«Der eigenen Leidenschaft nachzugehen, gibt wahre Freiheit» @ Mirjam Affolter erzählt in der @ Solothurner Zeitung, wie sie von der Bankangestellten zur Startup-Unternehmerin wurde und weshalb #MyCamper eine «absolute Herzensangelegenheit» ist. ❤️
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«Wenn ich Gas gebe, hat das einen Impact»
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Kanton Solothurn Montag, 19. April 2021
«WennichGasgebe,hatdaseinenImpact»
Die Solothurnerin Mirjam Affolter ist Mitgründerin des Start-ups «MyCamper», einer Vermietungsplattform für Campingfahrzeuge.
Ann-Kathrin Amstutz
DaderKampfumFrauenrechte
immer auch ein Kampf ums
Sichtbarwerden war und ist,
wollen wir 2021 Solothurnerin-
nen sichtbar machen. Jeden
zweitenMontagerzählteineSo-
lothurnerin von ihren Erlebnis-
sen und Zielen und zeigt sich so
den Lesern.
Ihr Titel bei «MyCamper»
lautet: Customer Happiness
Officer. Was bedeutet das
genau?
MirjamAffolter:IchführedieAb-
teilung für Kundenbetreuung,
woichmitvielenKundenzutun
habe.
Wie sind Sie zu «MyCam-
per» gekommen?
Meinen Geschäftspartner Mi-
cheleMatt,derdieIdeezu«My-
Camper» hatte, habe ich an der
Startup-Academy kennen ge-
lernt. Das ist ein Förderverein,
der Studierende mit Start-ups
zusammenbringt. Michele er-
zählte mir von seiner Idee, ich
war sofort Feuer und Flamme.
Ab da war «MyCamper» neben
JobundStudiummeinzeitinten-
sivstes und schönstes Hobby.
Hobby?
Ja, in den ersten drei Jahren ha-
ben wir «MyCamper» rein
nebenberuflich, neben dem Job
betrieben. Erst seit 2018 ma-
chen wir es Vollzeit.
Das klingt arbeitsintensiv.
Das war es auch. Aber für die
Firma hat es viel Druck wegge-
nommen, weil es nicht von Tag
eins an Geld bringen musste.
Und wir mussten ja zuerst ein
AngebotanCampernaufbauen,
bevor wir dieses an die Kunden
weitervermitteln konnten. Ir-
gendwannsagtenwirdann:Jetzt
setzen wir alles auf eine Karte
und kündigen unsere Jobs.
Was war für diesen Schritt
ausschlaggebend?
Wir hatten 2017 einen so guten
Sommer, dass die Arbeit neben
einem normalen Job kaum zu
bewältigenwar.Damerktenwir:
EntwedermüssenwirdieFirma
jetzt aufgeben oder wir machen
es richtig.
Trotzdem braucht es viel
Mut, den geregelten Job zu
künden.
Das ist definitiv so. Ich merkte
aber sofort, nachdem ich den
Schritt gewagt hatte, dass ich
viel weniger kompensieren
muss. Früher hatte ich öfters
den Wunsch nach materiellen
Sachen. Weil ich nun viel glück-
licherbinimAlltag,braucheich
dasgarnichtmehr.Daswareine
grosse Erkenntnis für mich:
Wahre Freiheit besteht darin,
dereigenenLeidenschaftnach-
zugehen.
Was bedeutet Ihnen «My-
Camper»?
Es ist für mich eine absolute
Herzensangelegenheit. Beson-
derszufriedenmachtmich,dass
das Unternehmen sinnvoll und
nachhaltig ist: Wir setzen uns
dafürein,dassdievorhandenen
Ressourcen – herumstehende
Fahrzeuge–bessergenutztwer-
den.
Was ist denn bei «MyCam-
per» anders als beim frühe-
ren Job, der Sie nicht erfüllt
hat?
EsnahmmirdieFreudeamJob,
dass man als einzelne Person
nicht viel verändern kann. Du
bist wie ein Zahnrad in einem
grossen Räderwerk und siehst
niehinterdasgrosseGanze.Das
hat mir extrem auf die Motiva-
tion geschlagen. Bei «MyCam-
per» dagegen merke ich: Wenn
ich Gas gebe, hat das wirklich
einen Impact auf die Firma.
Hat «MyCamper» auch jetzt
noch Wachstumspotenzial?
Absolut.Esgibteinenextremen
Camping-Boom, der sich durch
Corona noch beschleunigt hat.
Davonhabenauchwirprofitiert.
Obwohl mit dem Lockdown im
FrühlingeinewichtigeZeitweg-
gefallenist,war2020insgesamt
ein sehr gutes Jahr. Wir hatten
etwa 6000 Buchungen, und
auch dieses Jahr sieht es super
aus.ImMomentgehtestotalab.
Die Start-up-Branche ist ja
ziemlich männerdominiert.
Haben Sie das auch so erlebt?
Es gibt schon weniger Frauen,
besonders an Veranstaltungen.
Für mich hat das allerdings nie
eine Rolle gespielt.
Wurden Sie als Frau in die-
sem Job auch mal schräg
angesehen?
Nein,imGegenteil.Ichhabeim-
mersehrvielpositivesFeedback
dazu bekommen, dass wir ein
gemischtes Gründerteam sind.
Ich habe auch nicht das Gefühl,
ich hätte mich mehr durchset-
zen müssen. Es ist einfach so,
dasswirunsextremgutinunse-
ren Fähigkeiten ergänzen.
Was denken Sie, warum hat
es in der Start-up-Szene viel
weniger Frauen?
Ich könnte mir vorstellen – und
beobachte das auch an mir
selbst –, dass Frauen oft sehr
perfektionistischsind.Bevorich
etwasgegenaussenpräsentiere,
muss ich sicher sein, dass es
Hand und Fuss hat. Dort sind
Männer wohl einfach selbstbe-
wusster und gehen raus mit
einerIdee,anstattsichhundert-
malzufragen:IstdieseIdeenun
gut oder nicht? Das ständige
Reflektieren hemmt oft stark,
eine Idee tatsächlich umzuset-
zen.
Was ist für Sie die Rolle der
Frau in der heutigen Gesell-
schaft?
Eine gleichberechtigte Rolle. In
meiner Erfahrung ist es so, dass
FrauendiegleichenMöglichkei-
tenhabenwieMänner,wennsie
sich nicht in die passive Rolle
drängen lassen. Für mich per-
sönlich war es am wichtigsten,
selbst zu erkennen: Ich bin gar
nichtandersalsMänner.Esgibt
erst Unterschiede, wenn ich
selbst einen Unterschied sehe.
Gibt es etwas, das Sie ande-
ren Frauen – gerade in der
Start-up-Szene – mit auf den
Weg geben möchten?
An sich selbst zu glauben, für
sich einzustehen und Projekte
zu verfolgen. Oft haben Frauen
mindestens gleich gute Ideen
wie die Männer, nur sprechen
sie diese viel weniger aus.
Das Interview in voller Länge und
ein Video finden Sie online.
Sie hat es geschafft: Mirjam Affolter ist als Start-up-Unternehmerin erfolgreich. Bild: Thomas Ulrich
Mirjam Affolter, 28
ist Start-up-Unternehmerin.
2015 gründete sie mit ihren Ge-
schäftspartnern Michele Matt
und Stefan Lieberherr die Ver-
mietungsplattform «MyCam-
per». Als eine Art «Airbnb» für
Campingfahrzeuge stehen dort
über 1500 Busse, Wohnmobile
und Wohnwagen zur Auswahl.
Das Start-up-Unternehmen mit
Sitz in Basel hat rund 25 Mit-
arbeitende – die meisten in der
Schweiz, aber auch in Schweden
und Bosnien. Affolter beschreibt
sich selbst als unternehmungs-
lustige und gesellige Person, die
sich gerne draussen aufhält. Sie
wohnt in Solothurn. (aka)
Solothurnerinnen
sichtbar gemacht
Zum 50-Jahr-Jubiläum
Frauenstimmrecht (IV)
RechtsgrundlagefürAkontozahlungenandieSpitäler
Am Sonntag wird über die Vorlage zur Deckung der Corona-bedingten Ertragsausfälle der Krankenhäuser abgestimmt. Darum geht es.
DieStimmberechtigtenimKan-
tonSolothurnkomplettierenam
kommenden Sonntag nicht nur
denRegierungsrat,siestimmen
auchüberdieVorlagezurSpital-
finanzierungab.DieVorlagebe-
zieht sich auf die Ertragsausfäl-
le,welchedenKlinikenundSpi-
tälernimletztenJahrwegender
Massnahmen rund um die Co-
ronapandemie erwuchsen. Der
Bundesrat verpflichtete damals
Spitäler zwischen dem 17. März
und dem 26. April dazu, auf
Wahleingriffe zu verzichten. Im
Winter 2020/2021 wurden die-
se elektiven Behandlungen auf
Kantonsebene erneut einge-
schränkt, weil Personal aus den
Privatkliniken in den Kantons-
spitälern aushelfen musste.
Betroffen waren im Kanton
die Pallas Kliniken AG, die Pri-
vatklinik Obach sowie die Solo-
thurner Spitäler AG (soH). «Die
Covid-19-Pandemie wird deut-
liche Spuren in den Unterneh-
mensergebnissen der Spitäler
hinterlassen»,schreibtderKan-
ton.NunstehendieSpitälerund
Kliniken in Bezug auf Liquidität
vorgrossenHerausforderungen.
DiePandemiehatdersoHeinen
Jahresverlust von 5,7 Mio. Fran-
kenverursacht,nachdreiJahres-
abschlüssenmiteinerrotenNull.
Darum sollen schon jetzt
Akontozahlungen fliessen.
Anlass für die Abstimmung
ist die Schaffung einer gesetzli-
chen Grundlage zur Bestim-
mung der zahlenden Parteien.
Der Kantonsrat hat in seiner
Session am 27. Januar die Leis-
tung der Akontozahlungen ein-
stimmig beschlossen. Aber da
beiderHöheunddemZeitpunkt
der Zahlungen ein «nicht un-
erheblicher Handlungsspiel-
raum besteht», wie der Kanton
schreibt, handelt es sich um
neue und nicht um gebundene
Ausgaben. Aus diesem Grund
wird darüber nun an der Urne
entschieden.
«DerKantonSolothurnsetzt
sich weiterhin dafür ein, dass
sich mindestens der Bund an
denErtragsausfällenbeteiligt.»
So die Abstimmungsvorlage.
Dabei trage der Kanton Mitver-
antwortung,daerfürdieSicher-
stellungderSpitalversorgungzu
sorgen hat, heisst es weiter in
der Vorlage. Es ist aber nicht zu
erwarten, dass der Bund diese
Kosten auch übernimmt. Das
sagtedieGesundheitsdirektorin
Susanne Schaffner gegenüber
dem«SRFRegionaljournal»auf
die Frage, ob derBund auch tat-
sächlich zahlen werde.
VorschussvomKanton,
NachzahlungvomBund?
Wer diese Kosten übernimmt,
ist nicht im Gesetz verankert.
Der Kanton will die Kosten der
Betriebsausfälle vorauszahlen,
in der Hoffnung, dass der Bund
sowie die Krankenkassenversi-
cherungendieseAufwendungen
dem Kanton später zurückzah-
len. Konkret wird nun darüber
abgestimmt, wie diese Akonto-
zahlungenvomKantongeregelt
werden sollen.
Der Kanton empfiehlt, die
Vorlage anzunehmen, trotz der
Unsicherheit, ob sich der Bund
finanziell beteiligt. Laut Ein-
schätzungendesKantonsbetra-
gendieErtragsausfälleausdem
letzten Jahr gesamthaft 21,6
Mio. Franken. Die Akontozah-
lungen des Kantons betragen
16,2 Mio. Franken und würden
die Kosten der Spitäler und Kli-
nikenzu75Prozentdecken.Von
den 16,2 Mio. Franken sind 3,1
Mio. Franken für die Pallas Kli-
nik, 1,3 Mio. Franken für die So-
lothurner Privatklinik Obach
und 11,8 Mio. Franken für die
soH gedacht. Es wird auch be-
rücksichtigt, ob Ertragsausfälle
imLaufedesJahres2020aufge-
holt wurden.
Zustimmung
mitStreitpunkten
ImKantonsratwurdederRegie-
rungsvorlage deutlich zuge-
stimmt. In der Debatte gingen
die Meinungen zu den Details
der Zahlungen aber auseinan-
der. Beispielsweise forderte die
Fraktion CVP/EVP/glp in den
Beratungenvom27.Januar,dass
die betroffenen Spitäler keine
Dividenden auszahlen dürfen.
Dies ist nun so in der Vorlage
verankert.
Die grösste Kritik kam von-
seiten der SVP. Rémy Wyss-
mann (Kriegstetten) wollte den
Betrag vorerst als Darlehen be-
willigenlassenunddiesesspäter
in einen Zuschuss umwandeln.
SVP-Fraktionssprecher Matthi-
as Borner (Olten) fordert in der
Zukunft mehr Transparenz von
der soH. Insbesondere will Bor-
ner, dass die soH künftig offen-
legt, wie viel Geld für Boni ge-
sprochen wird.
Andri Morrissey