahren mit der Planung angefangen", sagt der Manager. Doch jetzt warte Barsan erst
einmal ab.
Europa ist für das Unternehmen der wichtigste Markt. Rund 55 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet
der Dienstleister mit Transporten mit EU-Ländern. Deutschland nimmt mit rund 50 Prozent der
Transporte eine Spitzenposition ein. 2013 betrug dem Türkischen Statistikamt zufolge das
Handelsvolumen zwischen Deutschland und der Türkei 37,9 Mrd. USD.
In Berlin und Hamburg plane Barsan neue Niederlassungen, verrät Reuter. Wann es losgehen soll,
stehe allerdings noch nicht fest. In Stuttgart soll demnächst ein 5800 m² großes Lager entstehen.
Die Baugenehmigung liegt Reuter zufolge schon vor. Doch vor Mitte oder Ende 2015 werde das
Gebäude nicht fertig sein.
Außer Europa sind der chinesische Markt, Zentralasien und Russland für Barsan bedeutend. "Die
politische Annäherung zwischen der Türkei und China ist für uns sehr wichtig", erklärt Reuter. Das
ostasia tische Land ist in den vergangenen zehn Jahren nach Russland und Deutschland zum
drittgrößten Handelspartner der Türkei aufgestiegen. Nach Angaben des Türkischen Statistikamts
betrug das Handelsvolumen im vergangenen Jahr 28,3 Mrd. USD, der Löwenanteil mit 24,7 Mrd.
USD entfiel auf Importe aus China. In Shanghai und Hongkong ist Barsan mit zwei Niederlassungen
vertreten.
Auch auf Zentralasien hat der Logistiker ein Auge. In der usbekischen Hauptstadt Taschkent
unterhält Barsan ebenfalls eine Niederlassung. "Wir beobachten den Markt genau, ob und wann
sich Investitionen lohnen", kommentiert der Manager.
Verteilzentren in Anatolien
In der Türkei gehört Barsan zu den umsatzstärksten Logistikunternehmen und nahm 2013 rund
500 Mio. USD ein. Für 2014 und 2015 erwartet Reuter Zuwächse von 14 und 11 Prozent, je
nachdem wie sich die geopolitische Lage entwickelt. "Derzeit ist das schwer einzuschätzen", meint
er. Im eigenen Land betreibt Barsan 19 Verteilzentren und 50 Umschlagstellen, die sich im
Wesentlichen auf West- und Mittelanatolien konzentrieren. Den Marktanteil schätzt Reuter auf 14
bis 16 Prozent. An der Marktumfrage der türkischen Ausgabe des Wirtschaftstitels "Capital", bei
dem Unternehmen ihre Umsätze bekanntgeben, beteiligt sich Barsan nicht.
Auch in der Türkei treibt Barsan durch Investitionen das Geschäft voran. Am Istanbuler Hafen Am
barli baut Barsan derzeit ein Lager, das voraussichtlich 2015 eröffnen wird. Erst im März dieses
Jahres hatte das Unternehmen 300 neue Mercedes-Actros-Zugmaschinen gekauft und die
Gesamtzahl damit auf 600 Fahrzeuge gesteigert. Neben dem Einsatz der eigenen Flotte arbeitet
Barsan mit rund 200 Subunternehmern zusammen. Als größte Schwierigkeit auf dem türkischen
Logistikmarkt bezeichnet Reuter die große Unausgewogenheit zwischen Export und Import. "Das
Verhältnis beträgt etwa 60 Prozent Exporte aus der Türkei und 40 Prozent Importe in die Türkei",
erläutert er. Über Frachtenbörsen ließen sich die LKW besser auslasten, doch an einer
Stückgutkooperation beteiligt sich Barsan nicht. "Kooperation wäre natürlich die logische Folge von
halbleeren LKW, doch man hat dann ja auch mit der Konkurrenz zu tun", bemerkte Reuter.
"Wir wickeln etwa 11 Prozent des gesamten türkischen Im- und Export-Umsatzes der Türkei ab",
erklärt Reuter. Dafür betreibt Barsan seit rund zwölf Jahren ein eigenes Lager mit einer
3. Grundfläche von 36.000 m2
, einer Nutzfläche von 360.000 m2
und 30.000 Palettenstellplätzen.
Zudem verfügt das Lager über einen Bahnanschluss, der das Zollgelände an die wichtigste
Bahntrasse zwischen Istanbul und der bulgarischen Grenze anbindet. Auch in Çerkezköy, rund 85
km westlich vom Istanbuler Stadtzentrum entfernt, unterhält Barsan seit sechs Jahren ein 100.000
m2
großes Lager mit 30.000 Palettenstellplätzen.
55 Prozent aller Transporte wickelt Barsan über die Straße ab. Seefracht macht 9 Prozent und
Luftfracht 4 Prozent des Umsatzes aus. Die Luftfrachtsparte ist an wesentlichen Flughäfen wie
Istanbul, Frankfurt, New York und Shanghai mit Büros präsent und arbeitet weltweit mit Agenturen
zusammen. In China und Nordamerika plant Barsan Investi tionen sowohl in der Luft- als auch in
der Seefracht - in San Francisco und Chicago sowie in Shenzhen, Guanghou, Quingdao, Ningbo und
Xiamen. Dort sollen eigene Niederlassungen mit Lagerfläche entstehen.
Für die Zukunft sieht Reuter vor allem in der Expansion außerhalb des türkischen Marktes die
wesentlichen Entwicklungschancen. Wichtigstes Ziel bleibe Europa mit Schwerpunkt Deutschland.
"Wir sind ein inhabergeführtes Unternehmen." Damit seien schnelle Entscheidungen möglich.