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LUXEMBURGER WORT 9Samstag, den 3. Juni 2000
VARIA
Wasserbillig / Der Tag danach
Riesenjubel über das gute Ende
Am ersten Tag nach dem gewaltsamen, doch glücklichen Ende des Geiseldramas war die Ortschaft an Mosel
und Sauer den Medien noch eine Schlagzeile wert / Lob, Dank und Kritik seitens der Einwohner
Ein Nachbarskind: „Ech hu missten
am Haus bleiwen“
Routiniert gaben Jeff und Philippe ihre Sicht der Dinge ab
Wer geglaubt hatte, nach dem
glücklichen Ende des 28-stündigen
Geiseldramas am Mittwoch und
Donnerstag wäre gestern wieder
die Normalität in Wasserbillig ein-
gekehrt, der hatte sich gründlich
geirrt. Am Morgen stand noch ein
einzelner TV-Übertragungswagen
gegenüber dem Gemeindehaus, wo
in den vorangegangenen Tagen das
Pressequartier eingerichtet war.
Die anderen Medienteams waren
ein paar Straßen weitergezogen,
vor die Kindertagesstätte „Spat-
zennascht“ in der Rue Bocksbierg.
Hier hatten die ausländischen Ra-
dio- und Fernsehstationen ihre Ka-
meras aufgestellt, die Ü-wagen po-
sitioniert und schickten via Satellit
Reportagen in die heimischen Re-
daktionen und Fernsehstudios.
Natürlich stand das Haus, in dem
die Geiselnahme stattfand, an ers-
ter Stelle des Interesses. Wie vor-
gestern waren alle Läden dicht, nur
zwei mit Margeriten und Schmet-
terlingen bemalte Fenster im ersten
Stockwerk waren geöffnet. Ein rot-
weißes Polizeiband war rund um
das Grundstück gespannt, sollte
den Zutritt allzu Neugieriger ver-
hindern. Spuren des Zugriffs konn-
ten auf Pfad und Wiese erkannt
werden, ansonsten bot sich das Bild
eines unbewohnten Hauses, als ob
die Besitzer in Ferien weilten.
Medienrummel
Dort, wo während des Geiseldra-
mas kein Zugang für die Öffent-
lichkeit und die Medienvertreter
war, herrschte gestern Hochbe-
trieb. Ein Hauch der großen weiten
Welt wehte über dem, vom Tank-
tourismus einmal abgesehen, eher
beschaulichen Ort, der für einige
Tage in den Mittelpunkt des inter-
nationalen Medieninteresses ge-
rückt war.
Journalisten fingen mit dem
Mikrophon in der Hand jeden Pas-
santen ab, erpicht auf eine gute
Story, am besten einen Scoop. Und
die Leute ließen sich nicht lange
bitten. Groß und Klein blinzelten
unter gleißender Junisonne in die
Kameras, äußerten fachmännische
Kommentare, gaben ohne Scheu
Gedanken und Gefühle preis. Dass
sie wiederholt vor laufenden Ka-
meras ihre Geschichte erzählen
mussten, störte manche überhaupt
nicht. Sie genossen den Medien-
rummel und das berauschende Ge-
fühl, einmal einen Auftritt in einer
Nachrichtensendung zu haben.
„Ech hunn alles matkritt“: ein
Satz, der an diesem Morgen des
Öfteren zu hören war. Nachbarn
des Foyers und andere Einwohner
aus Wasserbillig sahen sich den Ort
des Geiseldramas an, redeten über
die unfassbare und auf glückliche
Weise beendete Tat.
Marie-France, acht Jahre alt,
brachte unaufgefordert ihr Wissen
an den Mann (bzw. Frau): „Ech
hunn e Kolleg, deen en Donnesch-
deg den Owend fräigelooss ginn
ass. Hie war déi ganzen Zäit dobäi.
Ech hunn hie getréischt, wéi e ge-
krasch huet.“ Und weiter: „Ech
wollt net, dat de Mann de Kanner
eppes géif doen. Dat hätt ech
schlëmm fonnt.“
Ein Mann, der nur wenige Meter
vom Foyer entfernt wohnt, hat das
Geiseldrama fast ab der ersten Mi-
nute miterlebt. „Ech hunn d'Beam-
ten vum Asatzkommando bis un
d'Zänn arméiert gesinn duerch
d'Strooss lafen.“ Seine Frau habe
anfangs gemeint, ein Kind sei aus
dem Foyer getürmt, doch dies habe
sich leider als ein Irrtum erwiesen.
Der ganze Rummel sollte erst einige
Zeit später eine Erklärung finden.
„Mir sinn aus alle Wolke gefall, wéi
mir héire hunn, wat géing lafen.
Mir hate bis virun zwee Joer selwer
e Kand am Foyer, a kenne bal
alleguer d'Kanner, déi lo dra sinn.“
Was die Einwohner nicht vor Ort
erfuhren, hörten sie im Radio oder
sahen sie im Fernsehen. Und der
Schrecken sollte immer tiefer in die
Glieder fahren, je länger das zer-
mürbende Drama anhielt.
Polizei bei Privatleuten
einquartiert
Wie wir in der Rue Bocksbierg in
Erfahrung bringen konnten, waren
Polizeibeamte des Sondereinsatz-
kommandos in einigen Häusern
einquartiert. „Mir hunn hinne ge-
hollef wéi mir konnten, a wann et
nëmme war fir Kaffi ze kachen“
sagte eine Dame. Sozusagen haut-
nah haben diese Menschen das Ge-
schehen vor der Haustür verfolgt.
„Ech krut och mat, wéi en Don-
neschdeg géint 16.30 Auer geplangt
ginn ass, den Täter ze stoppen
wann e géif mam Auto fortfueren“,
sagte ein Mann. Er sparte aller-
dings nicht an Kritik, meinte, die
Intervention hätte eher erfolgen
sollen. Die Handlung habe sich
nicht in einem Rambo- oder Wild-
westfilm abgespielt, doch wenn
Kinder im Spiel seien, zähle jede
Minute.
In die gleiche Kerbe hieb ein
weiterer Nachbar, der meinte, die
Kinder hätten den größten Schaden
erlitten als die maskierten Polizis-
ten das Foyer stürmten. In diesem
Augenblick sei keine Rücksicht auf
die Kinder genommen worden.
„E Messer, zwou Schéissen
an 10 Liter Bensin“
Dass der Täter keinem Kind et-
was zuleide getan hat, werteten alle
als positiv. Voll des Lobes waren
alle über die Leistung der Erziehe-
rinnnen, die bis zum Zugriff 28
Stunden lang in einer schwerwie-
genden Situation ausharrten und
die Kinder hervorragend betreuten.
„Meng Frëndin sot, si hätten z'ies-
sen an ze drénken kritt. De Mann
hat e Messer, zwou Schéissen an
zéng Liter Bensin bei sech. Dat war
schlëmm!“, war die Aussage eines
achtjährigen Mädchens.
Er habe gehofft, dass alles ein
gutes Ende finde, sagte der zehn-
jährige Jeff. Er habe Angst um die
Kinder gehabt, einige sind Schul-
kameraden. Als gut bewertete er,
dass die Kleinkinder freigelassen
wurden, schließlich verstünden sie
das Geschehen nicht. Übertrieben
fand er, dass der Täter die Grana-
ten zeigte. Als toll wertete er den
Überlistungstrick mit der Kamera.
Der Primärschüler und sein Freund
Philippe lobten den Einsatz der
Polizei, ihr müsse man Dank zollen.
Ganz routiniert gaben die beiden
gestern bereitwillig Interviews,
schauten wie alte Showhasen in die
Kameras und gaben ihre Sicht der
Dinge ab.
Angst in den Knochen
Dass sie Angst hatten, gaben
viele Wasserbilliger frei und frank
zu: „Natierlech hu mir gefaart, bei
sou engem Täter weess e jo ni“.
Und: „Mäi Bruder huet bei eis do-
heem ugeruff a meng Mamm gefrot
wou ech wier. Si huet him du gesot,
ech séiz beim Fernseh. Du war hie
berouegt, an huet hir nach gesot, si
soll mech nëmmen nët virun d'Dir
loossen. Hie géif hir méi spéit soen
woufir“, erzählte eine Achtjährige.
Einige Nachbarn fühlten sich in
den eigenen vier Wänden einge-
sperrt, denn aus dem Haus zu gehen
trauten sie sich nicht. Andere gin-
gen auf Schleichwegen ins Dorf,
wollten hören, was sich anderwei-
tig tat. Und auf dem Weg dorthin
wurden immer wieder Mutmaßun-
gen laut. Etwa, dass der Täter ur-
sprünglich die Schule auserkoren
hatte, und dort Geiseln nehmen
wollte. Dass der Unterricht am
Mittwoch bereits um 15 Uhr ende-
te, habe ihm einen Strich durch
diese Rechnung gemacht. So habe
er seine Pläne geändert.
Traurige Bekanntheit
Wenn auch die Freude nach dem
gewaltsamen Ende des Geiseldra-
mas am Donnerstagabend riesen-
groß war – viele feierten bis spät in
die Nacht – so bedauerten gestern
zahlreiche Einheimische, dass die
Tat gerade in ihrer Ortschaft ge-
schah. „Trauregerweis ass Waas-
serbëlleg elo an der ganzer Welt
bekannt. Soss kennen mer hei nëm-
men Tanktourismus.“ Rita Ruppert
Am Montag und Dienstag wird
das Foyer „Spatzennascht“ übrigens
voraussichtlich geschlossen sein.
Betroffene Eltern
„Nach diesem Drama sehen wir das Leben anders“
Glückliche und dankbare Eltern äußerten sich im LW-Gespräch über das Geschehen und die Freilassung
Erschöpft, doch überglücklich erinnerten sich Abbes und Laurence Kirsch
an die schlimmen Stunden (Photo: Teddy Jaans)
Das Leben sähen sie nun anders,
erklärten Laurence und Abbes
Kirsch, deren Töchter Félicie und
Ophelia 28 Stunden in der Gewalt
des Kidnappers waren. Erschöpft,
aber glücklich wirkten Vater und
Mutter, während des Gesprächs
stets den Blick auf die beiden Mäd-
chen gerichtet.
Gegen 17 Uhr, also fast zwei
Stunden nach Beginn der Geisel-
nahme, erfuhren die Besitzer des
Restaurants „Frégate“ am Mitt-
woch von der Tat des 39-jährigen
Mannes in der Kindertagesstätte,
wo auch ihre Töchter an diesem
Tag untergebracht waren. Als er-
schreckend wertete der Vater den
Anblick der vielen Ambulanzen
und Polizisten auf dem Weg ins
Kulturzentrum. Dort habe aller-
dings Ruhe geherrscht. Die Infor-
mationen seitens der Betreuer über
das Geiseldrama seien spärlich,
doch zuverlässig gewesen.
Verständlich war, dass die Sicher-
heitskräfte nicht alles haben sagen
können, was sie wussten, so A.
Kirsch.
Erst Angst, dann Panik
„Ich habe immer gedacht, in Lu-
xemburg könnte eine solche Tat
nicht vorkommen“, meinte der Va-
ter, sich an die zermürbenden 28
Stunden erinnernd. „Warum wir?
Warum unsere Kinder? Wie konnte
nur jemand eine solche Tat bege-
hen?“, waren die ständigen Überle-
gungen der Eltern. Der Sorge um
die leicht asthmakranke Tochter
sei seitens der Betreuer schnell
Rechnung getragen worden. Die
nötigen Medikamente wurden zum
Foyer gebracht, ein Spezialgerät
für Asthmakranke wurde auf
Staatskosten gekauft. Man habe ih-
nen mitgeteilt, die Rechnung an das
Familienministerium zu schicken.
Diese und andere Gesten wussten
die Eltern zu schätzen.
Zu Anfang sei die Angst im Kul-
turzentrum spürbar gewesen, Be-
stürzung und Niedergeschlagenheit
hätten sich breitgemacht, im Laufe
der Zeit pure Panik. Insbesondere
als die Kinder nach und nach frei-
gelassen wurden, sei die Verzweif-
lung unter den betroffenen Famili-
enmitgliedern gestiegen. Die einen
waren glücklich, ihre unversehrten
Sprösslinge wieder in die Arme zu
schließen, die anderen mehr als
enttäuscht. Tränen und Wutaus-
brüche waren die Folge. Trotzdem
sei wieder Hoffnung aufgekeimt,
bei der nächsten Freilassung könne
das eigene Kind dabeisein.
Geschlafen haben die wenigsten
in der Nacht, zu groß war die seeli-
sche Belastung. In dieser schweren
Situation standen die Mitglieder der
psychologischen Sondereinheit mit
Rat und Tat zur Seite, auch die
Präsenz und das Mitgefühl von Re-
gierungsmitgliedern, Botschaftern
und anderen Menschen habe gehol-
fen Kraft zu schöpfen. Die diploma-
tische Vertreterin Frankreichs, Mme
Jane Debenest, habe sogar gestern
Morgen angerufen, um sich nach
dem Befinden der Familie zu erkun-
digen. Im Kulturzentrum sei Europa
gelebt wurden, so A. Kirsch, die
Solidarität unter den Betroffenen sei
über die Nationalitäten hinweg zum
Tragen gekommen.
Gefahr nicht erkannt
Als das Geiseldrama dann endlich
glücklich beendet war, machten sich
die aufgestauten Gefühle Luft, so
der Vater. Freudentränen seien ihm
über die Wangen gelaufen, über-
glücklich haben er und seine Frau
die Kinder begrüßt. Die Tränen se-
hend, haben Félicie und Ophelia ge-
fragt, was passiert sei: ein Indiz,
dass sie die Situation nicht als ge-
fahrvoll erkannten. Angst hatten sie
allerdings, als der Kidnapper eines
der Kinder aus dem Fenster werfen
wollte. Ansonsten haben sie nicht
sofort die Schwere der Situation er-
kannt, sondern dachten eher an ei-
nen Fernsehfilm, der vor ihren Au-
gen ablief, meinte Abbes Kirsch. Zu-
hause angekommen haben sie wie-
der gespielt.
Respekt und Dank zollten die El-
tern den Erzieherinnen im Foyer, die
überaus wertvolle Arbeit leisteten.
Sie hätten nur an die Kinder ge-
dacht, dank ihrer hätten die Kleinen
die Situation gut überstanden.
Nach den angstvollen Stunden
war der Albtraum für das Eltern-
paar gestern noch immer reell. Der
Blick am Morgen in das Kinderzim-
mer hat beruhigt. Der Vater hat
ihnen erklärt, er habe den Täter in
die Mosel geworfen, er werde nicht
wiederkommen. „Vielleicht werden
sie irgendwann psychologische Hilfe
benötigen. Wir werden sehen“, sagt
der Vater. Um die schrecklichen Er-
lebnisse, auch wenn sie von den
Mädchen anders als von den Eltern
erlebt wurden, zu vergessen, sind
erst einmal Ferien geplant. Die Kin-
der sollen auf andere Gedanken
kommen.
Den Täter wird Abbes Kirsch
nicht vergessen. Beruhigend wertete
er, dass die Polizei die Situation so
gut beendete. Gerne werde er künf-
tig die gebührenpflichtigen Verwar-
nungen bezahlen, meinte er.
Donnerstagabend wurde die Be-
freiung mit Familienmitgliedern
und Bekannten gefeiert. Gestern
kehrte der Alltag wieder ein. Abbes
Kirsch bereitete in der Küche Essen
zu derweil seine Frau den Gästen
servierte. Die beiden Töchter schlen-
derten im Betrieb umher und spiel-
ten.
Rita Ruppert
Spuren des polizeilichen Zugriffs waren auf Pfad und Rasen zu erkennen (Photos: Teddy Jaans)
Kinder erzählten von ihrer Angst um die Schulkameraden
Fast kein Passant wurde von den Journalisten verschont und viele gaben unzählige Interviews
„'t ass elo riwwer, se hunn en.
't ass kengem eppes geschitt.“
Wie zwei Gemeindepolitiker Geiselnahme und Befreiung erlebten
rvr – Wie die anderen Gemein-
deratsmitglieder, so halfen auch
Aly Leonardy und Nico Schummer
während der Geiselnahme wo sie
nur konnten. Die beiden, die wir
gestern vor der Kindertagesstätte
trafen, legten im Kulturzentrum
mit Hand an. Jeder half so gut er
konnte, sei es bei der Organisation,
bei der Betreuung der betroffenen
Eltern oder bei der Verpflegung.
Die beiden Gemeindepolitiker be-
scheinigten der psychologischen
Sondereinheit eine außergewöhn-
liche Leistung. Die Präsenz und
die Anteilnahme von Regierungs-
mitgliedern, Botschaftern und an-
deren hoch gestellten Persönlich-
keiten habe er sehr geschätzt,
sagte Nico Schummer. Als der ge-
lungene polizeiliche Zugriff be-
kannt wurde, hätten sie die größte
Freude erlebt, eine wahre Eupho-
rie verspürt.
Die Worte „'t ass lo riwwer, se
hunn en. 't ass kengem eppes ge-
schitt“ seien für ihn der schönste
Augenblick an diesem Tag gewe-
sen, meinte Nico Schummer, der
sich wünschte, der Ortsname Was-
serbillig wäre unter glücklicheren
Umständen um die Welt gegangen.
Remerciements de la part
de l'Asbl «Waasserbëlleger Spatzennascht»
L’ Asbl «Wasserbëlleger Spat-
zennascht» tient à remercier toutes
les personnes qui ont contribué au
bon déroulement dans la prise
d’otages au Foyer de Jour à Wasser-
billig pour leur soutien profession-
nel et moral à savoir: Le personnel
éducatif présent au Foyer, les mem-
bres du gouvernement et les re-
présentants des différents mi-
nistères, la Police grand-ducale
avec ses unités spéciales, les re-
présentants des ambassades du
Portugal, de l’Italie, de la France et
de la Belgique, le bourgmestre, les
échevins et conseillers et les servi-
ces administratifs et techniques de
la commune, les représentants de la
Police de „Rheinland-Pfalz“, la
Protection Civile et son service psy-
chologique, les différents corps de
sapeurs pompiers, les médecins, les
équipes du SAMU et l’Air Rescue
de Luxembourg et des pays voisins,
les médias et la presse pour leur
discrétion et leur coopération, les
commerçants et hôteliers de Mer-
tert-Wasserbillig, la directrice du
Foyer de Jour et son personnel, tous
les bénévoles au Centre culturel
ainsi que les habitants qui ont
spontanément offert leur aide.
Nous félicitons les parents pour
leur courage et leur dignité et nous
leur souhaitons ainsi qu’a leurs en-
fants que cette expérience dramati-
que ne laisse pas trop de traces.
Notre profonde gratitude s’a-
dresse aux trois éducatrices qui ont
fait preuve pendant 28 heures d’un
dévouement exceptionnel.

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  • 1. LUXEMBURGER WORT 9Samstag, den 3. Juni 2000 VARIA Wasserbillig / Der Tag danach Riesenjubel über das gute Ende Am ersten Tag nach dem gewaltsamen, doch glücklichen Ende des Geiseldramas war die Ortschaft an Mosel und Sauer den Medien noch eine Schlagzeile wert / Lob, Dank und Kritik seitens der Einwohner Ein Nachbarskind: „Ech hu missten am Haus bleiwen“ Routiniert gaben Jeff und Philippe ihre Sicht der Dinge ab Wer geglaubt hatte, nach dem glücklichen Ende des 28-stündigen Geiseldramas am Mittwoch und Donnerstag wäre gestern wieder die Normalität in Wasserbillig ein- gekehrt, der hatte sich gründlich geirrt. Am Morgen stand noch ein einzelner TV-Übertragungswagen gegenüber dem Gemeindehaus, wo in den vorangegangenen Tagen das Pressequartier eingerichtet war. Die anderen Medienteams waren ein paar Straßen weitergezogen, vor die Kindertagesstätte „Spat- zennascht“ in der Rue Bocksbierg. Hier hatten die ausländischen Ra- dio- und Fernsehstationen ihre Ka- meras aufgestellt, die Ü-wagen po- sitioniert und schickten via Satellit Reportagen in die heimischen Re- daktionen und Fernsehstudios. Natürlich stand das Haus, in dem die Geiselnahme stattfand, an ers- ter Stelle des Interesses. Wie vor- gestern waren alle Läden dicht, nur zwei mit Margeriten und Schmet- terlingen bemalte Fenster im ersten Stockwerk waren geöffnet. Ein rot- weißes Polizeiband war rund um das Grundstück gespannt, sollte den Zutritt allzu Neugieriger ver- hindern. Spuren des Zugriffs konn- ten auf Pfad und Wiese erkannt werden, ansonsten bot sich das Bild eines unbewohnten Hauses, als ob die Besitzer in Ferien weilten. Medienrummel Dort, wo während des Geiseldra- mas kein Zugang für die Öffent- lichkeit und die Medienvertreter war, herrschte gestern Hochbe- trieb. Ein Hauch der großen weiten Welt wehte über dem, vom Tank- tourismus einmal abgesehen, eher beschaulichen Ort, der für einige Tage in den Mittelpunkt des inter- nationalen Medieninteresses ge- rückt war. Journalisten fingen mit dem Mikrophon in der Hand jeden Pas- santen ab, erpicht auf eine gute Story, am besten einen Scoop. Und die Leute ließen sich nicht lange bitten. Groß und Klein blinzelten unter gleißender Junisonne in die Kameras, äußerten fachmännische Kommentare, gaben ohne Scheu Gedanken und Gefühle preis. Dass sie wiederholt vor laufenden Ka- meras ihre Geschichte erzählen mussten, störte manche überhaupt nicht. Sie genossen den Medien- rummel und das berauschende Ge- fühl, einmal einen Auftritt in einer Nachrichtensendung zu haben. „Ech hunn alles matkritt“: ein Satz, der an diesem Morgen des Öfteren zu hören war. Nachbarn des Foyers und andere Einwohner aus Wasserbillig sahen sich den Ort des Geiseldramas an, redeten über die unfassbare und auf glückliche Weise beendete Tat. Marie-France, acht Jahre alt, brachte unaufgefordert ihr Wissen an den Mann (bzw. Frau): „Ech hunn e Kolleg, deen en Donnesch- deg den Owend fräigelooss ginn ass. Hie war déi ganzen Zäit dobäi. Ech hunn hie getréischt, wéi e ge- krasch huet.“ Und weiter: „Ech wollt net, dat de Mann de Kanner eppes géif doen. Dat hätt ech schlëmm fonnt.“ Ein Mann, der nur wenige Meter vom Foyer entfernt wohnt, hat das Geiseldrama fast ab der ersten Mi- nute miterlebt. „Ech hunn d'Beam- ten vum Asatzkommando bis un d'Zänn arméiert gesinn duerch d'Strooss lafen.“ Seine Frau habe anfangs gemeint, ein Kind sei aus dem Foyer getürmt, doch dies habe sich leider als ein Irrtum erwiesen. Der ganze Rummel sollte erst einige Zeit später eine Erklärung finden. „Mir sinn aus alle Wolke gefall, wéi mir héire hunn, wat géing lafen. Mir hate bis virun zwee Joer selwer e Kand am Foyer, a kenne bal alleguer d'Kanner, déi lo dra sinn.“ Was die Einwohner nicht vor Ort erfuhren, hörten sie im Radio oder sahen sie im Fernsehen. Und der Schrecken sollte immer tiefer in die Glieder fahren, je länger das zer- mürbende Drama anhielt. Polizei bei Privatleuten einquartiert Wie wir in der Rue Bocksbierg in Erfahrung bringen konnten, waren Polizeibeamte des Sondereinsatz- kommandos in einigen Häusern einquartiert. „Mir hunn hinne ge- hollef wéi mir konnten, a wann et nëmme war fir Kaffi ze kachen“ sagte eine Dame. Sozusagen haut- nah haben diese Menschen das Ge- schehen vor der Haustür verfolgt. „Ech krut och mat, wéi en Don- neschdeg géint 16.30 Auer geplangt ginn ass, den Täter ze stoppen wann e géif mam Auto fortfueren“, sagte ein Mann. Er sparte aller- dings nicht an Kritik, meinte, die Intervention hätte eher erfolgen sollen. Die Handlung habe sich nicht in einem Rambo- oder Wild- westfilm abgespielt, doch wenn Kinder im Spiel seien, zähle jede Minute. In die gleiche Kerbe hieb ein weiterer Nachbar, der meinte, die Kinder hätten den größten Schaden erlitten als die maskierten Polizis- ten das Foyer stürmten. In diesem Augenblick sei keine Rücksicht auf die Kinder genommen worden. „E Messer, zwou Schéissen an 10 Liter Bensin“ Dass der Täter keinem Kind et- was zuleide getan hat, werteten alle als positiv. Voll des Lobes waren alle über die Leistung der Erziehe- rinnnen, die bis zum Zugriff 28 Stunden lang in einer schwerwie- genden Situation ausharrten und die Kinder hervorragend betreuten. „Meng Frëndin sot, si hätten z'ies- sen an ze drénken kritt. De Mann hat e Messer, zwou Schéissen an zéng Liter Bensin bei sech. Dat war schlëmm!“, war die Aussage eines achtjährigen Mädchens. Er habe gehofft, dass alles ein gutes Ende finde, sagte der zehn- jährige Jeff. Er habe Angst um die Kinder gehabt, einige sind Schul- kameraden. Als gut bewertete er, dass die Kleinkinder freigelassen wurden, schließlich verstünden sie das Geschehen nicht. Übertrieben fand er, dass der Täter die Grana- ten zeigte. Als toll wertete er den Überlistungstrick mit der Kamera. Der Primärschüler und sein Freund Philippe lobten den Einsatz der Polizei, ihr müsse man Dank zollen. Ganz routiniert gaben die beiden gestern bereitwillig Interviews, schauten wie alte Showhasen in die Kameras und gaben ihre Sicht der Dinge ab. Angst in den Knochen Dass sie Angst hatten, gaben viele Wasserbilliger frei und frank zu: „Natierlech hu mir gefaart, bei sou engem Täter weess e jo ni“. Und: „Mäi Bruder huet bei eis do- heem ugeruff a meng Mamm gefrot wou ech wier. Si huet him du gesot, ech séiz beim Fernseh. Du war hie berouegt, an huet hir nach gesot, si soll mech nëmmen nët virun d'Dir loossen. Hie géif hir méi spéit soen woufir“, erzählte eine Achtjährige. Einige Nachbarn fühlten sich in den eigenen vier Wänden einge- sperrt, denn aus dem Haus zu gehen trauten sie sich nicht. Andere gin- gen auf Schleichwegen ins Dorf, wollten hören, was sich anderwei- tig tat. Und auf dem Weg dorthin wurden immer wieder Mutmaßun- gen laut. Etwa, dass der Täter ur- sprünglich die Schule auserkoren hatte, und dort Geiseln nehmen wollte. Dass der Unterricht am Mittwoch bereits um 15 Uhr ende- te, habe ihm einen Strich durch diese Rechnung gemacht. So habe er seine Pläne geändert. Traurige Bekanntheit Wenn auch die Freude nach dem gewaltsamen Ende des Geiseldra- mas am Donnerstagabend riesen- groß war – viele feierten bis spät in die Nacht – so bedauerten gestern zahlreiche Einheimische, dass die Tat gerade in ihrer Ortschaft ge- schah. „Trauregerweis ass Waas- serbëlleg elo an der ganzer Welt bekannt. Soss kennen mer hei nëm- men Tanktourismus.“ Rita Ruppert Am Montag und Dienstag wird das Foyer „Spatzennascht“ übrigens voraussichtlich geschlossen sein. Betroffene Eltern „Nach diesem Drama sehen wir das Leben anders“ Glückliche und dankbare Eltern äußerten sich im LW-Gespräch über das Geschehen und die Freilassung Erschöpft, doch überglücklich erinnerten sich Abbes und Laurence Kirsch an die schlimmen Stunden (Photo: Teddy Jaans) Das Leben sähen sie nun anders, erklärten Laurence und Abbes Kirsch, deren Töchter Félicie und Ophelia 28 Stunden in der Gewalt des Kidnappers waren. Erschöpft, aber glücklich wirkten Vater und Mutter, während des Gesprächs stets den Blick auf die beiden Mäd- chen gerichtet. Gegen 17 Uhr, also fast zwei Stunden nach Beginn der Geisel- nahme, erfuhren die Besitzer des Restaurants „Frégate“ am Mitt- woch von der Tat des 39-jährigen Mannes in der Kindertagesstätte, wo auch ihre Töchter an diesem Tag untergebracht waren. Als er- schreckend wertete der Vater den Anblick der vielen Ambulanzen und Polizisten auf dem Weg ins Kulturzentrum. Dort habe aller- dings Ruhe geherrscht. Die Infor- mationen seitens der Betreuer über das Geiseldrama seien spärlich, doch zuverlässig gewesen. Verständlich war, dass die Sicher- heitskräfte nicht alles haben sagen können, was sie wussten, so A. Kirsch. Erst Angst, dann Panik „Ich habe immer gedacht, in Lu- xemburg könnte eine solche Tat nicht vorkommen“, meinte der Va- ter, sich an die zermürbenden 28 Stunden erinnernd. „Warum wir? Warum unsere Kinder? Wie konnte nur jemand eine solche Tat bege- hen?“, waren die ständigen Überle- gungen der Eltern. Der Sorge um die leicht asthmakranke Tochter sei seitens der Betreuer schnell Rechnung getragen worden. Die nötigen Medikamente wurden zum Foyer gebracht, ein Spezialgerät für Asthmakranke wurde auf Staatskosten gekauft. Man habe ih- nen mitgeteilt, die Rechnung an das Familienministerium zu schicken. Diese und andere Gesten wussten die Eltern zu schätzen. Zu Anfang sei die Angst im Kul- turzentrum spürbar gewesen, Be- stürzung und Niedergeschlagenheit hätten sich breitgemacht, im Laufe der Zeit pure Panik. Insbesondere als die Kinder nach und nach frei- gelassen wurden, sei die Verzweif- lung unter den betroffenen Famili- enmitgliedern gestiegen. Die einen waren glücklich, ihre unversehrten Sprösslinge wieder in die Arme zu schließen, die anderen mehr als enttäuscht. Tränen und Wutaus- brüche waren die Folge. Trotzdem sei wieder Hoffnung aufgekeimt, bei der nächsten Freilassung könne das eigene Kind dabeisein. Geschlafen haben die wenigsten in der Nacht, zu groß war die seeli- sche Belastung. In dieser schweren Situation standen die Mitglieder der psychologischen Sondereinheit mit Rat und Tat zur Seite, auch die Präsenz und das Mitgefühl von Re- gierungsmitgliedern, Botschaftern und anderen Menschen habe gehol- fen Kraft zu schöpfen. Die diploma- tische Vertreterin Frankreichs, Mme Jane Debenest, habe sogar gestern Morgen angerufen, um sich nach dem Befinden der Familie zu erkun- digen. Im Kulturzentrum sei Europa gelebt wurden, so A. Kirsch, die Solidarität unter den Betroffenen sei über die Nationalitäten hinweg zum Tragen gekommen. Gefahr nicht erkannt Als das Geiseldrama dann endlich glücklich beendet war, machten sich die aufgestauten Gefühle Luft, so der Vater. Freudentränen seien ihm über die Wangen gelaufen, über- glücklich haben er und seine Frau die Kinder begrüßt. Die Tränen se- hend, haben Félicie und Ophelia ge- fragt, was passiert sei: ein Indiz, dass sie die Situation nicht als ge- fahrvoll erkannten. Angst hatten sie allerdings, als der Kidnapper eines der Kinder aus dem Fenster werfen wollte. Ansonsten haben sie nicht sofort die Schwere der Situation er- kannt, sondern dachten eher an ei- nen Fernsehfilm, der vor ihren Au- gen ablief, meinte Abbes Kirsch. Zu- hause angekommen haben sie wie- der gespielt. Respekt und Dank zollten die El- tern den Erzieherinnen im Foyer, die überaus wertvolle Arbeit leisteten. Sie hätten nur an die Kinder ge- dacht, dank ihrer hätten die Kleinen die Situation gut überstanden. Nach den angstvollen Stunden war der Albtraum für das Eltern- paar gestern noch immer reell. Der Blick am Morgen in das Kinderzim- mer hat beruhigt. Der Vater hat ihnen erklärt, er habe den Täter in die Mosel geworfen, er werde nicht wiederkommen. „Vielleicht werden sie irgendwann psychologische Hilfe benötigen. Wir werden sehen“, sagt der Vater. Um die schrecklichen Er- lebnisse, auch wenn sie von den Mädchen anders als von den Eltern erlebt wurden, zu vergessen, sind erst einmal Ferien geplant. Die Kin- der sollen auf andere Gedanken kommen. Den Täter wird Abbes Kirsch nicht vergessen. Beruhigend wertete er, dass die Polizei die Situation so gut beendete. Gerne werde er künf- tig die gebührenpflichtigen Verwar- nungen bezahlen, meinte er. Donnerstagabend wurde die Be- freiung mit Familienmitgliedern und Bekannten gefeiert. Gestern kehrte der Alltag wieder ein. Abbes Kirsch bereitete in der Küche Essen zu derweil seine Frau den Gästen servierte. Die beiden Töchter schlen- derten im Betrieb umher und spiel- ten. Rita Ruppert Spuren des polizeilichen Zugriffs waren auf Pfad und Rasen zu erkennen (Photos: Teddy Jaans) Kinder erzählten von ihrer Angst um die Schulkameraden Fast kein Passant wurde von den Journalisten verschont und viele gaben unzählige Interviews „'t ass elo riwwer, se hunn en. 't ass kengem eppes geschitt.“ Wie zwei Gemeindepolitiker Geiselnahme und Befreiung erlebten rvr – Wie die anderen Gemein- deratsmitglieder, so halfen auch Aly Leonardy und Nico Schummer während der Geiselnahme wo sie nur konnten. Die beiden, die wir gestern vor der Kindertagesstätte trafen, legten im Kulturzentrum mit Hand an. Jeder half so gut er konnte, sei es bei der Organisation, bei der Betreuung der betroffenen Eltern oder bei der Verpflegung. Die beiden Gemeindepolitiker be- scheinigten der psychologischen Sondereinheit eine außergewöhn- liche Leistung. Die Präsenz und die Anteilnahme von Regierungs- mitgliedern, Botschaftern und an- deren hoch gestellten Persönlich- keiten habe er sehr geschätzt, sagte Nico Schummer. Als der ge- lungene polizeiliche Zugriff be- kannt wurde, hätten sie die größte Freude erlebt, eine wahre Eupho- rie verspürt. Die Worte „'t ass lo riwwer, se hunn en. 't ass kengem eppes ge- schitt“ seien für ihn der schönste Augenblick an diesem Tag gewe- sen, meinte Nico Schummer, der sich wünschte, der Ortsname Was- serbillig wäre unter glücklicheren Umständen um die Welt gegangen. Remerciements de la part de l'Asbl «Waasserbëlleger Spatzennascht» L’ Asbl «Wasserbëlleger Spat- zennascht» tient à remercier toutes les personnes qui ont contribué au bon déroulement dans la prise d’otages au Foyer de Jour à Wasser- billig pour leur soutien profession- nel et moral à savoir: Le personnel éducatif présent au Foyer, les mem- bres du gouvernement et les re- présentants des différents mi- nistères, la Police grand-ducale avec ses unités spéciales, les re- présentants des ambassades du Portugal, de l’Italie, de la France et de la Belgique, le bourgmestre, les échevins et conseillers et les servi- ces administratifs et techniques de la commune, les représentants de la Police de „Rheinland-Pfalz“, la Protection Civile et son service psy- chologique, les différents corps de sapeurs pompiers, les médecins, les équipes du SAMU et l’Air Rescue de Luxembourg et des pays voisins, les médias et la presse pour leur discrétion et leur coopération, les commerçants et hôteliers de Mer- tert-Wasserbillig, la directrice du Foyer de Jour et son personnel, tous les bénévoles au Centre culturel ainsi que les habitants qui ont spontanément offert leur aide. Nous félicitons les parents pour leur courage et leur dignité et nous leur souhaitons ainsi qu’a leurs en- fants que cette expérience dramati- que ne laisse pas trop de traces. Notre profonde gratitude s’a- dresse aux trois éducatrices qui ont fait preuve pendant 28 heures d’un dévouement exceptionnel.